Deusfantasy - Kommentare

Alle Kommentare von Deusfantasy

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    Irgendwann im Leben kommt wohl für uns alle der Punkt, an dem wir auf unsere Vergangenheit zurückblicken, mit all unseren Triumphen und/oder unserem Scheitern. Egal wie positiv oder negativ der Blick auf unser Leben dabei auch ausfallen mag, das Ergebnis kann manchmal dasselbe sein. Wenn wir mit Bedauern auf unsere erfolgreichen Tage zurückblicken und sie uns wieder zurück wünschen, oder voller Verbitterung auf ein Leben von verpassten Chancen zurückschauen. In beiden Fällen gelingt es nicht, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sein jetziges Dasein zu akzeptieren. Genau diesem Gesichtspunkt widmete sich Julien Duvivier 1939 in „Lebensabend“, wo er drei ehemalige Schauspieler beleuchtet, die sich in einem Heim für betagte Künstler endgültig zur Ruhe gesetzt haben. Doch anstatt in Würde dem letzten Lebensabschnitt zu begegnen, blicken alle Drei trotz unterschiedlichem Lebensverlauf eben mit jenem Bedauern und Verbitterung auf ihr Leben zurück.

    Duviviers Blick auf den Lebensabend dieser Herren ist dabei ein ganz pessimistischer, ganz dem Stil des poetischen Realismus üblich, dem sich Duvivier in vielen seiner Werke verschrieben hat, bei dem sich oft ein pessimistisches Lebensgefühl offenbart. Obwohl die Handlung stellenweise etwas melodramatisch ist, punktet der Film jedoch mit präziser Figurenzeichnung als tieftraurige, einfühlsame Charakterstudie. Gerade Louis Jouvet und Michel Simon spielen dabei große Klasse und machen „Lebensabend“ zu einem äußerst sehenswerten Film dieser Epoche.

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    • Sehr schön, dass ihr einen Artikel zum DVD-Start dieser tollen Serie veröffentlicht :-)
      Kann ich jedem nur wärmstens empfehlen, der auf der Suche nach einem geeigneten Format für seine Kinder ist.

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        Deusfantasy 16.10.2016, 12:45 Geändert 16.10.2016, 15:24

        Deusfantasy und Mr_Phil isolieren sich von der Außenwelt in „Castaway on the Moon“.
        #10 unserer persönlichen Kommentar-Reihe, bei der jeden Monat eine weitere Rezension von uns beiden folgt.

        Einsam und verloren. Gefangen im Eskapismus.
        Beinahe mein gesamtes Leben schon, bin ich auf der Suche nach Zugehörigkeit. Ich fühle mich oftmals wie das letzte Glied einer Kette, das ständig verzweifelt versucht, sich immer und immer wieder einzuhacken um den Anschluss zu finden, letztlich jedoch ständig wieder abfällt. Tagträume dienen dann häufig als einzige Zuflucht vor der bitteren Erkenntnis, die immerwährend vor mir lauert – Erdrückende Einsamkeit.

        Über 20 Jahre ist es mittlerweile her, als ich inmitten des Nachhausewegs von der Schule zusammenbrach und mein Leben in jenem Moment, eine einschneidende Wendung nahm. Die Zeiten der bis dahin glücklichen Kindheit waren auf einen Schlag vorbei. Der Ausbruch meiner Gehbehinderung bedeutete für mich nicht nur eine komplette Einschränkung in vielerlei Dingen, es war vor allem auch wie eine Art unsichtbare Prägung mit dem Aufdruck „Außenseiter“ auf meiner Stirn. Dieselben Menschen sahen mich plötzlich anders an, verhielten sich anders als zuvor. Am deutlichsten wurde es beim Sportunterricht, wo ich fortan trotz erheblich unsportlicheren Mitschülern immer als letzter in die Mannschaft gewählt wurde. Ich war wie ein Mensch zweiter Klasse, der am Rande der Gesellschaft angekommen war, gemobbt, gedemütigt und vielleicht am schlimmsten von allen - gar nicht erst beachtet. Das Knüpfen von sozialen Kontakten außerhalb des World Wide Web fiel mir entsprechend immer unglaublich schwer, bis heute. Alleine auf einer Party zu sein, ohne einen Menschen den ich kenne, ist für mich der reinste Horror. Dieses Szenario beschreibt meine Gefühlslage wohl am besten. Umgeben von Menschen zu sein, und sich trotzdem einsam zu fühlen. Mit ihnen zu sprechen, und trotzdem nicht verstanden zu werden. Wenn ich weg bin, merkt es eh keiner.

        Es mag für die meisten unter euch sicher seltsam anmuten, sich ausgerechnet in einer Großstadt vollkommen von der Gesellschaft isoliert zu fühlen. Doch gibt es das häufiger, als so manchem Bewusst ist. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Anders als bei mir, geraten die beiden Hauptprotagonisten in „Verschollen in der City“ durch Hoffnungslosigkeit und Verschlossenheit in eine solche Isolation. Diese spielt sich auf einer einsamen Insel inmitten der Millionenmetropole Seoul - gerade der Kontrast zwischen einsamer Insel und stets im Hintergrund zu beobachtenden Wolkenkratzern ist dabei bestechend - und einem kleinen verdunkelten Zimmer ab.

        Doch so depressiv die Ausgangslage des Films auch erstmal anmuten mag, das Gegenteil ist eher der Fall. Der Film greift einige gesellschaftliche Probleme der südkoreanischen Mittelschicht auf und verbindet das Robinson Crusoe–Szenario und Brieffreundschaft mit einem Seitenhieb auf die heutige Konsumgesellschaft auf eine erfrischende, witzige und berührende Weise.
        „Castaway on the Moon“ kreiert dabei einige wirklich wundervolle Momente, die zu Herzen gehen und zeigt, wie wichtig ein Hoffnungsschimmer in unserem Leben ist, da diese uns antreibt – Und sei es nur eine Portion Nudeln. Der Film regt allerdings auch zum Nachdenken an und lässt uns aus der dargestellten Isolation unser eigenes Leben in der Gesellschaft reflektieren, wodurch plötzlich nicht nur das Leben der dargestellten Personen so skurril erscheint, sondern auch unsere eigene Konsumgesellschaft.

        Dass die Geschichte stellenweise etwas zu gestreckt und ereignislos wirkt, wodurch einige unnötige Längen entstehen, ist zwar bedauerlich, schadet dem extrem positiven Gesamteindruck jedoch nicht. Denn, um hier mal einen anderen Rezensenten zu zitieren, der es auf den Punkt gebracht hat:
        „Ein Film, der es schafft zu Tränen zu rühren, nur weil jemand eine Portion Nudeln isst, muss einfach groß sein!“

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          Deusfantasy 09.10.2016, 13:57 Geändert 09.10.2016, 17:03

          Kaum eine Serie verdient das Prädikat "außergewöhnlich" wohl so sehr wie Pushing Daisies. Die Serie mischte nicht nur verschiedenste Genres wie Fantasy, Drama, Comedy, Krimi und Romantik miteinander, sondern fiel zudem durch seine äußerst kreative Prämisse auf. Hauptfigur Ned hat nämlich die Fähigkeit, tote Leute mit einer Berührung wieder ins Leben zu holen. Bei einer weiteren Berührung von ihm sind sie allerdings endgültig tot. Sollte die zweite Berührung nach spätestens einer Minute nicht erfolgen, muss dafür ein gleichartiges Lebewesen in der Nähe sterben. Daraus machen er und sein Freund Emerson, der als Detektiv tätig ist, letztlich ein Geschäft und suchen die Mörder ihrer Opfer. Neben den Kriminalgeschichten geht es allerdings noch um die romantische Beziehung zwischen Ned und Chuck, die sich zwar ineinander verlieben, aber nicht berühren können, weil Chuck ebenfalls von den Toten erweckt wurde. Die beiden finden im Laufe der Zeit aber immer wieder neue Wege sich doch zu "berühren" und werden dabei immer kreativer. Das ist jedoch nur die Spitze der Skurrilität.

          Das wirklich außergewöhnliche an „Pushing Daisies“ sind, neben der Gabe des Hauptdarstellers, nämlich die knallbunten Sets. Ob Straßen oder Häuser, alles wirkt so zuckersüß designt, als sei es einer Märchenwelt entsprungen. Den Eindruck der Märchenwelt verstärkt dazu die Voice-Over-Stimme, die streckenweise wie ein Märchenonkel klingt.
          Was die Serie aber letztlich endgültig so märchenhaft erscheinen lässt, sind vor allem die kräftigen Farben. Die Farbsättigung wurde derartig krass erhöht, dass die Farben extrem betont werden und die Welt von „Pushing Daisies“ so stets in einer wahnsinnigen Intensität erstrahlt. Ein fürs gewöhnliche Auge sehr ungewohnter Anblick. Auch die darin lebenden Charaktere sind allesamt schrullige, aber dennoch liebenswürdige Figuren, die vollends in diese verträumte kleine Welt passen. Einzig der taffe Detektiv Emerson sticht mit seinen lakonischen und trockenen Kommentaren deutlich heraus. Er wirkt fast wie ein Fremdkörper in der Welt, was für einige amüsante Situationen sorgt.

          Ich habe die Serie seinerzeit echt gerne geschaut und war sehr traurig darüber, dass sie nach nur zwei Staffeln abgesetzt wurde. Rückblickend betrachtet, kann ich es aber absolut nachvollziehen. Denn die obige Beschreibung zeigt zugleich das ganz große Problem der Serie auf - Die Andersartigkeit samt knallbunter Bonbonoptik, von der man ganz schnell übersättigt und erschlagen werden kann. Noch dazu gab es Folge für Folge neue Kriminalfälle, aber keinen wirklichen roten Faden. Irgendwann wurde es auch ein wenig ermüdend die Serie weiter zu verfolgen, so kreativ sie auch war. Trotzdem hätte ich gerne noch mindestens eine weitere Staffel davon gesehen, um die Handlung ausführlich abzuschließen. Mit dem schnell zusammengeschusterten Ende konnte ich mich nach einiger Zeit dann aber auch anfreunden und das Kapitel Pushing Daisies mit einem positiven Gefühl ad acta legen.

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            Deusfantasy 03.10.2016, 12:54 Geändert 03.10.2016, 13:38

            Was für ein wunderbarer Film. So erfrischend, ehrlich und lebhaft wie man es heutzutage nur noch selten vorfindet. Eine Geschichte über einen Geschichtenerzähler, das Geschichtenerzählen und die Schwierigkeiten damit, stets wunderbar flüssig zwischen tragischem Zynismus und heiterer Unbeschwertheit wechselnd, voller bizarrer Ideen, schrulliger Figuren, fantastischer Dialoge und einem Michael Douglas in Höchstform.
            Was mich aber wirklich an dem Film fasziniert, ist seine fast schon grenzenlose Natürlichkeit. Denn die Geschichte bleibt dank dem grandiosen Drehbuch stets abwechslungsreich wie unvorhersehbar und wird trotz des unnatürlichen Geschehens in größter Natürlichkeit inszeniert, so dass man tatsächlich das Gefühl hat, an einer wahren Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann, teilzuhaben.

            Voll von großartigen Darstellern wie Frances McDormand, Tobey Maguire, Katie Holmes oder Robert Downey Jr., ist es vor allem Michael Douglas, der einen mit seinen lakonischen Off-Kommentaren und purer Spielfreude sofort für sich einnimmt. Sein Grady Tripp ist verdreht wie ein Korkenzieher, manövriert sich mit Strubbelfrisur, rosafarbenem Bademantel und Joint im Mund ständig durch situative Ausweglosigkeiten, bleibt dabei aber jederzeit zutiefst sympathisch, genau wie der Film selbst.

            Auch wenn sich das fast schon zuckersüße Ende mit der vorigen augenzwinkernd-sarkastischen Tonart des Films ein wenig beißt, gönnt man den liebevollen Charakteren, die einem zuvor 112 wahnsinnig tolle Minuten beschert haben, doch ihren versöhnlichen Abschluss, da sie sich genau wie der Film, heimlich, still und leise in mein Herz gestohlen haben.

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              Deusfantasy 29.09.2016, 13:00 Geändert 29.09.2016, 13:15

              Deusfantasy und Mr_Phil kämpfen für eine Zukunft in Freiheit in „Spartacus“.
              #9 unserer persönlichen Kommentar-Reihe, bei der jeden Monat eine weitere Rezension von uns beiden folgt.

              Blickt man einmal auf Stanley Kubricks Filmografie, sticht sein „Spartacus“ tatsächlich sofort heraus. Der Grund liegt darin, dass es für Kubrick der erste und einzige Film in seiner Karriere als Regisseur war, bei dem er keine uneingeschränkte künstlerische Freiheit hatte. Der damals 31-jährige Regisseur hat vorher und nachher tatsächlich nie einen Film gedreht, in dem derart wenige Ideen von ihm selbst realisiert wurden. Daraufhin beschloss er, künftig keinen Film mehr zu drehen, bei dem er kreative Kompromisse eingehen müsste. Dass Kubrick so schlecht auf diesen Film zu sprechen ist, scheint in Anbetracht dessen also nicht verwunderlich. Doch auch wenn wenig von Kubrick selbst mit eingeflossen ist, ist ihm hiermit dennoch ein außerordentlich guter Film gelungen, den jeder Regisseur wohl mit Kusshand in seine Vita aufnehmen würde.

              Kubrick porträtiert den Werdegang des Spartacus in freier Auslegung der historischen Fakten und starker Vereinfachung der Ereignisse. Im Fokus der Freiheitskämpfer-Saga steht dabei natürlich vor allem das Thema Freiheit. Für Spartacus und alle Sklaven ist der Tod der Verlust des Schmerzes, für einen freien Menschen dagegen der Verlust der Freude. Er fürchtet sich vor dem Tod nicht mehr als vor dem Leben als Sklave. Dieser Gedanke wird immer wieder deutlich zum Vorschein gebracht. Gleichzeitig beleuchtet Kubrick aber nicht nur den Werdegang des Spartacus, sondern zeichnet auch ein höchst interessantes Sittenbild einer dekadenten römischen Gesellschaft, in der Moral nur noch Ballast ist und Skrupellosigkeit, Intrigen und Ränkespielen zur obersten Tugend erklärt werden.

              Im Gegensatz zu vielen anderen Monumentalfilmen werden Schlachten hier kaum betont, viele werden sogar meist nur erzählerisch abgehandelt oder nur teilweise gezeigt. So gibt es nur in der ersten Stunde ein paar Kämpfe in der Zeit als Sklaven und zum Finale hin das große Aufeinandertreffen von Spartacus’ Heer und der römischen Armee zu sehen. Die Inszenierung dieser Kämpfe ist auch fast 60 Jahre später immer noch absolut sehenswert. Gleiches gilt für die gelungene Ausstattung, die Kostüme und die Kulissen im Film, die allesamt zeitgemäß und daher sehr realitätsnah wirken. Darstellerisch gibt es ebenso kaum etwas auszusetzen.

              Unterm Strich ist „Spartacus“ ein wirklich sehr gelungener Monumentalfilm mit überraschend treffendem Gesellschaftsporträt und relativ spannender Schilderung historischer Ereignisse, der trotz seiner enormen Laufzeit von über drei Stunden zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen lässt und keine Szene zu viel enthält. Formell gesehen, macht Kubrick also eigentlich alles richtig. Einziges Manko für mich ist das fehlende Gänsehautfeeling und das epische Flair, weshalb der Film Werken wie „Braveheart“, „Ben Hur“ oder „Gladiator“ in dieser Hinsicht letztlich nicht ganz das Wasser reichen kann, aber trotzdem unbedingt geschaut werden sollte.

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                Deusfantasy 25.09.2016, 12:50 Geändert 25.09.2016, 12:51

                Eigentlich ist Barney Panofsky ein Arschloch wie es im Buche steht. Er zeichnet sich nämlich vornehmlich durch Alkoholismus, Zynismus, Jähzorn, Seitensprünge und viel zu überstürzte Ehen aus, verliebt sich ganz nebenbei sogar noch Hals über Kopf auf seiner eigenen Hochzeit in eine andere Frau. Zudem ist sein Lebensweg maßgeblich selbstverschuldet. Auf den ersten Blick ist er also nicht gerade ein liebenswürdiger Zeitgenosse, mit dem man gerne mitleiden oder dessen Weg man filmisch verfolgen möchte. Doch trotzdem ging mir sein tragisches Schicksal am Ende äußerst nahe und ich bekam leicht feuchte Äuglein. Denn bei allen negativen Eigenschaften, die Barney in sich vereint, beweist er immer wieder, dass er sein Herz doch auf dem rechten Fleck hat - Stichwort Bulgarien.

                Paul Giamatti spielt hier in der Hauptrolle ganz groß auf, genau wie Dustin Hoffmann als Barneys etwas primitiver Vater, der für einige komische Momente sorgt. Die Handlung selber verläuft größtenteils in Rückblenden, in denen Barney sein Leben Revue passieren lässt. Entgegen den anfänglichen Erwartungen, steuert der Film allerdings nicht auf den angeblichen Mord hin, der Barney seit Jahrzehnten verfolgt, sondern befasst sich hauptsächlich mit seinen Liebesbeziehungen. Dabei wechseln sich Schicksalsschläge und glückliche Momente ständig ab und sorgen so für zahlreiche Dramaturgische Höhepunkte und einen melancholischen Unterton. Dass sich der Mord-Nebenplot nicht gerade harmonisch in die restliche Geschichte einfügt und dass bis auf Barney und dessen Vater alle anderen Figuren kaum Tiefe erlangen, ist angesichts der tollen Dialoge und dem hervorragend aufspielenden Hauptdarsteller absolut zu verschmerzen und rüttelt nur wenig am stimmigen Gesamtbild dieser sehr sehenswerten Tragikomödie.

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                  Deusfantasy 18.09.2016, 12:49 Geändert 18.09.2016, 12:49

                  Zeit für ein weiteres Kapitel von „Deusfantasy versteht die Welt nicht mehr“.

                  Manchen Filmen eilt ihr Ruf wahrlich voraus, doch bei genauerer Betrachtung halten sie diesem Ruf nicht stand. So gilt „Freitag, der 13.“ als einer der Urväter und großen Klassiker des Slasher-Genres. Über die Jahre entwickelte die Reihe neben zahlreichen Ablegern auch einen enormen Kultstatus. Wieso der Streifen sich jedoch so einer enormen Beliebtheit erfreuen darf, bleibt mir komplett schleierhaft und ein Blick in meine Freundesliste lässt mich völlig ratlos zurück. Stimmt mit mir etwas nicht, oder sehen die anderen einfach etwas, das ich nicht sehe?
                  Denn komplett nüchtern betrachtet, ist der Film in absolut allen Belangen unterdurchschnittlich, trug nichts Neues bei und vereint sogar all die Dinge in sich, die in diesem Genre verkehrt laufen.

                  Es fängt schon damit an, dass „Freitag der 13.“ sich ziemlich dreist bei Genrekollegen wie Halloween oder Hitchcocks Meisterwerk „Psycho“ bedient, was zunächst ja nur halb so schlimm wäre, wenn es wenigstens gut kopieren würde. Aber Regisseur Cunningham setzt diese Zutaten ziemlich plump ein. Alles in diesem Film hat man selbst damals bereits schon mal gesehen gehabt, natürlich auch überall besser, etwas wirklich Eigenständiges sucht man hier vollkommen vergeblich.
                  Belanglos und ohne Spannungshöhepunkte plätschert die Geschichte vor sich hin. Schnell werden die konturlosen Figuren eingeführt und nach kürzester Zeit auch schon wieder niedergemetzelt. Allerdings ist keine einzige der Figuren dabei auch nur in irgendeinem Maße interessant gestaltet, so dass auch nur im Entferntesten eine emotionale Bindung zu ihnen entstehen könnte. Alle Charaktere des Films waren mir völlig scheiß egal, genauso das, was mit ihnen passiert.

                  Noch platter als die Figurenzeichnung selbst, sind tatsächlich die grottenschlechten Dialoge, die fast Pornofilm-Niveau erreichen. Was zwischen den Morden passiert, ist entsprechend so schrecklich banal und langweilig, dass ich mir umgehend den nächsten Mord herbeigesehnt habe. Das bedeutet für mich bereits den halben Sargnagel in diesem Genre. Problematisch wird es aber erst dann richtig, wenn die Morde nicht für die inszenatorischen und handlungstechnischen Macken entschädigen. Der gelegentliche Einsatz der subjektiven Kamera ist zwar durchaus wirkungsvoll, immer wieder entstehen so Momente, in denen fast so etwas wie Atmosphäre und Spannung aufkommen, doch die schreckliche Vorhersehbarkeit und die miesen Laiendarsteller – kaum zu glauben, dass aus Kevin Bacon etwas wurde – ersticken jeglichen Anflug von Atmosphäre und Spannung sofort im Keim. Dabei müsste man meinen, dass ein einsames Camp am See, an dem in der Vergangenheit Morde passiert sind, als Szenario genügt, um eine schaurige Atmosphäre zu erzeugen. Noch dazu schaute ich den Film um Mitternacht, während es regnete – perfekte Horrorfilm-Bedingungen. Aber Pustekuchen, der Film ist so schaurig wie ein lächelndes Baby.

                  Dass der Killer wiederum lange Zeit über ungezeigt bleibt, ist natürlich ein Grund am Ball zu bleiben, doch auch hier begeht der Film einen schweren Fehler, denn mitraten ist nicht möglich, da kaum Hinweise auf die Identität eingestreut werden. Dieser Film ist der Prototyp eines schlechten Slashers, da er schlicht den simplen Theorien seines Genres unterliegt, was sich spätestens im ebenfalls miserablen Finale offenbart, wenn die letzte (natürlich jungfräuliche) Überlebende 3x mit dem Killer konfrontiert wird und jedes Mal die Chance ungenutzt lässt, diesen auszuschalten. Stattdessen wir das Finale unnötig eine Viertelstunde lang aufgeblasen, bis das zu erwartende Ende endlich erreicht wird.

                  Auch wenn ich mit dieser Meinung scheinbar vollkommen alleine auf weiter Flur stehe, nichts, wirklich nichts in diesem simpel gestrickten Film, ist in irgendeiner Weise gelungen. Seine einzig relevante Leistung besteht lediglich darin, dass er Jahre später als Quizfrage in Scream vorkam und für den Tod einer Figur verantwortlich war. Ansonsten lassen miese Darsteller, miese Dialoge, Spannungsfreiheit, fehlende Atmosphäre, billige Optik auf Heimvideo-Niveau, unfreiwillige Komik und eine langweilige Inszenierung bei mir eigentlich nur den Schluss zu, dass der Kultstatus des Streifens nur auf Nostalgie zurückzuführen ist. An der (geringwertigen) Qualität des Films kann es jedenfalls nicht liegen.

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                    Deusfantasy 16.09.2016, 14:50 Geändert 16.09.2016, 15:40

                    Die große Kunst beim Pokern besteht nicht etwa darin, wie irrtümlich vor allem von vielen Anfängern vermutet, sein eigenes Blatt zu spielen, sondern seinen Gegner. An dieser Stelle trennt sich bei der Spielerschaft die Spreu vom Weizen. Schafft man es, seinen Gegner genau zu studieren und die richtigen Schlüsse aus seinem Verhalten zu ziehen, ist es dabei oft sogar völlig irrelevant, was man selber auf der Hand hält. Kann man seinen Gegner lesen, erhöht dies die Chance, um einen gelungenen Bluff zu spielen. Wir tuen so als ob wir ein starkes Blatt auf der Hand halten, haben in Wirklichkeit aber nur heiße Luft und gewinnen den Pott.
                    Diesen Grundsatz kann man jedoch immer häufiger auch auf die Filmlandschaft übertragen. Nämlich dann etwa, wenn die Filmstudios die Sehmuster ihrer Zuschauerschaft genau studieren und wissen, was die Zuschauer in die Kinos lockt. Anstatt den Ansporn zu besitzen, aus seinem vorhandenen Blatt das künstlerische Maximum herauszuholen, gibt man sich lieber größte Mühe mit aufwendigem Marketing und kalkulierten Trailern sein Blatt nur gut aussehen zu lassen.

                    So liest sich auch das Blatt von „Runner Runner“ zunächst sehr vielversprechend. Ein hochkarätiger Cast mit Ben Affleck, Gemma Arterton und Justin Timberlake, eine exotische Kulisse mit Costa Rica und mit den illegalen Machenschaften der Onlineglücksspielindustrie ein spannendes und unverbrauchtes Thema. Poker einmal aus der online Perspektive zu thematisieren, ist zudem neu und trifft den Zeitgeist. Man muss allerdings beileibe kein Pokerspieler sein, um bereits nach kurzer Zeit zu erkennen, dass Regisseur Brad Furman hier nur einen gigantischen Bluff spielt und lediglich vorgibt, ein Full House auf der Hand zu haben. Denn der vermeintliche Blick in die Abgründe des Online-Glücksspiels entpuppt sich schnell als oberflächliche, vorhersehbare, langweilige Luftnummer, mit wenig inhaltlicher und erzählerischer Substanz. Die Geschichte ist zudem komplett abstrus erzählt und vollkommen hanebüchen zusammengeschustert. Da helfen auch die malerische Kulisse und die namhaften Darsteller nichts, die klischeehafte Stereotypen spielen und einem daher völlig egal sind.

                    So lockt man die Leute mit falschen Versprechungen gelegentlich zwar an die Tische und macht auch Kasse, doch der nächste Bluff wird dafür bereits im Vorfeld umso leichter durchschaut und die Tische bleiben leer.

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                      Für Disney ein kolossaler Flop, für die meisten Zuschauer auch nicht mehr als Durchschnittsware. Das mag nur wenig verwunderlich sein, denn in "John Carter - Zwischen zwei Welten" rettet ein fremder Held einen Planeten und erobert nach anfänglichen Zwistigkeiten auch noch gleich das Herz der einheimischen Prinzessin. Das klingt tatsächlich so abgedroschen wie es am Ende letztlich ist.
                      Natürlich kann auch eine schon so oft gesehene Handlung trotzdem mitreißen, wenn das drumherum stimmt.Tut es in diesem Fall aber nicht. Das Hauptproblem fängt schon beim namensgebenden Helden an, der selber völlig blass bleibt und von einem ebenso völlig blassen Taylor Kitsch verkörpert wird. Dieser Mann ist nicht nur ein furchtbarer Schauspieler, sondern besitzt obendrein auch noch so viel Charisma wie ein Stein. Wenig förderlich für seinen Heldenstatus war da zudem seine alberne Fähigkeit, das Hüpfen. Allerdings konnte er das sehr weit und sehr hoch - essentiell um einen Planeten zu retten. Das ist zwar der Buchvorlage geschuldet, allerdings braucht man sich bei so einem albernen Quatsch auch nicht über einen Flop zu wundern. Welches Kind würde man schon sagen hören, es wolle so sein wie John Carter und in die Lüfte hüpfen?

                      Entsprechend ließ wohl nicht nur mich sein Schicksal von Anfang an komplett kalt, genau wie das der meisten anderen unsympathischen Figuren. Am ehesten konnte mich noch das Volk der Tharks auf seine Seite ziehen, bei dem Tars Tarkas wohl der größte Sympathieträger ist. Man lernt ein wenig von ihrem Verhalten und ihrer Kultur kennen, was durchaus interessant ist, letztlich aber auch nicht komplett vertieft wird. Neben dem durchaus gelungenen Monsterdesign gehörten die Tharks dennoch zu den wenigen wirklichen Pluspunkten des Films. Ansonsten ist der Bösewicht eben böse und die Prinzessin eben schön, völliger Standard, ohne jegliche Tiefe.

                      Die Sets konnten ebenso nur wenig begeistern. Optisch sieht der Film zwar durchaus ansprechend aus, gerade die Luftschiffe und die Tharks, allerdings lockt das Niemanden hinterm Offen hervor. Denn für diese Preisklasse (ca. 250 Mio. Budget) bietet der Film visuell einfach zu wenig, wodurch am Ende der optische Eindruck ebenso wenig im Gedächtnis bleibt, wie die unspektakulär inszenierten Kämpfe. Da man in diesem viel zu lang geratenen 08/15-Science-Fiction/Fantasy-Film insgesamt vergeblich nach vielschichtigen Charakteren, geistreichen Dialogen oder überraschenden Wendungen in der Handlung sucht, bleibt mir als Fazit nur zu sagen, dass John Carter zu nichts weiter als einem Snack für Zwischendurch eignet. Einmal gesehen, schnell wieder vergessen. Dann doch lieber weiterhin Star Wars gucken!

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                        Deusfantasy 30.08.2016, 13:18 Geändert 30.08.2016, 13:19

                        Keine Ahnung, was Charlie Chaplin 1914 dazu bewog, so einen bekloppten Schmarrn zu drehen, wie „A Busy Day“. Vielleicht wollte er einfach nur mal in ein Frauenkostüm schlüpfen (was er 2 Jahre später in „A Woman" erneut tat, nur deutlich gelungener), dazu hätte er sich aber auch eine cleverere Handlung ausdenken können als eben diese. Denn in knapp 6 Minuten wird nach einem Eifersuchtsanfall seinerseits nur so herum getreten, geschubst und geschlagen, dass sich die Balken biegen. Es gleicht schon beinahe einer Massenschlägerei, was jedoch nur bedingt witzig und unterhaltsam ist.
                        Eines muss man Charlie Chaplin aber dennoch lassen – Als Frau macht er eine erstaunlich gute Figur. Das hilft seinem Film aber leider auch nicht weiter. Womöglich sein insgesamt schwächstes Werk.

                        https://www.youtube.com/watch?v=_gfMWt1oj7c

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                          Deusfantasy 29.08.2016, 12:48 Geändert 29.08.2016, 12:49

                          Ein Blick in meinen Kalender verrät mir, dass es nun schon genau 100 Jahre her ist, dass Charlie Chaplin seinen Kurzfilm „Das Pfandhaus“ veröffentlichte. Seither hat sich in der Filmindustrie viel getan, unsere Sehgewohnheiten haben sich sehr gewandelt, doch Chaplins einzigartiges Gespür für Slapstick und Situationskomik hat die Zeit überdauert.
                          Wieder einmal seine Paraderolle, den Tramp spielend, der aufgrund mangelnder Arbeitsmoral und der ständigen Rangeleien mit seinem Kollegen kurz vor dem Rauswurf steht, hat Chaplin dank köstlicher Slapstick-Einlagen
                          einen wirklich lustigen Film geschaffen. Chaplin weiß sein begrenztes Szenario dabei genau zu nutzen und macht quasi von jeder erdenklichen Requisite Gebrauch und zweckentfremdet sie. Dadurch entstehen einige unvergessliche Szenen. Auch wenn der Film innerhalb seiner gut 30 Minuten einige kleine Längen aufweist und letztlich nicht jeder Gag zündet, habe ich mich insgesamt doch köstlich amüsiert und kann diesen zeitlosen Film besonders Fans von Chaplin und von Slapstick-Humor bedenkenlos empfehlen. Definitiv eines seiner besseren frühen Werke, das es hier zu begutachten gibt:

                          https://www.youtube.com/watch?v=Vpk_MC4AYgw

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                            Deusfantasy 28.08.2016, 12:51 Geändert 22.09.2016, 14:07

                            Zu den schönsten Momenten auf moviepilot gehören für mich immer jene, wenn ich auf mir völlig unbekannte Filme stoße, die irgendwie unter dem Radar der Öffentlichkeit laufen. Oft geschieht das natürlich durch die tollen Texte meiner Freunde oder durch deren Bewertungen. Manchmal stöbere ich aber auch einfach nur so auf Profilen herum und suche mein Glück. In dem Fall reicht dann auch mal ein interessanter Filmtitel um mich neugierig zu machen. „Der Junge und die Welt“, irgendwie klingt das nach einem schönen Film, dachte ich mir. Dann noch dieses süße Bild, was nach einem Animationsfilm ausschaut. Alles klar, mehr Infos brauche ich nicht, mein Interesse war sofort geweckt. Zack, vorgemerkt.

                            Kein Wunder, hat mich doch kein anderes Genre in den letzten Monaten so sehr fasziniert, begeistert und berührt, wie der Animationsfilm. Es ist im Medium Film wohl das vielseitigste Genre, da es quasi uneingeschränkt in seinen Möglichkeiten ist. Das beweist auch der brasilianische Regisseur Alê Abreu einmal mehr erneut und hat mit „Der Junge und die Welt“ gleichzeitig einen der außergewöhnlichsten Filme erschaffen, die dieses Genre je gesehen hat. Der Film kommt völlig ohne Dialoge oder Zwischentitel aus und erzählt seine Geschichte allein durch Bilder und Töne. Die wenigen Sprachfetzen, die man vernehmen kann, sind allerdings keine echte Sprache. Dabei handelt es sich ursprünglich um Portugiesisch, das jedoch rückwärts abgespielt wurde.

                            Die Figuren zeigen nur ein paar Umrisse, mit wenigen Bleistiftstrichen skizziert, scheinbar aus Kinderhand stammend. Doch das erstaunliche daran ist, dass es reicht, um ihnen Leben und Emotionen einzuhauchen. Der kleine Junge, der auf der Suche nach seinem Vater ist und mit kindlicher Neugier die Welt entdeckt, nimmt uns als Zuschauer mit auf Entdeckungsreise durch eine Welt, die bunter und eindrücklicher kaum gestaltet sein könnte. Die dortige Farbvielfalt ist einfach nur prächtig. Doch so naiv und unschuldig die Bilder zu Anfang auch wirken mögen, wandelt sich schnell das Bild und der Ton wird düsterer. Statt buntem Karneval erscheinen ermüdete Arbeiter auf Baumwollplantagen, die ausgebeutet werden, Webstühle werden durch Maschinen ersetzt, die Favelas stapeln sich übereinander, Proteste sind zu sehen. Hier wird deutlich, Alê Abreu erzählt eine Geschichte Brasiliens, eine Geschichte um die Freiheit des Individuums, das in der Konsumgesellschaft einem ständigen Zwang nach Anpassung ausgesetzt wird.

                            Der Film ist meiner Ansicht nach trotzdem für Jung und Alt geeignet. Während die Kleinen sich an den farbenfrohen Bildern erfreuen können, erleben die Erwachsenen eine visuell berauschende Kapitalismuskritik, wie sie in der Form tatsächlich nur im Animationsgenre möglich ist.
                            Ich bin während der knapp 80 Minuten jedenfalls dank der Bilder komplett in diese Welt eingetaucht und blieb am Ende völlig fasziniert und begeistert zurück. Sofern das nicht gelingt, kann man sicher schnell Gefahr laufen, sich zu langweilen. Aber so oder so, bekommt man hier einen außergewöhnlichen, wunderschönen, kritischen und in jeder Hinsicht bemerkenswerten Animationsfilm geboten, wie es ihn kein zweites Mal gibt.

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                              Deusfantasy 21.08.2016, 12:25 Geändert 21.08.2016, 16:15

                              Deusfantasy und Mr_Phil kämpfen nach einem verhängnisvollen Fehler um die Liebe ihres Lebens in „Sunrise - A Song of Two Humans“. #8 unserer persönlichen Kommentar-Reihe, bei der jeden Monat eine weitere Rezension von uns beiden folgt.

                              Blicke sagen mehr als tausend Worte, so heißt es in einem allseits bekannten Sprichwort. Und tatsächlich erleben wir es immer wieder mal, dass ein einziger Blick, eine einzige Geste oder eine bestimmte Körperhaltung uns genau verrät, was unser Gegenüber gerade ausdrücken möchte. Einem Stummfilm bleibt oft gar keine andere Wahl als Beschreibungen von Haltungen und Gefühlen lediglich mit Gestik, Mimik und Körpersprache zu vermitteln.
                              Dem Zuschauer die Bandbreite an Emotionen glaubhaft in einem Stummfilm zu vermitteln, ohne ein gesprochenes Wort und nur mit wenigen eingeblendeten Zwischentiteln, gehört wahrscheinlich zu den größten Künsten im Medium Film. Friedrich Wilhelm Murnau, einer der angesehensten Regisseure der Stummfilmära, gelang dieses Kunststück mit seinem Liebesdrama „Sunrise - A Song of Two Humans“ mit Bravour. Dort schickt er seine beiden Protagonisten, ein Mann und eine Frau – Namen spielen keine Rolle, da ihre Namenlosigkeit die Universalität der Erzählung betonen soll – auf eine Reise durch verschiedene Gefühlswelten, an deren Ende eine wiedergefundene Liebe steht.

                              Obwohl Sunrise im eigentlichen Sinn natürlich ein Stummfilm ist, unternahm Murnau hiermit bereits erste Schritte in Richtung Tonfilm. Denn auch wenn die Akteure nach wie vor nicht sprechen, kommen verschiedene Hintergrundgeräusche zum Einsatz. Das sollte dem damaligen Zuschauer eine nie dagewesene Realitätsnähe bescheren. Sunrise war zusätzlich auch Murnaus erste US-amerikanische Produktion. Das Filmstudio FOX ließ ihm damals bei der Erstellung des Films sowohl in künstlerischer, als auch in finanzieller Hinsicht eine vollkommen freie Hand. Dadurch war er sogar in der Lage, die beiden Hauptschauplätze fast vollkommen auf dem Produktionsgelände von FOX errichten zu können. Dies lag vordergründig daran, dass die Schauplätze keinem realen Ort ähnlich sehen sollten, weil die Geschichte genau wie die Protagonisten universell und zeitlos sein sollte. Das Publikum honorierte so viel Mühe übrigens nicht. Im Kino war der Film 1927 eher ein finanzieller Flop.

                              Zeitlos ist sein Film für mich in jedem Fall, wenn auch nicht in jedem Punkt. Denn gerade auf unsere heutigen Verhaltensweisen bezogen, wirkt die schnelle Vergebung der Frau natürlich ziemlich überzogen. Einen Mordversuch wischt man schließlich bei aller Kraft der Liebe und Vergebung nicht mal eben so weg.
                              Davon mal abgesehen, ist es schlicht phänomenal, wie die beiden Hauptdarsteller, George O’Brien und Janet Gaynor, miteinander harmonieren. Sie bringen ihre Gefühle und Stimmungen, auch dank der tollen musikalischen Untermalung, stets glaubhaft und verständlich rüber. Gerade in Janet Gaynors schmachtenden Blick kann man sich als Mann fast nur verlieben.
                              Die Geschichte ist dabei zwar extrem simpel gestrickt, da der Fokus hier tatsächlich hauptsächlich auf der Widerentdeckung der Liebe liegt, funktioniert dafür aber tadellos, was neben den tollen Darstellerleistungen vornehmlich an Murnaus dynamischer Kameraführung liegt, die einen faszinierenden Strom aus stimmungsreichen Bildern erzeugt.

                              Lediglich der Umstand, dass das Ende als Happy End angelegt ist und sich deshalb fast wie ein Märchen anfühlt, war dann doch ein bisschen zu viel Salz in der Suppe, um wirklich vollends zufrieden zu sein. Denn das eigentlich hochtragische Potenzial der Geschichte wird dadurch nicht komplett genutzt, weshalb ich tatsächlich eher enttäuscht zurückblieb. Doch das ist letztlich meckern auf hohem Niveau, da auch das Happy End durchaus eine annehmbare Alternative ist, wenn auch nicht die Beste in meinen Augen.

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                                Deusfantasy 14.08.2016, 12:59 Geändert 09.05.2017, 11:32

                                Selten löste ein Film in mir so viel Zwiespalt aus wie „Der Himmel über Berlin". Ich habe mich in den 127 Minuten Laufzeit teilweise unglaublich gelangweilt und musste mich gar anstrengen, dem Geschehen zu folgen. Allerdings war ich teilweise eben auch verzaubert, konnte träumerisch dahin schwelgen. Wenders Werk ist auf der einen Seite nämlich unglaublich poetisch, melancholisch, philosophisch, wenn man so will ein Filmgedicht, ein Kunstwerk, eine lyrische Reise, die mich stellenweise verzauberte. Auf der anderen Seite wirkte der Film auf mich aber auch furchtbar elitär, bemüht kunstvoll und war phasenweise schlicht langweilig. Dabei habe ich mich bewusst auf den Film eingelassen, was man unbedingt muss, denn er ist lange Zeit ziellos, unglaublich sperrig und er bietet keinerlei Dramaturgie. Man folgt eigentlich nur zwei Engeln, die hinter Leuten herlaufen, sie lediglich beobachten und ihren philosophischen Gedanken zuhören. Nur kein Mensch redet so, weshalb alle Dialoge so unglaublich aufgesetzt wirken, genau wie die konstruierte Liebesgeschichte am Ende.
                                Gleichzeitig ist die Thematik um das Eintauschen der Unsterblichkeit gegen Menschlichkeit mit all ihren Facetten durchaus tiefgründig und regt zum Nachdenken an. Dazu beweist Wenders einmal mehr sein Gespür für wunderschöne Bilder. Die Kamerafahrten über Berlin, die die Tristesse und zugleich Schönheit der Stadt einfangen, mit den gelegentlichen Wechseln zur Farbe, wenn der Film zur Menschensicht wechselt, bei ansonsten schwarzweißem Look aus der Engelssicht, sind überaus schön, man kann sich förmlich in ihnen verlieren. Auch die Auftritte von Peter Falk und Nick Cave stellen echte Highlights dar.

                                Doch all die positiven Seiten trösten mich nicht über die Unzugänglichkeit, die aufgesetzte und teilweise wirklich anstrengende Inszenierung hinweg. Es fehlte in meinen Augen ein wenig die Leichtigkeit, wie sie in der ersten Hälfte des Nachfolgers „In weiter Ferne, so nah“ zu finden ist, die den „Kunststempel“, der ganz fett aufgedruckt ist, etwas aufgeweicht hätte. Doch ob nun ein Meisterwerk deutscher Filmkunst oder eine super Einschlafhilfe, beide Ansichten sind sicher nicht verkehrt. In mir vereinen sich leider beide, weshalb ich die teilweise extremen Lobpreisungen nicht ganz teilen kann. Ein toller Film ist es trotzdem, bei dem zumindest ein Zitat echt im Kopf hängen geblieben ist: „Als das Kind Kind war..."

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                                  Deusfantasy 07.08.2016, 12:48 Geändert 10.02.2017, 12:29

                                  Road Movies haben wohl nur ganz selten einen solch ungewöhnlichen Reiseplan, wie er in „Alice in den Städten“ zu finden ist. Von New York über Wuppertal, bis hin ins Ruhrgebiet, schickt Wim Wenders seine beiden Protagonisten Phil und Alice zu einer ungewollten Reise, an deren Ende die Entdeckung einer verloren geglaubten Identität steht.
                                  Der Film bietet dabei kein großes Drama, sondern ist filmische Poesie bei der die Reise des Journalisten Philip Winter dessen innere Suche nach sich selbst spiegelt.

                                  Phil ist hin- und hergerissen zwischen dem Hier und Jetzt. Jedes Bild das er auf seiner USA-Reise macht sieht für ihn gleich aus, alles darauf scheint austauschbar. Die innere Leere breitet sich immer weiter in ihm aus. Doch erst durch die, ihm aufgezwungene, Rolle des Aufpassers von Alice, die er letztlich verantwortungsbewusst ausführt, wird der langsame Prozess der Selbstfindung in Gang gesetzt. Mehr und mehr wird die anfangs ärgerliche Irrfahrt zu einer Reise zu den eigenen Wurzeln.

                                  Wenders schafft es trotz der Schwere des Themas und der depressiven Stimmung, in der sich Phil befindet, den Film zu keinem Zeitpunkt deprimierend wirken zu lassen, sondern behandelt sein tiefgründiges Thema mit unerwarteter Leichtigkeit. Diese spiegelt sich gerade im Zusammenspiel von Rüdiger Vogler und der putzigen Yella Rottländer wieder, die miteinander eine großartige Chemie haben und die anrührende Freundschaft zwischen Alice und ihrem Begleiter glaubhaft verkörpern.

                                  Hervorstechend ist insbesondere auch die Kamera, die während der Reise immer ganz nah an den Charakteren dran ist und unglaublich schöne Bilder erzeugt, die selbst Wuppertal faszinierend einfangen. Somit ist Wim Wenders mit „Alice in den Städten“ ein ausgesprochen wunderbarer, ein authentischer, melancholischer, sehr menschlicher Film gelungen, der die Erkenntnis offenbart, dass die Bilder die wir betrachten, eben nicht alle gleich aussehen, sondern nur durch unsere eigene Betrachtung, durch den Kontext, in dem wir sie sehen, ihre Bedeutung erhalten. Damit hinterlässt Wenders nicht nur Phil einen Hoffnungsschimmer, der Trost und Mut spendet.

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                                    Deusfantasy 04.08.2016, 13:14 Geändert 04.08.2016, 13:15

                                    Ein Guy Ritchie Film in der schwedischen Variante, so könnte wohl die Kurzbeschreibung für „Slim Susie“ lauten. Es ist nämlich ziemlich offensichtlich, wie sehr sich Regisseur Ulf Malmros den britischen Filmemacher für seine skurrile, schwarzhumorige Komödie zum Vorbild genommen hat.
                                    Doch beweist er damit auch eindrucksvoll, dass es gar nicht so leicht ist, auch deren Klasse zu erreichen. Denn von der Genialität eines Guy Ritchie ist sein Film leider weit entfernt. Schnell ist zu erkennen, dass hier viel zu sehr versucht wurde, zwanghaft einen Kultfilm entstehen zu lassen. Man merkt dem Film an, dass er unbedingt abgefahren, ungewöhnlich und respektlos sein will. Aber so einfach lässt sich Kult eben nicht erzeugen, vor allem nicht, wenn man eher damit beschäftigt ist seinen großen Vorbildern offenkundig zu huldigen, anstatt auf eigene Ideen zu setzen.

                                    Malmros zitiert nämlich haufenweise Filme, - unter anderem wird ein entscheidender Moment in Pulp Fiction gespoilert - dabei zwischendurch immerhin sogar sehr einfallsreich, wie das täglich wechselnde Namensschild mit berühmten Filmcharakteren an der Haustür eines Bewohners. Setzt dazu auf einen Haufen schräger Charaktere sowie eine undurchsichtige Handlung, die voll von Zufällen samt absurden Momenten gespickt ist und erst kurz vor Schluss aufgelöst wird.
                                    Nur wirkt das Ganze eben eher bemüht und wenig originell oder leichtfüßig, quasi wie eine Lightversion bekannter Kultfilme. Zudem mangelt es dem Film zwischendurch auch ein wenig an Abwechslung und durchschlagenden Ideen, um wirklich nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben.

                                    Allerdings klingt das jetzt negativer als der eigentliche Film letztlich ist. Denn trotz allen Mängeln bietet „Slim Susie“ einige nette Momente, die für Lacher sorgen, hat sympathischen Darsteller und reicht für ein kurzes Vergnügen allemal aus. Sehenswert, aber leider auch nicht mehr.

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                                      über 13

                                      Dass eine vielversprechende Besetzung alleine nicht gleich einen guten Film ausmacht, beweist das gnadenlos schlechte Remake "13" von Regisseur Géla Babluani mit Bravour.
                                      Spannung entsteht im Film nur zu Beginn, wenn man als Zuschauer genau wie der Hauptprotagonist gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Sobald man registriert, was es in mit der Geschichte auf sich hat, beginnt aber das Elend.
                                      Mehrere Menschen spielen Russisches Roulette. Insgesamt gibt es drei Runden und pro Runde werden mehr Kugeln in den Revolver gepackt. Die letzten beiden werden dann in einem Duell um viel Geld antreten.
                                      Ein durchaus reizvoll klingendes Szenario, gerade moralisch, allerdings ist der Verlauf der Handlung furchtbar spannungsarm und alle Darsteller spielen so dermaßen lustlos, dass sie einem komplett egal sind.
                                      Wie bescheuert das Gezeigte eigentlich ist, muss man sich mal richtig vergegenwärtigen. Die betreiben ein pures Glücksspiel, worauf gewettet wird und kommen dann ernsthaft mit "Favoriten" und "Erfahrung" an, zum totlachen. Den Vogel schießt dabei aber ein Spruch am Ende ab, als gesagt wurde, wie viel Glück der Sieger doch hatte, da sein Gegner zuvor 3x in Folge gewonnen hatte.
                                      Der Film nimmt sich so furchtbar ernst und ist so überaus dumm, dass es beinahe weh tut. Ob das Ganze moralisch vertretbar ist, kann einem zum Schluss hin sowieso völlig egal sein, genau wie dieser Film.

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                                      • Deusfantasy 28.07.2016, 19:41 Geändert 29.07.2016, 08:47

                                        Solche Entscheidungen sind doch einfach nur traurig. Ich hab die Sendung selbst zwar nie geguckt, aber die Botschaft, die damit gesendet wird, beinhaltet doch, dass ein Zusammenhang zwischen solchen "Killerspielen" und Amokläufen gesehen wird.
                                        Anstatt gerade jetzt zu zeigen, dass Counter Strike doch einfach nur ein friedlicher Wettkampf mit Maus und Tastatur ist, verfällt man wieder in alte Denkmuster und rollt diese Debatte unnötigerweise wieder auf.
                                        Nur wegen der Tat vereinzelter Menschen wird ein ganzes Medium direkt verdammt. Das war und ist nie was anderes als eine Art Hexenjagd gewesen, gestützt auf Unwissenheit und Pauschalisierungen. Mit Rücksicht auf die Hinterbliebenen hat das hier gar nix zu tun.
                                        Filme oder Bücher können Gedanken schließlich ebenso mit kranken Details infizieren und Menschen beeinflussen. Aber gegen die dreiste Willkür der Medien, Politik und Justiz kann man nur schwerlich was ausrichten.
                                        Hauptsache den ach so friedlichen Fußball zeigen, wo während der EM Menschen zu Tode geprügelt und verletzt werden.

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                                          Wenn dein Kind dir genommen wird, vergewaltigt und ermordet, ist dies ein wahnsinnig brutaler Schicksalsschlag, der kaum zu überwinden ist. Doch es muss noch erdrückender sein, wenn zusätzlich die Identität des Täters unbekannt bleibt und er deshalb niemals geschnappt wird. All die quälenden Fragen nach dem warum, bleiben damit unbeantwortet.
                                          „Ein halbes Leben", der als Fernsehfilm für das ZDF realisiert wurde, was man ihm glücklicherweise nicht ansieht, widmet sich jedoch nicht nur dem Verarbeitungsprozess der Opfer, sondern geht noch einen Schritt weiter und zeigt auch, wie der Täter mit dieser Tat zurechtkommt. Denn nicht jeder Mörder ist automatisch auch ein emotionsloser Killer, der mordlüsternd durch die Straßen streift. Er ist auch mal, wie in diesem Falle, ein reuevoller Mensch, der sich von Schuld zerfressen, nach der Tat eine bürgerliche Existenz aufgebaut hat und sogar selbst Familienvater ist. Gerade dieser Kniff gibt „Ein halbes Leben" eine große emotionale Tragweite. Denn hier würde im Falle einer Verurteilung nicht nur ein Täter zu Recht für seine Tat bestraft werden, hier würde vor allem auch eine Tochter ihren Vater verlieren.

                                          Der Film schildert dabei beide Perspektiven innerhalb eines 20-jährigen Zeitraums. Auf der Opferseite liegt der Fokus vornehmlich auf Seiten des Vaters, der im Gegensatz zur Mutter niemals mit der Tat emotional abschließen konnte und stets die Hoffnung der Aufklärung mit sich trägt. Das ist zugleich auch ein kleiner Kritikpunkt meinerseits, da zu wenig auf mögliche Eheprobleme, die es offensichtlich gibt, eingegangen wird. Auf der Täterseite wird hingegen die Schlinge immer enger gezogen, was das übermächtige Bangen nicht verhaftet zu werden, aber vor allem die Angst, seine Tochter zu verlieren, die er seit der Trennung von seiner Lebensgefährtin allein aufzieht, immer erdrückender macht.
                                          Die emotionale Seite der tragischen Geschichte wird feinfühlig, realistisch präsentiert und problemlos von den beiden Hauptdarstellern, Matthias Habich und Josef Hader, die eine großartige Leistung abliefern, getragen. Beide machen durch ihr intensives Spiel die Verzweiflung ihrer Figuren förmlich spürbar. Dadurch habe ich tatsächlich mit beiden Parteien Mitleid gehabt, was wohl der größte Verdienst des Films ist.

                                          Das Ende hingegen ist leider ein wenig vorhersehbar und enttäuschend. Doch der Weg bis dahin lohnt trotzdem. Denn Regisseur Nikolaus Leytner zeigt mit seinem Film ganz gut auf, dass es am Ende für keine Partei eine wirkliche Erlösung gibt, keine Gerechtigkeit, und auch keinen richtigen Umgang mit so einem Verlust.
                                          Ein wirklich sehenswertes Drama.

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                                          • Wunderbare Liste, mein Freund!
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                                              Deusfantasy 15.07.2016, 12:28 Geändert 15.07.2016, 13:54

                                              Deusfantasy und Mr_Phil enträtseln mysteriöse Zahlenspiele in „Drowning by Numbers“.
                                              #7 unserer persönlichen Kommentar-Reihe, bei der jeden Monat eine weitere Rezension von uns beiden folgt.

                                              Bereits im Vorfeld dieses Films wurde ich vor Peter Greenaway gewarnt. Seine Filme seien das komplette Kontrastprogramm zum herkömmlichen Kino. Schaut man sich „Verschwörung der Frauen“ mal an, kann ich nur sagen, es stimmt. Seine Filmsprache ist im Vergleich zu allem, was ich bislang gesehen habe, einzigartig und individuell. Denn gerade visuell geht Greenaway ganz eigene Wege. Kameraeinstellungen, die an klassische Gemälde erinnern und detailversessene, stilistische Arrangements bestimmen die Bildsprache. Gerade zu Beginn und gegen Ende ist diese Bildsprache ein ganz besonderer Augenschmaus. Allerdings wird dies durch eine stark ambivalente Ästhetik kontrastiert. Ob nackte Körper, entstellte Tierkadaver, Leichen oder ein in Eigenregie durchgeführtes blutiges Beschneidungsritual. Greenaway geht visuell wie erzählerisch einen ganz eigenen Weg.

                                              Er bindet seine formidable Bildsprache in eine höchst skurrile Geschichte um 3 Frauen (Großmutter, Mutter und Tochter) ein, die kurz hintereinander ihre Ehemänner umbringen, dabei allerdings von dem örtlichen Leichenbeschauer gedeckt werden, da dieser sich - als Gegenleistung für seine Verschwiegenheit - Liebesdienste von den Damen erhofft. Dies ist aber nur der grobe Handlungsverlauf. Mit hintergründigem und schwarzem Humor erschuf Peter Greenaway ein abgefahrenes Universum aus skurrilen Figuren, makaber-surrealen Spielen und einer augenscheinlich schwer durchschaubaren Zahlenmystik, dessen stets wiederkehrende Symbole in eine schräge Kriminalgeschichte eingebettet sind. Durch die in die Handlung integrierten Rätselspielchen, bei denen die Zahlen 1-100 eine zentrale Rolle spielen, - Der Originaltitel „Drowning by Numbers“ liefert bereits einen Hinweis darauf - wird der Zuschauer dabei sogar in das Geschehen mit eingebunden. Es erfordert ein Höchstmaß an Konzentration und Aufmerksamkeit alles zu entdecken und zu enträtseln. Daher ist „Die Verschwörung der Frauen“ zweifellos auch mehrere Sichtungen wert.
                                              Allerdings scheint bei genauem Hinsehen kein großer Sinn hinter dem Ganzen zu stehen. Daher ist es letztlich auch nicht mehr als eine reine Spielerei für den Zuschauer, die nichtsdestotrotz Spaß macht und mal was völlig Neues ist.

                                              Freunde des Abseitigen und Skurrilen werden mit diesem weitestgehend leider viel zu unbekannten Film mit Sicherheit ihren Spaß haben!

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                                                Alleine schon dafür, dass du auch ein Herz für Armageddon hast, verdient diese Liste jedes Like der Welt!
                                                Der Rest darin kann sich aber auch sehen lassen ;)

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                                                    Deusfantasy 10.07.2016, 12:54 Geändert 10.07.2016, 12:55

                                                    „Er hat mich mit seinem Schwanz gepikst“

                                                    Diesen Spruch werden wohl nur die aller wenigsten Personen von euch jemals in ihrem Leben gehört haben. Aber genau das ist der 15-jährigen und wahnsinnig „spitzen“ Alma in einem verschlafenen Bergdörfchen in Norwegen passiert. Sie wird daraufhin von der ganzen Schule gemieden und gemobbt, weil ihr Schwarm Arthur diesen Vorfall leugnet und alle sie daraufhin für abnormal und eine Lügnerin halten.

                                                    „Turn me on“ ist ein wunderbar erfrischender, frecher Coming of Age Beitrag aus Norwegen, der in einer unverklemmten, fast schon offensiven Art und Weise mit dem Erwachen sexueller Gelüste und Selbstbefriedigung bei Mädchen umgeht. Einem Thema, das von Filmemachern bedauerlicherweise oft sehr stiefmütterlich behandelt wird. Dabei ist es ja nicht so, dass nur Männer diesem Verlangen nachgehen. Darüber hinaus beschäftigt sich der Film aber auch noch mit Mobbing, der ersten Liebe und der Unfähigkeit einer Mutter damit umzugehen, dass ihre Tochter erwachsen wird.

                                                    Ganz wunderbar funktioniert Hauptdarstellerin Helene Bergsholm, die sehr natürlich und zurückhaltend, aber eben auch draufgängerisch und authentisch spielt. Ich denke, es gibt nicht wenige Mädchen, ja sogar Jungs, die sich gut mit Alma identifizieren werden können. Der Film schafft zudem wunderbar den Balanceakt, sich und seine Charaktere ernst zu nehmen, ohne dabei jedoch zu deprimierend oder zu albern zu sein. Gerade die Ideen, wie Alma in Tagträumen ihre Geilheit stillt, sind absolut fantastisch gelungen. Selten war der Einsatz von Münzrollen so sinnvoll in die Handlung integriert. Ihre Tagträume verlaufen des Öfteren sogar übergangslos in die Realität, so dass man sich als Zuschauer eigentlich gar nicht sicher sein kann, was denn nun alles tatsächlich passiert ist und was nur in Almas Fantasie stattfand. So bleiben der „Penis-Pikser“ und auch das Ende des Films durchaus interpretationswürdig.

                                                    Negativ anzumerken bleibt jedoch, dass sich bei allen tollen Ideen und trotz der sehr kurzen Laufzeit von 77 Minuten, durch die ruhige Erzählweise einige Längen eingeschlichen haben. Dafür entschädigt der Film damit, dass er zu keinem Zeitpunkt den pädagogischen Zeigefinger hebt. Er verurteilt Almas Bedürfnisse und Taten nicht, sondern sieht sie als ganz natürlich an. Sie sind nun mal bei vielen ein natürlicher Bestandteil des Heranwachsens. So ist die Moral am Ende ein wichtiger Punkt, den wir uns alle dringend vor Augen führen sollten – Es ist ganz normal sich unnormal zu fühlen!

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