Gabe666 - Kommentare

Alle Kommentare von Gabe666

  • Hi! Mir ist grad wieder jemand eingefallen. Eine Kollegin meiner Eltern sieht Reneè Zellwegger ziemlich ähnlich. Ist aber schon deutlich älter.

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      Gabe666 30.04.2017, 12:58 Geändert 20.05.2017, 22:56

      WOOOHOOOOO!!!!!! Was für ein wilder Ritt! Der verdammt nochmal beste Film des Jahres! Sorry, "La La Land", das du die Krone schon abgeben musst, aber ich hatte selten so einen Spaß im Kino! Das ist wirklich einer der wenigen Filme, bei denen ich mich schon beim Kinobesuch in sie verliebte.
      "Guardians Of The Galaxy Vol. 2" schafft es tatsächlich, seinen ohnehin schon extrem unterhaltsamen Vorgänger noch zu toppen. Sowohl an Bombast als auch - vor allem - an Witz. Bereits der erste Teil nahm sich ja nicht sonderlich ernst und kam weitaus humorvoller daher als viele andere Superhelden- (jedenfalls quasi) und Science-Fiction-Filme. Die schon in selbigem hohe Gagdichte wurde hier jedoch noch deutlich erhöht. Ja, Teil 2 ist tatsächlich eine reine Komödie. Aber was für eine!
      So gut wie jeder Gag sitzt hier. Der Witz resultiert dabei vor allem aus urkomischem Slapstick, meist hervorgerufen durch Baby Groot, einen der wohl liebenswertesten Filmcharaktere überhaupt, herrlichen Wortgefechten, die vor allem dank Drax und seiner Begriffsstutzigkeit sowie seinen eigenartigen Lebensgewohnheiten so unterhaltsam sind, charmanter Situationskomik und zum Brüllen komischen Running-Gags ("Die ist noch nicht reif."; "Mein Name ist Taserface!" - Gegenüber bricht in Gelächter aus). Das Publikum im Kinosaal (inklusive mir natürlich) war wirklich fast ununterbrochen am Lachen. Wer also einen richtig guten Spaßfilm sucht, ist hier definitiv an der richtigen Adresse.
      Neben all dem Witz nimmt sich der zweite "Guardians"-Film aber dennoch zwischendurch immer wieder Zeit für einige ruhige und zuweilen auch recht emotionale Momente, in denen die Charaktere vertieft werden. Durch solche Szenen wird er erst so richtig großartig, wachsen einem die Figuren so auch mehr ans Herz. Außerdem ist es ihm definitiv positiv anzurechnen, dass man hier mehr über die Vergangenheit einiger von ihnen erfährt, allen voran Drax, Gamora, Nebula, Yondu und Kraglin (Yondus loyalster Gefolgsmann). Vor allem die drei letzteren haben dazu deutlich mehr Screentime bekommen. So können auch ihre Darsteller hier so richtig aufspielen.
      Überhaupt, die Schauspieler: allesamt einfach toll und mit merklich viel Spaß bei der Sache. Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Bradley Cooper und Vin Diesel (die beiden natürlich nur als Sprecher, denn ihre Charaktere Rocket und Groot sind computeranimiert; in Diesels Fall wurde seine Stimme dazu verfremdet, denn Groot ist hier ja den Großteil des Films über ein Baby) als titelgebende Helden sowie Karen Gillan, James Gunns Freund und Stammschauspieler Michael Rooker und Gunns Bruder Sean als erwähnte Nebenfiguren Nebula, Yondu und Kraglin sind erneut wieder mit dabei und liefern allesamt eine tolle Leistung ab. Besonders im Falle von Saldana gefiel mir, dass ihr Charakter der Kämpferin Gamora im Vergleich zum ersten Teil witziger gestaltet wurde, in welchem sie meist noch bierernst wirkte und dadurch auch etwas langweilig war. Wenngleich sie hier auch einen richtigen Badass-Moment bekommt. In den wichtigeren Rollen sieht man dann noch Actionikone Kurt Russell als Pratts geheimnisvollen, gottgleichen Vater, die wunderschöne Elizabeth Debicki (u.a. "The Great Gatsby", "The Man From U.N.C.L.E", "The Night Manager") als Anführerin der dekadenten goldhäutigen Sovereigns, die den Großteil des Films über Jagd auf die Guardians machen, die französisch-koreanische Darstellerin Pom Klementieff (sah man zuvor u.a. als Sharlto Copleys Leibwächterin im Remake von "Oldboy") als schüchterne, empathische Außerirdische Mantis mit Insektenfühlern (die laut Drax ziemlich hässlich ist :D) sowie der eher durch Serien bekannte Chris Sullivan als beschränkter Bösewicht Taserface, Narbengesicht Tommy Flanagan als anderes Mitglied von Yondus Crew und sogar niemand Geringeren als "Rambo" und "Rocky" Sylvester Stallone in zwei kurzen Szenen als alter Weggefährte von diesem. Während sein Auftritt leider nicht wirklich der Rede wert ist (er hat nicht mal originelle Sprüche zu sagen), ist der Rest des Casts merklich gut aufgelegt und zeigt viel Spielfreude.
      Außerdem gibt es, hauptsächlich gegen Ende, einige der geilsten Cameos EVER!! Damit meine ich jetzt nicht den obligatorischen Gastauftritt von Stan Lee, auch wenn dieser zu seinen besten und witzigsten zählt. Ebenso wenig wie die zwei kurzen Szenen mit Stallone (und das ist auch kein Spoiler, wenn ich hier verrate, dass er mitspielt, denn im Vorfeld war schon davon zu lesen). Nein, im letzten Drittel und auch während des Abspanns schauen zahlreiche bekannte Gesichter und sogar eine Videospielfigur (mehr verrate ich dazu nicht!) vorbei, die einen unweigerlich zum Grinsen bringen. Besonders der Auftritt einer gewissen 80er-Ikone ist an Durchgeknalltheit kaum zu überbieten und wohl einer der lustigsten Filmmomente überhaupt. Da konnte ich echt wirklich nicht mehr vor Lachen!
      Die Handlung des Films an sich ist dazu zwar nicht sonderlich originell, wartet aber dennoch mit einer Menge Überraschungen und verrückten Ideen auf (beispielsweise, dass die Sovereigns bei ihren Kampfeinsätzen ausschließlich ferngesteuerte Roboter benutzen und Kriege für sie sozusagen wirklich nur Videospiele sind; absolut beneidenswert!), für die ich James Gunn so liebe. Wenngleich es auch nicht an recht ekligen oder für einen auf ein so junges Publikum ausgerichteten Film auch etwas brutalen Szenen mangelt. Für unter 12-Jährige könnte das hier wirklich etwas überfordernd und auch beängstigend sein, weshalb die Altersfreigabe ernst genommen werden sollte (ich komme zu dem Schluss weil bei der Kinovorstellung neben mir eine Familie saß; bei so gut wie jeder Action- oder Tötungsszene sowie einigen der richtig surrealen und ekligen Effekte hielten die Eltern ihren Kindern - die deutlich jünger als 12 Jahre waren - die Augen zu; das mag natürlich auchübertrieben erscheinen und verdirbt Kindern wohl eher erst recht den Filmgenuss - dennoch bin ich hier mehr als bei vergleichbaren Werken der Meinung, dass "Guardians Of Galaxy Vol. 2" für die ganz Kleinen ziemlich ungeeignet ist, zumal sie auch die meisten Anspielungen kaum verstehen dürften).
      Ich rechne es der Marketing-Abteilung auch hoch an, das sie in den Trailern trotz vieler lustiger Szenen (ja, der Bomben-Dialog ist genial, aber nicht die beste Stelle des Films; außerdem ist er in selbigem auch länger) praktisch nichts über die Handlung des Films verrieten und auch die besten Gags in selbigen nicht zeigten, sodass man sich hier vollkommen überraschen lassen kann. So sollte Promotion für einen Film generell aussehen!
      Erwähnt werden müssen natürlich noch Make-Up, Kostüme, Kulissen, Ausstattung und vor allem die Effekte, die für einen solchen hochbudgetierten Film natürlich keine Wünsche offen lassen und prachtvoll anzuschauen sind. Insbesondere am Planeten Ego kann man sich garnicht sattsehen.
      Die Actionszenen sind dynamisch, übersichtlich und gut choreographiert. Und besonders muss natürlich noch auf die Musik eingegangen werden. Zum Einen gibt es wieder einen tollen Score von Tyler Bates, der mit einem wirklich eingängigen Hauptthema aufwartet und zudem auch einige Parodien auf sakrale und auf Horrorfilm-Musik enthält, die zusätzlich für Humor sorgen. Und dann ist da natürlich der Soundtrack, oder eher "Awesome Mix Vol. 2", erneut bestehend aus Rock- und Popsongs der 70er Jahre, die auch sinnvoll in die Handlung integriert wurden. Wobei ich dazu sagen muss, dass mir in dem Fall die Songauswahl im ersten Teil besser gefiel. Allerdings gibt es hier auch eine Menge Gute-Laune-Songs, die perfekt zu den Szenen passen. Ein Lied von David Bowie ist auch wieder dabei. Der Glam-Rock-Klassiker "Fox On The Run" von Sweet war allerdings nur im Trailer zu hören.
      Außerdem gehören die Vor- und Abspannsequenz zu den originellsten und lustigsten, die je in einem Film zu sehen waren. Der Vorspann hat einen der genialsten Einsätze von Musik zu bieten, verbunden mit einer unkonventionellen, aber zum Schreien komischen Inszenierung einer Actionszene. Und was den Abspann betrifft: hier gilt mehr denn je - unbedingt bis ganz zum Schluss sitzen bleiben! Es gibt nicht nur eine, sondern gleich mehrere Mid-Credits-Szenen (und natürlich auch eine danach), sowie zahlreiche Details, die noch für zusätzliche Gags sorgen. Absolut toll gemacht!
      Außerdem hat sich hier erstmals bei einem Marvel-Film das 3D endlich richtig gelohnt. Den beeindruckenden Filmwelten kommt die Räumlichkeit sehr zu Gute und es gibt auch ein paar nette Pop-Up-Effekte. Jawoll! So gehört sich das!
      Fazit: der ideale Partyfilm! Liebenswert, schräg, actionreich, spannend und unfassbar komisch! Der bis jetzt beste Marvel-Film! Den man dazu auch perfekt unabhängig von den anderen sehen kann, da er kaum Bezüge zu selbigen enthält und auch die Mid-Credits-Szenen (mit Ausnahme von einer) nicht zum Anteasern von Fortsetzungen genutzt werden.
      Ein einziger großer Spaß mit massig Herzblut. Ansehen!!

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      • 6 .5

        Der zweite "Thor"-Film gefiel mir deutlich besser als der alberne erste Teil, welcher zu Kenneth Branaghs schwächsten Regiearbeiten zählt. Alan Taylor, der zuvor fast nur einzelne Folgen von Fernsehserien inszenierte (dafür aber u.a. solchen Qualitätsstoff wie "Six Feet Under", "Lost", "Rom", "Mad Men", "Boardwalk Empire" und "Game Of Thrones") macht hier wesentlich mehr richtig.
        Allerdings sollte man hier dennoch keinen herausragenden Film erwarten. Die Handlung ist wirklich extrem abgedroschen, geht es doch nur ein weiteres Mal um einen konturlosen Bösewicht (immerhin gut gespielt von "Doctor Who" Christopher Eccleston, der aber unter all dem Make-Up kaum zu erkennen ist), der einfach nur alles zerstören will.
        Handwerklich kann man hier dennoch wenig vorwerfen. Kostüme, Sets und Effekte sind mehr als überzeugend, der Showdown angemessen bombastisch. Nur leider recht einfallslos.
        Positiv ins Gewicht fällt, dass hier mehr von Thors Heimatwelt Asgard gezeigt wird und man mehr über die Hintergrundmythologie um die "Neun Welten" erfährt. Außerdem haben so auch einige interessantere Charaktere mehr Screentime bekommen. So kriegt Anthony Hopkins hier wesentlich mehr zu tun, ebenso Rene Russo als seine Frau. Am meisten profitiert davon aber natürlich Tom Hiddleston als undurchsichtiger Loki. Er liefert hier die mit Abstand beste Leistung des gesamten Casts ab, wobei hier aber keiner wirklich schlecht spielt.
        Insgesamt ist "Thor: The Dark Kingdom" bzw. "The Dark World" (was sollte eigentlich diese unsinnige Umbenennung?) düsterer und geerdeter als sein Vorgänger, wenngleich es nicht an Witz mangelt. Dabei verzichtet man glücklicherweise größtenteils auf den plumpen Slapstick des ersten Teils. Der Humor kommt hier subtiler daher.
        Ein originelles Element in der Handlung war die Teleportations-Anomalie, welche zu vielen witzigen Szenen genutzt wurde. Und es gibt einen herrlichen Cameo von Chris Evans als Captain America. Ansonsten überrascht hier leider nur wenig.
        Insgesamt ein durchaus gut gemachter Superheldenfilm (wobei dieser hier schon mehr in Richtung Space-Opera geht), den man sich durchaus bei einem unterhaltsamen Filmabend anschauen kann, bei dem nur nach dem Abspann wenig hängen bleibt. Letztlich nur Durchschnitt.
        Wobei zumindest die Mid-Credits-Szene mit Benicio del Toro durchaus von Interesse ist, da sie den folgenden, im Gegensatz zu diesem hier, wirklich herausragenden, Franchise-Eintrag "Guardians Of The Galaxy" anteaserte.
        Und damit leite ich jetzt auch gleich zum aktuellen Marvel-Blockbuster um, denn morgen geht's in die Fortsetzung zum ersten Auftritt selbiger schräger Helden. :D
        Meine Rezension dazu folgt dann in den nächsten Tagen.

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        • 8 .5

          Weitaus besser als gedacht.
          Ich muss hier vorausschicken, dass ich bis jetzt weder die Mangavorlage, noch irgendeine der mittlerweile nicht gerade wenigen Anime-Umsetzungen kenne (was ich natürlich sobald wie möglich ändern will). Daher kann ich auch keinen Vergleich anstellen und hatte keine Aha-Effekte bei etwaigen Zitaten aus den anderen Umsetzungen.
          Was ich auf jeden Fall sagen kann, ist, dass diese Verfilmung von "Ghost In The Shell" in optischer Hinsicht herausragend ist. An den Ansichten der futuristischen Metropole mit ihren gigantischen Hologrammen zwischen den Wolkenkratzern kann man sich garnicht sattsehen. Sicher erinnert viel an "Blade Runner", aber es gibt auch genug eigene Ideen, die sich davon abheben. Auch die Roboter sind toll designt und wirken realistisch.
          Inszenatorisch ist der Film ebenfalls überdurchschnittlich. Tatsächlich kommt er weit weniger actionlastig daher, als die Trailer im Vorfeld vermuten ließen (wenngleich es vor allem im Showdown natürlich ordentlich zur Sache geht). Es dominieren lange Einstellungen mit oft statischer Kamera. In Verbindung mit dem äußerst atmosphärischen elektronischen Score vom Meister Clint Mansell und Hans-Zimmer-Schüler Lorne Balfe ergibt sich daraus eine fast schon meditative Grundstimmung. Besonders in der beeindruckenden Vorspannsequenz, bei der man die Zusammensetzung des Roboterkörpers der Hauptfigur bestaunen kann, wird dies deutlich.
          Was die Handlung betrifft, wird einem hier dagegen nichts wirklich Neues geboten. Mir ist bekannt, dass die Vorlage und vor allem die erste Anime-Verfilmung sich stark auf philosophische Fragen konzentrierten, die hier jedoch allenfalls kurz angerissen werden. Stattdessen ist eher ein Verschwörungsthriller mit einem letztlich vorherhsehbaren Twist daraus geworden. Immerhin aber durchaus spannend erzählt.
          Die Schauspieler hinterlassen im Allgemeinen einen positiven Eindruck, auch wenn sie nicht groß gefordert werden. Scarlett Johansson in der Hauptrolle bringt die Selbstzweifel, aber auch die Schlagfertigkeit ("Wie viele Finger zeige ich hier?") und Tollkühnheit ihrer Figur gut rüber. Was den Whitewashing-Vorwurf im Zusammenhang mit ihrer Besetzung angeht, so meine ich, gelesen zu haben, dass die ethnische Zugehörigkeit des Charakters in der Vorlage keine Rolle spielt und sich sogar eher am westlichen Phänotypus orientieren soll. Zumal es auch genug asiatische Fans der Vorlage gibt, die mit Johanssons Casting keine Probleme haben. Von daher störte sie mich jetzt auch nicht.
          Außerdem gibt es im Film sogar einen netten, wenn auch vielleicht unbeabsichtigten, Seitenhieb darauf, den man sogar als mögliche Kritik an der Verwestlichung asiatischer (oder allgemein ausländischer) Vorlagen durch Hollywood werten könnte.
          [SPOILER: Es stellt sich ja heraus, dass der "Geist" im Roboterkörper von einem entführten japanischen Mädchen stammt, das den Namen der Hauptfigur im Manga und Anime, Motoko Kusanagi, trägt. Daraus lässt sich schon eine gewisse Meta-Ebene ableiten, da so die Umwandlung einer fremden Vorlage und die oftmals eher unpassende Umbesetzung (tatsächlich gibt es auch genug Fälle, wo man wirklich von Whitewashing sprechen kann) versinnbildlicht wird.]
          Der dänische Schauspieler Pilou Asbaek (bekannt als Euron Greyjoy aus "Game Of Thrones") passt als ihr rauhbeiniger Kollege mit weichem Kern ziemlich gut, was mich überraschte, wirkte er in den Trailern doch noch eher milchbubihaft (was wohl auch an der unpassenden Synchronstimme lag). So wie sein Charakter in der Vorlage aussieht, hätte ich Ron Perlman als passender empfunden, aber Asbaek macht seine Sache tatsächlich auch mehr als ordentlich. Wenngleich man etwa ab dem zweiten Drittel seine Augen nicht mehr zu Gesicht bekommt, weil sie durch Kameras ersetzt werden.
          Peter Ferdinando als Bösewicht hat leider einen ziemlich klischeehaften Charakter verpasst bekommen, macht aber das Beste daraus und wirkt durchaus charismatisch. Michael Pitt als geheimnisvoller Hacker, der anfangs als Antagonist erscheint, liefert eine eher nuanchierte, aber auch mehr als glaubwürdige Performance ab. Der japanische Hochkaräter Takeshi Kitano als Asbaeks und Johanssons Chef ist ehrfurchtgebietend, zeigt aber auch eine mitfühlende Seite. Am besten gefiel mir persönlich Juliette Binoche als Wissenschaftlerin, die hier die meisten Emotionen zeigt. Außerdem gibt es zu Beginn einen netten Cameo von Michael Wincott, der in den 90ern hauptsächlich Bösewichter verkörperte, mittlerweile aber leider kaum noch in größeren Filmen zu sehen ist. Er hätte ruhig etwas mehr Screentime verdient gehabt.
          Die restliche Nebenbesetzung, worunter sich tatsächlich vor allem japanische Darsteller befinden, ist ebenfalls mindestens solide.
          In handwerklicher Hinsicht kann man sich, wie erwähnt, kaum beschweren. Die recht einfallslose Geschichte und das Ende, das etwas zu sehr eine Fortsetzung anteasert, stören aber eben. Außerdem empfand ich es auch als recht bedenklich, dass die Bösewichter von den Hauptfiguren meist kurzerhand exekutiert werden, obwohl sie auch Gelegenheit hätten, sie schlicht unschädlich zu machen. Und dies vor allem nicht hinterfragt wird, obwohl die Hauptcharaktere als moralischer dargestellt werden.
          Insgesamt überwiegen dennoch die positiven Aspekte. Die Effekte sind state of the art und mehr als gelungen, die Musik zieht einen von Anfang an in den Bann, die Action ist übersichtlich, trotz vieler Zeitlupen energiegeladen und trotz der auf eine möglichst große Zielgruppe ausgelegten amerikanischen Altersfreigabe überraschend brutal ausgefallen. Von Regisseur Rupert Sanders, einem ehemaligen Werbefilmer, der zuvor nur das Teenie-Fantasyspektakel "Snow White & The Huntsman" inszeniert hatte, hätte ich ein derart entschleunigtes Werk, das seine Charaktere ernst nimmt, garnicht zugetraut.
          Vor allem gibt's hier aber seit langem auch wieder richtig gutes 3D zu sehen. Wenn Glasscherben durch die Luft fliegen oder andere Gegenstände in die Kamera ragen, hat man endlich wieder das Gefühl, man könne sie berühren. Oder sich in den Straßenschluchten der Millionenstadt räumlich verlieren. Es geht doch! So muss das aussehen!

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            Gabe666 23.04.2017, 23:18 Geändert 24.04.2017, 00:32

            Was hab ich eigentlich erwartet? Dass Michael Bay von heute auf morgen wieder einen ansehnlichen Actionfilm inszeniert? Sicher nicht. Aber er hätte es nach den letzten beiden Totalkatastrophen doch wenigstens ein bisschen besser machen können. Zumal diesmal auch eine frische Besetzung am Start war, die vielleicht besser hätte etabliert werden können als damals Shia LaBeouf und Megan Fox (gute Güte, das ist auch schon wieder 10 Jahre her!).
            Tja, Fehlanzeige. Ich bin natürlich selbst schuld, dass ich mir das angesehen habe, ist mir Bays Unvermögen doch mittlerweile zu Genüge bekannt. Neugier, oder eher der berüchtigte Autounfall-Effekt, obsiegte jedoch. Verbunden mit dem Vergnügen, hinterher einen ordentlichen Verriss schreiben zu können. Und ein klein wenig Hoffnung, dass man diesmal keine so große Kacke serviert bekommen würde.
            Sämtliche von Bays Markenzeichen, die seine Filme nach "Die Insel" so unerträglich machten, sind auch hier in Fülle vorhanden. Fassen wir schnell zusammen: eine idiotische Handlung mit unnötigen Wendungen und ohne erkennbare Spannungskurve, viel zu hektischer Schnitt, sinnlose Zeitlupen, absolut grottiges Schauspiel in beide Extreme (entweder apathisches Herumstarren oder maßlose Übertreibung), unerträglicher Idiotenhumor (mir ist bewusst, dass sich der Film an Kinder richtet, aber solche dämlichen Witze hätten mich nicht mal als Sechsjährigen zum Lachen gebracht), absolute Unsympathen als Hauptfiguren, lächerliche Sprüche und Dialoge ("Du hast keine Seele!" "Deswegen kenne ich auch keine Furcht!" - Oh Mann!; außerdem wiederholt sich hier eine der dümmsten Dialogzeilen überhaupt: als der Oberbösewicht zum Leben erwacht, stellt er sich, wie auch im ersten Teil, als erstes vor - in dem Fall: "Ich bin Galvatron!"; Junge, wir wissen schon längst, wie du heißt! Und die wissen das auch! Was also soll das?!), bescheuerter Pathos, Patriotismus bis zum Abwinken, Logiklöcher, so weit das Auge reicht und Product-Placement ohne Ende (diesmal sogar in einem besonders dreisten Fall: die Präsentation des formbaren Metalls, aus dem die Transformers bestehen, wird genutzt, um selbiges mal eben in einen Lautsprecher einer bekannten Firma zu verwandeln!).
            Das Traurige ist, dass sich zwischen all diesen haarsträubenden inszenatorischen Fehlentscheidungen tatsächlich ein paar richtig gute Ideen verstecken. Der Prolog, bei dem man eine alternative Version des Aussterbens der Dinosaurier zu Gesicht bekommt, ist beispielsweise klasse gemacht. Davon hätte ich gerne mehr gerne gesehen! Leider wird diese Szene viel zu schnell und viel zu abrupt abgebrochen.
            Im weiteren Verlauf gibt es zwischendurch ein paar wirklich toll gemachte Kamerafahrten, die dann nur meist leider in einen weiteren idiotischen Dialog oder eine schlecht geschnittene Actionszene münden. Sehr gut sind natürlich sowieso die Effekte und der Soundtrack. Linkin Park sind zwar diesmal nicht mehr dabei, der Song "Battle Cry" von Imagine Dragons, welcher hier in mehreren Kampfszenen zu hören ist, ist aber richtig cool. Nur würde man sich eine bessere Verwendung dafür wünschen. Die hervorragenden Special-Effects und die epische Musik werden völlig verschwendet.
            Ähnlich sieht das auch bei der Besetzung aus. Mark Wahlberg wirkt extrem unmotiviert und als genialer Wissenschaftler kein bisschen glaubwürdig, Nicola Peltz macht den ganzen Film nichts anderes, als hübsch in die Kamera zu glotzen oder wie ein aufgescheuchtes Huhn hin- und herzuirren. Jack Reynor als ihr Freund ist vollkommen blass und zudem irritiert es, dass er zuerst als furchtloser Rennfahrer etabliert wird, nur um in den späteren Actionszenen zum absoluten Weichei zu mutieren. Eine dermaßen schlechte Schauspielführung, verbunden mit unausgegorener Charakterisierung, erlebt man echt selten. Und einen eigentlich versierten Charakterdarsteller wie Stanley Tucci zum unerträglichen, hyperaktiven Nervbolzen zu machen - sowas schafft auch nur Michael Bay. Ich gratuliere.
            Die einzige wirklich gute Schauspielleistung findet man bei Kelsey Grammer, der einen einigermaßen charismatischen Antagonisten abgibt. In seinem Fall war die Goldene Himbeere wirklich nicht berechtigt. Wobei er einem angesichts seiner extrem abgedroschenen Dialogzeilen wirklich fast schon leid tun kann. Er macht aber noch das Beste draus.
            Daneben stößt einem auch Bays Frauenbild wieder sauer auf. Nicola Peltz hat keine andere Daseinsberechtigung, als zur Wichsvorlage herzuhalten. Bingbing Li (Ada Wong aus "Resident Evil 5") hat zwar eine coole Martial-Arts-Nummer bekommen, verkörpert aber nur eine Klischee-Asiatin. Und Sophia Myles ist kaum präsent.
            Im Zusammenhang mit Bingbing Li muss natürlich noch erwähnt werden, dass hier extrem vor China gebuckelt wird, um vor allem diesen Markt zu erschließen. Der Showdown findet in Hongkong statt und es wird während der ganzen Zerstörung mehrmals betont, dass die Regierung alles tun wird, um die Bevölkerung zu schützen. Wovon man nur lustigerweise nichts sieht.
            Ziemlich widerwärtig ist dabei auch die absolute Missachtung menschlicher Kollateralschäden bei den Zerstörungsorgien in der Stadt. Es wird kaum betont, dass Menschen dabei ihr Leben lassen.
            Zudem stört auch, dass bei eben diesen Zerstörungen wirklich nichts ohne mindestens zwei, drei Explosionen oder zumindest riesige Funkenschauer geht, was nicht nur übertrieben ist, sondern einen nach einer Weile einfach nur noch anödet. Zumal der Film mit gut 165 Minuten auch viel zu lang ist.
            Der letzte Kritikpunkt betrifft die titelgebenden Roboter, die erneut auf idiotische Weise vermenschlicht werden. Was soll dieser klischeehafte Samurai-Transformer? Und dieser lächerliche schießwütige Redneck mit Bart? Dass sich ausgerechnet Ken Watanabe und John Goodman für die Vertonung dieser nervtötenden Figuren hergegeben haben, ist echt unfassbar.
            Und der zuvor groß angekündigte Auftritt der Dinobots ist auch eine einzige Enttäuschung. Reine Abziehbilder ohne eigenen Charakter, die im Showdown nur als Erfüllungsgehilfen herhalten dürfen.
            Zusammenfassend betrachtet eine einzige gigantische Verschwendung von Geld und Talent. Es ist unbegreiflich, wieso die Leute dafür immer noch in Scharen ins Kino strömen. Ich rege mich darüber mittlerweile schon längst nicht mehr auf. Ich bin einfach nur noch resigniert und traurig. Was könnten ein fähigerer Regisseur und Drehbuchautor nur daraus machen? Es ist einfach nur verdammt schade.
            Ich bin mit meiner Wertung zu den Filmen konsequent immer weiter nach unten gegangen. Bisher habe ich mich gescheut, einem von ihnen keine Punkte zu geben. Sogar dieser hier bekommt wegen der wenigen positiven Aspekte gnädigerweise noch einen halben. Denn vom Können der Effektkünstler bin ich nach wie vor beeindruckt. Für den fünften Teil sehe ich dann aber wirklich schwarz.

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              Gabe666 22.04.2017, 14:57 Geändert 22.04.2017, 15:53

              Überraschend gelungener Teenie-Superheldenfilm.
              Der diesjährige "Power Rangers"-Film ist tatsächlich schon die dritte Kinoversion der gleichnamigen langlebigen Serie und fungiert als Reboot zu dieser. Wobei sich mir die Frage stellt: kann man etwas "neu starten", wenn die Vorlage immer noch im Fernsehen läuft? Seit 1993 wurde wirklich jedes Jahr eine neue Staffel produziert und ein Ende ist nicht in Sicht. Es handelt sich hierbei allenfalls um ein Reboot der ersten und beliebtesten Inkarnation, der "Mighty Morphin Power Rangers", die mit drei Staffeln (alle anderen brachten es nur auf eine oder selten auf zwei) auch am langlebigsten war.
              Man sollte sich nichts vormachen: "Power Rangers" waren von Anfang an Trash und werden es wohl auch immer sein. Im Grunde handelte es sich dabei um eine Verwestlichung der in Japan beliebten "Super Sentai"-Serie, die oftmals sogar ganz dreist Szenen aus der Vorlage (dabei handelte es sich um die Auftritte der Monster und Kampfroboter) klaute. Für viele (eingeschlossen mich) sind einige Staffeln natürlich dennoch Kindheitserinnerungen, hat man sie doch damals sehr gerne im Fernsehen geschaut. Die Cheesieness sprang mir jedoch schon damals ins Auge. Einen gewissen Charme haben zumindest einige der frühen Staffeln aufgrund ihrer Durchgeknalltheit und der noch eher sparsam eingesetzten Computereffekte jedoch auch heute noch.
              Dieser neue Film verwendet glücklicherweise nicht mehr das Konzept des Kopierens der japanischen Vorlage, ist jedoch trotz seiner, im Gegensatz zur Serie, hochbudgetierten und professionellen Machart, immer noch recht trashig. Hat man die haarsträubende Grundidee doch beibehalten und dazu eine sehr abgedroschene Handlung verwendet. Außerdem nimmt er sich bei all den schrägen Dingen, die hier auftauchen, auch etwas zu ernst. Mehr Augenzwinkern hätte ihm gut getan. Letztlich ist das hier ja echt nichts anderes als Edeltrash.
              Sehr gut funktioniert er allerdings als Coming-Of-Age-Film. In der ersten Hälfte ist er tatsächlich noch eher ruhig inszeniert und fokussiert sich mehr auf das Kennenlernen der Hauptcharaktere, ihre Alltagsprobleme, die beginnende Freundschaft zwischen ihnen und das Entdecken ihrer neuen Fähigkeiten. Dies sind tatsächlich auch die besten Szenen des Films. Er bewegt sich in der Tradition von Werken, die das Zusammenwachsen einer Gruppe von Außenseitern behandeln wie "Stand By Me" (passenderweise ist dessen Titellied auch in einer Coverversion zu hören) oder "The Breakfast Club", ebenso wie von Superheldenfilmen (die "Power Rangers" sind ja im Grunde wirklich nichts anderes als Superhelden), deren Hauptfiguren noch jung sind und die in einer turbulenten Phase ihres Lebens plötzlich auch noch außergewöhnliche Fähigkeiten erlangen und sich beweisen müssen, allen voran "Spider-Man". Tatsächlich erinnern auch nicht wenige Szenen stark an Sam Raimis erste Leinwandadaption von Marvels berühmtestem Helden, sind aber ebenfalls sehr gut inszeniert.
              Die Konzentration aufs Zwischenmenschliche tut dem Film gut, denn so kann man sich gut mit den, wenn auch eher oberflächlich gezeichneten, Charakteren identifizieren. Zumal die Schauspieler ziemlich gut sind. Die Newcomer Dacre Montgomery (als wichtigster Protagonist und Anführer des Teams, ein in Ungnade gefallenes Sport-Ass), Naomi Scott (als neben ihm wichtigste Sympathiträgern, eine ehemalige Cheerleaderin, die sich an Cybermobbing beteiligte und nach Wiedergutmachung sucht), RJ Cyler (als autistischer Streber), Popsängerin Becky G (als Death-Metal hörende schweigsame Einzelgängerin; von der Musik hätte es übrigens ruhig mehr im Film geben können!) und Ludi Lin (als nach außen hin arroganter Extremsportler, der sich jedoch gleichzeitig fürsorglich um seine kranke Mutter kümmert) liefern allesamt eine durchaus überzeugende Leistung ab und schaffen es durchaus, ihren eher stereotypen Figuren auch Leben einzuhauchen.
              Die grausame Antagonistin gibt Elizabeth Banks, welche erstmals in einer solchen Rolle zu sehen ist und das als willkommenen Anlass nimmt, sich mal so richtig gehen zu lassen. Ihre überdrehte Darbietung ist eins der Highlights des Films. Bösewichte sind ohnehin meist am besten, wenn deren Darsteller Gelegenheit zum Overacting bekommen.
              "Heisenberg" Bryan Cranston wird als außerirdischer Mentor der Helden, der die meiste Zeit ohnehin nur als eine Art Hologramm in Erscheinung tritt, eher ziemlich verschwendet. Bill Hader als Stimme eines vorwitzigen Roboters sorgt dagegen für viel Humor. Außerdem haben am Ende des Films zwei Darsteller aus der ersten Version der "Power Rangers", einen Cameoauftritt.
              Die Handlung des Films ist natürlich sehr berechenbar. Und wie gesagt, hätte er ruhig noch überzeichneter werden und sich weniger ernst nehmen können, da die Grundidee an sich schon ziemlich lachhaft ist (und die Enthüllung des Aufenthaltsort des MacGuffins des Films, welche aber bierernst und dazu mit heftigem Product Placement präsentiert wird, ist das sowieso). Wobei er aber durchaus nicht wenig Humor enthält. Zwischendurch sorgen Missgeschicke und witzige Sprüche oder Wortgefechte ("Ich bin schwarz!" "Nein, bist du nicht!") für Auflockerung. Eine herrliche Szene ist der "Kampf" der beiden übermenschlich schnell gewordenen Mädchen des Teams in einem Café um ein Stück Kuchen, die - wohl mit Absicht - stark an "Kung Fu Panda" erinnert.
              Rein von der formalen Seite ist der Film auch mehr als ordentlich inszeniert. Eine originelle Idee war beispielsweise die kreisende Kamerafahrt um Montgomerys Charakter zu Beginn, der sich in seinem Auto auf der Flucht befindet.
              Die Actionszenen sind sehr gut animiert, wirken allerdings auf Dauer eher eintönig. Im Showdown werden Erinnerungen an "Transformers" wach (schließlich ist das Konzept mit den Kampfrobotern auch sehr ähnlich), glücklicherweise ist er allerdings besser inszeniert. Er macht durchaus Spaß, hätte aber auch etwas origineller sein können. Auch wenn die Auftritte der Zords schon sehr cool waren.
              Bei der Musik liegen Licht und Schatten nah beisammen. Der Score von Tyler Bates ist eher generisch und dass das, soviel muss man wirklich sagen, extrem coole "Power Rangers"-Theme nur so kurz im Film zu hören ist (einmal zu Beginn des Showdowns und dann nochmal während des Abspanns) war schon ziemlich enttäuschend. Immerhin war es aber überhaupt dabei!
              Ansonsten hört man noch einige Coverversionen im Film, von denen zwei ("Stand By Me" von Ben E. King in einer Alternative- und "Ring Of Fire" von Johnny Cash in einer Punkrock-Version) tatsächlich sehr gut gelungen sind und gut zu ihren jeweiligen Szenen passen. Aber was man sich dabei gedacht hat, die an sich ziemlich coole animierte Abspannsequenz mit dieser grauenvollen Version von Snaps "I've Got The Power!" von Kanye West zu unterlegen, werde ich nie begreifen. Absolut unpassendste Wahl, die je für einen Soundtracktitel getroffen wurde! Warum hat man dafür nicht "Go Go Power Rangers" genommen?! Hätte so gut gepasst!
              Insgesamt aber ein, vor allem für ein Big-Budget-Debüt (Regisseur Dean Israelite hatte zuvor nur den Found-Footage-Film "Project Almanac" gedreht) überdurchschnittlich gut gemachtes Teenie-Abenteuer, das trotz seiner Vorhersehbarkeit mit sympathischen, liebenswerten Charakteren, angemessen bombastischer Action und dem notwendigen Witz daherkommt. Und dazu auch nicht an Emotionen spart (wenn einer der Hauptcharaktere kurz vorm Showdown vorgeblich sein Leben lässt, geht einem das schon recht nah). Hätte zwar durchaus origineller, witziger und durchgeknallter sein können, aber ist für sein Genre durchaus im oberen Bereich anzusiedeln. Kann vom mir aus auch gerne in Fortsetzung gehen.

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                Ein würdiger Abschied von Marvels berühmtestem Mutanten und gleichzeitig der bisher (abgesehen vielleicht von "Watchmen") wohl erwachsenste Superheldenfilm.
                Dabei mutet er selbst nur wenig wie ein solcher an. "Logan" hat inszenatorisch und auch von seiner Atmosphäre her mehr Ähnlichkeit mit einem Western. Gelegentlich finden sich auch Anklänge an Endzeitfilme. Dies ist wohl der Vorlage geschuldet, der äußerst pessimistischen Comic-Minireihe "Old Man Logan" aus dem jahr 2008 von "Kick Ass"- und "Wanted"-Autor Mark Millar. Aus selbiger werden allerdings nur einzelne Motive übernommen; die Geschichte ist eine gänzlich andere, wenngleich sie in einer ähnlichen Ausgangssituation stattfindet: einer düsteren Zukunft, in der Mutanten vom Aussterben bedroht sind und die Zivilisation langsam zusammenbricht, wenn auch bei weitem nicht in so extremem Ausmaß wie im Comic.
                Dem Film kommt vor allem zugute, dass er, vermutlich auch dank des immensen Erfolgs des Soloabenteuers von Deadpool, nicht auf eine familienfreundliche Freigabe, sondern ein R-Rating ausgelegt wurde und die Macher so in Sachen Gewaltdarstellung endlich aus den Vollen schöpfen konnten. Dennoch überrascht die radikale Konsequenz, mit der hier Köpfe von Krallen durchbohrt oder mit selbigen kurzerhand gleich abgesäbelt werden. Stellenweise hat man hier nach meinem Empfinden in Sachen Gewalt sogar etwas übers Ziel hinausgeschossen. So blutrünstig geriet jedenfalls noch keine Comicverfilmung (nicht einmal die "Punisher"-Adaptionen). Für die deutsche FSK-16-Freigabe ist das mMn mehr als grenzwertig. Ab 18 wäre in dem Fall wirklich passender gewesen.
                Aber abseits von all dem deftigen Gesplatter, das jedoch kaum zum Lachen einlädt, so ernst wie der Film inszeniert ist, hat er tatsächlich auch eine durchaus tiefgründige Geschichte zu erzählen. Wolverine ist hier kein ungestümer Draufgänger mehr, der gerne mal einen flapsigen Spruch ablässt, sondern ein verbitterter alter Mann, dessen Kräfte schwinden, der medikamentenabhängig geworden ist und vor allem seine Ruhe haben will. Gleichzeitig muss er sich um den dement gewordenen Professor X kümmern, den er von der Gesellschaft isoliert, da dieser von Zeit zu Zeit für seine Umgebung gefährliche Anfälle erleidet. Nichts könnte ihm ungelegener kommen, als das junge Mädchen und deren Ersatzmutter, die auf der Flucht vor Söldnern sind und seinen Weg kreuzen. Widerwillig erklärt er sich bereit, sie zu einem sagenumwobenen Ort zu führen, an dem sie sicher sind. Im Verlauf der erbarmungslosen Hetzjagd wird er zu einer Art Vaterersatz für das Mädchen, gemeinsam mit dem Professor, der seine familiäre Seite wiederentdeckt. Gleichzeitig ist er gezwungen, seine animalische Seite, die er lange unterdrückt hatte, wieder hervorbrechen zu lassen und zum Berserker zu werden.
                "Logan" ist so eine Geschichte über das Älterwerden, über die Vergänglichkeit des Lebens und einen Mann, der seine Natur verleugnet, bis er durch äußere Umstände dazu gezwungen ist, ihr wieder freien Lauf zu lassen. Dadurch hat der Film eine gewisse Ähnlichkeit zu Clint Eastwoods bahnbrechendem Spätwestern "Erbarmungslos", der ja auch schon die Comicvorlage inspirierte.
                Auch weitere Werke aus diesem Genre dienten als Inspiration, darunter "The Cowboys" mit John Wayne und "Mein Großer Freund Shane", zu dem sogar direkte Referenzen gemacht werden, indem sich die Charaktere Ausschnitte daraus im Fernsehen anschauen. Was die grundlegende Handlung und Figurenkonstellation betrifft, hat "Logan" sogar Ähnlichkeit zu der Tragikomödie "Little Miss Sunshine", wodurch er sozusagen die düstere, brutale Version dieses Films ist. ^^
                Regisseur James Mangold, der auch den direkten Vorgänger in der Wolverine-Spin-Off-Reihe gedreht hatte, welcher allerdings eher durchwachsen geriet, konnte dem Charakter hiermit endlich gerecht werden, wohl auch, weil er diesmal nicht durch Studiovorgaben eingeschränkt war. Da er zuvor mit "Todeszug Nach Yuma" auch einen Western inszeniert hatte, sind die Anklänge an dieses Genre ohnehin nicht überraschend. Vereinzelte Science-Fiction-Elemente wie Robotertrucks, Cyborgs oder Klone dienen nur als schmückendes Beiwerk für die Geschichte. Hauptsächlich ist "Logan" tatsächlich ein Drama, hadert der Hauptcharakter doch mehrmals mit seinem Schicksal und seiner Natur und hat schon fast alle Hoffnung verloren. Seine Geschichte ist eigentlich von Anfang an tragisch, denn praktisch alle unschuldigen, selbstlosen Personen, deren Weg er kreuzte, segneten früher oder später das Zeitliche, oft allein, weil er in ihre Nähe kam und sie so zur Zielscheibe für seine Jäger wurden. Eine derartige Szene gab es bereits im ersten "Wolverine"-Film, aber hier wirkt sie besonders erschütternd, vor allem, da die betreffenden Charaktere einem diesmal wesentlich länger nahe gebracht werden. Letztlich findet Logan darin Erlösung, indem er seine restliche Zeit auf Erden für die Rettung der überlebenden Mutantengeneration einsetzt.
                Für Humor ist im Film wirklich kaum Platz, nur ein paar kleinere Seitenhiebe auf die Comics finden Verwendung, die hier auch selbst im Film auftauchen, wodurch er auch eine gewisse Meta-Ebene erhält. Muss sich der Titelcharakter so doch in gewisser Weise mit seiner eigenen Fiktionalität auseinandersetzen.
                Die Schauspieler sind jedenfalls auch absolut hervorragend. Hugh Jackman liefert hier die wohl beste Leistung in seiner Paraderolle ab und streift seine Badass-Attitüde zugunsten einer sehr emotionalen Darstellung ab. Patrick Stewart wirkt als greiser, langsam senil werdender Professor so zerbrechlich wie nie zuvor. Stephen Merchant als Mutant Caliban, ein Charakter, der bereits in "X-Men: Apocalypse" auftauchte, dort allerdings von einem anderen Schauspieler ganz anders interpretiert wurde und der den beiden hier nun eher widerwillig hilft, liefert ebenfalls eine sehr gute Leistung ab. Besonders beeindrucken kann aber Newcomerin Dafne Keen, die bisher nur in der Serie "The Refugees" zu sehen war und hiermit ihr Debüt in einem Film gibt. Als aggressive, schweigsame Mutantin Laura zeigt die gerade mal zwölfjährige eine wirklich beachtliche darstellerische Bandbreite. Man wird in Zukunft sicher noch viel von ihr hören. Boyd Holbrook gibt schließlich den hassenswerten Antagonisten. Kleinere Rollen haben noch Elizabeth Rodriguez als verzweifelte Krankenschwester und Ersatzmutter von Laura, Eriq La Salle und Elise Neal als hilfbereites Bauernpaar und der britische Charakterdarsteller Richard E. Grant als skrupelloser Wissenschaftler und Auftraggeber von Holbrooks Charakter. Alle sind nur zu loben.
                Die Filmmusik von Marco Beltrami, der auch schon den zweiten "Wolverine"-Film und den erwähnten "Todeszug Nach Yuma" vertont hatte, ist angemessen emotional und unterstützt die Stimmung des Films. Während des Abspanns ist dann das wunderschöne Lied "The Man Comes Around" von Johnny Cash, eine melancholische Ballade, die er in seinen letzten Jahren aufgenommen hatte, zu hören. Mehr als passend, zumal Mangold auch das Cash-Biopic "Walk The Line" inszeniert hatte und ein anderes Lied von Cash aus seinem Spätwerk, das Nine-Inch-Nails-Cover "Hurt", schon in einem Trailer zum Film Verwendung fand. Und "The Man Comes Around" vom Text und der Grundstimmung her perfekt zum Film und dem Hauptcharakter passt.
                "Logan" ist wirklich ganz anders als die üblichen Comicadaptionen. Dreckig, düster, nihilistisch, sehr brutal und doch am Ende auch von einem gewissen Optimismus und gleichzeitig einer großen Melancholie geprägt ist. Das Schlussbild ist großartig, lässt einen aber auch sehr wehmütig werden. Denn hiermit ist der Charakter des Wolverine, zumindest im Kino, am Ende seines Weges angelangt. Einen besseren Abschied hätte man sich jedoch wohl kaum wünschen können.

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                  Gabe666 20.04.2017, 20:46 Geändert 20.04.2017, 20:52

                  Was für ein wilder Ritt! Dass mir der zweite Teil so gut gefallen würde, hätte ich dann doch nicht gedacht.
                  "John Wick: Chapter 2" folgt absolut konsequent der oft verwendeten Formel für Fortsetzungen: höher, schneller, weiter. Und schafft es tatsächlich, den ohnehin schon ziemlich guten ersten Teil weit hinter sich zu lassen. War selbiger noch ein eher schnörkelloser Reißer mit minimalistischer Handlung, handelt es sich hierbei um ein weit ambitionierteres Werk mit weitaus mehr inszenatorischen Einfällen.
                  Möglicherweise kam dies durch einige Änderungen hinter den Kulissen zustande: diesmal führte Chad Stahelski allein Regie, da sich David Leitch, sein Partner beim Vorgänger, stattdessen dem kommenden, recht ähnlich anmutenden Agentenfilm "Atomic Blonde" mit Charlize Theron als Amazone widmete (auf den ich auch schon richtig gespannt bin). Außerdem war diesmal ein anderer Kameramann zuständig.
                  Wie dem auch sei, der zweite "John Wick" schöpft jedenfalls aus dem Vollen, was die künstlerische Gestaltung angeht. Gegenüber der eher reduzierten Farbpalette des ersten Teils schwelgt das Bild hier oft in leuchtenden Komplementärfarben. Die (vor allem gegenüber dem Vorgänger) zahlreichen Kämpfe und Schießereien wirken geradezu balletthaft choreographiert. Kunst ist generell allgegenwärtig, oft dienen Ruinen, Ausstellungen und Museen als Handlungsort; Skulpturen und Gemälde sind häufig im Hintergrund auszumachen. Der Showdown des Films findet letztlich in einem geradezu entrückt wirkenden Spiegelkabinett statt. Durch die ausgefallene visuelle Machart wird der Tötungsakt hier quasi selbst zum Kunstwerk erhoben, was ich in der Form bisher nur von Dario Argento kenne. Ja, "John Wick: Chapter 2" ist sozusagen ein Giallo im Gewand eines Actionfilms.
                  Kann aber auch nur als solcher betrachtet mehr als überzeugen. Der Bodycount wurde nochmal deutlich erhöht und ein wesentlich höheres Tempo vorgelegt. Titelheld John Wick kommt hier kaum zur Ruhe und wurde nun endgültig zur quasi unbezwingbaren Ein-Mann-Armee gemacht, die jeden in ihrem Weg niedermacht. Er reiht sich damit nun endgültig die Reihe ikonischer Actionhelden, die eine Heerschar an Gegnern abmetzeln und absolut unkaputtbar erscheinen, wie beispielsweise Stallone und Schwarzenegger in ihren bekanntesten Rollen oder Clive Owen in "Shoot 'Em Up" (an selbigen Film hab ich mich hier ohnehin auch mehrmals erinnert gefühlt).
                  Sicher ist das nicht immer glaubwürdig, oft sogar ziemlich dumm (die meisten Kontrahenten sind natürlich echt lausige Schützen), aber verdammt gut in Szene gesetzt. Sicher wirkt es auf Dauer auch etwas eintönig, wenn Wick sich hier durch Horden an Killern kämpft und die meisten einfach abknallt. Glücklicherweise gibt es zwischendurch aber ein paar nette inszenatorische Einfälle (beispielsweise wenn Wick sich kurz nach seiner Ankunft in New York mit drei verschiedenen Profikillern ein Duell liefert; diese werden nicht in chronologischer Reihenfolge gezeigt, sondern es wird ständig abwechselnd zwischen ihnen hin- und hergeschnitten) und vereinzelt auch eine gewisse Variabilität bei den Kills. Im ersten Teil gab es ja diese nette Geschichte, dass er vier Männer nur mit einem Bleistift umgebracht hätte und hier bekommt man das auch endlich zu sehen. Zugegeben, neu ist diese Mordmethode im Kino jetzt nicht (Stifte wurden ja bereits in den Comicverfilmungen "Daredevil" und "The Dark Knight" als Waffen zweckentfremdet), allerdings war sie selten so graphisch wie hier zu sehen.
                  Überhaupt: der Gewaltgrad wurde auch deutlich nach oben geschraubt. Es spritzt noch mehr Blut und bei Knochen- und Genickbrüchen wirken die Sounds so eindringlich, dass es einem selbst schon fast wehtut. Die gegenüber dem ersten Teil erhöhte Altersfreigabe ist durchaus angebracht.
                  Positiv ist zudem, dass die Handlung keine bloße Wiederholung des ersten Teils ist (diesmal wird John Wick selbst gejagt, anstatt Rache zu üben; wäre ja auch extrem einfallslos und geradezu dreist gewesen, ihm auch noch seinen zweiten Hund wegzunehmen), schon einige kleinere Wendungen bereithält und vor allem der Hintergrund um die im Geheimen agierende Verbrechergesellschaft stärker beleuchtet wird. Die in Kammern organisierten Gangsterclans, die nach einem Ehrenkodex handeln, in dem Blutschwüre eine Rolle spielen und die Hotels für Profikiller, in denen John Wick ein gern gesehener Gast ist, samt Garderobe, in der man sich nach James-Bond-Art ausrüsten lassen kann, geben der im Film gezeigten Parallelwelt einen mythischen Anstrich, der dennoch glaubwürdig erscheint.
                  Zu loben sind natürlich wieder die Schauspieler. Keanu Reeves kehrt in seiner Paraderolle, die im 2014 ein fulminantes Comeback bescherte, zurück und ist genauso zielstrebig und verbittert wie zuvor. Ebenfalls wieder dabei sind Bridget Moynahan (die erneut nur in Rückblenden zu sehen ist), Ian McShane (dessen Part hier deutlich vergrößert wurde), Lance Reddick, John Leguizamo, David Patrick Kelly und Thomas Sadoski (die letzteren beiden hatten im ersten Teil nur kurze Auftritte als "Cleaner" und als mit Wick befreundeter Polizist, der sich aus allen Mafia- und Killer-Angelegenheiten heraushält). Ansonsten wurde der Cast um viele hervorragende Darsteller erweitert. Zu Anfang hat Peter Stormare einen netten, leider etwas zu kurzen Auftritt als Bruder von Michael Nyqvists Charakter aus dem ersten Teil, der unklugerweise Wicks Auto hatte stehlen lassen (amüsant ist in dem Zusammenhang, dass Nyqvist und Stormare in Wirklichkeit Schweden sind, in diesem Franchise aber beide Russen spielten - was sie auch in der Vergangenheit schon öfters taten). Der italienische Schauspieler Riccardo Scamarcio gibt den aalglatten Bösewicht, die ebenfalls aus Italien stammende Claudia Gerini dessen charismatische, skrupellose Schwester, die Wick für ihn zu Beginn aus dem Weg räumen soll. Der schon länger im Filmgeschäft tätige Rapper Common und die in diesem Jahr im Actiongenre durchstartende Ruby Rose sind als Bodyguards der beiden zu sehen, die unabhängig voneinander Jagd auf den Hauptcharakter machen. Besonders Rose' arrogante, offenbar taubstumme Figur (jedenfalls kommuniziert sie nur über Gebärdensprache) wird im Film als ernstzunehmender Gegner für ihn in Szene gesetzt. Außerdem hat "Django" Franco Nero einen kurzen Auftritt als italienischer Manager des Continental-Hotels für Auftragskiller und zudem markiert dieser Film das erste Aufeinandertreffen von Reeves und Laurence Fishburne seit "Matrix Revolutions" von 2003, der hier als schräger Anführer einer Obdachlosenbande in Erscheinung tritt. Seine überdrehte Darstellung hier unterscheidet sich sehr von seiner Rolle des Morpheus aus der "Matrix"-Trilogie.
                  Erneut werden hier auch die Untertitel als künstlerisches Element eingesetzt (diesmal auch bei Gebärdensprache) und nachdem im ersten Teil New York als Kulisse diente, ist in der ersten Hälfte des Sequels Rom der heimliche Star, von der es mehrere schöne Aufnahmen gibt. Danach geht es wieder nach New York.
                  Zuletzt ist auch der Soundtrack, erneut von Tyler Bates und Joel Richard, erste Sahne. Sehr atmosphärisch und energiegeladen. Besonders cool ist dazu der Auftritt der Alternative-Rock-Band Nostalghia, die beim ersten Teil nur ein Lied für den Abspann beisteuern durften, in einer Schlüsselszene. Absolut atemberaubend fotografiert.
                  Zu bemängeln habe ich eigentlich nur, dass manche Actionszene vielleicht etwas redundant war und sich zwischendurch schon ein wenig Leerlauf anstellte. Und dann, dass der Endkampf gegen Ruby Rose' Charakter viel zu schnell vorbei war. Nachdem sie zuvor als Endgegner für ihn etabliert wurde, war das doch schon etwas enttäuschend.
                  Ansonsten wurde hier jedoch alles richtig gemacht. "John Wick: Chapter 2" ist kompromissloses Actionkino, eine konsequente Fortführung des Vorgängers und noch viel mehr als das: ein Kugelballett, ein Kunstwerk von, bei all der Brutalität, beeindruckender Bildgewalt. Und das offene Ende, das John Wick in einer augenscheinlich hoffnungslosen Situation zeigt, in der er dennoch seine Zähigkeit und seinen Durchhaltewillen behält, macht richtig Lust auf den geplanten dritten Teil, der als Abschluss geplant. Ich freue mich auf jeden Fall wahnsinnig auf das Finale. Auch wenn ich nicht weiß, wie sie das hier toppen wollen.

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                    Durchstilisierter, geradliniger Actionfilm mit einem Keanu Reeves, der so gut ist wie nur selten zuvor.
                    "John Wick" gilt ja unter vielen als DAS Actionhighlight der letzten Jahre. Den Lobeshymnen kann ich mich nicht ganz anschließen, aber - wie man ja auch an meiner Bewertung merkt - war ich dennoch sehr angetan vom Film.
                    Es handelt sich hierbei um das Regiedebüt der beiden zuvor als Stuntmänner, Stuntchoreographen und Second-Unit-Regisseure tätigen Freunde Chad Stahelski (der beispielsweise als Double für den verstorbenen Brandon Lee bei "The Crow" fungierte) und David Leitch, also Männern, die definitiv was vom Actiongenre verstehen.
                    Und nach den vielen eher anstrengenden Actionfilmen im Fahrwasser von "Bourne", die mit Wackelkamera und hektischem Schnitt mehr nervten als zu unterhalten, fühlt sich dieser Film tatsächlich wie eine wahre Wohltat an. Längere Einstellungen mit vergleichsweise langsamen Kamerafahrten, dazu ordentlich durchchoreographierten Kampfszenen und Schießereien, denen es nicht an der nötigen Brachialität mangelt. So hat Actionkino auszusehen!
                    Dazu sind auch die Schauspieler nur positiv hervorzuheben. Keanu Reeves zeigt in seiner Rolle als titelgebender schweigsamer, kompromissloser Antiheld, die perfekt auf ihn zugeschnitten wurde, eine der besten Leistungen seiner Karriere und ist auch in körperlicher Hinsicht beeindruckend, denn die meisten Stunts absolvierte er hier tatsächlich selbst. "Mikael Blomkvist" Michael Nyquvist und "Theon Greyjoy" Alfie Allen als Bösewichte (solche Charaktere scheint Nyquvist in seinen Hollywoodfilmen ja praktisch nur zu verkörpern) interpretieren ihre Rollen eher ziemlich überzeichnet, aber mit sichtlichem Spaß bei der Sache. Weitere Darsteller sind die aufstrebende Schauspielerin Adrianne Palicki als arrogante, sich selbst überschätzende junge Auftragskillerin, Hochkaräter Willem Dafoe als besonnener Weggefährte John Wicks, die vor allem durch Serien bekannte Bridget Regan als sympathische Barkeeperin im Killerhotel, Ian McShane als dessen charismatischer Besitzer und Geschäftsführer, der aus "Fringe" bekannte Lance Reddick als dortiger Rezeptionist, John Leguizamo als mit Wick befreundeter Autoschieber und eine weitere Bridget, nämlich Moynahan (u.a. "I, Robot", "Der Anschlag") als Wicks verstorbene Frau, die nur in Rückblenden auftritt.
                    Interessant und originell am Film ist die Hintergrundmythologie um diese Verbrechensparallelwelt, welche im Geheimen die Strippen zieht. Bestandteil davon ist das bereits erwähnte Hotel für Auftragskiller (dargestellt durch das berühmte Beaver Building in New York), in dem nur mit bestimmten Goldmünzen bezahlt werden kann und in dem die Gäste Aufträge entgegennehmen und sich erholen, aber nicht ihrer Arbeit nachgehen dürfen. Leider nimmt dies keinen besonders großen Raum im Film ein, obwohl man gerne mehr darüber erfahren würde. Erst im Sequel wird dieser Hintergrund stärker erforscht.
                    Besonders gefallen kann definitiv noch die optische Gestaltung des Films. Entsättigte Bilder, die die emotionale Kälte der handelnden Personen und ihrer Umwelt unterstreichen, während in den Nachtszenen gelegentlich leuchtende Neonfarben das Bild bestimmen. Sogar die Untertitel, welche zum Einsatz kommen, wenn die russischen Bösewichter in ihrer Landessprache reden, wurden in den visuellen Stil des Films miteinbezogen: sie stehen hier mitten im Bild und bestimmte Wörter werden ebenfalls in Neonfarben hervorgehoben.
                    Beeindruckend sind auch die häufigen Ansichten der Skyline New Yorks, welche die Stadt quasi zum inoffiziellen zweiten Star des Films machen.
                    Und auch der treibende elektronische Score von Tyler Bates (einem der besten aktuell erfolgreichen Hollywood-Komponisten) und Joel Richard, zusammen mit dem sehr coolen Soundtrack, der hauptsächlich aus Industrial- und Alternative-Songs von u.a. Marilyn Manson und Ciscandra Nostalghia besteht, macht richtig Laune.
                    Hinter all diesen tollen inszenatorischen Kniffen tritt das Drehbuch leider ziemlich zurück, das so simpel wie nur möglich geriet. Erzählt wird hier im Grunde eine nicht gerade einfallsreiche Rachegeschichte, deren Anlass sogar fast schon ins Parodistische gleitet. Wobei das an sich kein Problem darstellt - bei einem Actionfilm ist die Story schließlich generell nur Mittel zum Zweck, um möglichst viele Eskalationen zu zeigen. Nur sind leider auch die Charaktere meist bloße Abziehbilder, selbst der Titelheld John Wick, weshalb es nicht so leicht fällt, sich mit ihm zu identifizieren. Und die Dialoge gerieten völlig einfallslos, sogar mit einem gewissen Hang zum Lächerlichen. Oft wird nur das wiederholt, was man eigentlich schon weiß (wodurch ich es auch definitiv nicht nachvollziehen kann, dass Youtubekommentare unter Videos zu diesem Film voll sind mit diesen nichtssagenden Zitaten).
                    Und zuletzt ist auch der Showdown eher unspektakulär geraten. Der eigentliche Höhepunkt ist der Shootout in der Disco in der Mitte des Films.
                    Dementsprechend verstehe ich auch nicht so ganz, warum "John Wick" jetzt schon als Meisterwerk seines Genres gehandelt wird. Er ist definitiv überdurchschnittlich gut und macht auch bei jedem Schauen mehr Spaß, aber für den Actionolymp fehlt da doch noch einiges. Diesen sollte erst das diesjährige Sequel besteigen.

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                    • 8 .5

                      Absolut sinnbefreites, testosterongetränktes Actionspektakel ohne den Hauch einer logischen Story oder den Anflug von Realismus. Mit anderen Worten: richtig geiler Stoff! :D
                      Hätte selbst nicht gedacht, dass dieser Blödsinn mich so gut unterhält. Der dritte "Triple X"-Film ist tatsächlich der beste der Reihe. Regisseur D.J. Caruso stellt hier, nach mehreren, weichgespülten Teeniefilmen in den letzten Jahren sein Actiontalent unter Beweis. Umso beschämender, dass ich für diesen Film hier dieselbe Vorhersage bekam wie den von mir zuletzt bewerteten, bestenfalls durchschnittlichen "I Am Number Four", eines von Carusos vorhergehenden Werken. Vollkommen unverständlich!
                      Machen wir uns aber nichts vor: die "xXx"-Reihe zeichnete sich noch nie durch wohlüberlegtes Storytelling aus. Von Anfang an diente die Handlung nur als Gerüst für die irrsinnigen und halsbrecherischen Stunts und bot den Hauptdarstellern genug Gelegenheiten, sich als absolute Badasse inszenieren zu lassen, mal mehr (Teil 1), mal weniger (Teil 2) erfolgreich.
                      In dieser, 12 Jahre nach dem letzten missglückten Franchise-Eintrag, in dem Vin Diesel durch Ice Cube mehr schlecht als recht ersetzt wurde, gedrehten Fortsetzung, kehrt der mittlerweile zu einem der bestverdienenden Akteure Hollywoods aufgestiegene Star des ersten Teils nun zurück, wie es ja bereits der Titel ankündigt. Und auch dieser Film, den er schließlich selbst mit produzierte, ist eindeutig auf ihn zugeschnitten.
                      Der gute Vin lässt hier natürlich keine Gelegenheit aus, sich selbst mal wieder als obercooler Alleskönner zu stilisieren. Mit der Zeit geht einem dieses ständige Geprotze und die möchtegern-coolen Sprüche schon ziemlich auf die Nerven, glücklicherweise hat der Film aber auch andere Qualitäten.
                      Zum Einen die restliche Besetzung. Neben dem Diesel als Hauptcharakter macht "Ip Man" Donnie Yen, der sich nach einer längeren Hollywood-Auszeit nach Shanghai Knights" seit "Star Wars: Rogue One" vom letzten Jahr wieder stärker auf den westlichen Markt konzentriert, als vordergründiger Antagonist am meisten Eindruck, denn er bringt wirkliches Charisma mit und als Choreograph, der seine Stunts in der Regel selbst macht, gehören ihm hier auch mit die beeindruckendsten Kampfszenen. Die Darsteller der Teams, die zu den beiden Alphamännchen gehören, sind schauspielerisch allesamt höchstens solide, bringen aber auch eine Menge Witz in den Film oder bieten Futter für die Augen. Diesels Truppe besteht aus Rory McCann, dem "Bluthund" aus "Game Of Thrones", als durchgeknalltem Fahrer, "Vampire Diaries"-Schönheit Nina Dobrev in einer ungewöhnlichen Rolle als nerdige Waffenspezialistin, dem chinesischen Popstar Kris Wu und der obercoolen Ruby Rose, die dieses Jahr generell im Actiongenre durchzustarten scheint, war sie doch fast parallel in den aktuellen Fortsetzungen zu "Resident Evil" und "John Wick" (letzterem relativ neuen Franchise werde ich mich dann demnächst widmen) zu sehen. Zu Yen gehören Tony Jaa, ein weiterer Kampfkunst-Spezialist, der hier ebenfalls gut in Szene gesetzt wird (wenn auch etwas zu selten), die ansehnliche Bollywood-Aktrice Deepika Padukone und MMA-Fighter Michael Bisping.
                      Wie gesagt, von keinem kann man hier darstellerische Glanzleistungen erwarten, aber sie bringen Attitüde mit und man merkt den meisten an, dass sie Spaß beim Dreh hatten.
                      Die wenigen erfahrenen Charakterdarsteller im Cast spielen auch nur auf Autopilot. Toni Collette als CIA-Agentin hat sich wohl ziemlich unterfordert gefühlt, ebenso wie Al Sapienza als Bösewicht. Samuel L. Jackson, der seit Teil 1 dabei ist, darf zu Beginn immerhin auf köstliche Weise overacten, bevor er (mal wieder) anscheinend draufgeht (ich denke, ich überrasche hier keinen, wenn ich verrate, dass dies, wie schon im zweiten Teil und in den Marvel-Filmen, nicht lange von Dauer ist). Die zwei kurzen Cameo-Auftritte des brasilianischen Fußballstars Neymar sind nicht der Rede wert und wohl ohnehin nur Fanservice.
                      Die stumpfsinnige Story, bei der ich immer noch nicht kapiert habe, was die ganzen Wendungen hinsichtlich der Loyalitäten einiger Charaktere vor Beginn des letzten Drittels eigentlich sollten, dient wie gesagt nur als Mittel zum Zweck. Das, was diesen Film trotz all seiner Defizite so unterhaltsam macht, ist definitiv seine Inszenierung. Schon im ikonisch gestalteten Vorspann, bei dem die Namen der beteiligten Personen bei einer überstilisierten Kamerafahrt um einen Satelliten dem Zuschauer sprichwörtlich ins Auge springen, wird die Gangart festgelegt. "xXx 3" ist so dermaßen übertrieben, dass er auch schon wieder Spaß macht. Die vollkommen unglaubwürdigen Stunts laden oftmals zum Kopfschütteln ein, sind aber hervorragend fotografiert. Die Kameraarbeit ist erste Sahne. Die selbstironische Herangehensweise macht das Ganze besonders unterhaltsam. Tatsächlich nimmt sich der Film zu keiner Zeit ernst und das ist sein großer Pluspunkt.
                      Dies kommt vor allem im herrlichen Showdown zum Tragen, der auch hauptsächlich für diese (für viele hier sicher unverständliche) hohe Wertung meinerseits verantwortlich ist. Zum Einen gibt es einen coolen Gastauftritt eines gewissen Charakters aus dem direkten Vorgänger, der in selbigem eher fehl am Platz wirkte, hier jedoch sehr gut in Szene gesetzt wird und als Retter in der Not fungiert (mehr verrate ich an dieser Stelle nicht). Dann bekommt auch wirklich jede Figur ihren großen Auftritt, bei dem sie sich ins Gedächtnis einbrennen kann. Besonders die Damen der Schöpfung können hier glänzen. Wenn Deepika Padukone und Ruby Rose Seite an Seite mit je zwei Knarren Bad-Guys umnieten, erreicht der Bad-Ass-Faktor ungeahnte Höhen. Wobei für den besten Moment des ganzen Films - ach was, des ganzen Franchise! - nicht sie, sondern ausgerechnet "Mauerblümchen" Nina Dobrev zuständig ist. Ich verrate hier auch nicht alles, nur so viel: einer der besten, weil auch völlig unerwartet kommenden Gags, die je in einem Actionfilm zu sehen waren! Dass ein eigentlich tollpatschiger Charakter nur aus Versehen einen Haufen Gegner fertig macht, gab es zwar schon öfters, aber selten so lustig wie hier. Ich konnte im Kino echt nicht mehr vor Lachen!
                      Zuletzt ist auch der Soundtrack gut ausgesucht. Gegenüber dem des zweiten Teils, der nur aus Hip-Hop bestand, ist hier, wie im ersten Teil, wieder mehr Hardrock dabei. Der Score von Brian Tyler macht auch Laune.
                      Zusammenfassend ein zwar strunzdummer, aber mehr als unterhaltsamer Actionstreifen, der sich seiner eigenen Dummheit auch durchaus bewusst ist und einen herrlichen selbstironischen Gestus an den Tag legt. Pures Popcornkino, aber von der charmanten Sorte.
                      Nur das 3D hätte man sich mal wieder sparen können.

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                        Gabe666 18.04.2017, 15:00 Geändert 18.04.2017, 15:01

                        Unoriginelles Teenie-Abenteuer von der Stange.
                        "Ich Bin Nummer Vier", eine der vielen Verfilmungen von übernatürlichen Coming-Of-Age-Romanvorlagen im Fahrwasser von "Twilight" und "Harry Potter" ruft praktisch jedes Klischee des Genres ab. Man hat den unangepassten Helden, seine anfangs ahnungslose Freundin, die in seine Angelegenheiten reingezogen wird, den nerdigen Sidekick und den Schulrüpel. Abweichungen von der Formel sind hier wirklich nur geringfügig. Auch die Handlung ist völlig berechenbar. Dazu stören die vielen offenen Fragen (man erfährt beispielsweise bis zum Schluss nicht, wieso die flüchtigen Außerirdischen nur in einer bestimmten Reihenfolge umgebracht werden können) und die Tatsache, dass der Film so wirkt, als ob er nur dazu dienen würde, eine Fortsetzung anzuteasern. Zu der es, aufgrund des mangelnden kommerziellen Erfolgs, ohnehin nicht kam.
                        Die Schauspieler sind immerhin ganz in Ordnung, dafür, dass sie so platte Charaktere verkörpern müssen. Alex Pettyfer ist in der Hauptrolle ganz solide, Timothy Olyphant und Kevin Durand, die erfahrensten Akteure im Cast, sind als Mentor und Gegenspieler des Helden am besten, werden nur leider völlig verschwendet. Besonders Durand wirkt als tätowierter Alienboss mit Sprachfehler ziemlich lächerlich. Sehr cool kommt dagegen Teresa Palmer als schlagkräftige Verbündete des Protagonisten rüber, allerdings tritt sie viel zu spät auf.
                        Eine wirklich originelle Idee sind immerhin die Monsterhunde, die den Protagonisten beistehen. Eher mies animiert, sorgen im Showdown aber auch für einen gewissen ungewollt trashigen Unterhaltungswert.
                        Zusammengefasst ein Film, der sehr schnell vergessen ist, da er praktisch keinerlei Überraschungen bietet. Auch die Filmmusik ist ziemlich einfallslos. Nur das zum Abspann einsetzende Lied "Letters From The Sky" von Civil Twilight ist ziemlich cool.
                        Übrigens einer der wenigen Filme, bei denen meine MP-Vorhersage genau mit meiner Bewertung übereinstimmt. Kommt aber auch nicht unbedingt überraschend.
                        Regisseur D.J. Caruso kann es eigentlich besser.

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                        • 8 .5
                          über Suburra

                          Hochinteressantes, spannendes Mafiakino aus Italien.
                          "Suburra", die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Carlo Bonini und Giancarlo De Cataldo, welche auch am Drehbuch mitschrieben, erinnert stilistisch an die Filme David Finchers. Lange, kühle, oft statische Einstellungen, geprägt von Neonlicht, bestimmen das Bild. Vereinzel auftretende Gewalt wird nüchtern, dafür umso brutaler und mit erschütternder Plötzlichkeit gezeigt. Das Ganze untermalt von einem treibenden elektronischen Soundtrack, in dem Fall vom französischen Duo M83 (deren berühmter Titel "Outro" findet auch hier Verwendung).
                          Im Film wird ein dichtes Beziehungsgeflecht zwischen verschiedenen Personen und Interessengruppen ausgebreitet, die ein Viertel Roms unter ihre Kontrolle bringen wollen. Anfangs wie ein Episodenfilm anmutend, in dem die einzelnen Segmente keinen größeren Zusammenhang haben, erschließen sich einem mit zunehmender Laufzeit die wechselseitigen Verbindungen. Alles nimmt seinen Anfang mit dem Schäferstündchen eines erfolgreichen Politikers mit zwei Prostituierten, das damit endet, dass die Jüngere von beiden eine Überdosis Heroin nimmt und stirbt - was eine verhängnisvolle Kettenreaktion in Gang setzt. Es kommt zu einem Machtkampf zwischen der Mafia, einem Zigeunerclan, einer kleinen, schlagkräftigen Gang und dem Vatikan. Ein allwissend wirkender Mafiapate, den alle nur "Samurai" nennen, bemüht sich, eine Eskalation abzuwenden. Währenddessen geraten auch einige Privatpersonen wie ein Geschäftsmann, dessen Vater ihm einen Schuldenberg hinterlässt und die überlebende Prostituierte in diese Verwicklungen und müssen verzweifelt versuchen, nicht unter die Räder zu geraten. Auch der Politiker muss um sein Überleben kämpfen.
                          Wie das Ganze ausgeht, soll hier natürlich nicht verraten werden, nur so viel: letztlich werden die sich für unangreifbar Haltenden Chefs gerade von den Individuen zu Fall gebracht, von denen sie es am wenigsten geglaubt haben. Die von ihnen im Vorfeld stark drangsaliert wurden und eher schwächlich wirkten. Dies ist gleichzeitig auch ein Kritikpunkt: besonders in einem Fall kommt es ziemlich unglaubwürdig daher, dass sich ein mächtiger Boss so einfach überwältigen lässt und nicht einmal Leibwächter in der Nähe hat. Außerdem wirkt die bereits zu Beginn des in Kapitel geteilten Films angekündigte "Apokalypse" so auch etwas banal.
                          Zuletzt wird auch nicht so recht deutlich, wie stark nun der Vatikan eigentlich in die Geschehnisse verwickelt wird, obwohl er doch einen recht großen Platz in der Handlung einnimmt. Der Rücktritt des Papstes scheint keinen so großen Einfluss auf die Geschichte zu haben, dafür, dass er so oft thematisiert wird.
                          Ansonsten bleiben jedoch keine Negativpunkte. Die großartigen Schauspielleistungen von hierzulande eher unbekannten Darstellern sind ein wahrer Genuss; die Figuren sehr gut ausgearbeitet. Man bemüht sich hier vor allem um eine differenzierte Darstellung der Charaktere: selbst die brutalsten Mafiakiller haben noch eine zärtliche Seite, lieben einen Partner oder ihre Familie.
                          Interessant ist auch die allgegenwärtige Wassermetaphorik. Anfang und Ende beginnen in strömendem Regen, das wichtige Stadtviertel liegt am Hafen, Vor- und Abspann sowie Zwischentitel werden als wasserbesprenkelt visualisiert, auch an einigen Stellen der Handlung spielt es eine wichtige Rolle (beispielsweise stürzt sich ein Charakter in den Tiber). Eine mögliche Interpretation dafür ist, dass dies auch für die Flüchtigkeit der Geschehnisse steht und die Charaktere sozusagen aufpassen müssen, welche Chancen sich ihnen bieten, bevor sie weggeschwemmt werden.
                          Insgesamt ein mehr als sehenswerter, sehr spannender Neo-Noir-Thriller. Stefano Sollima, der Sohn des berühmten Drehbuchautors und Regisseurs Sergio Sollima, der bereits die hochgelobte, diesem Film recht ähnliche Serie "Gomorrha" inszeniert hatte, tritt hiermit das Erbe Coppolas und Scorseses an.
                          Überraschend ist übrigens auch die ziemlich kritische Haltung zum Vatikan, die hier transportiert wird. Sozusagen ein unchristlicher Film aus einem christlichen Land.
                          In dem Sinne: Frohe Ostern! :)

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                          • 9

                            Nach all den vielen Zombiekomödien des letzten Jahrzehnts (nicht, dass diese per se schlecht wären!) gab es endlich wieder einen Film, der sich der Thematik wieder auf ernste Weise annimmt und dabei außerdem nicht zu sehr auf Action setzt (wie beispielsweise "World War Z").
                            "The Girl With All The Gifts" ist ein spannender, brutaler Endzeitthriller, der von Anfang an eine bedrückende Stimmung aufbaut. Es handelt sich hierbei um die Adaption einer Vorlage von Roman- und Comicautor Mike Carey (schrieb u.a. schon für die "X-Men"; ist auch für das Drehbuch des Films verantwortlich), die aus vielen Werken des Genres Inspirationen bezieht, am prominentesten das Videospiel "The Last Of Us" (der Ursprung der Zombieseuche ist mit einer Pilzinfektion derselbe, zudem ist auch die Charakterkonstellation sehr ähnlich) und der mittlerweile bereits 14 Jahre alte "28 Days Later", einer der bahnbrechendsten (Quasi-)Zombiefilme (wie in selbigem sind die Infizierten ja noch am Leben; Schauplatz und Inszenierung ähneln sich auch stark). Gegen Ende tauchen auch Anleihen aus "Herr Der Fliegen" auf.
                            Getragen wird der Film vor allem von seinen hervorragenden Hauptdarstellern. Newcomerin Sennia Nanua zeigt in ihrer ersten großen Filmrolle ein für ihr Alter beachtliches schauspielerisches Talent (nur im Showdown wirkt ihr Rumgebrülle eher lächerlich). Als augenscheinlich unscheinbares, tatsächlich aber gerissenes und aufgewecktes Zombiemädchen, das sich trotz seines animalischen Hungers seine Menschlichkeit bewahrt, wird sie zur wichtigsten Identifikationsfigur und ist sogar sympathischer als die meisten "normalen" Menschen. Unter diesen stechen vor allem Gemma Arterton als mitfühlende Lehrerin der infizierten Kinder und die beiden altgedienten Darsteller Paddy Considine (als Armeesergeant, der anfangs skrupellos wirkt, im Laufe des Films jedoch eine Wandlung gegenüber der Hauptfigur durchmacht) und Glenn Close als besessene Wissenschaftlerin hervor. Generell ist der Cast jedoch - vor allem für dieses Genre - überdurchschnittlich.
                            Auch handwerklich bietet der Film wenig Anlass zur Kritik. Die von Pflanzen überwucherten Sets und Stadtlandschaften erzeugen eine überzeugende Endzeitstimmung. Die wohldosierten Actionmomente sind brutal und wirken unmittelbar, kommen jedoch ohne allzu großes Gesplattere aus. Dazu wird auch oft an der Spannungsschraube gedreht. Wenn die Hauptcharaktere sich durch eine riesige Menge schlafender "Hungries", wie die Zombies hier heißen, schleichen, wagt man selbst kaum zu atmen.
                            Für richtig viel Atmosphäre sorgt zudem die Filmmusik mit ihrem summendem, bedrohlich wirkendem Chorgesang, die vom chilenischen Musiker Cristobal Tapia de Veer komponiert wurde. Sie geht einem noch lange nach dem Film nicht mehr aus dem Kopf.
                            Interessant sind auch die existenzialistischen Fragestellungen, die hier angestoßen werden: wenn die nächste Stufe der menschlichen Entwicklung (hier verkörpert durch die Kinder-Hybride) bereits abgeschlossen ist, lohnt es sich denn dann überhaupt noch, für ein Überleben der Menschheit zu kämpfen? Hat sie es angesichts ihrer Grausamkeit überhaupt verdient, den Planeten weiter zu beherrschen? Oder ist unsere Zivilationsform dennoch die bestmögliche?
                            Einfachen Antworten wird sich hier zum Glück verweigert. Das apokalyptische Ende, welches in der allerletzten Szene dennoch Optimismus aufkeimen lässt, beantwortet nicht, wie eine zukünftige Gesellschaft aussieht. Aber es lässt Hoffnung auf eine bessere zu.
                            TV-Regisseur Colm McCarthy, der hier sein Debüt bei einem größeren Kinofilm gibt, und Mike Carey ist hiermit einer der besten Horrofilme des neuen Jahrtausends gelungen. "The Girl With All The Gifts" verwendet viele Zitate aus anderen Werken, fügt diese jedoch zu einem funktionierenden, originellen neuen Ganzen zusammen. Er hat durchaus das Zeug zum künftigen Klassiker.

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                            • 6 .5

                              Sehr klischeehaftes, aber unterhaltsames Effektspektakel für Kinder.
                              "Monster Trucks" ist vor allem aufgrund seiner bescheuerten Grundidee von Interesse, die tatsächlich von einem Kind stammte: der Name der Fahrzeuge wird einfach wörtlich genommen - echte Monster nisten sich in Trucks ein.
                              Diese betreffenden schwabbeligen Tentakelviecher sind im Film tatsächlich ziemlich liebenswert und wirken sogar sympathischer als die Menschen. Nicht zuletzt aufgrund der mangelnden Charakterisierung. Die Handlung ist ziemlich abgegriffen und folgt dem gleichen Schema wie Spielberg- und Zemeckis-Kinderfilme wie "E.T." und "Der Gigant aus dem All": ein junger Außenseiter entdeckt ein fremdartiges, gefährlich erscheinendes, aber eigentlich friedfertiges Wesen, das von der Regierung (in dem Fall einem Konzern) gejagt wird und das er vor dem Rest der Welt in Sicherheit bringen will. Die Figuren sind wirklich bloße Abziehbilder, werden von den nicht gerade unbekannten Schauspielern aber immerhin solide verkörpert.
                              Lucas Till, "Havok" aus den "X-Men"-Filmen, gibt den Protagonisten, Emma-Stone-Doppelgängerin Jane Levy (bekannt aus der Serie "Suburgatory" und den ganz und garnicht familienfreundlichen Horrorfilmen "Evil Dead" und "Don't Breathe") seine streberhafte Freundin, Thomas Lennon als Konvernvertreter mit Gewissen den tollpatschigen Sidekick, der unterfordert wirkende Danny Glover den besonnenen Chef und Verbündeten, Holt McCallany, den man häufig in Nebenrollen sieht, sowie Ex-80er-Jahre-Teeniestar Rob Lowe die skrupellosen Bösewichte und Barry Pepper den Sheriff (und in dem Fall auch Stiefvater des Protagonisten), der am Ende seinen Charakter zum Positiven ändert. Wie gesagt, allesamt Stereotype, die man so schon oft sah, aber immerhin schauspielerisch kann man sich nicht beschweren.
                              Die Handlung ist natürlich extrem vorhersehbar, und im Showdown wird es sogar etwas bedenklich, wenn die Schurken zu leichtfertig ihr Leben lassen. Andererseits funktioniert die, durch die leichtfüßige Inszenierung nicht zu aufdringliche Ökobotschaft, ziemlich gut. Und es macht eben wirklich Spaß, den irgendwie recht knuffigen und dazu ziemlich gut animierten Tentakelmonstern bei ihren Aktionen zuzusehen. Optisch ist der Film auf jeden Fall sehr gelungen. Und der Humor dürfte bei Kindern sicher ziemlich gut ankommen.
                              Letztlich ist "Monster Trucks" Edeltrash. Was die Handlung und Charaktere betrifft, kaum originell und oft sogar ziemlich dämlich, von der Grundidee völlig albern, aber so beknackt, dass es auch schon wieder gut ist. Muss man letztlich nicht gesehen haben (zumal er mit zwei Stunden Laufzeit auch etwas zu lang geraten ist), aber für einen entspannten Filmabend, gerne auch mit der ganzen Familie, taugt er auf jeden Fall.
                              Im Kino geriet das 3D aber leider wieder nur durchwachsen. Schade, wie so oft.

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                              • 9 .5
                                Gabe666 14.04.2017, 16:08 Geändert 14.04.2017, 22:58

                                Der bisher beste Film des Jahres.
                                Angesichts des großen Hypes, der im Vorfeld der diesjährigen Oscar-Verleihung um den Film gemacht wurde und den tatsächlich recht zahlreichen Auszeichnungen, auch auf vielen anderen Festivals, die er erhielt, mag es vielleicht opportunistisch erscheinen, wenn ich mich der Mehrheit anschließe, aber ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass er mich so sehr begeistern würde.
                                "La La Land" ist eine wunderschöne Hommage an das goldene Zeitalter des Hollywood-Musicals in den 40er bis 50er Jahren, ein Rausch aus Farben, Bildern und Musik. Angesiedelt in der heutigen Zeit, wirkt er in seiner Inszenierung und Bildsprache dagegen, als wäre er vor mindestens 50 Jahren gedreht worden. Er ähnelt stark dem Klassiker "Singin' In The Rain" mit Gene Kelly (den ich letztes Jahr im Rahmen eines Seminars zum ersten Mal sehen konnte und mit dem sich "La La Land" auch eine gewisse Meta-Ebene teilt, da beide auch Hollywood selbst thematisieren), ebenso aber auch anderen stilprägenden Werken. Die in einigen Gesangsnummern auftretenden beeindruckenden ornamentalen Massen-Choreographien verweisen beispielsweise auf die Werke Busby Berkeleys. Ebenso finden sich auch viele Anspielungen auf die Filme von Leinwandlegende James Dean, der Schauplatz eines seiner bekanntesten, das Griffith-Observatorium, dient auch hier für eine Szene als Handlungsort.
                                Rein formal betrachtet, ist "La La Land" definitiv über jeden Zweifel erhaben. Die souveräne Kamera- und Schnittechnik, welche Szenen oft fließend ineinander übergehen lässt, ist perfekt auf die Musik abgestimmt. Am detailreichen, farbenfrohen Szenenbild und den toll gestalteten Kostümen kann man sich garnicht sattsehen. Und die Besetzung ist schlicht grandios. Die beiden Hauptdarsteller Ryan Gosling und Emma Stone (welche hier wirklich umwerfende Kleider trägt) singen, stepptanzen und spielen mit so viel Herzblut, dass es eine wahre Freude ist. Ob die Oscar-Nominierung und -Auszeichnung für Emma Stone berechtigt war, lasse ich jetzt mal dahingestellt, aber authentisch wirken sie beide auf jeden Fall. Zumal sie ihre Lieder im Film tatsächlich auch selbst singen.
                                Auch der restliche Cast ist nur zu loben. So ist in einer kleinen Rolle J.K. Simmons, der im vorherigen Film des Regisseurs Damien Chazelle, "Whiplash" (den ich leider immer noch nicht gesehen habe), bereits prominent mitwirkte und einen Oscar dafür einheimste, zu sehen, erneut in einer unsympathischen, strengen Rolle, wenn auch diesmal nicht so aufbrausend. Positiv im Gedächtnis bleiben auch die bisher unbekannten Schauspielerinnen Sonoya Mizuno und Rosemarie DeWitt als Stones Freundinnen und R'n'B-Sänger John Legend als Goslings Kumpel, der ihn in seine Band aufnimmt.
                                Herzstück des Films sind natürlich die Lieder, komponiert von Justin Hurwitz, mit dem Chazelle auch bereits bei "Whiplash" zusammenarbeitete. Wie in selbigem spielt auch hier Jazz eine große Rolle, ist tatsächlich mit Thema des Films an sich. Die Evolution dieses Genres, vom klassischen, über Free Jazz, bis zum von den Hauptcharakteren eher kritisch betrachteten Crossover mit Pop, wird im Laufe des Films nachvollzogen. Besonders die wunderschöne Ballade "City Of Stars" bleibt im Gedächtnis. Großartig ist auch das einleitende Lied "Another Day Of Sun" im Stau auf dem Highway vor Los Angeles, bei dem ein riesiges Ensemble voller Lebenslust seine Träume zum Ausdruck bringt.
                                Außerdem sind auch einige bekannte New-Wave-Hits der 80er Jahre in Coverversionen zu hören, darunter "Take On Me" von A-Ha und "Tainted Love" (wobei letzteres übrigens unabsichtlich für Heiterkeit im Publikum sorgte; vor dem Film lief nämlich die alberne Energiespar-Werbung mit Heiner Lauterbach, der Karaoke zu einer lächerlichen deutschsprachigen Version des Liedes macht, aber dafür kann es an sich ja nichts).
                                "La La Land" kommt hinsichtlich seiner Handlung allerdings bei weitem nicht so hollywoodtypisch daher, wie man meinen sollte. Die Geschichte ist wie beim erschütterndem "Requiem For A Dream" in Abschnitte geteilt, die in den verschiedenen Jahreszeiten spielen. Natürlich geht es wie so oft um den Aufstieg junger, mittelloser Leute zu Stars, die ihre Träume verwirklichen können. Allerdings wird im Laufe der Handlung immer deutlicher, dass Erfolg und privates Glück sich nicht vereinbaren lassen. So wird hier ein realistischeres Bild vom "American Dream" gezeichnet, das im letzten Abschnitt durch die wohl absichtlich übertrieben kitschig wirkende "Was wäre wenn...?"-Sequenz konterkariert wird, die praktisch zeigt, wie sich die Handlung in einem typischen Liebesfilm entwickelt hätte. "La La Land" ist letztlich nicht nur eine Liebeserklärung an, sondern auch ein wehmütiger Abgesang auf das Kino des alten Hollywood. Die nüchterne Feststellung ist letztlich, dass man, wenn man wirklich erfolgreich sein will, mit der Zeit gehen muss, auch wenn das bedeutet, die eigenen Ideale zu verraten. Liebe und persönliche Träume können nur selten gemeinsam verwirklicht werden.
                                Insgesamt jedenfalls ein, trotz all der für ein Musical typischen irrealen Gesangs- und Tanznummern erstaunlich bodenständiger Film, in dessen Musik- und Bilderflut man sich für gut zwei Stunden verlieren kann und der auch nicht an Emotionen spart. Hat jedenfalls das Potenzial zum Lieblingsfilm.

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                                • 9 .5

                                  Für mich bis jetzt der zweitbeste Film des Jahres.
                                  "Passengers" ist ein optisch herausragender Science-Fiction-Survival-Liebesfilm mit großartiger Besetzung. Das Drehbuch zum Film befand sich tatsächlich schon seit zehn Jahren in der Mache, konnte aber letztlich erst in den letzten zwei verfilmt werden, hauptsächlich wegen des erforderlichen sehr hohen Budgets. Beim Casting gelang der Glücksgriff, mit "Starlord" Chris Pratt und "Katniss" bzw. "Mystique" Jennifer Lawrence zwei der angesagtesten Schauspieler Hollywoods zu verpflichten, die hier nun, nachdem sie in den erwähnten Superhelden-Franchises von konkurrierenden Studios die Hauptrollen spielten, erstmals vor der Kamera aufeinandertreffen. Und idealer hätte die Wahl nur schwer ausfallen können: die Chemie zwischen beiden stimmt perfekt und vor allem Lawrence stellt in den nicht gerade wenigen emotionalen Szenen ihr Ausnahmetalent unter Beweis.
                                  Da "Passengers" wegen des begrenzten Handlungsraums hauptsächlich als Kammerspiel daherkommt, gehören die meisten Szenen einem oder beiden Hauptdarstellern. Zum sehr überschaubaren Cast zählt außerdem aber noch Michael Sheen als Roboterkellner, der für ein wenig Humor sorgt. Und in der zweiten Hälfte tritt mit Laurence Fishburne, der ebenfalls glänzen kann, eine weitere Hollywoodgröße auf. Sein Part hätte aber ruhig noch etwas größer ausfallen können.
                                  [SPOILER: Der winzige Auftritt von Andy Garcia zum Schluss war hingegen überflüssig. Das hätte auch jeder andere halbwegs bekannte oder talentierte Schauspieler übernehmen können.]
                                  An "Passengers" fasziniert vor allem die Grundidee: was wäre, wenn man auf einem Raumschiff Jahrzehnte zu früh aus dem Kälteschlaf aufwachen würde und den Rest seines Lebens alleine verbringen müsste? Ab wann würde man die Einsamkeit nicht mehr aushalten? Und würde man, wenn sich einem die Möglichkeit böte, jemand anderen ebenfalls in seine Lage versetzen, um wieder Gesellschaft zu haben, auch wenn man dessen Leben damit unwiderruflich ebenfalls besiegelt?
                                  Diese ethischen Fragestellungen dominieren vor allem die erste Hälfte des Films, in der Pratts Charakter durch die Isolation schleichend verzweifelter wird. Nachdem er Lawrence aufgeweckt hat, dominiert erstmal die Liebesgeschichte, bis im letzten Drittel, in dem eine Katastrophe abgewendet werden muss, hauptsächlich die Actionschiene gefahren wird.
                                  Sicher lässt sich kritisieren, dass für den ethischen Konflikt letztlich eine hollywoodtypisch simple Lösung gefunden wird. Es wäre wohl interessanter gewesen, einen Film allein darauf aufzubauen, anstatt am Ende wieder alles im Getöse untergehen zu lassen. Allerdings ist auch dieser Teil des Films hervorragend inszeniert und spart definitiv nicht an Emotionen und visuellen Attraktionen. Davon hat "Passengers" ohnehin viel zu bieten. Die beeindruckenden Sets (vor allem die nicht von ungefähr an "Shining" - in dem ja auch Isolation eines der Hauptthemen ist - erinnernde Bar mit Sheen als Barkeeper) und wunderschönen Weltraumbilder ziehen einen von Anfang an in ihren Bann. Von optischer Wucht ist definitiv auch Lawrence' unfreiwilliges Bad in der Schwerelosigkeit. Wobei es aber auch etwas kontraproduktiv ist, dass die schönsten Bilder von Galaxien und Sternen erst in der Abspannsequenz zu sehen sind.
                                  Negativpunkte wären außerdem, dass am Geschäftemachen mit Weltraumreisen keine tiefergehende Kritik geübt wird und der Schluss ziemlich kitschig geraten ist. Außerdem war auch das 3D eher mäßig.
                                  Aber, wie gesagt: die Schauspielleistungen sind großartig, besonders von Lawrence, die ihre Verzweiflung und Wut mit aller Hingabe zum Ausdruck bringt. Visuell ist der Film eine Wucht. Auch die Musik von Thomas Newman sorgt mit mehreren schönen, eingängigen Themen dafür, dass man sich in der Geschichte verlieren kann. Und zuletzt wird hier auch eine für Hollywoodverhältnisse durchaus realistische Version von der Kolonisation des Weltraums gezeigt, die eben über lange Zeiträume stattfindet. Die subjektive Erzählweise in Verbindung mit den beeindruckenden Bildern vermittelt einem dazu auch annähernd das Gefühl, sich im Weltraum zu befinden. Dies wiegt die erzählerischen Versäumnisse im letzten Drittel mehr als auf.
                                  "Passengers" ist für mich einer der besten (Weltraum-)Science-Fiction-Filme der letzten Jahre. Zwar nicht perfekt, aber inszenatorisch und schauspielerisch mehr als überdurchschnittlich. Hiermit ist Regisseur Morten Tyldum durchaus ein Meisterwerk gelungen.

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                                  • 7 .5

                                    So, nach gut dreieinhalb Monaten, in denen ich hier keinen Film mehr bewertet und mich auf der Seite rar gemacht hatte, wird es Zeit, wieder Rezensionen zu schreiben und mich den Filmen zu widmen, die ich in der Zwischenzeit im Kino gesehen habe. Entschuldigt bitte meine Moviepilot-Abstinenz, aber ich hatte in den letzten Monaten mit studiumsbedingtem Stress und tatsächlich auch einer Art Schreibblockade zu kämpfen. War teilweise wohl auch schlichtweg faul. Die Auszeit ist jetzt aber vorbei.
                                    Beginnen möchte ich mit diesem Film, der eigentlich noch zum letzten Jahr gehört, den ich aber erst in diesem gesehen habe.

                                    Eigentlich kann ich die extreme Ablehnung zu diesem Film nicht so recht verstehen. Meiner Meinung nach ist das hier eine der besseren Videospielverfilmungen.
                                    Sicher ist "Assassin's Creed" weder von seiner Handlung noch von den Dialogen oder Figuren her originell. Inszenatorisch aber definitiv überdurchschnittlich.
                                    Die toll choreographierten Kampfszenen und Stunts können sich echt sehen lassen. "Macbeth"-Regisseur Justin Kurzel setzte bei den beeindruckenden, balletthaften Parkourszenen hauptsächlich auf echte Stunts statt Computereffekten, auch wenn letztere natürlich dennoch in nicht geringer Anzahl zum Einsatz kamen; vor allem in den Übergängen zwischen Jetztzeit und 15. Jahrhundert.
                                    Zu loben sind hier vor allem auch die für eine Videospiel-Adaption hochkarätigen Darsteller. Michael Fassbender, der den Film auch mit produziert hat, füllt seine Doppelrolle als Assassine aus der Vergangenheit und dessen ziemlich kaputter, krimineller Nachfahre gut aus, wobei letzterer ironischerweise als Identifikationsfigur besser taugt, denn die Vergangenheitsversion der Rolle erscheint ziemlich eindimensional. Marion Cotillard als zwielichtige Wissenschaftlerin, die im Laufe des Films in einen Gewissenskonflikt gerät, zeigt die wohl beste schauspielerische Leistung. Gut sind auch die altgedienten Charakterdarsteller Jeremy Irons, Charlotte Rampling und Brendan Gleeson, auch wenn sie hier unterfordert werden. In weiteren Nebenrollen sieht man noch die französische Darstellerin Ariane Labed als Fassbenders schlagkräftige Partnerin in den Vergangenheitsszenen, die zuvor vor allem in Dramen und ausgefallenen Independentfilmen zu sehen war und hiermit nun ihr Debüt in einem Actionfilm gibt, sowie ihren Landsmann Denis Ménochet (der Bauer in der Anfangsszene von "Inglourious Basterds") als brutalen Wachmann. Schauspielerisch kann man sich generell nicht beschweren.
                                    Probleme macht eher die mangelnde Charakterisierung der Figuren. Größtenteils sind das echt nur Stereotype und vor allem bei den in der zweiten Hälfte des Films wichtiger werdenden anderen Nachfahren von Assassinen, die zu Fassbenders Verbündeten werden, stört, dass man über sie praktisch nichts erfährt (was, soweit ich weiß, immerhin bei der Romanadaption zum Film besser gemacht wurde).
                                    Außerdem war es auch keine so gute Idee, den Großteil des Films in der Gegenwart spielen zu lassen. Die Vergangenheitsszenen mit den beeindruckenden Verfolgungsjagden über Dächer und Schluchten machen gerade mal ein Drittel des Films aus. Dabei sind sie eigentlich das Herzstück des Franchise (wobei ich sagen muss, dass ich noch keine einzige der Vorlagen gespielt habe). Ebenso stören auch der ziemlich platte Gut-Böse-Konflikt und der unlogische Showdown.
                                    Aber, wie gesagt: inszenatorisch ist das erste Sahne. Die Actionszenen mit häufigen Zeitlupen können sich wirklich sehen lassen, die treibende Filmmusik von Jed Kurzel, dem Bruder des Regisseurs, sorgt für Atmosphäre und bleibt im Gedächtnis. Das Ende des Films ist zwar offen, allerdings auch nicht zu sehr auf eine Fortsetzung ausgelegt (die es wohl, wegen des nicht wirklich zufriedenstellenden Einspielergebnisses, vermutlich ohnehin nicht geben wird). Außerdem ist es für einen Hollywoodfilm recht erfrischend, dass hier Muslime mal nicht als Bösewichte dargestellt werden.
                                    Insgesamt ist das hier zwar nicht der große Wurf, aber für sein Genre mehr als gelungen. Auf jeden Fall unterhaltsam. Nur das 3D konnte man mal wieder vergessen.

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                                    • Gabe666 04.03.2017, 22:56 Geändert 04.03.2017, 22:58

                                      Naja... irgendwie eigenartige Liste.
                                      Der alberne "Thor" so weit vorne, der mittelmäßige erste "Captain America"-Film mit Chris Evans so weit vor dem viel besseren zweiten (what the...?!), Ang Lees schräger "Hulk" auf Platz 3 (ich würde bei ihm und "The Incredible Hulk" die Platzierung tauschen - obwohl nein, TIH war auch nur mittelmäßig, der wäre wohl eher auf Platz 30 bis 20), "Deadpool" und der erste "Ghost Rider" so weit hinten und der enttäuschende erste "Wolverine"-Film vor "X-Men 3" - da muss ich echt mit dem Kopf schütteln. Die Texte zu den Filmen sind dagegen sehr gut, teils sarkastisch, oft auch informativ und immerhin gut begründet, auch wenn ich bei vielen nicht einer Meinung mit dem/r Verfasser/in bin.
                                      Die Plätze 1 und 2 gehen aber klar. Die Top 10 an sich (abgesehen von "Hulk" natürlich) auch. Bei mir als altem Mutanten-Fan wären aber die ersten beiden "X-Men"-Filme und "Days Of Future Past" ganz vorne, danach käme dann "Spider-Man 2". Vor allem Sam Raimis Fortsetzung gehört mit zu den besten Comicverfilmungen überhaupt, mit tollen Schauspielleistungen, vielschichtigen Charakteren, bombastischer Action, die den Vorgänger bei weitem übertrifft, sich aber sehr gut in den Film einfügt und sehr viel Herz. Fehlt den neueren Marvelfilmen leider.
                                      Die "X-Men" können mit ihrer eher düsteren Stimmung und der Thematisierung sozialer Probleme sowie natürlich auch den sehr guten Darstellern, gelungenen Effekten, atmosphärischer Musik, coolen Charakteren und Bryan Singers großartiger Inszenierung punkten. Am besten finde ich in der Hinsicht "X-Men 2".

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                                      • Vielen Dank an Kängufant für die (wie immer) tolle Einleitung und die eingebundenen Songbeispiele. Sehr gute Wahl!
                                        Und danke auch an die User, denen meine Rezension gefallen hat und die wenigen, die hier darunter geschrieben haben (vielleicht werden es ja noch mehr). Freut mich sehr, vor allem, wenn ich euch so eine Empfehlung geben konnte.
                                        Ich selbst bin mit meinem Text jetzt nicht so ganz zufrieden (es fallen mir immer noch einige Dinge ein, die ich hätte erwähnen können und einige der Formulierungen sind vielleicht eher ungünstig gewählt - damit tu ich mich oft ziemlich schwer). Gerade im Vergleich zu der Rezension, die ich direkt danach (zu Silvester 2016) geschrieben habe, passenderweise ebenfalls zu einem Musical: "Across The Universe" von Julie Taymor (da finde ich auch den Film an sich besser; tatsächlich ist "Across The Universe" für mich das beste Musical überhaupt). Die hätte es mMn eher verdient, hier zu stehen.
                                        Aber so hat mal ein unbekannterer Film etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen. Das ist auch sehr gut.
                                        Übrigens: da es hier um Musicals geht - am Montag werde ich mir dann auch endlich "La La Land" ansehen. Freue mich schon richtig drauf! :)

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                                        • Da fallen mir tatsächlich welche ein: einer der Mitarbeiter in einer Frittenbude in Weimar, in die ich einige Zeit oft gegangen bin, sah so aus wie Karl Urban. Die Ähnlichkeit war wirklich frappierend! Hab ihn da aber lange nicht mehr gesehen.
                                          Und eine gute Freundin von mir sieht Emilia Schüle ziemlich ähnlich. Trägt aber eine Brille und ist etwas, nunja, "rundlicher". :)

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                                          • Gabe666 26.02.2017, 19:46 Geändert 03.07.2017, 00:43

                                            Das darf doch nicht wahr sein! :(
                                            Gerade bei ihm hätte ich es nicht gedacht, dass er uns so früh verlässt. Ein Schauspieler, der nie wirklich weg war und in zahlreichen prägenden Filmen der 80er und 90er mindestens in kleinen Nebenrollen mitwirkte. Er ist tatsächlich der einzige Schauspieler, der es schaffte, vom Alien, vom Terminator und vom Predator getötet zu werden. ^^
                                            Dass er auch in einer Hauptrolle einen Film tragen kann, zeigte er in "Twister". Und seine erste Regiearbeit, der zwiespältige "Dämonisch" (ich bin mir immer noch nicht sicher, was da eigentlich die Aussage sein sollte; der scheint religiösen Fanatismus fast schon zu verherrlichen) war zumindest formal und darstellerisch (er selbst ist da ja auch in einer wichtigen Rolle zu sehen) sehr gelungen.
                                            Auch in den letzten Jahren sah man ihn noch häufig, beispielsweise in "Edge Of Tomorrow" und "Nightcrawler". Ein vielbeschäftigter Mann, der so gut wie jeden Charakter überzeugend verkörpern konnte. Egal ob Sympathieträger oder arroganter Mistkerl (tatsächlich hat er letzteren Rollentypus wohl am häufigsten dargestellt), er blieb auf jeden Fall im Gedächtnis. Mit Sicherheit hätte man ihn noch in vielen weiteren Rollen gesehen.
                                            Dementsprechend kommt das jetzt sehr überraschend. 61 ist doch kein Alter! Sehr schade. Er wird mir fehlen.

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                                            • Wie immer ein großartiger, sehr detaillierter Artikel von dir. Wird diesem Ausnahmetalent, dem König der Leitmotive, mehr als gerecht. :)
                                              Alles Gute, John Williams! Mögest du uns noch lange erhalten bleiben bzw. die Macht mit dir sein! ^^
                                              Mein Lieblingsthema von ihm ist übrigens "Duel Of The Fates" aus "Star Wars: Episode I". Falls man das noch aufnehmen kann...

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                                              • Toller Text zu einem extrem unterhaltsamen Film!
                                                "Re-Animator" ist eine der bekanntesten Lovecraft-Verfilmungen und begründete die Karrieren von Jeffrey Combs, Barbara Crampton (die wie er immer noch recht oft in Horrorfilmen zu sehen ist), des Regisseurs Stuart Gordon und des Produzenten Brian Yuzna (der die beiden, immer noch sehr gelungenen, Fortsetzungen inszenieren sollte). Dieses Dream-Team sollte auch danach noch häufig zusammen arbeiten, vorzugsweise bei weiteren Lovecraft-Adaptionen.
                                                "Re-Animator" ist dabei für den Autoren eigentlich ziemlich untypisch, allein schon wegen der expliziten Gewaltausbrüche. Von den meisten wird die Vorlage sogar als seine schlechteste Geschichte angesehen. Aber Gordon und Yuzna haben daraus eine herrliche Horrorkomödie gemacht, deren Einfluss auch heute noch spürbar ist (so war es dieser Film, der leuchtendes Neongrün als Farbe für giftige Substanzen erst so richtig populär machen sollte und für Jeffrey Combs sollte diese Rolle zu seinem Markenzeichen werden - keinen Charaktertypus hat er so häufig verkörpert wie den Mad Scientist).
                                                So trashig finde ich den Film übrigens garnicht. Die handgemachten Splatter-Effekte sind auf einem hohen Niveau und die Illusion des, im wahrsten Sinne des Wortes, kopflosen Dr. Hill funktioniert perfekt. Ebenso wie die der Zombiekatze, denn in der betreffenden Szene ist den Großteil über tatsächlich überhaupt keine Katze zu sehen und allein durch Geräusche, Schauspiel und umstürzende Requisiten wird sie zum Leben erweckt.
                                                Allein die Dialoge sind vielleicht etwas albern. Und das Schauspiel, besonders im Fall von Jeffrey Combs und David Gale, ziemlich übertrieben. Aber da der Film sich ohnehin nicht so ernst nimmt, fügt sich das gut ein. Der fast schon dreist von "Psycho" abgekupferte Score macht dazu richtig Laune.
                                                "Re-Animator" wirkt auch heute noch, trotz seiner offenkundigen 80er-Jahre-Herkunft, kein bisschen angestaubt. Viel besser gefällt mir persönlich aber die Lovecraft-Verfilmung, die Gordon und Yuzna direkt im Anschluss mit einer fast identischen Crew inszenieren sollten und die dementsprechend auch als eigentliche Fortsetzung gelten kann: "From Beyond". Dieser Film fängt die Atmosphäre der Geschichten dieses außergewöhnlichen Horror-Autoren noch stärker ein.

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                                                • Gabe666 04.02.2017, 21:48 Geändert 05.02.2017, 20:56

                                                  Absolutes Meisterwerk! Spannend, actionreich und extrem emotional, mit Charakteren, die einem ans Herz wachsen und einer subtil verpackten Ökobotschaft. Dazu einfach toll gezeichnet.
                                                  Meiner Meinung nach der beste Ghibli-Film. Nie war Miyazaki besser (auch wenn er davor und danach immer noch sehr nah dran kam)!

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                                                  • Gabe666 28.01.2017, 18:04 Geändert 26.02.2017, 22:25

                                                    Ne, oder?
                                                    Das darf nicht wahr sein! Das Legendensterben geht immer weiter! Ich wusste noch nicht mal, dass er krank ist.
                                                    Um ihn finde ich es besonders schade. Einer der besten Schauspieler überhaupt, und das ist wirklich nicht nur so daher gesagt. Bereicherte meine Kindheit als Mr. Ollivander aus "Harry Potter", trat als väterlicher Mentor in den "Hellboy"-Filmen auf (und in noch so einigen anderen in ähnlichen Rollen) und natürlich brannte er sich auf ewig ins Gedächtnis als erstes filmisches Opfer des "Alien"-Monsters (und parodierte diese Rolle 8 Jahre später auf herrliche Weise in "Spaceballs"). In zwei seiner größten Rollen, dem Opfer der Diktatur in "1984" (in dem Zusammenhang ist es interessant, dass er Jahre später in "V Wie Vendetta" selbst einen grausamen Diktator verkörperte; auch als Bösewicht war er mehr als überzeugend) und als missgestalteter "Elefantenmensch" habe ich ihn leider noch nicht gesehen.
                                                    Aber es steht definitiv fest, dass die Filmgeschichte John Hurt viel zu verdanken hat. Ohne ihn fehlt echt was. Hätte ihn gerne noch in einigen Rollen gesehen. Aber leider kommt für jeden irgendwann die Zeit. :(

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