Hooded Justice - Kommentare

Alle Kommentare von Hooded Justice

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    • Nun wettern alle, weil sie sich in ihrem Gewetter entlarvt fühlen.

      • Alejandro González Iñárritu ist ein unbeschreibliches Genie, denn was man in seinen Filmen fühlt und innerlich erlebt ist eigentlich kaum in Worte zu fassen. Doch jedes Schweigen muss irgendwann gebrochen werden. Was macht ihn zu meiner absoluten Nummer eins, wenn es ums Filmemachen geht? Ist es nur das feel-bad in seinen movies, wie es das Volke in den Mund nimmt? Weit entfernt erscheint diese Ebene in der Tat nicht, denn wenn es um Iñárritu geht, geht es auch immer ums Verlieren, um einen Tiefpunkt und um Leben und Tod. Seine Erzählungen handeln von Schicksalsschlägen, vom Leid und Schmerz, die in jedem Dasein mehr oder weniger dazugehören, uns das Leben immer wieder erschweren und uns wie spöttisch aus der Bahn werfen, als möge uns nichts gegönnt sein. Jeder kennt es. Jeder erlebt es. Iñárritus Filme mögen sicherlich das sein, was die Menschen „feel-bad“ nennen, doch eigentlich ist es etwas viel bedeutenderes: Es ist unser Leben auf ehrlichster und wahrhaftigster Ebene. Unser Dasein, nur eben ohne Cuts.

        Iñárritus Dramen sind wenig in sich selbst doppeldeutig oder interpretierfreudig verpackt wie zum Beispiel Dramen von David Lynch oder Tim Burtons meisterhafte Figurentiefe. Seine Filme lassen nur eine Deutung zu: Sie sind die Wahrheit, sie zeigen die Wahrheit und sie lassen uns genau diese Wahrheit verspüren. Es gibt hier kein vielleicht, sondern nur ein „So ist es. Punkt.“. Und mit so wenig wie der Realität schafft Iñárritu es, uns völlig zu erdrücken.

        Man sagt Iñárritu immer nach, er mache nur Schicksalsdramen. Ich behaupte, dazu seien es noch viel beeindruckendere Gesellschaftsdramen, die mit dem Schicksal verfließen. In seinem Spielfilmdebüt – und ich sage es gleich vorweg: in seinem Essenzwerk – ‚Amores Perros‘ wird dies ganz besonders deutlich: Er beginnt mit dem Kapitel ‚Octavio y Susana‘ und zeichnet uns das Bild der mexikanischen Unterschicht. Er durchdringt die hintersten Ecken der mexikanischen Unterwelt, er entwirft den Alltag auf den Straßen, die illegalen Hundekämpfe, der raue Umgangston, die Kriminalität, Drogen, Alkohol, das abgründige Nachtleben auf den Straßen. Sprich: Er zeigt uns nicht nur, er durchwandert mit uns an der Hand all die sozialen und gesellschaftlichen Umstände. Das zweite Kapitel ‚Valeria y Daniel‘ zeigt uns den gesellschaftlichen Gegensatz: Das wohlhabende Paar wohnt thronend über den Straßen in einem neuen Penthouse und blickt hinab. „Es ist wunderschön hier!“ Mit dem dritten Kapitel stürzen wir genauso schnell wieder hinab wie wir hinaufflogen: Der vereinsamte alte Streuner verdient seinen erbärmlichen Unterhalt mit Auftragsmorden.
        Der Titel „Amores Perros“ und gleichzeitig der primäre rote Faden des Films bedeutet „Hundeliebe“. Für das Ex-Model Valeria bedeutet das ihr kleiner Richie, der plötzlich im Boden verschwindet – oder auch im Erdboden versinkt? –, für Octavio bedeutet es Geld und für El Chivo bedeutet es seine Familie. Der Untertitel des Films lautet „Was ist Liebe?“. Für Octavio ist das seine Susana, die Freundin seines Bruders. Für Valeria ist das ihr mehr oder weniger stabiles Verhältnis zu ihrem Daniel. Für El Chivo sind es seine Hunde und seine verstorbene Ehefrau und die gemeinsame Tochter. Iñárritu zeigt uns mit seinem ersten Film, dass es natürlich Antworten auf so viele Dinge im Leben gibt, aber niemals auf das Leben selbst, die irgendeine Sicherheit garantiert.

        In seinem – meinem Herzen nach zu urteilen – Meisterwerk ‚21 Gramm‘ überfordert Iñárritu den Zuschauer schließlich gänzlich: Nun nicht nur auf seelischer, emotionaler Ebene, sondern auch komplett rational in seinem verworrenen Erzählstil, welcher das Gesamtkonzept beeindruckend widerspiegelt. Nichts ist in Ordnung, das Leben ist nicht geordnet, es bedeutet Chaos. Es ist sein intensivster Film, welcher nicht mehr „nur anbietet“, sondern sich mit seinem Zuschauer und den Figuren zwingt, in den völligen Schmerz zu stürzen. Es kreist sich alles um Schuld, Schmerz, Verluste und die nicht näher hätte sein könnende Grenze zwischen Leben und Tod [„Das ist also das Wartezimmer des Todes.“].

        Mit seinem größten Film ‚Babel‘ geht er noch einen Schritt weiter: Das zusammenhängende Schicksal befindet sich nun nicht mehr nur auf einer erfassbaren räumlichen Ebene, sondern auf drei Kontinenten. „Wer verstanden werden will, muss zuhören.“ – Spätestens hier wird klar, worum es in ‚Babel‘ geht: Um die Kommunikation. Die taubstumme Chieko in Tokio versucht verzweifelt mit ihrem Vater zu kommunizieren, wir sehen Brat Pitt wie er weinend aus Afrika mit seinem Sohn nach Amerika telefoniert und er ihm väterlich – und ganz verständlich – nicht gestehen kann, was mit seiner Frau passierte, wir begegnen den beiden marokkanischen Jungs, die ihrem Vater nur verschweigen können, was sie getan haben und wir hören, wie Susan (Cate Blanchett) ihrem Mann bereits mitten in einer vermutlichen Art Versöhnungsurlaub die Frage „Richard, was machen wir eigentlich hier?“ stellt. Iñárritu sagt uns – ebenfalls erkennbar in seiner Anwendung des Untertitels: Wir sprechen schon lange nicht mehr ein und dieselbe Sprache. In unserer Sprache, der conditio humana schlechthin, die den Menschen unter anderem zu einem höherentwickelten Wesen macht, haben wir uns verlaufen. Es ist nur noch Stimmengewirr [Englisch: Babel].
        Doch damit kreiert Iñárritu keine einfache Kuschelkritik auf die menschliche Kommunikation. Er benutzt es als Frage in einer Geschichte voller Kulturzusammenstöße. Iñárritu zeigt uns nicht das übliche Leitmotiv „Das alles ist böse und schlecht!“, wozu ein Aronofsky oder Lars von Trier beispielsweise schnell und gerne neigt, sondern „Es ist weder schlecht, noch gut. Es ist normal.“. Es ist das Leben.

        Der „Es ist normal“-Gedanke ist einer der bedeutendsten Betrachtungsweisen, wenn es um Iñárritu geht. Was ihn ganz besonders stark und ansprechend macht, ist seine Wertungslosigkeit. Sei es der junge Kleingauner aus ‚Amores Perros‘, der an illegalen Hundekämpfen teilnimmt, bei einer Flucht einen schweren Unfall verursacht und dadurch den Traum einer Frau zerstört, sei es der Gefängnispriester aus ‚21 Gramm‘, der einen Mann und seine beiden Töchter überfährt oder der junge Yussef, der onaniert, seine Schwester beim Ausziehen beobachtet und schließlich eine Frau beinahe erschießt. Sie alle haben Schuld und Fehler begangen. Iñárritu sagt uns: Das ist der Mensch. Das ist das Leben. Unfälle geschehen, wir treffen falsche Entscheidungen und wir sind dem Schicksal, der Fügung oder dem Zufall unterlegen. Es ist „normal“. Amélia bringt es in ‚Babel‘ vielleicht am besten auf den Punkt: „Ich bin nicht böse. Ich habe nur eine Dummheit gemacht.“

        In seinem jüngsten Werk ‚Biutiful‘ wendet er sich nur oberflächlich in seiner Erzählung eines unverworrenen Einzelschicksals von seinem Leitgedanken ab. Hier begegnet uns die zerrüttete Unterschichtsfamilie Barcelonas: Die Frau depressiv, der Mann krebskrank. Mittendrin: Die beiden Kinder. Hier lässt Iñárritu uns einen tiefen Blick in die verlorene Seele einer Familie blicken. Was tun, wenn man eigentlich schon verloren hat? Es wirft – und das kann man auch als schwächere Leistung empfinden – Themen aus ‚21 Gramm‘ und ‚Amores Perros‘ quasi in einen Topf: Der Kampf ums Leben und das Todkranksein mit der Existenz in Armut und dem Kämpfen ums Überleben inmitten trister, düsterer Straßen. Nur in Europa, in einer Stadt, die vor allem für ihren jungen Party- und Shoppingtourismus, dem sonnigen Strand und das Städtereisen bekannt ist. Mit ‚Biutiful‘ offenbart er uns einfühlsam und intensiv, dass jeder Geheimnisse, Abgründe und dunkle Gassen verbirgt. Sogar eine ganze Stadt.

        Iñárritus Filme zerstören uns, bringen den Menschen und das Dasein auf der Erde schwermütig auf den Punkt und uns selbst auf den Boden der Tatsachen, der bitteren Wahrheit, zurück. So widersprüchlich es klingt, ja, genau das ist es, was seine Geschichten so wahnsinnig eindringlich machen. Wir sehen Gefühle, Menschen und ihre Krisen. Doch wir sehen eigentlich vor allem eins: Kino der Vollendung. Denn Iñárritu bricht für mich alle Bahnen des herkömmlichen Dramas: Wie nahe er an seine Figuren herantritt, dass wir uns nicht nur daher gesagt mit ihnen identifizieren, sondern wir sie spüren, und er sie so privat und „normal“ wie nur vorstellbar zeigt, was seine Erzählung und die Schicksalsschläge doch so wunderbar authentisch und ehrlich macht wie das Leben selbst, ist beispiellos. Wie bereits angedeutet, schätze ich neben seiner intimen „es ist normal“-Schilderung unseres Daseins ganz besonders eins bei Iñárritu: Sein Kultur- und Gesellschaftsspektrum, das in seinen Figuren herausragt. Sei es die mexikanische Unterschichtsfamilie aus ‚Amores Perros‘, die bürgerliche amerikanische Familie oder der gläubige Gefängnisprediger aus ‚21 Gramm‘, die Berberen in Marokko und der Vater mit seiner gehörlosen Tochter in Tokio aus ‚Babel‘, das schwierige Familienleben in Barcelonas Straßen oder das homosexuelle Paar in Barcelona aus ‚Biutiful‘: Sie alle haben mit ihren eigenen Krisen zu kämpfen, was den Horizont seines kompletten Schaffens doch unheimlich erweitert.

        Im Gesamtwerk betrachtet zeigt er uns mit dem Makrokosmus Welt und dem Mikrokosmus Mensch: Egal wer und egal aus welcher Gesellschaftsschicht, egal wo und aus welchem Kulturkreis: Wir alle haben mit Schicksalsschlägen, unseren ganz persönlichen und wenn nicht sogar ganz alltäglichen, eben „normalen“ Rätseln zu kämpfen. Und diese bringt Iñárritus meinem Empfinden nach beispiellos eindringlich rüber. Mein Jahrhundertgenie.

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          Ob nun Frösche vom Himmel fallen und Tom Cruise den Sex-Guru macht: ‚Magnolia‘ ist und bleibt für mich nach wie vor nicht mehr als mal mehr, mal weniger konventionelles US-Kuscheldramakino. Während er fleißig versucht, sich sanft ins Herz des Publikums zu singen, bleiben mir eigentlich nicht mehr als drei verlorene Stunden (wow!) Überlänge und die Erinnerung an ein putziges Schmusetrauerspiel über Liebe, Trauer, Glauben, Leben, Schuld. Mal davon abgesehen, dass keine Figur mich trotz der ach so genial spielenden Starbesetzung mit ihrem Schicksal berührte. Woran das lag, darf man raten, mit Andersons Meisterwerk ‚There Will Be Blood‘ nicht zu vergleichen. Dann lieber in neun Stunden Iñárritu und von vorne bis hinten vor umhauenden Fügungen umgebracht werden.

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          • Stimme dir größtenteils zu, aber das mit Alejandro González Iñárritu und Danny Boyle geht gar nicht.

            • 7 .5
              über Looper

              ‚Looper‘ mag der vielleicht beste Actionfilm des Jahres sein. Doch was macht ihn so faszinierend? Es ist sein durchdachtes Gesamtpaket. Rian Johnson kreiert eine faszinierende dystopische Zukunft: Drogen entpuppen sich uns als selbstverständlich, wir sehen die Straßen als düstere Orte, es herrscht Kriminalität, Mafia, Syndikat, Prostitution. Johnson erzeugt gleich am Anfang ein bedrückendes Welt- und Zukunftsbild und wirft uns kalt hinein, während Joseph Gordon-Levitt aus dem Off erzählt, was hier eigentlich passiert. Perfekt, um in die bannende, dennoch wirklich zwielichtige und desolate Variante des Zeitreisens einzusteigen. Nach und nach verstrickt sich intelligent und durchdacht eine Handlung ums Liquidieren, ums Leben in der Unterwelt, doch vor allem ums Ich. Denn nimmt man ‚Looper‘ auseinander, erkennt man, dass er sich auf wirklich verzwickte Art mit dem Verstand und besonders im furiosen Ende um den Zwiespalt und Konflikt mit dem Ich beschäftigt. Im Trailer heißt es so belanglos „Dein größter Gegner bist du selbst“. Aber genau darum geht es hier und das ist es, was ‚Looper‘ so anziehend macht.
              Zudem weiß Rian Johnson, Prioritäten zu setzen und wo er seinen Zuschauer zu packen hat – teilweise sogar richtig emotional – und er weiß, wie er ihn immer wieder zum Nachdenken bringen kann – und das nicht nur in seinem Handlungsverlauf, sondern sogar welt- und zukunftskritisch. ‚Looper‘ scheut nicht davor, Antworten auf Fragen zu geben [„Meine Erinnerungen sind nur eventuelle Ereignisse.“], ansonsten lässt er dem Zuschauer recht viel Raum für Fantasie [„Ich möchte nicht über Zeitreisen reden.“]. Und das macht ‚Looper‘ zu einem fantastischen und sogar richtig besonderen Ausflug in die Zukunft.
              Des Weiteren lebt der Film von seinen bekanntermaßen wahrhaftig talentierten Hauptdarstellern: Joseph Gordon-Levitt wird zum harten Killer, Bruce Willis zeigt sich noch einmal als schonungsloser Mörder. ‚Looper‘ ist musikalisch, ‚Looper‘ sieht gut aus und ‚Looper‘ fesselt auf beeindruckende Fasson. Deswegen ist er so herrlich funktionierend.

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              • „Wenn ich mich an einem Horror-Film versuchen sollte, würde ich ein realistisches Porträt meiner Heimat Burbank drehen – das wäre sehr schockierend.“
                Dass Tim Burtons Filme phantastische Schauermärchen, düstere Erzählungen eines Genies kreiert und er uns mit seinen Werken in andere Welten verschlingt, seine atemberaubende Ästhetik und Detailverliebtheit bis ans Unglaubliche grenzt, ist eigentlich kaum zu übersehen. Doch in Tim Burtons Filmen wird etwas noch viel beachtlicheres erkennbar: Es ist sein Herz für Außenseiter. Seine Helden sind Sonderlinge oder Außenstehende der Gesellschaft, was Burton in seinen Filmen einfühlsam und mitmenschlich beurteilt. Er selbst sagte in einem Interview einmal „Ich habe mich immer als Außenseiter gefühlt. Und egal, wie erfolgreich du wirst, was für eine liebevolle Familie und gute Freunde du später hast. Dieses Gefühl bleibt, es vergeht nicht. […] Wo ich aufgewachsen bin, wurden alle Menschen kategorisiert. Filme zu machen, war meine Art der Gegenwehr.“ Und diese autobiografische Ebene in seinen Filmen ist beeindruckend: Sei es in seinem Kurzfilm ‚Vincent‘ über den etwas andersartigen Jungen („While other kids read books like Go, Jane, Go!, Vincent’s favourite author is Edgar Allen Poe.“) oder ganz besonders in seinem Batman-Meisterwerk ‚Batmans Rückkehr‘: Wir sehen die langsam verzweifelnde, völlig vereinsamte Selina Kyle, Michelle Pfeiffer in der Rolle ihres Lebens, die später zur „Heldin“ Catwoman wird, den Pinguinmann, der ungewünscht von seinen Eltern in den Fluss geworfen wurde und als Oswald Cobblepot in Gotham City langsam „zu gewinnen“ scheint, oder sei es Batman selbst, der als Bruce Wayne ein Niemand ist, doch als Batman zum Helden wird. Besonders mit seinen Figuren Batman, Catwoman und Oswald Cobblepot in ‚Batmans Rückkehr‘ entlarvt Burton die Ungerechtigkeit der Gesellschaft, die den „einfachen und bescheidenen“ Menschen nicht zu lieben weiß; der Mensch muss erst zum Helden fungieren, um gesehen zu werden. Auch Charaktere wie der Riese in ‚Big Fish‘ bildet ein Bild des Außenseiterseins, der Furcht vor dem Anderssein in der Gesellschaft, genau wie Edward D. Wood Jr. aus ‚Ed Wood‘, der nicht weniger als ein liebenswerter und lebensbejahender junger Mann ist, der von der Gesellschaft nur oberflächlich durch seine „miesen“ Filme verurteilt wird. Die von der Öffentlichkeit bekanntlich belächelten Homosexuellen, Transsexuellen und nicht zuletzt die Tatsache, dass der sympathische Protagonist selbst gerne in Frauenkleider schlüpft, dadurch nicht schwul ist, sondern aus dem einfachen Grund, weil er Frauen liebt, zeigt Tim Burton in ‚Ed Wood‘ wie die normalsten Menschen der Welt. Oder Alice in ‚Alice im Wunderland‘, die aus ihrer Gesellschaft, in der sie den langweiligen baldigen Lord heiraten soll, entflieht, wird plötzlich zur Heldin ihrer Fantasiewelt. Gleiches Spiel in Burtons neustem Film ‚Dark Shadows‘: Johnny Depp gibt in seinem Hauptcharakter doch nichts anderes als einen nichts verstehenden Mann, der sich in der heutigen Welt nicht zurecht findet, ein Außenstehender, der die Erde nicht mehr versteht, und steht im kompletten Film doch als das Highlight, als der geheime Star, dar.
                In seinem sensiblen Meisterwerk ‚Edward mit den Scherenhänden‘ wird dieses Bild besonders erkennbar: Der Sonderling, schwarz und düster gekleidet und in seiner Seele vereinsamt und verlassen, wohnt am Rande der quietschbunten Stadt – wie ausgestoßen von den „Normalen“ schwebt sein schloss abseits der Stadt in der hintersten und dunkelsten Ecke. Als er ins Städtchen kommt, entlarvt Burton immer mehr die fehlende Toleranz und die Vorurteile der Menschen. Und ein ganz anderes wiederkehrendes Thema Burtons fließt in diesen Film hinein: Die Vater-Sohn-Beziehung, hier zwischen Edward und seinem neuen Vater; später erkennbar ebenfalls in ‚Big Fish‘ in dem problematischen Verhältnis zwischen William und seinem Vater oder auch in ‚Ed Wood‘, in welchem sich Bela Lugosi langsam zur Vaterfigur von Edward entwickelt.
                Mit seinen Sonderlingen und Außenseiterfiguren, die Burton immer wieder wie Helden, Sympathieträger oder die „Stars des Films“ behandelt, teilt er ein wunderbares Menschenbild mit, indem er von seinem Herzen aus, da er doch selbst einer von ihnen sein könne, dem Zuschauer ein Herz für sie entwickeln lässt. „Außenseiter“ ist für Tim Burton keine Abwertung, sondern eine Herzensangelegenheit. Und die lässt er dem Zuschauer spüren. Burton zeichnet nicht nur ein warmherziges Appell an Sonderlinge dieser Welt, sondern darüber hinaus eine verborgene Gesellschaftskritik über die Intoleranz der Menschheit, der Unduldsamkeit vor dem Anderssein. Burton sagt uns: Fragwürdig, das seid ihr. Die Helden, das Besondere, die „Stars“ dieser Welt, das sind wir.
                Ein weiteres Motiv Burtons wird besonders in seinen Filmen ‚Corpse Bride‘ und ‚Beetlejuice‘ erkennbar: Eine seltsame Welt oder bizarre Barriere zwischen Leben und Tod, oder: unsere Welt und das Reich der Toten, irgendwo im Nirgendwo. Auf die Feststellung, dass Burton den Tod charmant umarmt, antwortete er: „Das hat natürlich damit zu tun, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Tod immer nur als düsteres Element betrachtet wird. Ich bin in Los Angeles aufgewachsen, da gibt es viele Latinos, die den Day of Death – das ist irgendwann um Halloween herum – feiern, mit tanzenden Skeletten. Da wird, obwohl es um den Tod geht, das Leben gefeiert. Dieses Herangehen wollte ich mir aneignen. Natürlich ist es traurig, wenn jemand stirbt, der einem nahe stand – aber ich wollte positiv damit umgehen.“
                Aber auch in ‚Nightmare Before Christmas‘ zeichnet er mit Halloween Town eine Welt der „Verstorbenen“ als skurrile Welt aus untoten Gestalten, Skelettmenschen wie der geheime Held Jack Skellington und Wesen aus der Horrorwelt. Mit dem enthauptete Ritter aus ‚Sleepy Hollow‘ offenbart er ein verworrenes Bild zwischen lebendig und tot, oder in Burtons Musicalmeisterwerk ‚Sweeney Todd‘ bearbeitet er den Tod anhand von Rache: der Protagonist mordet, um so seine Seele vor seinem Zorn zu befreien.
                „Es gibt ja Kritiker, die mir vorwerfen, ich würde „nur“ Fantasy-Filme machen. Aber warum soll unsere Fantasie unwichtiger sein als die sogenannte Realität? In ‚Alice im Wunderland‘ zum Beispiel wird die Fantasie-Welt auf einmal Realität.“
                Tim Burton bedeutet für mich eine andere Welt, die er zur Realität entfachtet. Denn ob es das viktorianische London ist, der amerikanische Kitschvorort, seine verschneite Version von Gotham City oder die Fantasiewelt in ‚Corpse Bride‘. Egal, was er tut, er schafft es wie kein zweiter, mich aus dieser Welt zu holen, so kreativ zu unterhalten und dabei auch noch wunderbare Botschaften zu vermitteln, die deutlich mehr als nur Fantasy bedeuten. Sie sind das Leben auf seine ganz eigene, bezaubernde Art und Weise. Und deswegen ist Tim Burton so wichtig. Für den Film, für die Kunst und nicht zuletzt für uns.

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                  Hooded Justice 11.10.2012, 20:56 Geändert 15.06.2016, 13:18

                  Um Halloween und die Glühweinsaison zu eröffnen, gibt es von mir heute Tim Burtons ‚Nightmare Before Christmas‘, bei dem – um nichts misszuverstehen – Henry Selick Regie geführt hat.
                  Weihnachten ist ein Fest, das uns zusammenbringen und Freude und „Besinnung“ bereiten sollte. Und als einst der Kürbiskönig Jack Skellington, der König von Halloween Stadt – dessen Einwohner im Grunde genommen etwas ganz anderes mit den Menschen vor haben als der Sinn des Weihnachtsfests, nämlich die Leute zu gruseln und zu erschrecken – in seiner Traurigkeit, im Halloween-Trott versunken und in den Vorbereitungen vom nächsten Halloween, quasi in seiner „Berufung“, keine Erfüllung mehr sehend, durch Zufall Weihnachten entdeckt, ist er ganz beflügelt von den weißen Flocken, die vom Himmel fallen, fasziniert von den bunten Lichtern und dem lebhaften Schmuck der Stadt und möchte es nunmehr nicht nur selbst feiern, sondern es sogar in die Hand nehmen – sprich: er möchte der neue Weihnachtsmann werden; von ihm – wie sich früher oder später herausstellt – fälschlicherweise als „Nikkigraus“ interpretiert. Um das Fest zu analysieren, zeigen die Macher Jack Skellington beim wissenschaftlichen Kopfzerbrechen, er sucht verzweifelt danach, Weihnachten zu begründen und zu deuten. Doch es läuft alles aus den Fugen. Weihnachten veranstaltet und zelebriert vom König des Halloweens kann – und wie eigentlich schon von Anfang an feststeht – nur im Chaos enden. Seine Freundin Sally fasst es bereits vor der Katastrophe in Worte: „Du siehst dir ja gar nicht mehr ähnlich! Du bist doch der Kürbiskönig!“
                  Was dieses bezaubernde Burton-Kunstwerk dem Zuschauer mit auf den Weg geben will, mag ebenso einfach wie herzergreifend sein: Wir brauchen nicht in allem verzweifelnd nach dem Grund suchen, denn das kann schnell in die Hose gehen. Wir brauchen auch nicht ständig nach etwas Neuem zu forschen, denn wir sind nicht zu allem bestimmt. Wir sollten uns selbst treu bleiben, uns dafür schätzen, was wir können, denn darin sind wir gut. Wir sind nicht für alles gemacht, aber sicherlich für irgendwas. Und wenn wir das tun, [Achtung Spoiler] wie uns das fabelhafte Ende zeigt [Spoiler Ende], dann können wir unsere Freude und unser Können sogar teilen und uns gegenseitig glücklich machen: In Halloween Town kann man sich an Weihnachten erfreuen und in Christmas Town kann man sich – mehr oder weniger, aber mit einem Augenzwinkern – an Halloween „erfreuen“.
                  Abseits von seiner anmutigenden Bedeutung, die wir vielleicht nicht nur gerade zur Weihnachts- und Halloweenzeit gebrauchen könnten, halte ich ‚Nightmare Before Christmas‘ für ganz große Kunst. Die bis ins Detail verliebte Charakter- und Kulissengestaltung und Danny Elfmans geschriebene und komponierte Musik führt den Film in seine Atmosphäre der Vollendung. Neben Burtons ‚Batmans Rückkehr‘ das vielleicht Schönste, was man sich zur Weihnachtszeit filmisch antun kann.

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                    Um es vorweg zu sagen: ‚Take Shelter‘ ist der vielleicht ergreifendste Film des Jahres.
                    Die Art und Weise, wie nah Jeff Nichols an seinen von Alpträumen und Psychosen geplagten Protagonisten Curtis herangeht, ist außerordentlich. Doch ist es lediglich der Krankheitsprozess eines instabilen Mannes mittleren Alters, welchen Nichols uns in seinem Film nahebringen will? Ich denke nicht nur. Spätestens in Anbetracht des völlig narkotischen Endes, [Achtung Spoiler] in dem der Albtraum zur Realität wird, [Spoiler Ende] dürfte uns klar werden, was für ein beeindruckendes Bild uns der Regisseur hier vielleicht zu zeichnen versucht, welches uns nicht nur aufgrund seiner Schleierhaftigkeit in Erinnerung bleibt, sondern hiermit den kompletten Film in eine abstrakte Bedeutung wirft: Er will uns nicht nur sagen, dass das, was wir träumen, möglicherweise mehr Realität bedeutet als wir denken – denn der Traum ist ein Teil unserer Realität, wir träumen ja „real“ und verarbeiten die Realität. Aber vielmehr zeigt er uns beispiellos abstrakt, dass das Leben nur eine Psychose ist. Das Leben ist das, was wir wahrnehmen, und das, wie wir es wahrnehmen. Es ist ein einziges subjektives Erleben, wie es in unserem Kopf – also in unseren Träumen und Gedanken – stattfindet.
                    Des Weiteren sollten wir an das amerikanische Familienbild denken: Wir sehen den Mann Curtis als melancholischen, angeschlagenen und alles andere als perfekt funktionierenden Mann und Familienvater. Weit entfernt von amerikanischen Konventionen des Familienbilds, in denen der Vater leitet, einwandfrei, stabil und bruchfest funktioniert. ‚Take Shelter‘ ist ein Film, der uns die Schwächen, die Ängste und Zerbrechlichkeit der Menschheit vor Augen führt, egal, ob ein kräftiger Maschinenarbeiter oder jeder andere. Ein Film, der die amerikanischen Familien-Gepflogenheiten zu brechen vermag und gleichermaßen die üblichen Thriller-Konventionen.
                    Ganz davon abgesehen treibt Michael Shannon in der Hauptrolle von Curtis ein Schauspiel der Superlative, während David Wingos Musik meisterhaft wie aus einer anderen Welt ertönt. ‚Take Shelter‘ ist der vielleicht beste Film des Jahres und berührt durch sein erstaunliches Schauspiel, seine Einfühlsamkeit in seiner Schilderung und fasziniert durch seine audiovisuelle Inszenierung.
                    „Sieht das außer mir noch jemand?“

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                      Wer auch immer die ‚Resident Evil‘-Reihe noch ernst nehmen will oder auf derartiges wartet, ist selbst schuld; und wer sich noch über den fehlenden Scharfsinn aufregt, hat eigentlich schon verloren. Denn ‚Resident Evil‘ ist vernünftig genug, um darauf gar nicht erst Wert zu legen. Die Serie war und ist sinnfrei wie ein Staubfänger, der geradezu jede Sekunde genau wie ein solcher zu wirken erscheint: Hübsch anzusehen, aber jegliche Bedeutung erfüllt er nicht. Doch ich wage mich zu sagen: Das ist auch gut so. ‚Resident Evil: Retribution‘ nimmt sich zwar genau wie seine Vorgänger auf ganz niedliche Weise „ernst“, aber weiß daraus Profit zu ziehen, indem er uns ein Amüsement nach dem anderen entlockt. Wir ergötzen uns quasi am – in diesem Falle darf man wirklich sagen – ganz faszinierend herrlichen Stumpfsinn. Wieder geht es um nichts anderes als das Wiederfahren von Schwierigkeiten, nur um das nächste große Geballer einführen zu können, und Alice, gespielt von Latexkriegerin Milla Jovovich, schwingt die Knarren und sich selbst darin so gut wie sie es immer tat. Die Kritik an Pharmaexperimenten anhand der Überspitzung der Klontechnologie und der Entwicklung von Viren als Massenvernichtungswaffe ist dabei genauso wenig ausgearbeitet wie sinnvoll oder besonders überlegt eingesetzt.
                      Paul W. S. Anderson eröffnet sein Feuerwerk mit einem unfassbar scharfen Intro aus durchdringender Zeitlupe und dramatisch dröhnendem Sound von Tomandandy. Alice erzählt uns: „Während die Welt immer schwächer wurde, wurde ich immer stärker“; und spätestens jetzt wird klar, was ‚Resident Evil‘ uns eigentlich die ganzen letzten Jahre zu zeigen versucht: Die Welt geht zu Grunde, die Frau überlebt. ‚Resident Evil‘ ist die Geschichte der modernen revoltierenden Frau, die sich sogar dem tödlichsten Virus und weltherrschenden Unternehmen selbst entgegen stellt.
                      Seit dem fantastischen dritten Teil zwar der Schwächste, aber immerhin halte ich ‚Resident Evil: Retribution‘ für ein weiteres effektives Sequel meiner Lieblingsreihe für doofe Zombies. Franz Joseph I. sagte einmal: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“ ‚Resident Evil: Retribution‘ mag alles sein, aber ich hatte sehr Spaß, und wenn das „dumme“ Mainstreamkino das noch schaffe, ziehe ich meinen Hut.
                      „Das ist die letzte Schlacht der Menschheit, der Anfang vom Ende.“ Ich warte.

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                        ‚Doomsday Book‘ definiert in drei voneinander unabhängigen Geschichten das Weltende auf asiatische Satireart. Was anfangs nach einer Komödie der besonders blöden Art aussieht, steigert sich rasant zu einem gewöhnungsbedürftig skurrilen, zynischen Cluster zu den Stichworten Epidemie, Roboter und Apokalypse. In ‚Brave New World‘ zeichnet Yim Pil-Sung seine bizarre Interpretation zu Adam und Evas Sündenfall, in ‚Heavenly Creature‘ wird ein Roboter zum Heiligen und des Menschen Glauben zur endgültigen Mechanisierung. Beide Werke durchwachsen, wirken stellenweise hilflos und unausgereift und bleiben dem Zuschauer ebenso gleichgültig wie partiell bescheuert in Erinnerung. Dann erfolgt der Umbruch: Kim Jee-woons Beitrag ‚Happy Birthday‘ erscheint einem geradezu wie ein Kontrast. Überlegen, ausgetüftelt und allein visuell und erzählerisch durchweg schlagfertig beweist er der Welt – beinahe wie ein spöttischer Gegenpol – wie reifes, satirisches Kino aussieht: Er lässt die Welt anhand einer monströsen Billardkugel schonungslos untergehen und zeigt der ernsten Apokalypsentherie den Hintern. Doch selbst hier lässt sich nur erkennen, dass ‚Doomsday Book‘ mehr wie ein Experiment erscheint als wie ein ausgewachsener Beitrag des asiatischen Kinos im Jahr 2012. ‚Doomsday Book‘ bleibt eine Enttäuschung und ein Haufen wirkungsloser Satireideen aus Gewitzel und eher putziger Stichelei mit einem sogar ziemlich dürftigen Unterhaltungswert. Und wer will schon, dass der Weltuntergang verpönt wird?

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                        • Niemand sonst wird das Dschungelcamp jemals wieder so rund bezaubern können. Ich hoffe, dort drüben gibt's Kräcker!

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                              “There is a leopard on your roof and it's my leopard and I have to get it and to get it I have to sing.”
                              Howard Hawks jongliert mit Geschlechterrollen, einem Dinosaurierskelett und einem oder zwei Leoparden. Wie Hawks uns mit einer Umkehrung der Rollenkonstellation Mann-Frau durch die Vernichtung des typischen Bildes der Manneskraft anhand eines tapsigen Cary Grants, der seine Männlichkeit letzten Endes verzweifelnd und vollständig zu verlieren droht, indem er uns in plüschigem Damenfummel vorgeführt wird, gegenüber einer beherrschenden Katharine Hepburn ein völlig kurioses Spiel der Komik aufführt, ist sagenhaft. Ein schlagfertiger Wortwitz folgt dem nächsten, während der schräge Aufprall zweier lieblicher Gegenpole immer kauziger wird, und Hawks uns am Ende dennoch gefällig bekennt, dass das Chaos manchmal in der Tat zur unerwarteten Bestimmung führt. Eine der besten Komödien aller Zeiten.

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                                Daniela Katzenberger. Was für eine missverstandene junge Frau. Sie spielt mit dem Klischee des dummen Blondchens, schaut wie eines aus, dennoch ist sie weitaus mehr als die Kultblondine mit aufgepumpten Hupen, viel zu hohen, tätowierten Augenbrauen und einem Übermaß an Schminke im Gesicht. „Sei schlau, stell dich dumm.“ Was „die Katze“ ganz unvergleichlich macht, ist der ganz übliche Mensch in ihr, den sie uns mit Selbstironie über ihr Aussehen und Auftreten, mit ehrlichen Darstellungen und Erzählungen aus ihrem Leben, ihrer Angst vor Menschen, ihrem „MoF [Menschen ohne Freunde]-Dasein“ und der Leichtigkeit einer Lebensart – wohlbemerkt als anständig verdienende Prominente – wie selbstverständlich offenbart und sich nebenher als wunderbar sympathisch und unterhaltsam beweist. Und was kann es neben gruselig großtuerischen Selbstdarstellungen von Protzern zwischen Selbstverliebtheit und Selbstinszenierung in vergleichbaren Dokusoaps Angenehmeres geben?

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                                  Anlässlich des DVD-Starts, des Remakes und der Oscar-Favoritenbekanntgabe gibt es von mir ‚Ziemlich beste Freunde – Die Zweite‘.

                                  ‚Ziemlich beste Freunde‘ prophezeit nun schlussendlich den Untergang und die Abstumpfung der lockeren Komödie mit Kopplung zur sozialen Substanz. Kaum ein Film unserer Gegenwart findet so viele Anbeter wie der französische Kassenschlager von Eric Toledano und Olivier Nakache. Ein Film von lieben Menschen über liebe Menschen für liebe Menschen. Ein Film für das Publikum, das sich nach dem Feierabend gerne mit „gewagten Indiekomödien mit Anspruch“ schmückt.

                                  Da ist Driss, ein schwarzer Kerl mit Migrationshintergrund, der gerne kifft, drollig herumafft und ulkig blöde Späße reißt, welcher sich um einen gelähmten, älteren Herren aus der höheren Mittelschicht, Philippe, pflegt. So niedlich dies klingt, ist es auch, und so simpel wie idiotensicher ebenfalls. Sie erleben die urkomischsten Geschichten miteinander, aus denen sich die blühendsten Klischees ihrer Charaktere nur so entpuppen: Driss ist das bildhafte Stereotyp für den jungen, perspektivlosen Flegel aus dem französischen Banlieue, Philippe das Klischee für den vermögenden Herrn des Spießbürgertums. Nun prallen sie aufeinander. Philippe, selbstverständlich Kunstliebhaber, zerrt Driss mit ins Kunstmuseum, selbstredend hat der ungebildete junge Kerl der Unterschicht von heute für Kunst nichts übrig, noch Ahnung davon; Philippe hört klassische Musik, Driss natürlich nur Hip-Hop und zieht Philippes Geschmack quietschfidel ins Lächerliche; und um des Bürschchens Bedürfnissen dennoch etwas näher zu kommen, rauchen die beiden zusammen ein Paar Joints. Volle Kraft voraus in die Tiefen eines modernen Films, der sich „ganz frisch und deshalb unheimlich mutig und gewagt“ mit dem Thema Behinderung auseinandersetzen zu versucht. Oder eher nicht.

                                  Denn ‚Ziemlich beste Freunde‘ ist ein schmerzhafter Crowdpleaser, ein Publikumsliebling, der zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort den richtigen Humor und die richtige Empfindung des Zuschauers zu treffen weiß, welchem zu jenem Moment geradezu nach einem Lächeln oder wärmenden Behagen zu Mute ist. In anderen Worten: Wir sind dort angekommen, was das Kino niemals sein sollte: Eine Leinwand, die dem Menschen eine Geschichte – zweifelsohne unkompliziert und sorgenfrei – vorkaut und ihn nicht nur mit den Stereotypen unserer Welt konfrontiert, sondern eigentlich mit nichts anderem mehr beschäftigt ist, als uns diese immer wieder zu bestätigen, sie auszuführen, sie zu sympathisieren, sie uns nahezuführen und sie uns von ihnen zu überzeugen, weil sich ja jeder mit ihnen und ihrem Verhalten identifizieren kann, oder über sie her zu juxen, weil sich ja jeder in solche Situationen einfühlen kann. Zeitgenössischer Humor und die Komödie von heute an der Grenze zur Verblödung und seinem eigenen Elend im orientierungslosen, unbeholfenen, aber dadurch allemal bequem-naiven Spiel mit sozialer Bedeutung und gesellschaftlichen Schablonenfiguren. ‚Ziemlich beste Freunde‘ ist nicht einmal ansatzweise an anregenden Sozialfragen interessiert, was sogar richtig ansprechend hätte sein können. Er möchte uns ein Amüsement vorführen, mit dem er sich bestmöglich ins Herz des Zuschauers lullen kann. Und wie man unschwer erkennen kann: Er hat es geschafft.

                                  Endprodukt ist der Erfolg „Lieblingsfilm: Ziemlich beste Freunde“ und gleichermaßen die Bedrohung des Qualitätskinos. Das Regisseurduo Toledano/Nakache fabriziert hier eine ätzende Melange aus Sozialdrama und moderner Komödie, gefüllt mit stereotypischen Äußerungen, Charakterzeichnungen und leeren, abgegriffenen Witzen, auf dass im Publikum von 0-99 Jahren für jeden etwas dabei ist. Es wird versucht, auf ebenso nervige wie gleichermaßen ach so ungezwungene Art und Weise ein neues Bild von „ich gehe ja so locker und cool mit dem Thema Behinderung um“ zu zeichnen – des Publikums Antwort: „Wie gewagt!“ und „Aktuell, unkonventionell und total neuartig!“. Spätestens nach Barry Levinstons ‚Rain Man‘ mit Dustin Hoffman und Tom Cruise ist es das nicht. Und ob es nun von bedeutender Intelligenz ist, zwei gesellschaftlich voneinander entfernte Stereotypen zusammenzubringen, mit denen die Regisseure nichts anderes außer „Schaut her, die Klischeevorstellung hat zusammengefunden!“ auszusagen haben, halte ich für vage. Man hat es sich hier lediglich simpel gemacht, das Massenpublikum zu beglücken.

                                  Mühelos zu erfassen, ist ‚Ziemlich beste Freunde‘ ein Film zugeschnitten auf unsere heutigen „nachdenklichen“ Jahrgänge. Mögen ganz viele tierisch komisch und frisch und bedeutungsschwer finden, besonders letzteres ist es aber keine Sekunde, denn Klischees und Schablonen für menschliches Verhalten ist das Letzte, was wir und das zeitgenössische Kino gebrauchen können.

                                  „Haben Sie keine anderen Ziele in Ihrem Leben?“

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                                    'What Time Is It There?' ist ein wunderschöner Film über den Sinn oder die Sinnlosigkeit des Lebens, des Sterbens, des Schwindens und des Dortbleibens, der Zeit, der Zukunft und der Gegenwart. Wie auch im vorigen 'Vive l’Amour' macht Tsai Ming-liang genau mit dem weiter, was er begann: Uns das Leben ein wenig mehr zu konkretisieren, den Menschen in der vertrautesten Vertrautheit wie selbstverständlich mit seiner selbst entgegenzusetzen, uns eine einsam-melancholische Geschichte über Distanz und Nähe, Raum und Zeit, über die Welt und die Uhr, über Taipeh und Paris zu erzählen.
                                    Wir sind Menschen. Wir existieren. Und irgendwie, irgendwo und irgendwann leben, tun und fühlen wir irgendetwas. Irgendwas. Irgendwas schönes, schreckliches, trauriges oder total normales.

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                                      Alfred Hitchcock lässt das idyllische Hafenstädtchen in Angst und Schrecken entflammen.
                                      Mit 'The Birds' führt er uns einen Film vor Augen, wie die Natur uns einen Streich spielen und uns einen fatalen Strich durch die Rechnung ziehen könne. Eigentlich sind wir die, die die Natur zerstören, die sich überall ansiedeln und Tiere töten und essen. Die Natur sollte Angst vor dem Menschen haben. Doch was Hitchcock hier macht, ist nichts Geringeres, als den Spieß umzudrehen. Der Mensch wird vom Tier zerstört, das Tier, die Natur, stellt für den Menschen die Gefahr, ja, eine existenzielle Bedrohung, dar. Nicht umgekehrt, wie wir es kennen und jeden Tag erleben.
                                      Doch warum gerade dort und jetzt? Hier muss unmittelbar unsere hervorragend von Tippi Hedren gespielte Protagonistin herhalten. Als sie auftaucht gerät alles außer Fugen. Sie bringt die beiden Schmuckvögelchen gefangen im Käfig mit ins Dorf. Quasi – völlig überspannt gesehen – spiegelt sie unser „Spiel mit den Tieren“ wider, an deren Hilflosigkeit und Befangenheit wir uns erfreuen. All die Angriffe der Tiere könnten hierbei eine Art Rache darstellen, praktisch einen „politischen Aufstand der Natur gegen den Menschen“ – auf deren Schildern „Tod der Melanie“ stehen würde. Dies wird besonders daran erkennbar, dass die Vögel überall dort auftauchen, ihren Blutsdurst stillen und Schäden anrichten, wo Melanie aufkreuzt.
                                      Doch Hitchcock ist clever genug, um uns nicht nur eine niedliche Ökobotschaft an den Menschen und eine Kritik an sein Leben in oder eher gegen seine Mutter Natur runterzureden. Er offenbart uns eine – in Anbetracht der Tatsache, dass es doch nur zwei kleine süße Vögel sind, die auch noch unglaublich glücklich in ihrem Käfig daher schauen und dem Menschen doch eigentlich nur eine liebe Freude bereiten sollen – völlig überspitze und beinahe doch richtig bizarre Widerspiegelung unseres Treibens. Eine Art Ironie des Schicksals; sie verschenkt liebgemeint zwei Vögelchen und löst damit die Gewalt einer ganzen Herde aus.
                                      In einer Szene prophezeit ein angetrunkener, gläubiger Mann das Ende der Welt. Und könnten wir es nicht tatsächlich schon erreicht haben? Was wäre, wenn unser Handeln gegen unsere Erde uns widerfahren würde? Wenn die Welt sich endlich widersetzen würde?
                                      Hitchcock lässt uns eigentlich nichts anderes erkennen, als dass der Mensch schwach ist, wenn die Natur sich doch nur wehren könne und würde.

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                                        “Lying is a scandal. But we all do it.”
                                        Was Cronenberg mit 'Cosmopolis' erschafft, ist in erster Linie gar nicht nur das Kino über das kühle Dasein eines Finanzherrn einschließlich des waghalsigen Reifeprozesses eines Teeniestars. Er offenbart uns das, was sich hinter den verdunkelten Scheiben der Stretch-Limousine verbirgt. Er schaut hinein, aber dennoch nicht ganz dahinter. Cronenberg zeigt uns nicht das, was sich hinter der ganzen Oberfläche des gesamten Milieus befindet – wie vielleicht menschliche Seelen – und er zeigt auch keine einfache Kritik auf die Menschlichkeit in Relation mit Kapitalismus, sondern exakt das, was an dieser Oberfläche klebt und zu kleben droht: Sex, Gewalt, seltsame Gestalten, bedrohende Gegebenheiten und eine wirre Fahrt durch die Weltmetropole des Erfolgs, des Kapitals und Vermögens. Die Limousine braust durch New York, doch ihr Inneres scheint wie abgeschottet. Sie fährt durchs Chaos, doch der Protagonist bleibt unbeeindruckt, es bleibt ihm gleichgültig. Ein Bild der Sinnlosigkeit, des nichtsschaffenden Treibens im Irgendwo und der Gefühlslosigkeit, die letztlich nur durch die Selbstzerstörung gebrochen werden kann. Eine hämische Parallele zu unserer Zeit, denn haben wir nicht alle schon einmal Bekanntschaft mit einem solch ähnlichen Bild gemacht?

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                                          „Oma, warum ist diese Welt so ganz anders, als wie wir sie uns vorstellen? Hast du jetzt, wo Du sie wieder siehst, da auch dieses Gefühl? Ich mache jetzt meine Augen zu und sehe eine Welt, die wunderbar ist.“
                                          Gefühle, Emotionen, Gefühle und Emotionen. Was Edward Yang hier fabriziert, ist eigentlich unbeschreiblich.

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                                            Hooded Justice 07.09.2012, 22:52 Geändert 15.06.2016, 12:59

                                            „Aber als sie versuchten, die Städte zu evakuieren, war es bereits zu spät. Die Infektion war überall.”

                                            Die Nähe am Geschehen

                                            Danny Bolyes Meisterwerk und Endzeit-Dystopie verleiht ein wahnsinniges Gefühl der Einsamkeit und Hilflosigkeit – ganz besonders in den zehn bedeutenden und ebenso ruhigen wie aufwühlenden Minuten zu Beginn des Films, die ein emotionales und gedankliches Einfühlen in die Endzeitsgeschichte perfekt erlauben. Danny Boyle gelingt es auf ganz faszinierende Weise, mit seinem Film so gekonnt durch die Realität des Gesamtentwurfes in den Zuschauer einzudringen und mit wahnsinnig gewaltigen Bildern das Gefühl zu verschaffen, als erlebe man ein derart grässliches Endzeits-Phänomen selbst mit. Und das mit einer durchdachten Rollenverteilung: Während Jim genau wie wir in die unbegreifliche Leere hineingeworfen wird, ist Selena die trocken, unemotional denkende Überlebenskünstlerin [„Mehr als zu überleben ist nicht drin.“] und Frank trägt die gutwillige Vaterfigur seiner pubertierenden Tochter Hannah. Weit entfernt von typischen Horrorfilmfigurenkonstellationen mit Muskelshirtteenies und Kondomen. Noch eine Ebene weiter geht Boyle mit der Charakterwende zum Finale [Achtung Spoiler]: Nachdem Selene und Jim sich ihre Liebe gestehen, heißt es „Pläne sind doch nicht zwecklos.“ Hoffnung regiert. [Spoiler Ende] Diese Momente der Zuversicht gibt es im Film ständig, was ihm zu einem so lebendigen Film macht.

                                            Der Aufschrei nach Frieden

                                            Was Danny Boyle uns hier aber zu sagen hat, ist kritischer als ein mancher diesem Meisterwerk aus Horror, Furcht und Hoffnung zutrauen würde: Er kreiert nichts anderes als einen gellenden Aufschrei nach Frieden, indem er uns unser (un)menschliches Treiben auf dieser Erde wie einen Spiegel vor die Augen hält: Er zeigt uns unsere eigenen Taten in den Infizierten. In einer Szene heißt es: „Was ich während der vier Wochen der Epidemie sah, war: Menschen töten Menschen. Genauso wie ich es in den vier Wochen vor der Epidemie sah, und in denen davor, und in denen davor.“ Der Mensch tötet Menschen, ob „infiziert“ oder nicht. Und wo töten wir mehr als im Krieg? Auch, dass das „Versuchsobjekt“ der Soldaten, das Aufklärung über die Infektion bringen soll, ein Schwarzer ist, erinnert an die Sklavenzeit in Amerika. Danny Boyle überträgt nichts anderes als unser grässliches Kriegen und Morden auf jene grässlichen, mordenden Infizierten. Es ist eigentlich keine Infizierung, es ist das, was der Mensch immer tat, nur, dass es nun „nicht mehr im Fernsehen war; es war draußen auf der Straße, es kam durch dein Fenster.“ Beeindruckend ist auch die ständig erwähnte Frage nach der Antwort auf die Infektion, nach welcher die Protagonisten auf der Suche sind. Die Hauptfiguren kennen sie bis zum Schluss nicht, der Zuschauer allerdings schon: Erinnern wir uns an den Anfang des Films, wo alles mit den Tierversuchen begann. Die Tiere wurden aus Forschungszwecken mit Wut infiziert. Die Folge dieses fragwürdigen Experiments zeigt der Film; eine weitere Kritik Boyles. Und an dieser Stelle zeichnet er ein ganz expressives Weltbild: Der Mensch gehört schon lange nicht mehr zur Natur, er lebt gegen sie, er ist sinnlos, er existiert nur für eine Weile, dann wird er aussterben. Das hoffnungsvolle Ende, welches ja nahezu im Gegensatz zu diesem Kern steht, lässt in all dem Fatalismus jedoch ein letztes Mal Boyles bekannten Optimismus aufblühen: Noch haben wir die Chance.

                                            Der Überlebenstrieb

                                            Ganz klar konnte nicht auf horrende und sehr verstörende Szenen verzichtet werden, denn '28 Days Later' ist für mich nicht zuletzt einer der furchterregendsten Horrorfilme seit langem. Ob es nun nur allein die schaurigen Schreie der Infizierten sind, die bangenden Minuten gefangen im Tunnel aufgrund einer Reifenpanne, währenddessen jene Schreie und Schatten der Infizierten schon zu hören und sehen sind, der Aufstand gegen die Männer vom Militär oder allein die erschreckend schaurige Atmosphäre des leeren Londons. Aber nicht das macht den Film zu dem, was er ist, sondern seine Geschichte, die er erzählt, oder vielmehr die Art und Weise, wie er sie erzählt. Die grässliche, schaurige Brutalität hätte absolut keine so überwältigende Wirkung, wenn '28 Days Later' nicht so emotional und menschlich sowie gesellschaftlich tief greifen würde, und andersrum genauso. Hinzu kommt, dass Boyles Meisterwerk keine Halloween-Zombie-Geschichte auf die Beine hebt, sondern das Geschehen realistisch – so weit dies möglich war – und menschlich nachvollziehbar darstellt, auch wenn die ethischen Grenzen schon bald überschritten sind. Denn genau das ist es, was '28 Days Later' uns sagen möchte: den alles andere als puritanischen „Alltag” eines Lebens in einer Epidemie. Die Moral überschreiten. Der starre Kampf ums eigene Überleben. Über Leichen gehen – diesmal beinahe wörtlich genommen. Der Blick in das verlorene Innere eines Menschen, der ohne Regierung, ohne Schutz und ohne Zukunft lebt; der Überlebenstrieb; ein Trieb nach Sicherheit und der Sehnsucht nach Zivilisation.

                                            „Hör zu: Wenn jemand infiziert wird hat man zwischen 10 und 20 Sekunden Zeit um ihn zu töten. Es mag dein Bruder, deine Schwester oder dein bester Freund sein, es macht keinen Unterschied.“

                                            Der Horrorfilm in seiner Perfektion

                                            Die Bildgewaltigkeit und der ergreifende Score von John Murphy schaffen eine bewegende Atmosphäre. Nicht nur, dass diese von düster, schaurig, grauenhaft auf bedrückend, aussichtslos und deprimierend wechselt, sondern auch immer wieder auf hoffnungsvoll und optimistisch wie in den Szenen auf dem Weg nach Manchester und dem Ave Maria im Hintergrund, auf dem sie die zwar seelenlose, aber völlig friedliche Natur hier draußen und „gesunde“ Pferde beobachten, was im heftigen Kontrast zum Rest der Welt steht und es hier beinahe wie das Paradies wirkt – nach dem Gedanken, dass die Natur auch ohne uns existiert. Nur einige Minuten später sieht man in Jims Albtraum, wie sehr die Seuche auf die Seele drückt: er verarbeitet die Angst vor der Einsamkeit, vorm Alleingelassenwerden der letzten Zivilisation.
                                            In keinem anderen Horrorfilm gibt es ein vergleichbares, tief unter die Haut gehendes Gefühls- und Emotionsspektakel zu sehen und vor allem zu fühlen wie in Danny Boyles '28 Days Later'. Wie der Film einen mit einem „Was wäre, wenn …”-Gefühl fängt, verlässt er einen mit einem „Was wäre, wenn es SO wäre …”-Gefühl und spielt einen weiteren wundervollen Soundtrack ein.

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                                                Drei Meisterwerke von drei asiatischen Meisterregisseuren in einem Film. 'Three … Extremes', drei Extreme, drei genauso ausgefallene wie intelligente Kennerstücke. Doch ist es mehr als „nur“ Horror. Es ist Schauder auf brillantem Niveau. 'Dumplings', ein verstörendes Stück Degout von Fruit Chan, zeigt eine unzufriedene alternde Diva, die mit einer Geheimrezeptur aus Teigtaschen mit abgetriebenen Föten versucht, ihre jugendliche Schönheit zu bewahren, 'Cut' von 'Oldboy'-Regisseur Park Chan-wook zeigt eine teils selbstironische Entführung von Lee Byung-hun ('I Saw the Devil') und seiner Frau, worin die beiden Opfer selbst nahezu satirisch entlarvt werden, und 'Box' von Takashi Miike ('Audition') zeigt die kalte Vergangenheit einer Schriftstellerin, die als junges Mädchen ihre Schwester umbrachte, und nunmehr an schuldbelastenden Alpträumen leidet. Wir befinden uns in ‚Drei Extremen‘, sagt uns der Titel des Films; drei Pole, die voneinander entfernt sind, und dennoch alle das Gleiche deuten. Denn in allen drei Filmen fügt es sich eigentlich nur um ein Thema: Die menschliche Sünde. Jedoch befinden sich alle in ihren Themen, ihrer Darstellung und Auffassung auf komplett anderen Ebenen – gefühlsmäßig, inszenatorisch sowie interpretatorisch. Einer der größten Schaffungen des so oder so beeindruckenden fernöstlichen Kinos.

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                                                  Kaum ein anderer Film über die menschliche Lust und seinen Trieb ergreift und erschüttert derartig wie dieser. Punkt.

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                                                  • In einem Interview sagte er: „Wenn die Kinder pupsen, sage ich: ‚Ganz der Vater!‘“ Was für eine erbärmliche, talentfreie Hohlbratze. Nichts für Ungut.

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