Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 8

    „Der Rabe“ unter der Regie des Franzosen Henri-Georges Clouzot (Lohn der Angst, Die Teuflischen) bewegt sich zwischen zynischem Gesellschaftsporträt und packendem Whodunit-Thriller und greift dabei viele Themen auf, die im Social Media Zeitalter nichts von ihrer Aktualität und Brisanz eingebüßt haben.

    Ein anonymer Briefeschreiber, der sich selbst ‚Der Rabe‘ nennt, versetzt einen kleinen, beschaulichen Ort in Aufruhr. In den anonymen Schreiben werden die unterschiedlichsten Männer und Frauen der Stadt diverser Vergehen beschuldigt, wobei nicht immer ganz klar ist, ob der Unbekannte lediglich infame Lügen verbreitet oder doch die dunklen Geheimnisse jedes Einzelnen kennt. Ganz besonders scheint es ‚Der Rabe‘ auf den zugewanderten Arzt Rémy Germain (Pierre Fresnai) abgesehen zu haben, welchen er bezichtigt, mehrere Affären zu unterhalten sowie illegale Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen…

    Clouzots Film funktioniert einerseits als klassischer Krimi, bei dem die Identität des unbekannten Briefeschreibers aufgedeckt werden muss, gewährt jedoch gleichzeitig auch einen Blick hinter die bürgerliche Fassade und offenbart dort so manche Abgründe. So erweist sich „Der Rabe“ als differenziertes Porträt einer Kleinstadt, die alsbald von Angst, Verleumdung und Misstrauen beherrscht wird.
    Das Anprangern von Denunziation und gegenseitiger Bespitzelung während der deutschen Besatzung brachte Regisseur Clouzot seinerseits sehr viel Kritik von Seiten der französischen Regierung ein und führte schließlich sogar dazu, dass er zeitweise mit einem Berufsverbot belegt wurde.

    In visueller Hinsicht orientiert sich sein Werk indes am expressionistischen Stil der 1920er Jahre, erkennbar etwa an einigen schrägen Kameraeinstellungen und den kontrastreichen Schwarzweiß-Bildern, die „Der Rabe“ mitunter gar in die Nähe eines alptraumhaften Horrorfilms rücken lassen.

    In Verbindung mit den guten Performances der Castmitglieder sowie den ungemein scharfzüngigen, teils bitterbösen Dialogen ergibt sich so das Bild eines Ortes, welcher durch die Macht der mysteriösen Briefe zum Pulverfass zu werden droht.

    30
    • 9

      Mit „Kramer gegen Kramer“ schuf Regisseur Robert Benton (In schlechter Gesellschaft, Nobody’s Fool) ein Familiendrama von enormer Intensität, welches sein Publikum auf eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle schickt und mit herausragenden Darstellerleistungen aufwartet.

      Der vielbeschäftigte Werbefachmann Ted Kramer (Dustin Hoffman) fällt aus allen Wolken, als er eines Abends nach Hause kommt und seine Frau Joanna (Meryl Streep) ihm mitteilt, dass sie ihn verlassen werde, da sie ihn nicht mehr liebe. Ted, der bisher nahezu ausschließlich die Versorgerrolle in der Familie innehatte, muss nun einen Weg finden, seine Karriere und die Erziehung des gemeinsamen Sohnes Billy (Justin Henry) unter einen Hut zu bringen, welcher sehr unter dem Fortgang der Mutter leidet…

      Anders als es der Titel vermuten lässt, ist „Kramer gegen Kramer“ über weite Strecken kein Rosenkrieg mit gegenseitigen Schuldzuweisungen, sondern vielmehr die ungemein einfühlsam erzählte Geschichte einer Vater-Sohn-Beziehung, die durch das Verschwinden der Mutter auf eine harte Probe gestellt wird.

      Getragen von einem ausgezeichneten Cast, dem u.a. noch Jane Alexander (Ring) in der Rolle der Nachbarin und Freundin angehört und mit zahlreichen herzergreifenden Dialogen gespickt, ergibt sich so ein höchstemotionales Filmerlebnis, das auf eine vereinfachende Schwarzweiß-Zeichnung verzichtet, die Ansichten aller Parteien für den Zuschauer nachvollziehbar werden lässt und bei all dem sogar noch Platz für eine Prise Humor findet.

      In Bentons Händen wird die simpel angelegte Geschichte dabei geradezu zum fesselnden Thriller, in dem etwa ein Sturz vom Klettergerüst zur hochintensiven Spannungsszene wird. Ausdrücklich zu loben sind indes auch die zurückhaltende Musikuntermalung sowie die fantastischen New York-Bilder, die Bentons Drama die passende Atmosphäre verleihen.

      Mit dem Wiederauftauchen Joannas im letzten Drittel erfährt „Kramer gegen Kramer“ dann noch einmal eine zusätzliche Wendung, die Bentons Film schließlich in einem aufwühlenden Finale münden lässt.

      34
      • 7

        Bei „Die Faust im Nacken“ handelt es sich um ein authentisch anmutendes Sozialdrama von Elia Kazan (Endstation Sehnsucht, Jenseits von Eden), das die Arbeitszustände von amerikanischen Hafenarbeitern beleuchtet.

        Ex-Boxer Terry Malloy (Marlon Brando) verdient sich seinen Lebensunterhalt als Dockarbeiter und steht unter der Fuchtel des skrupellosen Gewerkschaftsbosses Johnny Friendly (Lee J. Cobb). Als Terry von Friendly den Auftrag erhält, seinen Bekannten Joey auf ein Hausdach zu locken, ahnt er nicht, dass er ihm damit eine tödliche Falle gestellt hat. Der nunmehr von Schuldgefühlen geplagte Terry begegnet bald darauf Edie (Eva Marie Saint), der Schwester des Ermordeten wieder, die er noch aus seiner Kindheit kennt, und verliebt sich in die Klosterschülerin. Gemeinsam mit dem furchtlosen Pfarrer Berry (Karl Malden) möchte Edie die Mörder ihres Bruders zur Rechenschaft ziehen, ahnt jedoch nicht, welche Rolle Terry bei dessen Tod gespielt hat…

        Kazans an Originalschauplätzen in New Jersey gedrehtes Drama punktet vor allem mit seiner realistischen Milieuzeichnung sowie den starken Leistungen der Castmitglieder, zu denen auch noch Rod Steiger (In der Hitze der Nacht) in der Rolle von Terrys Bruder Charley gehört, der als Anwalt für die korrupte Gewerkschaft fungiert. Speziell Marlon Brando geht in der Rolle des um seinen Lebenstraum von einer großen Boxerkarriere betrogenen Arbeiters voll auf und liefert eine einnehmende Performance ab, für die er seinen ersten Oscar erhielt.

        Kritisieren lässt sich indes die klare Einteilung in Gut und Böse – fromme Christen auf der einen, gewaltbereite Gewerkschafter auf der anderen Seite, sowie der mitunter etwas zu aufdringliche Score von Leonard Bernstein (West Side Story). Einem über weite Strecken mitreißenden und auch emotional packenden Filmerlebnis stehen diese Mängel jedoch insgesamt kaum im Wege.

        41
        • 7

          Nachdem er mit „Im Westen nichts Neues“ (2022) für internationales Aufsehen sorgte, widmet sich der deutsche Regisseur Edward Berger nun mit „Konklave“ einer weiteren Romanadaption, in der es statt um das Grauen in den Schützengräben des 1. Weltkriegs jedoch diesmal um Ränkespiele in der Sixtinischen Kapelle geht.

          Der sich in einer Glaubenskrise befindende Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) wird in den Petersdom gerufen, da der Papst, mit dem er zuletzt einige Meinungsverschiedenheiten hatte, überraschend verstorben ist. Lawrence fällt daraufhin die undankbare Aufgabe zu, das bevorstehende Konklave als Dekan zu leiten, in dessen Vorfeld sich vier Favoriten für das vakante Amt herauskristallisiert haben. Lawrence selbst möchte am liebsten seinen für einen liberalen Kurs stehenden Freund Kardinal Bellini (Stanley Tucci) auf dem Heiligen Stuhl sehen, welcher jedoch selbst kaum Ambitionen zeigt. Derweil trifft unerwartet ein unbekannter Kardinal aus Kabul (Carlos Diehz) zum Konklave ein und Lawrence erfährt, dass der verstorbene Papst unmittelbar vor seinem Tod den Rücktritt des ebenfalls zum Favoritenkreis gehörenden Kardinal Tremblay (John Lithgow) gefordert haben soll…

          „Konklave“ ist ein insgesamt eher ruhig angelegtes, mit dezenten Thrillerlelementen versehenes Drama, das von seinen interessanten Dialogen über den zu wählenden Weg der Kirche in einer Zeit des Umbruchs dominiert wird. In seinen besten Momenten erreicht Bergers Drama dabei beinahe die Intensität des Justizklassikers „Die zwölf Geschworenen“ (1957), obgleich sich „Konklave“ trotz des begrenzten Settings nicht ganz so kammerspielartig anfühlt.

          Neben den ausdrucksstarken Darbietungen der Castmitglieder, zu denen u.a. noch Isabella Rossellini (Der Tod steht ihr gut), Lucian Msamati (Game of Thrones) und Sergio Castellitto (Im Rausch der Tiefe) zählen, wissen auch die zuweilen in Details schwelgende Kameraarbeit, der voranpreschende Score und das sehr markante Sounddesign zu überzeugen. Das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne im Vatikan sorgt zudem für das eine oder andere Schmunzeln, welches den insgesamt nüchternen Tonfall des Films etwas auflockert.

          Kritisieren lässt sich indes vor allem das überhastete Finale, wird der entscheidende Wahlgang doch sehr schnell abgehandelt und lässt beim Zuschauer die eine oder andere Frage offen. Zudem erscheint die letzte Wendung des Films etwas zu viel des Guten und fügt sich nicht ganz stimmig in die bis dahin so organische Erzählung ein.

          43
          • 5

            Mit „Das Ding aus einer anderen Welt“ schuf der vor allem als Editor bekannte Christian Nyby (u.a. für „Tote schlafen fest“, „Red River“) einen klassischen Monsterfilm über eine außerirdische Lebensform, die zur Bedrohung für eine arktische Forschungsstation wird.

            Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Militärvertretern unter der Führung von Captain Hendry (Kenneth Tobey) stößt in der Arktis auf ein abgestürztes Raumschiff, das im Eis eingefroren ist. Beim Versuch, das Raumschiff freizusprengen, stoßen sie auf ein fremdartiges Wesen, welches sie zu Forschungszwecken mit in die Station nehmen. Als der Außerirdische aus seinem komatösen Zustand erwacht, entbrennt dort ein Kampf auf Leben und Tod…

            Nybys SciFi-Klassiker, welcher von Produzent Howard Hawks mitverantwortet wurde, hebt sich speziell aufgrund seines Settings der unwirtlichen Eislandschaft von vergleichbaren Monsterfilmen ab und gewinnt zudem durch die teils recht amüsante Interaktion der Figuren. Zugleich benötigt Nybys Film jedoch eine sehr lange Anlaufzeit, ehe das Geschehen allmählich Fahrt aufnimmt und kann auch im späteren Verlauf nur punktuell für Spannungsreize sorgen.

            Da der Außerirdische bis zum Finale nur einige Kurzauftritte hat und auch längst nicht so spektakulär inszeniert wird wie die infizierten Kreaturen in Carpenters Remake, dümpelt „Das Ding aus einer anderen Welt“ über längere Phasen recht ereignislos vor sich hin und verliert sich zuweilen in wenig interessanten Dialogen. Einige reizvolle Ideen im letzten Drittel – wie etwa die sich von Blut ernährenden Pflanzen – sorgen aber letztlich für ein solides Gesamtfazit.

            34
            • 7

              Der von Park Hoon-jung (New World, Night in Paradise) inszenierte “The Tiger” ist eine sehenswerte Kombination aus Historiendrama und Tieraction, welche mit schönen Landschaftsbildern, blutigen Kampfszenen und einem stark aufspielenden Hauptdarsteller auftrumpft.

              1925 im von den Japanern besetzten Korea: Der alternde Jäger Chun Man-duk (Choi Min-sik) führt mit seinem Sohn Seok (Sung Yun-bin) ein zurückgezogenes Leben am Fuße des Berges Jirisan und verdient sich seinen Lebensunterhalt inzwischen als Kräutersammler. Die japanischen Besatzer haben es sich derweil in den Kopf gesetzt, Jagd auf die letzten verbliebenen Tiger in der Gegend zu machen und beauftragen den ortskundigen Gu-kyung (Jung Man-sik), um endlich auch den ‘Herrscher des Berges’, einen einäugigen Tiger von enormer Größe und Kraft, aufspüren zu können. Als alle Versuche der Jäger, den ‘Herrscher des Berges’ zu erlegen, scheitern, wenden sie sich an den erfahrenen Chun-Man duk. Dieser lehnt es jedoch ab, sich an der Jagd zu beteiligen, da ihn mit dem Tier eine gemeinsame Geschichte verbindet...

              “The Tiger” fühlt sich zunächst nach einem sehr geerdeten und realitätsnahen Historienfilm an, erhält jedoch mit zunehmender Laufzeit mehr und mehr den Charakter einer Fabel mit dem Tiger als tief in der koreanischen Kultur verwurzeltes Symbol. Dabei möchte der Film nicht nur von der Treibjagd in den Bergen erzählen, sondern funktioniert auch als berührendes Vater-Sohn-Drama sowie als Auseinandersetzung mit der Zeit der Besatzung.

              Der als “Oldboy” berühmt gewordene Hauptdarsteller Choi Min-sik überzeugt dabei mit einer nuancierten Performance, die all die Trauer und die Schuldgefühle seines Charakters für den Zuschauer spürbar werden lässt. Darüber hinaus können sich auch die mit CGI zum Leben erweckten Tiere relativ gut sehen lassen, obgleich man etwa bei den Wölfen sowie dem Bewegungsablauf des Tigers einige Abstriche machen muss.

              Trotz der etwas zu lang geratenen Laufzeit steht somit am Ende packende Historienaction vor imposanter Bergkulisse, die die koreanische Volkslegende auf gelungene Weise für ein modernes Publikum aufbereitet.

              33
              • 4 .5

                “Black Water” ist ein australischer Tierhorrorfilm der Regisseure Andrew Traucki (The Reef, The Jungle) und David Nerlich, der zwar über einen solide agierenden Cast und ein paar recht gute Effekte verfügt, für den seine Ideenarmut in Kombination mit einer spärlichen Handlung aber alsbald zur Todesrolle wird.

                Die schwangere Grace (Diana Glenn) ist mit ihrem Freund Adam (Andy Rodoreda) und ihrer Schwester Lee (Maeve Dermody) in den Sumpfgebieten Nordaustraliens unterwegs. Vom Einheimischen Jim (Ben Oxenbould) lassen sie sich mit einem Motorboot zu einem abgelegenen Flussdelta fahren, um dort zu angeln. Als das Boot jedoch durch ein gewaltiges Krokodil zum Kentern gebracht wird, entbrennt ein gnadenloser Kampf ums Überleben...

                “Black Water” spielt fast ausschließlich in der Krone eines Mangrovenbaums, auf den sich die Überlebenden der Krokodilattacke retten können. Was anfangs noch wie ein durchaus vielversprechendes Survival-Szenario erscheint, erweist sich mit zunehmender Laufzeit als reichlich lahme Angelegenheit, da die Dialoge der drei Freunde einfach nicht genug hergeben und sich das Krokodil auch nur selten blicken lässt. Entsprechend macht sich spätestens ab der Mitte Langeweile breit und die Handlung tritt fortan fast nur noch auf der Stelle. Da nützt es auch wenig, dass die australischen Sümpfe recht passabel in Szene gesetzt werden.

                Zwar kommt gegen Ende noch einmal etwas Schwung in die Sache, doch reicht dies nicht aus, um aus “Black Water” einen guten Genrevertreter zu machen.

                30
                • 6
                  über Arctic

                  “Arctic” ist ein isländisches Survival-Drama des Brasilianers Joe Penna (Stowaway), das über ansprechende Landschaftsbilder und einen starken Hauptdarsteller verfügt.

                  Ein Mann (Mads Mikkelsen) ist nach einem Flugzeugabsturz in der Arktis auf sich allein gestellt und hofft auf Hilfe. Als eines Tages ein Hubschrauber kommt, glaubt er sich gerettet, doch der Hubschrauber stürzt beim Landeanflug ebenfalls ab. Der Mann kümmert sich um sich die Co-Pilotin (María Thelma Smáradóttir), die den Absturz als Einzige schwer verletzt überlebt hat und verarztet sie notdürftig. Um ihrer beider Leben zu retten, trifft er schließlich eine Entscheidung...

                  Pennas Film bemüht sich um eine möglichst authentische Darstellung des Überlebenskampfes in der endlosen Eislandschaft und kreiert trotz seiner ruhigen Gangart und der reduzierten Handlung einige Spannungsmomente. Getragen wird “Arctic” dabei von einem gewohnt überzeugenden Mads Mikkelsen, der hier nahezu eine One-Man-Show abliefert und die gewaltigen Strapazen des Protagonisten für den Zuschauer fühlbar werden lässt.

                  Für Tierfreunde gibt es zudem ein Wiedersehen mit der Eisbärin Agee, die zuvor schon u.a. in “Alaska” (1996) mit Charlton Heston zu sehen war, hier allerdings nicht mehr so klein und niedlich wie damals ist.

                  36
                  • 7 .5

                    Der vom Anschlag auf John F. Kennedy inspirierte “I wie Ikarus” ist ein spannungsgeladener Verschwörungsthriller unter der Regie von Henri Verneuil (Lautlos wie die Nacht, Angst über der Stadt), welcher ein Präsidentenattentat zum Ausgangspunkt für einen Diskurs über Autoritätshörigkeit und blinden Gehorsam nimmt.

                    Mai 1977: Präsident Marc Jary (Gabriel Cattand), Staatsoberhaupt eines fiktiven, französischsprachigen Landes, fährt anlässlich seiner Wiederwahl in einer offenen Limousine durch die Stadt, um sich von seinen Anhängern feiern zu lassen, als ihn die Schüsse eines Scharfschützen treffen und tödlich verwunden. Alle Indizien deuten auf Karl Eric Daslow (Didier Sauvegrain) als Täter, einen bis dahin unauffälligen Bürger, der sich während des Attentats auf einer nahegelegenen Dachterrasse aufgehalten hatte und sich dem Anschein nach unmittelbar nach dem Präsidentenmord selbst gerichtet hat. Die mit der Aufklärung betraute Untersuchungskommission kommt nach fast einem Jahr der Ermittlungen dann auch schließlich zu dem Ergebnis, dass Daslow ein verwirrter Einzeltäter gewesen sein muss. Als einziges Mitglied der Kommission meldet Generalstaatsanwalt Henri Volney (Yves Montand) Zweifel an den Ermittlungsergebnissen an und verkündet öffentlichkeitswirksam, den Fall noch nicht zu den Akten legen zu wollen...

                    Thriller, die sich mit Verschwörungstheorien und Paranoia befassten, waren in den 70er Jahren groß in Mode und so weist “I wie Ikarus” viele Parallelen zu anderen Genrevertretern jener Zeit wie etwa “Der Dialog” (1974) und “Die drei Tage des Condor” (1975) auf. Die Auseinandersetzung mit dem Kennedy-Mord galt jedoch offenbar als heißes Eisen, an das sich die Amerikaner selbst noch nicht heranwagten. Verneuil indes geht sogar so weit, die Geschichte in fiktionalisierter Form weiterzuspinnen und seinen Protagonisten auf die Fährte einer großangelegten Verschwörung zu schicken.

                    Begleitet von einem treibenden Ennio Morricone Score und in stimmungsvolle Großstadtbilder gehüllt, ergibt sich auf diese Weise packende Thrillerunterhaltung, die von einem stark aufspielenden Yves Montand in der Rolle des unermüdlichen Generalstaatsanwalts getragen wird, der alles daransetzt, um die Wahrheit hinter dem tödlichen Attentat herauszufinden.

                    Als Herzstück des Films erweist sich dabei die detaillierte Schilderung des Milgram-Experiments, anhand dessen Verneuils Thriller die Indoktrination des Killers durch die Hintermänner aufzuzeigen versteht. Obgleich das Experiment heutzutage sehr bekannt ist und der Verlauf jener Szene daher für ein modernes Publikum wenig überraschend sein dürfte, versteht es Verneuil dennoch, einen gewissen Nervenkitzel in diesen Momenten zu generieren.

                    Angesichts dieser vielen Vorzüge stört es auch nicht allzu sehr, dass einige Details der Handlung etwas unglaubwürdig erscheinen. So fragt man sich etwa zwangsläufig, warum der Protagonist erst ein Jahr verstreichen lässt, ehe er tiefer in den Fall einsteigt und warum er seinen Kronzeugen mehr oder weniger unbewacht in den Karibikurlaub schickt. Trotz dieser kleinen Ungereimtheiten steht “I wie Ikarus” doch für fesselnden Thrill mit politischer Note.

                    37
                    • 6 .5

                      Der mit fantastischen Elementen angereicherte “Family Man” von Regisseur Brett Ratner (Rush Hour, Roter Drache) ist ein aus bekannten Zutaten zusammengesetztes Weihnachtsdrama, das vor allem von seinem engagierten Hauptdarsteller profitiert und recht angenehme Wohlfühlunterhaltung bietet.

                      Der alleinstehende Jack Campbell (Nicolas Cage) ist ein erfolgreicher Börsenmakler an der Wall Street. Selbst das bevorstehende Weihnachtsfest nutzt der Workaholic, um den nächsten großen Deal einzufädeln. Im Supermarkt lernt er den mysteriösen Cash (Don Cheadle) kennen, der Jack davon überzeugen will, dass er trotz seines finanziellen Erfolges kein erfülltes Leben führt. Als Jack am nächsten Morgen aufwacht, findet er sich plötzlich im Bett mit seiner Jugendliebe Kate (Téa Leoni) wieder, die er einst sitzen ließ. In dieser alternativen Realität sind Kate und er seit vielen Jahren verheiratet, haben zwei Kinder und führen ein einfaches Leben in New Jersey...

                      “Family Man” vermengt vertraute Versatzstücke aus Werken wie “Ist das Leben nicht schön?” (1946) und den diversen Dickens-Verfilmungen und fühlt sich zudem an einigen Stellen wie eine Weihnachtsversion von “Butterfly Effect” (2004) an. Was Ratners Drama an innovativen Ideen vermissen lässt, gleicht es jedoch mit Charme, der kompetenten Inszenierung sowie ansprechenden Darstellerleistungen wieder aus.

                      Hinzu gesellt sich eine Prise Humor, die sich vornehmlich aus den völlig veränderten Lebensumständen des Protagonisten ergibt, der sich statt mit großen Firmenfusionen nun mit Windeln wechseln und Bowlingabenden auseinandersetzen muss. Szenen wie jene, in der Jack seine Angebetete in einem noblen Restaurant zum Tanzen auffordert, strahlen zudem eine entwaffnende Herzlichkeit aus. Trotz der etwas zu lang geratenen Laufzeit ergibt sich somit ein positiver Gesamteindruck.

                      37
                      • Viel bekomme ich nicht zusammen. Dafür bin ich zu oft in vergangenen Jahrzehnten unterwegs.

                        Kino:
                        Die Frau im Nebel (2022)
                        Dune Part One (2021)
                        Tigers (2020)
                        The Batman (2022)
                        Der Rausch (2020)
                        Helden der Wahrscheinlichkeit (2020)

                        Dokus:
                        Höllental (2021)
                        Schwarze Adler (2021)

                        26
                        • 6 .5

                          “Schneesturm im Paradies” ist eine charmante Gaunerkomödie in winterlicher Atmosphäre, die für locker-leichte Unterhaltung mit gut aufgelegten Darstellern und der üblichen Portion Weihnachtskitsch sorgt.

                          Der New Yorker Restaurantmanager Bill Firpo (Nicolas Cage) versucht seine kriminelle Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein gesetzestreues Leben zu führen. Als Bills Brüder, der notorische Lügner Dave (Jon Lovitz) und der Kleptomane Alvin (Dana Carvey) jedoch an Weihnachten aus dem Gefängnis entlassen werden, ist es mit Bills guten Vorsätzen schnell vorbei. Nachdem Bill offenbar an einem Tatort sein Portemonnaie verloren hat, befürchtet er, dass die Polizei nun hinter ihm her ist. Da kommt es ihm gerade recht, dass Vic Mazzucci (Vic Manni), ein Mithäftling seiner Brüder, diese in einem Brief darum bittet, seine Tochter Sarah (Mädchen Amick) aufzusuchen, von der er lange nichts mehr gehört hat. Kurzerhand fahren die drei Brüder nach Pennsylvania, wo Sarah in der Kleinstadt Paradise als Bankangestellte arbeitet. Als die Brüder mitbekommen, dass soeben eine hohe Bargeldsumme eingeliefert wird, beschließen sie spontan, die Bank zu überfallen...

                          Der von George Gallo (Die Farben des Herbstes, Kings of Hollywood) inszenierte Weihnachtsspaß überzeugt mit einem recht hohen Erzähltempo, vielen schrägen Ideen sowie einem sehr angenehmen Kleinstadtambiente. Dass dabei einige Storywendungen wenig Sinn ergeben und auch nicht alle Gags zünden wollen, fällt angesichts dieser Vorzüge kaum ins Gewicht, vermag der Cast, dem u.a noch John Ashton (Beverly Hills Cop) und Richard Jenkins (Shape of Water) angehören, derartige Schwächen doch mit viel Improvationslust zu kaschieren.

                          So steht am Ende eine turbulente Chaoskomödie, die das Herz am rechten Fleck hat und den Zuschauer in vorweihnachtliche Stimmung zu versetzen versteht.

                          30
                          • 7

                            “Weißt du, was mein liebstes Weihnachtsgeschenk wäre? Dich leiden zu sehen!”

                            Das Historiendrama “Der Löwe im Winter” erzählt von einem Weihnachtsfest der etwas anderen Art, wohnen wir in der von Anthony Harvey (Der verkehrte Sherlock Holmes, Adlerflügel) in Szene gesetzten Theateradaption doch einem königlichen Familienkleinkrieg im 12. Jahrhundert bei.

                            1183: Der alternde englische König Henry II (Peter O’Toole) fürchtet, dass sein gewaltiges Reich nach seinem Ableben zerfallen könnte und beschließt nach dem Tod seines ältesten Sohnes frühzeitig einen Nachfolger unter seinen drei verbliebenen Söhnen Richard (Anthony Hopkins), Geoffrey (John Castle) und John (Nigel Terry) auszuwählen. Da seine Gemahlin Eleonore (Katherine Hepburn) in der Vergangenheit mehrmals gegen ihn konspiriert hat, hat der König sie vor einigen Jahren ins Exil auf Burg Old Sarum verbannt. Lediglich zu den Weihnachtsfeiertagen darf Eleonore ihr Gefängnis verlassen und in den Kreis der Familie zurückkehren. Während der König seinen jüngsten Sohn John als Thronerben präferiert, ist der schlachtenerprobte Richard der Favorit seiner Mutter. Daher entspinnt sich über die Feiertage ein intrigantes Ränkespiel unter den Familienmitgliedern, bei dem jeder versucht, seine eigene Machtposition auszubauen...

                            Harveys Historiendrama ist seine Theaterherkunft deutlich anzumerken, verfügt “Der Löwe im Winter” trotz der stimmigen Mittelalteratmosphäre doch über nur wenige filmische Qualitäten. So lässt sich etwa die Kameraarbeit mit ihren inflationär eingesetzten Zooms lediglich als mittelmäßig bezeichnen. Was Harveys Werk dennoch sehenswert macht, sind vielmehr die herausragenden Leistungen der Castmitglieder und das Feuerwerk an scharfzüngigen Dialogen, welches sie hier gemeinsam abbrennen.

                            Insbesondere Hepburn und O’Toole als sich hassliebendes Königspaar spielen sich in diesem Rosenkrieg geradezu die Seele aus dem Leib und scheinen sich mit ihren giftigen Bemerkungen über den jeweils anderen gegenseitig übertrumpfen zu wollen. Doch auch der seinerzeit noch unerfahrene Anthony Hopkins vermag hier bereits mehr als nur anzudeuten, dass aus ihm eines Tages einer der Besten seiner Zunft werden wird. Einzig Nigel Terry in der Rolle des trotzköpfigen Nesthäkchens fällt mit seiner übertriebenen Performance im Vergleich zum weiteren Cast, zu dem u.a. noch Jane Merrow (Hände voller Blut) und Timothy Dalton (Hot Fuzz) gehören, ein wenig ab.

                            Freunde sarkastischen Dialogkinos kommen bei diesem mittelalterlichen Intrigengeflecht somit in jedem Fall auf ihre Kosten.

                            “Ein Messer! Er hat ein Messer!”

                            “Natürlich hat er ein Messer, er hat immer ein Messer. Wir alle haben welche! Es ist 1183 und wir sind Barbaren!”

                            35
                            • 7

                              Mit “Der Glöckner von Notre Dame” legte der deutsche Regisseur William Dieterle (Das Leben des Emile Zola, Liebesbriefe) die erste Tonverfilmung von Victor Hugos Weltbestseller vor und schuf eine stilsichere Romanadaption, welche über eine prachtvolle Ausstattung und eine einnehmende, spätmittelalterliche Atmosphäre verfügt.

                              Paris gegen Ende des 15. Jahrhunderts: Auf dem alljährlichen Fest der Narren wird Quasimodo (Charles Laughton), ein buckliger und durch seine jahrelange Arbeit als Glöckner der Pariser Kathedrale taub gewordener Außenseiter von der ausgelassen feiernden Menge wegen seiner außergewöhnlichen Hässlichkeit zum ‘König der Narren’ gekrönt. Im Zuge dessen kommt es zu einer ersten Begegnung zwischen dem Glöckner und der schönen Zigeunerin Esmeralda (Maureen O’Hara), die eine starke Anziehungskraft auf Quasimodo ausübt. Als Esmeralda sich vor den Pariser Wachen, die es wegen ihrer ungezügelten Feierlaune auf sie abgesehen haben, in die Kathedrale flüchtet, bittet sie den Erzbischof von Paris (Walter Hampden) um Asyl und König Louis XI (Harry Davenport) um Gnade für ihr Volk. Dabei erregt sie jedoch die Aufmerksamkeit des Richters Frollo (Cedric Hardwicke), Quasimodos kaltherzigem Ziehvater, der sich nicht eingestehen will, dass auch er sich zu der jungen Schönheit hingezogen fühlt...

                              Dieterles Romanverfilmung spielt in einer Zeit des Umbruchs, an der Schwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit. Die Entdeckung Amerikas steht unmittelbar bevor und die Erfindung des Buchdrucks soll auch dem einfachen Volk das Lesen ermöglichen. Während der konservative Frollo an alten Traditionen festhalten will und den Aberglauben an Hexen und dunkle Mächte unter der Pariser Bevölkerung nährt, stehen Quasimodo, Esmeralda und Co. stellvertretend für den Aufbruch in die Moderne. Anders als in anderen Filmen zu dieser Thematik, bilden Glaube und Wissenschaft in “Der Glöckner von Notre Dame” jedoch keine Gegensätze. So findet etwa die Zigeunerin Esmeralda trotz ihrer progressiven Denkweise Schutz und Halt im christlichen Glauben.

                              Neben seiner zeitlosen Auseinandersetzung mit Themen wie Fremdenhass, Asylrecht und der Angst vor Andersartigkeit kann Dieterles Werk zudem auch handwerklich überzeugen. So weiß der detailgetreue Notre Dame-Nachbau ebenso zu gefallen wie die Maske des stark aufspielenden Charles Laughton und die mitunter schaurigen Schwarzweiß-Bilder.

                              Einzig die ganz große emotionale Schlagkraft lässt Dieterles Film ein wenig vermissen. So hätte man Quasimodo und Esmeralda durchaus noch weitere gemeinsame Szenen geben können, um ihre besondere Beziehung weiter zu vertiefen.

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                              • 8 .5

                                “Wir haben all die faulen Eier in einen Korb geschmissen und wir haben vor, diesen Korb sehr gut zu bewachen!”

                                Mit “Gesprengte Ketten” schuf Regisseur John Sturges (Die glorreichen Sieben, Sinola) einen starbesetzten Klassiker des Gefängnisfilms, welcher von einem geplanten Massenausbruch aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager erzählt.

                                Deutschland während des Zweiten Weltkriegs: Der den amerikanischen Luftstreitkräften zugehörige Captain Virgil Hilts (Steve McQueen) wird mit weiteren Gefangenen in ein von der deutschen Luftwaffe bewachtes Lager gesperrt. Schon bald unternimmt der als Ausbruchsexperte geltende Hilts zusammen mit dem schottischen Officer Archibald Ives (Angus Lennie) die ersten Fluchtversuche, die jedoch allesamt scheitern. Unterdessen planen auch weitere Alliierte unter der Führung des britischen Major Roger Bartlett (Richard Attenborough) eine großangelegte Fluchtaktion, für die insgesamt drei Tunnel gegraben werden sollen, um bis zu 250 Männer aus dem Lager zu schaffen. Dem wagemutigen Hilts soll bei der Fluchtaktion eine entscheidende Rolle zukommen...

                                Sturges’ auf realen Begebenheiten beruhender Ensemblefilm wartet mit einem echten Allstar-Cast auf, zu dem u.a. noch Charles Bronson (Ein Mann sieht rot), James Coburn (Todesmelodie), James Garner (Space Cowboys) und Donald Pleasence (Halloween) zählen. Letzterer konnte dabei sogar auf eigene Erfahrungen aus Kriegsgefangenschaft in einem Stammlager zurückgreifen.

                                Neben der ausgezeichneten Besetzung punktet “Gesprengte Ketten” zudem mit einer ebenso fesselnden wie abwechslungsreichen Story, die mit einem ungemein eingängigen Elmer Bernstein Score untermalt wird und trotz der üppigen Laufzeit so gut wie keine Längen aufweist. Überraschenderweise geht es dabei im Gefangenenlager bisweilen recht heiter und unbeschwert zu, wobei der pointierte Humor für einige starke Lacher sorgt und durch die Bewachung durch die Luftwaffe anstelle der Gestapo auch eine halbwegs plausible Erklärung erfährt.

                                Spätestens in der zweiten Filmhälfte wird der Tonfall dann aber doch deutlich ernster und Sturges zieht die Spannungsschrauben noch einmal zusätzlich an. Zudem macht sich nun auch die detaillierte Einführung der verschiedenen Charaktere bezahlt, fiebert man als Zuschauer doch jetzt mit allen Flüchtigen gleichermaßen mit und kann sich zugleich nie sicher sein, wie die Geschichte für Hilts, Bartlett und Co. ausgehen wird.

                                Packende Actionmomente vor herrlicher bayrischer Landschaftskulisse im Schlussdrittel runden dieses hervorragende Filmerlebnis schließlich ideal ab.

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                                • 4 .5

                                  Der vor allem durch seine Western bekannte Sergio Sollima (Der Gehetzte der Sierra Madre, Von Angesicht zu Angesicht) inszenierte mit “Brutale Stadt” einen Rachethriller mit dem genreerfahrenen Charles Bronson in der Hauptrolle, der zwar in visueller Hinsicht zu überzeugen weiß, gleichzeitig jedoch unter seiner wirren Erzählweise und fehlenden Spannungshöhepunkten leidet.

                                  Auftragskiller Jeff Heston (Charles Bronson) wird auf den Bahamas Opfer eines Anschlags eines ehemaligen Auftraggebers, bei dem er lebensgefährliche Verletzungen erleidet und seine Freundin Vanessa (Jill Ireland) offenbar in die Hände des Killerkommandos fällt. Schon bald verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass Vanessa selbst in die Sache involviert ist. Jeff möchte seine Freundin dennoch um jeden Preis zurückgewinnen und sinnt zugleich nach Vergeltung...

                                  Die halsbrecherische Autoverfolgungsjagd, die sich der Protagonist mit dem Killerkommando gleich zu Beginn liefert, sorgt nicht nur für einen packenden Auftakt, sondern stellt gleichzeitig auch das mit Abstand größte Highlight des ansonsten reichlich lahmen und ideenlosen Rachefilms dar.

                                  Was dann folgt, sind zum Teil unzusammenhängende Szenenabfolgen, in denen Jeff allen möglichen Widersachern aus seiner Vergangenheit ans Leder will und zugleich wie ein liebestoller Hund seiner verräterischen Freundin hinterherhechelt. Den Part des über beide Ohren Verliebten nimmt man Charles Bronson dabei überhaupt nicht ab, zumal er Vanessa bei ihrem ersten Wiedersehen nach dem Mordanschlag dann auch noch direkt vergewaltigen will.

                                  Im letzten Drittel tritt schließlich noch Telly Savalas (Das dreckige Dutzend) als Strippenzieher hinter dem Ganzen in Erscheinung, vermag jedoch der drögen Geschichte ebenfalls keine nennenswerten Impulse zu geben. Und selbst Ennio Morricones Score gehört zu den weniger einprägsamen Arbeiten der Komponistenlegende.

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                                  • 6

                                    Der von John Badham (Saturday Night Fever, Drop Zone) inszenierte “Das fliegende Auge” ist ein mit ansehnlichen praktischen Effekten und spektakulären Helikopterszenen ausgestatteter Actionthriller, der zwar recht gute Unterhaltung bietet, das Potenzial einer Überwachungsstaat-Dystopie aber weitgehend ungenutzt lässt.

                                    Der traumatisierte Vietnamveteran Frank Murphy (Roy Scheider) gilt als einer der besten Piloten der Hubschrauberstaffel der Polizei von Los Angeles, eckt wegen seiner dickköpfigen Art jedoch auch immer wieder bei seinen Vorgesetzten an. Eines Tages wird ihm der unerfahrene Richard Lymangood (Daniel Stern) als Partner zur Seite gestellt, zu dem Murphy schnell einen guten Draht findet. Bei einem ihrer ersten gemeinsamen Flüge werden die beiden Piloten zum Anwesen einer Politikerin gerufen, die von zwei Bewaffneten überfallen wurde und bald darauf ihren Schussverletzungen erliegt. Murphy und Lymangood stellen auf eigene Faust Nachforschungen zu dem Fall an und kommen so einer Verschwörung auf die Spur, in der ‘Das fliegende Auge’, ein neuartiger Hightech-Helikopter, der zur Terrorabwehr bei den Olympischen Spielen eingesetzt werden soll, eine zentrale Rolle spielt...

                                    Mit seinen Bildern der nächtlichen Großstadt und der großen Faszination für moderne Technik erinnert Badhams Actionthriller von Beginn an die Filme James Camerons, insbesondere an den im Jahr darauf erschienenen “Terminator”. Ehe wir ‘Das fliegende Auge’ mit seinen Spezialkameras und der Gatling-Kanone jedoch erstmals zu sehen bekommen, vergeht eine ganze Weile, da sich Badhams Film recht lange mit weniger interessantem Vorgeplänkel aufhält. So missbrauchen die beiden Piloten ihre Hubschrauberflüge etwa dafür, um einer nackten Frau bei ihren Yoga-Übungen zuzugucken. Für einen Film, der offenbar auch auf die Gefahren einer totalen Überwachung hinweisen möchte, trifft “Das fliegende Auge” in solchen Momenten schlicht nicht den richtigen Ton.

                                    Wesentlich besser funktioniert Badhams Film, wenn er sich in der zweiten Hälfte ganz auf die rasanten Flugeinlagen fokussiert und seinen stählernen Protagonisten explosive Luftkämpfe in den Häuserschluchten von Los Angeles austragen lässt. Positiv hervorzuheben sind neben den gut gealterten Actionsequenzen zudem die Darbietungen der Castmitglieder, zu denen u.a. noch Candy Clark (American Graffiti), Malcom McDowell (Uhrwerk Orange) sowie der früh verstorbene Warren Oates (The Wild Bunch) in seiner letzten Rolle zählen.

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                                    • 5

                                      Mit “Heist” legte der vorwiegend als Drehbuchautor bekannte David Mamet (u.a. für “The Untouchables, Wag the Dog) ein altmodisch anmutendes Gaunerstück vor, das nahezu alle Zutaten des Genres enthält und hauptsächlich mit seinem prominenten Ensemble punkten kann.

                                      Der alternde Verbrecher Joe Moore (Gene Hackman) wird von Mickey Bergman (Danny DeVito), einem Gangsterboss, der Moores’ Raubzüge finanziert, dazu gedrängt, gemeinsam mit seiner Bande einen letzten Coup für ihn durchzuziehen. Hierfür sollen sie ein Schweizer Flugzeug überfallen, das mehrere Kisten mit Goldbarren an Bord hat. Um das Geschehen besser kontrollieren zu können, stellt Bergman den Ganoven seinen unerfahrenen Neffen Jimmy (Sam Rockwell) zur Seite, dessen Nervosität und Unzuverlässigkeit den Raubzug jedoch massiv zu gefährden droht...

                                      Mamets Heist-Movie bietet keinerlei Innovationen, sondern setzt vielmehr vollkommen auf die üblichen Genrestandards. Entsprechend beliebig und vorhersehbar fühlen sich weite Teile der Handlung an, obgleich “Heist” gegen Ende den einen oder anderen Twist bereithält. Zudem leidet der Film unter der behäbigen Erzählweise, die nur phasenweise Spannung aufkommen lässt. Actionfans kommen ebenfalls kaum auf ihre Kosten, da sich Mamets Film eher über die Auseinandersetzung der Charaktere definiert.

                                      Aufgewertet wird “Heist” indes durch den gut aufgelegten Cast, dem u.a. noch Rebecca Pidgeon (Die unsichtbare Falle) und Delroy Lindo (Gottes Werk und Teufels Beitrag) angehören. Speziell dank des gewohnt charismatischen Gene Hackman bleibt man als Zuschauer somit trotz diverser Schwächen bis zum Ende am Ball.

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                                      • 7

                                        Der von David Robert Mitchell (The Myth of the American Sleepover, Under the Silver Lake) inszenierte “It Follows” ist ein beklemmendes Horrorwerk, welches Elemente des Teenie-Slashers auf originelle Weise variiert und mit seiner markanten Soundkulisse sowie der durchdachten Kameraführung an die Filme John Carpenters erinnert.

                                        Die frisch verliebte College-Studentin Jaime Height (Maika Monroe) hat ein Date mit ihrem neuen Freund Hugh (Jake Weary), an dessen Ende sie in Hughs’ Wagen zum ersten Mal miteinander schlafen. Im Anschluss daran betäubt Hugh seine Freundin mit Choloroform und fesselt sie an einen Rollstuhl. Er erklärt ihr, dass er durch den Sex einen Fluch auf sie übertragen habe. Demnach werde Jaime fortan von einem Wesen verfolgt, welches die Gestalt verschiedener Menschen annehmen kann und sie töten werde, sobald es Jaime gefangen habe. Um den Fluch weitergeben zu können, müsse Jaime mit einer anderen Person schlafen...

                                        Mag die Prämisse des Films auf dem Papier auch lächerlich klingen, versteht es Mitchell doch von Beginn an eine düster-diffuse Stimmung zu erzeugen, die “It Follows” zu einem einnehmenden Horrorstück werden lässt, das auch ohne explizite Gewalt und offensive Schockeffekte für Gänsehaut sorgt. Verstärkt wird diese intensive Schaueratmosphäre zusätzlich durch die dröhnenden Synthesizer-Klänge und die in Grau- und Blautönen gehaltenen Bilder der kleinen Vorstadtsiedlung. Darüber hinaus weiß auch der junge, angenehm unverbrauchte Cast zu überzeugen, während der langsame, sich stetig steigernde Spannungsaufbau und die Weitwinkelaufnahmen deutliche Parallelen zum Carpenter Klassiker “Halloween” (1978) aufweisen.

                                        Deuten lässt sich Mitchells Werk indes als Parabel auf die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten, aber auch als Gleichnis über die Angst vor dem Altwerden und dem eigenen Tod. Für Letzteres spricht etwa eine Szene zu Beginn, in der Jaime und Hugh ein Spiel spielen, bei dem Hugh sich wünscht, noch einmal ein kleiner Junge sein zu können.

                                        Auch wenn “It Follows” im letzten Drittel ein wenig die Puste ausgeht und nicht alle Handlungen der jungen Protagonisten nachvollziehbar sind, steht doch am Ende ein schaurig-spannendes Filmerlebnis, das gekonnt die Ängste junger Erwachsener aufgreift.

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                                        • Kenduskeag 08.11.2024, 11:45 Geändert 08.11.2024, 11:46

                                          1. Marvin - Per Anhalter durch die Galaxis
                                          2. T-800 - Terminator-Reihe
                                          3. T-1000 - Terminator 2
                                          4. The Gunslinger (Yul Brynner) - Westworld
                                          5. RoboCop
                                          6. R2-D2 - Star Wars-Reihe
                                          7. HAL 9000 - 2001: Odyssee im Weltraum
                                          8. Sonny - I, Robot
                                          9. Wall-E

                                          Dicker SPOILER:
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                                          10. Joanna - Die Frauen von Stepford

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                                          • 7

                                            Nachdem er bereits mit “Die Verurteilten” und “The Green Mile” zwei Stephen King Vorlagen erfolgreich für die große Leinwand adaptierte hatte, wagte sich Regisseur Frank Darabont (Buried Alive, The Majestic) mit “Der Nebel” an eine weitere Novelle des ‘King of Horror’ und schuf einen kammerspielartigen SciFi-Horrorfilm, der sich mit gefährlichen Gruppendynamiken im Angesicht von lebensbedrohlichen Ausnahmesituationen auseinandersetzt.

                                            Während eines verheerenden Unwetters werden das Bootshaus der Familie Drayton sowie eine Fensterfront ihres Hauses durch umfallende Bäume zerstört. Um Einkäufe und Materialen für die Reparaturarbeiten zu besorgen, fährt David Drayton (Thomas Jane) mit seinem kleinen Sohn Billy (Nathan Gamble) zum Supermarkt nach Castle Rock. Unterdessen zieht ein undurchdringlicher Nebel auf, in dem sich offenbar mysteriöse Kreaturen mit Fangarmen verbergen. David und sein Sohn verschanzen sich mit weiteren Menschen im Supermarkt, müssen jedoch alsbald feststellen, dass die Gefahr nicht nur von den Kreaturen im Nebel ausgeht...

                                            Darabont kombiniert für “Der Nebel” Grundzutaten des Monsterfilms mit Ansätzen einer Gesellschaftsstudie und sorgt so für packende Unterhaltung, der es trotz der stereotypen Charaktere nicht an Tiefgang mangelt. Dabei kann sich der Regisseur auf seine überzeugende Riege an Darstellern verlassen, von denen er gleich mehrere später auch in seiner Erfolgsserie “The Walking Dead” einsetzte. Besonders Marcia Gay Harden (Mystic River) in der Rolle der religiösen Fanatikerin Mrs. Carmody und Toby Jones (Berberian Sound Studio) als über sich hinauswachsender Supermarktleiter wissen zu gefallen.

                                            Neben zahlreichen Bezügen zum Alten Testament – die über die Supermarktgruppe hereinbrechenden Katastrophen erinnern etwa an die zehn Plagen – gibt es für King-Fans zudem mehrere Anspielungen auf andere Werke des Horrormeisters zu entdecken. So malt der Protagonist gleich in der Eröffnungsszene ein Filmplakat für “Der Dunkle Turm”.

                                            Angesichts dieser Vorzüge stört es auch nicht allzu sehr, dass einige CGI-Effekte den Test der Zeit nicht bestanden haben, zumal Darabonts Film zugleich auch über ein paar handgemachte Splattereffekte verfügt.

                                            Ausdrücklich hervorzuheben ist außerdem das markerschütternde Finale, welches Darabonts SciFi-Horror zu einem Ende führt, das noch sehr lange nachhallt.

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                                              Der auf Grundlage der gleichnamigen Comic-Reihe entstandene “Flash Gordon” ist ein zum Kultfilm avancierter Mix aus SciFi und Fantasy, der eine klassische Heldenreise erzählt und dabei besonders durch seine farbprächtigen Kulissen und schrillen Kostüme hervorsticht.

                                              Der tyrannische Imperator Ming (Max von Sydow) hat bereits mehrere Völker von verschiedenen Planeten unterjocht und will nun testen, ob die Bewohner der Erde eine potenzielle Bedrohung für ihn darstellen. Hierzu verursacht er unterschiedliche Wetterkatastrophen, die die ahnungslosen Erdbewohner fortan heimsuchen. Unterdessen stürzt das Flugzeug des Football-Spielers Flash Gordon (Sam J. Jones) mit der sich ebenfalls an Bord befindenden Reiseleiterin Dale Arden (Melody Anderson) in das Haus des exzentrischen Wissenschaftlers Dr. Hans Zarkov (Chaim Topol), welcher den Wetterphänomen mithilfe einer von ihm gebauten Rakete auf den Grund gehen will. Nachdem Zarkov Flash Gordon und seine Begleiterin dazu genötigt hat, die Reise ins All mit ihm anzutreten, wird das Trio durch ein Wurmloch auf den von Ming beherrschten Planeten Mongo versetzt...

                                              Das im Fahrwasser von “Krieg der Sterne” (1977) erschienene SciFi-Märchen von Regisseur Mike Hodges (Jack rechnet ab, Croupier) liefert knallbunte Abenteuerunterhaltung mit extravaganter Ausstattung und einem dazu passenden Queen-Soundtrack. Aufgewertet wird der wilde SciFi-Ritt zudem durch seine spielfreudige Riege an Nebendarstellern, zu denen u.a. noch Ornella Muti (Gib dem Affen Zucker) und Timothy Dalton (Hot Fuzz) gehören.

                                              Inhaltlich bietet “Flash Gordon” derweil kaum mehr als einen vorhersehbaren Kampf zwischen Gut und Böse, in dem ein muskelbepackter Held zur Revolution gegen ein faschistoides System aufruft. Angereichert wird dies mit einer großen Portion frivolen Humors, der zuweilen an Roger Vadims “Barbarella” (1968) erinnert.

                                              Trotz einiger hoffnungslos veralteter Effekte und eines blassen Hauptdarstellers steht somit am Ende ein kurzweiliges SciFi-Vergnügen, das als Inspirationsquelle für so manche Marvel-Verfilmung gedient haben dürfte.

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                                              • 6

                                                Ehe George A. Romero mit seinen Werken das Subgenre des Zombiefilms in entscheidender Weise prägte und veränderte, existierte ein völlig anderes, zumeist von Voodoo-Kulten beeinflusstes Bild der Untoten. Ein bekanntes Beispiel für jene frühe Zombie-Darstellung findet sich in dem von Jacques Tourneur (Goldenes Gift, Der Fluch des Dämonen) in Szene gesetzten “Ich folgte einem Zombie”, mit dem der französische Regisseur an den Überraschungserfolg von “Katzenmenschen” (1942) anknüpfen wollte.

                                                Die junge Krankenschwester Betsy (Frances Dee) nimmt eine Stelle auf der westindischen Insel Sankt Sebastian an, wo sie Jessica Holland (Christine Gordon), die Ehefrau des Plantagenbesitzers Paul Holland (Tom Conway), pflegen soll. Diese befindet sich in einem Zustand der Apathie und scheint ihr Umfeld kaum mehr wahrzunehmen, weshalb man sie als ‘Zombie’ bezeichnet. Auf der Plantage lernt Betsy zudem Pauls alkoholkranken Halbbruder Wesley (James Ellison) kennen, der Paul die Schuld an Jessicas Zustand gibt. Nach und nach kommt Betsy hinter das dunkle Geheimnis der Familie und setzt alles daran, um Jessica zu heilen...

                                                “Ich folgte einem Zombie” gefällt vor allem aufgrund seiner dichten Karibikatmosphäre und dem gekonnten Spiel mit Licht und Schatten. Statt auf plumpe Schockeffekte setzt Tourneur vollkommen auf die Kraft der Bilder sowie auf die subtile Gruselwirkung der präsentierten Voodoo-Mythen.

                                                Die recht ungewöhnliche Geschichte um die Krankenschwester und ihre teilnahmslose Patientin bietet dann auch so einige spannende Ideen, kommt allerdings eher langsam in Gang und wird zudem auch etwas umständlich erzählt. Durch die gelungene Charakterzeichnung und die ansprechenden Performances der Darstellerriege werden diese kleineren Schwächen jedoch recht gut kaschiert.

                                                So ist Tourneurs Werk in erster Linie für all diejenigen geeignet, die an neuen, aus heutiger Sicht kaum mehr bekannten Facetten des Zombiegenres interessiert sind und Freude an der alptraumhaften Schauerstimmung finden.

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                                                • 6

                                                  “Nackt und zerfleischt”, dem bis heute der Ruf eines Skandalfilms vorauseilt, ist ein dem Kannibalengenre zugerechnetes Werk des Italieners Ruggero Deodato (Der Schlitzer, Die Barbaren), welches als Vorreiter des Found Footage Films angesehen werden kann.

                                                  Der New Yorker Anthropologe Prof. Harold Monroe (Robert Kerman) bricht zu einer Rettungsmission in das Amazonas-Gebiet auf, um eine verschollene vierköpfige Gruppe von Dokumentarfilmern um den für seine Kriegsreportagen ausgezeichneten Alan Yates (Gabriel Yorke) wiederzufinden. Unterstützung erhält Monroe dabei von Chaco (Salvatore Basile), der sich als einer der Wenigen im Regenwald auskennt. Im Territorium des indigenen Volkes der Yanomami stoßen die Männer schließlich auf die sterblichen Überreste der Filmcrew und ihre Ausrüstung. Zurück in New York macht sich Monroe daran, das Filmmaterial auszuwerten, und entdeckt dabei Ungeheuerliches...

                                                  Deodatos Film zeigt Szenen von entsetzlicher Grausamkeit und Brutalität. Überraschenderweise gehen die meisten der gezeigten Gräueltaten jedoch nicht von mordlüsternen Kannibalen, sondern vielmehr von den weißen Eindringlingen aus, die vor keiner Schandtat zurückschrecken, um an möglichst reißerisches Bildmaterial zu kommen. Auf diese Weise prangert “Nackt und zerfleischt” auf zwar recht plakative, aber dennoch wirkungsvolle Art Sensationsgier und moralischen Verfall im Umgang mit fremden Kulturen an. Der semidokumentarische Found Footage Stil, in dem weite Teile des Films inszeniert sind, verstärkt die Wirkung der erschütternden Bilder dabei zusätzlich und verleiht Deodatos Werk einen Anstrich von roher Authentizität. Besonders hervorzuheben ist zudem der mitunter träumerische Score von Riz Ortolani (Old Shatterhand), der sich mindestens ebenso einprägt wie die Bilder selbst. All dies führt in Kombination dazu, dass sich “Nackt und zerfleischt” über weite Strecken eher nach einem bedrückenden (Anti-)Kriegsfilm statt nach einem typischen Horrorfilm anfühlt.

                                                  Zusätzlich erschwert wird die Bewertung des Films durch dessen zweifelhafte Produktionsgeschichte. So wurden für den Film mehrere Tiere – darunter etwa Affen und Schildkröten - getötet und diese Vorgänge anschließend in die Filmhandlung eingefügt. Ähnlich wie bei “Apocalypse Now” (1979), “Freitag der 13. (1980), “Oldboy” (2003), “Der Hobbit – Eine unerwartete Reise” (2012) und vielen weiteren Filmen, in denen Tiere vor laufender Kamera gequält und getötet wurden, liegt somit ein Schatten auf der Produktion dieses Kannibalenfilms.

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                                                  • 4 .5

                                                    In “Scream 6” versucht das Regieduo Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett (Ready or Not, Abigail) den großen Erzählbogen zu schlagen und viele Ereignisse und Figuren aus den Vorgängerteilen zusammenzuführen. Dies hat zur Folge, dass sich der sechste Teil der populären Slasher-Reihe sehr überladen anfühlt und die Geschehnisse mitunter Soap-Charakter bekommen.

                                                    Nach den traumatischen Ereignissen in Woodsboro sind die Schwestern Sam (Melissa Barrera) und Tara (Jenna Ortega) nach New York gezogen, um einen Neuanfang zu wagen. Während Tara sich von ihrer älteren Schwester abnabeln will, leidet Sam unter Anfeindungen in den sozialen Medien, wonach sie die wahre Täterin hinter den Woodsboro-Morden sei, und befindet sich deshalb in Therapie. Als eine Uni-Professorin (Samara Weaving) in eine dunkle Gasse gelockt und grausam ermordet wird, ist dies jedoch der Auftakt zu einer neuen Serie von Ghostface-Morden...

                                                    “Scream 6” knüpft an die Ereignisse aus dem unmittelbaren Vorgänger an und dürfte daher nur für Zuschauer verständlich sein, die zumindest Teil 5 der Reihe gesehen haben. Gleichzeitig kehren jedoch auch mehrere Figuren aus den Teilen 1-4 zurück, was in Kombination mit dem Freundeskreis der beiden Protagonistinnen zu einem unübersichtlichen Feld an potenziellen Verdächtigen führt. Bereits die beiden Auftaktszenen enthalten dementsprechend die ersten Wendungen und stellen klar, dass jede noch so unbedeutende Nebenfigur als Killer in Frage kommt.

                                                    Anders als der katastrophale Vorgänger fährt “Scream 6” die Anzahl der Meta-Anspielungen glücklicherweise ein wenig zurück und besinnt sich auf die ernsteren Slasher-Wurzeln des Franchise. So enthält der Film ein paar durchaus spannungsfördernde Einzelmomente, zu denen etwa der Kampf mit Ghostface in einem Mini-Markt oder die Flucht über eine Häuserschlucht gehören. Dazwischen gibt es jedoch auch immer wieder sehr viel Leerlaufzeit, während der die von u.a. Hayden Panettiere (Girls United), Dermot Mulroney (Wo die Lüge hinfällt) und Henry Czerny (Mission: Impossible) verkörperten Nebenfiguren mehr oder weniger sinnbefreite Dialoge aufsagen dürfen.

                                                    Zeichnete sich Ghostface in vorherigen Teilen zuweilen noch durch eine gewisse Tölpelhaftigkeit aus, die Rückschlüsse auf den Träger der Maske ziehen ließ, gleicht der Killer im sechsten Teil nun einer wahren Naturgewalt, deren Brutalität an Kollegen wie Jason oder Leatherface erinnert. Was sich zunächst noch wie ein belebendes Element anfühlt, nutzt sich im weiteren Verlauf jedoch immer mehr ab, da es den meisten Kills an Originalität fehlt und sich die Geschichte spätestens im Finale als hanebüchener Unsinn entpuppt.

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