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Alle Kommentare von huababuar
„Die folgenden Szenen könnten Sie verstören!“ schallt es aus dem Fernsehgerät. Der gutbürgerliche Durchschnittsami sitzt gerade am Frühstückstisch, schlürft genüsslich seinen morgendlichen Kaffee, während im Hintergrund die Sechs-Uhr-Nachrichten laufen und seinen Sensationshunger tilgen. Hier wird vorgeführt, was jeder sehen will. Hier wird schonungslos draufgehalten, wenn Menschen um ihr Leben kämpfen. Hier gilt das Individuum als Objekt, das in drastischen Momenten vor der Linse gezeigt werden muss und für seinesgleichen dadurch schon zu früher Stunde der Unterhaltung dient.
Jemand der den Leuten genau das serviert, ist Lou Bloom (Jake Gyllenhaal), der fasziniert vom schnellen Geld als sogenannter Nightcrawler und auch von krimi-nellen Machenschaften im Allgemeinen ist, nächtlich auf Streifzug geht, um möglichst viele Tragödien mit der Kamera einzufangen und mit der Zeit dabei immer skrupelloser, amoralischer und soziopathischer vorgeht, damit er den Medienanstalten stets das „Beste vom Besten“ anbieten kann. Das Motto dabei: „Je blutiger, desto besser.“
„Wir wollen Verbrechen, aber nicht alle Verbrechen. Ein Carjacking in Compton z.B., das ist ja nichts Neues, oder? Unsere Zuschauer interessiert besonders wie die Kriminalität aus der Stadt auf die Vororte übergreift. Am besten ist also ein Opfer oder mehrere, die vorzugsweise wohlhabend und weiß sind, und ein Täter aus der Unterschicht oder einer ethnischen Minderheit.“ – „Nur Verbrechen?“ – „Nein, Unfälle ziehen auch. Autos, Busse, Züge, Flugzeuge, Brände.“
Es sind diese makabren Dialoge, mit denen uns „Nightcrawler“ eiskalt den Spiegel vorsetzt und durch die einen Dan Gilroys allumfassende Sozialkritik trifft wie ein voll durchgezogener Tritt in die Kronjuwelen. Denn hier bekommt von der Boulevardpresse und ihren Konsumenten, über das kapitalistische System, das dieses Elend erst ermöglicht, bis hin zur gewaltdurchtränkten Gesellschaft wirklich jeder sein Fett weg. Obgleich man von solchen Bildern natürlich selbst angezogen wird, erzeugt Gilroy eine enorme Antipathie gegenüber den sensationslüsternen, menschenverachtenden, dramatisierenden und heroisierenden Medien sowie deren nicht minder abscheulichem, sich an Straftaten und Unfällen ergötzendem Publikum, das ihnen eine Daseinsberechtigung gibt und zu dem wir irgendwie doch alle ein bisschen selbst gehören. Wirkungsvoller geht Sozialkritik nicht. Gerade ich als alsbald angehender Journalist (wenngleich natürlich in anderen Spezialbereichen und mit viel geringerer Tragweite) bekomme da ein tiefes Schuldgefühl und einen unangenehm flauen Magen.
„Wie viel davon können wir zeigen?“ – „Sie meinen juristisch gesehen?“ – „Nein, moralisch.. Natürlich juristisch!“
Sein zutiefst pessimistisches, aber auch ziemlich realistisches Gesellschaftskolorit befüllt "Nightcrawler" mit fast noch widerlicheren Charakteren. Ob nun der Pöbel von nachtaktiven, freien Journalisten und ihren Assistenten, die sie ausbeuten. Ob die Nachrichtensprecher, die gar nicht genug davon bekommen, uns zu suggerieren, welche schrecklichen Einzelschicksale die Straßen von LA zu bieten haben oder ob die Redaktionsleiterin, die über den blutigen Einspieler diskutiert als wüsste sie gerade nicht, ob sie sich nun ein Nutella- oder ein Marmeladenbrot schmieren sollte. Ein Haufen voller Unsympathen, zwischen dem man fast schon verzweifelt nach einer liebenswerten Figur sucht, an die man sich klammern kann und die ein wenig Licht in die abartig-düstere, der moralischen Gleichgültigkeit entgegen-schlitternde Umgebung bringt.
Die Spitze des Eisbergs in diesem Potpourri aus Berufsarschlöchern ist Haupt-person Lou Bloom und das liegt zum Großteil an der fantastischen, facettenreichen Verkörperung durch Jake Gyllenhaal. Im einen Moment bitterböse und realitäts-fremd, dann wieder schleimend und rhetorisch talentiert. Dazu mit seiner abgema-gerten Figur und seinen tiefblickenden Augenhöhlen eine wirklich unheimliche Kreatur, die er hier abgibt. Ebenso divers ist die Kulisse von Los Angeles gehalten: Am Tag – selbst wenn in "Nightcrawler" davon nicht viel zu sehen ist – ein magne-tischer Lebenspol, in der Nacht ein abstoßendes, in Kriminalität versunkenes urbanes Ballungszentrum. Gemeinsam mit der gelungenen, oft antithetisch-zynisch eingesetzten Musik gibt das ein tolles Flair, das – wenn Lou in seinem Dodge Challenger durch die Nacht streift – fast schon an Ryan Gosling und „Drive“ erinnert.
„Die folgenden Szenen könnten Sie verstören.“ schallte es aus meinem Fernseher. Es war nicht sechs Uhr morgens, es war spätnachts – kein Kaffee also, sondern Spezi. Und auch mir wurde gezeigt, was ich sehen wollte: Ein unglaublich atmosphärisch dichter Film, der sich gegen Ende immer mehr zuspitzt und Szenen beinhaltet, die einem im Halse stecken bleiben. Elektrisierend, ungeschönt, anklagend, unangenehm und doch grandios. Eine Sensation.
V-8-Motoren heizen über die verstaubten, schnurgeraden Pisten der australischen Ödnis. Motorengegröle. Polizeisirenen. Das Geräusch von zerberstendem Blech. Es stinkt nach Abgasen und verbranntem Gummi in George Millers zeitlich nicht genauer beschriebenem, dystopisch-apokalyptischen Endzeit-Szenario, das in Gewalt und Chaos versinkt und dessen Straßen nur das Recht des Stärkeren kennen, um das sich die Brutalo-Cops und die hiesigen Biker-Gangs streiten.
Wie es zu diesem status quo überhaupt kommen konnte, wird nur angedeutet – auch wenn gewisse Erklärungen durch die Ölkrise im Erscheinungsjahr 1979 naheliegend sind. Doch Miller kümmert sich ohnehin wenig um seine Endzeit-Vision Australiens. Es ist eher ein Mittel zum Zweck. Eine willkommene Szenerie, um vor trostloser Kulisse Mel Gibson mit seinem berühmten Racheakt als Straßenbulle Max Rockatansky seinen Durchbruch zu bescheren.
Dabei waren die Voraussetzungen für einen absoluten Flop an den Kinokassen bei "Mad Max" unübersehbar gegeben: Regiedebüt, wenig Budget, damals völlig unbekannte Schauspieler. Heutzutage gilt Millers Erstling, der sich aus Versatzstücken verschiedener Genres wie Western, Action, Rachethriller, Sci-Fi, Road-, Biker- und Cop-Movie zusammensetzt, aber als absoluter Kultfilm und hat mittlerweile drei weitere Fortsetzungen herausgebracht.
Doch wirkt der erste Teil fast wie eine überlange Exposition. Anfangs wird man gekonnt in die triste Dystopie eingeführt, bekommt blitzsaubere, fabelhaft inszenierte (Kamera!!) und vor allem handgemachte Nostalgie-Action der Spätsiebziger serviert. Bis Mel Gibson allerdings seine Metamorphose vom treusorgenden und gutherzigen Familienvater zur rachsüchtigen Kante vollzogen hat, dauert es eine ganze Weile. Viel Leerlauf muss der Zuschauer über sich ergehen lassen, ehe „Mad Max“ in seinen letzten zwanzig Minuten zeigt, was potenziell drin gewesen wäre, hätte man die Story im Mittelteil nicht ganz so abflachen lassen.
Dennoch macht der rasende Gibson in extremer Dürre Lust auf mehr. Das ist beileibe nicht den schauspielerischen Fähigkeiten zuzuschreiben, auch wenn der bekennende erzkonservative Christ zweifelsohne ein talentierter Darsteller und Hugh Keays-Byrne als Toecutter ein verdammt ausgeflippter Charakter ist. Vielmehr ist der hohe Kult- und Nostalgiefaktor Millers Regietalent geschuldet, das es schaffte, aus wenig viel zu machen und es vor fantastischer Atmosphäre zwischen jeder Menge Geplänkel beherzt krachen, quietschen und explodieren ließ. Ein heißer Trip durchs staubige Outback, der ruhig etwas ausgiebiger in seinem Rachefeldzug und Actiongelage hätte sein können, dadurch aber gleichzeitig die Erwartungen an das Sequel nach oben schraubt. Schließlich ist Mel Gibson dort schon am Anfang nicht mehr Max Rockatansky, sondern "Mad Max". Der Typ, der tun kann, was er will, solange ihn die Anwälte nicht am Arsch haben..
Das kommt also raus, wenn huababuar zwei Amigos zum gemütlichen Freitagabendumtrunk einlädt und bei der Filmauswahl den Kürzeren zieht. (An dieser Stelle Gruß an den User Edelstoff_3, der seine Glaubwürdigkeit in Sachen Filmgeschmack nach dieser Schlaftablette von American Pie-Abklatsch endgültig verwirkt hat.)
Wahrscheinlich noch nach zehn Runden Bier Pong so lustig wie eine Darmspiegelung während akuter Diarrhoe-Erkrankung.
Nackte, bulimische Mutanten, die sich irgendwo in der verlassensten Provinz Frankreichs mit Stadtteens in der heißen Grotte vergnügen. Ein dauergrinsender, psychotischer Hausmeister, der schnell mal cholerisch wird, gleichzeitig aber ein großes Herz für jegliche Tiergruppen hat. Und zwischendurch immer mal wieder ausgiebige Softporno-Elemente. Welcher „Sheitan“ (arab. für Teufel) den französischen Nachwuchsregisseur Kim Chapiron hier getrieben hat, weiß er wohl nur selbst. Jedenfalls ist das Endprodukt eine einzige Freakshow geworden, die unheimlich schwer zu bewerten ist. Irgendwie eine Mischung aus „Frontiers“, „Texas Chainsaw Massacre: The Beginning“ und „Wrong Turn“ und doch absolut eigenständig, individuell und enorm zwiespältig.
So beginnt „Sheitan“ mit einer Abhandlung verschiedener Banalitäten, versucht erst gar nicht seine Multi-Kulti-Protagonisten-Clique, die am Vorweihnachtsabend Tankstellen beraubend und sich durch die Banlieue-Disco prügelnd in etwa den gleichen Charme versprüht wie Paolo Pinkel – Verzeihung: Michel Friedmann – auf Koks- und Nuttenentzug, in irgendeiner Hinsicht sympathisch oder gar klug erscheinen zu lassen.
„Was wollt’n ihr noch machen?“ – „Wir können in mein Haus, wenn ihr wollt. Ich wohn auf’m Land. Ich hoffe, ihr habt Autos.“
Solche geistigen Ergüsse muss sich der geneigte Backwoods-Fan ja des Öfteren geben und auch in „Sheitan“ gehen Vulgärsprache, jugendliche Naivität und pure Dummheit Hand in Hand, erwecken zusammen mit dem üblichen Storyaufbau und dem Auftreten der klischeebehafteten, verblödeten, ungepflegten und inzestuösen Hinterwäldlerschaft den Eindruck einer weiteren, überflüssigen Horrorproduktion. Doch irgendwie kommt dann doch alles anders.
Denn diese psychosexuelle Offenbarung ist alles andere als gewöhnlich. Krank, widerwertig und irgendwie auch einprägsam hangelt sich Chapiron von einer Perversität zur nächsten, verzichtet dabei auf übermäßigen Gore und baut sehr langsam, aber gezielt echte Horroratmosphäre auf. Für meinen Geschmack etwas zu gemächlich, denn so entlädt sich am Ende alles in einem hektischen und überhasteten Finale, welches zwar absolut wirkungsvoll und in seinem Aufbau und dem Ableben seiner Teenie-Protagonisten gänzlich unkonventionell ist, eine zufriedenstellende Auflösung allerdings vermissen lässt. Zwar ist das Lager der Guten und der Bösen schon von Beginn an ziemlich offensichtlich geteilt, doch löst „Sheitan“ nicht zuletzt durch seine rückständige Bauern-Familie anhaltendes Unbehagen in einem aus. Großen Anteil daran hat das Oberhaupt Joseph, grandios gespielt vom absoluten Star des Films Vincent Cassel. Doch auch die anderen Darsteller sind für Genreverhältnisse durchaus als in Ordnung zu bezeichnen.
Unstimmig und bigott wird es nur dann wieder, wenn sich „Sheitan“ auf der einen Seite so bierernst nimmt, mit christlicher Symbolik nur so um sich schmeißt und beim Weihnachtsessen religiöse Debatten anstimmt, gleichzeitig aber mit derbem, aber irgendwie auch urkomischem Humor über vaginale Wurstplatten und sexuell aktiven Puppen aufwartet und fast schon parodistisch wirkt. Man weiß einfach nicht ganz, wo die Köpfe hinter dieser Produktion hinwollen, hat aber nach dem Abspann trotzdem das Gefühl, einen anständigen Horrorfilm gesehen zu haben.
Konstatierend lässt sich sagen, dass Chapiron hier einfach alle nur erdenklichen Zutaten in seinen Slasher-Topf geworfen hat (Witz, Horror, Inzucht, Sex, Satanismus, Religion), kräftig darin rührte und uns als Erzeugnis einen unausgegorenen, kranken, verstörenden und interessanten Backwoods-Streifen serviert, der Genreanhängern (@Maniac, kaiserofhorror) nicht etwa wegen seiner Vortrefflichkeit, wohl aber aufgrund seiner Veranlagung, Gemüter zu spalten und derart verschiedene Meinungsbilder aufzuwerfen, uneingeschrenkt zu empfehlen ist, um deren eigenen Geschmack auszutesten.
„I think the thing that appealed to me was the suddenness of the murder in the shower, coming, as it were, out of the blue. That was about all.“ – Alfred Hitchcock
1960, zum Zeitpunkt des Erscheinens von Hitchcocks Klassiker „Psycho“, muss der frühe Tod der Hauptfigur für damalige Kritiker und Filmfans ein harter Schlag ins Gesicht gewesen sein. Heute, wo jeder, der sich auch nur halbwegs mit Kinematographie beschäftigt, schon vor der Sichtung weiß, dass Janet Leigh ihrem Mörder in der berühmten Dusch-Szene zum Opfer fallen und qualvoll erstochen werden wird, hat dieses Brechen mit fast schon gesetzesmäßigen Konventionen natürlich nicht mehr diesen erschütternden Wow-Effekt. Auch die angesprochene ikonische Ermordung an sich wirkt 55 Jahre später von der Machart her fast schon dilettantisch und wie man ernsthaft auf die Idee kam, Hitchcocks Meilenstein der Filmgeschichte Blutrünstigkeit vorzuwerfen, ist zu Zeiten von „Saw“, „Hostel“ und Co. auch mehr als verwunderlich.
Und dennoch ist die Mutter aller Psychothriller – eine filmische Bildungslücke, die ich nun endlich geschlossen habe – noch gut ein halbes Jahrhundert später so wirkungsvoll und schockierend wie kaum ein zeitgenössischer Genrebeitrag.
„A boy’s best friend is his mother.”
Hitchcocks Erfolgsrezept liegt dabei nicht zuletzt in der Einfachheit seines Drehbuchs. Eine simpel gestrickte Handlung, wenige Figuren, keine unnötigen Zeitsprünge und Nebenplots. Einfach nur ein stinknormaler Mord in einem abgelegenen Motel irgendwo zwischen Phoenix und Los Angeles und die Geschichte dahinter. Mehr braucht der Master of Suspense nicht, um das Slasher-Genre zu begründen und um seinem Publikum mit ordentlichem Thrill einzuheizen und es am Ende mit seiner genialen Auflösung, die damals in etwa so geheim gehalten wurde wie die Area 51, völlig mitgenommen und geflasht zurückzulassen. Eigentlich ist es nur ein kurzes, diabolisches Lächeln. Doch diese flüchtige Mimik brennt sich einem sofort ins Gedächtnis und ist neben den vielen anderen weltberühmten, popkulturell eminent wichtigen Szenen mitverantwortlich dafür, dass man sich der Magie von „Psycho“ schlichtweg nicht entziehen kann.
Hitchcock kreiert eine unnachahmliche Atmosphäre, getaucht in symbolische schwarz-weiß Bilder (Reinheit, Sühne), untermalt von Bernhard Herrmanns Hammerscore und nicht zuletzt erreicht durch revolutionäre Kameraeinstellungen, Schnitte und Plansequenzen. So schafft er es, selbst einen noch so belanglos erscheinenden Dialog über ausgestopfte Vögel bedrohlich wirken zu lassen und für den heutigen Standard eigentlich viel zu lange ausgekostete Szenen sehenswert zu machen.
Und selbst, wenn der Altmeister sich nicht allzu sehr um seine Charaktere schert, sie vielmehr als Marionetten seiner nervenaufreibenden Erzählweise missbraucht, wirkt Janet Leigh (trotz ihres bereits feststehenden Ablebens) wie eine zerbrechliche Porzellan-Puppe, die man schützen möchte und der man am Liebsten sagen würde, dass alles gut sei und sie mit ihren 40.000 Ocken durchbrennen wird, ist Anthony Perkins in seiner psychotischen Art unglaublich vereinnahmend und strahlt Martin Balsam als Privatdetektiv eine wahrlich überzeugende Aura aus.
„Psycho“ ist gewiss nicht mehr ganz zeitgemäß – wie soll er das bei seinem Alter auch sein - aber immer noch absolut schweißtreibend und mitreißend. Ein Essenzwerk des Thriller-Genres, ein Meisterwerk der Simplizität und ein Beweis dafür, dass es keine 40 Gallonen Kunstblut und dreifach verschachtelten Drehbücher braucht, um kontinuierlich zu schocken und Spannung zu erzeugen.
Die 16-jährige Juno ist anders als ihre Mitschülerinnen: enorm selbstsicher, frech, viril und - obwohl sie körperlich und geistig noch halb ein Kind ist - ungewollt schwanger. Doch wie damit umgehen? Wie diese verantwortungsvolle Frage in einem Alter beantworten, in dem man darauf eigentlich noch überhaupt keine Antwort geben will?
„Ich hab’ ohne Ende Schnaps gesoffen. Vielleicht bekommen Sie auch so ein furchteinflößendes Neutrum-Baby, das kein Struller-Organ hat.“
Mit einer erstaunlichen Unbeschwertheit widmet sich „Juno“ dem ernsten Thema der frühen und unverhofften Schwangerschaft und entpuppt sich als kleiner, charmanter Independent-Streifen mit einer ordentlichen Portion Witz. Schon beim Anblick der comicartigen Titelsequenz wird klar, dass Jason Reitmans Oscar-Beitrag mit einer gewissen Leichtigkeit, ja fast schon mit der Keckheit seiner Hauptfigur an das wichtige Sujet herangeht und dabei Aspekte wie das plötzliche Erwachsenwerden, die Probleme von Patchwork-Familien und das Einsetzen von Verantwortung mit schroffen Sprüchen, andersartiger, ohrwurmverdächtiger Filmmusik, schrulligen Dialogen und elegant gesetzten Pointen verbindet.
Ellen Page gewinnt das Publikum mit ihrer eigenen Art von der ersten Minute an für sich, hat sofort alle Sympathien auf ihrer Seite und mit Ausnahme der untalentierten und ungelenk agierenden Jennifer Garner versprühen auch die Nebendarsteller um Michael Cera, J.K. Simmons und Jason Bateman diesen den Film so charakterisierenden frischen Esprit.
Problematisch wird es dann, wenn der Streifen sich seiner erzieherischen Verantwortung dem jüngeren Publikum gegenüber nicht so ganz bewusst ist, Juno über ihr Baby spricht als wäre es ein Kuchen im Backofen und eine ernsthafte Reflexion, ob man das Kind auch behalten könnte, schlichtweg nicht stattfindet. Die einzige Alternative scheint nach der schnell abgewundenen Ungläubigkeit stets die Adoption zu sein. Das trübt den Charakter einer ansonsten sehr amüsanten und leichten Komödie mit Feel-Good-Atmosphäre. Den inneren Konflikt einer herausragend spielenden Ellen Page zu visualisieren, wäre sicherlich sehenswert gewesen und hätte dem Film neben seiner lockeren auch eine ernsthaftere Note verpasst.
Doch auch so ist „Juno“ ein äußerst erfrischender Genrebeitrag, in etwa das komödiantische Gegenstück zum Teenie-Drama „Vielleicht lieber Morgen“, selbst wenn dieser meiner Meinung nach um Längen besser ist, und die jugendliche Version von „Away we go“. Auf jeden Fall zu empfehlen!
Egal wie oft sich John McTiernans vorerst letzte Regiearbeit "Basic" im Zuge seiner Auflösung noch dreht und wendet, am Ende bleibt ein wahrlich spannender Politthriller, der den Zuschauer über seine gesamte Laufzeit geschickt durch die offene Täter-Frage bei Laune hält, mit der Enthüllung seines arg konstruierten und weit hergeholten Endes allerdings einstürzt wie ein instabiles Kartenhaus. Dennoch weiß der "Stirb Langsam"-Regisseur wie er seine Geschichte über eine missglückte Militärübung im Dschungel Panamas aufzubauen hat. Der Zuschauer ist stets auf dem gleichen Wissensstand wie das Ermittlerteam, bestehend aus John Travolta und Connie Nielsen. Sicherlich ist die Story weit weg davon, emotional mitreißend zu sein, solide und recht packend vorgetragen ist sie aber allemal.
Das Highlight des Films allerdings ist Travolta: fiese Sprüche, harte Macho-Art, Over-Acting vom Feinsten. Er ist das Herzstück von "Basic", sticht "Pulp Fiction"-Kollege Samuel L. Jackson als diabolischen Drill-Instructor aus und harmoniert wunderbar mit Nielsen.
Letztendlich ist es ironischerweise ein bestimmtes Zitat, das immer wieder in der Handlung auftaucht und sich auch perfekt auf den Film als solchen projizieren lässt:
„Wir müssen die Story nur richtig erzählen."
McTiernan tut das lange Zeit, aber eben nicht bis zum Schluss.
"Ich will nicht überleben. Ich will leben!"
Steve McQueens "12 Years a Slave" ist zweifelsohne ein gut gemachtes und auch wirkungsvolles Plädoyer für die Freiheit und Gleichheit der afroamerikanischen Bevölkerung geworden. Ein Nachruf für diejenigen, die in einer Welt, dessen verabscheuungswürdige Hierarchie Menschen als Besitz abstempelte und andere wiederum als Master hochstilisierte, unvorstellbare Qualen ertragen - eben überleben, aber nicht leben - mussten.
Die Darstellerriege ist fantastisch, ohne jeden Makel. Sei es nun die eindrucksvolle Performance von Chiwetel Ejiofor, der tief gehende Auftritt der geschändeten Lupita Nyong'o, Benedikt Cumberbatch und Michael Fassbender als Sklaventreiber mit oppositärem Gemüt, Brad Pitt, der die moralische Instanz in einer Gesellschaft voller Hass, Demütigung und Ungerechtigkeit verkörpert oder aber auch der grausame Aufseher Paul Dano - quasi Pitts Gegenstück. Sie alle sind Teil eines formidablen Casts, der sich vor der stark eingefangenen Szenerie Louisianas im 19. Jahrhundert die Klinke in die Hand geben darf.
Denn auch McQueens Inszenierung hat Hand und Fuß. Die eigentlich so warmen Bilder des südstaatlichen Amerikas erzeugen doch eine gewisse Kühle. Durch gezielte Nahaufnahmen bekommen die Schauspieler genügend Raum sich zu entfalten. Und wenn man tief in das Gesicht der gebrochenen Hauptfigur Solomon Northrup blicken darf und im Hintergrund der Gänsehaut-Score von Hans Zimmer erklingt, dann hat "12 Years a Slave" trotz aller Offensichtlichkeit, auf die Tränendrüse drücken zu wollen, zweifelsohne seine ganz starken Momente.
Und dennoch halte ich die Verfilmung dieses realen Leidensweges zwar für absolut sehenswert, gleichzeitig aber auch für überbewertet. Diesem Drama mangelt es einfach erheblich an Emotionalität und Sentimentalität. McQueen will das zwar erreichen, doch er schafft es - mit Ausnahme der Antipathie gegenüber dem vorherrschenden System und seinen Befürwortern - nicht. Die Charakterzeichnung ist mitunter ziemlich dürftig, vor allem was die schwarzen Nebenrollen angeht. Und auch Hauptcharakter Solomon fehlt es an einer Tiefe, die einen mitleiden, die jeden Peitschenhieb - und davon gibt es viele, denn die Gewaltdarstellung in "12 Years a Slave" ist geradezu redundant - für einen selbst schmerzhaft werden lässt und die einem den unbändigen Drang nach Freiheit und der Rückkehr zur eigenen Familie vermitteln kann.
Auch das Drehbuch ist für eine mitreißende Gefühlsachterbahn beim Publikum nicht gerade förderlich. Es fehlen die Eckpfeiler einer Geschichte, an die man sich klammern kann. Es fehlen Aspekte außerhalb der allgemeinen Thematik der Sklaverei, die eine Art Spannungsbogen oder Anhaltspunkt darstellen. Es fehlt schlicht ein interessanter roter Faden, der sich durch das Martyrium der Sklaven zieht. Vielmehr plätschern die 135 Minuten vor sich hin, werden tagebuchartig runtergerattert und machen diese unglaubliche Zeitspanne von 12 Jahren Gefangenschaft mitnichten deutlich.
Das ist schade, hätte "12 Years a Slave" doch eindeutig mehr werden können als diese konventionelle, perfekt gespielte und inszenierte Oscarware ohne Nachklang. Ein Sklavendrama, das uns nicht nur anhand seiner brutaler Exzesse zeigt, wie schrecklich und wie groß das Leid der schwarzen Gesellschaft zur damaligen Zeit war und sich gegen Rassismus ausspricht, sondern deutlich mehr Aufschlüsse gibt: Wie erging es der verlassenen Familie zum Zeitpunkt der Gefangenschaft? Wie hielten die Sklaven ihren Glauben an die Freiheit aufrecht und der unsäglichen Folter Stand? Wie schafft man es zu leben, und nicht nur zu überleben?
Halbgötter, die ausgerechnet in den USA ihr Leben als Normalo-Teenager fristen und das Empire State Building als Tor zum Olymp? Die Vermessenheit der Amerikaner scheint keine Grenzen zu kennen. Umso verwunderlicher, dass Hades sein Regiment der Unterwelt ausgerechnet unter den Hügeln Hollywoods führt. An hirnrissigen Einfällen mangelt es „Percy Jackson –Diebe im Olymp“ jedenfalls nicht. Wobei, wenn man das mal etwas weiterspinnt… Medusa-Merkel im Kanzleramt? Olivia Jones als Aphrodite auf der Reeperbahn? Lassen wir das…
Die größte Schwäche dieses Teenie-Fantasyfilms ist zweifelsohne seine Buchvorlage. Wie man auf die Idee kommt, griechische Mythologie in das moderne Leben nach US fucking A zu verfrachten, kann ich mir nur so erklären: Entweder Autor Rick Riordan war mit Amy Winehouse, Lindsey Lohan und Pete Doherty in der angestammten Apotheke, um sich mal wieder die neuste „Medizin“ in die Venen zu spritzen oder aber er hat sich auf Shutter Island zu lange ein Zimmer mit Leonardo diCaprio geteilt. Ihr merkt, ich schweife schon wieder ab, aber bei so viel Blödsinn, der da auf Zelluloid gepresst wurde, fällt es schwer, ernst zu bleiben.
Gegen Popcorn-Kino ist ja an sich nicht wirklich etwas einzuwenden, doch ist „Percy Jackson“ in etwa so seelenlos wie RB Leipzig und die hinterste Provinzstadt in Sibirien zusammen. Klar, die Effekte sind nicht schlecht, die Protagonisten – so oberflächlich und lieblos gezeichnet und geformt wie die Schlauchboot-Lippen von Chiara Ohoven – nicht gerade unsympathisch und die Sprüche mitunter sogar recht amüsant. Aber insgesamt fungiert die vorhersehbare und einfältige Storyline, wenn man sie als solche überhaupt bezeichnen darf, einfach nur dazu, von einer Animations-Actionszene zur nächsten zu führen.
Eines kann dieses nichtssagende Werk aber gut: seine Darsteller verheizen. Pierce Brosnan als Zentaur und Steve Coogan als Hades mit Mick Jagger-Anleihen wirkten einfach nur lachhaft. Alexandra Daddario, die hübschere Kopie von Selena Gomez, musste außer gut aussehen nun wirklich nichts können. Sean Bean als Zeus war auch geschenkt. Und Logan Lerman ist verglichen mit seiner grandiosen Leistung in „Vielleicht lieber morgen“ nicht wiederzuerkennen. Zwar grundsolide, aber weit weg von gut. Da waren Joe Pantoliano als hauptberuflicher Asi, Uma Thurman aka Medusa und Brandon T. Jackson als humoristische Komponente noch die größten Lichtblicke.
Der offensichtliche Versuch, auf der Erfolgswelle beliebter Fantasystreifen wie „Harry Potter“ oder „Der König von Narnia“ zu reiten, ist schlichtweg herzlos geworden, ohne Daseinsberechtigung, entstanden aus reinem Kalkül.
Götter des Olymp, ich bitte euch deshalb: Bewahrt uns vor diesem grenzdebilen Schwachsinn! Bewahrt uns vor der Verschandelung eurer Mythologie! Bewahrt uns vor Percy Jackson!
„Was bedeutet schon Geld?“ – „Geld? Anfang und Ende aller Dinge. Von Gewalt. Von Eifersucht. Von Hass. Von Ehre. Von Wut. Von Liebe. Von Rache. Und Tod.“
Die Kleinunternehmer der heruntergekommenen Industriegebiete Cheonggyecheons in Seoul können ein Lied davon singen. Sie bilden die absolute Unterschicht Südkoreas. Nichts ist ihnen geblieben außer ihre verstaubte, kleine und hoch verschuldete Werkstadt irgendwo in der überladenen Metropole. Zu allem Überfluss bekommen sie es mit dem diabolischen Schuldeneintreiber Kang-do (Lee Jung-jin) zu tun, der die Schuldiger bei Nichtzahlung der fälligen Kredite mit ihren eigenen Werkzeugen verkrüppelt oder von Häusern stößt, um die Invalidenrente zu kassieren. Doch als plötzlich seine angebliche Mutter (Cho Min-soo) auftaucht, die er sein ganzes Leben noch nicht gesehen hat, ändert sich alles. Die harte Schale des personifizierten Teufels beginnt zu bröckeln…
In seinem preisgekrönten Werk „Pieta“ (Goldener Löwe, Oscarnominierung) gibt der koreanische Regisseur Kim Ki-duk einen ungeschönten Blick auf die Abgründe der Arbeiterklassengesellschaft Seouls. Er nimmt sich dem Schicksal derjenigen an, die von der Konsumsucht Gangnams nichts mitbekommen, die kein Lotterleben führen können, die von der Oberschicht schlichtweg ignoriert oder einfach nur als Abschaum abgetan werden. Die schonungslose Kapitalismuskritik wirkt, zeigt uns, dass Geld nicht nur für Erfolg, Reichtum und Exzess steht, sondern auf der Kehrseite der Medaille auch für Ausbeutung, Armut und Gewalt und dennoch droht sie gelegentlich in Ki-duks Drang, mit Perversionen und roher Gewalt schockieren zu wollen, unterzugehen. So ganz ambivalent ist die Mischung aus Systemverriss und Brutalität nicht und doch geht beides voll auf.
Ki-duk erzählt von Sehnsucht, von Reue, von Erlösung im Höllenfeuer, von der trauernden Mutter, vermisster Liebe, von Mitleid, von Rache und verwebt diese christlichen Elemente zu einer tragisch-ödipalen Mutter-Sohn-Beziehung. Langsam und gekonnt bricht er die harte Fassade seines kantigen, charismatischen und talentierten Hauptdarstellers, der durch die ihm neu erfahrene Liebe langsam die Tragweite seines Handelns realisiert, lässt den Zuschauer aber dennoch an der langen Leine, um am Ende den Drama-Faktor noch einmal ordentlich hochzuschrauben.
Dass die Produktionskosten sich umgerechnet auf läppische 103.000 Euro beliefen, ist „Pieta“ nicht anzumerken und angesichts der grandiosen schauspielerischen Leistung der beiden Hauptprotagonisten kaum zu glauben. Trotz geringem Budgets gelang eine wirklich ästhetische Inszenierung, die so typisch für koreanische Filme ist und die ich so sehr liebe. Die Kamera changiert zwischen Nahaufnahmen der Gesichter und weitläufigen Bildern. Der spärlich eingesetzte Score schmiegt sich perfekt an das Gezeigte an, hält sich immer dezent im Hintergrund. „Pieta“ ist ein extrem ruhiger Film, mit wenigen Dialogen, sehr unkonventionell für europäische Augen. Konträr dazu steht die im Film thematisierte Gewalt, die zwar nicht ausschließlich explizit gezeigt wird und häufig im Off geschieht, ihre gewünschte Wirkung aber dennoch jederzeit erzielt. Ein weiterer Aspekt, den ich an Produktionen aus dem Land, das mit „I saw the devil“ oder „Oldboy“ schon so großartige Streifen hervorgebracht hat, so wertschätze, ist die ganz eigene Atmosphäre: dreckig, perspektivlos, beengend und äußerst pessimistisch wird die Großstadtwüste Seoul dargestellt.
Betrachtet man die gesamte Filmographie von Kim Ki-duk, könnte das fast den Eindruck erwecken, man hat es hier mit einer Art asiatischem Lars von Trier zu tun. Sicherlich liegt es mir fern, nach nur einem gesichteten Werk solch ein Urteil zu fällen, doch kann man aus „Pieta“ eindeutig herauslesen, dass Ki-duk gerne Tabus bricht, die Abgründe unserer Gesellschaft zeigt und mit physischer und sexueller Gewalt zu spielen vermag. Ein Film, der trotz seiner naheliegenden Thematik keinesfalls für den morgigen Muttertag zu empfehlen ist. „Pieta“ ist kein Werk, das zu Popcorn und Bier einlädt. Kein Werk, das man sich mal eben ansehen kann, wenn man nichts besseres zu tun hat. „Pieta“ ist Kunst, Melodramatik vom Feinsten. „Pieta“ ist intensive Erfahrung. Erfahrung, die mich neugierig auf einen scheinbar sehr speziellen und talentierten Regisseur gemacht hat.
Zu sagen, die physische Fallhöhe eines Fallschirmjägers sei groß hätte ungefähr so viel Erkenntniswert wie die Behauptung, der Nationalsozialismus sei etwas Schlechtes gewesen. Im Falle der Operation „Market Garden“ allerdings ist der Begriff rein literaturwissenschaftlich mehr als angebracht. Wie siegessicher, wie pompös und glorreich untermalt lässt man die alliierten Luftwaffen-Verbündeten in „Die Brücke von Arnheim“ empor steigen. Und wie niedergeschlagen, wie demoralisiert, wie traurig ist das Bild der singenden Soldaten ganz am Ende des Streifens. Verletzt, tot, vielleicht aber auch „nur“ psychisch vom Krieg gezeichnet – kurz: besiegt.
Es ist diese diametrale Symbolik, mit der Richard Attenborough Anfang und Ende seines Films fast schon verschmelzen lässt und am Ende ein klares Statement gibt: Krieg ist schlecht, zerstörerisch, existenzbedrohend. Nicht nur für die Kombattanten, auch für die Zivilbevölkerung. Diese pazifistische Grundaussage geht so weit, dass man sich bei der Beschließung der kurzzeitigen Waffenruhe gar eine Umarmung beider verfeindeter Parteien wünscht, damit diese gewaltigen Explosionen und das Gewehrdauerfeuer endlich aufhören. Attenborough erreicht diese Wirkung nicht etwa durch emotionale Fäden, die er zieht und mit viel Pathos anreichert. Dafür sind die zahlreichen Charaktere – gespielt von einer unglaublichen Darstellerriege um Dirk Borgade, James Caan, Michael Caine, Sean Connery, Edward Fox, Gene Hackman, Anthony Hopkins, aber auch Hardy Krüger oder Maximilian Schell – allein schon aufgrund ihrer großen Anzahl viel zu oberflächlich gezeichnet. Vielmehr blickt er nüchtern und distanziert, ohne wirkliche Spannungshöhepunkte auf das Geschehen und erreicht seine Strahlkraft durch die epochale, handgemachte Inszenierung, die von schier unglaublicher Größe und für das Zeitalter der 70er Jahre auf einem enorm hohen Level ist, sich durch partiell spektakuläre Kamerafahrten auszeichnet. Einzig die Musik erscheint relativ unpassend. Da wähnte ich mich doch glatt in einem Spencer-Hill-Klamaukstreifen und nicht in einem Anti-Kriegsfilm.
Außergewöhnlich sind auch die Perspektivwechsel, die anfangs noch überaus gelungen und aufschlussreich sind, im Handlungsverlauf aber zunehmend beliebig und verwirrend wirken. Einzelne, interessante Handlungsstränge (holländischer Widerstand) enden abrupt und werden etwas unstrukturiert vorgetragen. Trotzdem ist es mehr als löblich, dass man seinen Fokus nicht nur auf die alliierten Kräfte gelegt hat, sondern auch den Blickwinkel holländischer Widerstandskämpfer und sogar der deutschen Wehrmacht zeigt. Um dieses Konzept voll ausspielen zu können, müsste man vermutlich einen Mehrteiler oder eine ganze Serie drehen, damit auch wirklich eine emotionale Bindung zwischen Zuschauer und Protagonist entsteht. Doch auch so bleibt „Die Brücke von Arnheim“ ein äußerst monumentaler und interessanter Streifen über den Zweiten Weltkrieg, der in Sachen Empathie und Erzählstruktur sicherlich verbesserungswürdig ist, allein aber schon aufgrund seiner gekonnten Bildsprache, der herausragenden Inszenierung und der tollen Schauspielerriege zur Oberklasse des Genres gehört.
Zwei vom jungen Schlag – Mace Windu und Huababuar in den Wirren der weiten Filmwelt
Staffel 1: Steven Spielberg
Folge 7: Mace und Hubi – A Chill in the Terminal
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Flughäfen üben auf mich persönlich immer eine ganz spezielle Anziehungskraft aus. Sie sind das Tor zu jedem beliebigem Ort dieser Erde, stehen für Fernweh, für Urlaub, irgendwie auch ein bisschen für Freiheit. Für Viktor Navorski (Tom Hanks) aber symbolisieren Terminal, Gate und Co. genau das Gegensätzliche. Nachdem er von seiner fiktiven Heimat Krakosien aus nach New York gereist ist, um einem ganz speziellen Wunsch nachzukommen, wird die Führung seines Landes geputscht und diplomatisch nicht mehr anerkannt. Viktor ist staatenlos, "inakzeptabel", wochenlang gefangen am JFK - einem der wohl größten Umschlagplätze für Reisende. Der Big Apple ist nur einen Schritt, eine Tür von ihm entfernt und gefühlt doch ziemlich weit weg.
Eine in Steven Spielbergs "Terminal" verfilmte Antithese, die so unfassbar klingt und doch einen wahren Ursprung hat. Der Iraner Mehran Karimi Nasseri lebte von August 1988 bis August 2006 am Pariser Flughafen Charle de Gaulle. Auf diesem Schicksal basierend, produzierte Spielberg seine seichte und locker-leichte Tragikomödie über Heimatlosigkeit sowie das beharrliche Warten auf ein bestimmtes Ziel - sei es nun die Liebe oder ein Visum -, tauscht den arabischen Protestanten allerdings gegen einen karikierten Osteuropäer. Alleine schon durch seine Gestalt und die Tücken der Völkerverständigung zwischen verwirrtem Slawen und den ihm zumeist feindlich gegenüber stehenden Amerikanern generiert "Terminal" den Großteil seines massenkompatiblen Humors. Tom Hanks, dessen Rolle erstaunliche Parallelen zu Forrest Gump aufweist - beide sind ziemlich naiv und müssen sich in einer fremden, nicht immer zuvorkommenden Umgebung zurechtfinden -, ist grandios. Ebenso wie Stanley Tucci, die fiese aber auch irgendwie belustigende Verkörperung der amerikanischen Formular- und Antragsplage.
Spielberg überzeichnet seine Charaktere ab und an etwas. Aber er tut es immer auf charmante und keinesfalls störende Art und Weise. Er beginnt stark, kritisiert schon in der ersten Szene subtil das von Paranoia, Bürokratie, Vorurteilen und Misstrauen geprägte Einwanderrungssystem der USA (nach 9/11), führt uns gut in den interessanten und atmosphärisch tollen Flughafen-Alltag des Heimatlosen ein, verfällt vor der pathetischen, aber auch zauberhaften Auflösung über Viktors Einreise dann aber der Versuchung, noch eine unnötige Romanze in die Geschichte einzubetten und das Gesamtkonstrukt dadurch etwas aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das hätte der Film überhaupt nicht nötig gehabt, verliert er so doch einiges an Schauwert und wirkt irgendwie zu glattgebügelt und kitschig. Ein Vorwurf, den man Spielberg des Öfteren machen könnte, der hier aber ausnahmsweise wirklich zu extrem ins Auge sticht und ein wenig störend ist.
Das macht "Terminal" letzten Endes noch lange nicht zu einem schlechten, aber eben zu einem im Mittelteil etwas unausgewogenen Film, der in Spielbergs
Portfolio leicht untergeht und trotzdem jederzeit einen Blick wert ist.
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Als Frankfurter kennt sich Marc mit Flughäfen, aber auch mit fiesen Notenabstufungen in der Schule aus. Warum, lest ihr hier: http://www.moviepilot.de/movies/terminal/comments/1314663
Nicht nur, dass Regisseur Craig Moss die Geschichte um den "AC Transit Bus fight" (https://www.youtube.com/watch?v=lQJFv9SMSMQ), auf dem der Film basiert, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken verfälschend darstellt, um ja nicht ins Fettnäpfchen mit der Aufschrift Rassismus zu treten. Er degradiert einen filmischen Stoff, der zur ernsthaften Debatte über Zivilcourage, Mut und Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft anregen hätte können, zum gewaltverherrlichenden Selbstjustiz-Streifen, der Faust- vor Strafrecht stellt und seinen rabiaten Protagonisten unnötigerweise heroisiert, und raubt ihm somit jegliche Kredibilität. Moss scheitert durch die Anlehnung an einen realen Vorfall, der sich keinesfalls als Vorlage für einen Trash-Film wie "Bad Ass" eignet. Schade eigentlich, hätte Danny Trejo mit Osama-Bart und einem niveautechnisch fast schon seagalschem Schauspiel durchaus Potential zur Kultfigur im Stile eines knausrigen Großstadt-Westernhelden gehabt. Gleichsam selbstironisch-lustig und dilettantisch kloppt er sich hüftsteif durch die Elendsviertel von Los Angeles und das holprige Drehbuch. Ein Muster, das sich durch den ganzen Streifen zieht: Einerseits wahrlich amüsant, andererseits erschreckend amateurhaft wirkt "Bad Ass", auch was seine Dialoge und den Soundtrack betrifft. So mag Trejos Rachefeldzug zwar in Sachen Trash- und Unterhaltungsfaktor stellenweise hervorragend funktionieren und ist für Genrefans auch zweifelsohne zu empfehlen, im Kontext mit seinem geschichtlichen Ursprung allerdings hat dieser Film denselben Biss wie ein weichgekochter Spargel.
Mandy Lane - der personifizierte Mythos einer jeden Schule. Das Mädchen, das sich aufreizende Klamotten anzieht, von jedem Teen mit Dödel zwischen den Beinen geknallt werden will, zum Erstaunen aller aber noch jungfräulich ist. Amber Heard erfüllt genau dieses Klischee. Ihre lockig-blonden Haare, ihr wohl geformter Vorbau und ihr zuckersüßes Gesicht schreien ein vulgäres "Fick mich!" förmlich in die Kamera.
Doch was bleibt nach der Sichtung von "All the Boys Love Mandy Lane" außer der Erkenntnis, dass ich für ein Schäferstündchen mit Amber Heard wohl so ziemlich meinen letzten Groschen geben würde?
Auf jeden Fall die tadellose audiovisuelle Aufbereitung. Denn nicht nur Heard, sondern auch das Bild ist scharf und in seinem kontrastreichen wie sepiastichigen Look auf jeden Fall stark divergierend vom üblichen Einheitsbrei. Gemeinsam mit der wundervollen Kulisse des pastoralen Texas und der passenden Musikuntermalung ergibt das eine rundum gelungene Inszenierung. Auch durch eine verhältnismäßig lange Exposition und eine daraus resultierende - man mag es im Slasher-Genre nicht mehr für möglich gehalten haben - relativ annehmbare Charakterzeichnung hebt man sich von restlichen Genrevertretern ab, wirft diesen löblichen Aspekt aber während des im Mittelteil recht uninnovativen Handlungsverlaufes vollkommen über den Haufen.
Denn gerade dann, wenn eigentlich Spannung und Gruselatmosphäre aufgebaut werden sollte, sorgte "All the Boys love Mandy Lane" für eine sexuelle Reizüberflutung. Handarbeit im vollbesetzten Auto, Schamhaarrasur auf der Toilette, Fellatio hinterm Pferdestall und minütliche Betörungsversuche der männlichen Protagonisten. Gegen "sex sells" ist in Horrorfilmen eigentlich nichts einzuwenden, doch ist die Sexismuskeule in diesem Film derart penetrant, dass sie mit der Zeit einfach nur nervig wird und jedwedes Klischee der oberflächlichen, Rauschmittel konsumierenden und dauergeilen Jugendkultur erfüllt.
Erst am Ende, als der Streifen endlich ordentlich an Fahrt aufnimmt, bricht man durch eine wirklich überraschende und überaus gelungene Auflösung wieder mit den gängigen Konventionen. Das macht Jonathan Levines Langfilmdebüt noch lange nicht zur ultimativen Liebesnacht, wohl aber zu einem profanen Quickie mit befriedigendem Happy End.
Wunschkommentar für den alten Ganoven Sachsenkrieger zum 1.Mai - verbunden mit der Hoffnung, dass seine Liebste ihre Klammern mal etwas lockert und er sich neben dem ganzen Wandern in den Hochgebirgen Niedersachsens auch mal wieder um unsre schöne Community kümmert. Hoffe der Wink mit dem Zaunpfahl zeigt Wirkung, mein lieber Holgi, du fehlst hier nämlich gewaltig, und ich glaube, das sehe nicht nur ich so ;)
Nun denn also, "Wir sind keine Engel" hast du dir unter meinem Kommentar zu "Papillon" gewünscht. Ein Film, der mir so gar nichts sagte und der für mich, was das Filmzeitalter betrifft, ziemliches Neuland war, hatte ich aus den 50ern bisher doch nur "Jenseits von Eden" gesehen.
"Mir ist das egal wie nett sie sind, ich bringe sie um. Wir sind auf der Flucht und sind hergekommen, um sie zu berauben und das werden wir auch tun. Wir müssen sie erschlagen und ihnen zur Sicherheit noch die Gurgel durchschneiden. Aber erst spülen wir das Geschirr."
Auf der Grundlage des Bühnenstücks "Eine schöne Bescherung" inszeniert Casablanca-Regisseur Michael Curtiz die aberwirtzige Geschichte der drei Gauner Joseph (Humphrey Bogart), Julius (Peter Ustinov) und Albert (Aldo Ray) samt Schlange Adolf (Schlange), die nach ihrem Gefängnisausbruch von der Teufelsinsel auf Französisch-Guyana am Heiligen Abend den Besitzer eines Kolonialwarenladens ausrauben wollen, urplötzlich aber mit dessen Familie sympathisieren, sich ihrer Probleme annehmen und ihnen ein schönes Fest bescheren wollen. Weihnachten unter Palmen mal ganz anders..
"Es ist noch gar nicht lange her, da habe ich dieselbe (Frisier)garnitur einem kahlköpfigen Herren verkauft. Den sollten Sie mal sehen." - "Was ist mit dem Herren?" - "Er ist tot. Aber er starb mit wundervollen, blonden Locken."
Wenn Humphrey Bogart einem nur spärlich behaarten Kunden eine Frisiergarnitur andreht, Robert Ustinov als Vollzeit-Casanova die Damen - ob ohnmächtig oder nicht - auf Händen trägt oder Aldo Ray den gutmütigen Hobbyverteidiger mimt, entfaltet "Wir sind keine Engel" seine ganze Strahlkraft. Es ist dieser überzogen-ironische Humor, der für den europäischen Geist zwar heutzutage mitunter etwas befremdlich ist und auch nicht immer den gewünschten Effekt erzielt, der dem Streifen aber seinen ganz eigenen Charme verleiht. Ein ganz anderes Verständnis für Komik, das die Leute vor gut 60 Jahren hatten. Umso erstaunlicher für mich ist es, dass die Pointen größtenteils immer noch funktionieren und mir nicht nur einmal ein schelmisches Grinsen aufs Gesicht zauberten (auch wenns zu tränenreichen Lachausbrüchen nie gereicht hat).
Aus dem theatralischen Ursprung wird nie ein Hehl gemacht, hat man doch immer den Eindruck, als wäre ein wirklich gelungener Bühnenauftritt einfach abgedreht worden. Vor tollen und authentischen Kulissen des ausgehenden 19. Jahrhunderts geben Ray, Bogart und Ustinov ein sympathisches Verbrechertrio ab, das vor allem durch diese spezielle Mischung aus Verschmitzt- und Gerissenheit so liebenswert ist und von einer wohltuenden Musik begleitet wird.
Was diese Gaunerkomödie aus den 50ern nun mit dem 1. Mai zu tun hat, hat sich mir nach der Sichtung zwar nicht erschlossen, aber für jemanden, der genug von Weihnachtsklassikern wie "Stirb Langsam" - ok, davon kann man nie genug kriegen - oder "Kevin - Allein zu Haus" hat, darf sich "Wir sind keine Engel" ruhig einmal geben und sich köstlichst amüsieren.
Danke, Holger, für den Filmtipp. Vielleicht liest dus ja, wenn du vom kolossalen Wurmberg im Harz mit seinen schwindelerregenden 971 Metern - das ist übrigens der höchste Berg Niedersachsens - hinabgestiegen bist. Solltest du mal Bock auf richtiges Wandern haben, darfst du mich aber gerne auch in Bayern besuchen kommen ;)
In diesem Sinne, Berg heil! :)
Investment, Spekulation, Korruption - Stockholmer Kapitalismus at its best. Eine verabscheuungswürdige, verlogene und skrupellose Welt, in der maßgeschneiderte Anzüge und teurer Scotch zum guten Ton gehören und Schwarzgeldkonten so
gewöhnlich wie ein Sommerhaus auf dem Land sind. Eine Welt, in der Habgier und Machtbesessenheit die führenden Motive sind, in der Freundschaftsdienste gekauft oder mit Gesellschaftsanteilen erpresst werden müssen. Man möchte fast meinen eine Welt, in der Menschlichkeit keinen Platz findet. Doch nach einem Mordfall innerhalb der abgekapselten schwedischen Wirtschafts-Oberschicht kommen plötzlich wirkliche, menschliche Gefühle ins Spiel: Es geht um dunkle Vergangenheiten, um Verrat, Lügen und Rache. Mitten drin die beiden skandinavischen Hollywood-Exportschlager Mads Mikkelsen und Alexander
Skarsgard.
"Exit- Lauf um dein Leben" gleicht sich mit seiner Atmosphäre der kalten Gesellschaft, die er thematisiert, hervorragend an und erfüllt damit quasi die Grundvoraussetzung eines typischen Schwedenkrimis. Kühler kann eine Inszenierung kaum sein. Das sorgt zwar dafür, dass die emotionale Zugkraft zu Wünschen übrig lässt und sich immer mal wieder kleinere Leerlaufphasen beimischen, befächert aber gleichzeitig den Thrill, der, wenn er mal aufbrandet, enorm ist. Regisseur Peter Lindmark paart seine überzeugenden Spannungsmomente mit einer gewissen Brutalität und generiert damit ungeahnte
Schauwerte, die zwischendrin in einem Netz aus Unlogik und allzu konstruierter Handlung, in dem sich der Streifen gelegentlich verfängt, verloren gehen.
Und selbst wenn das Ende nicht ganz zufriedenstellend ist, bleibt die schwedische Produktion ausgerechnet dank des intensiven Spiels des Dänen Mikkelsen, den ich immer wieder gerne sehe, in recht guter Erinnerung. Er hebt sich von der restlichen Darstellerriege ab, trägt den Film somit alleine und bringt ein Stückchen Wärme in die ansonsten so kühlen Sphären der nordischen Metropole.
"Eins muss man wissen, wenn man das große Geld machen will: Mit Glück hat das Ganze nichts zu tun."
Paul Michael Glaser verlegt die Idee des antiken Gladiatorenkampfes in ein dystopisches Amerika des Jahres 2019, in dem die Unterjochung der Bevölkerung durch den Polizeistaat sowie die vollständige Zensur der Medienlandschaft Einzug erhalten hat, und überlässt Arnold Schwarzenegger seine viel zu grellen, zu knalligen und zu trashigen 80er Sci-Fi-Kulissen als Showbühne. Die offensichtlich vorhandenen Ansätze der Medienkritik, bestehend aus der Anklage quotengeiler, skrupelloser und staatlich gesteuerter Medien sowie deren sensationslüsternen und verrohten Konsumenten, sind für einen Film dieser Art durchaus speziell und lobenswert, müssen aber mit fortschreitender Lauflänge unweigerlich Arnies knüppelharter One-Man-Show weichen. Das ist schade, hätte "Running Man" dadurch sogar die Möglichkeit gehabt, aus den Fesseln des dämlich-grenzdebilen Klopperstreifens herauszubrechen. So aber bleibt nicht mehr als kurzweilige Unterhaltung, der ein interessantes Grundszenario zugrunde liegt, letzten Endes aber nicht mehr ist als ein äußerst durchschnittlicher B-Actioner mit mittelmäßigen Kampfszenen und einer für meine Begriffe fast schon nervtötenden Atmosphäre.
Schwarzgeld stinkt nicht. Sven schon.
Während Deutschland im Zuge des Sommermärchens 2006 in schwarz-rot-goldener Euphorie versinkt, lernen sich in den verschlafenen Schweizer Alpen der arbeitslose Willi (Stefan Kurt), Reeder Achim (Jan Josef Liefers) und Bankangestellter Sven (Justus von Dohnányi) unter ziemlich unglücklichen Umständen kennen. Unter noch unglücklicheren Umständen kommt Sven nach einer durchzechten Nacht am Lagerfeuer ums Leben. Kapitalist und selbsternannter "Hartz 4.2"-Bezieher müssen sich arrangieren und wollen ihrer verstorbenen, kurzweiligen Bekanntschaft wie gewünscht die letzte Ehre in Form einer Seebestattung auf Sylt erweisen. Nicht ganz ohne Eigennutz wie sich herausstellen sollte..
Justus von Dohnányi gelang mit seinem Regiedebüt "Bis zum Ellenbogen" eine erstaunlich andersartige deutsche Komödie im Road Movie-Stil. Andersartig deshalb, weil sich Dohnányi für bitterbösen Humor und zynische Kommentare über Politik, Kapitalismus und sozialen Status nicht zu schade ist und in der deutschen Kinolandschaft damit fast schon in neue Gefilde vorstößt. Selbst wenn man nie ganz das Niveau der angestrebten britischen Schwarzhumorigkeit erreicht und der gelegentliche Hang zum Grotesken mitunter enervierend ist, versprüht die Reise der zwei Vollsympathen durch die Bundes-/Bananenrepublik einen angenehmen, gar erfrischenden Esprit, der zusätzlich vom recht billig wirkenden, sich dadurch aber gleichzeitig vom deutschen Komödieneinheitsbrei abgrenzenden Bild im Fernsehfilmgewand (Produktionskosten: ca. 650.000€) befeuert wird. Seine komödiantischen Glanzpunkte erlangt "Bis zum Ellenbogen" vor allem durch die teilweise improvisierten Dialoge der allesamt gut agierenden Darsteller sowie die skurrile Situationskomik. Da wird Svens Leiche schon mal als Gammelfleisch deklariert, mit Sonnenbrille und Deutschland-Hut dekoriert oder das Gesicht seiner Mutter mithilfe eines Nudelholzes deformiert.
Sicherlich kein großes Stückchen deutscher Filmgeschichte, das hier abgeliefert wurde, aber dennoch ein kleiner, ambitionierter Beitrag, der beweist, dass hiesigen Filmemachern der Sinn für Humor doch noch nicht ganz abhanden gekommen ist. Das lässt auf weitere positive Überraschungen von Dohnányi hoffen (auch wenn dieser acht Jahre alte Streifen bisher sein einziger Langspielfilm ist) und füllt meinen Körper irgendwie mit Hoffnung. Und zwar von den Fußspitzen nicht nur bis hoch zum Ellbogen, sondern mindestens bis zur Achselhöhle.
Selbst wenn "Loft" in den letzten Minuten vielleicht etwas zu überhastet und unbeholfen in seiner Erzählweise ist und einen Plottwist zu viel eingebaut hat, selbst wenn nach Durchlauf des Abspanns nicht alle Fragen ausnahmslos beantwortet worden sind, gelang dem belgischen Regisseur Erik van Looy ein absoluter Ausnahme-Whodunit-Streifen im sterilen Look der modernen Architektonik, der die reizvolle Idee eines gemeinsamen Lofts als Affären-Rückzugsort für fünf Kumpels und eines Mordes darin nutzt, um bei dessen raffiniert inszenierter Auflösung die Spirale aus Lügen, Intrigen, Verrat und menschlichen Abgründen immer weiter zuzudrehen und freundschaftliche Bindungen langsam aber schonungslos zu kappen. Von Anfang an brennt sich die Frage nach dem Täter tief ins Gedächtnis des Zuschauers ein. Dieser wird ein ums andere Mal gezielt in falsche Richtungen gelenkt, die der Film mit seinem äußerst wendungsreichen und genial konstruierten Drehbuch selbst revidiert und neue Fährten legt. Ob sie diesmal falsch oder richtig sind? Dessen kann man sich nie bewusst sein, denn jeder der fünf gut zu unterscheidenden und individuellen Hauptcharaktere kommt in Frage. Mit dem Ende hätte dann doch wohl aber keiner gerechnet. Van Looy verwebt mühelos drei Zeitebenen (Verhör, Entdeckung der Leiche, Rückblenden) miteinander und fügt sie zu einem plausiblen Ganzen. Das fordert die Konzentration des Zuschauers, überstrapaziert sie aber nicht.
Kurzum: Hochklassige, exoribtant spannende, vortrefflich erzählte und auch gut gespielte belgische Genrekost, die es am Ende etwas zu gut mit ihren Wendungen meint, aber dennoch die Frage aufwirft, warum so etwas nicht auch in unseren Gefilden, wo man Jahr für Jahr von Schweiger-, Schweighöfer-, und neuerdings auch M'Barek-Produktionen reizüberflutet wird, im Rahmen des Möglichen ist.
Zwei vom jungen Schlag – Mace Windu und Huababuar in den Wirren der weiten Filmwelt
Staffel 1: Steven Spielberg
Folge 6: Scheckbetrug und Gaunerei – Mace und Hubi auch dabei
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Womit später Geld verdienen? Welcher Tätigkeit glücklich, zufrieden und auch mit einem angemessenen Salär jahrzehntelang nachgehen? Die Phantasie eines Kindes ist grenzenlos. Wenn ich alleine daran denke, wie oft sich mein Traumjob im Laufe meines noch kurzen Lebens schon geändert hat, huscht ein Lächeln über mein Gesicht. In der Grundschule ist die Frage nach dem Berufswunsch schon immer obligatorisch gewesen. Während die Einen (und ich beschränke mich des Filmes wegen nun ausschließlich auf das männliche Geschlecht) sich partout noch nicht auf ein spezielles Fachgebiet festlegen wollten, andere recht bodenständig mit Feuerwehrmann oder Polizist antworteten, träumten wiederum andere von höchst angesehenen, ehrlichen und auch äußerst gut bezahlten Berufen. Piloten, Ärzte oder Anwälte, das wollten sie einmal werden.
Frank Abagnale jr. (Leonardo di Caprio) übt alle drei Professionen aus. Zumindest auf dem Papier. Mittels Scheckbetrug, gerissener Hochstapelei und unverwechselbarem Charme fälscht er Gehaltsschecks und Ausweise, avanciert so zum wohl größten Betrüger der US-Geschichte und finanziert sich das, was ihm als Kind aufgrund der väterlichen Steuerschulden immer verwehrt wurde: ein dekadentes Leben. FBI-Ermittler Carl Hanratty (Tom Hanks), der wie Abagnale einen Bruch in seiner Familie erleiden musste, wird schnell darauf aufmerksam und heftet sich an seine Fersen.
„Lieber Paps, du hast immer gesagt, dass ein ehrlicher Mensch nichts zu fürchten hat. Also versuche ich, keine Angst zu haben.“
Steven Spielberg ist wandelbar wie ein Chamäleon. Inszenierte er mit „Minority Report“ einen kühlen und intelligenten Science-Fiction-Thriller, nahm er sich noch im selben Jahr der realen, für eine Verfilmung vielleicht etwas trockenen Geschichte von Frank Abagnale an und formte daraus entgegen meinen Erwartungen ein überaus leichtfüßiges Biopic im Gaunerkomödien-Gewand. Wenngleich „Catch me if you can“ mit fortschreitender Handlung stellenweise schon etwas behäbig auf der Stelle tritt, am Ende narrativ ein wenig holprig wirkt und im Nachhinein gut 20 Minuten zu lang geraten ist, gelingt es Spielberg seine Erzählung recht locker und vor allem von charmantem Humor durchtränkt vorzutragen. Es ist ein Genuss, DiCaprio und Hanks bei ihrer amüsanten Hetzjagd zu beäugen, zu sehen wie sich die Schlinge um Franks Hals immer enger zuzieht, wie er gleichzeitig aber auch immer dreister agiert, selbst wenn man natürlich weiß, wo der Streifen gegen Ende hin will und wie ähnlich sich Jäger und Gejagter nicht nur in ihrer Vorliebe für Scheckfälschung, sondern auch in ihrer familiär begründeten Einsamkeit sind.
Ein nimmermüder Spielberg, so scheint es, suggeriert erneut den unersetzlichen Wert der leicht zu zerrüttenden Familie, die es zu schützen und nie zu vergessen gilt und deren Bruch die Welt der Filmfiguren aus den Fugen gleiten lässt. Während Frank selbst nach der Scheidung seiner Eltern und der damit verbundenen Sorgerechtsentscheidung Reißaus nimmt und fortan seinen immensen Lebensunterhalt durch Betrügereien verdient, den Kontakt aber stets wahren will, wendet sich das Leben seines Vaters (Christopher Walken) weiter zum Negativen – eine unverkennbare Antithese, die auf ein tragisches Ende zuläuft. Auch die Frage nach Wahrheit und Lüge ist allgegenwärtig. Wer einmal lügt, dem glaubt man bekanntlich nicht und in diesem Film wird ziemlich oft gelogen und getrickst. Selbst als Zuschauer findet man sich das ein oder andere Mal in der Opferrolle wieder.
Doch will beziehungsweise kann selbiger Frank für seine Taten nicht einmal böse sein. Man gönnt ihm seinen Erfolg sogar. Zu sympathisch ist einem seine Person von Beginn an. Zu verführerisch ist diese Mischung aus Höflichkeit, Eloquenz und Frechheit. Großen Anteil daran hat natürlich DiCaprios schelmisches Spiel, das offensichtliche Parallelen zu seiner Performance in „Wolf of Wall Street“ als schmeichelhafter und charmanter Gauner aufweist und wunderbar mit einem Tom Hanks in ungewohnt pragmatischer Rolle korrespondiert. Wer mich aber alleine schon durch sein ausdrucksstarkes Gesicht immer wieder kriegt, ist Christopher Walken und so vereint Spielberg hier eine Schauspielerriege, die es wahrlich in sich hat.
Sicherlich ist „Catch me if you can“ einer der kleineren Filmen des populären Märchenonkels, wenn man davon überhaupt sprechen kann. Seicht, nicht so emotional wie viele seiner früheren Werke und trotzdem auf spielberg’sche Art einfach charmant, liebenswürdig und mit einem zauberhaft harmonischen Cast ausgestattet.
„Kennt ihr den schon?“ Noch nicht? Dann schaut ihn euch an…
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Auch Marc hat wieder fleißig in die Tasten gehauen und das ist nicht gefälscht. Versprochen! Hier sein Kommi: http://www.moviepilot.de/movies/catch-me-if-you-can/comments/1310278
Jigsaw ist zurück! Und zwar im Internet...
"Untraceable" bietet mit seiner auf Cyber-Kriminalität ausgelegten Story einen äußerst interessanten Stoff und erzeugt durch kreative Morde in John Kramer-Manier und mit den durchaus auf "Saw"-Niveau liegenden Torture-Porn-Innovationen Faszination, Ekel und Schaudern beim Zuschauer. Die Darsteller liefern im Vergleich zum seelenlosen B-Movie-Inszenierungsstil, der in etwa so viel Atmosphäre und Eigenständigkeit hat wie die Innenstadt von Dortmund, und der mehr als fadenscheinigen Motivation des unglaubwürdigen Täters, eine gute Leistung ab. Auch in Sachen Spannung kann man dieser Mixtur aus Krimi, Thriller und Splatter absolut keinen Vorwurf machen, weiß Regisseur Gregory Hoblit seinen Zuschauer doch mit einer wellenförmigen Spannungskurve durchaus bei der Stange zu halten. Mit einer oberflächlichen Mutter-Tochter-Problematik hebt man sich sogar etwas von der gesichtslosen Charakterzeichnung vieler Genrevertreter ab.
Allerdings ist der sich nahezu gebetsmühlenartig erhebende, mahnende Zeigefinger, mit dem uns "Untraceable" suggestiv weis machen will, wie diabolisch und verabscheuungswürdig das Internet ist, ebenso abscheulich wie die daraus resultierende Doppelmoral. Eine angeblich perversierte und voyeuristische Gesellschaft wird auf die Anklagebank gestellt, fungiert dabei ironischerweise aber gleichzeitig als Opfer dieses Machwerks, das seine Schauwerte aus eben jener so harsch kritisierten, verrohten Sensationslüsternheit zieht.
Das hinterlässt einen faden Beigeschmack und trübt das Gesamtbild eines ansonsten zumindest ansehnlichen und ziemlich spannenden Thrillers mit interessanter Thematik.
Schmitty, alter Knabe! Meiner kritischen Meinung dir gegenüber nach war das deine bisher beste Kritik hier auf MP.
Was mittlerweile aus der nur noch auf Massentauglichkeit ausgelegten Kinolandschaft geworden ist, stimmt mich äußerst bedenklich. Wenn es nicht die 50. Marvel-Verfilmung ist, wird eben ein anderes Remake oder die unendlichste Fortsetzung auf den Markt geschmissen, wohl wissend, dass die Einnahmen stimmen werden, weil die breite Masse alt bewährtes und hirnloses Kino dankend annimmt und sich individuellen, unabhängigen und gehaltvolleren Streifen verweigert. Nur ist es mit Filmen leider nicht wie mit Chilli. Dreimal aufgewärmt heißt noch lange nicht, dass es gut schmeckt.
„Über eins müsst ihr euch klar sein: Ihr existiert nicht mehr für unser Land! Frankreich hat euch abgeschoben! Euch alle! Ohne Ausnahme! Also vergesst Frankreich! Und zieht eure Sachen an!“, rief der Lagerleiter der Masse an Inhaftierten in brüsker Art und Weise zu. Unter ihnen Papillon (franz. für Schmetterling). Ein charismatischer Mann (Steve McQueen), zu Unrecht von seinem Heimatland wegen Mordes verurteilt und ins Gefängnis nach Französisch-Guyana abgeschoben. Für viele wäre diese Kolonie am anderen Ende der Welt ein wahrlich paradiesisches Fleckchen Erde. Für Papillon hingegen ist es die Hölle. Hier ist er den sadistischen Wärtern samt drakonischer Strafen schutzlos ausgeliefert. Doch eines ist stärker, viel stärker als die harte Arbeit, der Hunger aufgrund von eingeschränkten Futterrationen und die immer wiederkehrenden Schläge, die auf seinen geschundenen Körper einprasseln: Sein unbändiger Freiheitsdrang.
Franklin J. Schaffner ist mit seiner Verfilmung der Autobiografie „Papillon“ von Henri Charrières ein beeindruckendes Gefängnisdrama gelungen, das in der heutigen Zeit, in der nicht mehr Leichen, sondern entbehrliche Remakes vom Fließband den Weg pflastern und „Fast and Furious 5000“ für einige den Höhepunkt des kinematographischen Sommers darstellt, so nicht mehr abgedreht werden könnten. Es ist dieser latent schmutzige Flair, der diese "alten Schinken“ von den neuen, aalglatten und computergenerierten Produktionen abhebt. Die körnigen, kontrastreichen Bilder, Hintergrundgeräusche, verschwitzte und dreckige Gesichter, eine beeindruckende und teilweise noch an Originalschauplätzen eingefangene Kulisse sowie nicht zuletzt eine sehr ruhige Erzählweise.
Viele sprechen ihretwegen immer von einer gewissen Trägheit und Langatmigkeit, die ältere Filme in sich tragen. Auch ich tue das oft genug als Kind der 90er, das bisher einfach viel zu wenige dieser Streifen gesehen hat. Doch in „Papillon“ ist diese gewisse Behäbigkeit Trumpf und verleiht der humanistischen Geschichte über Freiheit, Willenskraft, Opfergabe und dem absoluten Willen, sich gegen ein menschenverachtendes Justizsystem aufzubegehren, eine unglaubliche Intensität.
Schaffner nimmt sich genügend Zeit, um einzelne Aspekte der Inhaftierung so dermaßen simpel und gleichermaßen genial zu visualisieren, dass Papillons Leidensweg und Metamorphose vom kräftigen Mann besten Alters zum schwächelnden, weißhaarigen, doch immer noch rebellischen Schatten seiner selbst ungemein mitreißend und vereinnahmend ist. Das ist Bildsprache vom allerfeinsten: Die Monotonie und Einsamkeit der Einzelhaft kommt durch redundante, einprägsame Szenen exzellent zur Geltung, die regelmäßigen und variierenden Praktiken der geltungs- und überlegenheitsbedürftigen Wärter vermitteln authentisch die permanente Überwachung, Unterdrückung und Erniedrigung – sinnbildlich für das Machtgefüge im Gefängnis steht dafür die Transparenz der deckenlosen Einzelzelle, über der die Wachen auf und ab gehen – und zu guter Letzt gibt es einen Steve McQueen, der den ungebrochenen Kampfgeist, den Willen, diesem Alptraum zu entfliehen, selbst wenn es den Tod kostet, in Perfektion vorträgt. Sein Spiel hat etwas von einem gezähmten und trotzdem kraftvollen Löwen. Unglaublich prägnant, unglaublich mitreißend, unglaublich gefühlvoll. In den Nebenrollen brillieren zudem Dustin Hoffman und Robert Deman als seine Flüchtlingskomplizen.
Gewiss kommt „Papillon“ nicht um eine offensichtliche, allerdings niemals penetrante oder gar störende Glorifizierung seiner Heldenfigur herum und auch das Schicksal des fälschlicherweise inhaftierten Gutmenschen erfand das Rad des Freiheitsdramas schon damals nicht neu, was allerdings nichts daran ändert, dass man hier bewegendes, packendes, einfach umwerfendes Kino in alter Manier bestaunen darf, welches sowohl kritische, als auch emotionale Töne trifft.
„Ich, ihr Mistkerle, ich lebe noch!“, sagte Papillon erschöpft und zugleich entschlossen. Er wollte keine Rache, keine Entschädigung, keine Entschuldigung, er wollte einfach nur frei sein. Wie ein Schmetterling.
John Carpenters Regie-Comeback "The Ward" wirkt wie ein leicht zu lösendes Puzzle für Sechsjährige, das sich ganz einfach aus verschiedenen, großen Teilchen anderer Genrefilme zusammensetzen lässt. Durchzogen von einer omnipräsenten Gleichgültigkeit dem Geschehen gegenüber, einer quasi nicht vorhandenen Atmosphäre und "Schockerffekten", die aus reiner Effekthascherei bestehen, lieblos, uninnovativ und sich ständig wiederholend abgespult werden und nur ganz selten zünden. Hätte Amber Heard so gespielt wie sie aussieht, dann gäbe es wenigstens aus schauspielerischer Sicht einen Lichtblick. So aber bleiben alle Darsteller/-innen farblos und passen sich perfekt der Unterdurchschnittlichkeit des bestenfalls solide inszenierten Gesamtwerks an. Schon zu Beginn stolpert Carpenter in seiner Erzählweise und Dramaturgie vor sich hin, wirkt gänzlich uninspiriert und braucht lange bis er wirklich in Fahrt kommt, nur um dann höchstens den dritten Gang einzulegen und noch nicht einmal in diesem den roten Drehzahlbegrenzer zu erreichen. Spannung ist zwar mitunter vorhanden, aber wirkungsvoller Horror geht anders. Dabei hätte das Setting der alten Psychiatrie verbunden mit der eindringlichen Filmmusik (an dieser Stelle sei euch bei Interesse an so einem Szenario "Shutter Island" und "Das Alphabethaus" vom dänischen Schriftsteller Jussi Adler-Olsen kräftig ans Herz gelegt) durchaus Potenzial gehabt. Potenzial, welches hier von einem früheren Ausnahmeregisseur leider verschenkt wurde. Schade, dass der marketingtechnisch aufpolierte Titel des Films in Verbundenheit mit der finalen Schlusszene, die horrortechnisch das Beste ist, was "The Ward" zu bieten hat, vor Metaphorik nur so strotzt und wie ein Hilfeschrei John Carpenters wirkt. Ein Schrei nach der ihm längst abhanden gekommenen Aufmerksamkeit und Anerkennung.
Kreuzungsversuche ("Sharktopus"), fischige Naturkatastrophen ("Sharknado"), zweiköpfige ("Two-Headed Shark Attack") oder im Sand kriechende Haie ("Sand Sharks") - Syfy, The Asylum und Co. haben schon jede Menge Algengrütze in ihren Crackhöhlen produziert, doch was dem Freund des schlechten Geschmacks mit "Ghost Shark" vorgesetzt wird, passt auf keine Fischflosse und ist an Dilettantismus und Stupidität nicht zu übertreffen. Die Okkultstory des glitzernden, wiederauferstandenen und sich nun rächen wollenden Tuntenhais ist langweilig, seine Kills ebenso skurril wie vorhersehbar - ein Todesurteil im Trashgenre -, die Schauspieler stehen hauptberuflich wohl alle an der Kasse von Walmart, sind ebenso facettenreich und für den Zuschauer relevant wie die auszufüllenden Rollen und werden mit einer Synchro unterlegt, die man in negativer Hinsicht nicht toppen kann. Das anfängliche Schmunzeln wegen so manch amüsanter Situationskomik muss dann auch schnell einem gelangweilten Blick für den ermüdenden Showdown weichen.
Zu unlustig, zu uninteressant, trotz jeglicher Banalität einfach nicht unterhaltsam. "Geistreich" geht anders..