JackoXL - Kommentare
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Alle Kommentare von JackoXL
Ich muß den auch endlich sehen. Allein dieser Cast...
Well done Sammy. :)
Es ist selten, aber es geht ja scheinbar. Das seit den 80ern nur noch spärlich belebte und irgendwann ausgestorbene Genre des Giallo kann wiederbelebt werden, wenn die entsprechenden Hebel gezogen werden. Regisseur Eros Puglielli beschreitet den genau richtigen Weg: Er greift auf die gängigen Methoden, böse Zungen mögen es Klischees nennen, der alten Schule zurück, lässt seinen Film gleichzeitig aber nicht bemüht retro wirken. Die Mischung funktioniert ausgezeichnet, da hier das Alter und die Moderne wunderbar zusammengefügt wird.
Die Story beinhaltet und folgt den Regeln des Genres, nutzt nicht nur gering klassische Motive, im Prinzip hätte der Film so auch in den 70ern gedreht werden können. Ein Killer mit traumatischer Kindheit, eine Puppe als Dreh- und Angelpunkt, das gab es damals schon. Das riecht aber nicht nach Plagiat oder Einfallslosigkeit, das darf als Hommage und Referenz an die prägenden Werke dieses vergilbten Genres verstanden werden. Interessant wird es dadurch, dass sich nicht verzweifelt an den Anspruch geklammert wird, einen Film zu drehen, der wie damals aussieht. Und doch wirkt vieles sehr vertraut, daran lässt sich erkennen, dass Puglielli nicht nur einen Giallo drehen wollte, sondern sie auch kennt und schätzt. Er transferiert einfach nur die gängigen Stilmittel in die Neuzeit und würzt, aber überwürzt sie nicht, mit den (damals) modernen Mitteln.
"Eyes of Crystal" fühlt sich jederzeit wie ein typischer Genrebeitrag an, bedient aber gleichzeitig den Geschmack des jüngeren Publikums, einen verschachtelten Serienkillerfilm zu sehen. Da überhebt sich Puglielli etwas, denn was hier an Figuren und Handlungssträngen zunächst auf den Zuschauer einprasselt, erfordert Aufmerksamkeit. Das ist auch der einzige, größere Kritikpunkt, auch wenn der ausgedehnte Personenkreis irgendwann sogar (halbwegs) sinnvoll zu einem großen Ganzen verschmilzt. Letztendlich hat fast jede Figur und jede Idee seinen Platz in der Geschichte, nur wird es nicht unbedingt optimal erzählt. "Eyes of Crystal" hat erzählerische Lücken (was bei einem Giallo aber keinen Beinbruch darstellt), fokusiert sich manchmal nur etwas zu sehr auf den Versuch, das alles sinnvoll und geschickt zu verkaufen. Das hat der gar nicht nötig, denn allein auf die genretypischen Stärken gerichtet, ist das schon großartig.
Atmosphärisch kann das Werk von Beginn an fesseln. Die Bilder, Einstellungen und visuellen Ideen funktionieren prächtig, gerade da ist das Verständnis für die Kunst dieser Filmgattung ersichtlich. Die Musik ist ein reiner Ohrwurm und unterstreicht jeden Moment perfekt. Der Härtegrad (in der Uncutfassung) ist deftig, aber der Handlung eben auch angemessen. So sehr die Geschichte manchmal hinken mag und einige falsche Fährten von vornherein klare Seifenblasen sind, die Spannung bricht niemals ab. Das reißt diesen Film so weit über den Durchschnitt oder gar einen netten Versuch, denn tatsächlich ist "Eyes of Crystal" so gut, dass es traurig stimmt, wie sich Genregrößen wie Dario Argento mit Gurken wie "Giallo" selbst ins Knie geschossen haben.
Für Fans der gelben Killerfilme eines der selten gewordenen Highlights, und selbst für alle neutralen Filmfreunde eine Empfehlung, denn hier wird extrem viel richtig gemacht. Eine Hommage mit genug Eigenständigkeit, etwas verquasteter, aber immer spannenden Geschichte und handwerklich verdammt sauber umgesetzt.
Eins vorweg: Der Titel "Dracula und seine Bräute" (The Brides of Dracula, also keine Übersetzungsschwäche), ist eher Etikettenschwindel. Dracula ist tot, das wird sogar zu Beginn erwähnt, und seine Bräute, na ja, also ein Harem sieht anders aus. "Der Vampir, seine Braut und die Anderen", das könnte man gelten lassen. Anyway, wollte ich nur mal los werden...
Terence Fisher gilt als einer der besten Regisseure der alten Hammer-Studios, warum, gibt es hier zu sehen. Die Inszenierung des angeblichen Dracula und seiner nicht so zahlreichen Bräute ist hervorragend. Sein Film versprüht von der ersten Sekunde den unnachahmbaren Flair der altehrwürdigen Schmiede und lässt formal keine Wünsche offen. Am Anfang rattert die Kutsche durch eine gespenstische Gegend, da gibt es die Schänke mit den verängstigten Besuchern, eine unschuldige Maid, die naiv ins Verderben rennt, schlechtes Wetter und ein altes Schloß. Das alles fängt Fisher toll und enorm stimmungsvoll ein. Bilder (in traumhaften Technicolor, was manchmal eher ein Albtraum ist), Musik (auch wenn die bei Hammer immer "erstaunlich" ähnlich klingt, aber das gehört halt dazu) und die wunderbare Ausstattung machen einiges her. Die Geschichte ist reizvoll, gerade weil eben NICHT schon wieder Dracula das große Knabbern startet, da steckt riesiges Potenzial hinter, dass leider nicht voll ausgereizt wird.
So schön das Gesamtwerk anzuschauen ist und niemals auch nur einen Hauch Stimmung verliert, die Story kommt niemals über ganz nett hinaus, da wird einfach ein gutes Stück liegen gelassen. Keine untypische Hammer-Krankheit, nur hier schmerzt es unübersichtlich, denn der Rest ist einfach klasse. Rein Peter Cushing und der wunderbaren Atmosphäre könnte ich tagelang zusehen, nur auf den beschaulichen 83 Minuten passiert effektiv etwas wenig und ist selten der Inszenierung ebenbürtig.
Das ist leider kaum zu leugnen, aber ansehen sollte sich den jeder Freund des klassischen Horrorfilms, dafür ist der einfach zu wunderbar gemacht. Ein Fest der Inszenierung, nur etwas mau im Gesamtbild.
Sei es drum, wer Hammer mag wird seine Freude haben, nur ist er leider nicht so gut, wie er aussieht.
Unheimlich gewifter wie bissiger Spaß aus den sonst so spießigen 50ern, zumindest auf den
Humor bezogen. "The Ladykillers" ist nicht nur handwerklich fantastisch umgesetzt, sondern entfernt sich von seiner Idee und Handlung weit von dem sonstigen "Hoppla, lustig" Humor seiner Zeit.
Besonders zum Ende spitzt sich der rabenschwarze Humor enorm zu, dass angeblich streichwütige Quintett zieht Streichhölzer und dezimiert sich rapide. Das ist lediglich der Höhepunkt, denn schon bis dahin ist hier viel Witz, Situationskomik und sogar Zynismus zuhause. Alec Guinness führt die windige Pseudo-Band grandios an, so wunderbar zwielichtig, hinterfotzig und dabei oberflächlich so charmant und eloquent, ihm zuzusehen ist die reinste Freude. Der restliche Cast steht ihm eigentlich nur in der Priorität hinten an, jeder Figur ist herrlich geschrieben und wird dementsprechend verkörpert. Der (nicht mal) heimliche Star ist natürlich Katie Johnson in der Rolle der verschrobenen, herzensgut-naiven, leicht buckligen Omi.
"The Ladykillers" beginnt schon wahnsinnig gut und steigert sich immer mehr. Das Finale, das in einer einzigen Selbstzerfleischung der hinterlistigen Schurken mündet, ist böser Humor vom aller feinsten.
Kaum zu glauben, aber "The Ladykillers" ist nicht nur ein großartiger Film, sondern der wohl einzige Beweiß, dass selbst die Coens etwas nicht übertreffen können. Ihr Remake von 2004 ist, auch losgelöst von diesem Streifen, ihr schwächstes Werk, im direkten Vergleich noch viel unnötiger.
Selbst wer mit den typischem Humor der 50er nicht viel anfangen kann, "The Ladykillers" macht unendlich viel Laune, garantiert.
Mindestens so liebevoll wie angestaubtes Stop-Motion Spektakel, zwischen Trash und echter Kunst. Unglaublich aufwendig, temporeich und kurzweilig, aber gewisse Albernheiten sind (unabhängig vom technischen Fortschritt) nicht zu verleugnen. Da gibt es (unterforderte) Stars wie Laurence Olivier und Maggie Smith, leicht angelederte Schaufensterpuppen wie Ursula Andress und Hauptdarsteller Harry Hamlin, der außer buschigem Haupthaar und straffer Brustmuskeln nicht viel zu bieten hat. Leicht dümmliche Dialoge und ulkige Eulen werden durch unendlich viel Charme und Detailverliebtheit aufgehoben. Der feuchte Traum meiner Kindheit, große Monster und bewegliche Knete, schön eingefangen und immer noch unterhaltsam. Ray Haryhausen, ein Held des Kinos.
- "Kinder, kennt ihr noch Brian De Palma?"
- "Hä?"
- "Brian De Palma, schon mal gehört?"
- "DSDS?"
- "Nein, dass war mal ein hervorragender Regisseur!"
- "Wie Michael Bay oder Todd Phillips?"
- "Geht spielen..." [...]
[...] Der gesamte Film würde wohl kaum so beeindrucken, wenn nicht De Palma am Hebel sitzen würde. Seine Referenzen an die großen der Regiekunst (in erster Linie natürlich Hitchcock) sind auch hier unverkennbar. Wie er die Kamera einsetzt, Einstellungen und Fahrten inszeniert und wirken lässt, ist meisterhaft. Das ist noch Kino, welches in allen Belangen überzeugt, nicht nur durch einige Schwerpunkte, dafür andere links liegen lässt.
Der wohl bemerkenswerteste Moment ist die berühmte Bahnhofsszene, die kaum besser machbar gewesen wäre. Allein für diese Minuten möge De Palma seinen Platz im Regiehimmel sicher haben. Jede Sekunde ist cineastisches Gold, alles ist so perfekt abgestimmt und gefilmt, ein Showdown wie aus dem Bilderbuch. [...]
"Bis das Blut gefriert" von Robert Wise gilt als einer der größten Klassiker des Haunted-House Genres und kann heute noch ungemein gefangen nehmen, trotz einer, nicht zu leugnenden, altersbedingten Antiquiertheit. Nicht zu Letzt darauf zurück zuführen, dass bis heute dieses Genre immer wieder befeuert wird, jedoch nur selten auf eigene Ideen zurückgreift. Gewisse Abnutzungserscheinungen sind somit nicht diesem Werk, sondern dessen Plagiaten zuzuschreiben.
Definitve Kritikpunkte lassen sich eigentllich nur zwei entdecken. Hauptdarstellerin Julie Harris erfüllt ihren Part zwar insgesamt ansprechend und stellenweise sogar großartig, nur ist ihr (rollenbedingtes) hysterisches Spiel nicht immer einfach. Die Tolleranzschwelle wird ab und an leicht überstrapaziert, was sicherlich aber auch nicht so einfach ausbalancierbar ist. Der Punkt ist eher bemühte Fehlersuche, dennoch nicht von der Hand zu weisen.
Punkt zwei ist die manchmal extreme Geschwätzigkeit der Herren und Damen. Die haben zwar immer irgendwas (halbwegs) relevantes zu erzählen, nur bremst das unterm Strich schon gewaltig aus. Die Laufzeit des Films hätte merklich gestrafft werden können, ohne ihm zu schaden bzw. ihn sogar zu perfektionieren. Nicht nur (aber besonders) für heutige Sehgewohnheiten.
Nun aber zur verdienten Bauchpinselei: Regisseur Robert Wise, Drehbuchautor Nelson Gidding (mit besagten Abstrichen) und vor allem Kameramann Davis Boulton verstehen ihr Handwerk unbestreitbar. Besonders letzterer trägt einen großen Anteil an der zeitlosen Wirkung von "Bis das Blut gefriert". Die unheimlichen schwarz/weiß Bilder (in Farbe wäre dieser Film nicht vorstellbar) werden so perfekt eingefangen, die Einstellungen und Fahrten sind sensationell, was sich speziell im (ausgedehnten) Finale äußert, das gleich noch sein Extralob bekommt. Kaum auszumalen, was dieser Film verlieren könnte, wenn das nicht so sitzen würde. Das schauerliche Set der fast labyrinthartigen Villa ist nicht nur Kulisse, sondern Hauptdarsteller. Allein die Wendeltreppe müsste im Cast gelistet sein.
Was "Bis das Blut gefriert" von Anfang an und besonders in seinen etwas dehnenden Passagen auszeichnet, ist sein ironischer Ton. Witz und Grusel sind schwer kombinierbar und gehen hier auch nicht Hand in Hand, aber gerade dieser beiläufig eingestreute Sarkasmus funktioniert wunderbar. In gewissen Momenten fährt sogar ein Grinsen über das Gesicht, wie zynisch manche Situationen kommentiert werden (siehe die Anfangssequenz). Eine Randnotiz, denn es nimmt nicht viel Raum ein, generell überzeugt das Skript aber durch seine ausgefeilten Dialoge, die nur eben etwas zu ausführlich sind.
Das wohl Interessanteste an diesem Werk ist seine Subtilität, seine eigentlich spärlich eingestreuten (offensichtlichen) Gruselmomente, denn entscheidend ist die Herangehensweise. Protagonistin Eleanor teilt mit dem Zuschauer durchgehend ihre Gedanken, was nicht nur für ihre sinnvolle, tiefere Charakterisierung sorgt, sondern essentiell für das eigentliche Grauen ist. Ohne diesen Einblick könnte gar nicht der Horror entstehen, der sich oft nur in ihrem Kopf abspielt bzw. könnte nicht so auf den Zuschauer wirken, wenn er denn zu sehen ist. Dieser Kniff hebt den Film weit über den Durchschnitt des Genres und erlaubt es Robert Wise relativ selten das Übernatürliche spucken zu lassen. Aber wenn, dann richtig. Sobald der Schrecken nicht nur den Gedanken entspringt, sondern für jeden greifbar wird, ist "Bis das Blut gefriert" so unglaublich kraft- und druckvoll inszeniert, dass wirklich kurz Eiswürfel durch die Adern laufen. Da wird auf ganz einfache, heute kaum noch so bewusste, Stilmittel zurückgegriffen, dafür perfekt in Szene gesetzt. Die dann enstehende Wucht ist sagenhaft.
Auch wenn der Streifen sich öfter etwas zieht, allein die letzten Minuten (ca. 25) sind famos. Da verbinden sich alle gelobten Elemente zu einem Theater der Angst, jede vorher ausgespielte Karte zählt nun doppelt, "Bis das Blut gefriert" ist nun so unglaublich mitreissend, dass jede Schwäche vollkommen belanglos ist. Insgesamt muss der Film für seinen Mut gelobt werden, sich so lange und ausführlich mit Details zu beschäftigen, nur um deren Zusammenspiel am Ende so zu vereinen.
Ein sicher etwas angestaubter, dennoch insgesamt unglaublich guter Gruselfilm mit leichten Schwächen, aber bis heute kaum übertroffenen Stärken, bei dem es wundert, dass er ja eigentlich schon ein Remake bekommen hat ("Das Geisterschloss", 1999), dieses aber kaum in Verbindung mit ihm zu bringen ist. Spricht für diesen und gegen den Effektblender von Jan de Bont, der selbst jetzt schon keine Sau mehr interessiert.
Who is the man that brings funk to the vatican?
SHAFT!
Ya damn right!
Leider nicht passiert, aber wenn es den ersten farbigen Papst gegeben hätte, dann wäre John Shaft die richtige Wahl gewesen (natürlich der Roundtree-Shaft).
Da würden endlich die Probleme bei den Eiern gepackt. Kondome für die dritte Welt, denn Nächstenliebe wäre ab sofort wieder groß geschrieben. Rassistische Schmähgesänge in italienischen Fußballstadien gehörten der Vergangenheit an, denn wenn sie nicht aus Respekt die Schnauze halten, regelt der heilige Brother das selbst. Right on!
Die schweizer Garde könnte auch die Koffer packen und die albernen Kostüme gleich mitnehmen, Pope Shaft bringt seine Chicks mit, die brauchen nicht so viel Stoff. Das Papamobil bekäme geile Felgen und eine neue Afro-Kuppel, auf dem Weltkirchentag würde Isaac Hayes durch die Boxen schallen statt "Kumbaya my lord" und die Frauenquote in wichtigen "Stellungen" der katholischen Kirche hätte ihren Höhepunkt erreicht.
Auch wenn er nicht mehr der Jüngste ist, Pope Shaft würde den Staub aus den Amtsstuben und Bettlaken des Vatikans blasen (lassen).
In dem Sinne: Bis zum nächsten Mal, then we can dig it!
Das Regiedebüt von Hip-Hop Star RZA versteht sich als Hommage an die Eastern der 70er, vermengt diese mit Anleihen an den Western und zur Bindung gibt es reichlich Blut, Trash, Videoclipästhetik und den wohl unvermeidlichen, wenn auch nicht dominierenden, Rap-Soundtrack. Alles scharf und schnell im Wok angebraten ist stellenweise durchaus knackig und unverkennbar mit Liebe eines Fanboys gemacht, dabei mehr als einmal wie Tofu ohne Würze und im Endeffekt wie ein unbekanntes Gericht aus dem Chinarestaurant, was sich in die Kategorie nicht uninteressant, aber bestelle ich nicht nochmal einordnen lässt.
Optisch durchaus hüpsch, nicht ohne jeden Witz und Ironie angerichtet, mag "The Man with the Iron Fists" häppchenweise munden, vorrausgesetzt die mit herzblut inszenierten Sauerein verderben nicht den Appetit. In der All-you-can-eat Version, in Deutschland nur auf Blu-ray veröffentlicht, wird sehr grob geschnitten, gehackt, zerstückelt und gehobelt, eher englisch als well done. Die vereinzelten Einfälle des Chefkochs, der nicht nur am Herd steht, sondern auch die Rezeptidee lieferte, sie zusammen mit Beikoch Eli Roth und mit dem Segen von Sternekoch Quentin Tarantino niederschrieb, sind charmant und er überrascht sogar in der ansprechenden Präsentation, doch versteht er sich weniger auf die geschmackliche Gesamtharmonie eines wohlschmeckenden Mahls. Nett auf der Zunge, zwiespältig tangiert es den Gaumen, fade im Abgang.
Alle schönen Vorsätze und optischen Spielereien verlieren sich in den zahlreichen Zutaten, der oft amateurhaften Folge der Gänge und nicht zuletzt an der Tatsache, dass es zwar nach asiatischer Kost aussieht, aber unverkennbar aus dem American Diner kommt.
Um jetzt mal Tacheles zu reden: RZA weiß, welche Bilder er will, kann überhaupt keine Geschichte erzählen, spielt selbst so furchtbar, dass es schon fast wieder lustig ist, haut ordentlich auf die Kacke, aber mehr ist das nicht. Russell Crowe hat wohl in letzter Zeit oft genascht und sieht dementsprechend aus, hat aber sichtlich Spaß an seiner Rolle und dem ganzen Unfug. Der Misch-Masch-Stil und die Idee ist gar nicht mal schlecht, die Story und Erzählweise nah am Totalschaden, da reicht es halt nicht, Vorbilder zu kopieren und sich daran zu erfreuen. Viel gewollt, immerhin etwas gekonnt.
Wer gar keine Ansprüche stellt, alles nicht so eng sieht, an Trash Spaß hat und auch mal dann lacht, wenn das nicht unbedingt das Ziel war, geht schon irgendwie. Um nochmal die Brücke zum Anfang zu schlagen: Die Empfehlung zu RZAs Chop-Suey mit Barbecuesoße sollte gefolgt sein von: "Wenn du dich traust..."
[...] Das wirklich verheerende an diesem Film ist das, was er vermittelt. Überwiegend hässliche, sardistische Juden sorgen für den qualvollen Tod des Sohn Gottes. Hätte Gibson nicht später noch seine (zugegeben, wohl im betrunkenen Zustand getätigt, aber es ist ja bekannt, was von Betrunkenen und Kindern gesagt wird) furchtbaren Äußerungen von sich gegeben, hätte das wohl als unbedachter Fauxpas durchgehen können, so schon mehr als bedenklich. Der Streifen gießt Öl in eine uraltes Feuer und ist Wasser auf die Mühlen sämtlicher fanatischer Extremisten.
Fürchterlicher Film, inhaltlich wie von seinem Subtext.
Ein Vorgänger muss getoppt werden, kein Problem. Die Story von "Das Vermächtnis des geheimen Buches" ist sogar noch dämlicher, Mission geglückt. Natürlich steht hier rein eine endlose Schnitzeljagd im Vordergrund, aber was da für eine bedepperte Rahmenhandlung zugedichtet wurde (wahrscheinlich erst, nachdem der Rest vom Skript stand) ist schon bemerkenswert. Eine wenig Verständnis oder nur einen Hauch Plausibilität wäre ganz nett, aber was solls. Es geht ja schließlich um eine goldene Stadt, die mitten in den USA versteckt ist und jetzt mal schnell gefunden werden muss, sonst mögen alle den toten Opa nicht mehr. Also mal Backen zusammenkneifen, sich ein wenig Mühe geben, dann ist das ja ganz easy. Auch wenn dafür ein altes Indianerbrettchen im Schreibtisch des US-Präsidenten gefunden werden oder der ganz nebenbei auf seiner Geburtstagsparty entführt werden muss. No problem für Suppenkasper Nicolas Cage und die Heidkrüger, das Duo des Grauens. Ed Harris, Harvey Keitel, Jon Voight und Helen Mirren werden ganz schamlos für dämliche Nebenrollen verheizt, wärend die beiden Gruselmimen ihr ganzes Können ausspielen: Grimassieren, schreien, mit dem Popo wackeln und immer irgendwelche versteckten Hebel finden, die seit 200 Jahren niemand entdeckt hat. Bravo. Dazu episch-pathetische Rattatam-Blockbuster Musik und Humor aus der Mottenkiste. Tolle Nummer, fast so geil wie der deutsche Titel. Ein drittel Teil würde mich nicht wundern, vielleicht finden sie das nächste Mal einen noch unbekannten Planeten in einem Waschsalon in New Jersey, ist bestimmt irgendwo ein Hebel.
Am Anfang stellt sich die Ahnung ein, "Bad Boy Bubby" dürfte ziemlich deftiger Stoff werden, so befremdlich und abstoßend erscheinen die ersten Minuten. Eine widerliche Siffbude, ein inzestuöses Mutter-Sohn-Verhältnis und ein verstörter Kaspar Hauser Verschnitt, vollkommen unter Verschluss gehalten seit 35 Jahren. Das ist so skurril wie traurig, fast schon ekelhaft. Die folgenden 110 Minuten scheinen ein bizarres Kamerspiel zu werden, doch der Schein trügt.
Sobald Bubby zum ersten Mal die heimischen vier Wände verlässt, ensteht eine ziemlich schrullige Tragikomödie, die zwar lange ihren ernsten Unterton beibehält, dabei aber so verrückte und teils verdammt komische Szenen auffährt, dass sich ein Grinsen nicht verkneifen lässt. Seine Odyssey führt Bubby durch den ganz normalen Alltag, was für ihn wie ein fremder Planet ist. Er schleppt eine Dame der Heilsarmee ab, raubt eine Tankstelle aus, landet im Knast, in einem Behindertenwohnheim und wird Sänger einer Rockband. Das Ganze hat so einen leichten Forrest Gump Flair, dabei (glücklicherweise) über lange Zeit keinen rührseligen Kitsch oder klebrigen Zuckerguß. Das Szenario ist natürlich stellenweise recht heftig überzogen, nur bei der Ausgangsposition ist das ja auch kein Stilbruch und passend. Da gibt es schmerzhafte, viele lustige und auch einige böse Momente, die Mischung funktioniert bis kurz vor Schluss hervorragend.
Hauptdarsteller Nicholas Hope liefert eine bärenstarke Leistung, für die er in seiner Heimat mit dem AFI Award ausgezeichnet wurde, wie auch Regisseur Rolf de Heer und dessen Drehbuch. Dem lässt sich zustimmen, denn "Bad Boy Bubby" ist ein wirklich interessante und unterhaltsame Comig-of-Age Story...eines erwachsenen Mannes.
Leider übertreibt es de Heer in den letzten Minuten deutlich mit dem bis dahin vermiedenen Kitsch. Als Zuschauer gönnt man es dem liebgewonnen Bubby natürlich, nur passt es nicht zu dem ansonsten wunderbaren Stil des Films und ist schlicht zu dick aufgetragen. Weniger wäre mehr gewesen, so bleibt ein leicht überzuckerter Beigeschmack. Wirklich selten waren Anfang und Ende eines Films so gegensäzlich.
Davon abgesehen ist "Bad Boy Bubby" ein schön-schräger Gegenentwurf zu Hollywoods "Außenseiter, Spitzenreiter" Wohlfühlquälgeistern, der nur am Ende diesen zu nahe kommt.
Es sei dir alles verziehen, hast gute Arbeit geleistet. ABER: Mindestens "Der weiße Hai" und "Die Vögel" müssen nachgeholt werden, als Horrorfreund diese Filme nicht gesehen zu haben, du beraubst dich selbst. Wenn Tiere, dann die. ;)
Alles Gute!
"Der Geier, der Leichenbestatter der Natur, ernährt sich von den Toten. Sobald er einen Kadaver entdeckt, kommen augenblicklich 20 andere, um die Beute zu teilen."
Schon wieder Iglesia, wieder die alten Stärken, leider auch die alten Schwächen. Der Kerl hat so viel Talent, drückt jedem Film einen wunderbaren Stempel auf, aber schludert immer an vermeidbaren Stellen.
Die Stärken: Die Story ist kreativ, gemein, lustig, da steckt richtig viel Potenzial hinter. Die Inszenierung ist hochwertig, der Mann versteht einfach sein Handwerk. Wenn dem mal Hollywood mit einem Blockbuster-Skript vor dem Gesicht rumfuchtelt, wird es spannend (bis enttäuschend). Da gibt es schrullige, schön charakterisierte Figuren, die einem nicht einfach so am Allerwertesten vorbei gehen, einen ganz dicken Haufen netter Einfälle, urkomischer Einzelsituationen, einfach alles, was einem Film normalerweise dieses gewisse Etwas gibt, das nicht zu lernen ist, sondern reines Gefühl ausdrückt. Aber: Da ist schon wieder dieses Drehbuch. Dem fehlt es nicht an diesen Bonuspunkten, sondern an den essentiezellen Dingen, die einfach sitzen müssen.
Da gibt es Löcher bis Krater, die nicht sinnvoll, aber zumindest unterhaltsam gefüllt werden, nur sie fallen leider deutlich auf. Es holpert so oft, es will gerne schön geredet werden, nur vermeidet das der Verstand. Iglesia rettet enorm viel durch seinen Witz, seinen grundsätzlichen Einfallsreichtum, nur ist das letztendlich Make-Up. Das soll niemanden verschrecken, denn Spaß macht "La Comunidad", wie jeder seiner Filme. Die, an sich, wunderbare Idee und der Charme der Inszenierung trösten über die offensichtlichen Defizite hinweg, nur stellt sich am Ende immer die Frage, was wäre wenn?
Ganz schön, amüsant, ambitioniert, aber nicht mehr. Schade.
"Possession" ist ein Albtraum, für die Einen im positiven, für die Anderen im negativen Sinne. Andrzej Zulawskis gefeiertes wie umstrittenes Werk beginnt als reines Ehedrama um eine schmerzhafte Trennung, wandert dabei schon früh auf sehr eigenen Pfaden und verlässt irgendwann jegliche narrative Konventionen. Schon lange vor dem vernichtend-interpretativen Finale dürften viele Zuschauer entnervt die Segel streichen oder sich zumindest mehrfach irritiert am Kopf kratzen. Das ist schon eine Hausnummer.
Relativ früh dürfte klar sein, darauf muss sich eingelassen werden, sonst wird man schnell vor die Tür des Verständnisses gesetzt. Auch Zulawskis Stil, mal ganz abgesehen von dem immer abstrakter werdenden Plot, ist keine einfache Hausmannskost. Seine beiden Hauptdarsteller, Isabelle Adjani und Sam Neill, betreiben heftiges Schauspiel weit über die Grenzen des Overactings hinaus, was in diesem speziellen Kontext aber vollkommen richtig ist. Denn was ihre Rollen verlangen, wäre mit zurückgenommenen, dezent-nuancierten Spiel wirkungslos. Der Begriff Overacting ist ja eher negativ belegt, oft nicht zu unrecht, doch das ist so packend und kraftvoll, dem lässt sich kaum entziehen. Adjani läuft ohnehin zu einer fast befremdlichen Form auf, was seinen unbestrittenen Höhepunkt in der U-Bahn-Szene findet, die an bizarrer Faszination kaum zu überbieten ist. Das wären wir bei den beiden Albtraum-Szenarien: Für einige dürfte spätestens jetzt der Punkt erreicht sein, an der endgültig der Geduldsfaden reißt, der Rest wird leicht feucht.
Demenstprechend ist es absolut verständlich, dass sich an diesem Film die Geister scheiden. Da wird dem Zuschauer extrem viel abverlangt, was er entweder mit Beifall oder ungläubiger Verachtung belohnt. Zulawski macht es dem Publikum nicht einfach, was sich so konsequent steigert, dass es schon als sehr mutig zu bezeichnen ist. Das "Possession" ein, auf seine Art, sehr einzigartiges Erlebnis ist, lässt sich wohl kaum bestreiten. Was genau Zulawski uns erzählen will, lässt sich in Ansätzen erahnen, aber wohl kaum vollständig aufdröseln. Nur wenn das überhaupt keine Geige spielt und man als fasziniert-verstörte Geisel dieses Bilderrauschs auch noch dankbar dafür ist, hat der Mann wohl alles richtig gemacht.
Ein Horrorfilm? Ja, auf jeden Fall. Ein Ehedrama? Ja, noch viel mehr. Parallelen zu Lars von Triers "Antichrist" sind nicht von der Hand zu weisen, denn letztendlich entsteht das Eine durch das Andere, nur was denn zuerst da war, ist kaum nachvollziehbar. "Possession" ist ein zutiefst verkopfter, gleichzeitig ungemein extrovertierter Höllenritt, der so manche Szenen parat hält, die wohl nur durch starke Medikamente und ausgiebige Therapiesitzungen wieder aus dem Gehirn gelöscht werden können. Die Kulisse des zweigeteilten Berlins ist dabei nicht nur, aber vor allem, als Gleichnis auf die Beziehung des Paares zu sehen, sondern darüberhinaus auch erschreckend kalt. Wurde jemals die jetzige Hauptstadt in einem Film so menschenleer und teilweise verwaist gezeigt?
Ein Monster von einem Film, unheimlich, teils ekelhaft, unbequem und erschreckend. Es ist gut, dass es nicht nur solche Filme gibt, aber noch besser, dass es sie auch gibt.
Schöne Rubrik, aber wen habt ihr denn da aus dem Hut gezaubert? Jemand der als Schauspieler sein Geld verdient sollte sich bewusst sein, dass man bei der Vorstellung eines Films nicht so gnadenlos spoilern sollte. Alle die "Angel Heart", "Sieben" und "Into The Wild" nicht gesehen haben, seit gewarnt. Putzig, stellt "Eastern Promises" vor, wer aber dieser Horrorfilmregisseur David Cronenberg ist, keine Ahnung.
Erstaunlich: "Der Fluch von Siniestro" ist der einzige Werwolffilm der legendären Hammer-Studios, dabei scheint die britische Gruselschmiede wie geschaffen für die uralte Legende der Lykanthropie, des Mythos vom Wolfsmenschen. Bedauerlich, denn gerade das erscheint im Rahmen der unzähligen Vampir- und Zombieverfilmungen im Laufe der Jahre als deutlich stiefmütterlich behandelt.
Selbst ohne diesen Zuammenhang, der als "The Curse of the Werewolf" angekündigte Titel lässt den pelzigen Hauptdarsteller viel zu lange vermissen. Es ist sogar fast ärgerlich, wie der geneigte Zuschauer auf seinen "Helden" warten muss. Bis dahin wird eine durchaus interessante Geschichte aufgebaut, sogar ungewöhnlich ausgiebig wird eine Rahmenhandlung gebastelt, die das Ausbleiben des haarigen Bösewicht annehmbar gestaltet. Auf den Star Oliver Reed muss genau so lang verzichtet werden, den gibt es erst nach der Hälfte der Laufzeit zu bestaunen, von einem Werwolf noch immer keine Spur. Der stimmungsvolle, eigentlich sinnvolle Storyaufbau grenzt jetzt schon an Langeweile, schöne Ausstattung und farbenprächtige Bilder hin oder her, wo ist der Wolf?!
Wenn denn dann Bello von der Kette gelassen wird, ist es eigentlich schon zu spät. Gerade weil das Finale viel Spaß macht und (wie der gesamte Film) prima eingefangen wird stellt sich die berechtigte Frage, warum nicht gleich so?
Ja, Make-Up, die handwerkliche Umsetzung und der Storyansatz sind sehr bemerkenswert, nur wird der Punkt verpasst, an dem der böse Wolf sein Potenzial austoben darf. Sehr, sehr schade. Sonst hätte das einer der besten Hammer-Filme werden können, nicht nur wegen seiner Haupt-Grusel-Figur.
Ein altes Schloß, eine knuddelige Perserkatze, ein unbekannter Killer und eine konfuse Geschichte...funktioniert ausgesprochen gut.
Eingeleitet von einem blutigen Mord mit anschließendem Ratten-Gesichts-Diner beginnt "Sieben Tote in den Augen der Katze". Der Titel ist Programm, heute nennt man das Spoiler. Wieviele Menschen werden hier wohl sterben?
Egal. Ab der Ankunft der entzückenden Jane Birkin auf dem Schloß ihrer Familie wird fleißig gestorben und Kitty, die leider nicht vernehmbare Katze, hat immer einen Logenplatz.
Auch wenn hier bemüht eine falsche Vampir-Fährte gelegt werden will, darauf fällt wohl keiner rein. Ein waschechter Giallo, daran kann auch das merkwürdige Geschwafel nichts ändern, die Zeichen stehen eh schon vorher auf gelb. Und das gar nicht mal schlecht. Regisseur Antonio Margheriti macht bei seiner Inszenierung wenig falsch, stilistisch greift das gut ineinander. Die Kamera ist aktiv und effektiv, die Stimmung wunderbar passend, optisch und atmosphärisch bleiben hier keine Wünsche offen. Das handlungstechnisch oft eher mit der groben Kelle aufgetischt wird, ist eine Genrekrankheit, aber deshalb schaut sich das wohl keiner an. In seinem Rahmen ist "Sieben Tote in den Augen der Katze" wirklich gelungen, viel zu gekonnt werden die Regeln des Giallo befolgt, viel zu faszinierend und morbide spannend die Geschichte erzählt. Da spielen Logiklöcher nicht die Spur einer Rolle. Die Wirkung, die grundsätzliche Stimmung ist durchgehend vorhanden, der Regisseur versteht sich mehr auf die Sprache seiner Bilder und deren Wirkung als auf das Erzählen einer sinnvollen Geschichte.
Der Faszination tut das nicht den geringsten Abbruch, eher im Gegenteil, das macht den Reiz dieser, eigentlich irrelevanten, Whodunit-Story aus. Denn wer hier eigentlich und warum überhaupt der Kitty-Katze das Mörder-Theater auf dem Sheba-Teller serviert, ist reines Katzengejammer. Viel zu perfekt funktionieren hier die Mechanismen, das Tempo, die grundsätzliche Faktoren des Genres, an Langeweile oder technischer Defizite verhungert Kitty wohl kaum. Die schwächelnde Geschichte wird durch extrem wirkungsvolle Bilder, teils wunderbare Einstellungen aufgefangen. Das Verständnis für das Zusammenspiel von Bild, Beleuchtung, Bewegung und Effekt ist nicht nur unverkennbar, sondern essentiell ausschlaggebend.
Handwerklich enorm geschickter, insgesamt sehr beachtlicher Genrefilm, um den Fans wohl kaum einen Bogen machen können.
Die Idee von Álex de la Iglesia und seinem Stamm-Co-Autor Jorge Guerricaechevarria (ja, der heißt wirklich so und ich muss es jedesmal abschreiben) ist, wie eigentlich immer, sehr interessant. An Einfällen und Kreativität mangelt es den beiden Herrschaften nie, allein deshalb sind die Filme eigentlich immer einen Blick wert. "800 Bullets" macht da keine Ausnahme, Iglesia, über den es sicher geteilte Meinungen gibt, versteht sein Handwerk als Regisseur formal auch absolut. Leider reicht das diesmal nicht ganz für einen klar gelungenen Film.
Die Stärken liegen mal wieder in den Figuren, die von Haus aus zwar überzeichnet, dabei aber auch diesen Charme von Comicfiguren haben. Sie sind liebenswert, sympathisch, gerade weil sie (natürlich) reichlich Ecken und Kanten haben und weit weg von "perfekten" Menschen sind. Das in die Jahre gekommene Ex-Eastwood-Stuntdouble Julián und seine Mannschaft von trinkwütigen Losern muss man einfach gerne haben. Die gesamte Idee, dass diese Möchtegern-Cowboys sich wegen ihrer Existenz nun mit scharfer Munition bewaffnen und zu Besetztern ihrer kleinen, gammeligen Westernstadt werden, hat Potenzial. Iglesias Film hat leider zwei große Probleme:
1. Er ist zu lang. 121 Minuten klingt schon viel für so eine Geschichte, ist es auch. Grundsätzlich werden die zwei Stunden zwar immer mit irgendwas unterhaltsamen gefüllt, nur das hätte es beileibe nicht gebraucht. Kürzer, straffer würde es wohl besser funktionieren. Speziell das theoretische Finale, also ab dem Punkt, an dem die titelgebenden 800 Kugeln ins Spiel kommen, wäre als zünftig-knackiger Showdown besser gewesen. Das wirkt etwas zu ausgedehnt, was aber bei Iglesia/Guerricaechevarria (wieder abgeschrieben) nicht zum ersten Mal vorkommt. Vergleichbar mit "El dia de la bestia": Fängt gut an, die besten Momente gibt es in der Mitte, ab dann fällt es ab. Das Finale eines Films sollte eigentlich den Höhepunkt bieten, ist hier (schon wieder) nicht so. Da baut der Film leider ab. Zudem wirkt es etwas zu sentimental, aber dazu gleich noch in Punkt 2.
2. Es jetzt daran fest machen zu wollen, dass ein Kind im Mittelpunkt der Handlung steht, ist vielleicht sehr oberflächlich, aber es ist mit Sicherheit ein Grund dafür: Iglesia ist nicht so böse und verrückt wie sonst. Das ist von daher schädlich, da er immer zu Klamauk neigt, sich das in seinem böse-zynischen Kontext aber sonst nicht negativ äußert. Dem Film fehlt es eindeutig an dieser geschmackvollen Geschmacklosigkeit. Nicht komplett, dass es sich um einen Iglesia handelt ist unverkennbar, aber ein gedrosselter. Richtig Iglesia ist es in der Mitte, die Feier im Saloon. Da wird hemmungslos gesoffen, der kleine Junge begrabbelt die Möpse einer Dirne, während er mit seiner Muttel telefoniert, einer der Darsteller zündet sich an und am nächsten Tag kommen die doofen Touristen, alle liegen im Halbkoma rum und sind sich nicht sicher, ob der Selbstentzünder überhaupt noch lebt. Diese leichte Boshaftigkeit, Durchgeknalltheit fehlt dem zu oft. Schmunzler gibt es immer, auch nette Running Gags wie "den Aufgeknüpften", der dauernd vergessen wird, aber da wäre doch mehr möglich und auch nötig gewesen. Iglesia ist für seine Verhältnisse viel zu brav, beraubt sich quasi selbst einer seiner Stärken. Am Schluss wird es auch unnötig tragisch, was anderen Filmen oft gut tut, nur in einer Iglesia-Bad-Taste-Show ist das schon bald "familientauglich". Das kitscht sogar fast, muss echt nicht sein.
Trotz der Kritikpunkte macht "800 Bullets" Spaß, dafür ist der einfach zu liebevoll, handwerklich und von seiner Grundidee, sowie den einzelnen, kleinen Momenten, viel zu gut gemacht. Nur wird das selbstgeschaffene Potenzial leider klar verschenkt. Freunde von Crazy-Iglesia sollten den trotzdem sehen und auch andere Filmfans werden hier kaum ihre Zeit verschwenden, nur ein Knaller ist es nicht.
Anmerkung: In der letzten Filmszene taucht "Clint Eastwood" auf, Iglesia hatte geplant, dass Clint sich selber spielt. Interesse war sogar da, aber wegen "Mystic River" hatte er einfach keine Zeit. Schade, die Idee (wie so vieles hier) ist nett.
Da der Film wohl eh nix wird, Schweiger: "Nnnnen nen nich Nake!" "Wie bitte?" Wäre doch lustig. :D (Hab nicht abgestimmt, keine Angst).
Die Bewertung für "Argo" fällt mir ungewohnt schwer, da die dritte Regiearbeit von Ben Affleck ein zweischneidiges Schwert ist. Viele Dinge sind wirklich gut und rein auf das reduziert, was "Argo" sein will, nämlich in erster Linie ein Unterhaltungs- und Spannungsfilm, ist das über weite Strecken gelungen, wenn auch nicht perfekt. Das Problem bei der Sache ist, dass er sich dafür eines Themas, eines politischen Hintergrundes bedient, der wenn er als Kulisse für so einen Film dient, doch einen etwas differenzierteren Blick erfordern würde, auch wenn es nur am Rande geschieht.
Fange ich erst bei den guten Dingen an: Affleck, das haben auch sein vorherigen Filme gezeigt, ist als Regisseur besser, als er jemals als Darsteller war. Er kann eine Geschichte erzählen, Schauspieler führen, hat ein Gefühl für Bilder, Musik, Schnitt und Stimmung. Sehr gutes Handwerk, keine Frage. Das Thema seines Films ist interessant, sehr sogar. Gerade da diese, im ersten Moment wie eine typische Hollywooderfindung klingende, Geschichte sich (wohl) tatsächlich so zugetragen hat, macht seinen Reiz aus. Manche Ideen klingen so verrückt, die können nur aus dem echten Leben stammen. In der ersten Stunde, dann, wenn es um die Planung der Befreiungsaktion geht, ist "Argo" sehr unterhaltsam. Der Cast ist klasse gewählt. Affleck kann tatsächlich auch mal als Darsteller überzeugen, die Glücksgriffe sind (mal wieder) Alan Arkin und John Goodman. Bryan Cranston erfüllt seine Rolle anständig, sie bietet eben nicht den Unterhaltungswert der seiner Kollegen, kann er nichts für. Der ironisch-bissige, leicht zynische Blick auf den alltäglichen Wahnsinn in der Traumfabrik Hollywood macht Spaß, da zeigt "Argo" genau das, was er später vermissen lässt: Eine andere, hinterfragende Sichtweise. In der zweiten Stunde, sobald die Handlung in den Iran verlegt und sich um die eigentliche Befreiungsaktion dreht, kann der Film nicht mehr ganz so sehr punkten. Solide ist das durch und durch, nur hervorragend oder bemerkenswert fand ich das nicht. Funktioniert ganz gut, haut mich aber auch nicht vom Sockel. Da fehlt es "Argo" an echten Highlights. Liegt zum Teil auch daran, dass die tollen Darsteller und Figuren der ersten Hälfte nun natürlich kaum noch eine Rolle spielen. Die Handlung fokussiert sich logischerweise nun auf, den nun mal nicht mehr als vernünftigen, Affleck und die 6 Geiseln. Die sind leider gar nicht mal so interessant charakterisiert und besetzt, sie sind halt Mittel zum Zweck. Anwesend, um gerettet zu werden.
Dennoch ist "Argo" da lange noch kein schlechter Film, langweilig wird er niemals und wenn das jetzt alles wäre, ein zufriedenes "Sehenswert" würde er von mir bekommen.
So, jetzt zum Problem: "Argo" will kein politischer Film sein, ist auch vollkommen in Ordnung, nur hinterlässt er aufgrund seines extrem einfach gehaltenen Gut/Böse-Schemas einen faden Beigeschmack. In der Einleitung wird zwar auf die Hintergründe der iranischen Revolution eingegangen und die entscheidende Rolle der USA, nur das muss der Film schließlich auch, um die Motive zu erklären. Nur ab dann wird das total ausgeblendet. Ohne jetzt Gewalt, Geiselnahme und Meuchelmorde verteidigen zu wollen, aber: Man erntet, was man sät. Da ist was dran. Sicher, der Film dreht sich nicht um die Leute, die es verbockt haben sondern um diejenigen, die die Suppe letztendlich auslöffeln müssen. Nur wird das im weiteren Verlauf nicht mal mehr am Rande irgendwie erwähnt, kein bisschen Selbsterkenntnis oder Reflektion der eigenen, verheerenden, selbstgerechten Außenpolitik ist zu erkennen. Im ganzen Film sind nur böse Iraner zu sehen, jeder scheint ein wütender, kaltblütiger Henker zu sein oder zumindest ein zwielichtiger Verräter. Das gesamte Land scheint eine einzige, riesige Todesfalle zu sein, "Escape From Teheran" mit Ben Affleck statt Snake Plissken. Das ist ja auch nicht komplett aus der Luft gegriffen, natürlich war das ein heißes Pflaster, nur in dieser Eindimensionalität und ohne nur noch ein einziges mal auf das Warum einzugehen ist dann schlicht zu einfach. Problematisch vor allem deshalb, da das aktuelle Weltbild des Iran, speziell in den USA, ja heute nicht viel besser ist. Aufgrund seines, zweifellos, gefährlichen Staatschefs wird ein ganzes Land wieder dämonisiert, als "Schurkenstaat" bezeichnet, was auf das gesamte Volk zurück fällt. Und durch diese Darstellung hier untermauert "Argo", auch wenn das niemals das Anliegen der Macher ist, diese Sicht nur. Das hätte man bedenken sollen, so wirkt er, leider, doch politisch, nur in die falsche Richtung, obwohl er das gar nicht möchte.
Deshalb Punktabzug, so leid mir das tut.
Ach, und Oscar als "bester Film", den letzten Kritikpunkt sogar nicht berücksichtigt, ist wirklich too much.
"He's dead. He can't complain. He had his chance and, in modern parlance, blew it."
Robin Hardys "The Wicker Man" ist eine herrlich schamlose, groteske, vollkommen schräge Mixtur aus pechschwarzem, britischen Humor, extravaganten Gesangseinlagen, bissiger Satire auf Religionsversteiftheit und '68er Blumenkinderbewegung und doch so was wie ein Horrorfilm, auch wenn sich dies eigentlich erst ganz zum Schluss wirklich offenbart. Bis zu seinem perfiden, cleveren und sarkastischen Finale wird der Zuschauer durch seine anderen Stilmittel lange in die Irre geführt, dafür bestens unterhalten.
Wenn der stocksteife, ultra-konservative Sergeant Howie (herrlich: Edward Woodward) vollkommen entgeistert und zu tiefst fassungslos durch sein persönliches Sodom und Gomorra stiefelt, andauernd begleitet von skurrilen Folklore-Songs mit eindeutig-zweideutigem Inhalt, ist das so merkwürdig wie komisch. Den Schuh zieht sich "The Wicker Man" sehr bewusst an und macht das erstaunlich großartig. Allein Woodwards durchgehend empörter Gesichtsausdruck, wenn wieder ein heiteres Liedchen mit sexuellen Anspielungen geträllert, sich die Inselbewohner völlig unbekümmert auf einer Wiese paaren oder nackte Mädchen fröhlich um ein Feuer tanzen, ist pures Gold. Auch wer Sergeant Howies verkniffene Spießigkeit nicht teilt, wird seine Verwunderung über die merkwürdigen Sitten auf diesem, wie aus einer anderen Welt zu stammen scheinenden, Eiland nachvollziehen können.
Mit einem Horrorfilm scheint das zunächst wenig zu tun zu haben, stört aber überhaupt nicht. Viel zu liebevoll und absurd schrullig erlebt der Zuschauer eine leicht befremdliche Führung über Summerisle, gekrönt von dem Auftritt von Grusel-Ikone Christopher Lee als Lord Summerisle. Die Spielfreude von Lee, der diesen Part als einen seiner liebsten bezeichnet, ist unverkennbar. Mit einer unmöglichen Perücke versehen darf er, dem einen Nervenzusammenbruch nahstehenden, Howie über die Sitten seines Reiches aufklären, einer der besten Momente des gesamten Films (dem das einleitende Zitat entstammt). Lee wird zum Ende seiner bescheuerte Haarpracht noch gegen ein viel verrückteres Kostüm tauschen, muss das ein Fest für ihn gewesen sein.
Das Kunststück von "The Wicker Man" ist es, unter dieser kuriosen Schale tatsächlich Spannung aufzubauen, obwohl er sich gängigen Stilmitteln des Horror- und Gruselfilms konsequent verweigert. Da ist es niemals dunkel, es gibt keine Schockmomente, keine knarrenden Türen, düsteren Gemäuer, kein Blitz und Donner. Der Film hat eine ganz eigene, merkwürdige, einnehmende Atmosphäre. Die entsteht nicht zufällig, sondern wird bewusst so heraufbeschworen. Das so hinzubekommen ist schon bemerkenswert. Am Ende wird es dann tatsächlich bitterböse und hundsgemein, doch immer noch mit diesem breiten Grinsen versehen. Schlussendlich lässt sich "The Wicker Man" ganz schwierig einordnen, was aber gut so ist. Der hat seinen ganz speziellen Charme, der sich kaum kopieren lässt.
Daher muss an der Stelle das unmögliche Remake von 2006 erwähnt werden: Auch ohne Kenntnis des Originals war der bescheuert, aber nun erscheint das Vorhaben unbegreiflich. Allein der Ansatz ist total hirnrissig. Der skurrile Charme wurde zwar teilweise versucht nachzustellen, nur passt überhaupt nicht in den Gesamtkontext des viel zu ernst gemeinten Thrillerversuchs. Da mussten diese Elemente ja logischerweise scheitern. Eventuell lässt sich Sickolas Cages durchgeknallte Performance dadurch erklären, vielleicht dachte er, er spielt im Original mit. Bei dem ist inzwischen alles denkbar.
Das Remake sollte gemieden werden (gerade weil es leider entscheidende Storyelemente übernimmt, die den Überraschungseffekt verhindern), dieser Film ist rundum empfehlenswert. Allein Edward Woodward, der gnadenlos abfeiernde Christopher Lee und dieses schräge Feeling sollte am eigenen Leib erlebt werden.
"What's that?" - "My costume. The salmon of knowledge."
Ingmar Bergmans "Die Stunde des Wolfs" ist eine in dunkle Schatten gehüllte Darbietung eines grauenhaften Albtraums, wie es sie selten in Form eines Films zu sehen gibt. Die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen nicht nur, sie sind bald einfach nicht mehr existent. Was als atmosphärisches Kopfkino beginnt, sein Grauen durch die gespenstischen schwarz/weiß Bilder und seine nicht greifbare Bedrohung entwickelt, wird im letzten Drittel zu einem bizarren, surrealen Panoptikum. Das vorher nur Geschilderte wird sichtbar, verschreckt und verstört, fasziniert und stößt ab.
Erklärungs- und Deutungsansätze liefert Bergman, doch vermeidet er eine klare Auflösung. Dadurch entmystifiziert er seinen Albtraum nicht, lässt nur deutlicher und nachhaltiger wirken. Dem Zuschauer bleibt es überlassen, wie er das Geschehen interpretiert, ob er es überhaupt entschlüsseln will oder nicht. Letztendlich bezieht es seinen Reiz aus diesem Strudel, bestehend aus Wahnsinn und verschleierter Realität. Was ist überhaupt real, an welchem Punkt verlassen wir die eine Ebene oder sind wir dort niemals gewesen? Fragen, die überhaupt keine Antwort einfordern, sondern genau dadurch den Film so faszinierend und meisterlich machen.
Das Grauen vermittelt Bergman nicht nur durch seine unglaublich unheilvollen Bilder, das alles spiegelt sich wider in den Gesichtern seiner Figuren. Die der dekadenten Adelsgesellschaft wirken nicht nur zum Ende hin wie beängstigende Fratzen, die allein für sich schon Gänsehaut erzeugen. Liv Ullman dagegen zeigt in ihrer Mimik die blanke Furcht, was sich zwangsläufig auf den Zuschauer überträgt. Sie scheint uns zu hypnotisieren, mit ihrer Angst anzustecken.
Es bedarf eigentlich gar nicht vieler Worte, denn was "Die Stunde des Wolfs" mit einem anstellt, lässt sich kaum ausdrücken. Es muss erlebt werden. Solche Filme bergen immer die Gefahr, dass sie für den Einzelnen nicht funktionieren. Mal erschlagen sie einen mit ihrer Wucht, mal gehen sie komplett an einem vorbei. Aber wenn sie dann einschlagen, hinterlassen sie Spuren.
Atemberaubend, Kehle zuschnürend, ein Meisterwerk.
Ein Sequel zu "Grosse Pointe Blank" würde ich auch unterstützen...wenn es denn so großartig werden kann wie das Original.
"Peeping Tom" wird oft in einem Atemzug mit Alfred Hitchcocks "Psycho" genannt, was ihm einerseits nicht unbedingt gut getan hat, andererseits sind die Parallelen kaum von der Hand zu weisen. Dazu muss gesagt werden, "Peeping Tom" kam vor "Psycho" in die Kinos, allerdings ist der Erscheinungszeitraum so gering, dass sich unmöglich einem der beiden Filme vorwerfen lassen kann, in irgendeiner Form den anderen zu kopieren. Die Ähnlichkeiten sind somit purer Zufall...oder Schicksal. Während Hitchcocks Film (zu recht) auf große Gegenliebe stieß, scheiterte der Film von Michael Powell bei Publikum und Kritikern. Erst Jahre später wurde er rückwirkend geadelt.
Um auf die Parallelen zu kommen: "Peeping Tom" wie "Psycho" entfernen sich deutlich von den gängigen Horrorfilmen ihrer Zeit, im Prinzip sind sie heute gar nicht mehr als Horrorfilme zu bezeichnen. Sie bildeten die Geburtsstunde des Psychothrillers, auf einer sehr ähnliche Art und Weise. Im Mittelpunkt steht jeweils ein introvertierter Außenseiter, der allgemein als unauffällig und höflich bezeichnet werden kann. Niemand würde in ihm eine Gefahr sehen, dafür sind sie schlicht zu unscheinbar. Doch ist ihr Wesen kein naturgegebener Charakterzug, sie sind Produkte ihrer Kindheit. Mark Lester wie Norman Bates haben traumatisches miterlebt, psychische Gewalt ausgeübt durch ein Elternteil. Was Normans Mutter war, ist Marks Vater. Beide führen nun das Werk ihrer Peiniger fort, obwohl sie es eigentlich verabscheuen. Diese, tatsächlich zufällige, Gemeinsamkeit ist verblüffend, gerade weil es Anfang der 60er etwas neues und sehr gewagtes war.
Um den "Psycho" Vergleich endlich abzuschließen, denn "Peeping Tom" verdient eindeutig sein eigenes Podium, nur noch folgendes, der klare Unterschied der Herangehensweise: Während "Psycho" eine lange Zeit dem Whodunit Prinzip folgt, liegen hier die Karten von Beginn an auf dem Tisch. Mark wird ohne Vertuschungsversuche sofort als Mörder enttarnt. Dadurch ermöglicht es dem Zuschauer, sich als Mitwisser zu beteiligen, direkt dem Mörder zu folgen. Ein ungewöhnlicher Perspektivwechsel, denn es steht nie die Frage im Raum, wer der Bösewicht ist, im Gegenteil. Das Publikum schreitet an der Seite des Killers durch die Geschichte, erlebt ihn von Anfang an ungeschminkt und in seiner gestörten Psyche hautnahe. Kein Twist muss erst am Ende erklären, warum er zum Mörder wurde, "Peeping Tom" beantwortet diese Frage nach wenigen Minuten direkt. Das macht den besonderen Reiz dieses Werks aus. Die Frage nach dem Täter stellt sich nicht, nur nach dem nächsten Opfer oder vielmehr, wie kann er den Drang zu töten bei einer bestimmten Person verhindern.
"Peeping Tom" ist inzwischen durch die FSK ab 12 Jahren freigegeben, was thematisch leicht verwundert, aber durch die tatsächlich gezeigte Gewalt total vertretbar erscheint. Denn ein hoher Bodycount oder blutige Szenen werden nicht geboten. Das benötigt er auch gar nicht, denn seine Spannung und Bedrohung erzeugt er rein auf seine täterfokussierte Erzählweise. Interessant, da "Peeping Tom" unter anderen Bedingungen bzw. einer anderen Erzählweise sogar als Giallo funktionieren könnte. Dafür enthüllt er nur seinen Täter zu früh und ist nicht blutig genug. Aber grundsätzlich sind da Ähnlichkeiten vorhanden. Der Film legt sehr viel Wert auf seine Bildsprache und Inszenierung, der Killer hat es rein auf weibliche Opfer abgesehen, die Kameraperspektive ist vergleichbar mit der in einem Giallo typischen Ego-Perspektive, die Tatwaffe ist ein Phallussymbol. Ist nur eine Randnotiz, aber es sollte erwähnt werden.
"Peeping Tom" erzielt seine Spannung und Faszination somit nicht durch die damals gängigen Genremittel, sondern durch seine konträre Umsetzung. Dem Täter so nahe zu sein wie nie zuvor, niemals durch Unwissenheit mitfiebernd, gerade immer auf Augenhöhe zu sein macht den Unterschied. Für die Rolle des Mark wurde ausgerechnet Karlheinz Böhm (hier als Carl Boehm) besetzt, der in erster Linie durch seine Rolle als Kaiser Franz in den "Sissi"-Filmen bekannt ist. Für alle Beteiligten ein gewagter Schritt, der sich als goldrichtig erweißt. Böhm verkörpert seinen Charakter extrem glaubwürdig, erschreckend verstörend. In so einem Film hängt viel am Hauptdarsteller, Böhm meistert die schwierige Aufgabe mit bravour.
Ein erstaunlich visionäres, beklemmendes und mit einem so konsequenten wie hervorragenden Finale versehenes Werk. Das der Film so lange als Fehlschlag galt ist bedauerlich, aber damit ist er ja in guter Gesellschaft (z.B. "Heaven's Gate"). Tatsächlich ist es die brillante Studie eines Mörders, der gleichzeitig Opfer seiner Vergangenheit ist, geprägt durch sie und gefangen in ihr.