JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 5

    Damit Steve McQueen nicht auf ewig nur der hochgelobte Liebling der Arthouse-Fraktion bleibt oder mit dem verstorbenen Darsteller verwechselt wird, macht er bei seinem dritten Spielfilm gleich Kino für die Academy. Das haben die gerne. Da braucht man nur das richtige Thema, Drehbücher scheinbar nicht. Die 3-4 intensiven, durchaus erinnerungswürdigen Szenen baumeln im luftleeren Raum, werden mit einer notdürftigen Geschichte verbunden, die sich wenig für ihre Figuren interessiert. Merkwürdig distanziert, bald steril werden zwölf Jahre abgehandelt wie drei Monate. Neue Facetten des Themas gibt es nicht zu sehen, eine ernsthafte, tiefergehende Auseinandersetzung mit ihm findet auch nicht statt. Ärgerlich, da die von McQueen in seiner gewohnten handwerklichen Qualität eingefangenen Bilder erlesen sind und der Cast nicht von schlechten Eltern ist. Nur einer ist voll daneben: Produzent Brad Pitt mogelt sich selbstverliebt als grauer Erlöser in den Film, hat nur den Heiligenschein vergessen. Sieht super-toll aus, der Film, hat aber kaum was zu erzählen. McQueen hat jetzt seinen Oscar, Glückwunsch, nun bitte wieder gute Filme machen, das kann er doch.

    25
    • 7

      Bedacht erzähltes, wunderschön fotografiertes Coming-of-Age-Drama, ganz klassisch und unspektakulär vorgetragen. Aus dem kindlichen Streben nach einem Abenteuer entwickelt sich ein schmerzhafter Reifeprozess, der das Welt- und Wertebild eines 14jährigen Jungen (stark: Tye Sheridan) in seinen Grundfesten erschüttern wird. Seine Familie droht zu zerbrechen, selbst das Hausboot wird Stück für Stück abgetragen, er selbst erlebt seine erste Liebe als bittere Enttäuschung und auch die scheinbar so tragische Romanze seines neuen Freundes, dem mysteriösen Mud, entpuppt sich als wenig romantische Seifenblase, die durch die harte Realität zerplatzt. Nichts ist (mehr) selbstverständlich, Ideale sind nicht mehr als gute Vorsätze, Idole auch nicht mehr als Menschen voller Schwächen, die mit sich selbst nicht gänzlich im Reinen sind. Am Ende ist es jedoch selten zu spät, doch noch Verantwortung zu übernehmen. Jeff Nichols philosophiert über verschiedene Vater/Sohn-Modelle, das Mann-sein und –werden, mit authentisch entworfenen, rauen, knarzigen aber auch herzlichen Figuren. Bäume reißt er mit dieser nicht neuen Formel sicher nicht aus, setzt sie dafür ehrlich und mit viel Wertschätzung um. Nur etwas zu lang geraten, die 130 Minuten benötigt die Geschichte nun wirklich nicht. Ein schönes Stück Independent-Kino, bei dem sich erneut die Frage stellt, warum Matthew McConaughey die ersten gut 15 Jahre seiner Karriere fast ausschließlich für seichten Bullshit verschwendete.

      25
      • 8 .5

        [...] Mitten in der heißen Phase des kalten Krieges hält Stanley Kubrick („Uhrwerk Orange“) den nuklearen Supermächten den Spiegel vor, zeigt auf hoch amüsante und gleichzeitig erschreckende Art und Weise, wie nah nicht nur Krieg und Frieden, sondern auch überspitze Satire und gar nicht mal so witzige Realität beieinander lagen. Wie schnell hätte dieses Szenario tatsächlich stattfinden können? Wie oft stand es kurz davor und wie weit entfernt von dem hier Gezeigten wäre es dann überhaupt gewesen? So sehr Kubrick mit seinem Film auch unterhält und eine höchst bedrohliche Situation spitzfindig durch den Kakao zieht, dieser Gedanke lässt einen äußerst nachdenklich werden. [...]

        [...] Diese Ausgangslage war gar nicht mal so abwegig und tatsächlich erscheint „Dr. Strangelove“ in der ersten halben Stunde nicht unbedingt wie eine humorvolle Satire. Genau so könnte auch ein bierernster Kalter-Kriegs-Thriller beginnen. Erst mit der Zeit gleitet Kubrick fließend in den sarkastischen-ironischen Part über. Das geschieht so selbstverständlich und bald beiläufig, dass man den Übergang gar nicht merkt. Immer weiter steigert er sich in seinem Rundumschlag gegen den Wahnsinn seiner Zeit, zeigt die Machthaber als hilflose Hampelmänner in ihrer selbstgeschaffenen Zerstörungsmaschinerie, die einmal in Gang gesetzt auch von ihnen nicht mehr zu stoppen scheint. [...]

        [...] Natürlich darf man einen Mann neben Kubrick nicht unerwähnt lassen: Peter Sellers, der an einer wahren Sternstunde seines Könnens teilhaben lässt. In einer Dreifachrolle (!), gesegnet mit seinem sagenhaften Timing und Improvisationstalent, das ist seine Bühne. Wenn Schauspieler in einem Film mehrere Rollen übernehmen, ist meist Fremdschämen angesagt, nur wenige konnten das glaubhaft verkörpern. Sellers ist ihr König. [...]

        [...] Ein irrer Ritt auf einer filmischen Bombe. Klug, komisch und absolut zeitlos.

        25
        • 5 .5

          [...] „Sie leben!“ ist einer dieser Filme, die – auch eventuell aus der eigenen, nostalgischen Erinnerung heraus – heutzutage stark kultisch verklärt wirken. Seinen Reiz will und kann man ihm dabei nur schwer absprechen, doch nimmt man mal die Fan- und Retro-Brille ab, ereilt einen der gleiche Effekt wie Protagonist Nada im Film, halt nur andersherum: Die Realität holt einen ernüchtert auf den Boden zurück, auch wenn die Konsequenzen nicht ganz so fatal sind. Das ist selten schön, aber so einem Realitäts-Check muss dann auch ehrlich ins Gesicht geschaut werden. Carpenter’s alte Klasse und sein unverkennbarer Stil durchzieht diese Mischung aus Hommage an das Sci-Fi-Invasion-Kino vergangener Tage, grobschnittiger (erschreckend zeitloser) Auf-die-Zwölf-Kritik auf Konsum- und Kapitalismuswahn und (damals) zeitgemäßen Buddy-Movie mit Proll-Ästhetik absolut, ändert nur an der leider recht klumpigen Konsistenz nicht viel. [...]

          [...] Interessant ist die Geschichte um eine unterschwellig manipulierte, von einer extraterrestrischen Gattung infiltrierte Welt allemal, besonders durch seinen kritischen, wenn auch plumpen Tonfall. Die oberen Zehntausend als Verräter der eigenen Rasse und gierige Alien-Nutten, Massenverblödung und Gleichschaltung durch Werbung und Fernsehen. Wer nur blind konsumiert und sich der Berieselung hingibt, ist schon erobert und im unsichtbaren Wachkoma. Während ein Uwe Boll zuletzt in reaktionären Hau-Ruck-Werken wie „Assault on Wall Street“ oder „Rampage 2“ seinem Ärger auf „die da oben“ mit einer extrem bedenklichen Art Luft machte (die, wenn man Boll nur ansatzweise für voll nehmen könnte, schon als gefährlich bezeichnet werden müsste), ist diese Variante die deutlich angenehmere und geschicktere Version. Da dürfen Piper und David ungeniert die Bonzen und ihr Fußvolk über den Haufen ballern, sind eh nur hinterlistige Aliens. [...]

          [...] Von allem etwas und nichts so richtig. John Carpenter schien hier sein Pulver schon verschossen zu haben, bis er Jahre später mit „Die Mächte des Wahnsinns“ nochmal deutlich zeigen sollte, wo der Hammer hängt. Danach hat er ihn leider auch endgültig verlegt…

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          • 4 .5

            Schade Schokolade: Da ist man doch bald geneigt, dem Schlappschwanz-Haus Disney fast so was wie Mut zu unterstellen. Eine ihrer „eigenen“ (wenn man es so nenne will), goldenen Familien-Kühe aus einer anderen Perspektive präsentieren, sogar als düsteres Variante, mit einem hinterfotzigen König (Lichtblick, wie so oft: Sharlto Copley), einem unheimlichen Wolf, Schlachten mit Rittern, Drachen und Bäumen, die auf Schweinen reiten (Schweine auf Bäumen wäre schon abgefahren). Mitten drin: Angelina Jolie als gehörnte Donnerdrude mit kussechtem Lippenstift und den scharfkantigen Wangenknochen eines ausgehungerten Meth-Junkies. In Momentaufnahmen hat das tatsächlich seinen Reiz und unbestreitbar Schauwerte, aber natürlich soll das Stammpublikum nicht zu sehr verschreckt werden. Damit keiner weint, gibt es kunterbunte, befremdlich-künstliche CGI-Welten, knuffig-uncharmante Waldgnome, albern-nervige Dödel-Feen und bevor man sich zu weit über den Wohlfühl-Tellerrand wagt, wird hastig der Schwanz eingezogen. Auch die verbitterte Rache-Angie hat selbstverständlich noch ein Herz, klar wie Kloßbrühe. Der optisch 12jährige Prinz darf wieder zurück auf die Packung der Kinderschokolade, von wahrer Liebe versteht der Milchzahn eh nichts. Ende gut, alles gut, na Gott sei Dank. Hass ist doof, Liebe ist dufte und „Maleficent“ ist auch nur brauner statt weißer Zucker, am Schluss ist das genauso süß. Und damit davon alle was haben, gibt es den gleich mal in FSK: 6 und FSK: 12, ganz uneigennützig, versteht sich von selbst. Idee gut, einzelne Szenen nicht schlecht, Drehbuch hastig zusammengefrickelt, Ansätze nicht konsequent durchgespielt, Film feige. Disney, eine Erfolgsgeschichte.

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            • 7

              Manche Filme brauchen augenscheinlich nicht viel, um maximal zu wirken. In dem Fall einen Darsteller (dazu noch in einem Alter, in dem andere nicht mal das Wasser halten können, geschweige denn gegen die Naturgewalt in freier Wildbahn ankämpfen) und die unendlichen Weiten den Ozeans, nicht mal ein blöder Volleyball zum Vollquatschen wird benötigt. Mit seinem zweiten Kinofilm geht J.C. Chandor ein nicht geringes Risiko ein, das Resultat bestätigt ihn in seinem gewagten Vorhaben. Robert Redford – für sein Alter unglaublich agil – erlebt Murphy’s Law auf hoher See, kämpft so tapfer und willensstark gegen das Unvermeidliche an, dass Mitfiebern-, zittern- und fluchen kaum ausbleiben kann. Vorgetragen in grandiosen Bildern von teilweise trügerischer Schönheit und Ruhe, denn hinter ihnen lauert ein langsamer, qualvoller Tod. Unterlegt mit einem nicht aufdringlichen, dafür eindringlichen Score und sensationellem Sounddesign. Stirb ganz, ganz langsam. Die gesprochenen Worte lassen sich mühelos mitzählen, dieser Film lässt durch seine Geschichte und Inszenierung sprechen. Unmissverständliches Film-Esperanto. Auf das Wesentliche reduzierte One-Man-Survival-Show, an dessen Ende die Erlösung steht. So oder so. Man gönnt es ihm. So oder so, irgendwie…

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              • 4 .5

                [...] Ambitioniert ist Gansel mit seinem Film auf alle Fälle, mal wieder ist das von der reinen Präsentation gar nicht schlecht und allein für sein Vorhaben, nicht bei dem typisch-deutschen Beziehungs-Klamotten-Muff seiner prominenten Kollegen mitmachen zu wollen, muss ihm ein gewisses Maß an Respekt zugesprochen werden. Gelungen ist der Film trotz alledem kaum. [...]

                [...] Statt sich konkret und mutig einem tatsächlichen Fall zu widmen, entwirft Gansel ein fiktives Szenario mit realen Anleihen. Für wirklich politisch relevantes Kino, wie es beispielsweise in den 70ern en vogue war, ist das alles zu konstruiert und mit der heißen Nadel zusammengestrickt. Mal was im SPIEGEL oder der Tagesschau aufgeschnappt, fleißig dazu gedichtet, fertig ist der Plot. Könnte relativ egal sein, wenn Spannung und Tempo angemessen wären. Zunächst braucht der Film schlicht zu lange, um in Fahrt zu kommen und holpert auch dann mehrfach vor sich hin. Ein echter Erzählfluss oder packende Dynamik mag nicht entstehen, obwohl diverse Einzelmomente in Form von Actionszenen durchaus vernünftig umgesetzt wurden. Schon wieder stellt sich das Gefühl ein, dass Gansel zu viel wollte oder eher auf Nummer sicher geht. Mal das russische System kritisch hinterfragen, mal etwas auf Hollywood-Thriller Made in Germany machen, um am Ende noch eine völlig unpassende und aufgesetzte Vater/Sohn-Thematik mit einzubauen. Der Karl-Marx-Code, oder so ähnlich. Nee, das funktioniert hinten und vorne nicht. [...]

                [...] Im Endeffekt ist das so aufrüttelnd und investigativ wie die „BILD am Sonntag“ und hat in etwa die gleiche Haltbarkeit. [...]

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                • 7
                  über Pride

                  [...] Worauf das Ganze schlussendlich hinauslaufen wird, dürfte niemanden ernsthaft überraschen, auch die Schlaglöcher auf dem Weg hin zu Akzeptanz und Toleranz sind nicht gerade von Originalität gesegnet, doch unter dem Strich mag man dies „Pride“ eigentlich gar nicht groß vorwerfen. Wie in jedem anderen Genrefilm wird sich auch hier gängiger Muster und Abläufe bedient. In einem Action- oder Horrorfilm wird sich darüber auch nicht beschwert, wenn es unterhaltsam und vor allem gut gemacht ist. „Pride“ ist lediglich etwas zu lang geraten. Zwei Stunden Laufzeit hätte die Geschichte sicherlich nicht nötig gehabt, was den natürlichen Drive des Films leicht ins Stocken bringt. [...]

                  [...] Lesben und Schwule werden nicht ausschließlich als unterhaltsame Paradiesvögel verallgemeinert, es wird ein authentisches, glaubhaft-queeres Bild vermittelt, dass natürlich auch nicht auf das Fünkchen Wahrheit verzichtet, welches jedem Klischee zugrunde liegt. Aber mit Genuss, Selbstironie, ehrlich, respektvoll. Wie das Gesamtwerk. [...]

                  [...] Das extrem versöhnliche Ende trägt schon leicht dick auf, aber nun gut, hat man es anders erwartet? „Pride“ ist nun mal ein Feel-Good-Movie, ein klassischer Crowd-Pleaser, allerdings einer der sehr angenehmen Sorte. [...]

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                  • 2

                    [...] Unsympathische Menschen, perfekt verkörpert von unsympathischen Schauspielern, fahren in eine abgelegen Waldhütte (na so was), um dort eine dufte Junggesellenabschiedsparty zu feiern. Da das angehende Brautpaar scheinbar wenig Freunde hat, was nicht besonders verwundert, wurden wohl notdürftig die einzigen Bekannten zusammengekratzt, die man so richtig eigentlich auch nicht leiden kann, kommt zumindest so rüber. Vielleicht haben die vernünftigen Menschen ihnen auch nur den Vogel gezeigt, als sie von der grandiosen Idee gehört haben, in so einer beschissenen Hütte am Arsch vom Nirgendwo zu feiern. Wie auch immer, dort angekommen muss man sich erst von dem gruseligen Hinterwäldler, der die Hütte verwaltet, muffig anknurren lassen, bevor er die toten Vögel von der Veranda wegräumt. Mensch, wenn da nicht Partystimmung aufkommt. Nun passiert lange wenig, außer dass schon bevor überhaupt irgendeine Bedrohung stattgefunden hat, munter Konflikte in der Gruppe gesät werden, damit man später eventuell Verdachtsmomente hegen kann. Wie üblich bei solchen Filmen (zumindest in dieser Qualität), sind die falschen Fährten mehr als offensichtlich und somit wird es auch nicht spannend, wenn das Morden endlich losgeht und sich gegenseitig verdächtigt wird. Wer nicht ganz blöd ist, hat den Täter schnell identifiziert, was im Prinzip auch völlig egal ist. Selbst wenn nicht, „Death Do Us Part“ hat nicht einmal simpelste Genre-Unterhaltung zu bieten. [...]

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                    • 3

                      [...] Schade eigentlich, denn wenn „Macho Man“ mal wirklich einen auf Actionfilm macht, ist das sogar recht lustig. Ob gewollt oder (wahrscheinlich) nicht. René, der schmucke Feger, trägt nicht nur ein sensationelles Outfit auf, da ist von geschmeidiger Ballon-Seide, lausigem Fuchs-Fell-Imitat oder so knüppeleng gestrafften Jeans alles dabei, wie Robert De Niro in „Casino“, nur in assi. Nein, er rettet auch die Mops-Maus Sandra vor dem Gesindel, verteidigt mit dem Franken-Van-Damme Althof selbstlos eine Sparkasse vor dem (versicherten, aber egal) Verlust des Hab und Guts und am Ende gibt es aufs Maul für die lumpigen Pusher. Dann ist dieses urige Vehikel sogar ganz drollig, weil selbst das alles so unverschämt scheiße rüberkommt, aber mit sichtlicher Euphorie umgesetzt wurde. Als wenn erwachsene Menschen mit Bauklötzen einen Turm bauen und sich dann abfeiern, weil er nicht umfällt. Ganz komisch. Doof, das dazwischen so rein gar nichts passiert und man sich notgedrungen an der Mode, den Frisuren (herausragend: Der Minipli-Ninja Michael Messing) und einer phänomenalen Tanzeinlage von Universaltalent René Weller erfreuen muss. Das kostet dem Film Punkte, die er ohnehin nicht verdient, aber sich fast ertrasht hätte.

                      Zudem ärgerlich: Der Film wurde synchronisiert! Somit kommt der gespannte Zuschauer nicht mal in den Genuss von René Weller’s wunderbaren Stimme, nein, hier wurde „professionell“ nachgebessert. Verständlich, trotzdem traurig. Immerhin, so darf Ekkehardt Belle nicht nur Steven Seagal, sondern auch das Weller mit seiner Stimme zieren. Muss der Stolz sein. Wie alle Beteiligten. Ein unglaublich beschissener Film, der sogar wirklich unterhaltsam sein könnte, wenn er denn nicht so unsinnig mit Füllmaterial vollgestopft wäre. [...]

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                      • 7

                        [...] Gesellschaftskritik? Etwas, mehr auch nicht. Für einen echt intelligenten Beitrag ist „Judgement Night – Zum Töten verurteilt“ dann doch zu plump und reißerisch, aber er will bestimmt auch keine kritischen Bäume ausrupfen oder gar pflanzen. Der Film zum Soundtrack, der wurde schnell zum Kult, die Bilder vor der Soundkulisse gerieten fast in Vergessenheit, obwohl die Musik gar nicht mal so deutlich in den Vordergrund tritt. Klingt heute fast erstaunlich, bezogen auf das, wofür „Judgment Night – Zum Töten verurteilt“ heute noch steht. Der Film hinter der Musik ist keineswegs vergessenswert, im Gegenteil. Ein ruppiger, konsequenter Reißer, der sich kaum Ruhepuls gönnt, straight seine einfache Idee nach vorne treibt und in Zeiten von Filmen wie „The Purge – Die Säuberung“ die bessere Variante aus der Schublade zaubert. Nichts mit Dystopie oder etwaigen Themen, einfach reduziert auf ein extremes, sicher konstruiertes, aber nicht ganz abwegiges Geschehen, was direkt und eng vorgetragen wird. Wie aus so einer simplen Idee ein so schnörkelloser und konsequenter Klopper entstehen konnte, man wünscht sich das heute fast schmerzlich zurück. Hier werden urbane Schauplätze und Bedrohungsszenarien sehr direkt vorgetragen, ein Worst-Case-Szenario durchgespielt, was erstaunlich gut funktioniert. [...]

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                        • 8

                          [...] Zunächst erleben wir den Film aus der Sicht des unbeschwerten Pin-Pon, der beim verschwitzten Abhotten in der Dorf-Disco den feuchten Männertraum überhaupt erobert, Isabelle Adjani, die so erschreckend-verrucht in Szene gesetzt wird, dass man am liebsten den Bildschirm ablecken würde. Aus der zarten Romanze entwickelt sich mehr und man möge es dem Erzähler kaum verübeln, bei den neurotischen Aussetzern seiner Herzdame nicht sofort kritische Fragen zu stellen. Ab dann übernimmt Madame selbst die narrative Rolle und schon stellt sich eine völlig andere Sicht der Dinge dar. Ohne jetzt mit der Tür ins Haus zu fallen, aber das sollte erlaubt sein: Aus der Bilderbuchromanze wird ein bitterer Rape & Revenge-Thriller der zweiten Generation, der nicht wie für das Sub-Genre gewohnt exploitativ, sondern überraschend überlegt, wendungsreich und kunstvoll verschachtelt daherkommt. Über zwei Stunden kann „Ein mörderischer Sommer“ sich immer wieder neu erfinden, anstatt irgendwann zum Stillstand zu kommen. Stück für Stück entblättert sich eine Tragödie, die nicht platt ausgeschlachtet, sondern mit jedem neuem Detail mehr Substanz gewinnt, nie zu schwarz-weißer Zeichnung unterliegt, sondern am Ende nur noch verstörende Grautöne findet. Rache genießt man am besten eiskalt, besonders in heißen Sommertagen, doch manchmal wurde so vieles zu lange in Schnee und Eis eingefroren, als das man es jetzt adäquat und unverfälscht auftauen könnte. [...]

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                          • 4 .5

                            [...] Dabei ist die wackelige Kameratechnik hier durchaus eine interessante Variante, fühlen sich die unglaublich beklemmenden Gänge des steinigen Labyrinths durch das beschränkte Sichtfeld und die Augen der Protagonisten tatsächlich zu Beginn noch um einiges klaustrophobischer an. Somit verfolgt das oft nervige und grundsätzlich überstrapazierte Prinzip hier durchaus einen Sinn, mal ganz abgesehen von der Kostenminimierung, die sicher auch nicht ganz nebensächlich für diese Wahl war. Leider fällt Regisseur Alfredo Montero und seinem Co-Autor Javier Gullón darüber hinaus nicht allzu viel ein und ganz besonders gelingt es ihnen im weiteren Verlauf nicht glaubhaft zu erklären, warum die Kamera immer alles im Blick hat. Muss sie natürlich, sonst stände der Zuschauer buchstäblich im Dunkeln, aber wie logisch ist es, dass man in dieser Situation nichts Besseres zu tun hat, als fleißig weiter zu filmen, selbst wenn man gerade gegen das Ertrinken ankämpft? Die lapidare Erklärung, man müsse alles für die Nachwelt festhalten, ist gelinde gesagt kompletter Unsinn. Kein neues Problem von Found-Footage und auch nicht der Hauptkritikpunkt. Mangelnde Kreativität und extreme Vorhersehbarkeit stören schon deutlicher. Zu offensichtlich ist, was in den 80 Minuten passieren wird, da wirklich alles schon mehrfach aufgeboten wurde. Menschen, die sich in Extremsituationen in wahre Bestien verwandeln, wurde schon viel zu oft und praktisch identisch gezeigt. [...]

                            [...] Gänzlich misslungen ist „Die Höhle“ keinesfalls, kann bei der ersten Berührung mit dieser Art von Film bestimmt sogar einigen Zuspruch gewinnen, mehr als die x-te Version eines interessanten, aber schon deutlich intensiver erzählten Geschichte ist er schlussendlich nicht. [...]

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                            • 6
                              über Proxy

                              [...] Nach einer, gerade für (angehende) Eltern, erschütternden Eröffnungsszene entwickelt sich ein Plot, der mehrfach Haken schlägt, die so wohl keiner auf dem Zettel hätte. Von Twists mag man gar nicht unbedingt sprechen, zumindest nicht von dem, was heutzutage unter diesem Begriff so verstanden wird. Parker erzählt nicht etwa eine herkömmliche Story und klatscht da eine überraschende Wendung dran, er spielt durchgehend sehr bewusst mit der Erwartungshaltung des Publikums, lässt es bis zum Schluss ziemlich im Dunkeln tappen, worauf er am Ende hinaus will. Ihm scheint es sichtlich Freude zu bereiten, gegen gängige Sehgewohnheiten zu feuern, was natürlich nicht ganz ungefährlich ist. Zugegeben, „Proxy“ ist zeitweise auch etwas schwierig zu konsumieren und macht in seinem Vorhaben auch nicht alles richtig. Allein die Laufzeit von 122 Minuten ist deutlich zu viel, erzählerische Länge dadurch unvermeidlich. Eine gewisse Ausgiebigkeit macht schon Sinn, speziell zu Beginn, um den einen, kleinen Knalleffekt nicht seiner Wirkung zu berauben. Spoilern ist selbstverständlich tabu, ganz besonders hier. Keine Sorge, es wird nichts verraten, nur ein kleiner Vergleich: Ein ganz leichter Hitchcock-Touch lässt sich „Proxy“ kaum absprechen, besonders in Bezug auf diesen Moment. Spätestens dann hat einen dieser leicht sperrige Film hier plötzlich an den Eiern. Sie sind nicht im Schraubstock, aber er kitzelt sie und nun möchte man – leicht vor den Kopf gestoßen - wirklich wissen, was wohl noch passieren könnte.[...]

                              [...] „Proxy“ direkt einem Zuschauer zu empfehlen ist, ähnlich wie der Film selbst, nicht so einfach und definitiv gewagt. Prognose: Ungewiss. Dafür steht der zu sehr zwischen den Stühlen, bietet deutliche Macken und ist eindeutig auch kein Arthousefilm, was er wohl gerne – zumindest unter vorgehaltener Hand – sein würde. Er ist aber so mutig, zum Teil toll gemacht und eben eine überraschende Abwechslung im genormten Einheitsbrei, dass man ihm kaum bis gar nicht ein gewisses Etwas absprechen kann.

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                              • "...damit das geplante Projekt so angsteinflößend wird, wie nur möglich." Schon passiert, bei dem Gedanken an einen neuen Argento (in der zu Letzt gezeigten Verfassung) läuft es mir gerade eiskalt den Rücken runter.

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                                • 1

                                  [...] Bei „Unter Freunden“ ist in der Tat NICHTS auch nur halbwegs gelungen. Der Film sieht keinen Cent teurer aus, als er ist. Der Cast agiert im Bereich von „Mir-doch-egal“ und „Kann-die-mal-bitte-jemand-in-den-Keller-sperren?“, angeführt von Autorin Alyssa Lobit als durchgeschepperte Folter-Tante mit verblödetem Jigsaw-Moral-Motiv und der unerträglich heulenden Hackfresse Jennifer Blanc, die schon in dem Regiedebüts ihres Gatten („Victim“, ein Jahr zuvor gedreht) eine reine Zumutung war. Aus der einfachen, aber zumindest irgendwie verwendbaren Geschichte wird eine einzige, spannungsbefreite Torture-Nummer gemacht, zu deren „Highlights“ abgetrennte Körperteile, haufenweiser vulgärer Kraftausdrücke und etwas Ficki-Ficki zählen. Zum Teil katastrophal gespielt, durchgehend amateurhaft inszeniert und lächerlich geschrieben erwartet den gequälten Zuschauer weiter nichts, bis auf unsympathische Figuren, deren Pein einem komplett am Arsch vorbeigeht, die sich dann auch noch (selbst für so einen Film) derart abgrundtief dämlich verhalten, dass man das mit allem guten Willen unmöglich ausblenden kann. Höhepunkt? Fehlanzeige, der ist von vorne bis hinten ebenbürtig misslungen. Ganz groß: Damit Harris sich doch noch selbst und ihren Buddy Michael Biehn ins Bild bringen kann, gibt es eine drogenbedingte Wahnvorstellung (ohne jede Relevanz zur Handlung, was will man auch erwarten), in der sie das alte Clownskostüm aus „Halloween 4 – Michael Myers kehrt zurück“ nochmal auftragen und Biehn den schon zitierten Satz ("Wie konnte meine Karriere nur so enden?") raushauen darf. Ist das sowas wie Selbstironie? Wahrscheinlich schon, aber was soll das? Merkt doch eh jeder, wie armselig sich hier alle zum Affen machen. [...]

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                                  • 6 .5

                                    [...] Mackenzie gelingt ein relativ authentisches, ungeschmücktes Portrait des rauen Gefängnislebens darzustellen, auch wenn er leider nicht gänzlich auf Klischees verzichten kann oder darf. Seine Inszenierung ist dafür komplett stimmig, kommt ohne jeden Klimbim aus, selbst auf Musik verzichtet der Regisseur völlig. Er benötigt so was tatsächlich nicht, den nötigen Stallgeruch vermittelt der Film auch so mühelos. Großen Anteil daran haben die treffend besetzten und engagierten Darsteller, in erster Linie natürlich das (im Film) wenig harmonische Vater/Sohn-Gespann um Jack O’Connor und Ben Mendelsohn. Speziell O’Connor hat scheinbar mächtig trainiert und beeindruckt mit einer enormen physischen Präsenz, verkörpert den zornigen Hans-Dampf mit explosiver Durchschlagskraft. Mendelsohn kann da als vielleicht nicht mehr ganz so agiler, dafür nicht minder dynamischer Gegenpart hervorragend mithalten. Dank ihnen und der dezenten, dabei auf das Wesentliche fokussierten Herangehensweise von Mackenzie weiß „Mauern der Gewalt“ trotz einem eigentlich wenig originellen Skript durchgehend mitzunehmen. Der ganz große Hit ist es keinesfalls geworden, doch als bemühter Beitrag seines Genres ist er durchaus als relativ gelungen einzustufen. [...]

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                                    • 4

                                      …und (gefühlt) täglich grüßt Tom Cruise mit seinem Altersverweigerungs-Egotrip, inklusive der „rein zufälligen“ Rollenauswahl im Sci-Fi-Genre mit Welteroberungs-Thematik, wie kommt das nur zu Stande?

                                      Mal ganz unabhängig davon, vielleicht ist es wirklich nur Zufall oder eben die zugrunde liegende Auswahl, aber „Edge of Tomorrow“ ist im Leben nicht der allgemein als ach so clever verkaufte Sommer-Blockbuster, der kann sich selbst nur eine Zeit lang sehr geschickt verhökern. Im Prinzip verfügt der komplette Streifen nur über einen einzigen (nicht neuen) Einfall, der dann halt so ausgiebig abgefeiert wird, dass er sich auch gnadenlos totläuft. „Starship Troopers“ ohne die gallig-bissige Satire eines Paul Verhoeven, ganz im Gegenteil. Hier wird feinste US-Militär-Propaganda betrieben, die sich wunderbar hinter dem ausgiebig genutzten (und unbestreitbar erst funktionierenden) Running-Gag der Zeitschleifen-Reanimation versteckt. Sobald das nicht mehr zieht, guckt „Edge of Tomorrow“ so doof und peinlich berührt aus der Wäsche, wie er auch ist. Launig und flott beginnt der Film, nervt allerding schon gewaltig durch seinen epileptischen-modernen CGI-Normandie-Sturm. Ab dann dreht er sich selbstverliebt um das brüchige Konzept, zuckt natürlich immer mal wieder pointiert auf („Bitte, erschießen sie ihn nicht wieder.“), gibt sich dafür am Ende konsequent einer Lächerlichkeit preis, die man fast schon nicht mehr für möglich gehalten hätte.

                                      Cruise und Blunt spielen völlig aneinander vorbei, was bei dieser (unnötig) eingestreuten Pseudo-Lovestory eigentlich auch nur sekundär ist, viel schlimmer ist ja dieses verblödete Du-opferst-dich-fürs-Team-Gequatsche, wenn der Film seine Gute-Laune-Hose endgültig abgestreift hat. Wie dieses Werk es mit seiner Idee macht, der „Starship Troopers“-Vergleich soll nicht überstrapaziert werden, aber es wird doch förmlich drauf angelegt. Da merkt man auch erst deutlich, was hier alles in die ganz falsche Richtung läuft. Fängt nicht schlecht an, hört richtig scheiße auf, kann man noch zurückspulen?

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                                        „Sie hat ihr ein Stück vom Busen abgefressen und aufgegessen!“

                                        Billig-schmuddel-Onkel Joe D’Amato setzt seine „Black Emanuelle“-Reihe mit einem völlig abstrusen Auswurf fort, bei dem einem echt die Worte fehlen. Als wahrscheinlich angehende Pulitzer-Preisträgerin streichelt die indonesische Bums-Nudel Laura Gemser investigativ Muschis, um ominöse Male über dem Eingang zum zugewucherten Hobbykeller zu ertasten. Die führen sie und ihr notorisch geiles Team in den südamerikanischen Dschungel, um sich dort fast eine Stunde lang ihren hemmungslosen Trieben hinzugeben, gegenseitig zu beglücken oder voyeuristisch-ekelig begaffen zu lassen, um im Anschluss von der Möse an aufgeschlitzt und aufgefuttert zu werden. Bitte, was?! Das Joe D’Amato als Filmemacher ohnehin eine mittelschwere Katastrophe ist, sei mal gnädig ignoriert, aber für was für ein Volk ist denn dieser Film gemacht? Das klassische 70er-Soft-Sex-Publikum dürfte ab dem geschmacklosen Mondo-Part empfindlich am frivolen Palme-Wedeln gestört werden (wenn nicht, wäre der Aufenthalt in geschlossenen Anstalten dringend anzuraten), die dafür empfänglichen Kannibalen-Fans dürften dann schon lange entnervt oder entleert abgeschaltet haben. Wer sich tatsächlich diese schon vom Konzept unfassbar absurde Mischung am Stück gegeben hat, schüttelt nur den Kopf anstatt den Schwengel. Was auch immer damit beabsichtigt wurde, es ist so unglaublich scheiße und in jeder Hinsicht neben der Spur, dass man es fast schon wieder gesehen haben muss.

                                        -„Jedes Jahr opfern sie eine schwangere Frau…“
                                        -„Aber Isabelle ist nicht schwanger.“
                                        -„Abwarten…“

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                                          [...] Mit seiner aufgesetzten Voll-auf-die-Zwölf-Attitüde soll hier wohl Exploitation- und Grindhouse-Feeling aufkommen, davon ist der Streifen so weit entfernt wie vom Friedensnobelpreis oder dem Alice-Schwarzer-Gütesiegel. Titten und Blut wohin man sieht, da wird das Koks gerne direkt von Nippel geschnieft und alle Weiber haben sich gefälligst splitterfasernackt und möglichst schlampig zu präsentieren, so ist das halt im scheinbar unglaublich beschränkten Universum des für das Skript verantwortlichen John Fallon, der zusätzlich noch in einer Nebenrolle zu sehen ist. Wenn man es denn Skript nennen will. In den überschaubaren 78 Minuten wird eigentlich nur alles möglich rüpelhaft zu Klump gedroschen, wofür Bulldozer Nick Principe – zugegeben – wie gemacht ist. Als Schauspieler ist von dem Kerl wohl relativ wenig zu erwarten, als bulliger Stiernacken mit wuchtiger Leinwandpräsenz ausgestattet kann man ihm kaum eine Daseinsberechtigung im Filmgeschäft absprechen. Dumm nur, wenn das vorhandene Potenzial für so einen gezwungenen Schund verschleudert wird. Primitiv und stumpf ohne Ende, was nicht zwingend gegen Unterhaltungswert sprechen muss. Doch auch dafür muss man sich halt etwas einfallen lassen und nicht nur ungebremst die Muskeln spielen lassen und für menschliches Kleinholz sorgen. [...]

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                                            „Jetzt wirst du deinen Mann mit Schnee bedecken, damit er frisch bleibt, bis ich wiederkomme.“

                                            Ein Genre auf seinem Höhepunkt. Sergio Corbucci übertrifft mit „Leichen pflastern seinen Weg“ sogar noch seinen eigenen Klassiker „Django“, der damals schon in Sachen Brutalität und bitterem Zynismus neue Maßstäbe setzte. Hiermit toppt er wahrlich alles und inszeniert den vielleicht skrupellosesten, nihilistischsten Beitrag des Italo-Westerns. [...]

                                            [...] Wo selbst in den weniger zimperlichen Vertretern des Genres noch ein Hauch von Hoffnung und Gerechtigkeit durchschimmern mag, verweigert sich Corbucci dem radikal. Während vertriebene und dem Hungertod nahe Außenseiter in den verschneiten Wäldern ums Überleben kämpfen, hetzt der geschäftstüchtige Banker und inoffizielle Herrscher der Stadt seinen Kettenhund Loco erbarmungslos auf sie. Mit dem notgedrungen wortkargen Silence scheint die Gerechtigkeit kurz Einzug zu halten in Snow Hill, doch Corbucci bleibt seiner vernichtenden Stimmung so abscheulich standhaft treu, dass es einem selbst bei wiederholten Sichtung eiskalt den Rücken runter läuft. Derartig schonungslos , mit dem Mut zum bedingungslosen Kopfstoß gegen jedes Zugeständnis an etablierte Sehgewohnheiten wie dem natürlichen Gefühl für Recht und Genugtuung muss man das erstmal durchziehen. Bis heute haben wenige Filme in ihrer Konsequenz so einen Mut bewiesen wie „Leichen pflastern seinen Weg“. Pessimistischer und hoffnungsloser, nicht nur durch sein einmaliges Setting mit enormer Eiseskälte durchzogen, lässt sich ein Film kaum gestalten. Getragen von dieser Stimmung, der Aura von Leid und Tod, der ruppigen Inszenierung und nicht zu Letzt von seinem grandiosen Hauptdarstellerduo arbeitet „Leichen pflastern seinen Weg“ auf seinen unvermeidlichen Showdown hin, der dann selbst den wohl abgebrühtesten Zuschauer kurz die Sprache verschlagen wird. Nicht umsonst wurde für den asiatischen Markt ein alternatives Ende gedreht, das den kompletten Ausgang und die vernichtende Wirkung völlig auf den Kopf stellt, bald ad absurdum führt. Obwohl es eigentlich dem entspricht, was man sonst so vom klassischen US-Western gewohnt war. Wenn man sich in Kenntnis beider Versionen bei dem Alternativende für dumm verkauft vorkommt wird einem erst bewusst, was Corbucci mit diesem Film für ein Monster auf die Beine gestellt hat. Es konnte eigentlich nur so ausgehen, egal wie sehr es einem in die Fresse tritt. Wahnsinn, wie das Gesamtwerk. [...]

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                                              [...] Dem tollen Beginn, mit einem merkwürdig-geilen Fisch-Zombie-Ungetüm und kaum zu ignorierendem Charme gesegnet, steht eine völlig sinnloser und bald einschläfernder Mittelteil gegenüber, in dem zwar grob der Versuch gestartet wird, eine Geschichte zu erzählen, deren Zweck und Qualität allerdings nicht zur Debatte steht. Regisseur und Autor Rodrigo Aragão hat nur eins vor Augen, was in seiner wahnwitzigen Konsequenz sogar kurz beeindrucken mag. Eine ungestüme, ähnlich rüde Kopie des angesprochenen Klassikers ("Braindead") auf die Leinwand zu bannen. Ganz will man ihm das Gelingen nicht absprechen, in seinen überschaubaren Höhepunkten kratzt er fast daran. Nur ist es mit dem zügellosen Blutrausch und der im Ansatz schmissigen Idee nicht getan. Auf einzelne Momente reduziert möchte man Aragão fast gönnen, mal mehr Budget und Freiheiten zu genießen, nur ob das was nutzen würde, steht auf einem anderen Papier. Dafür versenkt er zu deutlich seine Ansätze, stopft die Laufzeit notdürftig mit irgendwas aus, während Jackson keine Sekunde vergeudete und sein Frühwerk zu einem geschmacklosen Genuss machte. Kurzzeitig sieht der Film nach mehr aus, als was er sich enttäuschend offenbart. Im Gedächtnis bleibt dieser klumpige Genre-Wüstling mit Sicherheit, dafür haut er einfach zu sehr auf die Kacke, fabriziert leider zu lange faden Dünnschiss und lässt kein stimmiges Konzept erkennen.

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                                                Man kann über den neuen „Godzilla“ sagen und denken was man will, genug Angriffsfläche bietet er aufgrund etlicher Macken, speziell was das Skript angeht. Aber was Gareth Edwards angeht, der Mann dürfte, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil der negativen Kritik abbekommen. Was er hier in der zweiten Filmhälfte für furiose, imposante Bilder kreiert, spricht nicht nur für enormes Talent, sondern besonders für das Gefühl des Momentes. Da mag man doch fast vergessen, wie sehr der Film zunächst mit angezogener Bremse fährt und versucht ein menschliches Drama zu etablieren, das zum Schluss komplett für die Katz ist. Es soll nicht der langsame Aufbau grundsätzlich kritisiert werden, der so natürlich auch einen (tatsächlich funktionierenden) Zweck verfolgt. Statt einer Übersättigung durch andauerndes Getöse und nimmermüde Zerstörungsorgien schürt Edwards das Warten auf das Spektakel, ein mutiges Vorhaben im modernen Blockbuster-Kino. Umso effektiver bebt es dann, wenn Godzilla sich endlich in voller Pracht präsentiert. Die Bemühung um klassische Motive und Ängste wie die Integration jüngster, immer noch im Kopf befindlicher Katastrophen-Szenarien (inklusive metaphorischer US-Anschlags-Traumata) ist aller Ehren wert und ein interessanter Ansatz, der jedoch nicht über die holprige Dramaturgie hinwegtäuschen kann. Was wohl das Anliegen war - zunächst sich auf die menschliche Sicht auf die Geschehnisse zu konzentrieren, mehr Katastrophen- als Monsterfilm zu sein, um die Menschheit am Ende zu hilflosen Zuschauern im Angesicht der Natur-Ur-Kräfte zu degradieren – ist erkennbar, funktioniert dabei nur bedingt. Sieht „Godzilla“ zähneknirschend lange nach dem ambitioniert-gescheiterten Versuch aus, sich den gängigen Funktionalitäten des Blockbusters zu verweigern und dadurch interessant zu wirken, glänzt er dafür in seinem perfekt bebilderten Schlussspurt, in dem die Formel plötzlich aufgeht. Eine bald apokalyptische Stimmung macht sich breit, Edwards setzt seinen „Helden“ so wirkungsvoll in Szene, das hätte man kaum erwarten können. Im Ganzen bleibt „Godzilla“ hinter seinen Möglichkeiten zurück, beeindruckt dafür partiell und ist deutlich näher am Geist des Originals als die Emmerich-Echse.

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                                                  [...] Zu dem Zeitpunkt, an dem uns Anderson in diese Ära eintauchen lässt, mochte keiner an Morgen denken, im Hier und Jetzt scheinen Ruhm und Geld nur eine Schwanzlänge entfernt. Zumindest, wenn man einen so göttlichen Prügel wie der 17jährige Eddi Adams (so gut wie nie wieder: Mark Wahlberg, „Lone Survivor“) hat. Ein hübsches Gesicht, ein gestählter Körper und ein Gemächt wie ein Pferd. Solche Talente bleiben dem gewieften Regisseur – oder wie er es bevorzugt: Filmemacher – Jack Horner (schlicht grandios: Burt Reynolds, „Ein ausgekochtes Schlitzohr) nicht lange verborgen. [...]

                                                  [...] Sein Stern ist aufgegangen und überstrahlt alles, doch der Erfolg steigt ihm vom Schwanz durch die Nase in den Kopf, sein Talent droht wie sein Charakter im Schneegestöber unterzugehen und bevor er es sich gewahr wird, ist er schon wieder verglüht. So wie auch die Industrie, aus den Kinos direkt auf Video verdrängt. Eine Entwicklung, gegen die sich auch der standhafte Jack Horner nicht auf Dauer stemmen kann. Gegen seine Ideale, seinen Traum einen Film zu machen, der die Leute dazu bringt „in ihrem Saft sitzen zu bleiben“, weil sie die Geschichte fasziniert. Aus dem selbsternannten Orson Welles der Pornographie wird notgedrungen ein Massenfilmer wie jeder andere auch. Der große Fall hat begonnen, die Frage ist nur, wer schlägt wann wie hart auf den Boden auf und wer landet doch noch auf den Füßen? [...]

                                                  [...] „Boogie Nights“ ist kein Film über das Ficken und die Pornographie, es ist kein Film über Drogen, Verbrechen und gescheiterte Existenzen, er beinhaltet dieses nur. Es ist ein Film über Zusammenhalt, über Familie, auch wenn es nicht die im biologischen Sinne ist. Es gibt Höhen und Tiefen, Zwist und Entzweiung, Abnabelung und Wiederannährung. Egal, was vorgefallen ist. Ob man sich für ein paar Dollar auf dem Straßenstrich einen runterholen musste oder sein Verständnis vom Filmemachen und den Schutz seiner „Kinder“ beinahe für billige Video-Experimente aufgegeben hat. Fehler haben sie alle gemacht. Doch es gilt zu verzeihen und sich das eigene Scheitern einzugestehen. Dann hat am Ende im Haus von Jack Horner und im Schoss seines geschützten Nestes jeder seinen Platz. Selbst der, der schon verloren war, die, die eigentlich mit dem Business abgeschlossen haben oder sogar er, der einfach nicht mehr da ist, nur noch ein Bild an der Wand, aber niemals vergessen. Ein wunderschöner Abschluss einer wunderschönen Films.

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                                                    [...] Im Fokus der Geschichte steht nicht etwa der eigentliche Star Gregory Peck – der für die Rolle des unerschütterlich-humanen Anwalts Atticus Finch mit dem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde – sondern seine beiden Kinder, die er in den durch die Wirtschaftskrise erschütterten USA der 30er Jahre großzieht. Aus ihrer Sicht wird die Handlung praktisch durchgehend erzählt, lediglich in der (erst spät) einsetzenden Gerichtsverhandlung werden sie kurzzeitig zu Statisten. Ein im ersten Moment vielleicht ungewöhnlich scheinender, dennoch genau richtiger Schachzug, um einerseits die Stimmung und gesellschaftliche Lage dieser Zeit aus einer anderen Perspektive zu präsentieren, andererseits die vom Film vermittelte, moralische Botschaft trotz ihrer Deutlichkeit nicht etwa kitschig erscheinen zu lassen, was gar nicht mal eine so einfach Übung ist. Durch die Wahrnehmung und mit der ehrlichen, noch nicht durch verschiedene Aspekte beeinflussten Selbstverständlichkeit für das Richtige von Kindern berührt einen „Wer die Nachtigall stört“ an den richtigen Stellen und spricht durch ihren Mund eine einfache, aber eben absolut unverfälschte Wahrheit aus, wie sie so den Erwachsenen bald abhandengekommen ist. Zwar propagiert der Film überdeutlich und weit entfernt von jeglicher Subtilität sein Anliegen, was man an anderer Stelle schnell mit dem gerne als Metapher genutzten Holzhammer gleichsetzt, doch wird dieser Eindruck eben durch diese entwaffnende Unschuld und den noch natürlichen Sinn für Gerechtigkeit deutlich entschärft. [...]

                                                    [...] Ganz selten etwas (altersbedingt) hüftsteifes, dennoch wunderbares, klassisches Erzählkino, emotional und mit einer wichtigen, menschlichen Message, fast mit Zügen eines modernen Märchens. In einer Gesellschaft von Krähen sind es oft die Nachtigallen, auf die geschossen wird. Manchmal muss man einfach die Augen öffnen oder sie sich öffnen lassen, um sich dessen gewahr zu werden.

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