JackoXL - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
AdolescenceAdolescence ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Stephen Graham und Jack Thorne mit Stephen Graham und Owen Cooper.+20 Kommentare
-
The BondsmanThe Bondsman ist eine Actionserie aus dem Jahr 2025 von Grainger David mit Kevin Bacon und Jennifer Nettles.+18 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+16 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Ghost in the Shell II - Innocence321 Vormerkungen
-
Mission: Impossible 8 - The Final Reckoning181 Vormerkungen
-
From the World of John Wick: Ballerina151 Vormerkungen
Alle Kommentare von JackoXL
[...] Cy Endfield („Zulu – Die Schlacht von Rorkes Drift“) versucht sich bei „Duell am Steuer“ an einer Art Mischung aus typisch britischem Workingclass-Drama und energiegeladenem KFZ-Thriller, der von der Grundprämisse leicht an Henri-Georges Clouzot’s Meisterwerk „Lohn der Angst“ erinnert…allerdings ohne Dschungel und mit fest angezogener Spannungs-Handbremse. Existenzangst steht auch hier im Vordergrund und ist Triebfeder für ein selbstmörderisches Engagement am Steuer, nur die Rahmenbedingungen sind andere. [...] Im Kern kein uninteressantes Statement zur ausbeuterischen Situation der weniger privilegierten Arbeiterklasse im Korsett eines kernigen Männerfilms um Platzhirsch-Gehabe, Adrenalin, dem alten Kampf von Gut gegen Böse, Freundschaft, sogar Liebe und dem ganzen Piff und Paff, leider genauso klischeebeladen und primitiv runtergenudelt, wie es sich auch anhört. [...] Trotz der gesellschaftskritischen Thematik hat man eher das Gefühl, einem Schwanzvergleich auf dem Schulhof zuzusehen. Die Protagonisten erinnern von ihrem naiven, unreifen Verhalten an Halbstarke denn an erwachsene Männer. Die gesamte Dramaturgie wirkt (nicht nur aus heutiger Sicht) wahnsinnig simpel, manchmal fast albern, ein ernsthafter Bezug zu den angedeuteten Problemen und Befindlichkeiten wird maximal angedeutet. [...]
[...] Weit mehr als nur eine Reminiszenz an das klassische Crime-, Gangster- und Noir-Kino der 30er, 40er und 50er Jahre, der gerne in dem Zusammenhang verwendete Begriff Neo-Noir ist nur teilweise zutreffend. Inhaltlich bewegt sich Regisseur Curtis Hanson („8 Mile“) mit der wohl reifsten, akribischsten und besten Arbeit seiner Karriere unverkennbar auf diesem Terrain. Eine undurchsichtige Geschichte um Verbrechen, Mord und Lügen; ambivalente (Anti)Helden und zwielichtige Gestalten; eine Frau als nicht zu kalkulierende Schlüsselfiguren zwischen zu beschützendem Opfer oder doch manipulativer Kraft mit mehr Macht in ihren Händen (oder zwischen ihren Schenkel) als man ihr zunächst zugestehen kann/will/muss? Die Zutaten sind vorhanden, inszenatorisch gelingt Hanson jedoch nicht nur eine Hommage an die schwarze Serie, die er stilistisch lediglich geringfügig bedient. Mit modernen Mitteln gelingt ihm die einmalige Gratwanderung aus einem zeitgemäßen Krimi und klassischem US-Erzählkino, das nicht zwingend die Stillistig der Großen von einst kopieren muss.
Der Mittelweg ist das Geheimnis und nur einer der vielen Mosaiksteine, die hier ein nahezu makelloses Ganzes ergeben. Neben der technischen Umsetzung, dem bis in kleinste Detail perfekten Setdesign und einem grandiosen Cast (der bis dato in den USA mehr oder weniger unbekannte Russell Crowe, „Gladiator“, spielt überragend) ist das brillante Ausnahmeskript von Hanson und Brian Helgeland („Payback – Zahltag“) nach einer Geschichte von James Ellroy ("Dark Blue"). Trotz eines ereignisreichen Ablaufs mit hohem Erzähltempo ist man als Zuschauer genau wie die Hauptfiguren lange überhaupt nicht im Bilde, was genau hier vor sich geht. [...] „L.A. Confidential“ gerät dabei nicht zu langatmig, verwirrend oder überfordernd, selbst weniger geduldige Zuschauer können davon schwer gelangweilt werden. Dauernd geschieht wieder etwas, kommen neue Facetten hinzu. Die Geschichte erzwingt die lückenlose Aufmerksamkeit nicht, sie sorgt mit einer Selbstverständlichkeit automatisch dazu. [...] In den letzten Jahren gab es selten ein derart hochkarätiges Gesamtpaket, mit dem brillanten Skript an vorderster Front. Ein Haar in der Suppe lässt sich bei fast jedem Film finden, wenn nur lange genug gesucht wird. Wer hier etwas glaubt gefunden zu haben, kann es gerne behalten. So einfach das klingt: Perfekt. Punkt.
Der doppelte Kinderschreck, Body-Horror-Roncalli. Papa wird komisch und ein Clown ist nicht der geschminkte Faxenmacher, sondern ein mystischer Kannibalen-Dämon, der Kinder zum Fressen gern hat. Was für eine garstige Idee, leicht schlampig ausgekostet, betrachtet man das generelle Potenzial. Dafür beweist Jon Watts wie schon bei „Cop Car“, was er zu leisten im Stande ist. Das Skript rumpelt in der ersten Hälfte sichtlich vor sich hin, aber wenn der Clown die Zähne schärft, ist das feiner B-Horror mit einem hochwertigen Creature-Design und einem sehenswerten Schlussakkord. Das Tunnel-Trauma und ein unmoralisches Angebot im Schwarzlicht-Zauberwald sind großartig, Coulrophobie wird mehr als verständlich. Nicht fehlerfrei, trotzdem kreativ und ungemütlich umgesetzt.
[...] Die eskapistische Gesellschaftsflucht und der damit eventuell einhergehende Denkanstoß (von wegen!) ist ein lieblos initiiertes Mittel zum Zweck um überwiegend schale bis pubertäre Gags der Marke Pimmel-Titten-Hoppala aneinanderzureihen. [...] Unabhängig davon, ob das auch nur den Hauch von Sinn macht (Jennifer Aniston ist als plötzlich freizügige Hippie-Prinzessin im selbstgehäkelten Poncho etwa so authentisch wie das nächste unschlagbare Sonderangebot im Shopping-Kanal), die Chemie der Hauptdarsteller stimmt von vorne bis hinten nicht. Noch schlimmer, es stellt sich nicht die geringste Sympathie für die beiden Zivilisations-Schizos ein, dafür scheißen sie ohne mit der Wimper zu zucken auf ihre Partnerschaft, als die neuausgegeben Regel zum Fremdvögeln kaum ausgesprochen ist. Dadurch wird selbst die übliche Mechanik solcher Filme (hoffentlich wird am Ende alles wieder gut) schnell ausgehebelt. Sollen sie doch machen. Wen interessiert es? Sie selbst ja offensichtlich auch nicht. Warum dann irgendjemanden vor dem Bildschirm? Die Antwort bleibt der Film schuldig. Das Hauptaugenmerk liegt eh nicht auf solchen Kinkerlitzchen, solange nur die prüde Schamgrenze geschlechtsreifer Amis „skandalös“ gekitzelt wird. Derbe will „Wanderlust – Der Trip ihres Lebens“ nur zu gerne sein, darüber kann ein schon vor der Ehe aufgeklärter Mensch im besten Fall müde schmunzeln. [...] Angeblich freizügig und lässig, dabei aber erst so maßlos verklemmt, da immer so getan wird als wenn jeder Penis- und Sexwitz gleich die dicke Fleischpeitsche wäre. Zudem so uninteressiert an der eigenen Grundidee und seinen Figuren, dass am Ende niemand weiß, ob alternative Lebenseinstellungen nun zum klischeetriefenden Geläster freigegeben sind oder doch gemocht werden dürfen. [...]
[...] Die knapp zwei Stunden Laufzeit scheinen bald zu wenig für die Geschichte, besonders im ersten Drittel wirkt die Handlung gehetzt. John Huston hat die Inszenierung mit seiner fachmännischen Erfahrung natürlich jederzeit im Griff und liefert routinierte Arbeit ab, dennoch werden die zahlreichen Figuren und der umfangreiche Vorbau wie im Stakkato serviert. Husch, husch, wir haben doch keine Zeit. Die interessante und komplexe Welt der freischaffenden Spitzel kann nur überflogen und kaum tiefer dargestellt werden, dafür prasselt eine wahre Namens- und Zusammenhangsflut auf den Zuschauer ein, die erstmal im Kopf sortiert werden muss. [...] Das titelgebende Schriftstück ist ein klassischer Macguffin; der Krieg der Systeme und Weltanschauungen nur die Bühne; Erhalt von Sicherheit, Frieden und der Sieg über den großen Feind total irrelevant. Hier hat fast jeder nur seinen persönlichen Vorteil im Auge, steckt sich die Taschen voll und verbündet sich auch mal mit dem Feind, um die Gegner in den eigenen Reihen aus dem Weg zu räumen. Diese realistische, vom ehrenhaften Patriotismus losgelöste Aussage des Films ist reizvoll und wohl voller Wahrheit, nur der Weg dorthin will den Zuschauer zu keiner Zeit richtig einfangen. [...] Trotz des Staraufgebots und einer nicht uninteressanten Story zieht „Der Brief für den Kreml“ irgendwie an einem vorbei, hinterlässt kaum Spuren. Alles andere als ein schlechter Film, nur nicht besonders erinnerungswürdig und in Anbetracht seiner Möglichkeiten eher eine Enttäuschung. [...]
„Wenn Nigger Angst haben, fühlen Weiße sich sicher.“
Mit seinem zweiten Western ist Quentin Tarantino dem Genre deutlich näher als noch bei „Django Unchained“ (der eigentlich der bessere „12 Years a Slave“ war). Seine frostige Eröffnungssequenz erinnert an Corbucci’s Klassiker „Leichen pflastern seinen Weg“, überhaupt schlägt gegenüber dem flott-amüsanten Vorgänger das skrupellose Herz des Italowesterns unverkennbar echt in seiner Brust. Tarantino zitiert sich mal wieder fleißig durch die Filmgeschichte, mit dem Eintreffen in der Hütte am deutlichsten sich selbst. Inzwischen ist er selbst ein Teil davon, also warum nicht? Weniger schräg, weniger schrill, dafür mit einem klaren Statement zur immer noch aktuellen Lage der Nation („Die Schwarzen fühlen sich nur dann in Sicherheit, wenn die Weißen entwaffnet sind.“), geduldig und redselig vermengt er seine „Reservoir Dogs“-Story mit dem Western und Agatha-Christie-Cluedo. Stilsicher, abgeklärt, mit brodelnder Spannung und einem mal wieder interessant zusammengestellten Cast (Jennifer Jason Leigh ENDLICH wieder in einer größeren Rolle und dann so herrlich uneitel, rotzig-nihilistisch, klasse), das dürfte Michael Madsen erneut über den langen, harten Winter helfen. Bei all der handwerklichen Finesse und seiner feinen, detaillierten Inszenierung (Morricone‘s Score, Kurt Russell, Schnee und Misstrauen über falsche Identitäten, sogar „The Thing“ scheint bewusst zu grüßen), warum der gute Quentin dafür drei Stunden Laufzeit ansetzt, ist nicht ersichtlich. Eine Stunde kürzer, der Film wäre sicher nicht schlechter, auch weil die Geschichte relativ dünn geraten ist. Nach langem Prolog spitzt sich die Lage nur langsam zu und erreicht dann überraschend früh ihren Höhepunkt. Wenn man schon so viel Zeit hat, könnte man es ruhig bis ans Äußerste kitzeln, narrativ vergeudet „The Hateful Eight“ einiges. Es fehlt der erwartete, brillante Geistesblitz, der einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Schade, ebenso das Tim Roth als Christoph Waltz Ersatz sich genötigt fühlt dessen typisches Spiel imitieren zu müssen (gewisse Ähnlichkeiten waren immer vorhanden, das ist allerdings sehr auffällig), hat er doch gar nicht nötig. Die sonst übersprudelnde Kreativität Tarantinos stößt deutlich an ihre Grenzen, ein guter Film kommt am Ende trotzdem dabei heraus. Wer kann, der kann einfach.
[...] Dem Film gelingt es in seiner Gänze unbestreitbar eindringlich zu verdeutlichen, was ein Krieg – allgemein, nicht speziell dieser – für Folgeschäden mit sich trägt. Täter, Opfer und Retter, keiner kommt unbeschadet davon. Ihre Wunden haben sie alle, ihre Narben tragen sie für immer. Durch die naturgemäß sprunghafte Erzählstruktur ist der rote Faden auf narrativer Ebene natürlich nur recht lose und nicht jedes Element weiß auf gleiche Weise seine direkte Wirkung zu erzielen, obwohl das Konzept und der übergeordnete Gedanke eben diese nicht verfehlt. Etwas kritisch könnte das Ende gesehen werden. Zum Entstehungszeitraum 1963 – als der Kalte Krieg drohte richtig heiß zu werden – mag es auf den ersten Blick die Sowjets in ein dämonisierendes, sehr parteiisches Licht rücken, was aber keinesfalls die Intention von Foreman gewesen sein kann. Eher ist es ein Erklärungsansatz und gleichzeitig ein sehr richtiger, kritischer, reflektierter und objektiver Schlusspunkt für sein Werk. Wenn auf engstem Raum auf einmal zwei komplett konträre Weltanschauungen, Klassenfeinde plötzlich keinen gemeinsamen Gegner mehr haben, sich gegenseitig anrempeln, Tür an Tür wohnen müssen und jetzt deutlich merken, wie fremd sie sich doch sind, wozu wird das wohl führen? Der eine Konflikt ist beseitigt, es lebe der nächste. Wer hätte das gedacht?!
„Die Sieger“ ist vom erzählerischen Fluss nicht ohne Makel und ist mehr als aussagekräftiges Produkt zu betrachten. Aus nicht gleichwertigen Fragmenten entsteht ein wichtiges Mahnmal für Frieden und Menschlichkeit, nicht durchgehend pessimistisch, aber durchaus realistisch genug, um ein leichtes Fragezeichen hinter seiner Botschaft zu hinterlassen. Aus heutiger Sicht (einige bekannte Namen waren damals noch nicht so groß wie heute) mit massiven Staraufgebot besetzt, besonders der eher unterschätzte George „Hannibal Smith“ Peppard sei besonders erwähnt. Heimlich, still und leise trägt er den Ensemblefilm auf seinen Schultern.
[...] Sobald es sich die die Herren in ihren Schützengräben „gemütlich“ gemacht haben, fehlt es „Standoff – Die einzige Zeugin“ zeitweise deutlich an Schwung. Den redseligen Psychospielchen - in erster Linie betrieben von einem gut aufgelegten Laurence Fishburne – haben nicht genug Pfeffer, um die angespannte Intensität des Szenario konstant aufrecht zu erhalten bzw. im Idealfall deutlich zu steigern. Wenn mal Bewegung in die festgefahrene Unruhe kommt, ist das dafür durchaus in Ordnung. Besonders positiv fällt auf, dass Alleca in seiner Funktion als Autor es vermeidet, in die üblichen Logiklöcher zu stapfen, die manche vergleichbare Produktionen gar nicht erst bemerken. Das Handeln der Figuren bleibt jederzeit relativ schlüssig und selbst wenn sich an gewissen Punkten gefragt wird, warum jetzt nicht dieses oder jenes gemacht wird, das vielleicht etwas behäbige Skript hat immer eine (halbwegs) nachvollziehbare Erklärung dafür, was nicht selbstverständlich auf diesem Niveau ist. Der Adrenalinpegel schießt nicht gerade durch die Decke, großartige Ermüdungserscheinungen stellen sich dennoch nicht ein. Wann immer diese drohen, werden die Zügel leicht angezogen, zum völligen Stillstand kommt der Plot nie, auch wenn etwas mehr Drive zwischendurch nicht schaden würde.
„Standoff – Die einzige Zeugin“ wirkt nicht lieblos gemacht, die Hauptdarsteller motivierter als bei einigen ihrer teilweise lethargischen Auftritten in größeren Filmen und von der Inszenierung ist das rundum solide. Ohne großen Knalleffekt ergibt das einen brauchbaren Film leicht über dem Genredurchschnitt, zum einmaligen Gebrauch nicht gänzlich ungeeignet.
Das diese dullige CGI-Pflaume sich zum Mega-Flop entwickelt hat ist keine Überraschung, das grenzt ja an mutwilligen Vorsatz, bald Veruntreuung. Angestellte in mittelständigen Unternehmen wären für so viel Gleichgültigkeit bei der Ausführung ihrer Tätigkeit vor Gericht gelandet. Richtig Bock hatte wohl im Vorfeld schon niemand auf den Film, das merkt man. Für 130.000.000 Dollar Budget werden verhältnismäßig schäbige Effekte aufgefahren, die Story ist von Natur aus eh schnuppe (trotzdem kacke) und der ganz dicke Hammer ist, wie hier die Stars komplett aneinander vorbeispielen bzw. die Nummer völlig konträr angehen. Während Ryan Reynolds – der Mann mit dem treffsicheren Gespür für misslungene Comicverfilmungen („Deadpool“ noch nicht berücksichtigt) – überhaupt nicht zu wissen scheint, was er machen soll, mit Stock im Arsch und lächerlich-verbissener Ernsthaftigkeit von dem Mumpitz förmlich überrollt wird, dreht Jeff Bridges das Rad in die genau andere Richtung. Als Parodie seiner eigenen Rollen aus „Wild Bill“ und „True Grit“ überpaced der gnadenlos und macht sich dadurch nicht weniger zum Horst, dafür mit wohl etwas Restspaß unterm Hut. Aus der Kategorie „Hinterher ist man immer schlauer“: Da Kevin Bacon mit seinem „Ich-weiß-schon-wie-scheiße-das-ist“-Gesicht zwischen den ganzen CGI-Freaks gar nicht groß auffällt, warum nicht gleich dazu noch Steve Buscemi, Brad Dourif, Clint Howard, Michael Berryman oder andere Schön-Wetter-Visagen casten ? Die etwas geschminkt und in Kostüme gesteckt, sähe nicht weniger panne aus und hätte zumindest sowas Ähnliches wie Charme, was dem belanglosen Unfug völlig abgeht.
[...] Handwerklich lässt sich nichts bemängeln. „Die Leiche der Anna Fritz“ wirkt von der technischen Inszenierung abgeklärt, nicht unbedingt wie ein Debütfilm, und ist zudem mit relativ unbekannten Gesichtern ordentlich besetzt. Sie wissen ihre Rollen ansprechend auszufüllen, wobei diese natürlich durchsichtigen Stereotypen entsprechen. Damit sind wir bereits beim deutlichsten Kritikpunkt, denn vorhersehbar ist das Ganze von vorne bis hinten, sobald die Handlung richtig ins Rollen kommt. Lediglich der Charakter von Pau (Albert Carbó) besitzt einen Hauch von Ambivalenz, aber auch die nicht besonders differenziert, was ihn genauso klar berechenbar macht wie seine Hombres, die von Beginn an das Gut- und Böse-Schild auf der Stirn tragen. Von richtig guten Einfällen ist „Die Leiche der Anna Fritz“ nicht unbedingt gesegnet, er spult das bewährte Repertoire solcher Kisten ohne große Überraschungen einfach ab, macht das im Gegenzug vernünftig. Man vermisst den entscheidenden Schwenk raus aus der Schablone, der einen soliden Thriller mehr Identität geben würde. Letztlich ist entscheidend, was für Erwartungshaltungen an so einen Film gestellt werden bzw. welche er wohl selbst an sich stellt. Realistisch betrachtet ist er wahrscheinlich genau da angekommen, wo er hin wollte: Kurzweilige, respektabel gemachter Unterhaltung für zwischendurch. Wenn dem so ist, Ziel erreicht. [...]
Was war das Vorabgebashe heftig. Bay & Liebesman wagen es doch tatsächlich, unsere heißgeliebten Ninja Turtles zu vergewaltigen, Skandal. Unterm Strich ist diese Tatsache eigentlich auch so scheißegal wie der fertige Film und die ganze Aufregung nicht wert. Um eine interessante Geschichte oder liebevolle Referenzen an die - ohne die Nostalgie-Brille ehrlich gesagt auch nicht besonders dufte - Zeichentrickserie (oder erst recht die vorherigen Realverfilmungen) kümmern sich die Herrschaften erwartungsgemäß nicht. Der Film zum Anschmeißen der Merchandising-Maschine, der kleinen ADHS-Jungs zwischen 8 und 12 Jahren gefallen soll. Die werden beim Kinobesuch am Kindergeburtstag ordentlich zugedröhnt mit respektablen Big-Budget-Effekten, ein paar gezwungen-flotten Sprüchen und harmloser Action, notdürftig in einen Story-Rohbau vom Mittagspausen-Brainstorming gedrückt. Die vorpubertären Kiddis wollen danach bestimmt gleich die Actionfiguren der neuen Anabolika-Kröten haben, der gelangweilte Begleit-Papa eventuell eine Megan-Fox-Puppe zum aufblasen. Einen anderen Sinn an deren Engagement lässt sich beim besten Willen nicht entdecken, mit Schauspielerei hat das nichts zu tun. Der angepeilten Zielgruppe dürfte das reichen, für niemanden sonst ist dieser Film gemacht. Denen ist sicher auch wurscht, dass die Turtles aussehen wie in der Zaubertrankkessel gefallen (dafür mit gutem Motion Capturing), Shredder wie Yoshimitsu aus TEKKEN und Master Splinter einfach nur lächerlich. Wen juckt’s? Klein Marvin und Jan-Luca halten mal 100 Minuten die Fresse und Füße still, das ist manchmal schon viel wert.
„Es ist langsam, aber nicht dumm.“
Wesen wie Film. David Robert Mitchell schleicht sich mit „It Follows“ eindrucksvoll in die obere Liga des neuen Horrorfilms, in den Fußstapfen großer Vorbilder und dennoch mit genug kreativer Eigenleistung, wie sie die Groß-Studio-Produktionen kaum noch zu bieten haben. Ein böser Fluch, sexuell übertragbar wie eine Krankheit, der sich nicht wirksam bekämpfen, sondern nur verzögern lässt. In dem man ihn anderen „anhängt“, zum Zeitgewinn die Seuche weiter verteilt, wodurch das Monster nur mehr Opfer bekommt und man selbst sich mit Schuld belädt, um ein bröckeliges, nur kurzzeitiges Schutzschild aus missbrauchten Vertrauen zu errichten. Eine perfide Idee, die aus der Feder des jungen Stephen King stammen könnte, zum Teil inszeniert wie von dem jungen John Carpenter, mit diesem elektrisierenden, wummern-pochenden Retro-Score-Hammer und einem konstanten Gefühl der paranoiden Bedrohung. Mit einem treffsicheren Gespür für den Terror im Schritttempo und einer kreisenden Kamera, die mal von nah, mal von fern, mal offensichtlich und mal nur im Hintergrund das Grauen auf den Zuschauer zuwandern lässt. Cleverer Coming-of-Age-Gruselfilm mit der beunruhigenden Erkenntnis, dass man vor seinem Schicksal nicht entfliehen kann. Maximal entscheiden, wie lange man noch über die Schulter blicken will. Sex ist nicht das Problem, nur mit den eventuellen Folgen muss man sich auseinandersetzen. Was nach furchtbar prüder US-Enthaltsamkeitswerbung klingt, ist ein stilvoll inszeniertes Schauermärchen, das mit der Angst Heranwachsender spielt und diese effektvoll für seinen Kontext nutzt. Ganz feines Independent-Kino, das einem manchmal unangenehm dicht auf den Fersen ist.
[...] Das Original von 1960 traf immerhin noch den Zeitgeist des damaligen Science-Fiction-Kinos, das sehr bewusst mit akuten Ängsten der angespannten, weltpolitischen Lage hantierte (siehe auch „Die Dämonischen“ oder „Blob, Schrecken ohne Namen“), die Bedrohung und Infiltrierung durch äußere (gleichgeschaltete) Mächte thematisierte. Vielleicht hätte Carpenters Remake 15 Jahre vorher – während seiner Schaffenshochphase und mit dem Eisernen Vorhang im Rücken – funktioniert. So ist das nicht mal nur hoffnungslos veraltet, es ist total deplatziert, wie zu lange eingefroren und nun mit deftigen Gefrierbrandschäden in der Mikrowelle aufgetaut.
Ein einstiges Bedrohungsszenario wird zum Kaspertheater um den CGI-Nebel der plötzlichen Niederkunft jenseits der weißen Linie, das jeder KITA und Kindergeldstelle schwindelig werden würde. Die böse Patentante von der Regierung riecht die faulen Braten in den Röhren natürlich früh, lässt das Kollektiv aus kleinen Bill Clinton- und Lady Gaga-Doubles aber erstmal machen, schließlich muss das Unbekannte erst erforscht werden, bevor man es eventuell bekämpft. Der arme Kleinstadt-Doktor (Reeve) wird unfreiwillig zum Integrationsbeauftragten für die Alien-Brut mit Einheitsfrisur, die die armen Erwachsenen zwingen, sich die Augen aus dem Kopf zu tropfen oder von Leitern zu springen. Das könnte mit dem früheren Geschick eines Carpenter wirklich erschreckend erscheinen – egal, wie extrem das aus der Zeit gepurzelt ist und keine realen Bezugspunkte mehr existieren -, de facto sind hier wahnsinnig viele Stellen drin, die neutral betrachtet einfach zum Kugeln sind. [...] Wenn man nur das Gefühl hätte, das es Selbstironie wäre. Dann immer noch befremdlich, aber respektabel. Nur das war sicher nicht die Intention. [...]
[...] Fast scheint es so, MGM wollte seinen eigenen „Dracula“ im hartumkämpften Studiokrieg haben. Diesem Eindruck lässt sich lange Zeit kaum verwehren, doch selbst wenn es so wäre, der Punktsieg liegt klar bei MGM. Selbst im direkten (eigentlich unangebrachten) Vergleich ist dies nicht nur der bessere, sondern vor allem der besser gealterte Vampirfilm. Allein inszenatorisch ist das hier eine ganz andere Hausnummer gegenüber dem immer wieder nostalgisch in den Himmel gelobten Klassiker von ´31, der filmhistorisch natürlich einen gewissen Stellenwert genießen muss, sich aber auch berechtigter Kritik zu stellen hat. [...] Der Star der Films ist Bela Lugosi übrigens nur auf dem Papier (oder Filmplakat), der gute Herr ist eher publikumswirksamer Nebendarsteller. Die Show gehört eindeutig dem sagenhaften Lionel Barrymore („Ist das Leben nicht schön?“) als kauziger Professor, Vampir-Fachmann und Hobby-Hypnotiseur, der seine Rolle mit so viel Spielfreude erfüllt, dass Lugosi dagegen wirkt wie ein geschminkter Kleiderständer. Das allein würde schon reichen, um als Filmfan mit einer nicht reflexartigen Abneigung gegen älteres Material sich diesen unterschätzen Klassiker mal zur Genüge zuführen, der eigentliche Hammer kommt aber erst noch. Die Pointe ist mit gesundem Menschenverstand betrachtet unfassbar cheasy, aber wenn damit jemand 1935 (oder auch heute noch) ernsthaft gerechnet hat, herzlichen Glückwunsch. Unabhängig davon wie saudämlich das ist, allein das zu bringen – zu der Zeit Sehgewohnheiten, Erwartungshaltungen ins Gesicht zu schlagen mit dem Risiko, das weniger dafür aufgeschlossenen Publikum auf alle Zeit zu vergraulen -, ist echt mutig. Und sogar sehr gut vorbereitet, betrachtet man den Film vor seinem geistigen Auge nochmal. [...]
[...] Die Gebrüder Onetti (Luciano als Regisseur, gemeinsam mit Nicholás auch Autor) haben offenbar viele Gialli gesehen und mögen sie. Schön und gut, qualifiziert das automatisch dafür selbst einen zu drehen? Also wenn es danach ginge, wo kann man sich eintragen? Viel mehr als Kenntnis der Motive, Details und Stilmittel haben die Herrschaften nicht zu bieten. Es ist vollkommen legitim, sich an den Klassikern vergangener Tage zu orientieren – woran schließlich sonst und im Prinzip kopierte auch damals schon ein Giallo den anderen, das schuf ja gerade erst das eigene Sub-Genre -, wenn es sein muss auch so übertrieben auf Retro getrimmt, das kann durchaus positiv auffallen (siehe kürzlich „We Are Still Here“). In dem Fall soll es vergeblich über hoffnungslose Talentlosigkeit hinwegblenden. Die Story steht keinesfalls am Pranger, Business as usual, aber selbst da hakt es gewaltig. [...] Gut, egal, wer braucht Story, wie ist der denn gemacht? Mies. Ganz mies. Überbelichtet und bewusst auf alt getrimmte Bilder, in denen jedes Giallo-Merkmal streberhaft aufgefahren wird: Die (in dem Fall nicht schwarzen, sondern roten) Handschuhe, die phallischen Klingen, der gute J&B-Bourbon, die abgegrabellte Puppe, alles schön durch den Farbfilter gejagt und mit einem merkwürdigen Score unterlegt, der manchmal ganz interessant, manchmal einfach nur wie ein chaotisches Wirrwarr klingt, als wäre der Komponist über der Orgel selbst dahingeschieden. [...] Katastrophale Darsteller, unterirdische Dialoge, dilettantisch in Schnitt und Kameraführung, selbst die Mordsequenzen sind trotz massiven Kunstbluteinsatz ein schlechter Scherz. Um es auf den Punkt zu bringen: Man fühlt sich verarscht. Für dumm und hoffnungslos dankbar verkauft, dass jemand mit hauptsächlich passiver Giallo-Erfahrung nun meint, dieses zusammengeflickte, 77 Minuten-Amateurfilmchen würde einem ernsthaft Freude bereiten. [...] Selbst damals wäre das ein schlechter Giallo. Nur hätte man ihn etwas mehr in Schutz genommen. So was heute aufzutischen und noch so zu tun, als würde man den Fans ein Geschenk machen, eine Frechheit. [...]
„Ich will purgen!“
Endlich ist es wieder soweit, für 12 Stunden darf sich ausgetobt werden. Moral, Ethik, Gesetze, Sozialverhalten und der ganze Gutmensch-Blödsinn hat Pause. Jetzt kann man den doofen Nachbarn über den Haufen ballern, weil seine Töle einem das ganze Jahr über in den Vorgarten gekackt hat oder man verarbeitet einfach den nächstbesten Trottel zu Hackfleisch, weil der so blöd ist und sich ausgerechnet heute auf die Straße wagt. Die absurde Idee von der reinigenden Nacht der langen Messer hätte in den 70ern als geschmacklos-griffiger Unfug unter der Fuchtel von Roger Corman oder den 80ern als zynisch-düstere Dystopie eines John Carpenter bestimmt prächtig funktioniert, doch wie schon beim Vorgänger gelingt es James DeMonaco nicht, das Potenzial seiner Idee vollends auszuschöpfen. Statt beengter Home-Invasion geht es diesmal raus auf die Straße, in das Herz des Schlachtfelds. Keine Familie kämpft ums nackte Überleben, sondern ein zufällig zusammengewürfelte Truppe pazifistischer Unglücksraben, die am Rockzipfel eines rachegetriebenen Lone Rangers dem Sonnenaufgang entgegenschwitzen. Mehr Action, richtig funzt das Ding trotzdem nicht. Es fehlen die geilen Einfälle, die intensiven Spannungsmomente und die platte, plakative Gesellschaftskritik hat wenig Substanz, wenn der Film seinen gesamten Reiz eben aus diesem „angeprangerten“ Gemetzel bezieht, am Ende wird eh Feuer mit Feuer bekämpft. Einmal als Betthupferl durchjagen geht schon in Ordnung, mehr ist nicht drin. Lässt sich ja prima als Endlosserie auswalzen, mal gucken, wie und wo demnächst so abgepurgt wird. Dafür noch 5 Wutbürger mit Persilschein.
[...] Dass Adam Green ein eingefleischter Horror-Nerd ist und sich wie seine Filme auf eine sympathische Art nicht bierernst nimmt, wusste man schon vorher. Von daher ist das Projekt eigentlich recht nett in seiner Anlage, die Umsetzung kommt kaum darüber hinaus und wirkt oft eher wie ein besserer Fanfilm, der Green, seine Freunde und Mitarbeiter mal in den Mittelpunkt stellt und in dem ganz nebenbei fast schon penetrant Eigenwerbung betrieben wird. [...] Bis auf Ray Wise stammeln sich alle ihre halb-improvisierten Szenen in die Kamera, wirken sogar als sie selbst unglaubwürdig und tragen die „Hatchet“- und „Frozen“-Shirts in allen Formen und Farben, damit bloß jeder Neueinsteiger merkt, von Adam Green gibt es auch sonst was zu kaufen. Dabei würde die Idee gar für einen „richtigen“ Spielfilm taugen, nur dann wären mehr als die Spardoseneffekte und das Budget erforderlich, dass man hier nicht hatte oder ausgeben wollte. „How to catch a Monster – Die Monster-Jäger“ ist trotz der vorgetragenen Ironie am Rande fast mehr selbstdarstellerisches Home-Video mit Ray Wise, Adam Greens geilem Garten (läuft scheinbar bei ArieScope, nicht schlecht), dünner Story (dennoch mit heftigen Lücken), wenig Licht und dem Best-Of-dritter-Platz beim Halloween-Kostümwettbewerb. Aber Hauptsache die Jungs hatten ihren Spaß, dass glaubt man sofort. Als Zuschauer nimmt man das gerade so zur Kenntnis und ärgert sich, warum man selbst davon praktisch nichts hat.
[...] Geschichten dieser Art – insbesondere, wenn ein religiöser Hintergrund besteht – bieten naturgemäß den idealen Nährboden für Pathos bis die Schwarte kracht, dem scheint sich der Film (zunächst) nicht kampflos geschlagen geben zu wollen. Ganz ohne geschwollene Brust und dem großen Appell an Gott, Ehre und Vaterland kann er nicht auskommen, das wäre bei dem Backround auch kaum zu vermeiden. Der Protagonist (Garcia) als Atheist zieht nicht aus religiösen Motiven in die Schlacht, ihm geht es um die Meinungsfreiheit, die Gerechtigkeit und dem Aufstand gegen die Unterdrücker, mit denen er vor nur wenigen Jahren Seite an Seite kämpft, um genau diese Werte zu verteidigen. Das nimmt der Story den schalen Beigeschmack eines reinen Glaubenskrieges, in dem eine Weltanschauung der anderen ihre Sichtweise einprügeln will. Hier geht es tatsächlich um etwas Höheres, etwas Wichtigeres: Um Grundrechte, um Menschlichkeit, und nicht wer den falschen oder richtigen Gott anbetet. [...] Öl öffnet den gut bestückten Waffenschrank auch für Massenmörder, anstatt ihm damit auf die Finger zu klopfen. Geschichte wiederholt sich, wohl die besten, wichtigsten Momente in „Gottes General – Schlacht um die Freiheit“, der im letzten Drittel leider seinem schwülstigen Titel und den vorher angedrohten Tendenzen gerecht wird. Es dürfte wohl niemanden überraschen, das General Gottlos am Ende doch endlich zum Herren findet, das entsprechend märtyrerhaft präsentiert wird und dazu Starkomponist James Horner irgendwo aus seinem Archiv ein 08/15-Heldentheme gekramt hat, das alles angemessen ummantelt. [...] Es gibt genug (auch gerne und ausgiebig gefeierte Beispiele, mindestens drei mit Mel Gibson in der Hauptrolle) die das wesentlich schlimmer, penetranter und vor allem durchgehend praktizieren. „Gottes General – Schlacht um die Freiheit“ funktioniert eine ganze Weile mit wenig von der Grütze, sieht für seine Verhältnisse erstaunlich gut aus und ist auch ohne historisches Hintergrundwissen schnell verständlich und teilweise auch eindringlich. [...]
[...] „Birdy“, der Film mit Nicolas Cage („Wild at Heart“) in einem selbstgenähten Taubenkostüm. In den letzten 15 Jahre im Leben des wilden Nicolas eigentlich keine Besonderheit mehr angesichts seiner furios-bekloppten Vita (man denke nur an den sagenhaften Auftritt als Fahrrad-konfiszierenden, Frauen-kickenden, Bärenfell-tragenden Bienen-Schreihals in dem kuriosen Remake-Bauchlandung „Wicker Man – Ritual des Bösen“), doch hier schreiben wir das Jahr 1984. [...] Vor erlesenen Bilder von Parkers Stammkameramann Michael Seresin (u.a. auch „Das Leben des David Gale“) und unterlegt mit dem hypnotischen Score von Peter Gabriel portraitiert Parker die innige Freundschaft des italo-stammigen Aufreißer-Typen Al (Cage) und dem merkwürdigen, introvertierten Freak aus der Nachbarschaft (Matthew Modine, „Full Metal Jacket“), der lieber in Bäumen hockt als mit den anderen Baseball zu spielen. Halsbrecherisch Tauben hinterher jagt, anstatt den Röcken von willigen Mädels. Ein, im wahrsten Sinne des Wortes, komischer Vogel. Mehr als nur der klassische Außenseiter, fast wie ein Alien, gestrandet auf dem ihm fremden Planeten Erde. Dabei ist Birdy durchaus von dieser Welt, nur nicht im richtigen Körper. Oder vielmehr der Spezies. Mit vögeln hat er nichts am Hut, dafür umso mehr mit Vögeln. [...] „In jedem anderen Krieg wären wir Helden gewesen“ lässt sich Al entlocken und Recht hat er damit. Nun sind sie Krüppel, soziale Bittsteller und lieber unter den Teppich gekehrte Mahnmale an das eigene Versagen. Vielleicht musste Al auch erst am eigenen Leib erleben was es heißt, die Welt um sich herum nicht (mehr) zu verstehen und sich als Außenseiter zu fühlen. [...] Ein empathisches Drama und Appell an Toleranz, nicht zu schwer, nicht zu leicht und nicht im Zwang, alles haarklein begründen zu müssen. Manche Menschen sind halt, wie sie sind. Das muss man nicht verurteilen und auch nicht unbedingt verstehen, aber zumindest akzeptieren. Ach ja: Und Krieg ist kacke, aber das wussten wir eh schon.
Was für ein schöner Film. Optisch. Guillermo del Toro sorgt für einen visuellen Orgasmus aus Ausstattung, Set-Design, Beleuchtung und gutem CGI, hauptsächlich eingebettet in eine symbolträchtige, interessante Location. Ein viktorianisches Herrenhaus, das blutet, atmet, ächzt und langsam in sich zusammenfällt, unter der Last der Vergangenheit erdrückt wird, vom blutroten Erdreich verschluckt wird. Wie toll hätte dieses Gothic-Märchen werden können, wenn del Toro sich nur eine bessere Geschichte für seinen hübschen Rahmen ausdenken würde. Etwas Geistergeschichte, etwas unglückliche Romanze, etwas unreines Familiendrama, alles ohne klare Ausrichtung, vorhersehbar abgespult ohne zündende Ideen. Manchmal möchte man das einfach ausblenden, nur selten ist das kurz möglich. Zu prächtig sieht das aus, um so belanglos zu sein. Besonders das Finale, in dem Ton und Blut endgültig nicht mehr voneinander zu trennen sind, eine Symbiose auf frisch gefallenen Schnee bilden und Jessica Chastain von allen guten Geistern verlassen wunderbar hysterisch durchdreht. Hübsch, aber eigentlich unnütz. 5 schöne Schmetterlinge, die von Motten gefressen werden.
[...] Anfangs funktioniert „Auge um Auge“ durchaus als ruhige Tristesse, die sich anhand starker Bilder und getragen von fähigen Darstellern im Schatten zerbrochener Träume bewegt. Ohne Frage sehr dick aufgetragen, dafür mit einer stimmigen Atmosphäre und einem durchaus kritischen Ton, der sich allerdings überdeutlich an großen Vorbildern orientiert (die Hirschjagd ist fast schon zu viel des Guten), ohne deren Tiefe letztlich zu erreichen.
Das selbst auferlegte Wunschdenken ist genau das Problem von „Auge um Auge“: Stark auf seine Ästhetik konzentriert, bleibt das Drama extrem oberflächlich und kippt letztlich in einen ganz schlichten, alttestamentarischen Rachethriller, wie es der stumpfe (dadurch aber nicht unpassende), deutsche Titel bereits vermuten lässt. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen riesige Gräben. Wenn der Film zumindest ein klarer, geradliniger Rachethriller konzipiert wäre, man könnte ihm kaum seine inhaltliche Seifenblase vorwerfen. So kratzt Scott Cooper ambitioniert an einer tieferen Gewichtung, hinterlässt dabei nur keine Spuren. Eher wird viel Potenzial vergeudet, denn so plump wie sich der Film unterm Strich verkauft, ist seine Intention nicht unbedingt. Allein hinter dem Showdown in dem inzwischen stillgelegten Stahlwerk schlummert eine nicht unwahre Aussage. Regression wohin man sieht. Der Ofen ist aus, willkommen im Wilden Westen. Das ist alles zu erkennen, nur gelingt die Gratwanderung zwischen Sozialkritik und Hinterwäldler-Revenge-Thriller maximal sehr bedingt. Überschattet von (überwiegend) guten Darstellern und der stilsicheren, optische-akustischen Präsentation. [...]
[...] Das heimliche Beobachten und Interpretieren der Geschehnisse in Nachbar‘s Wohnung geht natürlich auf „Das Fenster zum Hof“ zurück, mindestens gleichermaßen zollt De Palma „Vertigo – Aus dem Reich der Toten“ seinen Respekt. Die Akrophobie wird gegen Klaustrophobie ausgetauscht, die Folgen sind identisch. Wie einst Jimmy Stewart („Der Mann, der Liberty Valance erschoss“) heftet sich Craig Wasson an die Fersen einer mysteriösen Schönheit, verfällt ihr schon während der Observation endgültig und kann sie aufgrund seines Traumas nicht entscheidend schützen. Altbekanntes deutlich zitiert, aber wie das De Palma macht und besonders vermengt, ist herausragend. Man erkennt jedes Motiv, jede Intention und ist erstaunt über ihre Variation und eigene Interpretation. Das hat nicht mit einer Kopie zu tun, das ist die pure Lust am Genre-Kino in sensationeller Neukreation. Genau wenn man rein die Werke von Hitch und natürlich auch die optische Täuschung von „Blow Up“ im Kopf hat, bohrt sich auf einmal der Giallo-Sleaze durch die Decke und „Der Tod kommt zweimal“ bekommt noch mehr Profil als ohnehin schon. [...] Auf den einfachen, schnellen Blick mag „Der Tod kommt zweimal“ „nur“ ein schneidiger, vielleicht sogar trashiger Thriller sein, auf den dringend erforderlichen (und praktisch rein angelegten) zweiten bzw. tieferen Blick ein sensationeller Kniefall und mit das Beste, was Brian De Palma jemals gedreht hat.
Wer das klassische, künstlerische und sogar schmuddelige Genre- und/oder Suspense-Kino liebt, kommt an „Der Tod kommt zweimal“ unmöglich vorbei. Selten wurden die Elemente so gekonnt verwebt und das Produkt war am Ende nicht nur als Hommage brauchbar. Brian De Palma huldigt großer Kunst und schafft dabei eigene. Fabelhaft.
[...] Wenn ein Film sich schon einzig und allein über seine Action auszeichnen will, sollte die auch überzeugen. Es ist keine Frage der Quantität, mehr der Qualität. Wäre die nur halb so hoch wie der Bodycount, alles in trockenen Tüchern. Der bis auf seine nicht zu ignorierende Physis erschreckend ausdruckslose Lundgren (als Figur kein Bisschen farbiger als seine ungesunde Gesichtsfarbe) mäht sich durch größtenteils gesichtslose Schurken wie auf dem Schießstand, ohne das eine dieser Szenen richtig Druck erzeugen könnte. Das hat was von Dienst nach Vorschrift, 08/15 mit Masse statt Klasse. Von Regieazubi Goldblatt ohne handwerkliche Finesse grob abgefilmt, immerhin mit einem stattlichen Härtegrat versehen, der „The Punisher“ in Deutschland lange vom freien Verkauf ausschloss. [...] Er ist weder spektakulär, noch besonders diskussionswürdig. Weder aufregend, noch richtig sarkastisch und selbst der (definitiv vorhandene) unfreiwillige Humor wird eher zur Kenntnis genommen als für Unterhaltung zu sorgen. Dolphi, der nackt in der Kanalisation hockt oder mit dem Motorrad durch die selbige knattert wirkt schon massiv albern. Das wertet den Film jedoch nicht entscheidend auf. [...]
[...] Rein auf seinen eigentlichen Mainplot fokussiert müsste sich "Jahr 2022 - die überleben wollen" den Vorwurf gefallen lassen, ein etwas behäbig erzählter Science-Fiction-Krimi zu sein, der hauptsächlich durch sein starkes, Western-ähnliches Finale und die krasse Pointe funktioniert. Wer mit Scheuklappen durch den Film rennt und sich nicht mit den ausgiebig geschilderten Details aufhalten will, kann das gerne tun. Der nachhaltige Reiz liegt in der düsteren, pessimistischen Prognose und ihrer konsequenten Darstellung, die das Ende auch erst mit dem nötigen Fundament untermauert. Überbevölkerung, Erderwärmung, rücksichtlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen (kommt uns das bekannt vor?), das alles ist schon im Vorfeld der Handlung geschehen und nun befinden wir uns unmittelbar mit dem Resultat konfrontiert. [...] Der wahre Star von „Jahr 2022 – die überleben wollen“ sind sein Setting, seine befremdlichen Gedankenspiele, die damals schon einen Prozess in Gang bringen konnten und heute ehrlich gesagt nicht viel weniger.
Noch sechs Jahre bis zu dem hier prophezeiten Ende von echter Zivilisation (die in Wirklichkeit einer kontrollierten Barbarei gewichen ist, selbst Diktatur wäre noch zu fromm). Selbstverständlichem Alltag, in dem das protestierende, verzweifelnde Volk mit Schaufelbaggern (da sieht man, wann der Film gedreht wurde) aus dem Weg geräumt wird, gammeliges Gemüse und ein winziges Stück Rindfleisch bewacht und gehandelt werden wie Juwelen und ein alter Mann fast den Tränen nahe ist, wenn er in ein langweiliges Blatt Kopfsalat beißen darf. Spinnerei, die sich an sehr realen Entwicklungen orientiert. Das Buch ist von 1966, der Film von 1973, die Richtung stimmt immer noch. Bedenklich? Schlimm, wenn nicht. [...]
[...] Eine bedrückende Schwere liegt von Anfang an wie eine Schneedecke auf dem Geschehen, das Tempo ist angenehm gedrosselt, Jumpscares werden weitestgehend vermieden. Es darf natürlich gerne mal gezuckt werden, grundsätzlich arbeitet der Film mit seiner Stimmung, die er vernünftig zu transportieren weiß, insbesondere durch einen schön unbehaglichen Klangteppich. Wie bereits erwähnt, etwas Neues passiert nicht und so droht „We Are Still Here“ trotz einer feinen Ästhetik und dem Bemühen für pures, schlichtes Horrorkino in grober Schönheit zu sterben. Bis der Spieß überraschend radikal im Auge rumgedreht wird.
Im Schlussdrittel wird plötzlich das Gaspedal mit einem Ruck durchgetreten und ein bis dato eher gemäßigter Gruselfilm explodiert förmlich in wildem 80er-Jahre-Gore mit verrückten Dorfbewohnern und angepissten (weil leicht überhitzten) Höllenwesen. In Windeseile entsteht ein Mix aus Exorzismus-, Home-Invasion-, Exploitation- und Splatterfilm…immer noch im Haunted House-Gewand (und von der FSK uncut mit einer 16er-Freigabe durchgewunken, das Jahr fängt gut an). Ein gewisser Stilbruch, der überraschend, aber nicht unpassend daherkommt. Damit beweist Geoghegan erneut Genre-spezifisches-, geschichtliches Gespür und noch mehr, dass er sich und seinen Film auf eine entspannte Art nicht ganz so ernst nimmt. Er kennt und schätzt den Horrorfilm und tobt sich jetzt quer durch dessen Möglichkeiten aus. Das hat was und nicht zuletzt ein gesundes Maß an (Selbst)Ironie, die der Konkurrenz ganz oft schmerzlich abgeht. [...]