Gabe666 - Kommentare

Alle Kommentare von Gabe666

  • 9 .5

    Wow! Ein Film, der wohl nur wenige unberührt zurücklassen wird.
    Mit "Disconnect" schuf der ansonsten hauptsächlich für Dokumentarfilme bekannte Henry Alex Rubin ein beeindruckendes Ensembledrama, das sich auf differenzierte, aber eindringliche Weise den Schattenseiten der Digitalisierung und globalen Vernetzung widmet. In drei Episoden, die zwar weitestgehend unabhängig voneinander erzählt werden, sich jedoch immer wieder überschneiden, werden die Gefahren von Cybermobbing, Identitätsdiebstahl und digitaler Prostitution wie auch die Auswirkungen davon auf das Privatleben der Opfer und ihres persönlichen Umfelds geschildert.
    Dass all diese Personen den ganzen Film über glaubwürdig erscheinen und einem ihr Schicksal nahe geht, ist dem großartigen Cast zu verdanken, der bis in die kleinsten Rollen aus namhaften und talentierten Akteuren besteht, die ihre Figuren ernst nehmen und ihnen Leben verleihen.
    Die Handlung folgt nun dem gestressten Anwalt Rich Boyd (der hauptsächlich aus Komödien bekannte Jason Bateman hier mal in einer ernsten Rolle), der seine Familie - bestehend aus seiner Ehefrau Lydia (Hope Davis, u.a. "Flatliners", "Arlington Road") und den beiden pubertierenden Kindern Ben (Jonah Bobo, "Zathura") und Abby (Haley Ramm, "Into The Wild", "X-Men 3") - für die Arbeit vernachlässigt und so nicht mitbekommt, dass sich Ben immer weiter von seinem Umfeld abkapselt und auf eine verhängnisvolle Online-Beziehung einlässt. Parallel dazu wird das Ehepaar Derek (Alexander Skarsgard) und Cindy Hull (Paula Patton) gezeigt, das sich nach dem Tod des gemeinsamen Sohns auseinandergelebt hat, aus seiner Lethargie aber erwacht, als ein Hacker ihre gesamten Konten leer räumt. Sie konsultieren den auf Cyber-Verbrechen spezialisierten Privatdetektiv Mike Dixon (Frank Grillo, sonst vor allem in Actionfilmen anzutreffen, hier in einer ebenfalls untypischen Rolle), der ihnen Cindys Online-Bekanntschaft Stephen Schumacher (der viel zu früh verstorbene Michael Nyqvist, der gemeinsam mit Patton ein Jahr zuvor auch im vierten "Mission Impossible"-Film zu sehen war) als möglichen Schuldigen präsentiert. Mike ist gleichzeitig der Vater des Schülers Jason (Colin Ford, u.a. "Under The Dome", "Captain Marvel"), der gemeinsam mit seinem Freund Frye (Aviad Bernstein) gegen Ben Boyd Cybermobbing betreibt. Die letzte und am stärksten von den anderen Geschichten unabhängige Episode konzentriert sich schließlich auf den Jugendlichen Kyle (Max Thieriot, "Der Babynator", "House At The End Of The Street"), der seinen Körper vor der Kamera im Internet verkauft und von der Reporterin Nina Dunham (Andrea Riseborough, aktuell im neuen "The Grudge"-Film zu sehen) kontaktiert wird, die eine heiße Story wittert. Als sie ihn näher kennenlernt, versucht sie jedoch, ihn aus diesem Umfeld herauszuholen, was zu Ärger sowohl mit Kyles "Zuhälter" Harvey (verkörpert vom Modedesigner Marc Jacobs) als auch mehreren FBI-Ermittlern (darunter die aus "Candyman" bekannte und mittlerweile selbst als Regisseurin tätige Kasi Lemmons) führt.
    All diese Geschichten kumulieren schließlich in einem äußerst eindringlichen Klimax, in dem sich die zuvor immer weiter gestiegene psysische Anspannung körperlich entlädt und der mit beeindruckenden Zeitlupenaufnahmen in einer Parallelmontage die Gemeinsamkeiten der durch die Vernetzung einander entfremdeten Hauptfiguren unterstreicht. Der Verlust des Zwischenmenschlichen in einer paradoxerweise immer stärker miteinander verbundenen Gesellschaft ist das Hauptthema des Films, dem er sich jedoch auf differenzierte Weise widmet und nicht nur die negativen, sondern auch die positiven Aspekte des Internets aufzeigt, wie beispielsweise den gegenseitigen Austausch und Trost von Leuten, die geliebte Personen verloren haben, auf für sie erstellten Webseiten. Ge- und Missbrauch der neuen Schrankenlosigkeit im digitalen Zeitalter werden deutlich bebildert und sich einfachen Antworten dabei verweigert. "Disconnect" endet zwar hoffnungsvoll, präsentiert dabei aber keine eindeutige Lösung für die gezeigten sozialen Konflikte, sondern überlässt vieles dem Urteil des Zuschauers, was ihn angenehm vom üblichen Hollywoodkino abhebt.
    Die von der Kamera eingefangenen entsättigten, blaustichigen Bilder unterstreichen die von emotionaler Verkümmerung geprägte Interaktion der handelnden Personen, wie auch der sehr atmosphärische elektronische Score vom post-klassischen Komponisten Max Richter (u.a. "Watz With Bashir", "The Leftovers") und der hauptsächlich aus Titeln von Indie-Bands bestehende Soundtrack, zu dem u.a. The Limousines, Electric Guest und Awolnation einzelne Lieder beisteuerten. Der größte Hit von letzteren, "Sail", ist dabei gleich im Vorspann zu hören.
    Insgesamt ist "Disconnect" so ein richtig starkes Drama mit einem großartigen Ensemblecast, das wohl auch mit eine der ernsthaftesten filmischen Auseinandersetzungen mit der Thematik darstellt. Unbedingt sehenswert!

    15
    • 8 .5

      Ergreifendes Drama mit herausragenden Schauspielleistungen.
      Mit "Precious" ist Lee Daniels, dem Drehbuchautor von "Monster's Ball" und späteren Regisseur von "Der Butler", ein hochemotionaler Film mit einer bedrückenden Geschichte und einer ungeschönten, sehr glaubwürdigen Darstellung gesellschaftlicher Probleme in den ärmsten Schichten der amerikanischen Bevölkerung gelungen. Sicher könnte man "Precious" angesichts der Tatsache, dass er drei Oscars gewann und bei zahlreichen anderen amerikanischen Filmfestivals Preise abräumte, vorwerfen, dass er "Oscar Bait" sei - ein Film, der sich seiner Thematik nur widme, um eben für die Oscars in Frage zu kommen und dort möglichst viele Auszeichnungen abzustauben. Schließlich sind nicht wenige Preisträger soziale Dramen, die sich auf gesellschaftliche Missstände und tragische Geschichten fokussieren. "Precious" tut dies jedoch glücklicherweise, ohne dabei den Holzhammer auszupacken und den Zuschauern vorzukauen, wie sie sich beim Geschehen zu fühlen haben.
      Dies zeigt sich sowohl beim angenehm zurückhaltenden Score, der die Szenen mit eher subtilen, ruhigen Themen untermalt, anstatt alles mit aufdringlichen Streichern zuzukleistern - als auch bei Kamera und Schnitt, die Szenen von erschütterndem physischem und emotionalem Missbrauch nicht explizit ausschlachten, aber auch nicht durch zu zaghafte Andeutungen abschwächen. Und zuletzt bei der, für einen amerikanischen Film, sehr ungewöhnlichen Filmheldin. Die titelgebende Precious, bravourös verkörpert von der damaligen absoluten Newcomerin und Laiendarstellerin Gabourey Sidibe, ist ein stark übergerwichtiges, analphabetisches, zum zweiten Mal schwangeres Mädchen, das von seiner ungebildeten, jähzornigen Mutter fortlaufend gedemütigt, geschlagen und psychisch unter Druck gesetzt wird. Unverhofft bietet sich ihr, durch ihre guten Mathe-Kenntnisse, ein Stipendium an einer Alternativschule als Ausweg aus ihrer Misere. Dies ist die grundlegende Handlung des Films, die mehr episodisch als mit einem richtigen Spannungsbogen erzählt wird, durch die eindringliche, realitätsnahe Darstellung und die großartigen Schauspielleistungen des Casts aber zu fesseln vermag.
      Die bereits erwähnte Sidibe in der Hauptrolle, welche die Geschehnisse mehrmals aus dem Off kommentiert, bleibt den ganzen Film über glaubwürdig und lässt ihre Rolle nie zur Karikatur verkommen. Interessant ist, dass, wie in späteren Interviews und Auftritten deutlich wurde, ihr Charakter der ihrer Figur eigentlich genau entgegengesetzt ist. So zeigte sie dementsprechend in ihren nachfolgenden Rollen dann hauptsächlich ihr komödiantisches Talent. Ähnlich gegen den Strich besetzt ist Komikerin Mo'Nique als tyrannische, verwahrloste Mutter, die durch ihr grausames und rücksichtsloses Verhalten ihrer Tochter gegenüber als sehr hassenswert erscheint, wie im emotionalen Höhepunkt des Films deutlich wird, jedoch eigentlich selbst ein Opfer ist. Das trägt nur zur Glaubwürdigkeit des Films bei, denn Missbrauchsopfer und Leute, die in ärmlichen Verhältnissen leben, projizieren die Wut über ihr eigenes Schicksal leider allzu oft auf ihr unmittelbares Umfeld (wie hier die eigene Tochter), lassen sie an diesem aus und werden dadurch selbst zu Tätern (so wie auch Precious selbst in einigen Szenen gegenüber jüngeren Nachbarn und Mitschülern). Für Mo'Niques eindringliche Darstellung gab es dann auch den verdienten Oscar.
      In weiteren Rollen sieht man Rockstar Lenny Kravitz in seiner ersten Filmrolle als nette männliche Hebamme, Popsängerin Mariah Carey, die hier Mut zur Hässlichkeit beweist und eine Leistung zeigt, die ihr zuvor sicher kaum jemand zugetraut hätte, als gewissenhafte Sozialarbeiterin, den hauptsächlich durch Fernsehserien bekannten Bill Sage als Mathelehrer und Precious' heimlicher Schwarm sowie Paula Patton in ihrer bisher besten Rolle als mitfühlende, aber unnachgiebige Förder-Lehrerin. Die noch eher unbekannten Darstellerinnen Sherri Shepherd, Stephanie Andujar, Chyna Layne, Amina Robinson, Xosha Roquemore und Angelic Zambrana überzeugen als die anfangs desinteressierten und vorlauten Klassenkameradinnen der Titelheldin, die sich im weiteren Verlauf aber auch immer mehr öffnen. Die gesamte Besetzung ist hier wirklich nur zu loben.
      "Precious" zieht eben seine Stärke daraus, dass er keine Schwarzweißmalerei betreibt und seine Charaktere mit all ihren Fehlern darstellt, ohne sie dabei zu verurteilen. Einen Gegensatz zu den unangenehmen Missbrauchsdarstellungen bieten dabei schillernde Traumszenen im Stil von Musikvideos, in denen sich die Hauptfigur ein Leben als umjubelter Star herbeiwünscht. Aufgrund ihrer Realitätsferne hinterlassen diese neben Erleichterung jedoch hauptsächlich Wehmütigkeit. Auch skurrile Elemente werden dabei eingebaut, wie beispielsweise, dass Precious sich und ihre Mutter als Darstellerinnen in einem spanischsprachigen Schwarzweißfilm vorstellt, den sie sich gerade im Fernsehen ansieht, was für subtile Komik sorgt. Und gelegentlich bietet der Film sogar eine überraschende Vielschichtigkeit, etwa, wenn sich die Hauptfigur vor einem Spiegel schminkt, ihr dabei aber ein blondes, weißes Mädchen entgegenstarrt. Dies versinnbildlicht ihren durch ihre Mutter eingetrichterten Selbsthass, lässt sich aber auch als implizite Kritik an den Praktiken im Showbiz von Hollywood lesen, wo Angehörige von Minderheiten es von Natur aus schwerer haben, sich einen Namen zu machen und dies oft zum Preis der Aufgabe ihrer Identität. Wie auch, auf einer allgemeineren Ebene, generell als Kritik am durch Medien und im Arbeitsleben vermittelten Bild, das Afroamerikanern hinsichtlich ihres Aussehens und Verhaltens vorgesetzt wird. Ein weiterer besonderer Einfall war es auch, den Vorspann mit zahlreichen Rechtschreibfehlern zu durchsetzen, um auf Precious' Analphabetismus anzuspielen, den Abspann dann jedoch in fehlerfreier Schrift zu zeigen, um damit deutlich zu machen, dass sie sich am Ende zum Guten gewandelt und in vielen Bereichen verbessert hat.
      Insgesamt ist "Precious" so ein auf unaufdringliche Weise berührender Film, der trotz seiner erschütternden Geschichte zum Schluss viel Hoffnung verströmt und aufgrund seiner, wie erwähnt, tollen Darsteller und originellen Machart noch lange im Gedächtnis bleibt. Mehr als sehenswert.

      16
      • Hier ist nun meine Liste zu den Filmen, die ich dieses Jahr im Kino gesehen habe, so wie zu den Jahren davor. Einige starteten eigentlich schon 2018, aber ich habe sie in einem Vorlesungssaal an meiner Universität verspätet sehen können (ist eine Veranstaltungsreihe, die jedes Semester stattfindet).
        Beim Heimspiel-Filmfestival in Regensburg habe ich dieses Jahr leider keinen Film sehen können, dafür konnte ich aber zumindest drei Filme ("Aniara", "Bliss" und "Ghost Killers vs. Bloody Mary"), die noch keinen deutschen Verleih haben, bei einem kleineren Festival sichten, das sich auf Genrefilme spezialisiert hat (dem "Hardline").
        Eine beachtliche Anzahl ist dennoch zusammengekommen, da ich nun einmal leidenschaftlicher Kinogänger bin. ^^
        Insgesamt würde ich dieses Jahr zwar als ein eher schwächeres einstufen, was die veröffentlichten Filme betrifft, aber insgesamt bewegt man sich, meiner Meinung nach, immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Natürlich bin ich nunmal auch ein nachsichtiger Bewerter und sehe so einige Filme als qualitativ höherwertiger an als das die Mehrheit tat. Dessen schäme ich mich aber nicht, sondern stehe zu meiner Meinung. Kontroversen beflügeln schließlich Diskussionen und daran zeigt sich auch die Vielfalt der Geschmäcker.
        Für das nächste Jahr bin ich jedenfalls sehr zuversichtlich gestimmt.
        Damit wünsche ich euch allen schon mal einen guten Rutsch! Feiert schön! :)

        16
        • 9

          Mit "Léon - Der Profi" schuf Frankreichs Ausnahmeregisseur Luc Besson den Film, welcher heute von vielen als sein Meisterwerk angesehen wird. Dabei diente er ursprünglich nur dazu, eine längere Pause in der Vorproduktion von Bessons eigentlichem Herzensprojekt "Das Fünfte Element" zu überbrücken. Das Regie-Mastermind zeigte hiermit jedoch, dass ihm auch Werke gelingen, in die er nicht sein ganzes Herzblut steckt.

          Und was für ein Film "Léon - Der Profi" geworden ist! Eine Mischung aus hartem, stilisiertem Actionthriller und sentimentalem Drama, das von hervorragenden Akteuren getragen wird. Auf dem Papier erzählt der Film nur eine simple Rachegeschichte, aber die vielschichtigen Charaktere und die souveräne Inszenierung heben ihn weit über den Durchschnitt hinaus. Die subtile Beziehung zwischen dem traumatisierten, aber schlagfertigen Mädchen Mathilda und dem wortkargen titelgebenden Berufsmörder, der hinter seiner harten Schale einen weichen Kern verbirgt, wirkt immer glaubwürdig und zieht einen von Anfang an in den Bann. Trotz einiger problematischer Implikationen vermeidet Besson, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnete, dabei gekonnt eine unangemessene Verherrlichung von Pädophilie und zeichnet vielmehr das Porträt zweier Außenseiter, die sich zwar gegenseitig ergänzen, aber kein Liebespaar sein können.

          Dass die Beziehung zwischen den beiden so realitätsnah geriet und ihre Charaktere immer dreidimensional bleiben, ist dabei auch, wie erwähnt, der großartigen Besetzung zu verdanken. Bessons Lieblingsschauspieler Jean Reno in der Rolle seines Lebens als in sich gekehrter, aber immer zielstrebig handelnder Auftragskiller Léon nimmt einen sofort mit seinem Charisma für sich ein. Die damals erst zwölfjärige Natalie Portman in ihrer allerersten Filmrolle als leidgeprüfte, aber trotz allem vorwitzige Mathilda wächst dem Zuschauer mit ihrem ersten Auftritt ans Herz. Den fiesen Bösewicht Norman Stansfield, einen korrupten Drogenfahnder, gibt der extrem vielseitige Gary Oldman, der trotz seiner überdrehten Darbietung eine allgegenwärtige Bedrohlichkeit ausstrahlt. Seine Rolle wurde dabei zur Blaupause für zahlreiche ähnliche Filmschurken, die in den folgenden Jahren auftreten sollten. In Nebenrollen sieht man noch weitere Charakterdarsteller wie den vor allem durch Fernsehserien bekannten Michael Badalucco als Portmans unverantwortlichen Filmvater und den kürzlich verstorbenen Danny Aiello (u.a. "Der Pate II", "Es war einmal in Amerika", "Jacob's Ladder") in einer typischen Rolle als zwielichtiger Mafioso, der gleichzeitig aber auch Léons Freund und Mentor ist. Außerdem hat Bessons damalige Freundin Maïwenn Le Besco, die in "Das Fünfte Element" als blauhäutige Aliendiva auftreten sollte, mittlerweile selbst eine anerkannte Filmemacherin ist und deren Beziehung zum damals doppelt so alten Regisseur als Inspiration für den Film diente, einen kleinen Kurzauftritt. Ebenso wie der französische Darsteller Jean-Hugues Anglade, der in Bessons Vorgängerwerk "Nikita" eine größere Rolle innehatte.

          Auch das Team hinter den Kulissen erbringt hier Bestleistungen. So fängt Kameramann Thierry Arbogast, der seit "Nikita" bei allen Filmen Bessons diese Funktion ausübt, beeindruckende Aufnahmen der Hochhäuserschluchten des Big Apples ein, die sich von den eher klinischen Aufnahmen amerikanischer Produktionen wohltuend abheben. Die Montage der Cutterin Sylvie Landra, welche mit Besson auch bei seinen folgenden Werken "Das Fünfte Element" und "Johanna von Orleans" zusammenarbeiten sollte, verleiht sowohl den ruhigen Dialogszenen, als auch den zwar eher rar gesäten, dafür aber wuchtig inszenierten Schießereien und Explosionen den passenden Rhythmus. Und zuletzt untermalt Bessons Stammkomponist Eric Serra den Film mit mal düsteren, mal gefühlvollen Themen, die im Kopf bleiben. Stings melancholische Ballade "Shape Of My Heart", die während der letzten Szene und beim Abspann zu hören ist, setzt dazu schließlich einen sentimentalen Schlusspunkt. Auch wenn sie, zumindest meiner Meinung nach, nur haarscharf am Kitsch vorbeischrammt.

          "Léon - Der Profi" ist letztlich ein recht ungewöhnliches Werk: eine französische Produktion, die hauptsächlich in Amerika und auf Englisch gedreht wurde und eines der unkonventionellsten Leinwandpaare bereithält. Die ikonischen Charaktere und packende Inszenierung wurden dabei stilbildend für das Actiongenre. Der Film bietet die richtige Balance zwischen Spannung, Tragik und Spektakel. Dabei spart er auch nicht an Humor - beispielsweise in einer herrlichen Szene, in der Mathilda mit Léon ein Spiel spielt, in der sie abwechselnd bekannte Persönlichkeiten aus der Popkultur imitieren. Dazu nimmt er, wie erwähnt, seine Figuren sehr ernst und sorgt dafür, dass sie dem Zuschauer mit zunehmender Laufzeit ans Herz wachsen. Dies wird noch verstärkt im rund 22 Minuten längeren Director's Cut (wobei Luc Besson diese Bezeichnung für die längere Fassung allerdings ablehnt), der die Beziehung zwischen den Hauptfiguren noch vertieft und den ich im Oktober anlässlich der 4K-Restauration des Films in einem IMAX-Kinosaal erstmals auf großer Leinwand erleben konnte.

          Ich muss dazu erwähnen, dass ich den Film auch zuvor noch nicht komplett immer nur auszugsweise gesehen hatte und diese erste Komplettsichtung damit definitiv etwas Besonderes war. In Bessons Filmographie gebe ich zwar seinem Folgewerk "Das Fünfte Element" den Vorzug (ich stehe eben mehr auf eskapistische Weltraumepen), aber "Léon" bleibt ebenfalls ein Erlebnis. Ganz egal, in welcher Fassung man ihn sich anschaut.
          Und damit wünsche ich euch schonmal fröhliche Weihnachten! :)

          24
          • 8

            Mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm schuf Peter Fleischmann 1969 eine bitterböse Dekonstruktion der zuvor in deutschen Filmen vorherrschenden kitschigen Heimatfilm-Stereotype und zugleich eine anklagende Parabel auf Massenhysterien, Gruppenzwang, Nonkonformismus und Intoleranz. Im Mikrokosmos eines niederbayerischen Dorfs werden die Mechanismen erforscht, welche zur Stigmatisierung und Ausgrenzung von Minderheiten führen.

            "Jagdszenen aus Niederbayern", zugleich die Adaption eines gleichnamigen Theaterstücks, zeigt das exemplarische Dorf als von einer gnadenlosen Hackordnung beherrscht, in der quasi nur die Leute an der Spitze - der Bürgermeister und der Pfarrer, also die Inhaber der weltlichen und der geistlichen Macht - sich alles erlauben können und alle anderen nach unten treten müssen, wenn sie nicht zu Ausgestoßenen werden wollen. 2007 sangen die Ärzte "Lass' die Leute reden" - schön wär's, wenn einem immer egal sein könnte, was über einen erzählt wird. An Orten und in Gesellschaften, in denen das eigene Ansehen mehr zählt als die Würde der Mitmenschen - seien sie nun christlich, muslimisch oder irgendeiner anderen Weltanschauung und eines Wertesystems zugehörig, die ihnen vorschreiben, wie sie zu denken und zu handeln haben - kann man es sich nun mal nicht leisten, zu tun und zu sagen, was man will, wenn man Mitglied der Gemeinschaft bleiben will. So verschiebt sich in diesem Film ein ums andere Mal bei mehreren Personen der Status von Opfer und Täter: ein junger Mann mit langen Haaren wird bedrängt, diese abzuschneiden, wird aber in Ruhe gelassen, sobald er den homosexuellen Hauptcharakter des Films beschimpft; dessen Mutter wird die "Verfehlung" ihres Sohns vorgeworfen, worauf sie sich damit rechtfertigt, sie habe ihn so heftig sie nur konnte geschlagen, um ihm das auszutreiben (ohne in Betracht zu ziehen, dass sie damit erst recht Schaden bei ihm anrichten könnte); eine Witwe wird gemieden, weil sie nach Auffassung ihrer Umgebung nicht angemessen trauert und ihr geistig zurückgebliebener Sohn ist als "Dorftrottel" die Lachnummer des Ortes, benimmt sich aber selbst ekelhaft gegenüber einem Bauernmädchen, das als Hure verschrien ist (wohl, weil ihm sein Umfeld das in den Kopf gesetzt hat).

            Abram, der Homosexuelle, und Hannelore, die Hure, sind es schließlich, die am untersten Ende der Pyramide stehen und, von ihrem Umfeld dazu gedrängt, ihre Leben gegenseitig zerstören, obwohl sie eigentlich Zuneigung füreinander empfinden. Das Ende des Films ist letztlich kein gutes für sie und den Zuschauer, wohl aber für die restlichen Dorfbewohner, die nun, da die Störfaktoren verschwunden sind, ein Fest feiern und sich wieder ihrem gemächlichen Leben widmen. Zumindest solange, bis das nächste Opfer auftaucht. Schöner und zugleich niederschmetternder kann man wohl kaum ein Anti-Happy-End inszenieren.

            "Jagdszenen aus Niederbayern" prangert dabei zwar die Diskriminierung Homosexueller und promiskuitiv lebender Frauen an, ist jedoch kein Film, der sich allein diesen Themen widmet. Er verlegt es, wie gesagt, auf eine allgemeinere, universelle Ebene. Im Grunde sieht man hier im kleinen Maßstab, wie Massen in eine zerstörerische Richtung gelenkt werden können, die sie auf alles losgehen lässt, was sie als Bedrohung des "status quo" wahrnehmen. Ebenso wird die Scheinheiligkeit moderner Gesellschaften offengelegt, die sich als moralisch integer präsentieren, aber letztlich auch nur zu verstecken versuchen, dass der Mensch immer noch des Menschen Wolf ist.

            Diese Offenlegung der vorgeblichen "heilen Welt" des Heimatfilms gefiel zur Premiere des Films im niederbayerischen Landshut so einigen nicht (die sich teilweise schlichtweg daran störten, dass der Titel des Films ihrer Meinung nach nicht zum Inhalt passte) und sorgte gar für einen handfesten Skandal, der in vielen erbosten Leserbriefen und einer - letztlich gescheiterten - Initiative des Landshuter Stadtrats gipfelte. Was dabei jedoch vor allem deutlich wurde, war die Intoleranz und Kunstfeindlichkeit der betreffenden Empörten, die in der noch recht jungen Bundesrepublik viele Ansichten aus der braunen Vergangenheit weiterhin mit sich trugen. Und dass Peter Fleischmann definitiv einen Nerv getroffen hatte und seine Botschaften als bestätigt ansehen konnte.

            Daneben sollte aber auch noch erwähnt werden, wie toll der Film gespielt ist. Fleischmann besetzte in seinem Werk sowohl aufstrebende und erfahrene Film- und Theaterschauspieler als auch Laien aus dem Dorf Unholzing in Niederbayern. Martin Sperr, Autor der Theatervorlage, übernahm dabei selbst die Hauptrolle des Abram. Und mit Angela Winkler ("Die verlorene Ehre der Katharina Blum") als verwahrlostes Bauernmädchen Hannelore, das seinen Körper verkauft, um sich zu ernähren, sowie Hanna Schygulla (u.a. "Die Ehe der Maria Braun", "Lili Marleen", "Berlin Alexanderplatz") als tratschende Fabrikarbeiterin finden sich hier zwei außerordentliche Charakterdarstellerinnen in ihren ersten Filmrollen. Beide konnten hiermit erstmals auf sich aufmerksam machen und empfahlen sich damit für Werke von Volker Schlöndorff und Rainer Werner Fassbinder. Neben dem unmittelbaren Schauspiel sorgt außerdem der starke Dialekt, in dem die meisten Filmfiguren reden, für große Authentizität.

            "Jagdszenen aus Niederbayern" war zu seiner Zeit ein mutiger Film (man sollte bedenken, dass homosexueller Geschlechtsverkehr erst kurz zuvor noch strafbar gewesen war) und ein unbequemes Werk, das heute jedoch aktueller denn je ist. Ein zeitloser Film, den jeder einmal gesehen haben sollte.

            12
            • 7 .5

              "Nie Mehr Ohne Dich" bzw. "My Last Day Without You" ist eine kleine, nette Liebeskomödie mit einem gut harmonierenden Leinwandpaar. Diese deutsch-amerikanische Coproduktion kann zwar, was ihre Handlung betrifft, kaum Überraschungen bieten und ist auch nicht sonderlich originell inszeniert, bemüht sich aber um eine realistische Erzählung und profitiert vor allem von den sehr guten Schauspielleistungen. Dass der Film hier so schlecht ankommt, finde ich dann doch ziemlich ungerecht.
              Ken Duken in seinem bisher erst zweiten amerikanischen Film nach seinem Kurzauftritt in "Inglourious Basterds" gibt den zunächst unsympathischen, karrierebewussten Hauptcharakter, der im Verlauf eines einzigen Tages eine große Wandlung durchmacht. Nicole Beharie als lebenslustige junge Sängerin, die seinen Weg kreuzt, liefert eine sehr glaubhafte Performance ab und stellt nebenbei noch ihr Gesangstalent unter Beweis. Sie singt so gut, dass man sich zwangsläufig fragt, warum sie bisher neben ihrer Schauspiel- nicht auch eine Karriere im Musikgeschäft angestrebt hat. Als dritten einigermaßen bekannten Namen im Cast hat man den 2018 viel zu früh verstorbenen Reg. E. Cathey (u.a. "The Wire", "House Of Cards") verpflichten können, der als Beharies Filmvater, ein gut aufgelegter Pastor, viel Charisma mitbringt. Auch bei den unbekannteren Nebendarstellern kann man sich im Grunde nicht beschweren.
              Die Handlung ist, wie gesagt, recht vorhersehbar, die Inszenierung ziemlich standardmäßig und auch die Dialoge nicht sonderlich einfallsreich. Dafür harmonieren Duken und Beharie einfach perfekt und es macht schlicht Spaß, ihnen dabei zuzusehen, wie sie sich langsam näherkommen. Allein die Szene, in der Duken ihr "Der Mond ist aufgegangen" (auch im O-Ton auf deutsch) vorsingt, lohnt schon die Sichtung.
              Zudem bietet der Film ein paar wirklich schöne Ansichten von New York und der gefühlvolle, R'n'B-lastige Soundtrack mit fünf Liedern, bei denen Nicole Beharie selbst singt, ist wirklich über dem Durchschnitt anzusiedeln und bleibt im Kopf. Und die zum Ende vermittelte Botschaft, dass man nicht immer nur an sich denken, sondern auch mal was riskieren sollte, ist auf jeden Fall sehr sympathisch.
              Nein, ich schäme mich überhaupt nicht, zuzugeben, dass ich diesen Film für ein besonders starkes Werk in seinem Genre halte. Vielleicht bin ich aber auch nur zu sehr in Nicole Beharie verliebt. ^^

              11
              • 6 .5

                Recht klischeehaftes, aber sehr gut gespieltes Biopic über eine amerikanische Baseball-Legende.
                "42" behandelt den Aufstieg von Jackie Robinson, dem ersten afroamerikanischen Spieler in der Major League Baseball, und die Hindernisse, die sich ihm in der von Rassismus geprägten Gesellschaft der 1940er Jahre in den Weg stellten. Dabei ist dieses Werk übrigens nicht die erste Hollywood-Filmbiographie über Robinson: bereits 1950 entstand selbige mit "The Jackie Robinson Story", in der sich dieser kurzerhand selbst spielte. Vergleiche ziehen kann ich hier leider nicht, da ich die frühe Verfilmung noch nicht kenne. In Amerika ist diese jedoch, soweit ich weiß, ein anerkannter Klassiker des Sportfilms. Dass dieses Werk hier einen derartigen Status erreichen wird, erscheint mir dagegen eher zweifelhaft.
                Das Drehbuch ist viel zu uninspiriert und klischeehaft, sodass einen an der Geschichte praktisch nichts überraschen kann. Unoriginelle Dialoge und eine nie über den Durchschnitt hinauskommende Inszenierung schmälern bei einer Laufzeit von über zwei Stunden zusätzlich das Vergnügen. Der Film hat leider ziemliche Längen und kann nur selten Spannung aufbauen. Dazu kommt, dass er nur eine oberflächliche Darstellung der amerikanischen Rassismus-Problematik bietet und die wirklich kontroversen Fragen umschifft. Zugegeben, von einer Mainstream-Produktion des liberalen Hollywood kann man auch nicht wirklich mehr erwarten. Schließlich will man es sich als Geldgeber ja nicht mit seinem Publikum verscherzen. Diese Mutlosigkeit stört dennoch.
                Was dafür aber positiv im Gedächtnis bleibt sind die Leistungen des ausnahmslos richtig starken Casts. "Black Panther" Chadwick Boseman ist in der Hauptrolle als ebenso ungestümer wie von Selbstzweifeln geprägter junger Sportler mehr als überzeugend. Besonders beeindrucken kann aber Harrison Ford als sein Mentor, der kauzige Team-Manager Branch Rickey. Ford spielt hier richtig auf, zumal ihm an dieser Rolle, anders als an denen, mit welchen er bekannt wurde, wirklich etwas gelegen zu haben scheint. In weiteren Rollen sind zahlreiche andere versierte Darsteller zu sehen, fast ausnahmslos als real existierende wichtige Persönlichkeiten der amerikanischen Baseball-Geschichte, u.a. der durch "Law & Order: Special Victims Unit" bekannte Christopher Meloni als Robinsons Coach, André Holland ("Moonlight") und Alan Tudyk als weitere Spieler (wobei letzterer einen rassistischen Gegner Robinsons darstellt), die tolle Nicole Beharie als Freundin und spätere Ehefrau des Hauptcharakters (selbige Rolle wurde in der ersten Verfilmung übrigens von der großartigen Ruby Dee gespielt; Beharie und Boseman standen zuvor, nebenbei erwähnt, schon in einem anderen Sportler-Biopic gemeinsam vor der Kamera, nämlich "The Express: The Ernie Davis Story" über den gleichnamigen afroamerikanischen Footballspieler) und John C. McGinley als gewitzter Kommentator Red Barber. Definitiv alle sind hier nur zu loben.
                "42" - was sich übrigens auf Robinsons Spielernummer bezieht - kann dazu mit einer erlesenen Kameraarbeit von Don Burgess (u.a. "Forrest Gump", "Cast Away", "Spider-Man") punkten, der packende Baseballszenen einfängt. Auch die orchestrale Filmmusik von Mark Isham (u.a. "Gefährliche Brandung", "Blade", "Nell" und ebenfalls "The Express") ist überdurchschnittlich und wartet mit einigen schönen Melodien auf, wenngleich sie vielleicht manchmal etwas zu pathetisch daherkommt. Kevin McNulty ("Scream 4", "The Master") liefert beim Schnitt ebenfalls mehr als ordentliche Arbeit ab.
                In handwerklicher Hinsicht ist "42" damit definitiv in der obersten Liga angesiedelt, um mal die Analogie zum Sport zu ziehen. Nur hapert es eben bei der wichtigsten Position: Regisseur und Drehbuchautor Brian Helgeland ("Payback", "Ritter Aus Leidenschaft", "Legend") war wohl der falsche Mann für den Stoff. Er schafft es leider kaum, aus einem nur guten Film einen richtig mitreißenden zu machen. Schade. "42" ist somit definitiv ein schöner Sportfilm geworden, man hat jetzt aber auch nicht unbedingt was verpasst, wenn man ihn nicht gesehen hat.

                9
                • 8

                  Jörg Buttgereits fünf Jahre nach seinem Debüt gedrehte Fortsetzung zu diesem ist ein zwar thematisch ähnlicher, inszenatorisch aber ganz anderer Film geworden. Gegenüber der trashigen Low-Budget-Ästhetik des ersten "Nekromantik" findet sich im zweiten Teil ein wesentlich professionellerer Produktionsaufwand, was schon zu Beginn deutlich wird, wenn fließende Kamerafahrten und ruhige Close-Ups eine Abkehr von der Wackelkamera des während des Vorspanns noch einmal gezeigten Finales des Vorgängers formulieren. Dabei war das Budget laut Buttgereit in Wirklichkeit kaum höher als das vom ersten Teil, er und seine - größtenteils identische - Crew hatten nur in der Zwischenzeit ihre Kenntnisse im Filmemachen erweitert und ihre Fähigkeiten verbessert. Vor allem auch dank des zwischen den beiden Werken entstandenen Episodenfilms "Der Todesking".

                  Dazu kommt, dass sich im zweiten Teil viel mehr Schauplätze finden, was dem zwischenzeitlichen Zusammenbruch der DDR und der folgenden deutschen Wiedervereinigung zu verdanken war. Dadurch war es dem Filmteam möglich, erstmals in Ostberlin und Umgebung zu drehen. Der Film sieht somit teurer aus, als er eigentlich ist. In ästhetischer Hinsicht kommt dazu ein recht farbenfrohes Szenenbild, das im krassen Gegensatz zur eher reduzierten Farbpalette des ersten Teils steht. Und zuletzt bewegt sich auch das Schauspiel auf einem gänzlich anderen Niveau. Hauptdarstellerin Monika M. als nach außen hin schüchterne Frau mit makabrem Geheimnis zieht einen mit ihrer charismatischen Präsenz von Anfang an in ihren Bann und stellt in einer surrealen Traumszene auch ihr Gesangstalent unter Beweis. Punk-Urgestein und Techno-Produzent Mark Reeder, der mit Buttgereit schon beim "Todesking" zusammengearbeitet hatte, ist als ihr ahnungsloser Love-Interest ebenfalls überzeugend. Ihm als Briten gelingt es zudem ziemlich gut, seinen Akzent zu verstecken, wenngleich im Film ohnehin nicht viel gesprochen wird.

                  Buttgereit lässt hier mehr die Bilder sprechen. "Nekromantik 2" entfaltet Szenen von melancholischer Ruhe und Sentimentalität, welche jedoch immer wieder durch zuweilen recht ekelerregende Ansichten von Körperlichkeit unterlaufen werden. Denn die Thematik ist dieselbe geblieben wie beim ersten Teil: die Liebe zu Leichen und das damit einhergehende Entfremden von den Mitmenschen. Dies kulminiert schließlich in einem drastisch expliziten Finale, in dem Schrecken und Schönheit, Eros und Thanatos sich jedoch letztlich versöhnlich vereinen. Im Grunde ist es ein Blick in die kranke Psyche eines mörderischen Subjekts, das nur in diesem Fall weiblich und nicht, wie zumeist in der Filmgeschichte, männlich ist.

                  "Nekromantik 2" ist so ein Drama mit Thriller- und Horror-Elementen im Gewand eines Arthouse-Films. Wobei sich immer wieder mal mehr, mal weniger humorvolle Anspielungen auf den Vorgänger finden. So gibt es beispielsweise auch hier eine Szene mit Meta-Ebene, in der sich die Hauptfigur selbst einen Kinofilm ansieht (und in der Jörg Buttgereit wieder ein Cameo als Kinobesucher hat). Beim Film-im-Film handelt es sich diesmal allerdings nicht um einen trashigen Slasher, sondern einen Kunstfilm in Schwarzweiß (ebenfalls von Buttgereit selbst gedreht), in dem ein nacktes Paar beim Frühstücken zu sehen ist, wobei der Mann (dargestellt von Wolfgang Müller, einem ehemaligen Mitglied der damals schon aufgelösten Künstlergruppe Die Tödliche Doris) ausgiebig über Vögel schwadroniert. Der Film-im-Film könnte dabei sogar glaubwürdig als echter Vertreter seines Genres durchgehen. Auch in der Hinsicht hat sich sozusagen der Anspruch vom ersten "Nekromantik" weiterentwickelt.

                  Zuletzt zeigt sich dieser Anspruch auch bei der Musik, die zwar größtenteils Themen aus dem Score des ersten Teils wiederverwendet, diese jedoch teilweise aufwendiger arrangiert und variiert. Einige der neuen Themen, für die hauptsächlich Mark Reeder verantwortlich war, erinnern dabei an die Goblin-Soundtracks zu Dario Argentos Filmen oder an elektronische Kompositionen von Tangerine Dream.

                  Trotz all seiner Sentimentalität und Atmosphäre schlägt der Film aber, wie erwähnt, auch sehr auf den Magen und ist daher defitinitiv nicht für jeden geeignet. Am verstörendsten geriet dabei, wie schon beim ersten Teil, eine semidokumentarische Tiersnuff-Szene. Konnte man beim ersten Teil der Schlachtung eines Kaninchens beiwohnen, so wird diesmal gezeigt, wie Robben aufgeschlitzt und ausgeweidet werden.

                  Was zur Veröffentlichungszeit von "Nekromantik 2" aber vor allem die Gemüter erhitzte, war der auch schon erwähnte heftige Schlussakkord, der fast eine Beschlagnahme des Films und seines, zuvor in Deutschland noch recht unbekannten, Vorgängers zur Folge hatte. Dabei überschritten die zuständigen Behörden sogar ihre Kompetenz und wanden richtiggehend Stasimethoden an. Buttgereit konnte die Beschlagnahme jedoch letztlich durch ein Gutachten abwenden, das seinen Film zur Kunst erklärte, auch wenn er selbst diesen nicht als solchen ansah (da stimme ich ihm übrigens nicht zu, denn für mich ist absolut jeder Film eine Form von Kunst; aber gut, Kunst an sich definiert auch jeder anders). Sieht man den Film heute, erscheint der damalige Aufruhr natürlich mehr als lächerlich, zumal die vereinzelten Splatterszenen bei weitem nicht so drastisch gerieten wie in anderen Werken und eine Gewaltverherrlichung neim besten Willen nicht erkennbar ist (und selbst wenn - es ist idiotisch zu glauben, man würde nur durch den Konsum gewalthaltiger Medien selbst gewalttätig, aber das scheint bei gewissen Behördenvertretern immer noch nicht angekommen zu sein).

                  Jörg Buttgereit, bis heute einer von Deutschlands eigenwilligsten Filmemachern, sollte mit "Nekromantik 2" seinen Bekanntheitsgrad jedenfalls letztlich noch weiter vergrößern und sich in Zukunft noch als Dokumentarfilmer, Hörspielproduzent, Comic- und Sachbuchautor sowie Musikvideo- und Theaterregisseur betätigen.

                  Mit der Fortsetzung seines radikalen Debüts ist ihm ein vielleicht konventionellerer, aber auch viel beeindruckenderer, besser gespielter und atmosphärischer Film gelungen, der noch lange im Gedächtnis bleibt.

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                  • 10

                    Was für ein Meisterwerk!

                    Mit "The Lighthouse" hat Robert Eggers ("The Witch") einen der besten Filme des Jahres geschaffen! Aus einer recht simplen Geschichte mit begrenztem Schauplatz um zwei Leuchtturmwärter, die auf einer abgelegenen Insel schleichend wahnsinnig werden und sich einen erbitterten Psychokrieg liefern, holt er hier, gemeinsam mit einem herausragenden Leinwandduo, das Maximum an Spannung und Atmosphäre heraus. Inszenatorisch kommt sein zweiter Film dabei als Hommage an die Anfänge der Filmgeschichte daher: gedreht im fast quadratischen 1,19:1-Format, in kontraststarkem Schwarzweiß und mit nur wenigen Dialogen sowie hauptsächlich Natur- und Umgebungsgeräuschen auf der Tonspur, könnte "The Lighthouse" fast ein früher Stummfilm sein, der in der Zeit gedreht wurde, in der seine Handlung angesiedelt ist. Und im Grunde hätte man ihn auch komplett als solchen veröffentlichen können, mit Texttafeln statt gesprochener Sprache, was sicher auch eine interessante Erfahrung gewesen wäre.

                    Wobei man als Zuschauer dann aber auch nur zur Hälfte in den Genuss der großartigen Schauspielleistungen der beiden Hauptdarsteller käme. Denn was Robert Pattinson und Willem Dafoe hier vom Stapel lassen, muss man einfach gesehen und gehört haben. Pattinson als wortkarger Grünschnabel im Beruf des Leuchtturmwärters, unter dessen schweigsamer Oberfläche es jedoch brodelt, dürfte es hiermit wohl endgültig gelingen, sein "Twilight"-Image abzustreifen. Und Dafoe fügt seiner ohnehin schon beachtlichen Filmographie mit seiner Rolle in diesem Film ein weiteres Glanzstück hinzu. Als Pattinsons erfahrener Vorgesetzter auf der Leuchtturminsel wechselt er dabei zwischen einem sadistischen Tyrann, einem väterlichen Freund, einem vulgären Säufer und einem hilflosen verwirrten Greis, oft genug sogar in derselben Szene, und stellt damit einmal mehr auf beachtliche Weise seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Wenn sich beide dann im letzten Drittel des Films schließlich in ausgiebigen Monologen gegenseitig an den Kopf werfen, was sie voneinander halten, sitzt man sprachlos vor der Leinwand. Das ist wirklich ganz großes Schauspielkino.

                    Zudem tritt dadurch auch eine Meta-Ebene zutage: wenn Pattinson Dafoe ein "wandelndes Klischee" oder sinngemäß ein lebendes Fossil nennt und dieser ihn umgekehrt mit einer verwöhnten, abgehobenen Diva vergleicht, könnte man das auch auf das öffentliche Bild der beiden Schauspieler, bzw. allgemein das gegenseitige Ansehen von Darstellern oder allgemein Leuten aus derselben Branche aus unterschiedlichen Generationen beziehen.

                    Überhaupt bietet der Film viel Interpretationspotenzial. Neben dem erwähnten Generationenkonflikt können auch Alkoholismus, materieller Neid, unterdrückte Homosexualität, verdrängte Schuld, männliche Aggression und schlicht Vereinsamung durch die extreme Abgeschiedenheit als Ursachen für die Eskalation im letzten Filmdrittel angesehen werden. "The Lighthouse" verweigert sich dabei jedoch einfachen Antworten und lässt vieles offen. Darunter auch, ob sich die besonders surrealen Szenen in der Realität oder nur der Einbildung von Pattinsons Charakter abspielen. Oder gar die gesamte Handlung nur seiner Fantasie entspringt, wie es Dafoe in einer Szene andeutet.

                    Das intelligente Drehbuch, welches von Robert Eggers gemeinsam mit seinem Bruder Max verfasst wurde, bezieht seine Inspiration dabei aus den verschiedensten Quellen. Ursprünglich begann es als lose Adaption von Edgar Allan Poes letzter, unvollendet gebliebener Kurzgeschichte "The Light-House", entwickelte sich dann jedoch zu etwas völlig Eigenständigem, das Versatzstücke aus Werken anderer Autoren, die über die Meere und das Seemannsleben schrieben, verwendet, wie Samuel Taylor Coleridge, Robert Louis Stevenson und - natürlich - Herman Melville. Als Referenz für den Seemannsdialekt diente die Literatur der in Maine ansässigen, zur Zeit der Handlung lebenden Autorin und Dichterin Sarah Orne Jewett. Laut Eggers war zudem ein realer Zwischenfall, der sich Ende des 19. Jahrhunderts auf einer Leuchtturminsel nahe Wales ereignete, eine Quelle der Inspiration. Dazu finden sich auch zahlreiche Verweise auf die griechische Sagenwelt, von den obligatorischen Meeresgottheiten und -wesen bis zum Prometheus-Mythos, der auch sinnbildlich für die komplette Handlung stehen könnte. Außerdem ist eine gewisse lovecraft'sche Atmosphäre nicht zu leugnen, die im immer deutlicher zutage tretenden Wahnsinn der Hauptfiguren und ihrer Ausgeliefertheit gegenüber den Naturgewalten und dem ins Göttliche entrückten Leuchtfeuer deutlich wird. Schließlich lassen sich auch noch gewisse Reminiszenzen an Stanley Kubricks Verfilmung von Stephen Kings "Shining" ausmachen, was möglicherweise auch kein Zufall ist, stammt doch King ebenfalls aus Maine.

                    Zu dieser raffinierten und einfallreichen Erzählung kommt dazu eine phantastische Fotografie. Kameramann Jarin Blaschke, mit dem Eggers schon bei "The Witch" zusammenarbeitete, gelingt es, die Trostlosig- und Lebensfeindlichkeit, aber auch Monumentalität und Schönheit der felsigen Insel und des sie umgebenden windgepeitschten Meeres in atemberaubenden Aufnahmen einzufangen. Auf der Tonspur untermalen unheilvoll wabernde atonale Orchesterklänge und markerschütternde Drone-Sounds (am prominentesten die allgegenwärtige dröhnende Leuchtturmsirene) passend die zunehmende Zermürbung der beiden Männer.

                    Mit nur wenig Schauplätzen und einem sehr kleinen Cast - der außer dem Leinwandduo nur aus einigen wenigen Statisten am Anfang sowie dem moldawischen Model Valeriia Karaman, die als betörende Sirene in Pattinsons (vorgeblichen?) Halluzinationen auftritt, besteht - dafür aber absoluten Könnern auf jedem Gebiet der Filmproduktion ist Regisseur und Drehbuchautor Robert Eggers hiermit ein absolut eindringliches Werk gelungen, das lange nachhallt. Ansehen!

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                    • 6

                      Ein heißes Eisen war es, an das sich Jörg Buttgereit in seinem Spielfilmdebüt heranwagte: sein Film handelt von der Liebe zu Leichen. Aber Berührungsängste zu makabren und kontroversen Themen waren bei ihm offenbar noch nie viele vorhanden, weswegen er sich mit ein paar Freunden im Jahr 1987 zusammentat, um den ersten deutschen Film über Nekrophilie zu drehen.

                      "Nekromantik", der schon in der Wortneuschöpfung in seinem Titel zwei gegensätzliche Konzepte vereint, verwendet dabei Elemente der verschiedensten Genres. Die tragisch verlaufende Handlung rückt ihn in die Nähe eines Dramas, die gelegentlichen Gewaltausbrüche und einige düstere Szenen passen mehr zu einem Thriller oder Horrorfilm und gegentlich zeigt "Nekromantik" durch makabren Witz auch Aspekte einer schwarzen Komödie. Besonders daran ist auch, dass die kontroverse Thematik vollkommen nüchtern und vorurteilsfrei angegangen und die - eigentlich als psychische Störung einzuordnende - sexuelle Neigung der Nekrophilie als vollkommen alltäglich dargestellt wird.

                      Negativ ins Gewicht fällt, dass es sich hierbei nun mal um eine Amateurproduktion handelt und sich Schauspiel und Dialoge fast durchgängig auf derartigem Niveau bewegen. Was, wie Jörg Buttgereit im Audiokommentar und Interviews erklärte, auch darauf zurückzuführen war, dass sich Hauptdarsteller Daktari Lorenz (der teilweise auch für die Filmmusik verantwortlich zeichnete) während der Dreharbeiten zunehmend vom Werk distanzierte und den fertigen Film nach der Premiere als - sinngemäß - "einen Haufen Scheiße" bezeichnete. Zudem konnten sich er und seine Leinwandpartnerin Beatrice Manowski in Wirklichkeit nicht ausstehen, weshalb die einzige ansatzweise glaubwürdige Szene zwischen beiden die ist, in der sie sich zerstreiten.

                      Auch die teils recht drastischen Splattereffekte können nur gelegentlich überzeugen. Außerdem kommt noch dazu, dass sich der Film trotz seiner geringen Laufzeit von nur 68 Minuten mitunter ziemlich zieht. Vollkommen unnötig sind beispielsweise die Szenen, in denen zu sehen ist, wie Leute ihr Leben verlieren, deren Körperteile oder komplette Leiche später vom Protagonisten zweckentfremdet werden, da sie absolut keine Rolle für die Handlung spielen und noch nicht einmal sonderlich witzig oder blutig geraten sind. Dem Film mangelt es insgesamt an Spannung, zumal auch die Hauptfiguren nicht sonderlich sympathisch dargestellt werden.

                      Was hängenbleibt, sind aber einige surrealistische Traumszenen (inklusive einer On-Screen-Schlachtung eines Kaninchens, die richtig in die Magengrube trifft), das geradezu comichaft überzeichnete Ende und Ausschnitte aus einem amüsanten, dilettantisch gemachten Slasher als Film-im-Film, den sich die Hauptfigur ansieht. Auch die, zwar teilweise etwas stumpfe, aber insgesamt doch recht atmosphärische Filmmusik weiß zu gefallen.

                      "Nekromantik" konnte aufgrund seines Tabuthemas gerade außerhalb Deutschlands einen großen Kultstatus aufbauen (beispielsweise ließen sich Slash von Guns 'n' Roses und Lars Ulrich von Metallica in Fanshirts ablichten und die bekannte dänische Horrorpunkband Nekromantix benannte sich nach dem Titel des Streifens), aber für mich persönlich wird er diesem nicht gerecht. Dafür hat der Film zu viel Leerlauf und ist zu unbeholfen inszeniert. Dennoch zeigte der junge Jörg Buttgereit (der übrigens auch eine kleine Nebenrolle als einer der Arbeitskollegen des Protagonisten übernahm) hiermit, dass mit ihm als radikalem Genrefilmemacher zu rechnen ist.

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                      • 7

                        Rob Zombies zwei Jahre nach Erscheinen von „Haus der 1000 Leichen“ gedrehte Fortsetzung zu diesem ist zwar weniger durchgeknallt als ihr Vorgänger, aber nach wie vor ein äußerst blutrünstiger und bösartiger Film. Kam sein Debüt noch als eine von Videoclip-Ästhetik geprägte, psychedelische Geister- und Achterbahnfahrt daher, inszenierte Zombie das Sequel als Hommage an Roadmovies und Gangsterfilme der 70er Jahre, allen voran „Bonnie & Clyde“ und „Badlands“. Dementsprechend ist der Regiestil bei „The Devil's Rejects“ wesentlich geerdeter und realistischer. In visueller Hinsicht orientierte man sich dabei erneut an Tobe Hoopers „Texas Chainsaw Massacre“, vor allem, was das Colourgrading betrifft, was dem Film einen dreckigen oder, um es auf Englisch zu sagen, „gritty“ Look verleiht. Zudem arbeitet Zombie hier häufig mit Zeitlupen und Überblendungen sowie Nahaufnahmen von Gesichtern und rückt sein Werk damit auch ein wenig in die Nähe des Westerngenres.

                        Die Hauptbesetzung ist dabei größtenteils dieselbe geblieben: Sid Haig, Robs Ehefrau und Stammschauspielerin Sheri Moon Zombie und Bill Moseley sind in ihren Rollen genauso diabolisch wie im Vorgänger und jagen einem stellenweise richtiggehend Angst ein. Der 2019 verstorbene Sid Haig, welcher trotz einer zu diesem Zeitpunkt schon jahrzehntelangen Karriere wohl mit keiner anderen Rolle so stark assoziiert wird wie der des Captain Spaulding, ist als selbiger dabei noch böser als im „Haus der 1000 Leichen“. Denn in genanntem Film krümmte er den Protagonisten tatsächlich selbst noch kein Haar, sondern lockte sie lediglich in die Arme seiner gestörten Familie. Hier agiert er nun mit dieser zusammen, wobei man auch erfährt, dass es sich bei seinem Charakter um den Vater von Moons Rolle Baby Firefly handelt. Was die restlichen Familienmitglieder betrifft, so ist allerdings nur noch der durch seine enorme Körpergröße bekannt gewordene Matthew McGrory als entstellter Tiny Firefly mit von der Partie. McGrory, für den das hier tatsächlich seine letzte Rolle vor seinem Ableben war – weswegen ihm auch im Abspann gedacht wird – tritt dabei zudem nur am Anfang und am Ende kurz auf.

                        Der Rest der Familie wurde entweder umbesetzt oder gleich ganz aus dem Film gestrichen und spielt ohnehin keine große Rolle für die Handlung. Rufus, im ersten Teil von Robert Allen Mukes dargestellt, wird hier nun von einem anderen ehemaligen Wrestler, Tyler Mane , verkörpert (den Zombie in seinen „Halloween“-Filmen als Michael Myers besetzen sollte), geht aber gleich zu Beginn drauf. Leslie Easterbrook (Debbie Callahan aus den „Police Academy“-Filmen) ersetzt Karen Black als Mama Firefly, ist für den Großteil des Films allerdings in Polizeigewahrsam und kann leider auch nicht so viel Eindruck hinterlassen wie ihre Vorgängerin. Dennis Fimples Charakter des schrägen Grandpa Earl taucht schließlich garnicht mehr auf, da Fimple nach „Haus der 1000 Leichen“ verstarb. Walter Phelan als Mad Scientist „Doctor Satan“ aus selbigem Film wurde ebenfalls entfernt, obwohl Zombie eine Szene mit ihm drehte (in der Rosario Dawson ein Cameo als Krankenschwester und sein letztes Opfer hat), die im Bonusmaterial der DVD und Blu-Ray von TDR zu finden ist. Denn laut ihm hätte er nicht in das tonal völlig gegensätzliche Sequel gepasst – oder um es mit seinen Worten zu sagen: „Dr. Satan in The Devil’s Rejects zu sehen, wäre ungefähr so, als wenn man Chewbacca in Bonnie und Clyde packen würde.“ Kann man natürlich sehen, wie man will, ergibt aber durchaus Sinn.

                        Mit Tom Towles als Lieutenant George Wydell ist allerdings noch ein weiterer Darsteller aus dem „Haus der 1000 Leichen“ auch hier wieder mit von der Partie, wenngleich er nur in einer Traumszene auftritt. Die andere große Hauptrolle des Films hat nämlich William Forsythe (u.a. bekannt aus „Es war einmal in Amerika“, „Boardwalk Empire“ und Zombies „Halloween“-Remake) als dessen gnadenloser Bruder inne, der die Fireflys durch Texas hetzt und dabei nicht minder brutal vorgeht als diese. In weiteren Rollen sieht man noch Horrorikone Ken Foree (der ebenfalls in Zombies „Halloween“ erneut mit ihm zusammenarbeiten sollte) als Spauldings Halbbruder, „Machete“ Danny Trejo und den ehemaligen Wrestler Diamond Dallas Page als Kopfgeldjäger und die allesamt hauptsächlich in TV-Produktionen auftretenden Priscilla Barnes, Geoffrey Lewis, Lew Temple und Kate Norby als Mitglieder der fiktiven Country-Band Banjo & Sullivan, die zu den bemitleidenswerten Opfern der Fireflys werden. Außerdem ließ es sich Zombie, ähnlich wie Quentin Tarantino und Robert Rodriguez, nicht nehmen, bekannte Schauspieler aus 70er- und 80er-Jahre-Filmen in Cameos auftreten zu lassen. So sieht man hier u.a. Porno-Starlet Ginger Lynn, die tolle Deborah Van Valkenburgh (hatte Nebenrollen u.a. in Walter Hills „Die Warriors“ und „Straßen In Flammen“), Michael Berryman (einer der Mutanten aus dem originalen „The Hills Have Eyes“) und „Jason Voorhees“ Kane Hodder in Kurzauftritten. Was die Besetzung an sich betrifft, kann man sich hier definitiv nicht beschweren.

                        Viel mehr Anlass zum Ärger geben dagegen die spannungsarme Handlung und die teilweise ziemlich stumpfen Dialoge. Das Dauergefluche und die ständigen gegenseitigen Beleidigungen zehren mit zunehmender Laufzeit eher an den Nerven, als dass sie unterhaltsam sind (wobei sich mir zwangsläufig die Frage stellte, wie diese dysfunktionale Familie es überhaupt so lange miteinander aushält, da sie permanent kurz davor zu stehen scheinen, aufeinander loszugehen). Und dann kommt eben noch der schon im Vorgänger vorhandene bedenkliche Nebenaspekt hinzu, gestörte Psychopathen zu Identifikationsfiguren zu machen. Hier tritt er sogar noch deutlicher zutage, denn die unschuldigen Opfer der Fireflys werden kaum charakterisiert und praktisch schon kurz nach ihrer Einführung im Film erniedrigt, gequält oder gleich umgebracht. Dazu kommt, dass der Vertreter des Gesetzes, der die Mörder verfolgt, ähnlich wie in Oliver Stones „Natural Born Killers“, kaum sympathischer als diese dargestellt wird. Und wenn die Fireflys im Showdown des Films selbst zu Opfern und von ihm gefoltert werden, scheint die Inszenierung sogar Mitleid für sie herbeiführen zu wollen, obwohl sie das eigentlich nicht verdienen. Gegen Ende drängt sich gar der Eindruck auf, sie würden heroisiert. Sicher kann man das auch als intelligentes Spiel mit den Sehgewohnheiten des Zuschauers und Denkanstoß sehen, den eigenen Konsum von Filmgewalt zu hinterfragen. Von einer wirklichen Reflektion oder gar Kritik derartiger Inszenierungspraktiken wie beispielsweise in Michael Hanekes „Funny Games“ ist das hier jedoch weit entfernt, da „The Devil's Rejects“ im Gegensatz zu diesem eindeutig auf seine Schockeffekte ausgelegt ist und sie eher zelebriert als sie zu brechen. Es zeugt auch nicht unbedingt von Subtilität, wenn nahezu jeder Filmcharakter ein Arschloch ist und man sich praktisch nur die als Sympathieträger aussuchen kann, auf die sich die Handlung konzentriert.

                        Nun ja, intelligent oder wirklich spannend ist Zombies zweiter Film so zwar nicht geworden, aber als Psychogramm eines gewalttätigen Landes kann er überzeugen. „The Devil's Rejects“ ist eine Reise ins dunkle Herz Amerikas, wo gemeingefährliche Mörder in die Popkultur eingehen und sich die normale Bevölkerung vor der Polizei mindestens genauso in Acht nehmen muss wie vor diesen. Unterstrichen wird das im Film durch Anspielungen auf die Manson Family („I'm the devil and I'm here to do the devil's work!“) und einen bedrückenden Nihilismus, der nahezu sämtliche Szenen dominiert. Verstören kann das Werk auf jeden Fall, zumal es auch nicht arm an drastischen Gewaltausbrüchen ist, welche hierzulande aber überraschenderweise keine Indizierung zur Folge hatten. Die Freigabe ab 18 ist aber dennoch mehr als berechtigt. TDR kann man, zusammen mit seinem Vorgänger sowie James Wans „Saw“ und Eli Roth' „Hostel“, die in etwa im selben Zeitraum entstanden, wohl auch mit als Auslöser des ab der zweiten Hälfte der 2000er einsetzenden „Torture Porn“-Booms sehen.

                        Wobei es ihm aber nicht ganz gerecht wird, ihn nur auf die dargestellte Gewalt und Bösartigkeiten zu reduzieren. Er ist toll fotografiert, die Schauspieler, wie erwähnt, hervorragend und zuletzt weiß auch der zeitgenössische Soundtrack zu gefallen. Hier setzt er sich zusammen aus Liedern von Country- und Southern-Rock-Musikern wie der Allman Brothers Band, Three Dog Night und Lynyrd Skynyrd, die auch alle in der Zeit erschienen, in der die Handlung angesiedelt ist. Der düstere Score von Tyler Bates untermalt die Gewaltszenen auch perfekt.

                        Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass Rob Zombies Zweitling zwar nicht ganz so unterhaltsam wie sein Debüt ist, aber als dreckige und zynische Hommage an ein vergangenes Filmjahrzehnt funktioniert. Durchaus einen Blick wert, wenn auch definitiv nicht für Jedermann.

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                        • 8

                          In seinem ersten Film zeigt Rob Zombie vor allem eines: dass er ein extrem großer Filmkenner ist. Ähnlich wie Quentin Tarantino und Edgar Wright – oder sogar mehr noch als diese – lässt er in seinem Werk quasi die Filmgeschichte Revue passieren. Keine Einstellung, kein Dialog, welche nicht in irgendeiner Weise Zitate aus bekannten Werken vergangener Jahrzehnte sind. Wobei der Schwerpunkt auf Werken aus den 70er Jahren liegt – Zombie inszeniert hier seine eigene Version eines Backwoodslashers. Was als nur eines der zahllosen, vom originalen „Texas Chainsaw Massacre“ abgekupferten Werke beginnt, wird bald zu einem irren Trip, der die Bezeichnung „psychedelisch“ mehr als verdient. Denn neben dem erwähnten TCM stand ein weiterer Film ganz offensichtlich Pate für das „Haus der 1000 Leichen“: Oliver Stones radikale Mediensatire „Natural Born Killers“ (zu der passenderweise Tarantino das Drehbuch lieferte), die ihrerseits stark von Roadmovies der 70er Jahre wie „Badlands“ beeinflusst war, dabei jedoch als völlig chaotische Collage aus den verschiedensten filmischen Stilmitteln daherkam.

                          Und genau so ist auch „Haus der 1000 Leichen“ inszeniert: Schnitte im Sekundentakt, bei denen sich nahezu ständig Schwarz-Weiß und Farbe abwechseln, sehr kontrastreiche Beleuchtung und grelle Farben in letzteren Einstellungen, dazu Überblendungen und Projektionen eines Bildes auf ein anderes. Dazu lassen sich zahlreiche Stilmittel bekannter Regisseure wiederfinden: Split-Screens ähnlich wie in Brian de Palmas Adaption von „Carrie“, eine Einstellung mit doppeltem Fokus, wie sie oft ebenfalls in Filmen de Palmas und Anthony Hickox' auftauchen und ein Vertigo-Effekt, der sehr an Tobe Hoopers und Steven Spielbergs „Poltergeist“ erinnert. Außerdem wirft Zombie noch expressionistische Stummfilme und Black-Metal-Musikvideos in den Mixer, und heraus kommt ein absolut desorientierendes Werk, das mehr mit einem Drogentrip als mit einer kohärenten Erzählung gemeinsam hat. Wofür man allerdings teilweise auch das produzierende Studio verantwortlich machen kann: dieses ließ nämlich ganze 15 Minuten aus dem Film schneiden (wobei es sich bei diesem fehlenden Material laut Rob Zombie tatsächlich weniger um weitere Gewalt-, sondern hauptsächlich um Handlungsszenen handelte), wodurch er wohl noch konfuser und hektischer geriet, als er ursprünglich gedacht war.

                          Damit einher geht auch ein recht bedenkliches Element, das schon in Stones „Natural Born Killers“ auftauchte: nämlich dass die psychopathischen Mörder, von denen der Film handelt, für den Zuschauer eher als Identifikationsfiguren einladen, als ihre unschuldigen Opfer. Was zum Einen eben an der chaotischen Inszenierung liegt, die es einem nicht gerade einfach macht, sich auf bestimmte Charaktere als Sympathieträger zu fokussieren, wodurch - wegen ihrer Omnipräsenz - sich praktisch nur die Antagonisten dafür anbieten. Und zum Anderen daran, dass die eigentlichen Hauptfiguren als nicht wirklich sympathisch bzw. eher unscheinbar dargestellt werden, wogegen die Fireflys beim Zuschauer wesentlich nachhaltigeren Eindruck hinterlassen. Was vor allem dem überdrehten Schauspiel der Darstellerriege zu verdanken ist: der mittlerweile verstorbene Sid Haig als diabolischer Clown Captain Spaulding sowie Rob Zombies damalige Freundin und jetzige Ehefrau Sheri Moon und Bill Moseley (dem Zombie die Rolle wohl dank seiner ähnlich irren Darbietung im zweiten Teil des „Texas Chainsaw Massacre“ auf den Leib schrieb) als sadistisches Geschwisterpärchen Baby Firefly und Otis Driftwood dominieren jede Szene, in der sie auftreten und wirken geradezu bedrohlich überzeugend. Dahingehend überrascht es auch nicht, dass sie im Anschluss einen regelrechten Kultstatus bei Horrorfans erlangten und sich die Sequels hauptsächlich auf sie konzentrieren sollten. Hollywood-Veteranin Karen Black, der vor allem durch Auftritte in Fernsehserien bekannte Dennis Fimple, der durch seine enorme Körpergröße bekannt gewordene Matthew McGrory (die alle drei ebenfalls nicht mehr unter den Lebenden weilen) und der ehemalige Wrestler Robert Allen Mukes treten als restliche Mitglieder der psychopathischen Familie auf, sind dabei jedoch weniger charismatisch. Auch, wenn sich Fimple (für den das hier tatsächlich seine letzte Filmrolle war), redlich Mühe gibt, Moseley und Haig in Sachen absurdem Overacting noch zu übertreffen.

                          Als Opfer der Fireflys sind Rainn Wilson - der sich damals noch am Anfang seiner Karriere befand, mittlerweile aber vielen durch die US-Version von „The Office“ und James Gunns Superhelden Persiflage „Super“ (in dessen „Guardians of the Galaxy“-Filmen passenderweise Rob Zombie kurze Sprechrollen innehatte) bekannt sein dürfte -, Talkshow-Moderator und Stand-Up-Comedian Chris Hardwick (dessen Rollenname auf den berühmten Filmkomponisten Jerry Goldsmith verweist) und die beiden ebenfalls hauptsächlich in TV-Serien auftretenden Erin Daniels und Jennifer Jostyn als obligatorische Scream-Queens zu sehen. Während sie allesamt aber eher farblos bleiben (was wohl auch den Kürzungen von Studioseite geschuldet ist), sind mit dem leider auch schon verstorbenen Tom Towles (der wie Bill Moseley noch in weiteren Projekten Zombies zu sehen war) und dem im Anschluss in Produktionen von Tarantino und Robert Rodriguez' auftretenden Walton Goggins als glücklose Polizisten noch zwei Darsteller dabei, die etwas mehr Eindruck hinterlassen.

                          Wie schon erwähnt macht es einem die chaotische Inszenierung nicht gerade leicht, mit irgendeiner Figur mitzufühlen – völlig gleichgültig, was für abartige Sachen mit ihr passieren. Zumal die farblosen Protagonisten wirklich nur als Kanonenfutter für die grelle Killertruppe herhalten und ansonsten keinerlei Relevanz für die Handlung haben. Dies geht leider zulasten der Spannung, da es einem als Zuschauer so im Grunde egal ist, was mit den Charakteren passiert und die Geschichte an sich, wie erwähnt, eigentlich überhaupt nichts neues bietet. Im absolut wahnwitzigen visuellen Stil des Films liegt aber gleichzeitig auch seine größte Stärke, denn an den detailreichen, farbenfrohen, mal witzigen, mal schönen, oftmals aber recht verstörenden Bildern und optischen Einfällen kann man sich garnicht sattsehen. „Haus der 1000 Leichen“ kommt so fast wie eine Clipshow daher, eine Ansammlung verschiedenster Werbespots und Musikvideos (wobei in diesem Metier ja die Wurzeln des Regisseurs liegen), was durch den treibenden Industrial-Score (für den natürlich ebenfalls Rob Zombie verantwortlich zeichnete) noch unterstrichen wird. Einige dieser fast für sich stehenden Sequenzen wirken in ihrer Befremdlichkeit zwar eher störend als unterhaltend (so zum Beispiel eine Einstellung, in der die Kamera gefühlt minutenlang auf Otis und einem Polizisten verharrt, dem ersterer eine Pistole an den Kopf hält, bis er ihn dann endlich erschießt und eine weitere mit einem wild herumschreienden und gestikulierenden afroamerikanischen Farmer, der im weiteren Verlauf nie wieder auftaucht und dessen Erscheinen ohnehin nur Rätsel aufgibt), insgesamt macht dieser fiebrige audiovisuelle Rausch jedoch ziemlich Laune. Denn eines kann man dem Film definitiv nicht unterstellen: dass er langweilig wäre.

                          Rob Zombies Regiedebüt ist definitiv kein gewöhnlicher Film. Es handelt sich hierbei um einen absolut irren Trip; eine Hommage an das Exploitationkino und das Musikfernsehen, die auf den Zuschauer wirkt wie der Besuch einer völlig schrägen Jahrmarktattraktion, irgendwo zwischen Varieté, Gruselkabinett, Grand-Guignol-Theater, Musical und Metalkonzert. Das Geschehen hat speziell in der zweiten Hälfte mehr mit einem Albtraum als einer schlüssigen Geschichte gemeinsam, entwickelt gerade dadurch aber einen einnehmenden Sog. Trotz manch eigenartiger Regieeinfälle, fehlender Spannung und der, wie erwähnt, eher bedenklichen Fokussierung auf sadistische Mörder schafft es der Film so, über seine gesamte Laufzeit bei Laune zu halten. Filmfans können vor allem auch Freude daran finden, die ganzen versteckten Referenzen ausfindig zu machen und natürlich kommen nicht zuletzt Gorehounds hier auf ihre Kosten. Denn die schon recht zahlreichen, expliziten Gewaltausbrüche gerieten so drastisch, dass nach den Dreharbeiten zwei Jahre lang kein Verleih zu finden war und brachten dem Werk in Deutschland bei Erscheinen prompt eine Indizierung ein, die erst 2018 aufgehoben wurde. Rob Zombies ursprüngliche Version des Films (die bis heute nur auf einigen Festivals gezeigt wurde) wird man hierzulande wohl leider nie zu Gesicht bekommen, aber auch in der verstümmelten Kinofassung bleibt sein Debüt ein Werk, das nachhallt. Im Gegensatz zu späteren Filmen Zombies ist das hier radikales Genrekino, das mehr als eine Sichtung wert ist.

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                          • Und hier nun wieder mein Ranking der neu erschienenen Filme, die ich dieses Jahr im Kino (bzw. auf Computer- oder Fernsehbildschirmen, wenn es sich um Onlinescreener für Festivals handelte) gesehen habe. Wie man wieder deutlich sieht, bin ich wohl nach wie vor ein ziemlich gnädiger Bewerter und weiche oftmals auch vom Konsens ab. Aber dazu stehe ich.
                            Ich würde gerne zu jedem einzelnen Werk noch ausführlicher etwas schreiben, komme aber momentan nicht dazu. Diese Zusammenfassung meines Filmjahres wollte ich euch jedoch nicht vorenthalten.
                            Ich wünsche euch allen schon Mal ein frohes Neues Jahr! Feiert schön! :)

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                            • Gabe666 30.12.2018, 14:03 Geändert 31.12.2018, 12:34

                              Huhu! :)
                              Dachte, ich schreib mal wieder was. Hab wieder etwas Zeit.
                              Coole Idee für 'ne Liste. Ich wollte so eine auch anlegen, bis ich gesehen hab, dass du schneller warst. Dafür hab ich ein paar weitere Beispiele für singende und musizierende Schauspieler/innen:
                              - Kate Micucci (bekannt u.a. aus "Scrubs", wo sie auch schon gesungen hat) und Riki Lindhome bilden zusammen das Comedy-Folk-Pop-Duo Garfunkel & Oates. Ursprünglich fanden sie sich 2007 zusammen, um Lieder für einen Kurzfilm von Lindhome zu komponieren und sind seitdem gemeinsam unterwegs. Hier ihr witzigstes Lied: https://www.youtube.com/watch?v=7pzs0aGu1fU
                              - Und es überrascht mich echt, dass du Jack Black und Kyle Gass noch nicht aufgeführt hast. Die sind ja schon seit 1994 als Tenacious D unterwegs und praktisch DIE musizierenden Schauspieler! JB arbeitete außerdem noch mit den Bands Eagles Of Death Metal und The Lonely Island zusammen und war auf einem Lied auf Dave Grohls Album "Probot" zu hören. KG spielte und sang von 2002-11 in der von ihm gegründeten Band Trainwreck und seit 2013 ist er Frontmann der Kyle Gass Band.
                              - Jetzt noch ein paar Beispiele aus deutschen Landen:
                              - Matthias Schweighöfer sang 2014 ein Lied für den Soundtrack seines Films "Der Nanny" ein und brachte 2017 sein erstes Album raus.
                              - Da du Jan-Josef Liefers erwähnt hast: seine Frau Anna Loos singt seit 2006 in der Band Silly.
                              - Tom Schilling ist auch Sänger seiner eigenen Band; sie heißt Tom Schilling & The Jazz Kids. Mit ihnen ging er auch 2017 erstmals auf Tour.
                              Und zuletzt noch ein prominenterer Name aus Hollywood:
                              - Will Smith ist ja schon dabei. Seine Frau Jada Pinkett Smith ist ebenfalls im Musikgeschäft aktiv. Sie singt seit 2002 in der Nu-Metal-Band Wicked Wisdom.
                              Das wären so die, die ich noch gefunden habe. :)

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                              • Und hier nun meine bisher letzte Hausarbeit, die ich im Fach Medienwissenschaft geschrieben habe. In dem Seminar vom letzten Semester, das den Titel "Female Bodies" trug, ging es um berühmte Frauen sowie das allgemeine Frauenbild in den Medien (es war aber kein feministisches Seminar). Ich suchte mir ein Thema aus, das mich besonders interessiert: weibliche Superhelden.
                                Letztlich konnte ich mich zwar nur auf zwei Beispiele genauer fokussieren, wobei ich mich dem zweiten wohl auch etwas zu ausführlich gewidmet habe (ich bin eben ein Fan!), habe diese aber ernsthaft untersucht und auch eine sehr gute Note darauf bekommen. Möglicherweise werde ich das Thema auch für meine Bachelorarbeit verwenden und weiter ausbauen.
                                Zu erwähnen ist, dass "Avengers: Infinity War" zum Zeitpunkt der Niederschrift noch nicht in den Kinos gestartet war, weshalb ich auf den Film nicht eingehe.
                                Ich hoffe, euch gefällt mein Text auch. :)

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                                • Hier eine weitere Hausarbeit. Diese habe ich dieses Jahr für ein interdisziplinäres Hauptseminar verfasst, das für Medienwissenschaft- und Kriminologiestudenten angeboten wurde. Thema war Gewaltdarstellung in Filmen, wobei sich auf Filme aus und über den Kulturraum des sogenannten "Greater Middle East" (also die muslimischen Staaten Zentralasiens und Nordafrikas) fokussiert wurde. Diese Arbeit ist meine bisher umfangreichste. Sie wurde noch nicht benotet, aber ich habe ein sehr gutes Gefühl. Ich hoffe, euch gefällt sie auch.
                                  Dabei muss natürlich eine Spoiler-Warnung an die ausgesprochen werden, die den Film noch nicht gesehen habe, denn ich gehe hier wirklich extrem ins Detail.

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                                  • In letzter Zeit kam ja lange nichts mehr von mir. Für Filmbesprechungen fand ich in den letzten Monaten durch mein intensiver gewordenes Studium nur wenig Zeit und, offen gestanden, fehlte auch die Motivation. Diese Seite habe ich tatsächlich schon länger nicht mehr besucht. Und ich denke leider auch nicht, dass ich allzu bald wieder regelmäßig hier schreiben werde.
                                    Allerdings möchte ich wieder einige meiner Hausarbeiten, die ich in Seminaren zu Filmen geschrieben habe, mit euch teilen. Den Anfang macht diese hier, die ich in einem Seminar verfasst habe, das vom bekannten Filmwissenschaftler Dr. Marcus Stiglegger an meiner Uni veranstaltet wurde, geschrieben habe. Das Thema waren emotionale Inszenierungstechniken im Film. Wir sollten uns eine Szene aussuchen, die einen besonders starken emotionalen Eindruck auf uns hatte und sie analysieren. Ich habe mir natürlich eine aus meinem absoluten Lieblingsfilm genommen, die mich damals im Kino fast zum Heulen gebracht hätte. Nach dem Lesen könnt ihr das hoffentlich nachvollziehen. :)
                                    Viel Spaß!

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                                    • Tolle Liste! Müsste aber mal aktualisiert werden:
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                                      - "Star Trek": 13 insgesamt, das Reboot (nicht Remake) bekam eine weitere Fortsetzung
                                      - "Freitag der 13.": Ist mit dem Spin-Off das Crossover mit "Nightmare" gemeint? Außerdem gab's noch ein Remake. Also insgesamt 12 Filme mit Jason (lustigerweise noch keine 13).
                                      - "Hellraiser": Dieses Jahr erschien der 10.
                                      - "Harry Potter": Dieses Jahr kommt die Fortsetzung zu "Phantastische Tierwesen" raus.
                                      - "Halloween": Demnächst erscheint eine weitere Fortsetzung, die an Teil 2 anknüpfen und alle anderen Filme ignorieren soll.
                                      - "Star Wars": Die Spin-Offs sind mittlerweile erschienen (wobei man die beiden "Ewoks"-Filme, den "Clone Wars"-Kinofilm und das "Holiday-Special" mit dazuzählen könnte) und Episode VIII ist auch so gut wie fertig.
                                      - "Fast & Furious": Es gibt schon 8.
                                      - "Saw": Da sind's auch schon 8.
                                      - "Rocky": Mit "Creed" erschien gewissermaßen ein Spin-Off.
                                      - "Wrong Turn": Sind mittlerweile 6.
                                      - "Tremors": Auch schon 6.
                                      - "Mission Impossible": Der 6. kommt dieses Jahr raus.
                                      - "Alien": Sind mit "Spin-Off + Fortsetzung" die "Alien Vs. Predator"-Filme oder "Prometheus" und "Alien: Covenant" gemeint? Damit kommt man jedenfalls auf 8 Filme.
                                      - In dem Zusammenhang könnte man "Predator" in die Liste mit aufnehmen. Dieses Jahr erscheint der 4. Film und mit den erwähnten Crossovern kommt man da auch auf 6.
                                      - "Fluch Der Karibik": Mittlerweile sind's 5.
                                      - "Ice Age": Ebenfalls.
                                      - "X-Men": Da kommt mittlerweile so einiges zusammen. Zwei Trilogien, die aufeinander aufbauen, mittlerweile drei Spin-Offs mit Wolverine und die beiden "Deadpool"-Filme. Außerdem erscheinen nächstes Jahr mit "Dark Phoenix" eine weitere Fortsetzung der Hauptreihe und mit "New Mutants" noch ein Spin-Off. Also insgesamt 13 Kinofilme.
                                      - "Sharknado": Sind schon 5.
                                      - "Transformers": Leider auch schon 5, außerdem sind Spin-Offs geplant.
                                      - "Jurassic Park/World": Mit "The Fallen Kingdom", der gerade im Kino läuft, ebenfalls 5.
                                      - "Leprechaun": Da gibt es auch ein Remake, also mittlerweile 7.
                                      Weitere langlebige Filmreihen, die du noch aufnehmen könntest, wären "Chucky" (7 Filme), "Amityville Horror" (mittlerweile 19 (!) Filme, die "Amityville" im Titel tragen, von denen einer ein Remake des ersten Teils ist; soweit ich weiß, sind nur 1-4 wirklich zusammengehörig), "Texas Chainsaw Massacre" (4 Filme, die eine Reihe sein sollen, von denen aber nur Teil 1 + 2 wirklich inhaltlich aufeinander aufbauen, ein Remake mit Prequel, ein Film, der sich als direkte Fortsetzung zum Original ausgibt, das aber eigentlich nicht ist und ein Prequel über Leatherface - also insgesamt 8), "Phantasm" (5 Filme),, die Billigfilmreihen von Charles Band (die da wären: "Puppet Master" (12 Filme und ein Crossover mit der "Demonic Toys"-Reihe), "Demonic Toys" (4 Filme, von denen allerdings 2 Crossover sind), "Killjoy" (5 Filme), "Evil Bong" (7 Filme und ein Crossover mit "Gingerdead Man"), "Gingerdead Man" (zusammen mit dem Crossover sind's da auch 4 Filme), "Subspecies" (4 Filme und ein Spin-Off) und "Trancers" (7 Filme)), "Species" (immerhin 4 Filme), "Witchcraft" (16 (!) Filme, allerdings ist von denen keiner auf MP gelistet; man findet sie dafür alle in der IMDb), "Scorpion King" (4 Filme, da der erste ein Spin-Off zur "Mumie"-Trilogie mit Brendan Fraser ist, wären das aber insgesamt 7) und, um eine höherwertige Reihe zu nennen: "Planet Der Affen" (5 ursprüngliche Teile, ein Remake und ein Reboot mit 2 Fortsetzungen, also insgesamt 9 Filme). Man sieht: gerade Billigfilme werden besonders gerne fortgesetzt. :D
                                      Werden jetzt generell Remakes und Spin-Offs zu einer Reihe dazugezählt, könnte man vielleicht auch die "Ocean's"-Filme (mit "Ocean's 8", der kürzlich gestartet ist, sind's jetzt 4), "Ich: Einfach Unverbesserlich" (mit dem "Minions"-Film 4), die "Tanz Der Teufel"-Reihe (mit dem Remake ebenfalls 4), und "Cars" (da die beiden "Planes"-Filme im selben Universum spielen, wären das 5) aufnehmen. Und die Marvel- und DC-Filmuniversen sind auch heiße Kandidaten. Wären zumindest die, die mir auf Anhieb einfallen. :)

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                                        Gabe666 30.12.2017, 23:58 Geändert 31.12.2017, 00:55

                                        Nun ja.
                                        Ich schwanke zwischen schlechtestem und zweitschlechtestem "Star Wars"-Film, tendiere aber zu ersterem. Denn "Episode II", den ich bisher als schwächsten Film der Reihe ansah (was nur die drei Trilogien einschließt, denn der "Clone Wars"-Kinofilm, eigentlich eine Mogelpackung, die nur aus drei Episoden der Serie zusammengeschnitten war, unterbietet beide noch einmal locker; die Ewoks-Filme und das berüchtigte "Holiday Special" hab ich außerdem bis heute - gnädigerweise? - noch nicht gesehen), war zwar langatmig, hatte alberne Dialoge und einen schlechten Hauptdarsteller, hob sich aber wenigstens auf seine Weise vom Rest der Reihe ab. Und die Endschlacht ist immer noch klasse. Vor allem hatte Lucas es nicht nötig, sich selbst zu kopieren. Hier dagegen...
                                        Wo soll ich anfangen? Zunächst ist da dieser vollkommen unpassende Humor, der anscheinend selbstironisch sein sollte, zumeist jedoch befremdlich wirkt. Zahlreiche Szenen, die eigentlich eine dramatische Wirkung haben sollten (zumindest erweckt die Musik dabei oft diesen Eindruck), werden mehrmals durch einen unangebrachten Gag zerstört. Teilweise wirkt "The Last Jedi" so fast schon wie eine Parodie auf "Star Wars".
                                        Dann ist da das erwähnte mutlose Kopieren, das bereits bei "Das Erwachen Der Macht" ein Hauptkritikpunkt war. Handelte es sich bei selbigem quasi um ein inoffizielles Remake von Episode IV, übernimmt dieser hier nun zahlreiche Szenen aus V und VI, was so weit geht, dass teilweise fast exakt dieselben Dialoge wiederholt werden. Komischerweise werden die betreffenden Plot-Points nur in der völlig falschen Reihenfolge angeordnet. Ohne hier zuviel verraten zu wollen, aber der Film zeigt zuerst den Showdown von "Die Rückkehr Der Jedi-Ritter" und danach die Anfangsschlacht von "Das Imperium Schlägt Zurück". Ist man da irgendwie durcheinandergeraten?
                                        Nun wären noch die neuen Charaktere zu nennen, die keinen wirklichen Sinn für die Handlung haben und äußerst schlecht geschrieben wurden. So wird die junge Wartungsarbeiterin Rose (gespielt von der noch völlig unbekannten Kelly Marie Tran) als neue Hauptfigur und Partnerin für Finn aus dem Vorgänger eingeführt, nur um im weiteren Verlauf zusammen mit ihm bei praktisch jeder ihrer Aktionen zu scheitern und damit überhaupt nichts zur Geschichte beizutragen. Benicio del Toro als stotternder, zwielichtiger Codeknacker hat anscheinend nur den Zweck, die beiden von einem Ort zum anderen zu befördern und verschwindet genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Und was Laura Derns Figur und den Oberbösen Snoke betrifft, so werde ich aus den beiden überhaupt nicht schlau.

                                        [SPOILER: Sie wird ja als unsympathische Stellvertreterin Leias dargestellt, deren Verhalten mehrmals nahelegt, dass sie später zur Verräterin für die Rebellen wird. Ist bei ihr dann allerdings nicht der Fall. Meine Frage: warum erweckt man dann überhaupt erst diesen Eindruck? Der Charakter ist einem ansonsten nämlich völlig egal und hat anscheinend allein den Zweck, die Rebellen zu ihrer neuen Zuflucht zu führen und dann den Heldentod zu sterben.
                                        Und Snoke? Der segnet gleich in diesem Film das Zeitliche, OHNE DASS MAN ÜBERHAUPT WEISS, WER DER TYP EIGENTLICH IST UND WIE ER SO MÄCHTIG WERDEN KONNTE!! WAS ZUM TEUFEL SOLL DAS??!!]

                                        Müssen die Antagonisten, allen voran Domhnall Gleeson als General Hux und Adam Driver als Kylo Ren, außerdem solche Vollidioten sein? Die beiden fallen wirklich auf jeden noch so billigen Trick der Rebellen herein!
                                        Zudem ist noch die, vor allem im Vergleich zu den beiden voerhergehenden Filmen, mangelnde Konsequenz, wichtige Charaktere über die Klinge springen zu lassen, zu nennen. In selbigem Fall noch dazu verbunden mit einer absolut lachhaften Wendung, für die es weder davor noch danach irgendeine Erklärung gibt und die, so wie sie im Film umgesetzt wird, einfach lächerlich ist. Die, die im Kino waren, wissen, was ich meine.
                                        Was unnötige Wendungen betrifft, ist der Showdown daran ebenfalls nicht arm. Es wird wirklich ein unorigineller Deus ex Machina nach dem anderen aus dem Hut gezaubert. Verbunden mit einer Machtfähigkeit, die anscheinend extra für den Film erfunden wurde. Ich dachte wirklich, die wollen mich veräppeln, als ich das gesehen habe!
                                        Die letzte halbe Stunde des Films hätte man sich ohnehin genauso gut sparen können. Was das Pacing betrifft, ist Episode VIII eine Katastrophe. Nach dem eigentlichen emotionalen Höhepunkt wird noch eine weitere Schlacht voller für die Protagonisten brenzliger Momente drangehängt, die einem als Zuschauer nur völlig egal sind. Der Zenit war da schon überschritten; ich hab da wirklich nur noch das baldige Ende des Films herbeigesehnt. Verflucht nochmal, den letzten Handlungsabschnitt hätte man an den Anfang des nächsten Films setzen sollen! Dann wäre dieser zwar erst recht Episode V ähnlich geworden, aber so hätte man daraus wirklich eine packende Szene machen können!
                                        Zusammengefasst: Episode VIII ist völlig überladen, abgekupfert, unangemessen auf lustig getrimmt und mindestens eine halbe Stunde zu lang. Von den Prequels mag man halten, was man will, aber von denen war kein Teil so schlecht geschrieben und vor allem strukturiert! Sogar die schafften die richtige Balance zwischen Humor und Ernst.

                                        Warum dann trotzdem 6,5 Punkte?
                                        Nun, zum einen, schlichtweg aus gutem Willen. Ich bin nach wie vor großer "Star Wars"-Fan und an den fremden Welten kann ich mich schlichtweg nicht sattsehen. Und was Design, Effekte, Ausstattung, Kostüme, Make-Up und Musik (auch wenn John Williams wieder nur seine alten Themen recycelt) angeht, ist das alles erste Sahne. Sogar Yoda als Puppe (den ich im Film persönlich lieber nicht wieder hätte auftreten lassen, aber das ist ein anderes Thema; siehe oben) ist wieder dabei. Handwerklich kann man sich in der Hinsicht wirklich nicht beschweren.
                                        Zum anderen gibt es zwischen all den haarsträubenden erzählerischen Fehlentscheidungen immer noch großartige Momente. Die einen wieder daran erinnern, wie toll "Star Wars" sein kann und einen gleichzeitig betrübt darüber machen, dass der Film so wenig davon bietet. Wenn sich beispielsweise in der Weltraumschlacht zu Beginn eine Bomberpilotin, bei der es sich, wie man später erfährt, um die Schwester von Rose Tico handelt (und die übrigens von der coolen vietnamesischen Darstellerin, Sängerin, Produzentin und Regisseurin Veronica Ngo gespielt wird, die in ihrem Heimatland eine große Berühmtheit ist), unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte für die Rebellen opfert. Wenn die Heldin Rey von Luke Skywalker in den Gebrauch der Macht eingeführt wird und die komplette Insel wahrnimmt, auf der sie sich befindet. Wenn sie im Lichtschwertkampf trainiert und darin immer besser wird. Wenn Luke ihr gesteht, wie es durch seine Schuld zu Kylo Rens Verrat und dem Ende seiner Jedischule kommen konnte. Wenn es im eigentlichen Showdown zum Aufeinandertreffen von Rey, Kylo Ren und Snoke kommt, das trotz seiner Ähnlichkeit zu Episode VI äußerst emotional inszeniert ist und mit einem toll choreographierten Schwertkampf aufwarten kann. Und wenn es während dieses Showdowns zu einer gewissen Szene ohne Ton kommt, über die im Vorfeld schon berichtet wurde (und die man in Amerika anscheinend unsinnigerweise als technischen Ausfall missverstand) und die in ihrer Bildgewalt wirklich beeindruckend ist - dann, ja dann sind das wirklich Eindrücke, die man Kinomagie nennt und die einen daran erinnern, warum man "Star Wars" liebt. Wäre nur der ganze Film so!
                                        Und ein paar für dieses Franchise originelle Elemente haben sich dann doch noch eingeschlichen, die doch sinnvoll waren und die ich gerne vertieft gesehen hätte. So zum Beispiel den verbitterten Luke Skywalker, der seine eigene Legende entzaubert. Oder die zumindest angerissene Kritik am galaktischen Krieg, dargestellt durch Waffenhändler, die mit beiden Seiten Geschäfte machen und sich so daran bereichern (was ja auch auf unsere Welt Bezug nimmt). Womit ja auch die Rebellen etwas ambivalenter wirken. Die Glücksspielstadt, in der die betreffenden Personen sich vergnügen, war auch eine nette Idee und gehörte zu den unterhaltsamsten Momenten des Films (auch wenn sie zu sehr irdischen Kasinos ähnelt; das war dann doch eher fantasielos). Und zum Schluss hat mir auch die Szene gefallen, in der Rey in der unterirdischen Höhle auf Lukes Insel ist und sich selbst vervielfacht sieht. Surreal, aber interessant.
                                        Außerdem ist es auch positiv anzurechnen, dass man der Versuchung widerstand, Rey doch noch zu einer Nachfahrin eines Helden der alten Trilogie zu machen. Zumindest hat man damit etwas Konsequenz, die im restlichen Film leider vermisst wurde.
                                        Ansonsten sind die Darsteller nur zu loben. Altgediente Recken, im Vorgänger etablierte Hauptdarsteller und die Neuzugänge in diesem Teil erbringen allesamt gute Leistungen. Ihre Figuren mögen schlecht geschrieben sein, aber hier macht jeder wirklich das Beste draus. Keiner ist mir negativ aufgefallen.
                                        Letztlich ist es allerdings schade, dass ausgerechnet dieser Film das Vermächtnis von Carrie Fisher darstellt. Denn er gehört zu den schwächsten Filmen, in denen sie mitwirkte.
                                        Rian Johnson hat dem Franchise ganz gewaltig geschadet. Die Probleme sind zwar mehr auf das Drehbuch zurückzuführen, aber da selbiges auch von ihm stammt, trägt er die hauptsächliche Verantwortung an dem Schlamassel. Wenn man bedenkt, dass sein vorheriges Werk "Looper" vor Unlogik nur so strotzte, muss man sich wirklich fragen, wie man auf die Idee kommen kann, ihm ein derartiges Mammutprojekt zu übertragen.
                                        "The Last Jedi" (was sich nur auf Luke Skywalker bezieht! Das ist kein Plural, ihr lieben Titelübersetzer!) ist wohl der untypischste "Star Wars"-Film. Leider ist das in dem Fall nicht gleichbedeutend mit "gut".
                                        Aus keinem Beitrag zum Franchise bin ich bisher so enttäuscht rausgekommen (Episode II und den "Clone Wars"-Film habe ich nämlich nicht im Kino gesehen). Ich als einer, der mit den Prequels aufgewachsen ist (und sie im Großen und Ganzen immer noch sehr gut findet), kann nun verstehen, wie sich die Fans der ersten Stunde gefühlt haben müssen, als sie diese damals gesehen haben.
                                        Für Episode IX gibt's dann wohl auch keinen Fan-Bonus mehr. Von dem Film erwarte ich wirklich nicht mehr viel.
                                        Immerhin war aber das 3D wider Erwarten sehr gut. Raumschiffschlachten und Lichtschwertkämpfe wirkten sehr plastisch. Ich ärgere mich trotzdem gewaltig, dass ich hierfür ganze 14 Euro ausgegeben habe!

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                                          Jetzt hat mich die Muse doch noch geküsst! :D
                                          Zumindest zu zwei Filmen werd ich dieses Jahr noch einen detaillierteren Kommentar schreiben, denn die Eindrücke sind noch frisch und ich habe dabei ein dringendes Mitteilungsbedürfnis. Den Anfang macht der aktuelle Weimar-"Tatort", zu dem ich auch einen persönlichen Bezug habe, aber dazu später mehr.
                                          "Der wüste Gobi" ist definitiv weitaus unterhaltsamer als die vorherigen Fälle des Duos Ulmen/Tschirner. Die meisten Gags, oft resultierend aus den schrulligen Eigenheiten der Charaktere, zünden. Besonders witzig ist der Running Gag, dass Ulmens Charakter den Großteil des Films über der einzige ist, der den komplizierten Nachnamen des titelgebenden gesuchten Verbrechers aussprechen kann, was er dazu auch sehr häufig tut (wie oft dafür wohl geprobt werden musste?).
                                          Mit Jürgen Vogel als ebenjenen angeblichen Mörder und Jeanette Hain (die passenderweise auch im Münsteraner "Tatort: Fangschuss", der dieses Jahr die höchsten Einschaltquoten erzielte) als dessen Freundin hat man sich hier zudem noch weitere prominente Unterstützung geholt. Die beiden versierten Akteure sind mit sichtlich Spielfreude dabei, wie auch der Rest der Besetzung.
                                          Die Handlung ist zwar an sich nicht sonderlich originell (so lässt sich der wahre Täter doch recht früh vorausahnen), wird aber ziemlich flott und kurzweilig erzählt. Was mich stutzig machte, war, dass gegen Ende mehrmals recht deutlich Blut spritzt, aber für einen Prime-Time-Krimi bewegte sich das noch im vertretbaren Rahmen.
                                          Für mich als Weimarer war dafür erfreulich, dass man diesmal viele schöne Ansichten der Stadt und bekannter Sehenswürdigkeiten zeigt. Aber vor allem, dass mehrere Personen und Orte aus meinem engsten Umkreis im Film auftauchen. So sieht man ziemlich früh ein Konzert der Staatskapelle, in der meine Eltern spielen und beide sind tatsächlich für ein paar Sekunden im Bild, wie auch mehrere, mir gut bekannte Kollegen (Jeanette Hain, die eine Harfenistin darstellt, nahm für die Folge übrigens extra Harfen-Unterricht und spielte das Instrument in der betreffenden Szene, meinen Eltern zufolge, auch ziemlich gut). Der Vorsitzende der Kommission, die ganz zu Beginn über Gobis weitere Unterbringung in der Psychiatrie entscheidet, wird dazu vom Nachbarn meiner Großeltern, der Schauspieler beim Deutschen Nationaltheater Weimar ist, dargestellt. Und wenn im letzten Drittel Gobi eine Affäre mit einer anderen Frau beginnt, worin dann plötzlich seine Freundin platzt, so wurde das teilweise in der alten Wohnung meiner Tante (die jetzt in Erfurt lebt) gedreht.
                                          Somit ist die Folge, auch wenn sie an sich nur wenige Überraschungen bietet, für mich zu etwas Besonderem geworden.
                                          Und was den Unterhaltungswert betrifft, ist sie, was "Tatorte" betrifft, definitiv im oberen Bereich anzusiedeln (daher völlig unverständlich, dass sie die wenigsten Einschaltquoten dieses Jahres erzielte!). Für mich ist das hier der bisher beste Weimar-"Tatort".

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                                          • Gabe666 30.12.2017, 17:58 Geändert 30.12.2017, 20:20

                                            Puh, fertig! Wie man sieht, habe ich in diesem Jahr, dank des HEIMSPIEL-Filmfestivals in Regensburg, mehr aktuelle Filme als je zuvor sehen können - auch wenn ich davon hier nur zu einem Bruchteil auch was schreiben konnte.
                                            Und einige davon haben hier immer noch keinen Eintrag. Das wären:
                                            - der italienische Coming-of-Age-Thriller "Children Of The Night" (7,5 Punkte, würde ich zwischen "Fast & Furious 8" und "Die Mumie" einordnen): spannend und atmosphärisch, verlagert seinen Erzählungsschwerpunkt aber letztlich auf einen eher uninteressanten Strang
                                            - das australische Drama "Wedgetail" (8,5 Punkte, zwischen "Wilde Maus" und "120 BPM"): interessante Geschichte mit schönen Bildern
                                            - das amerikanische Arthouse-Drama "The Missing Sun" (6,5 Punkte, zwischen "Dalida" und "Star Wars 8"): ungewöhnliche Geschichte in Schwarzweißoptik, aber sehr langatmig erzählt
                                            - und die Schlusslichter "One Shot Left" (4,5 Punkte, nach "Sexy Durga"), "Wir Drehen Keinen Film" (4 Punkte) und "Lass Den Sommer Nie Wieder Kommen" (3 Punkte, allerletzter Film, noch nach "Die Spur"). Alle haben ein originelles inszenatorisches Konzept ("One Shot Left" ist ein Actionfilm, der wie "Victoria" als reine Plansequenz inszeniert wurde, "Wir Drehen Keinen Film" ist eine Mockumentary, bei der sich ein erfolgloser Schauspieler die ganze Zeit von einer Kamerafrau begleiten lässt, um seine privaten Probleme zu lösen), die beiden erstgenannten stellen sich jedoch durch haufenweise Klischees, lächerliche Dialoge (im ersten Fall dazu unnötigerweise auf Englisch, obwohl es ein deutscher Film ist) und nervtötende Charaktere selbst ein Bein. Und "Lass Den Sommer Nie Wieder Kommen" ist ein 200(!)-minütiger georgischer Experimentalfilm, der den Großteil nur stark verpixelte, statische Alltagsbilder zeigt. Für Leute mit einem abseitigen Filmgeschmack vielleicht interessant, für mich jedoch die reinste Geduldsprobe!
                                            Dann sind da noch die, im Gegensatz dazu, sehenswerten Dokus "Marikas Missio" (über eine homosexuelle deutsche Religionslehrerin; gedreht von ihrem Bruder, setzt sich kritisch mit der kirchlichen Haltung zu Homosexualität auseinander), "Masala Chai" (über sechs verschiedene Leute aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und Regionen Indiens, die mit der Zubereitung des titelgebenden Tees ihren Lebensunterhalt verdienen) und "Aislado - Verinselung" (über ein umstrittenes Gesetz, das in der dominikanischen Republik erlassen wurde und die dortige haitianische Bevölkerung zu illegalen Einwohnern erklärt, selbst wenn sie dort aufwuchsen und seit Jahrzehnten leben). Vor allem "Masala Chai" und "Aislado" kann ich sehr empfehlen (sobald sie hierzulande erscheinen; es sind übrigens ebenfalls deutsche Produktionen). Sie halten viele wissenswerte Informationen über diese Länder bereit und widmen sich gesellschaftlichen Problemen.

                                            Außerdem habe ich noch den tollen Konzertfilm "David Gilmour: Live At Pompeii" im Kino gesehen.

                                            So, das war's jetzt aber. :)
                                            Nächstes Jahr werde ich bei dem Festival vielleicht wieder mit im Team sein, wenn ich dazu komme.
                                            Wen es interessiert: http://www.heimspiel-filmfest.de/

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                                            • In den letzten 8 Monaten hatte ich mich hier ja sehr rar gemacht. Dies hing mit meinem Studium zusammen, dass mich mittlerweile wirklich sehr beansprucht, allerdings auch mit einer Schreibblockade, was Rezensionen zu Filmen angeht.
                                              Längere, ausführliche Texte zu Filmen wird es hier von mir zwar auch in nächster Zeit nicht geben (ich kann momentan echt noch nicht sagen, wann ich hier wieder eine Kritik schreiben werde), aber zum Jahresende will ich doch mal wieder ein Lebenszeichen zeigen. In den kommenden Tagen werden hier mehrere Listen folgen. Den Anfang macht die hier zu den, anlässlich des kommenden Festes, etwas anderen Märchenfilmen. ^^

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                                              • Gabe666 06.05.2017, 22:58 Geändert 06.05.2017, 22:59

                                                Großartiger Kommentar zum besten Film des vorletzten Jahres! Macht glatt Lust, sich den nochmal anzuschauen. :D
                                                Der vierte "Mad Max" ist für mich übrigens auch insgesamt gesehen der beste der Tetralogie.

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                                                • Schöner Artikel! Bisher kenne ich ja nur die Jackson-Version, die ich großartig finde. Weiß immer noch nicht so recht, ob ich in "Skull Island" gehen soll, oder nicht. Tendiere eher dagegen.
                                                  Das original will ich mir auf jeden Fall auch mal ansehen. Die Ausschnitte, die ich kenne, wirken zwar aus heutiger Sicht sehr trashig (was man dem Film aber nicht zum Vorwurf machen kann; er stammt ja eben noch aus den 30ern), aber ich bin gespannt, ob er mich auch emotional so mitreißen kann wie dich.
                                                  Überrascht mich übrigens, dass hier bis jetzt noch keiner das erste Remake aus den 70ern mit Jeff Bridges und Jessica Lange erwähnt hat. Soll ja auch ganz interessant sein.

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                                                  • Da fällt mir ein richtig tolles Zitat ein (falls es reinpasst): "Who Honors those we love for the very life we live? Who sends monsters to kill us ... and at the same time sings that we'll never die? Who teaches us what's real... and how to laugh at lies? Who decides why we live and what we'll die to defend? Who chains us ... and who holds the key that can set us free? It's you. You have all the weapons you need. Now fight! "
                                                    Aus "Sucker Punch".

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