JackoXL - Kommentare
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Alle Kommentare von JackoXL
Wenn einer eine Reise macht, hat er viel zu erzählen...
Liebes Reisetagebuch,
da ich wie immer den Anschlusszug aus meiner beschaulichen (seit neuester Auszählung nicht mehr Groß-) Heimatstadt nach Hannover verpasst hatte, bin ich etwas spät dran und mein erstes Reiseziel ist dummerweise gerade nicht verfügbar, daher hieß es umdisponieren. Als Freund spontaner Entschlüsse kein Problem und da mir die aktuellen Temperaturen den Bratensaft in der Kimme verdunsten lassen, brauchte ich dringend Abkühlung. Außerdem ist die Katze im Wohnzimmer geschmolzen, der Gestank unerträglich und die Schweinerei mach ich bestimmt nicht weg. Nach 2 Wochen werden die Nachbarn schon die Polizei gerufen haben, dann erledigen die das. Oder es ist zumindest so festgetrocknet, das kann ich dann ganz entspannt wegschippen. An der Stelle: Braucht jemand einen Kratzbaum?
So, wo war ich? Ach ja, heiß, kacke, wo ist es niemals heiß? Schottland, super. Also hab ich ja gesagt. Ja zu einem billigen Charterflug, ja zu einer Unterkunft, die dann leider überfüllt war, ja zu da steh ich nun, was mach ich jetzt? Gott sei Dank habe ich ein paar echt nette Jungs kennen gelernt. Die standen mit beiden Beinen fest im Leben, hatten einen sehr geregelten, zielgerichteten Tagesablauf und haben mich spontan bei sich aufgenommen. Gut, die Buden war etwas versifft, aber dafür kenne ich die schottische Wohnkultur zu wenig, könnte auch Standard sein. So ein Bett um die Matratze wäre schon nett gewesen, aber als Gast will man ja nicht meckern. Das Essen war jetzt auch nicht der Hammer, Champignonsuppe aus der Dose, kalt zu essen, na ja, immer noch besser als diese abartigen Bohnen auf Labbertoast. Zumindest wurde es nie langweilig. Wir haben uns gezockte Privatpornos reingezogen, Nazis im Park mit dem Luftgewehr geärgert, Schülerinnen in Clubs aufgerissen, in ner Kneipe richtig Bambule gemacht und die beschissenste Toilette Schottlands besichtigt. Die sieht kacke aus, aber mein lieber Mann, geht das tief runter.
Etwas blöd, dass die Jungs manchmal etwas geistesabwesend waren, aber kann ich ihnen kaum verübeln. Ich arbeite ja auch in einem Pflegeberuf und weiß daher, dass mit Diabetikern bei Überzuckerung nicht viel los ist, so schlimme Fälle habe ich aber selten gesehen. Wenn die nicht rechtzeitig ihr Insulin hatten, unausstehlich. Dann war aber immer alles supi. Als ich ihnen eine Pumpe vorgeschlagen habe, wurde ich nur blöd angeschaut. Tja, technisch sind da drüben wohl noch nicht so weit. Aber Insulinzäpfchen habe ich auch noch nicht gesehen, werde ich nach meinem Urlaub gleich mal auf der Arbeit vorschlagen.
Kurz zu meinen Gastgebern: Renton war mir manchmal etwas zu verbissen, so ein Idealist, da war der Rest echt entspannter. Spud war super, hatte etwas mit seinem Stuhlgang zu kämpfen, aber ein pfiffiges Kerlchen, war ja schliesslich auch auf Crack...äh, der Craig Newton Schule. Sick Boy war übrigens auch ein Filmfreak, super, aber etwas versteift auf Sean Connery. Tommy war anfangs etwas langweilig, aber später auch ganz entspannt und er hatte auch eine Katze. Die letzten Tage habe ich ihn gar nicht mehr gesehen, schreibe ihm mal ne Karte. Begbie hat immer ordentlich auf den Putz gehauen, so ein richtiger Partylöwe mit dem Herz am rechten Fleck. Da war auch ein süßes Baby, Dawn, ein kleiner Racker. Immer in Bewegung, man wusste nie wo sie als nächstes langkrabbelt.
War ne schöne Zeit, die Jungs sind mir echt ans Herz gewachsen. Schade, dass ich schon wieder los musste, Renton ist nach London, wäre gerne mitgekommen, aber der Urlaub ist begrenzt und ich will noch mehr sehen. Das wird aber schwer zu übertreffen.
Die zwar nicht unendliche, aber unendlich oft erzählte Geschichte von Graf Dracula, hier bei seinem ersten Auftritt durch die Hammer-Studios, und viel besser wäre es wohl kaum machbar gewesen. Allein personell versammelte sich hier die absolute Elite der Schmiede. Peter Cushing als Van Helsing, Christopher Lee in seiner Paraderolle als Fürst der Finsterniss, Terence Fisher auf dem Regiestuhl und Jimmy Sangster als Drehbuchautor, Hammer hatte auf keiner Position jemals bessere Leute und alles greift einzigartig ineinander.
Grob beruht es zwar auf dem Roman von Bram Stoker, allerdings nur extrem grob. Eine waschechte Romanverfilmung hätte auch gar nicht realisiert werden können, denn Hammer war immer ein B-Movie-Studio, bei dem Geld und Zeit knapp waren. Zeitlich ist es auch hier knapp, äußerst kompakte 79 Minuten lassen kaum Spielraum für Ausführlichkeiten und literarische Korrektheit. Im Prinzip stimmen hier nur die Rollennamen und gewisse narrative Fixpunke, selbst die Ausgangsposition ist eine ganz andere. Jonathan Harker reißt nicht unbedarft in die Karpaten, um ein Immobiliengeschäft abzuschliessen, er weiß was ihn erwartet und hat ein ganz anderes Vorhaben. Autor Sangster liefert eine eigene Interpretation der klassischen Story, musste es wohl auch, um das Projekt überhaupt realisieren zu können und die Länge zwingend zu straffen, was letztendlich aber überhaupt kein Problem darstellt.
Der Film ist Hammer-Feeling pur, was ja eigentlich immer davon lebte, etwas simpel, dafür enorm charmant, stimmungsvoll und mit Herzblut gemacht zu sein. Hier werden die Stärken dieser einzigartigen Filme gebündelt und mit voller Durchschlagskraft entfesselt. Das liegt sicherlich vor allem an Terence Fisher, der es wie kein Zweiter verstand, diese Energie zum Leben zu erwecken. Inszenatorisch stimmt einfach alles. Auf das Wesentliche fokusiert, unglaublich faszinierend, grandios eingefangen in Bild und Ton. In der Tat ein Paradebeispiel für das, was die Hammer-Studios so groß gemacht hat. Aus einfachsten Mitteln wird das Maximum herrausgekitzelt, die Atmosphäre ist famos. Die enorme Präsenz der beiden Stars Cushing und Lee trägt den ganzen Film und wird sie für immer unsterblich werden lassen.
"Dracula" ist jederzeit anzusehen, wie wenig Möglichkeiten eigentlich vorhanden waren, das macht es um so bemerkenswerter, wie es auch heute noch wirkt. Jede Minute zieht den Zuschauer in eine ganz andere Welt, erzeugt einen Flair, der sich nicht mehr nachstellen lässt und sorgt für wundervolles Gruselambiente der alten Schule. Vernebelte Kulissen, liebevoll ausgestattet und effizient gefilmt, mit pompös-beeindruckender Musik unterlegt, dazu die stahlblauen Augen von Cushing und der blutverschmierte Mund von Lee, ein Traum. Vielleicht der beste Hammer-Film, definitiv einer der Besten. Für Freunde des Studios eine Pflichtveranstalltung und für Dracula-Fans sowieso.
Ein Schnüffler, dessen Coolness die Hölle einfrieren könnte, eine Frau, die so begehrenswert wie undurchsichtig ist, ein Komplott aus Mord, Lügen und Betrug, Schein und Sein im Halbdunkel, voller kantiger Kerle, falscher Fährten und kein Platz für echte Helden. "Die Spur des Falken" von John Huston gilt als Geburtsstunde des Film Noir, ist sicherlich (und logischerweise) noch nicht fehlerfrei, wurde in der Folgezeit auch noch perfektioniert, aber seine Bedeutung für das Kino dürfte unbestreitbar sein. Und mal abgesehen davon: Selbst nach über 70 Jahren ein unglaublich gutes und mitreissendes Stück Filmgeschichte.
Der Film lebt von seiner Stimmung, seinem Flair, seiner Atmosphäre, einfach von den Dingen, die sich nicht von jedermann irgendwie hinschustern lassen, das muss funzen oder stirbt auf halber Strecke. Das ist nicht die einzige Qualität dieses Klassikers, aber sie ist sehr entscheidend. Mindestens gleichwertig ist die wendungs- und temporeiche Geschichte, in der der Zuschauer genau so unwissend herumgeschuppst wird wie Obermacker Spade, dessen Rolle von Humphrey Bogart enorm charismatisch mit Leben erfüllt wird. Heute würden sich Feministinnen, jede halbwegs emanzipierte Frau und sicher auch so einige Männer furchtbar darüber aufregen, wie lässig, fast schon abwertend und machoesk sich der Protagonist hier präsentiert, aber hey, das waren die 40er, die Rollen klar verteilt und ein Mann war ein echter Mann, wenn ihm das Testosteron durch die Nase läuft. Bogart verkörpert diese Figur so cool, präsent und im Zeitgeschichtlichem- und Genrekontext kaum ankreidbar, das sollte entspannt weggesteckt werden. Denn im Endeffekt sind die Frauenfiguren kaum besser, nur auf eine andere Art. Sie lassen sich mit billigen Kosenamen anreden, kochen aber in der angepassten Unterwürfigkeit ihr ganz eigenes Süppchen, das nur dadurch funktionieren kann. Die Waffen einer Frau, nur eben eher passiv als aktiv genutzt, fast sogar hinterhältiger.
Inszenatorisch ist Hustons Film noch eine leichte Fingerübung des Genres, dabei aber schon erstaunlich routiniert, das es kaum als solche bezeichnet werden kann. Das Spiel mit Licht und Schatten zieht mit dem Verlauf der Handlung an, wirkt dabei extrem durchdacht und niemals zufällig. Sei es das flackernde Kaminfeuer, der Schriftzug des Detektivbüros, der auf dem Boden reflektiert, die an die Wand geworfenen Schatten, alles ist geplant und für die Gesamtwirkung essentziell. Es ist so düster wie bedrohlich, ohne auf bissigen Humor zu verzichten, da schlägt der Film einen gekonnten Spagat, der sich nie negativ auswirkt. Der Plot ist treibend, interessant und jederzeit spannend, lässt genug im Halbdunkel schweben, dass jede Wendung und jedes Detail dem Drive guttut. Zeitbedingte Alterserscheiungen sind da eher charmant als negativ wirkend, was an der glasklaren Inszenierung und dem tollen Cast liegt. Neben dem Eisbären Bogart spielt sich besonders der erneut bemerkenswerte Peter Lorre in den Vordergrund, dessen Spielfreude sich automatisch auf den Zuschauer überträgt. Der typische Sidekick, der droht die Show zu stehlen, aber gegen Bogart bleibt es beim Versuch.
Ein erstaunlich cleverer, spannender Wegweiser eines Genres, großartig umgesetzt und selbst heute auf hohem Niveau, das sind Filme, die wohl ewig ihren Platz behaupten können. Ein Meilenstein mit kleinen Fehlern, die auf die lange Distanz keine Rolle spielen. Hervorragend!
Es fängt ja wirklich gut an: Taylor Hackfords "Ein Offizier und Gentleman" scheint anfänglich gar nicht die befürchtete Überdosis Kitsch zu sein, die die berühmt-berüchtigte Schlusseinstellung befürchten lässt (die dürfte wohl jedem bekannt sein, zählt zu den wohl meist parodierten Szenen der Filmgeschichte). Um das gleich vorwegzunehmen: Die ist selbst schon fast eine Parodie, heiliger Vater, da kann man wohl nur dahinschmelzen oder grinsen. Na ja, aber bis dahin vergehen ja zwei Stunden. Die erste davon ist auch recht passabel. Wir sehen Richard Gere als Offiziers-Anwärter Mayo, der samt seiner Leidensgenossen von dem übelen Drillsergeant Foley (großartig und oscarprämiert: Louis Gossett jr.) so richtig durch den Wolf gedreht werden. Taylor Hackford zeigt hier, dass er ein guter Regisseur ist, das geht flott von der Hand und wird stets gut eingefangen. So weit, so gut. Aber dann....
Die zweite Filmhälfte offenbart unweigerlich, dass das Script wohl irgendwo auf dem Baum gewachsen ist, denn aus dem guten Start entwickelt sich kaum was. Die eigentlich im Mittelpunkt stehende On-Off-Romanze zwischen Gere und (der wirklich hinreissenden) Debra Winger ist weder wirklich interessant, noch von ihrem Ablauf glaubhaft oder nachvollziehbar. Das liegt in erster Linie an der platten, nur extrem oberflächlich angerissenen und klischeehaften Charakterisierung der Figuren. Da mag man sich, dann wieder nicht und am Ende stellt sich die Frage, warum dann dieses überzuckerte Finale überhaupt funktionieren soll. Nichts gegen Romantik, aber in der Form geht das ja voll an mir vorbei, weil ich es einfach nicht begreifen kann.
Schade ist vor allem, dass der Film hinter diesem seicht-unglaubwürdigen Gebalze das Beste versteckt: Die Story von Nebenfigur Sid (David Keith) ist echt nicht uninteressant, zumindest deutlich mehr als die von Mayo. Das als Mainplot, hätte funktionieren können. Zudem erweißt sich Richard Gere in einem sonst wirklich gutem Cast als Schwachstelle. Physisch ist er zwar voll auf der Höhe, wer hätte gedacht, dass der gute Mann sich als recht hartes Kampfschwein zeigen kann und das sehr anständig, nur scheitert er immer dann, wenn impulsive Emotionen in's Spiel kommen. Da sind seine Grenzen zu sehen. Insgesamt quetscht sich in der zweiten Hälfte immer wieder Pathos in die Handlung, der echt nicht hätte sein müssen, aber wohl unumgänglich ist, um über die Drehbuchschwächen hinwegzutäuschen.
Fair will ich aber bleiben, schlecht ist der Film nicht, hat seine Momente und geht eine Zeit lang angenehm durch. Nur irgendwann wird es schwierig und am Ende steht ein handwerklich gut gemachter, aber inhaltlich wenig ausgereifter Streifen mit einer etwas merkwürdigen Verherrlichung von US-Ausbildungsmethoden. Als Berieselung für den Feierabend, besonders wenn eine Dame zu Hand ist, mag das mal gehen, aber dann wäre das Potenzial auch schon ausgeschöpft.
Dreh Sex And The City 1 & 2, zack, biste'n Großer. So was...
Der Zahn der Zeit hat ordentlich an dem Film von Star-Regisseur Norman Jewison ("Rollerball", "The Statement") genagt und lässt ihn heute reichlich angestaubt wirken. Natürlich muss das Ganze im zeitgeschichtlichen Kontext gesehen werden, schliesslich entstand und spielt es 1966, während sich die feindlichen Grossnationen in stetiger Lauerstellung befanden und die Situation jederzeit eskalieren konnte, selbst durch eigentliche Nichtigkeiten. An der Ausgangssitaution hapert es hier auch nicht, im Gegenteil. Die Idee zum Film ist klasse, birgt wahnsinnig viel Potenzial, spielt es leider zu selten und nie so richtig konsequent aus.
Trotz seines ironisch-satirischen Unterton und dem durchaus überlegten Seitenhieben auf das damals aktuelle Weltgeschehen fehlt es dem Film schlicht an dem richtigen Biss. Einfach gesagt: Er ist viel zu brav. Der Humor ist teilweise altbacken, manchmal fast sogar spiessig, es fehlt der Mut und die richtig zündenden Ideen, die hochinteressante Ausgangslage so richtig auf Touren zu bringen. Speziell bei der, für eine Komödie, üppigen Laufzeit von 2 Stunden wird es ab und an schon etwas eintönig und umso deutlicher, wie viel letztendlich liegen gelassen wurde. Schlecht ist der Film deshalb noch lange nicht, nur eben leicht verschenkt.
Verschenkt, da neben der Grundstory auch die Darsteller überzeugen. Besonders Alan Arkin als russischer Lt. Rozanov und Brian Keith als raubeiniger Polizeichef machen einen richtig guten Job, denen lässt sich vergnügt zusehen. Wie gut der gesamte Film hätte sein können, lässt sich übrigens kurz vor Schluss sehen, wenn sich Amis und Sowjets im Hafen gegenüberstehen. In den wenigen Minuten bringt Jewison die gesamte Situation des kalten Krieges im Kleinformat auf den Punkt, ein großartiger Moment. Tja, wenn mal alles so wäre...
Etwas enttäuschend, am Ende bleibt trotzdem noch ein ganz ordentlicher Film, den heute sicher niemand mehr sehen muss, der für einen Sonntagnachmittag oder vergleichbar entspannte Situationen aber dennoch eine Alternative ist.
Scorsese zwischen Liebesman, W.S. Anderson & West: Der arme Mann, umzingelt vom Grauen. :(
"New Jack City" war seinerzeit ein kleiner Aufreger, griff er doch ein brandaktuelles Thema auf, dem sich beispielsweise auch Dennis Hopper mit "Colors - Farben der Gewalt" drei Jahre zuvor widmete, wobei schon diverse Differenzen zwischen den beiden Filmen bestehen, aber ähnlich viele Schnittpunkte. In "Colors" ging es um die Gangproblematik in Los Angeles Ende der 80er, den verzweifelten, hilflosen Kampf der Cops gegen die wütende Energie der Straße, die Selbstzerfleischung der schwarzen Perspektivlos-Gesellschaft, ausgetragen auf einem blutigen Schlachtfeld. "New Jack City" zeigt nicht verstreute Ghetto-Kids beim Abknallen um Brotkrumen und ist nicht so konsequent aus der Sicht der Gesetzeshüter inszeniert. Dennoch atmet "New Jack City" die gleiche Brisanz und dessen Zeitgeist, erzählt von dem gleichen Problem.
Diesmal gibt es nur das Gesicht des Bösen, Wesley Snipes als Crack-Guru Nino Brown, der es vom Kleinganoven an die Spitze eines Elend-Imperiums schafft, der seine Brüder und Schwestern mit der Mode- und Todesdroge dieser Zeit versorgt. Mario Van Peebles gelingt es zum Teil durchaus, in einem seiner wohl besten Filme als Regisseur, das Thema an den Eiern zu packen und unverblümt-schonungslos aufzuzeigen, was sich in den weniger schicken Straßen der USA damals abgespielt hat. Sprengstoff hat "New Jack City" durchaus, verschönt nichts und will aufrütteln. Schwarzes Kino mit Stallgeruch, Blaxploitation-Kino zumindest im Ansatz, auf einen neuen "Shaft" darf aber nicht gehofft werden. Van Peebles zeigt einiges, inszeniert es ganz ansprechend, kratzt aber letztendlich nur an der Oberfläche, schafft keine Tiefe, erzählt eine simpele Story und ist manchmal so prollig wie seine Figuren. Die Darsteller sind bis auf einen präsenten Snipes durchschnittlich, wenn auch halbwegs namenhaft, was nicht unbedingt für ihre Qualität spricht. Oder wer ist schon heiß auf einen Streifen mit Ice-T in der Hauptrolle? Immerhin, er ist ganz in Ordnung, was hat der später nicht für Gurken gedreht, da ist man hier fast zufrieden. Überraschung aus heutiger Sicht: Der junge Chris Rock überzeugt als crack-süchtiger Spargeltarzan, bringt seine abgejunkt-verzweifelte Figur glaubhaft rüber, während er heute als lustig-quaselnder Afro-Ami in "bester " Eddie Murphy Tradition nur noch nervt.
Hätte "New Jack City" ein besseres, einfallsreicheres Script, mehr Tiefgang und weniger austauschbare Szenen, er wäre wohl ziemlich gut. Denn er hat die Ansätze, eine ordentliche Regiearbeit und will was bewegen. So bleibt es ein einigermassen vernünftiges B-Movie mit zeitlich-szenischem Einschlag und einem passenden Soundtrack versehen.
Gerardo Naranjo, den Namen sollte man sich merken. Der Regisseur und Co-Autor von "Miss Bala" verfügt ganz offensichtlich über Fähigkeiten, die ich vielen aktuellen (US-Big-Budget) Regisseuren absprechen will/muss. Der kann Bilder sprechen lassen und weiß, wo und wie die Kamera eingesetzt werden kann. Das sollte zum Effeff gehören, speziell bei den Leuten, die kontinuierlich mit dreistelligen Millionensummen rumfuhrwerken und es trotzdem nur so wirkt wie eine überteuerte Jahrmarktsensation. Getragen wird "Miss Bela" sicherlich nicht durch seine Story, zumindest vordergründig. Reduziert auf den Ablauf der Geschichte ist das nichts besonderes, kratzt manchmal sogar leicht am Rande des Klischees, aber wie das umgesetzt ist und welche Wirkung er hinterlässt, ist bemerkenswert.
Um mal mit den Kritikpunkten zu starten: Einiges ist nicht so richtig schlüssig (warum das alles so passiert, warum sich die bösen Buben dieses Opfer suchen, warum machen sie dies oder das, geht sicherlich auch unkomplizierter), das ist nicht die Stärke des Films. Dafür ist er technisch erstaunlich hervorragend und vor allem so konsequent und bitter, das gibt es aus dem großen Nachbarland selten zu sehen. Am Ende steht die Erkenntnis: Es geht in erster Linie um das Erleben, das Statement, als um den narrativen Weg dahin. Denn "Miss Bela" schildert eine Situation, ein gesellschaftliches Problem, Mexiko im Würgegriff von Armut, Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, die gutbürgerlich, fast verarmte "Mittelschicht" (verhältnissmässig) als Opfer in einem Krieg zwischen dem organisierten Verbrechen und der eigentlich unterlegenen Staatsgewalt. Es gibt Tote auf beiden Seiten, darunter leiden aber in erster Linie die Menschen, die in das Schussfeld geraten. Laura geräht genau da hinein, weiß anfangs gar nicht wie ihr geschieht und ist unfähig sich zu wehren, was letztendlich ein Sinnbild für den aktuellen Zustand eines Landes ist. Schwarz und Weiß bekriegen sich, Grau hat automatisch verloren. Als hilfloser Spielball missbraucht, gedemütigt und am Ende als Sündebock verkauft, Viva México.
"Miss Bela" erlaubt keinen Raum für ein Happy-End, was nördlich immer drin ist, und verfällt gar nicht erst der Option für Friede, Freude, Eierkuchen. Das würde das Endprodukt auch verwässern und schlussendlich in den besseren Durchschnittsbereich drücken. So steht der etwas austauschbaren Geschichte die Aussage gegenüber, die oft und manchmal besonders im Bulls-Eye landet. Und jetzt endlich mal zu der Inszenierung: Da hat sich jemand mal Gedanken gemacht, wie eine Szene aussehen und wirken soll. Bewusst wird endschleunigt, keine Spur von hektischen Schnitt-Gewitter und Planlosigkeit, Naranjo ist der Mann mit dem Plan. Es gibt etliche Szene, die unglaublich wirkungsvoll, langsam, aber sehr durchdacht bebildert werden. Die Kamera bewegt sich zielgerichtet, bewusst und punktgenau. Naranjo geizt mit Schnitten wo Bay, Verbinski und Konsorten total durchdrehen würden. Der dreht nicht und schnippelt dann, der dreht mit der genauen Forstellung, was er haben will. Super, das meinte ich mit "Bilder sprechen lassen".
"Miss Bela" ist sicher kein grandioser Film, zweifellos aber ein extrem sehenswerter, der großartiges Handwerk und Wirkung einer ausgeklügelten Handlung vorranstellt. Und bevor ich es unterschlage: Er funktioniert nicht zuletzt wegen der wunderbaren Hauptdarstellerin Stephanie Sigman so gut.
"Ich werde ihm seine Tapferkeitsmedaille auf den Arsch nageln. Das werde ich tun. Mit dir zusammen, oder ganz allein."
Der erste Auftriff von John Rambo ist weit weg von dem prolligen Ronald-Reagan-Propaganda-Kinos der wilden 80er, zu dem auch weit entfernt von den Fortsetzungen des Films wie den Sternstunden von Chuck Norris oder auch Anti-Perlen wie "Die rote Flut". "First Blood" ist hinter seiner plakativen, extremen schwarz-weißen Skizzierung dieses verdreckten Vietnam-Traumas ein einnehmender, sogar hintersinniger Survival-Thriller. Wir haben die Krieg verloren, wer jetzt sich dafür noch einen Orden erschleichen will, gehört vertrieben, eingeschüchtert oder erschossen. Was nach typischer No-Brainer-Action klingt, ist eigentlich sehr überlegt, dabei trotzdem knallhart und zielorientiert, das viele Filmfreunde daran ihre helle Freude haben dürften, nur nicht immer aus den gleichen Gründen.
Es war einmal...ein Krieg, der schon als so gut wie gewonnen gestartet wurde, dessen Verlauf zum reinen Bauchschuss mutierte. Eine Übernation verblutete, langsam, aber konstant, bevor das erkannt wurde, war es schon geschichtlich. Ein Trauma auf zwei Beinen, John Rambo, verkannter Held eines verlorennen Krieges, wird zu Zielscheibe einer Gesellschaft aus Kleinstadtvögeln, die den Horor nur aus dem Fernseher kennen, die das Versagen aber bitte nicht vor ihrer Haustür haben wollen. Weggejagt, und wenn es nicht kleinbeigeben will, wird es schon sehen.. und wenn es bis zum Tode gehetzt werden muss. Das gedrillte Tier wurde zum Mensch, nur die Menschen wollen das Tier nicht haben, jagen es, weil es leicht besiegt werden kann. Ein Raubtier wird dann besonders gefährlich, wenn es nicht mal mehr seinen Bau hat...und seinen Jägern gnadenlos überlegen ist.
"Rambo" ist simpeles, aber dennoch zeitbezogenes und technisch grandios inszeniertes Tempo-Kino mit historischem Zeitgeist, stellenweisse leicht naiv, aber viel mehr wichtig und gewagt, brachial wie unterhaltsam-kritisch: Irgendwo zwischen Satire, Statement und Action-Survival-Wucht, unsterblich wie einfach, aber wegweisend dürfte unbestreitbar sein. Ein Meilenstein, aus heutiger Sicht sicher ausbaufähig, aber von seiner Idee und seinem Konzept großartig. Einer, wenn nicht der, beste(n) Action-Film(e) von Sly, den man bis "Copland" niemals ernster nehmen konnte.
"Hör hauf oder du hast einen Krieg, den du nie begreifen wirst".
- "Er hat Menschen umgebracht, Mum."
- "Wir haben alle mal einen schlechten Tag".
John Waters at his best. Absurd, extrem überdrehte, tiefschwarze Spießer-Horror-Groteske, bei der die Übermutti von nebenan ihre Nachbarschaft mit perversen Telefonterror tyrannisiert, unbelehrbare Nicht-Müll-Trenner mit der gerechten Strafe belegt und die Nicht-Stecher der pummeligen Tochter auf Herz und Nieren prüft.
Kathleen Turner, damals schon out of buiseness, dreht noch mal richtig auf, liefert eine der besten Leistungen ihrer Karriere. Wie John Waters, der Mann für die grobe Sarkasmus-Kelle, der so brachial aus allen Rohren feuert, ein einziges Fest. Waters hält der spießigen US-Kleinstadt-Welt nicht nur den Spiegel vor....er fickt sie! Sorry, ich bediene mich nur der Vorlage. Wild, zynisch, pech-schwarz ,sarkastisch bis ins Letzte, keine Kompromisse. "Serial Mom" ist High-End-Trash, dabei aber so überlegt und inszenatorisch gekonnt, wer da nicht mehrfach grinst, sollte einen Arzt aufsuchen.
Die heile Welt wird heimgesucht von dem eigen produzierten Fluch, die perfekte Ehefrau der 50er dreht durch, wenn da keiner mitspielt, wird es übel. Nur Mutti bekommt keine "Staubsauger-Befriedigungs-Medizin", sie darf gegen alles die Schere schwingen, das ihr gehörig gegen die Eierstöcke geht. Leichen pflastern ihren weg. Waters präsentiert das so wunderbar clever, überzogen und vernichtend, morbider Spaß mit hohem Unterhaltungswert. Bemerkenswert, wie Waters hier die Brücke zu überspitzen Trash und cleverer Realsatire schlägt, dabei so konsequent und vergnüglich durchdreht, dass ein großartiger Spaß nicht nur für das Genrepublikum garantiert ist.
Blut, Vögelgezwitscher und böse Seitentritte gegen die heile Welt der langweilig-eingefahrenen Vorstadtidylle, leg dich nicht mit Mutti an. Übertrieben, aber unglaublich gut beobachtet und deshalb sehr zünftige Parabel über den amerikanischen Traum vom sauberen Vorstadtleben, das in einem selbstauferlegten Blutbad endet. Du erntest, was du säst. Moral wird zum Selbstläufer, die natürlich nie jemand so haben wollte...wenn sie so konsequent ausgelebt wird.
- "Sie sind jetzt jetzt berühmter als Freddy und Jason...nur das sie ein echter Mensch sind".
- "Meint ihr, ich brauche einen Anwalt?"
- "Du brauchst einen Agenten!"
"- Stefan loves me, what ever you may think."
"- Of course he does. That's why he dreams making out of you whatever man dreams of making out of every Woman. A slave, a thing, an object of passion."
Der Film von Harry Kümel ist bis heute der erfolgreichste, belgische Exportschlager. Bemerkenswert, dass er trotzdem so unbekannt und auch unterbewertet ist. Denn "Blut an den Lippen" ist ein außergewöhnlicher Genrefilm, der so viele Stilrichtung kreuzt, auf eine sehr avantgardistische Art und Weise, eigentlich müsste so ein Werk viel mehr Beachtung verdienen. Ein unglaubliches Crossover aus 70er Ex- und Sexploitation Grindhousekino, dabei handwerklich so grandios, anspruchsvoll und subtil inszeniert, das es leicht an den wenige Jahre später erschienenen Klassiker "Wenn die Gondeln Trauer tragen" erinnert.
Die Mischung aus sexuellem Befreiungskino, Horror und Arthouse-Anspruch scheint sehr gewagt, gerade dadurch bezieht "Blut an den Lippen" seinen einzigartigen Reiz, ist (heute ohnehin nicht) kaum kopierbar und ein Unikum für sich. Eine wahnsinnig ausgeklügelte, perfekte Inszenierung trifft explizite Erotik, bewusste Stilbrüche (Homoerotik auf beiden Seiten), und ein klares Statement zu den spießigen Nachkriegsrollenbildern der 50er und frühen 60er. Der Mann als unantastbares Alphatier wird abgelöst, langsam, aber konsequent. Zum besseren Verständnis, starten wir am Anfang: Wir sehen ein frisch verheiratetes, wild-vögelndes Ehepaar, auf der Heimreise zu "der Mutter" (super!), das sich mit einem Zwischenstop in der flämischen Provinz begnügen muss. Das unbekümmerte, sexuell tüchtige Honeymoon-Feeling wird durch die äußerst gut konservierte Baronin und ihre lüsternde Sekräterin gehörig aufgemischt. Dazu gibt es unerklärliche Morde mit erstaunlich wenig Blut, aber offenen Kelen, was stimmt da wohl nicht? Richtig....
Harry Kümel inszeniert einen eigentlich typischen, erotisch wie trashig angehauchten Genrefilm der 70er, aber will und schafft viel mehr. Denn "Blut auf den Lippen" ist extrovertiertes Ausnahmekino, das viel Mut, Inspiration und Können erfordert. Kümel scheiter nicht, er adelt es. Seine Bildsprache, generell das Zusammenspiel von Optik, Akustik und Stimmung, ist sagenhaft. Selbst seiner ruhig-bedachten ersten Hälfte zaubert er so eine subtil-spannende Bedrohung auf die Visage, einnehmend und faszinierend. Was noch so folgen wird, ist jederzeit angedeutet, nur explodiert dieses Werk erst im letzten Drittel. Dann immer noch bedacht und überlegt, der durchschnittliche Horrorfan (keine Abwertung, nur eine Feststellung) sollte vorgewarnt sein. Wer auf Bodycount, Blut und (offensichtlichen) Terror hofft, ihr seit raus. Es gibt in dem Film nur wenig Figuren, viel Raum zum Sterben bleibt da nicht. Darum geht es auch gar nicht.
"Blut an den Lippen" bezieht seine Faszination nicht aus dem "10 kleine Negerlein"-Prinzip, sondern aus seiner Atmosphäre und dem Subtext. Devotes, erotisches Rollengehabe und Machtgefüge, stimmig verpackt in die Vampir-Mythologie, die sich irgendwann diese Methode (Verführung = Horror) angeeignet hat, was ursprünglich gar nicht so gedacht war. Es nahm seinen Anfang wohl bei Bela Lugosi und seiner kühl-verführerischen Art, steigert sich durch Christopher Lee und spätestens ab dann, war der Vampir ein Gleichniss für die morbide Konstellation aus Tod, ewigen Leben, Lust, Begierde und der tragischen Quintessenz: Du kannst (musst) ewig Leben, aber kannst (praktisch) nie ewig lieben und begehren.
" I want to be loved. I want everybody to love me. Do you love me Valerie, don't you?"
"Blut auf den Lippen" ist anspruchsvolles, exzentrisches Genrekino ohne einfache Schockeffekte und Who-will-be-next-Momente, er lauert, reizt und verzaubert durch seine wunderbare Bildsprache, seine grandios-subtilen Spannungs-Sequenzen und seinen selbstauferlegten, aber kompromisslos-getroffenen Anspruch, der jede Minute zu einem Genuss macht.
"I`m so cold. The sun rises in every hour."
Der letzte Film von Alfred Hitchcock, gerne als altersmildes Spätwerk belächelt und allgemein mit einem weniger guten Ruf ausgestattet, zu unrecht. Sicherlich ist "Familiengrab" nicht der beste Film von Hitch, sicher auch nicht einer seiner Besten, doch immer noch ein würdiger Abschied von der großen Bühne, auf der er uns über 40 Jahre mit etlichen Perlen beschenkte. "Familiengrab" zählt zu der Hitch-Kategorie Nummer 2: Kein Meisterwerk, aber auch heute noch unterhaltsam, gut und ganz klar eine Empfehlung.
Viele Werke des Meisters waren zwar nicht unbedingt geprägt, dennoch stets durchzogen mit bissigem Humor. "Familiengrab" besitzt davon etwas mehr (mal abgesehen von "Immer Ärger mit Harry", einer reinen Komödie), ohne sich dabei in das Komödiengenre einordnen zu lassen (was trotzdem gerne geschieht). Nein, eine Komödie ist das nicht, nur ein Thriller, der nicht mit zynisch-sarkastischen Momenten spart und hier und da einige bewusste Schmunzler einbaut (aber wie gesagt, das war ja nichts neues). In erster Linie ist es ein waschechter Thriller mit einem hochinteressanten, geschickt erzählten Plot, der den Zuschauer zunächst leicht im Dunkeln tappen lässt. Innerhalb des ersten Drittels werden gleich zwei kriminelle Pärchen präsentiert, die augenscheinlich nichts miteinander zu tun haben. Das sie sich logischerweise irgendwann treffen werden ist klar, nur warum? In diesen Minuten baut Hitchcock gewohnt souverän Spannung auf, keine Sekunde will verpasst werden, denn er spielt mal wieder mit dem Zuschauer und dessen Neugier. Allein daran lässt sich erkennen, dass Hitch weder altersschwach noch gesättigt war. Das ist nur minimal schwächer als zu seinen besten Zeiten.
Seinen Drive büßt "Familiengrab" im weitern Verlauf nur geringfügig ein, was aber sehr zu verschmerzen ist. Bis zum Schluss werden immer wieder kleine Haken geschlagen, die Inszenierung ist gewohnt abgeklärt (ohne neue Highlights zu setzen) und das Kribbeln wie das Interesse reißt niemals ab. Darüberhinaus ist der Cast gut gewählt, was bei Hitch ja nicht immer höchste Priorität genoss. Von Karen Black über Bruce Dern, Barbara Harris bis zu William Devane passt hier alles wunderbar. Hitchcock zeigt auf seine alten Tage nochmal einen Querschnitt durch sein gesamtes Schaffen, bestehend aus Suspense, doppelten Spiel, versteckten Identitäten, satirischen Humor, halsbrecherischen Autofahrten, Betrug, Schein und Sein. Gerade das ist rückwirkend, bezogen auf seine gesamte Karriere, so bemerkenswert, fast schon erstaunlich: Er war immer "nur" Regisseur, schrieb nie das Script, verfilmte oft Romanvorlagen, aber alle Filme tragen seine Handschrift. Irgendwie gelang es ihm, jedem Werk einen unverkennbaren Stempel aufzudrücken, sie fast wie aus einem Guss wirken zu lassen, sogar genreübergreifend (kleine Ausreisser inbegriffen, aber schlecht war keiner seiner Filme).
Allein deshalb entzieht es sich meiner Wahrnehmung, warum "Familiengrab" so eine Enttäuschung sein soll. Mal wild in den Raum spekuliert: Wäre das kein Hitchcock, viele Kritiker würden kaum meckern. Das soll nicht heißen, dass das hier ein perfekter, großartiger Film ist, aber mehr Wertschätzung wäre schon angebracht. Flott, unterhaltsam, toll inszeniert und niemals nur im Ansatz langweilig, über gewisse Strecken sogar sehr clever und faszinierend. Eine schöne Mischung aus bösem Humor und intrigantem böse Buben und Damen Spielchen, niemals zu vorhersehbar und konstant auf hohem Niveau vorgetragen.
Wenn wir zum Schluss schon bei Konstanz sind: Ich kenne keinen Regisseur, der über so einen langen Zeitraum in der Qualität seiner Werke eben das garantierte. Klar, einiges war nicht immer Gold, aber vieles und mindestens genau so viel Silber. Das ist eine Messlatte, die heute kaum noch jemand überspringen kann. Selbst jedes aktuelle Regiewunderkind muss sich 2050 die Frage stellen: Was bin ich gegen Hitchcock? Die Antwort dürfte oft eindeutig sein. Bis auf Scorsese und die Coens habe ich das noch nie über so eine Distanz gesehen...und Hitch war noch viel fleissiger.
Erstmal: Toll, das "The Last Man on Earth" und "Phase IV" dabei sind, hätte ich nicht unbedingt erwartet (nicht wegen der Qualität, aber der Angst vom Community-Durchschnitt). Warum das berechtigt ist, sieht man an "I Am Legend", dem faden Remake von "The Last Man...", das 13. Plätze besser ist. :/ Auch sonst, viele Filme aus der Liste finde ich eher mau (der 3. Teil ist bisher der Beste).
Auch wenn du das Original scheinbar nicht so prall findest, vollste Zustimmung Mr. Vega.
Schon wieder ein Remake, schon wieder dutzendfach gesehenes Touristen-in-der-Falle-Terror-Kino zwischen "Hostel" und "Turistas". Exotisch-reizvolle Kulisse mit gesellschaftlichen Freiraum und Urlaubsflirt-Reiz wird zur Todesfalle für unbedarfte US-Twens durch böse-barbarische Einheimische. Anfangs durchaus halbwegs solide aufgebaut in seiner Spannung, verliert sich "And Soon the Darkness" recht flott im Einheitsbrei, kann mit nichts mehr richtig hinter dem Ofen vorlocken, ein bis zur Geschmacksneutralität durchgekautes Genre-Bubblegum.
Das nette Setting verliert schnell seinen Reiz, die hübschen Protagonistinnen, in erster Linie Genrebeauty Amber Heard (auch Produzentin) sehen zwar durchgehend knackig aus, sonst geht hier relativ schnell jeder Biss verloren. Wo die Reise hingehen wird, ist so offensichtlich, Spannung entsteht bei "And Soon the Darkness", wenn überhaupt, durch einige, solide Momente, im großen und ganzen retten die aber auch nur das Mindeste.
An und für sich wird nichts neues oder hochspannendes geboten, die gewohnten Pfade werden brav und uninsperiert abgeklappert, selbst bei der kurzen Laufzeit und dem eigentlich dicht geschnürten Handlungskorsett wird schon mal die ein oder andere Schleifspur sichtbar. Die ein oder andere ist sogar höflich, denn wer hier vor Spannung Flecken ins Höschen macht, sollte mal einen Arzt konsultieren. Maximal durchschnittlich geht es hier zur Sache, es sieht alles etwas besser aus, als es letztendlich ist.
Alles in allem gibt es nur semi-bedrohliche, schick-aufgenommene Spannungssequenzen aus der Konserve, quasi Dosen-Ravioli mit frischen Basilikum. Perlen vor die Säue, schmeckt eher bescheiden. Wie Amber Heard allgemein. Schick, aber doof, satt wird davon keiner.
Die 80er, ein El Dorado für unsinnige und willkürliche Eindeutschung internationaler Titel, solange die Ausleihzahlen stimmen. "Eyes of a Stranger" wurde hierzulande auch als "Maniac 3" beworben, um auf den Erfolg von William Lustig's "Maniac" aufzuspringen. Thematisch mögen die Filme sicher Parallelen haben (sogar einige Szenen ähneln sich), trotzdem haben die Filme eigentlich nichts miteinander zu tun. Aus dem selben Grund gibt es 10 (!) "Karate Tiger". Also bitte nicht auf eine Fortsetzung hoffen.
Hat "Die Augen eines Fremden" auch gar nicht nötig. Für seine Möglichkeiten ein verdammt guter Thriller, der nur aufgrund einiger, recht zünftiger Momente wohl als Horrorfilm eingestuft wird und bis heute keine FSK-Freigabe hat. An und für sich eher ein typischer Thriller, der sich auch fleissig bei großen Vorbildern bedient, "Das Fenster zum Hof" lässt extrem grüßen. Dafür wird alles handwerklich einwandfrei vorgetragen und da ist es auch relativ egal, das einige Versatzstücke wohl bekannt sind. Das Rad lässt sich kaum mehrfach erfinden und oft genug wird damit Bockmist befördert. Ken Wiederhorn bewegt sich in einer durchgehend-bedrohlichen Atmosphäre, schafft einen gekonnten Spagat zwischen Suspense, Terror und expliziten Einlagen, wobei die die letzte Geige spielen. Im Vordergrund steht eindeutig die Spannung, zum Teil wunderbar umgesetzt. Kamera, Schnitt, Musik und Beleuchtung spielen auf extrem guten Niveau, das mag von so einer Produktion gar nicht erwartet werden.
Es ist dieses konstante Kribbeln, dieser niemals abbrechende Spannungsbogen, der "Die Augen eines Fremden" zu einer kleinen Perle der unbekannten 80er-Thriller werden lassen. Im Rahmen seiner Mittel macht dieser Film einfach nichts falsch, bewegt sich leichtfüssig auf dem schmalen Grat zu "kenn ich schon" und "toll gemacht". Hier werden ganz einfache, aber sehr substanzielle Mittel des Genres bedient, was heute selbst viele erfolgreiche Regisseure kaum noch beherrschen.
Kein Klassiker, aber ein definitv zu wenig geachtetes Stück Spannungskino, das sich den Zusatz "Maniac 3" nicht verdient hat. Im positiven Sinn, mehr als nur eine "Fortsetzung".
P.S.: Das Spielfim-Debüt von Jennifer Jason Leigh. Toller Start.
Zwei Jahre vor seinem großen Hollywood-Durchbruch drehte Paul Verhoeven bereits seinen ersten (co-produzierten) US-Kinofilm, das wenig zimperliche Mittelalterspektakel "Fleisch & Blut". Der Name ist hier Programm, könnte noch durch "Dreck & Gestank" ergänzt werden. Verhoevens Darstellung des blutjungen, sechzehnten Jahrhundert bietet davon reichlich, keine edelen Ritter mit schimmernder Rüstung oder verträumte Robin-Hood-Romantik. Schlamm, Wolkenbrüche, der Geruch von Tod und Pest in der Luft, Plünderung, Mord und Vergewaltigung, Verhoeven präsentiert eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte als einen dreckigen Moloch mit starken Kerlen und Frauen, die entweder ihre Weiblichkeit ablegen oder stehts zu Diensten sein müssen.
Die Inszenierung des Niederländers ist druckvoll und gemessen an den Mitteln, letztendlich ist das hier ein B-Movie der 80er Jahre, optisch und atmosphärisch erstaunlich gelungen. Die Sets und die Ausstattung wirken authentisch, wobei dazu zu sagen ist, dass es in "Fleisch & Blut" so gut wie keine aufwendigen Massenszenen oder epische Schlachten gibt, wie sie aus einigen anderen Historienfilmen bekannt sind (eigentlich trifft die Bezeichnung Historienfilm hier nur bedingt zu, dazu gleich). Es ist schon zu bemerken, dass sich nicht so viele Darsteller und Statisten am Set befunden haben können, das ist aber so gekonnt in Szene gesetzt, dass es an Dynamik und Action nicht mangelt. Die Darsteller, die dort waren, können zudem voll überzeugen. Ganz vorne, natürlich, Verhoevens Landsmann Rutger Hauer, wie immer mit enormer Präsenz und Ausstrahlung, aber gleich dahinter die zuckersüsse Jennifer Jason Leigh, die sich hier erstaunlich oft sehr freizügig zeigt.
Etwas zwiespältig und sicher reichlich Diskussionsstoff bietet die Darstellung von Leighs Figur Agnes. Aus Spoilergründen wird jetzt nicht viel näher darauf eingegangen, aber das könnte einigen Menschen, wahrscheinlich bevorzugt Damen, eher übel aufstoßen. Ähnliche Vorwürfe wurden ja auch Sam Peckinpah immer wieder gemacht (Stichwort "Straw Dogs"), und zuerst hinterlässt "Fleisch & Blut" einen vergleichbaren Eindruck. Allerdings mildern die weiteren Entwicklungen das Ganze etwas ab, dennoch vielleicht etwas gewagt. Grundsätzlich sollte aber jedem klar sein, "Fleisch & Blut" ist eher ein Action- und Abenteuerfilm, als ein historisch korrekter Streifen. Das hat schon B-Movie-Flair und dient rein der Unterhaltung. Vollkommen in Ordnung, wenn es denn funktioniert. Etwas kürzer hätte es vielleicht sein können, zwei Stunden ist für den Stoff leicht zuviel. Am Ende steht gute, recht deftige Unterhaltung, die einfach klasse umgesetzt ist.
Ein Film mit Robert De Niro und Edward Norton in den Hauptrollen, Ende der 90er wäre das eine Pflichtveranstaltung gewesen. Heute kommt so was nicht mal mehr in's Kino, was angesichts der Qualiät des Streifens nicht mal verwundert. Ohne seine, zumindest charismatischen, Darsteller wäre das hier wirklich gar nichts.
Nach einiger Zeit schon fast narkotisches Thriller-Drama, in dem unheimlich viel geredet, und trotzdem extrem wenig erzählt wird. Ein funktioneller Spannungsbogen existiert quasi nicht, der Film verliert sich in Belanglosigkeiten und überflüssigem Gewäsch. Gewürzt mit etwas esoterisch-religiösem Bim-Bam und einer uninteressanten, oberflächlichen Charakterstudie dröppelt "Stone" so vor sich hin, unentschlossen zwischen Thriller und Drama pendelnd, ohne auch nur eins davon zufriedenstellend zu erfüllen. Milla Jovovich darf sich zwischendurch mal nackig machen und mit einem scheinbar katatonischen De Niro den Beischlaf vollziehen, Erotik pur.
Am Ende war ich recht ratlos, was dieser Film denn nun sein wollte und was er mir eigentlich zu erzählen hatte. Es ist auf jeden Fall nicht angekommen.
Hochspannendes Genrekino, das die Sprache der subtilen Bedrohung ebenso fließend spricht wie die des puren Terrors. Regiewunderkind Michael A. Nickles, der Name sollte sich unbedingt gemerkt werden, spielt meisterhaft mit der Angst des Zuschauers, zieht die Spannungsschraube unerbittlich immer weiter an, zeigt handwerkliche Finesse und ein unglaubliches Gespür für Timing, dass er in seinen besten Momenten an John Carpenter, Dario Argento und, so ehrlich muss man sein, sogar Alfred Hitchcock erinnert, wenn sie nicht sogar übertrifft.
Das für Genreverhältnisse fast schon überqualifizierte Scipt ist ein narratives Kunstwerk, gelingt ihm doch eine hintersinnig-verschachtelte Schauerstück voller Referenzen, Methapern und sogar gesellschaftskritischen Subtext, für dessen Entschlüsselung es schon eines gewissen Intellekts bedarf. Ja, Michael A. Nickles steckt jeden Möchtgern-Meta-Wichtigtuer der letzten Jahre mit einer überragenden Souveränität in die Tasche, in dem er hinter seim nervenaufreibenden Nägelkauer fast eine Parabel über die fortschreitende Digitalisierung, Machtmissbrauch der Staatsgewalt sowie der sexuellen Unterdrückung der Frau erzählt.
Angeführt wird die hochtalentierte Garde charismatischer Jungdarsteller durch Mega-Star Christian Slater, ohne dessen Beteiligung das gesamte Werk kaum vorstellbar wäre. Seine Rolle ist so elementar wichtig und geschickt herausgearbeitet, dass er nur verhältnismässig wenig Screentime benötigt und trotzdem dauerpräsent wirkt. Parallelen zu Marlon Brando in "Apocalypse Now" sind nicht von der Hand zu weisen und sicherlich nur eine der vielen Querverweise, die die Genialität dieses Schockers nur noch beeindruckender macht.
Auch wenn die breite Masse mal wieder ein Meisterwerk verkannt hat, quasi das "Heaven's Gate" des letzten Jahres, wird sich der mutige Filmemacher Michael A. Nickles hoffentlich nicht beirren lassen. Ich warte sehnsüchtig auf eine Fortsetzung, eine Trilogie, ein 3D-Reboot, die Franchise-Übernahme von Disney, den 2 1/2 stündigen Director's Cut, der dann in Cannes gefeiert wird, all das wird kommen...denkt an meine Worte.
Zitat der New York Times: "Kang Je-gyu ist der Steven Spielberg Südostasiens."
Bitte nicht! Anfangs ist dieser Vergleich aber gar nicht so falsch. Ähnlich wie bei (dem wohl angespielten) "Der Soldat James Ryan" startet der Film in der Gegenwart und betreibt ordentlich Pathos-Kitsch. 15-20 Minuten sind etwas schwer erträglich, aber dann...
...bricht die Hölle los. "Brotherhood" ist einer der konsequentesten, gnadenlosesten Kriegsfilme, die jemals gedreht wurden. Der kitschige Pathos hat nur ganz kurz mal Spielraum, dann aber sogar angemessen, weil wichtig für die Handlung bzw. das Brüderverhältnis, um das sich alles dreht. Die Story ist fast eher Rahmenprogramm in einer unglaublich vorgetragenen Schilderung des Kriegswahnsinns. "Brotherhood" ist bildgewaltig, erschütternd und so perfekt inszeniert, wie wenige Genrevertreter. Allein die Arbeit von Kamera, Ton und Schnitt ist sensationell. Das dröhnt, fetzt und schmerzt, Dynamik pur. Die Laufzeit von 2 1/2 Stunden ist nicht von der Geschichte abhängig, sondern von der ausgiebigen Bebilderung der Szenen. Da wird nichts verschönigt, im Gegenteil. "Brotherhood" macht keine Gefangenen, hält voll drauf und es verwundert schon, das unsere spießigen FSK-Miesepeter den mit der blauen (!) Plakete durchwinken. Selbst ich Gewalt-wenn-nötig-Freund zuckt da mehr als einmal mit den Achseln, deftiger geht es kaum. Vor allem: Es ist ja niemals lustig, drollig, trashig, das ist das Grauen, unzensiert und ungefiltert. Da wird der Zuschauer mal ernst genommen, toll, warum nicht immer so?
"Brotherhood" hat so viel Druck, so viel inszenatorisches Können, das kleine Hänger absolut keine Geige spielen. Der etwas übertriebene Pathos-Teil der ersten Minuten wäre schon vergessen, wenn ich nicht so ein Elefantengedächtniss hätte. Ab dann knüppelt "Brotherhood" so wuchtig seinen Weg, aber niemals als Eye-Catcher, sondern als reine Darstellung eines irrsinnigen Bürgerkriegs, der bis heute existiert. Unglaublich gut in Szenen gesetztes, schonungslos-brutales Asia-Kino, das die Kitsch-Pflaume von Spielberg ganz locker in die Tasche steckt. Allein deshalb ist das Eingangszitat kein Kompliment.
Das Solo-Comeback von Action-Arnie, gleichzeitig das US-Debüt vom koreanischen Spitzenregisseur Kim Jee-woon ist für beide nicht gerade ein Glanzpunkt in ihren Karrieren. Für den Regisseur ist es schlicht eine Auftragsarbeit, um sich auch mal in Hollywood vorzustellen. Dabei lässt er es durchaus krachen, speziell im Western-Showdown fliegt ordentlich viel Blei durch den Blutnebel, diese ausgiebige Sequenz ist mit weitem Abstand das Highlight eines sonst ziemlich einfallslosen Standardwerks. Reaktionär und plump wie in den guten, alten 80ern, was heute leider eher wie der Versuch wirkt, an die Erfolge vergangener Tage anzuknüpfen. Jetzt bei so einem Film die Unglaubwürdigkeit zu kritisieren, ist sicherlich fehl am Platz, dennoch will ich wenigstens erwähnt haben, wie unsinnig es erscheint, dass das schwerbewaffnete super-duper FBI nichts auf die Kette bekommt, während ein rüstiger Rentner und seine zusammengewürfelte Laien-Truppe eine ganze Armee niedermachen. Da prallen so extreme Gegensätze aufeinander, too much.
Zudem, es tut mir leid, Arnie sollte sich wirklich nicht mehr auf solche Filme einlassen. Er sieht tatsächlich keinen Tag jünger aus als er ist und hält sich, altergemäss, lange aus der Action raus. Wenn er dann zum Ende endlich selbst ballern, rennen (nennen wir es mal so) und prügeln darf, wirkt es eher albern. Natürlich wird auf sein Alter hier und da angespielt, aber mal ehrlich, da hatte man wohl kaum eine Wahl, viel zu offensichtlich hat er seine besten Jahre hinter sich.
Für einen total anspruchslosen DVD-Nachmittag geht das mal in Ordnung, wenn man nicht zu sehr auf den Arnie hofft, der er einfach nicht mehr sein kann und einen Kim Jee-woon Film, der kaum einer ist.
2012, ein eher schwaches Kinojahr. Da gab es etliche, angebliche, Highlights, nur wenige konnten zünden. "Zero Dark Thirty" von DER Regisseurin im Blockbusterkino der USA, Kathryn Bigelow, war nicht allein wegen der Thematik ein ganz heises Eisen im Oscar-Kamin dieses Jahres, hat sogar einiges gewonnen, aber letztendlich ist das nur weißer Rauch.
Staubtrocken hangelt sich Bigelow an (natürlich) sicheren Fakten entlang, tangiert die islamische Seite so kaum wie bis gar nicht, hängt sich in einer statisch-unreflektierten US-Sicht der Geschehnisse fast selbst auf. Unglaublich, denn die Dame konnte Genrekino ("Near Dark", "Blue Steel", Strange Days"), aber auch kritisches Spannungskino ("The Hurt Locker"). Gerade an diesem Werk muss sie sich messen lassen. Mehr als lauwarme Luft ist "Zero Dark Thirty" nicht.
Der Film bezieht seinen Reiz eigentlich nur aus seiner Thematik. Osama Bin Laden, der schlimmste Mensch aller Zeiten, nur noch getoppt vom Grinch, wird endgültig zur Strecke gebracht. Fragen, wie oder warum denn der bärtige Erdloch-Onkel zur Manifestation des puren Bösens wurde, wird genau so oberflächlich behandelt wie der ganze Film.
Das ist ja das Problem: Bigelow droht nie direkt Stellung zu beziehen, will dies offensichtlich zu Beginn nicht, zeigt aber durchaus US-Folterszenarien, aber der Zweck heiligt nun mal die Mittel. Die Kritik an der Spurensuche verschwindet blitzschnell, ab dann scheint alles korrekt, weil gegen uns und so...
"Zero Dark Thirty" will unglaublich kritisch und faktengetreu sein, ist aber letztendlich nur ein pseudo-dokumentarischer, eindimensionaler Minensucher, der mal antestet, wie weit das Publikum der USA bereit ist, sich seiner jüngsten Vergangenheit zu stellen.
Top inszeniert, keine Frage, aber so luftleer und trotzdem hochgejubelt, da gönne ich dem (ebenfalls) überschätzen "Argo" den Oscar. Leider... :(
Sage und schreibe 27 Jahre brauchte Dario Argento, um endlich seine Mütter-Trilogie fertigzustellen. Was 1977 mit "Suspiria" genial begann und 1980 mit "Inferno" immerhin noch stilsicher und faszinierend fortgeführt wurde, endet in einem Desaster. Das Seniore Argento schon lange vorher sein Mojo scheinbar restlos aufgebraucht hatte, war ja kein Geheimnis, doch das ausgerechnet dieser, so lange erwartete, Abschluss nun die traurige Realität eindrucksvoll untermauert, schmerzt schon erheblich.
Was ist da bloß passiert? Aus einem inszenatorischen Genie, der mit seinen abstrakten, expressionistischen Stilmitteln selbst das dümmste Script noch in Gold verwandeln konnte, ist ein blutleerer, altersschwacher, kreativ-impotenter Schauer-Onkel geworden. Von seiner außergewöhnlichen, meisterhaften Bildsprache, seinem Gespür für surreale Spannung und Atmosphäre, seinem Spiel mit der Angst vor dem Unerklärlichen und Unbekannten, ist nichts mehr übrig geblieben. Wer auf ein optisch-akustisches Vier-Gänge-Menü hofft, wird sang- und klanglos verhungern. Statt sich auf seine Klasse vergangener Tage zu berufen, kurbelt Argento ein völlig lieb- und planloses Okkultismus-Theater runter, wie es auch von Kalle-Arsch-XY hätte kommen können. Es wirkt bald so, als hätte Argento diesen Film einfach machen müssen, ohne dafür wirklich die Muse zu haben. Ist ja sogar möglich, warum hat es denn wohl sonst fast drei Jahrzehnte gedauert?
Die Vorgänger, wie eigentlich alle guten Argentos, bezogen ihren Reiz durch die bizarre Stimmung, die kaum greifbare Bedrohung, die beinharte Atmosphäre und die unglaublich ausgeklügelten Mordsequenzen, hier gibt es nichts davon. Ohne seinen Bezug zu der Mütter-Trilogie wäre der Ramsch wohl niemals auf den Markt gekommen. Die Geschichte, an und für sich, bleibt das einzig Positive, denn nach wie vor besteht das Interesse, am Finale der teuflischen Schwestern beizuwohnen. Im Gegensatz zu den Vorgängern verläuft hier aber alles glatt nach Schema F, viel wird erklärt und nochmal aufgedröselt, wohl um Einsteiger bei der Stange zu halten, nur jegliche Surrealität geht total flöten. Selbst dann noch interessante Momente, wie z.B. die Welle der Gewalt, die Rom überrollt, wird nicht mal anständig umgesetzt. Anstatt Spannung und Stimmung zieht Argento den letzten Joker: Gore.
Ja, blutig und explizit ist "The Mother of Tears", aber so gequält, da ja sonst nichts vorhanden ist. Argento splattert rum wie selten zuvor, ein Rettungsring der Einfallslosigkeit. Sonst gibt es gepflegte Langeweile, schlimme Darsteller (uns Udo Kier geht immer, aber die kleine Argento ist wohl auch nur wegen Papa an Bord), billig-peinliche CGI-Effekte (allein das in so einem Film) und Titten. Richtig, Brüste, weiblich. Gerne und auch vollkommen unpassend durch's Bild baumelnd, irgendwas muss ja Spaß machen. Nicht nur dadurch wird "The Mother of Tears" oft unfreiwillig komisch. Da reicht es schon voll und ganz, auf das Finale zu verweisen. Gab es bei "Suspiria" und "Inferno" noch den Showdown mit der bitter-bösen Mutter, wirkt sie hier wie ein überschminktes Go-Go-Girl aus dem Sport1 Nachtprogramm. Überhaupt sehen alle Satansjünger aus wie Karikaturen eines Gothic-Konzerts und ziehen dementsprechend Grimassen. Richtig armeselig wird es, wenn Argento scheinbar kurz eingefallen ist, was seine Filme mal ausgemacht haben. Dann wird minimal mit der Beleuchtung gespielt und eine kleine Kamerafahrt eingebaut, dürfte in der Form jeder gelernte Regisseur beherrschen. Das sieht aus, als wenn ein Argento-Fan-Boy dem Meister eine Referenz erweisen wollte, dann wäre es ja ganz nett. So die Überreste einer Ikone.
Warum noch drei Punkte? Nun, wenn das ein eigenständiger Film von einem 08/15-Hansel für wenig Kohle gewesen wäre, na ja. Gemessen an dem, was Argento mal konnte und was dieser Film eigentlich sein sollte, eine Schande. Da sind 3 Punkte eine Art Konsensentscheidung.
"Confession of Murder" bringt eingentlich alles mit, um als weiteres Highlight des koreanischen Thrillerkinos funktionieren zu können. Die Story klingt äußerst interessant und verspricht neben einem clever-perfiden Katz-und-Maus-Spiel provokante Seitenhiebe auf das Rechts- und Mediensystem. Das aus Korea allgemein gute Handwerkskost kommt, versteht sich da eigentlich von selbst. Fängt auch dementsprechend an, die ersten Minuten können sich wahrlich sehen lassen, um so erstaunlicher ist es, wie sehr sich Regisseur und Autor Jeong Byeong-gil ab dann verzettelt.
Der temporeiche, düster verregnete Auftakt hält eine dynamisch inszenierte Hetzjagd bereit, bietet eigentlich die perfekte Grundlage für einen kompromisslosen Rachethriller made in Asia. Nach nicht mal einer halben Stunde ist dieser Flair leider fast schon vergessen. Unerklärlicherweise verliert sich der Streifen immer wieder in peinlich-unpassenden Albernheiten, die eher in ein Buddy-Movie passen würden. Die eigentlich einfach umzusetzende Medienschelte verkommt zur total überspitzten Zirkusnummer, die so schlicht nicht ernstzunehmen ist. Fast die gesamte Grundstimmung geht baden, düster oder bedrohlich erscheint "Confession of Murder" schon lange nicht mehr. Dazwischen gibt es übertrieben-bekloppte Actioneinlagen, die sich eher in der Fast-and-Furious-Reihe erwarten liessen, was das hier soll, ein Rätsel, dazu einige eher mäßige CGI-Effekte, die es so auch nicht gebraucht hätte. Diese unbeholfene Mischung aus Thriller, Satire, Humor und Unsinns-Action wirkt niemals homogen. Es wird einfach wahllos zusammengeschmissen und kräftig umgerührt, wird schon schmecken. Aber ich mach mir ja auch kein Nutella auf's Mettbrötchen, das muss schon zusammenpassen.
Das Problem des Films: Er behält einfach keine klare Linie ein, springt von seiner Stimmung hin und her, versucht scheinbar möglichst viele Geschmäcker irgendwie zu bedienen, dabei aber nichts richtig. In der zweiten Hälfte wird dann fleißig getwistet, wodurch der Film Stück für Stück mehr Glaubwürdigkeit verliert, das letztendliche Resultat ist recht hanebüchener Quatsch. Da soll es dann auch plötzlich wieder ernst, hart und mitreissend sein, der Zug ist inzwischen leider völlig abgefahren. Das Ganze ist so haarstreubend konstruiert, dass es schon viel guten Willens bedarf, sich darauf noch einlassen zu können. Den konnte ich kaum noch aufbringen. Schade, denn die Darsteller sind gar nicht schlecht, die Grundprämisse stimmt und hat irre viel Potenzial und es gibt immer wieder vereinzelte Momente, die durchaus gut umgesetzt sind. Nur das Paket stimmt nicht und das in einem solchen Ausmaß, dass das Filmvergnügen darunter massiv leidet. So bleibt am Ende fast schon etwas Ärger, warum diese Steilvorlage nicht entsprechend verwertet wurde.