huababuar - Kommentare
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Alle Kommentare von huababuar
Lionsgate präsentiert: Rinderwahnsinn in Filmform.
In "Isolation" wird munter im Anus einer Kuh gewühlt, bei der blutigen Geburt eines Kalbes schonungslos draufgehalten, das Neugeborene, mutiert und ziemlich aggressiv, durch die Luft geschleudert oder seziert. Ein Potpourri aus Ekel und Anstößigkeiten, das anfangs erstaunlicherweise auch noch ordentlich für Suspense und Unbehagen sorgen kann, irgendwann aber merklich an Substanz verliert. Die Spannungskurve sackt im Stile einer Kosinusfunktion im Mittelteil erheblich ab, was auch an den schwachen, wenn auch nicht schlecht gespielten Figuren liegt, und steigt erst am Ende wieder leicht nach oben. Echte Horrormomente werden trotz der gelungen eingefangenen, trostlosen Atmosphäre schmerzlichst vermisst und so ist "Isolation" mehr ein absurder, abstoßender, nur an Anfang und Ende spannender Thriller als ein wirkungsvoller Schocker, was angesichts der doch recht einzigartigen Grundidee ziemlich schade ist.
Regisseur Billy O'Brien grast auf veschiedenen Weiden. Auf der des Tierhorrors, auf der des Infiziertenfilms und ein bisschen auch auf der des Backwoods. Das Dreierlei an frischem Grün kaut er gut durch, doch am Ende kommt hinten leider das Unvermeidliche raus: ein großer Kuhfladen. Anstößig, unappetitlich, sowie nur geringfügig schockierend und substanziell.
Augen. Vielmehr als nur eines unserer Sinnesorgane. Ein Objekt der Begierde, der Schönheit, der körperlichen Anziehung, aber auch ein Instrument zur Gefühlsvermittlung. Western-Legende Sergio Leone weiß um die Ausstrahlung dieser Körperstelle. Er zeigt uns Augen. In jeden erdenklichen Situationen, in jeder erdenklichen Form. In Momenten der Angst, der Aufregung, der Angespanntheit, der Freude, des Wahnsinns. Mal funkelnd, mal eiskalt, mal leer und ausdruckslos. Leider keine wunderhübschen Frauenaugen, aber immerhin die von Clint Eastwood, Lee Van Cleef und Eli Wallach – dem Blonden, dem Bösen und dem Brutalen, den zwei – Verzeihung drei – Halunken, die in den Wirren des Sezessionskrieges in New Mexiko alle für sich selbst und gezwungenermaßen doch irgendwie gemeinsam nur ein Ziel vor ihren symbolträchtigen Äuglein haben: veruntreute 200.000 Dollar eines Soldaten der konföderierten Armee.
„Zwei glorreiche Halunken“, oder nach dem viel besser ausformulierten, italienischen Originaltitel auch „Il buono, il brutto, il cattivo“, ist nicht nur aufgrund seiner perfektionierten Augenmotivik, die sich mit ihren eindrucksvollen Gesichtsnahaufnahmen immer wieder unter die weitläufigen Panoramafotographien der Prärie mischt, in jeder Pore ein Essenzwerk des Italo-Westerns. Er kostet jede seiner Szenen bis ins kleinste Detail aus, verharrt in bestimmten Perspektiven oder auf speziellen Dingen, um deren Wirkung zu verstärken. Seine epischen Bilder mischt Leone mit gewohnt kurzer, bissiger und schwarzhumoristischer Dialogführung und untermalt sie mit einem der popkulturell relevantesten Leitmotive der Filmgeschichte aus der Feder seines Schulfreundes Ennio Morricone. Wie der Altmeister der Filmmusik hier wieder mit verschiedenen Variationen seines Grundthemas spielt und sie beim Auftritt einzelner Filmfiguren unterlegt, ist in solcher Form einmalig.
Unnachahmlich ist auch die runde Mischung, die Leone trotz der erstaunlichen Bandbreite verschiedenster Elemente gelingt. Die atmosphärische, spannende, ironisch-witzige und äußerst coole Geschichte dreier Banditen wird immer wieder von gelegentlichem Zynismus („Die Sporen waren zu laut.“) und auch einer kritischen Haltung gegenüber dem amerikanischen Bürgerkrieg („Krepieren alle und für was?“) unterwandert. Dabei zeichnet „Zwei glorreiche Halunken“ ganz Spaghetti-Western-typisch stets das typische Bild des bzw. der drei Antihelden, die mit der Revolverhelden-Phalanx um Eastwood, Van Cleef und Wallach herausragend besetzt sind: Betrügerisch, illoyal, gierig, gewalttätig (auch Frauen gegenüber), rachsüchtig, brutal und amoralisch. Abziehbilder einer verrohten und damals schon äußerst kapitalistischen Gesellschaft, in der manchmal sogar für einen Schluck Wasser Geld geboten wird.
Als nur äußerst seltener Western-Gucker und bekennender Verfechter der Kurzweile bleibt für mich trotz aller inszenatorischer und atmosphärischer Virtuosität allerdings ein Problem: Leone mag ein fantastischer Geschichtenerzähler sein. Die Einführung der Hauptcharaktere, deren Wege sich erst nach und nach kreuzen, ist sehr gelungen. Doch wird hier eine eigentlich recht dünne Story zu einem Drei-Stunden-Epos ausgerollt wie es meine Oma zur Weihnachtszeit mit ihrem Plätzchenteig nicht besser hätte machen können. Das drückt aufs Erzähltempo und behagt zumindest mir als nicht ganz so westernaffinem Menschem eher bedingt.
Doch wie es so schön heißt: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Und wenn man sich erst mal durch den mitunter zähen Mittelteil von „Zwei glorreiche Halunken“ gekämpft hat, dann kommt die Entschädigung für alles: Einer der wohl besten Showdowns aller Zeiten, schnitt- und musiktechnische Perfektion und darüber hinaus. Drei Männer auf einem verlassenen Friedhof, unter ihnen irgendwo 200.000 Dollar, das Ziel für jeden Einzelnen. Die staubigen Hände am Halfter, bereit zum Einsatz. Hektisch lässt Leone seinen Blick schweifen: Auf die Revolver. Die Prärie. Und schließlich auf die ausdrucksstarken Augen.
"Der Autor verführt den Leser, indem er seiner Erzählung so viele Wendungen gibt, dass man nie weiß, wie es weiter geht", sagt Clive Owen in "Entgleist" zu seiner Filmtochter. Angesichts des mittelprächtigen Thrillers, der einem hier vorgesetzt wird, mag man es gar nicht für möglich halten, doch Regisseur Mikael Hafström scheint dieses Filmzitat tatsächlich auf sein Gesamtwerk übertragen zu wollen. Dumm nur, dass Hafström mit seinem reaktionären Ende, das allen Ernstes Gewalt als einzige Lösung zur Familienrückgewinnung verkaufen will, alles andere als zu verführen weiß und er das Twist(er)-Rad am Ende in etwa so schnell und uninspiriert dreht wie ein quängelndes Kind, das vor dem ins Bett gehen noch unbedingt eine Runde spielen will. Die Schlusswendungen wirken aufgezwungen wie ein Politikerlächeln und interessieren nach der recht lasch vorgetragenen Geschichte eigentlich eh keinen mehr.
Natürlich ist nicht alles schlecht an "Entgleist". Die Einführung ist gut gelungen und weckt Interesse an den beiden Hauptcharakteren, das dann leider ziemlich schnell wieder verebbt, Spannung ist in ordentlicher Portion auch vorhanden, so alle 25-30 Minuten und mit Vincent Cassel als Antagonisten kann man eh nichts falsch machen. Der ist immer genial, vor allem aber hier. Nur steht ihm leider Nullnummer Xzibit zur Seite. Ihr wisst schon, der charismatische Typ, der auf MTV früher die neuesten Chromfelgen und fettesten Soundanlagen in irgendwelche Rostbüchsen eingebaut hat. Clive Owen hat auch schon mal deutlich markanter (ich will nicht sagen besser) gespielt und Jennifer Anniston ist eben Jennifer Anniston.
Starke Szenen gibt es zweifelsohne, nur verblassen die eben im 0815-Charme, den Hafström scheinbar einfach nicht wahr haben will. In einem hat er recht: Man weiß oft nicht wie es weiter geht. Doch will man es größtenteils einfach nicht wissen, weil es in diesem Genre so viele bessere Filme gibt.
„Französische Armee, wir holen Sie hier raus!“
Kennt man eigentlich in dieser Form nur von amerikanischen Produktionen über die Militäreinsätze ihrer hochgelobten Army. Doch nein, auch die Franzosen können ihre Elitetruppen äußerst werbewirksam in Szene setzen, ohne dabei so richtig im patriotischen Sumpf und purer Schwarz-Weiß-Malerei zu versinken. Dass „Special Forces“ recht dumme Unterhaltung ist, Klischees verbrät wie Schuhbeck Spiegeleier und was die Anwendung von Gewalt angeht, eher „liberal“ daher kommt, daran besteht kein Zweifel. Die flachen Hauptcharaktere, gepresst in Standartschemata, als testosterongeladene und coole Stahlkanten sowie die Taliban als wilde Glaubenskrieger sorgen beiderseits nicht gerade für viel Empathie und auch Interesse an ihrem Schicksal seitens des Publikums. Da hat man es sich mit der Figurenzeichnung äußerst einfach gemacht, was auch – gemessen am Bekanntheitsgrad des Films – recht namhafte Darsteller wie Djimon Hounsou („Blood Diamond“), Diane Kruger („Troja“) oder Denis Ménachet („Inglourious Basterds“) nicht ändern können.
Doch gerade das zeitgenössische Thema rund um eine Journalistenentführung in Afghanistan weckte Interesse, selbst wenn man daraus natürlich viel mehr hätte machen können als diese computerspielähnliche Hatz durch den Hindukusch, die durch ihren redundanten Handlungsverlauf immer etwas zwischen mitreißender Spannung und lahmem Leerlauf changiert.
Kinematographisch ist „Special Forces“ aber jedem Zweifel erhaben, überzeugt mit tadellosen, atmosphärischen Kulissenaufnahmen der afghanisch-pakistanischen Wüsten- und Berglandschaften. Wenn es blutig wird, dann hält Regisseur Stéphane Rybojad gerne einmal drauf, ohne zu anstößig wirken zu wollen. Erst am Ende, da scheint er sich irgendwie zu ergeben, und trägt zugunsten eines pathetischen Endes etwas zu dick auf. Das fällt nichtmehr allzu sehr ins Gewicht, bleibt „Special Forces“ über seine 105 Minuten ein standardisierter, fein inszenierter Militärfilm, der mit interessanter Thematik lockt, daraus aber nicht mehr macht als einen unterhaltsamen, wenn auch dummen Actionfilm, der einen leider die größte Zeit über ziemlich kalt lässt.
Im Grunde genommen ist „Jurassic World“ genauso gekünstelt wie seine synthetisch erzeugten Urzeit-Saurier, denn echt ist in der dritten Fortsetzung von Spielbergs Meisterwerk fast nichts mehr. Das war irgendwie vorhersehbar, wird in Zeiten der überbordenden Marvel – und Actionüberschwemmung doch gerne auf dieser Erfolgswelle mitgeritten und versucht, die Konkurrenz durch offensichtliche Effekthascherei, fast ausschließlich am Computer generiert, auszustechen. Dadurch verliert das neue Abenteuerspektakel natürlich irgendwie auch den Geist und den Reiz der alten Filme aus den 90ern, da kann auch der wiederkehrende Score von John Williams nichts daran ändern.
Doch wenn man ehrlich ist, dann ist „Jurassic World“ ein visuell starker und vor allem in der zweiten Hälfte spannender Blockbuster geworden, der zweifelsohne viel mehr Nostalgiefaktor hätte beinhalten können, mit geschickt gesetzten Reminiszenzen aber immer wieder Bezug auf „Jurassic Park“ nimmt und alleine durch seine eindrucksvoll bebilderte, wenn auch ab und an etwas zu CGI-lastige, Welt vollends überzeugen und einen zumindest etwas in alte Zeiten zurückversetzen kann. Denn innovativ ist der neu gegründete Erlebnispark allemal. Er wartet mit vielen neuen Attraktionen auf. Dr. Hammonds Traum, der Evolution einen Streich zu spielen, scheint aufgegangen zu sein, wäre da nicht das Verlangen des neuen Besitzers nach einem größeren, brutaleren und spektakuläreren (was sich auch irgendwie auf das Credo von Regisseur Colin Trevorrow übertragen lässt) Dino gewesen: der Indominus Rex.
Er ist, neben Raptoren, Bracchiosauren und Co., der unangefochtene Star des Films. Während sich die zu tragende Last in „Jurassic Park“ auf die Schultern der Dinos und auch der starken Charaktere um Dr. Hammond, Dr. Grant und Dr. Malcolm gleichermaßen verteilte, setzt man in „Jurassic World“ ausschließlich auf brachiale Reptilgewalt und lässt seine Figuren etwas außen vor. Die sind nämlich allesamt recht schwach gezeichnet, (bis auf den ziemlich coolen Chris Pratt) relativ austauschbar und überlassen ihren tierischen Mitbewohnern aus der Kreidezeit den Vortritt. Wofür es da einer halbstündigen Exposition bedarf, ist mir ebenso schleierhaft wie das Verwursten von den recht fehlplatzierten Subplots.
Sei es drum: Mit „Jurassic World“ ist die Dino-Reihe im Hier und Jetzt des Blockbuster-Kinos angekommen. Im Kino, das sich ausschließlich durch visuelle Strahlkraft (mit seinem Höhepunkt im gigantomanischen, dick aufgetragenen Ende) und den ein oder anderen markigen Spruch, nicht aber durch besonders interessante Charaktere definiert. Das ist schon etwas schade, ändert aber nichts daran, dass man beste Unterhaltung geliefert bekommt und nach knapp 14 Jahren Abstinenz froh ist, endlich mal wieder gemeinsam mit dem Freiwild Mensch durch die Wälder von Islar Nublar streifen zu können.
„Minnesota ist wie Sibirien. Nur die Restaurants sind etwas netter“, sollen die Coen-Brüder mal über ihre Heimat im Mittleren Westen der USA gesagt haben. Klimatisch sind sich beide Regionen tatsächlich sehr ähnlich, doch so richtig freundlich scheint es in den verschneiten Provinznestern zwischen Fargo (North Dakota) und Brainerd nicht wirklich zuzugehen. Distanziert, schroff, misstrauisch ist man hier. Ab und an auch etwas aufbrausend, abweisend und doch hat dieser gewisse Looser-Typus vom Land mit seiner unkommunikativen, dusseligen und leicht dümmlichen Art etwas Sympathisches an sich. Hier spricht man nicht oft miteinander. Und wenn, dann tut man es mit erhobener Stimme, laut, krächzend, schonungslos ehrlich oder aber man redet gänzlich aneinander vorbei. "Fargo" gibt einen unverhohlenen, pessimistischen, aber irgendwie auch realistischen Blick auf einen Zustand, der sich zweifelsohne auch auf die zwischenmenschlichen Beziehungen über die Grenzen von Minnesota hinaus projizieren lässt.
Natürlich spielen die Coens dabei mit den Klischees der rauen Hinterwäldler-Bevölkerung, die neben ihren typischen Ausdrücken wie „Oki-Doki“, „Jepp“ und „Oh Jeez“ eher einen beschränkten Wortschatz zu haben scheint. Doch es ist nicht Bosheit, die sie dazu antreibt, sondern die Verbundenheit zu ihrer Heimat. Sie wissen, wie die Uhren einer Gesellschaft, in der das Individuum nicht zuletzt durch Ungereimtheiten und einer Menge Missverständnisse nur noch an sich denkt und glaubt, ticken. Wie es sich an diesem verlassenen Fleckchen Erde mit viel Schnee und sonst nichts lebt. Und sie verstehen es perfekt, diese Lebensart liebenswürdig in einem Film zu verpacken.
Ihre komödiantisch-dramatische Krimi-Groteske rund um einen nicht plangemäß verlaufenen Entführungsfall verfrachten die Coens genau in dieses nicht allzu oft verfilmte Milieu mitsamt seiner gleichzeitig verlassenen und doch einladenden Schneelandschaft, die das Blut der gerne und gezielt eingesetzten Splattereinlagen hervorragend kontrastiert. In Minnesotas Provinzialität, eingefangen von einer virtuosen Kameraführung, die oft nah an den Charakteren ist und einen wohligen 90er Flair versprüht, darf sich der achtsame Cast um William H. Macy, Frances McDormand, Steve Buscemi und Peter Stormare mit leichtem Overacting austoben und seine Figuren in eine brenzlige Situation nach der anderen manövrieren.
Das gibt unterm Strich eine runde Mischung aus stellenweise nervenzährender Spannung, gelegentlichem Witz, Tragik und Schrägheit, kurz und knackig in 98 Minuten verpackt und mit dem Herz definitiv am rechten Fleck. In meinen Augen ist "Fargo" kein Meisterwerk wie etwa „The Big Lebowski“, aber dennoch ein äußerst gelungenes und erinnerungswürdiges Relikt aus den Mittneunzigern, das sich ganz coensch abseits des Hollywood-Mainstreams bewegt und gerade durch diese perfektionierte Bizarrerie hervorragend funktioniert.
„No writer worth his salt can resist a good story, just as no politician can resist making promises he can't keep.“
Frank Underwood hat es geschafft. Nach all den Intrigen, all den Kurswechseln und all den Personen, die er fallen bzw. hinter sich gelassen hat, sitzt jener Mann, der seine Zigaretten lieber in Schubladen und Regalen aufbewahrt und guten Rippchen nie widerstehen kann, dort, wo er schon immer hin wollte: Im Oval Office. Das eröffnet nicht nur ihm als Präsidenten, sondern auch der Serie an sich ganz neue Möglichkeiten. Anstatt sich konspirativ und immer an der Grenze der Legalität hochzuarbeiten, ist Underwood bereits ganz oben angekommen und muss sich im eigenen Land gegen mögliche neue Präsidentschaftskandidaten, Widersacher in den eigenen Reihen und außenpolitisch vor allem gegen den russischen Präsidenten behaupten.
Keine Sorge! Underwood hat nichts von seiner Skrupellosigkeit verloren, verzückt den Zuschauer beim Durchbrechen der vierten Wand jedes Mal wieder mit einem flotten Spruch zwischen den Lippen und weiß immer noch nur zu gut, wie er seine Mitmenschen manipulieren, für sich gewinnen oder gegeneinander ausspielen kann. Nur geht es in der dritten Staffel eben nicht mehr um industrielle Lobbyisten wie Raymond Tusk, sondern um den Nahostkonflikt und um die sich verschärfende Beziehung zu den Russen. Das gleiche Muster also, nur eben eine Stufe höher. Weltpolitik halt.
Neben einem wieder einmal herausragenden Kevin Spacey bekommt vor allem Robin Wright als First Lady immer mehr Möglichkeiten, ihr schauspielerisches Talent und (als Figur) auch ihre Macht und den Hunger nach Eigenständigkeit unter Beweis zu stellen. Kurz vor dem grandiosen Ende der dritten Staffel, das mehr Vorfreude auf die bereits angekündigte vierte Season nicht hätte schüren können, gibt es eine Szene, in denen beide am absoluten Limit spielen, an der Grenze zur Realität. Sie stehen sich im Oval Office gegenüber, zwei vielsagende Blicke, ein genialer Moment.
Warum also nicht 10 Punkte für die geniale Fortführung einer Serie, die es stets schafft, mich die Zeit vergessen zu lassen und mir somit wertvolle Stunden Schlaf vor einem Arbeitstag raubt? Nunja, der ein oder andere Subplot hat etwas zu viel Gewicht bekommen hat. Michael Kelly als Doug Stamper ist mal wieder phantastisch, doch wird seine Rolle mir gelegentlich etwas zu präsent. Ansonsten aber ist "House of Cards" hervorragend gelungen: schwarzhumorig, politisch ab und an unkorrekt, selbst wenn es um Politik geht und auch spannungstechnisch ganz groß.
Ungewöhnlich und verglichen mit den bisherigen Staffeln gänzlich neu ist, dass Underwood dieses Mal quasi permanent mit dem Rücken zur Wand steht, aus dem Jäger wurde der Gejagte, der sich gemeinsam mit seiner Frau behaupten muss. Nicht immer fair, nicht immer moralisch korrekt und auch nicht immer nach dem Willen der Bevölkerungsmehrheit. Doch wie pflegte Francis Underwood, damals noch als Vizepräsident, stets zu sagen?
“Democracy is so overrated.”
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass „Goal – Lebe deinen Traum“ an der bewehrten Dramaturgie des Sportfilmgenres festhält, seinen aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Protagonisten Rückschläge hinnehmen und kämpfen lässt, nur um ihm am Ende doch noch symbolträchtig den roten Teppich auszulegen, ohne mit Heldenpathos zu geizen. Auch der deutsche Titelzusatz „Lebe deinen Traum“ wird bis zum Ende repetitiv und nicht immer glaubwürdig ausgeschlachtet, fast schon kindlich-naiv propagiert. Das ist alles nicht gerade mutig oder gar revolutionär, tut dem Endprodukt allerdings keinen Abbruch. Denn Regisseur Danny Cannon weiß, an welchen emotionalen Fäden er ziehen muss, um nicht nur den Sportenthusiasten mitzureißen und ihm gelegentlich sogar den ein oder anderen Gänsehautmoment zu liefern.
Im Handlungszentrum steht neben dem Sport ein tragischer und bewegender Vater-Sohn-Konflikt, verhärtet durch die weite Entfernung zwischen dem aufstrebendem, mexikanisch-stämmigen Fußballer Santiago Munez im englischen Newcastle und seinem Padre in der Unterschicht von Los Angeles. Dabei verfällt „Goal – Lebe deinen Traum“ nie der Versuchung, zu einer Latino-Seifenoper zu mutieren und seinen sportlichen Kontext zu vernachlässigen, bringt die dramatische Komponente trotzdem wirkungsvoll zur Geltung. Dazu trägt auch der nahezu unbekannte Cast bei, der von Fußballgrößen wie David Beckham, Zinédine Zidane, Raúl oder Steven Gerrard unterstützt wird, welche freilich nicht mit großartiger Mimik sondern eher mit fußballerischem Talent glänzen können.
Oliver Kahns Forderung nach Eiern („Eier, wir brauchen Eier!“) ist „Goal“ sicherlich nicht nachgekommen, dafür hat man zu viele einzelne Elemente schon allzu oft gesehen. Doch aus diesen Versatzstücken wurde ein stimmiges, mitreißendes und auch bewegendes Ganzes zusammengefügt. Keine „europäische Weltklasse“ (Felix Magath), aber auch keine „blinde Bratwurst“ (Freddie Bobic). Ich sag’s einfach mal in den Worten von Andreas Möller, das ist glaub ich verständlicher: „Vom Feeling her hatte ich ein gutes Gefühl.“
Stolz flattern die „stars and stripes“ im Vorgarten eines Anwesens irgendwo in einem wohlbehüteten, amerikanischen Vorort. Piekfeiner Rasen, gepflegte Fassade, ein gutbürgerliches Leben eben, das der Patriarch des Hauses, der gerade seine Bäume feinjustiert, führt. Hier, tausende Kilometer entfernt vom Übel namens Krieg, da sind sie stolz auf ihr Land, auf ihre Flagge, auf ihre Soldaten, die als junge Männer aus blindem Patriotismus ihre Liebsten zurücklassen, im Glauben etwas Gutes zu tun. Und im Ernst-, sprich im Todesfall, da muss es Männer geben, die genau diese Vorstadtidylle, dieses behütete Haus mit dem selbstbewusst präsentierten Fahnenmast und dem nichtsahnenden Vater auf der Veranda zerstören und die Nachricht vom plötzlichen Gefechtstod des Sohnes, der Tochter oder des Partners übermitteln müssen. Männer, die selbst Soldaten sind und wissen wie es ist, nahestehende Personen plötzlich zu verlieren. Männer, die trotz aller mitreißenden Tränen, trotz all der markerschütternden Verzweiflungsschreie kühl, distanziert und gefasst bleiben müssen, ihre Erfahrungen im Alkohol ertränken. Männer wie Will Montgomery (Ben Foster) und Anthony Stone (Woody Harrelson).
„The Messenger – Die letzte Nachricht“ geht seine Anti-Kriegs-Haltung ganz anders an als Filme mit vergleichbarer Thematik. Nicht mit dem Krieg selbst, nein, mit der Trauer, die dieser im eigenen Land bei den Hinterbliebenen, bei denjenigen, die eigentlich gar nichts dafür können, auslöst, verbreitet einem Regisseur Oren Moverman ein flaues Gefühl in der Magengegend. Die einzige Bombe, die platzt, ist die unvermittelte Nachricht des Todes und die darauf folgenden Gefühlsausbrüche der Trauernden – mal aggressiv, mal zutiefst emotional und gelegentlich auch einfach apathisch. Und nach und nach – wenn der Film im Mittelteil langsam etwas stagniert, scheinbar nichts mehr neues zu erzählen hat und sich mitunter etwas in die Länge zieht, da entlarvt „The Messenger“ auch subtil die Psyche der beiden Hauptprotagonisten. Gebrochene, bemitleidenswerte Gestalten, denen die tägliche Handhabe mit Trauer und Tod mehr zusetzt, als sie öffentlich zugeben dürfen.
Gerade in diesen Momenten kitzeln Ben Foster und Woody Harrelson wirklich alles aus ihren Performances heraus, vollziehen einen eindrucksvollen Wandel vom kühlen Soldaten zum nahbaren Menschen und tragen mit dazu bei, dass „The Messenger“ trotz seines leicht unrunden Mittelteils den Nagel präzise auf den Kopf trifft und seine pazifistische Grundaussage ohne eine einzige Kugel, ohne ein einziges Gefecht, ohne einen einzigen, zerstörerischen Panzerschuss absolut glaubwürdig auf Leinwand bannt. Denn wäre es nicht viel schöner für den Patriarchen, auf seinem Anwesen irgendwo in einem wohlbehüteten, amerikanischen Vorort, mit seinem piekfeinen Rasen und seiner gepflegten Fassade gemeinsam mit seinem Sohn Fußball spielen zu können, anstatt sich vergebens auf seinen Heimaturlaub in der nächsten Woche zu freuen? Eine wahrlich herzerwärmende, wenn auch ziemlich blauäugige Vorstellung…
Wenn ich daran zurückdenke wie oft und leidenschaftlich ich damals mit meinem Nachbarn "Tomb Raider" auf dem PC gezockt habe, dann wird mir beim Anblick dieser Farce fast schon schlecht. Das Videospiel hatte etwas an sich: Eine klare Linie. Spannung, weil man nicht wusste, wann denn nun der nächste Bär, Wolf, oder die nächste lebendige Statue um die Ecke kam. Suchtpotenzial, weil man an einer gewissen Stelle mal wieder nicht weiter kam, sie aber bis zum Erbrechen immer und immer wieder wiederholte, bis man es schließlich geschafft hatte.
Simon Wests Adaption hat mit Spannung und Suchtpotenzial in etwa so viel zu tun wie "Call of Duty" mit Kriegsabschreckung. Eine klare Linie, ja die kann man der "Tomb Raider"-Verfilmung attestieren. Doch besteht die darin, ein Konzept, das als Game so wunderbar funktioniert hat, seelenlos und ohne Verve zu verwursten. Die Action ist ganz ok und die Kulissen nett anzuschauen, aber ansonsten hat dieser "Indiana Jones" für Arme nichts, was irgendwie auch nur im Ansatz außerordentlich gelungen wäre. Angelina Jolie fungiert mit aufgeblasenen Titten, knappem Höschen und ner Wumme in der Hand mehr als Wichsvorlage, denn als treibende Kraft eines ernstzunehmenden Action-Abenteuerfilms und auch die restlichen Darsteller um Jon Voight und Daniel Craig scheinen allesamt unterfordert und uninspiriert zu sein. Wären wenigstens die visuellen Effekte gut gewesen, hätte man (neben Jolie) zumindest optische Glanzpunkte setzen können, doch auch die waren ein Schuss in den Ofen, weshalb man nur den Rat geben kann:
Für Spaß und Unterhaltung bitte lieber zum Computerspiel greifen und die Nächte durchsuchten, zur Masturbation die Freundin oder Youporn fragen, aber Finger weg von diesem Quatsch.
Aufgepasst Leute!
Wie einige bereits mitbekommen haben, starteten MaceWindu1998 und ich vor einiger Zeit eine Filmbewertungsreihe, in der wir jeden Montag (oder auch manchmal etwas später ^^) einen Film von Steven Spielberg vorstellten bzw. rezensierten. Wer davon noch keinen Wind bekommen hat und an den verschiedenen Punktevergaben und Kommentaren interessiert ist, darf gerne die entsprechende Liste in meinem Profil durchforsten (Link: http://www.moviepilot.de/liste/zwei-vom-jungen-schlag-macewindu-und-huababuar-in-den-wirren-der-weiten-filmwelt-huababuar).
Nun hat uns das Projekt derart viel Spaß gemacht und auch bei euch kam es relativ gut an, dass eine zweite Staffel bereits in Planung ist. Überbegriff soll wieder ein Regisseur sein und da kommt ihr ins Spiel... Denn die Entscheidungsfindung fällt uns ziemlich schwer. Deswegen wäre es nett, wenn ihr einfach mal ein paar Vorschläge in die Kommentare haut. Wir werden die dann durchgehen und schon bald mit der zweiten Staffel anfangen.
Die Kriterien sind, dass der vorgeschlagene Regisseur bereits mehrere Filme produziert hat, denn auch die nächste Staffel sollte mindestens 6 Folgen haben, dass sowohl Marc als auch ich noch nicht allzu viele Kommentare zu beiden geschrieben haben und dass wir zu möglichst vielen Filmen freien Zugang haben (sei es über bereits vorhandene DVDs, Amazon Prime oder den TV) und nicht allzu viel Geld in die Hand legen müssen, das ist bei uns jungen Burschen bekanntlich des Öfteren knapp.
Also überrascht uns mit euren Vorschlägen, verkopft euch nicht zu sehr (einfach alles drunter schreiben, woran ihr interessiert seid) und gebt uns gefälligst Stoff, ihr Fotzen, ääähhm Lieben! :)
Sehr interessanter Blog-Artikel, wirklich :) Auch dein BMIYC ist absolut lesenswert, ich glaub, ich lass dir gleich mal ne Freundschaftsanfrage da. :)
In den suburbanen Wirren des Los Angeles der 90er Jahre, inmitten von deutschen Nihilisten, empfängnisbereiten Feministinnen, bowlenden Sexualstraftätern und obskuren Pornoproduzenten, gibt es einen Mann, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt und noch Augen für die wichtigen Dinge des Lebens besitzt: White Russian, Gras, seine Creedance Clearwater Revival Schallplatten, Bowling und allen voran natürlich für seinen bekackten, pardon, bepissten Teppich, der sein leicht heruntergekommenes Wohnzimmer erst so richtig gemütlich gemacht hat. Die Rede ist natürlich vom Vollzeit arbeitslosen Dude alias His Dudeness, Duder oder auch El Duderino (falls einem das mit den Kurznamen nicht so liegt). Eine Kultfigur, so stilvoll mit Bademantel und Jesuslatschen gekleidet, so höchst eloquent ("Yeah, well, y’know, that’s just, like, uh, your opininion, man.“) und mit einer solchen Ausstrahlung, wenn er selbstgefällig über sein hippes Pennerleben palavert, dass man sie einfach mal erlebt haben muss.
„This is what happens when you fuck a stranger in the ass!“
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten wie man zu diesem Essenzwerk der Coen-Brüder stehen kann: Entweder man vermag mit der skurrilen, abgedrehten und oft auch politisch unkorrekten Art und Weise des Humors so gar nichts anzufangen, oder aber man hyped diesen Film mit seinen perfekt geschliffenen, urkomischen und intelligent pointierten Dialogen so dermaßen, dass man sich die enthaltenen Lebensweisheiten quasi selbst einverleibt. Ich für meinen Teil habe „The Big Lebowski“ inzwischen mit Sicherheit schon öfter gesehen als der Dude zusammen mit dem leicht cholerischen Vietnam-Veteranen Walter Sobchack und ihrem bemitleidenswerten Freund Donny in der Woche bowlen gehen kann und lebe schon selbst seit einigen Monaten als deutsches Dude-Pendant mitten in Bayern. Geile Scheiße. Das liegt nicht zuletzt an meinem Biologie-Lehrer, seinerseits mit dudeistischen Zügen, durch den der Unterricht nicht selten zu einer wahren Zitatenschlacht avancierte.
Wenn Walter beim Übertreten der Linie mit der „world of pain“ droht, seinen Aussagen ein kräftiges „Am I wrong?“ anfügt und Donny mit einem harschen „Donny, you’re out of your element!“ oder „Shut the fuck up, Donny!“ anfährt, wenn der Dude laissez-faire zu seinem Lebensmotto erklärt, an seinem T-Shirt riecht, um zu testen, ob es schon irgendwie modrig stinkt oder er es noch anziehen kann, oder er einfach nur zu Walgesängen in der Badewanne gemütlich einen durchzieht, dann erzeugt dieses komödiantisch-überkandidelte Meisterwerk genau die richtige Mischung aus purer Begeisterung, lockerer Heiterkeit und einer gewissen Nostalgie in mir. „The Big Lebowski“ beinhaltet so viele ikonische Szenen, vom anfänglichen Toilettentauchgang, über Jesus, bis hin zum falschen Hasen, dass man sie alle gar nicht aufzählen könnte.
Dabei lebt dieser Film ganz und gar nicht von seiner interessanten oder gar spannenden Geschichte. Die könnte – trotz erwähnenswerter Erzählstruktur - behämmerter kaum sein. Die Coens beweisen eindrucksvoll, dass es auch ohne große Story geht, dass man nur mit genialen Dialogen und schrillen Charakteren lustig sein kann und zwar auf ganz andersartige, eben coensche, Weise mit einer gewissen Abgefucktheit in jeder Sequenz. Da droht die mindestens ebenso heruntergekommene, simpel gehaltene, aber schlichtweg grandiose Atmosphäre von Los Angeles samt der phantastischen Countrymusik-Untermalung fast schon unterzugehen.
Zu den Klängen von „Looking out my back door“, „Viva Las Vegas“, „Hotel California“ und "Oye como va" tobt sich ein Cast aus, dessen einzelne Bestandteile man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Jeff Bridges in der Rolle seines Lebens, John Goodman als heimlicher Star des Films, der als Walter mindestens genauso in die Filmgeschichte einging wie der Dude selbst. Außerdem noch Julianne Moore, Steve Buscemi, Philip Seymour Hoffman, John Torturro, Peter Stormare und noch viele mehr.
Alle Teil einer DER Komödien schlechthin. Die perfekte Allzwecklösung gegen schlechte Laune, für einen gelungenen Abend mit den Freunden oder aber auch zur Kompetenzerweiterung für Konfliktlösung. Denn wenn ihr mal wieder blöd von der Seite angemacht werdet, wegen eurer Lebenseinstellung, eures leicht abgewrackten Aussehens, eurer eher begrenzt gemäßigten Wortwahl, oder aber, noch schlimmer, euch jemand gar auf den heißgeliebten Teppich pinkelt, dann haltet es einfach mit den Worten des Dudes, meine Lieben: „I do mind, the Dude minds. This will not stand, ya know, this aggression will not stand, man.“
Wuhu!! Danke :) Freut mich echt. Genießt mal schön die Sonne, ihr Lieben!
Am Ende, da ist „Das Leben des David Gale“ trotz seiner unterschwelligen Klischeebehaftung und zwischenzeitlichen Durchhänger im entscheidenden Moment nicht zuletzt auch wegen seines grandiosen Soundtracks erschütternd bis aufs Mark. Bis zum letzten Augenblick hat Alan Parker seine Geschichte über den Philosophiedozenten und entschiedenen Todesstrafengegner David Gale (Kevin Spacey) gespannt und seinem Publikum die so brennende Frage auferlegt: Kann dieser intelligente und eloquente Mann einen grausamen Mord begangen haben? Wird er selbst an dem Platz enden, gegen den er Jahre lang protestiert hat – dem elektrischen Stuhl? Ist ein zu Unrecht gebrandmarkter Vergewaltiger auch gleich ein Mörder? Die Auflösung hat es – ohne zu viel verraten zu wollen – wirklich in sich, ist trotz ihrer etwas weit hergeholten Konstruktion absolut wirkungsvoll.
„Keiner, der durch dieses Glas sieht, sieht einen Menschen. Er sieht ein Verbrechen. Ich bin nicht David Gale. Ich bin ein Mörder und Vergewaltiger genau vier Tage vor seiner Hinrichtung.“
In seiner Mixtur aus Gerechtigkeitsdrama und Kriminalthriller weiß Parker genau, wie er das erzkonservative, mitunter fehlerhafte und manipulative Rechtssystem Texas‘ zu entlarven hat. Was allerdings fehlt, ist ein klares Statement. Der Film nutzt das heikle Thema der Todesstrafe als Spannungselement, als eine Art Zeitbombe, die vor ihrem Ablauf entschärft werden muss, doch so richtig nimmt er sich dem Thema nicht an und lässt es leider ziemlich unkommentiert stehen. Das ist schade, hätte das doch aus einem wahrlich guten Film einen sehr guten gemacht.
Viel präsenter und auch eindrucksvoller gezeichnet ist der Wandel eines Mannes, angesiedelt in der oberen Mittelschicht, dessen Leben durch ein einziges Ereignis langsam aus den Fugen gerät und einen fröhlichen Lebemann zum psychischen Wrack degradiert, hervorragend und wandlungsfähig gespielt von Schauspielgott Kevin Spacey, dessen Präsenz eigentlich immer ein vollkommener Wohlgenuss ist. Auch Kate Winslet ging mir erstaunlicherweise nicht auf die Nerven und performt mehr als ordentlich.
So bleibt „Das Leben von David Gale“ ein sehenswerter, spannender und doch recht bedrückender Streifen mit ansehnlichem Texas-Flair, der sich seiner interessanten Thematik durchaus bewusst ist, sie aber letztendlich leider nicht komplett ausfüllt.
“Es gibt falsch, sehr falsch und das hier.”
Wenn man „Sin City“ guckt, dann kommt das einer wirklich heiklen Gratwanderung gleich. Der Abgrund der einen Seite ist reserviert für diejenigen, die sich am visuellen Erguss der Miller-Rodriguez-Koproduktion ergötzen, das Zitatenreichtum der Dialoge respektive Voice-Overs grenzdebil abfeiern und vor lauter Euphorie beschwingt über die unverkennbar nihilistische Substanzlosigkeit der einzelnen Kurzgeschichten hinwegsehen können. Für den Rest ist BaSIN City mitsamt seiner ausgebrannten und lasterhaften Bevölkerung eine einzige befremdlich-absurde Freakshow, ein Paradebeispiel von „Style over Substance“.
Und ja, auch für mich war „Sin City“ phasenweise wirklich zu „drüber“, zu ekstatisch, zu trashig, doch sich der Magie von Miller und Rodriguez zu entziehen war ein Ding der Unmöglichkeit. Dafür löste Basin City, dieser schwarz-weiße Sumpf aus Trostlosigkeit und Verbrechen, in dem das Individuum regelrecht versinkt, in dem sich alle menschlichen Laster – von der Gewalt, über Rache, Sex usw. – konzentrieren, eine viel zu große, hypnotische Wirkung auf mich aus. Die Polizeisirene wird im Kanon angestimmt, das Wetter passt sich der Tristheit des Ortes an, es stinkt nach Rauch (handgezählte 29 Zigaretten), Alkohol und Tod.
"Geh um die richtige Ecke in Sin City und du kannst alles finden."
Was „Sin City“ ausmacht, ist diese unfassbare Coolness, die mir zuvor noch bei keinem Film untergekommen ist. Eine Coolness, die nie aufgesetzt, nie deplatziert wirkt. In jedem Dialog, jedem Satz, jedem Buchstaben, in jedem Atemhauch steckt Coolness, in jeder Kameraeinstellung, jeder Actionszene und Gewaltdarstellung – und sei sie noch so explizit und überspitzt. Ein unnachahmlicher Style, eine Poesie der Bilder und Worte – überwiegend gehalten in schwarz und weiß.
Alleine der Look dieser Comic-Adaption, die die Bezeichnung „Adaption“ aufgrund ihrer Ursprungstreue und der cartoonartigen Bebilderung auch wirklich verdient hat, zeugt vom großen und visionären Regietalent Robert Rodriguez', der hier visuell wirklich neue Grenzen gesetzt hat. „Sin City“ ist vom rein betrachtenden Standpunkt aus purer Sex, eine phantastische Kreuzung aus simplem Neo-Noir und künstlerischer Exzentrik und noch dazu die Vereinigung eines bombastischen Casts mit Schauspielern, die anderswo teilweise mehr und teilweise weniger überzeugen können, hier aber passen wie die Faust aufs Auge.
Und selbst wenn man sich dann in den letzten 10 Minuten etwas satt gesehen hat, schön langsam das Ende erwartet und sich fragt, wann Rodriguez denn nun endlich den letzten Punkt an seinen genial konstruierten, verschachtelten, filmrhetorisch piekfeinen Satz fügt, überwiegt am Ende die Begeisterung und das beschleichende Verlangen nach einer Zigarette in einer abgefuckten Bar irgendwo in Basin City. Gemeinsam mit Marv, Shellie und all den anderen.
“Ein alter Mann stirbt. Ein junges Mädchen lebt. Fairer Tausch.”
„Ein Mensch, der für nichts zu sterben gewillt ist, verdient nicht zu leben.“
Über diesen Aphorismus von Martin Luther King lässt sich vortrefflich philosophieren. Wofür würde man sterben? Für die Familie? Für die engsten Freunde? Für ein ganz bestimmtes Ziel? Für Gott? Der sogenannte Dschihad rechtfertigt Letzteres. Einen Kampf auf dem Wege Gottes bzw. Allahs, selbst wenn es das eigene und bei ultrakonservativer Auslegung das Leben anderer kostet.
"Traitor" mag alleine von der Erscheinung (Cover, Kurzbeschreibung) her wie ein gewöhnlicher Politthriller mit dem Schwerpunkt Terrorismus wirken. Doch wie Regisseur und Drehbuchautor Jeffrey Nachmanoff diese extrem verdrehte Auslegung des Islam enttarnt, ist ob des geringen Bekanntheitsgrades dieses Films äußerst erstaunlich. Hier gibt es kein Gut und Böse, keinen amerikanischen, pathetisch gefeierten Helden auf der einen und den grausamen Araber auf der anderen Seite. Nachmanoffs verzwickter Thriller weist Grauschattierungen auf und erweist sich dabei durchaus als USA-kritisch. Denn im Töten von Unschuldigen (auch in den eigenen Reihen) geben sich die Vereinigten Staaten und der islamistische Terrorismus nicht viel. Diese These vertritt "Traitor" löblicherweise, führt sowohl die amerikanische Paranoia, die scheinbar jedes Mittel zur Sicherheit legitimiert, als auch das exaltierte Gedankengut des Extremismus, das den Dschihad als eine Antwort auf die Kreuzzüge sieht, ad absurdum.
Und auch jenseits des beide Seiten äquivalent kritisierenden Subtextes ist "Traitor" ein richtig gelungenes Endprodukt geworden. In einer authentischen, atmosphärischen Dichte, durchzogen von vielen Kulissenwechseln und fein eingesetzter Musik, geht Don Cheadle in seiner ganz ruhigen, besonnen und charismatischen Art voran, seinen Dackelblick immer in petto, und liefert sich mit Guy Pearce eine extrem packende Hatz über den gesamten Globus, die es gar nicht nötig hat, durch übermäßig auftretende Actionszenen an Schauwert zu gewinnen. Nachmanoff zieht geschickt an den Spannungsschrauben, dreht mit einzelnen Plottwists immer weiter an ihnen und lockert seinen Griff erst ganz am Ende. Filmfreunden des unbekannteren Politthriller-Kinos jenseits von Hollywoodpathos und Heroismus wird das imponieren. Die anderen dürfen gerne zu den "größeren" und weitaus actionlastigeren Alternativen "Der Mann, der niemals lebte", "Operation: Kingdom" oder "Green Zone" greifen, (gegen die ich persönlich aber auch nichts habe).
Zwei vom jungen Schlag – Mace Windu und Huababuar in den Wirren der weiten Filmwelt
Staffel 1: Steven Spielberg
Folge 9: In München geht es munter zu – auch ohne Bayern München (buh!)
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Der letzte Eindruck zählt, heißt es immer. Und mit „München“ hinterlässt Steven Spielberg in unserer Bewertungsreihe nicht gerade den besten, letzten Eindruck. Was waren meine Erwartungen hoch. Mit der Geiselnahme von München (1972) ein äußerst interessantes und aufgrund der immer noch anhaltenden Legitimationsfrage eines Palästinenserstaates brisantes Thema, ein namhafter Cast und die Hoffnung tief in mir, Spielberg würde mir im 21. Jahrhundert mal wieder einen richtigen Knaller servieren. Tja, Pustekuchen! Aus „München“ ist ein solide inszenierter, gut gespielter, aber extrem in die Länge gezogener und deshalb auch nur mäßig spannender Politthriller geworden.
Die anfängliche Skepsis, der Jude Spielberg würde ob des heiklen Themas eine anti-palästinensische, plakativ-pauschalisierende Haltung propagieren, legte sich schnell, denn Spielberg bleibt Spielberg. An einem ernsthaften Diskurs über den Nahostkonflikt ist er nicht interessiert. Nur in wenigen Momenten durchleuchtet er kurz und flüchtig die Standpunkte der einzelnen Parteien, lässt sie aber gänzlich unkommentiert. Stattdessen vermischt er Historie mit Fiktion und nähert sich den Ereignissen vielmehr über das Einzelschicksal und die Gewissenskonflikte der Hauptfigur, eines israelischen Agenten, der für die Ermordung der palästinensischen Attentäter verantwortlich ist, an. Vielleicht muss man sich im Falle der Enttäuschung über den nicht vorhandenen historischen Mehrwert einfach auch eingestehen, dass Spielberg die politische Brille nicht stehen würde. Er bleibt seiner humanistischen, ethischen und mitunter etwas naiven Weltansicht treu, wirft die Frage auf, wie weit man als souveräner Staat Gesetzmäßigkeiten außer Acht lassen darf und liefert die hinlänglich bekannte Erkenntnis, dass Gewalt zu gleichsam zerstörerischer und existenzbedrohender Gegengewalt führt.
Neu ist das nicht wirklich, doch hätte diese äußerst reizvolle Nebenthematik der damaligen Anschläge durchaus sehenswert verfilmt werden können. Leider aber wird das Geschehen viel zu breitgewalzt, dröge vorgetragen und einfach nicht unterhaltsam genug erzählt. Szenen erscheinen repititiv und wirken teilweise wie willkürrlich aneinander gereit. Die Charaktere sind nicht wirklich interessant und im sich stetig immer weiter drehenden, viel zu großen Personenkarussel allesamt austauschbar. Dass „München“ dabei überraschenderweise einer von Spielbergs blutigsten Werken ist und gelegentliche Spannungsspitzen wirklich zu überzeugen wissen, täuscht leider auch nicht darüber hinweg, dass dieser Filmstoff einiges mehr hergegeben hätte. Doch dafür hätte man die Lauflänge erst einmal um eine gute dreiviertel Stunde kürzen, die Handlung etwas eindämmen und sich vielleicht noch mehr auf seine Figuren konzentrieren müssen.
Vielleicht findet Spielberg irgendwann mal wieder zu alter Stärke zurück, ich würde es mir wünschen angesichts der Meisterwerke, die dieser Mann früher vom Stapel gelassen hat. Doch es scheint, als blättert der Lack dieses Goldjungen immer mehr ab. Darunter ist keineswegs wertloses Altmetall, doch der Rost setzt unweigerlich an.
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Bis Marc und ich rostig werden, dauerts noch ein bisschen. Deswegen wird es nach einer kurzen Verschnaufspause auch weiter mit unserer Serie gehen. Wir haben schon einige Ideen und werden in den nächsten Tagen eine Entscheidung über das neue Thema fällen. Falls ihr noch Vorschläge habt, immer her damit.
Achja, Marc wohnt zwar in Frankfurt und damit viel weiter von München weg als ich es tue. Aber man hat mir gesagt er hat sich auch zwischen Marienplatz und Hofbräuhaus rumgetrieben. Hier mehr dazu: http://www.moviepilot.de/movies/muenchen/comments/1328337
ACHTUNG, ACHTUNG! In folgendem Kommentar könnte es unter Umständen zu überschwänglichen Lobeshymnen, ausfallenden Ausdrücken und lyrischen Wortfetzen kommen, die schlichtweg daher rühren, dass der Verfasser noch immer an einer akuten Überdosis Action leidet.
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Stellt euch vor, ihr seid gerade nicht wirklich gut drauf. Stellt euch vor, euch könnten gerade ziemlich viele Personen am Allerwertesten lecken. Stellt euch vor, um genau diese bescheidene Stimmung nach oben zu drücken, geht ihr ins Kino, mit der Intention, euch einen Streifen anzusehen, auf den ihr euch schon seit einer gefühlten Ewigkeit freut. Und zu allem Überfluss, weil ich eure Phantasie nun überstrapazieren will, stellt ihr euch vor, dieses Monster von Film kriegt eure Mundwinkel (und euer Gemächt) schneller nach oben, als es die heißeste Braut dieser Erde - also Amber Heard - je schaffen könnte.
Jungs aufgepasst, hier kommt das wohl wirksamste Aphrodisiakum auf diesem Erdball! Hier kommt die geilste Droge des Planeten, das beste High ever! Hier kommt "Mad Max: Fury Road"!
„Mad Max: Fury Road“ ist Testosteron pur, 120 Minuten Vollkaracho, Zerstörungswut, bloßer Wahnsinn, absolutes Glücksgefühl, anhaltende Gänsehaut, eine zweistündige Erektion. Der heißeste Trip durch die Wüste, der je auf die Kinoleinwand gebannt wurde, mit nur ganz kurzen und rar gestreuten Boxenstopps. Abgefahren, geistesgestört, und einfach nur verdammt geil. „Mad Max: Fury Road“ ist Sand, Staub, Dürre, Blech, Benzin. Ist Feuer, Explosion, Rock’n’Roll. Atemlos (durch das Nichts). „Mad Max: Fury Road“ ist und bleibt Mad Max, vor allem aber auch Furiosa, fabelhaft gespielt von Tom Hardy und Charlize Theron. „Mad Max: Fury Road“ ist Hoffnung und Erlösung, ist Widerstand und Unterjochung, ist Jagd und Flucht – auf der Suche nach dem Unbekannten. „Mad Max: Fury Road“ ist knüppelhart und doch emotional, ist in seiner beschränkten Story einfältig und redundant und doch nie langweilig, ist pathetisch und epochal und doch eben nicht „lediglich" ein schlichtweg perfekt inszeniertes Spektakel.
„Mad Max: Fury Road“ ist mehr als nur der beste Actionfilm seit Langem. Ist eine Ode an die Stärke der Frau, an ihre Emanzipation und an ihre Willensstärke, ein höchst feministisches Statement. Ist eine pessimistische und freilich überspitzte Zukunftsvision einer Welt, die aufgrund des Rohstoffmangels der Tyrannei und dem Chaos verfallen ist. Ist auch eine anklagende Gesellschaftskritik. Ein mahnender Zeigefinger, der verdeutlicht, wie blind schon in unserer jetzigen Welt den Verheißungen eines Diktators gefolgt wird, wohin die widerstandslose Vergötterung eines Herrschers führen kann und wie paradox eigentlich die Antithese von Wasser-/Benzinknappheit und deren simultaner Verschwendung ist.
Und nicht zuletzt ist „Mad Max: Fury Road“ einfach nur die Ansammlung von verdammt viel Regietalent. Das Erzeugnis eines Genies, das es stets versteht, hektische Szenen übersichtlich zu halten, mit innovativen Ideen aufzuwarten, und eine audiovisuelle Liaison zwischen dem meisterhaften Soundtrack und dem umwerfenden Bild zu kreieren, die so wahrscheinlich noch nie da gewesen ist. „Mad Max: Fury Road“ ist Formvollendung, ist Reinkarnation des Actiongenres. „Mad Max: Fury Road" ist alles und doch nur eines: großes Kino. Das, wofür Filme bekanntlich gemacht werden.
Morgen werd' ich dann wohl auch in die Wüste geschickt.
Kurze Frage an alle Schakale, die schon durch den Sand gewattet sind:
Lohnt sich 3D?
Schon in seiner äußerst erfolgreichen "Hangover"-Trilogie thematisierte Todd Phillips die Hinwendung von Mittdreißigern der gehobenen, eigentlich so spießbürgerlichen Mittelschicht zum hedonistischen Exzess ihrer Jugend. In "Old School" sind es nicht Phil, Stu, Alan und Doug in Las Vegas respektive Thailand, sondern Mitch (Luke Wilson), Frank (Will Ferrel) und Beanie (Vince Vaughn), die sich auf alte Zeiten zurückbesinnen wollen und eine Studentenverbindung gründen.
"Old School" klingt nicht nur nach derber Klamotte. Der Film verkörpert geradezu das, was man unter hirnrissigem, sexistisch-nudistischem Humor versteht. Das funktioniert über weite Strecken ganz gut, wenn eine Frauenrunde sich beim Blowjob-Kurs eines Ultraschwulen einschreibt, Männer sich aufführen wie Teenager, die nach wochenlangem Sexentzug auf die Reeperbahn geschickt werden und das sympathisch Komödiantentrio allgemein gute Arbeit leistet, so richtig schön abgeht einfach. Doch spätestens im Mittelteil verliert "Old School" gelegentlich seine Derbheit, auch die Schlagzahl der zündenden Pointen stagniert und der immer präsenter werdende Handlungsstrang über die Beziehungen/Ehen unserer drei Pappnasen beißt sich zunehmend mit der eigentlich vordergründigen Thematik der Studentenverbindung.
Eine Wandlung, die dem Streifen nicht gerade gut tut und das Gesamtfazit schon etwas trübt. Dennoch: "Old School" geht trotz seiner abfallenden Unterhaltungskurve voll in Ordnung, ist vielleicht genau das Richtige, wenn man sich schon ein, zwei Halbe mit den Kumpels getrichtert hat und macht gerade zu Beginn eine Menge Spaß. Vor allem aber gibt uns Todd Phillips mit seinem Frank the Tank so wunderbare Ideen für die nächste Party:
""Wir gehen jetzt flitzen! Nackt durch den Innenhof und von da in die Sporthalle! Kommt Leute macht mit!"
[...]
"Frank, was machst du hier?" - "Wir flitzen!" - "Wer sind wir?" - "Die Anderen kommen noch!"
Wolken ziehen auf über den Hochhäusern Manhattans. Schon die Einstiegsszene von „Margin Call“ ist an Symbolträchtigkeit nicht zu übertreffen. Ein Sturm braut sich zusammen, der sich bald entladen wird. Der große Crash, er steht kurz bevor. Und diejenigen, die sich in den hochgelegenen Bürogebäuden der Investmentfirmen befinden, die täglich mit Wertpapieren handeln, Kalkulationen aufstellen und sich am Ende ihres Arbeitstages in piekfeinen Anzügen den Nutten zuwenden, sind die ersten, die von ihm getroffen werden. Willkommen an der Wall Street! Willkommen in der Finanzkrise 2007!
Willkommen in einem System, das alles ist, nur nicht einfach gestrickt: schnelllebig, risikobehaftet, komplex, unvorhersehbar, profitgeil, hierarchisch, anonymisiert und egoistisch. Eine Berufswelt, deren Zugehörigkeit intern als „Leben“ und deren Ausschluss als „Sterben“ bezeichnet wird und die im Falle einer Implosion nicht nur Auswirkungen auf ihre autokratischen Dirigenten und deren Geigenspieler, sondern auch auf die gesamte Bevölkerung weit unter ihnen hat, hatte und immer haben wird. Nicht nur in New York City, nicht nur in den USA, sondern auf der ganzen Welt.
Drehbuchautor und Regiedebütant J.C. Chandor hätte es sich natürlich einfach machen, ständig mit dem Finger auf seine Protagonisten zeigen und sie als fleischgewordene Unheilbringer des Kapitalismus abtun können. Doch er tut es nicht, glücklicherweise. Denn auch Investmentbänker sind oft nur armselige Marionetten eines gut zahlenden, aber auch fordernden und zerbrechlichen Gesamtkonstrukts, in dem nur ein Fehler, eine falsche Berechnung, fatale Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben kann. Chandor kritisiert dieses Konstrukt nicht wirklich, er kommentiert es auch nicht eindeutig, er schildert es uns nur. Freilich kratzt er dabei lediglich an der Oberfläche. Doch zielt er nicht einmal darauf ab, seinem Zuschauer, der bei der Fachterminologie und dem linguistischen Kauderwelsch der Werthändler ohnehin schnell aussteigt, dies und jenes bis aufs Genaueste zu erklären und zu schildern. Dafür ist das Thema viel zu irreführend und weitgreifend.
Chandellor gibt einen groben Überblick über die vorherrschenden Strukturen, doch er wendet sich viel lieber den Spielfiguren dieses riesigen Monopolys zu, in dem die Badstraße schnell mal ein paar Millionen Dollar kosten könnte. Er tut es nicht auf emotionale, sondern eher auf nüchterne Art und Weise und zeigt Individuen der Oberschicht, die vielleicht das Vielfache des Ottonormalbürgers verdienen mögen, in Drucksituationen oder bei einer Standpauke vom Boss allerdings genauso kleinlaut und nervös sind wie jeder man. Erst als Kevin Spacey, der im Anzug für mich spätestens nach „House of Cards“ das maskuline Ambivalent zu Amber Heard im Bikini darstellt, sich am Ende nicht mehr besonnen halten kann, kommt der große Gefühlsausbruch, die vorherige, kühle Handlung hervorragend kontrastierend.
„Margin Call“ mag vielleicht nicht die großen Schauwerte haben, wenngleich die nüchterne und gekonnte Inszenierung perfekt zur Thematik passt. Auch eine Art Spannungsbogen ist nur in Ansätzen vorhanden. Und doch fesselt einen dieses mit bekannten und talentierten Gesichtern gespickte Drama – neben Spacey standen unter anderem auch noch Paul Bettany, Jeremy Irons, Stanley Tucci, Simon Baker und Demi Moore vor der Kamera - ungemein. Chandor macht uns das eigentlich trockene, nur schwer zugängliche Thema der Finanzwelt schmackhaft. Ein Thema, das – um bei eingangs erwähnter Symbolträchtigkeit zu bleiben – erstaunliche Ähnlichkeiten mit einem Sturm besitzt: Wenige fasziniert er, viele stößt er eher ab und doch betrifft er uns irgendwie alle.
„Es ist doch bloß Geld. Imaginär, mehr nicht. Bloß Papier mit Gesichtern drauf, damit wir uns bei der Suche nach Nahrung nicht umbringen.“
Nanga Parbat? Gesundheit dürfte die Antwort der meisten Normalbürger lauten. Was viele nicht wissen: Der neunthöchste Berg der Erde hat viele Geschichten zu erzählen: So zum Beispiel die der zahlreichen misslungenen und tödlichen Besteigungsversuche der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren, die dem Nanga Parbat den Beinamen „Schicksalsberg der Deutschen“ einbrachte. Oder aber auch die des Todes von Reinhold Messners Bruder Günther, der beim gemeinsamen Abstieg im Zuge der sogenannten Sigi-Löw-Gedächtnisexpedition unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen ums Leben kam.
Dieser Tragödie nimmt sich der deutsche Abenteuerfilm „Nanga Parbat“ an, basiert dabei auf den Erzählungen von Reinhold Messner, und wird – so viel sei schon einmal erwähnt – im Gegensatz zum Spitzenalpinisten höchstwahrscheinlich nicht in die Geschichte eingehen.
Zu Beginn, genauer gesagt nach den eindrucksvollen Intro-Bildern, da wirkt Joseph Vilsmeiers Werk wie ein typisch deutscher Heimatfilm über Südtirol aus dem Bayerischen Fernsehen. Eindimensionale Schauspieler, ein äußerst konventioneller Look und Schnitt, musikalisch furchtbar unterlegt. Einfach altbacken, irgendwie spießig. Die Thematik hätte so viel hergegeben, doch sie wird unter der unbeholfenen Regiearbeit wie von einer Lawine unter sich begraben. Erst als es dann wirklich an den Berg geht, Steilwände durchklettert, Notlager errichtet und Biwaks in der Nacht befestigt werden müssen, als Übereifer und Unvernunft da einsetzen, wo gesunder Ehrgeiz, Verstand und Verantwortungsbewusstsein aufhören, wird „Nanga Parbat“ stark, dank seiner majestätischen Kulisse unglaublich atmosphärisch und auch rein inszenatorisch gelungener. Er bringt den Überlebenskampf in der Todeszone glaubwürdig zur Geltung und hat zweifelsohne einen sehenswerten Mittelteil.
Dramaturgisch gesehen ist das Ganze über weite Strecken allerdings immer noch eine halbe Katastrophe. Vilsmeier findet die richtigen Bilder, aber er vermag es nicht seine Story auf überzeugende Weise zu erzählen. Der Film zerschellt fast schon an seinem unnötig verkomplizierten Aufbau, der eine klare Route der Messner-Brüder nicht verfolgen lässt und immer wieder für merkwürdige Zeit- und Ortssprünge sorgt, und am gänzlichen Fehlen von Höhepunkten beziehungsweise der schwachen Betonung derjenigen Szenen, die es wert gewesen wären, als Höhepunkte stilisiert zu werden.
Die Geschichte klimmt nicht rasant die Spannungssteilwand empor, sondern plätschert eher dahin wie ein idyllisches Gebirgsbächlein. „Nanga Parbat“ ist trotz seiner imposanten Bebilderung und trotz seiner zweifellosen Stärken während des Abstiegs nicht sonderlich mitreißend, wenig emotional geworden. Böse Zungen würden sogar behaupten, ohne seinen wahren Hintergrund, der uns unter anderem am Ende mit melancholischen Texttafeln über die tragischen Einzelschicksale der Protagonisten nahe gebracht wird, wäre diese Bergsteigertour so uninteressant wie die Durchquerung des Sauerlands. Das ist natürlich arg überspitzt und hyperbolisch ausgedrückt, stimmt aber schon in gewisser Hinsicht: Die reale Begebenheit ist das Zugpferd von "Nanga Parbat", sie sorgt mit ihrer unglaublichen Geschichte alleine für Faszination und Dramatik. Das ist zweifelsohne keine Leistung der Verflimung, rettet sie aber davor, im Gedächtnis nicht unter "vergessenswürdig", sondern unter "geht gerade noch so" eingespeichert zu werden.
Zwei vom jungen Schlag – Mace Windu und Huababuar in den Wirren der weiten Filmwelt
Staffel 1: Steven Spielberg
Folge 8: E.T. kehrt zurück?
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Zu Anfang, da wirkt „Krieg der Welten“ – das Kontrastprogramm zu den eher seichteren und leicht verdaulichen Werken „Catch me if you can“ und „Terminal“ – als hätte Spielberg sich selbst neu entdeckt. Rebellisch, pessimistisch, vandalisch wirkt er, bezieht sich auf den gleichnamigen Roman von H. G. Wells und trifft mit seiner Endzeitvision in den USA den Zeitgeist der traumatisiert-paranoiden Post-9/11-Gesellschaft. Langsam und bedrohlich kündigt er die Ankunft der außerirdischen Invasoren an, schürt die Urängste unserer Spezies vor seiner Auslöschung. Der Wind tost. Merkwürdige Wolkenformationen bilden sich. Blitze schlagen ein. Immer und immer wieder. Und dann bricht es aus Spielberg heraus und er lässt seinem ungeahnten Zerstörungswahn freien Lauf: Straßen und Gebäude reißen auf, überall türmt sich das Blech, Kleider wehen durch die Luft, Leichen treiben in den Flüssen. Der Untergang der Menschheit ist nah.
Spielbergs apokalyptisches Bild verfehlt seine erwünschte Wirkung nicht, ist von unermesslichem Gigantismus, fast schon beängstigend. Inszenatorisch und soundtechnisch fein gemacht, doch gleichzeitig irgendwie auch ohne Herz und Seele. Farblos, möchte man meinen, und das gilt auch im übertragenen Sinne und nicht nur für den düsteren, grauen und verwaschenen Look. Zusätzlich muss nach dem verheißungsvollen Beginn der Wunsch einer knallhart visualisierten und einschüchternden Apokalypse schnell der Erkenntnis weichen, dass Spielberg es mal wieder nicht geschafft hat, von Altbewährtem loszulassen und dem Kitsch zu widerstehen. So konzentriert sich die dystopische Untergangs-Geschichte zunehmend auf das Einzelschicksal einer zerrütteten Familie, die – oh Wunder – angesichts der sich anbahnenden Katastrophe zusammenrücken muss. Spielberg ist es nicht leid, uns immer wieder den Wert der eigenen Herkunft, des eigenen Blutes vorzukauen und zu verdeutlichen, dass Zusammenhalt die wichtigste Tugend in Notlagen ist. Sei es bezogen auf die ganze Gesellschaft, die am Anfang der Invasion noch egoistisch und meuchelnd auf der Suche nach Rettung ist, im Verlauf der Handlung dann aber an einem gemeinsamen Strang zieht, oder auf die sich stetig annähernde Familie. Und am Ende, da ist eh alles gut und Spielberg hat seinen Helden.
Das hätte an sich ja sogar gut funktionieren können, obwohl es mittlerweile schon recht enervierend ist von Spielberg immer wieder die gleiche Motivik und dieselbe gutgläubige und unmutige Auflösung serviert zu bekommen, doch ist die Familientragödie für Empathie und echte Bindungen zwischen Film und Publikum einfach zu trivial, zu uninspiriert und stellenweise zu langatmig vorgetragen, um ernsthaft mitleiden zu können. Man folgt aufmerksam, wenn ein mittelmäßig agierender Tom Cruise mit seiner Schreihals-Filmtochter Dakota Fanning in einem dunklen Keller kauert, während draußen das pure Chaos herrscht. Man schluckt ganz kurz, wenn sich der Vater schmerzhaft vom Sohn trennen muss. Aber zu emotionalen Gefühlsregungen verleitet einen das Ganze nicht.
Was nach der Sichtung von „Krieg der Welten“ bleibt, ist die Gewissheit, einen äußerst durchschnittlichen Blockbuster mit erstaunlicher Bildgewalt, aber verdammt wenig Esprit gesehen zu haben und das Gefühl, dass Spielberg im 21. Jahrhundert an einem Zeitpunkt angekommen ist, an dem er zwar für den ein oder anderen sehenswerten Film durchaus noch zu haben ist, seine Themen aber redundant einbettet und immer wieder in gleiche Muster verfällt. Der Märchenonkel hat auserzählt, so scheint es. Ich lasse mich bei unserer letzten Folge in der nächsten Woche aber gerne eines Besseren belehren.
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Marc hat sich nach seiner Verschnaufspause übrigens auch mal wieder dem Medium Film gewidmet. Was er zu "Krieg der Welten" sagt, seht ihr hier: http://www.moviepilot.de/movies/krieg-der-welten/comments/1323800
"Halt dich Fest!" propagiert das Filmplakat von "Vertical Limit" und gibt einen gut gemeinten und auch durchaus angebrachten Rat an sein Nischenpublikum. Denn diese Mischung aus Bergsteigerdrama und Katastrophenthriller weckt mit seinen imposanten Kletterszenen und der sehenswerten Steilwandaction selbst bei einem Gelegenheits-Bergsteiger wie ich es bin Schwindelgefühle, erzeugt tief in mir durch seine wahnsinnig beeindruckende Kulisse des Himalaya aber auch eine enorme Vorfreude auf hoffentlich alpinistische Höchstleistungen in diesem Sommer und ein paar tolle Tage in der schönsten Ecke Deutschlands mit meinem Vater.
In "Vertical Limit" bekommen es die Höhenjunkies allerdings nicht mit Zugspitze, Watzmann und Co. zu tun. Der K2 soll es sein. Zweithöchster Berg der Erde, von der Besteigung her weitaus anspruchsvoller als der Mount Everest und im Vergleich zu unseren deutschen Hügeln wie ein brachiales Monster von Berg wirkend.
Regisseur Martin Campbell ("James Bond: Casino Royale") verfällt dabei nach der beklemmenden Einstiegsszene in eine etwas unrunde und holprige Erzählweise, wechselt scheinbar beliebig zwischen einzelnen Szenerien. Mit Einsetzen der Katastrophe ändert sich das. "Vertical Limit" steigert sich kontinuierlich, erzeugt im Rahmen seiner B-Movie-Möglichkeiten eine enorme Spannung, selbst wenn der Zuschauer nie wirklich mit den oberflächlich gezeichneten Charakteren warm wird. Wie auch, bei der eisigen Kälte an der pakistanisch-indischen Grenze ;)
Mit der Familientragödie der beiden Hauptfiguren hat man hier zwar einen recht guten Unterbau, der den Streifen schon etwas vom 0815-Stempelaufdruck bewahrt, allerdings auch nicht ganz ausgekostet wird. Zulasten des Spektakels treten unsere Bergsteiger nämlich nicht nur in Gletscherspalten, sondern auch gelegentlich mal in Logiklöcher. Weiter schlimm ist das nicht, sondern nur etwas schade, denn "Vertical Limit" hätte ohne diese Aussetzer und mit etwas mehr Emotionen ein verdammt guter Genrefilm werden können, der Themen wie Aufopferungsbereitschaft und Überlebenswillen immer wieder in den Vordergrund rückt und nicht nur einmal die Frage stellt: "Warum sollen drei Menschen sterben, wenn zwei von ihnen überleben können?"