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Alle Kommentare von lieber_tee
Infantilität an die Macht.
Prequel zu den quietsche-gelben Glubschaugen-Tic-Tacs, die schon in den vorangegangenen Ich-Filmen allen die Show gestohlen haben.
Es war nur eine Frage von Merchandisingprodukten auf Bettwäsche, Schulranzen und Schlüsselanhänger, bis die plappernden Stummfilmfiguren 100 Minuten Ruhm bekommen. Das Potential der fiesen, kleinen Gemeinheiten wird zwar nicht ausgereizt aber ihre Impulskontrollstörung und seltsames Kauderwelsch hat durchaus Charme.
Als chaotisches Arbeiter-Hosen-Proletariat dekonstruieren sie subversiv jegliches Verständnis von absolutistischen Führertum. Sie schießen mit Slapstick-Salven um sich, treffen mal mehr, mal weniger, erzeugen in ihrem Turbo-Quatsch-Gang eine flotte Achterbahn des Klamauks. Die episodische Struktur rettet den Streifen zwar nicht komplett über seine Länge, dafür wiederholen sich die Gags zu sehr, ist der Plot zu dumm. Es gibt aber immer genügend Anarchie, die das jüngere Publikum bei Laune hält und das ältere, welches sich noch etwas Sinn für kindlichen Humor bewahrt hat, zum Grinsen bringt. So wie bei Scat aus Ice-Age. Einen ganzen Film würde seine Gier nach Eicheln nicht füllen, wohldosiert mundet sie aber.
Die Unbändigkeit, Schadenfreude und dämlichen Scherze der Minions sind das ausgelebte Kind-sein. Moralfern werden Erwachsene genervt und auf Hörigkeit herum-getrampelt.
Alles natürlich nur im diensttauglichen Rahmen der Popkultur.
Dem grotesk aufgepumpten Männeractionkino der 80er nicht unähnlich, hier allerdings völlig humorlos und unreflektiert, lässt der Handwerker Pierre Morel Sean Penn als Oberkörper-Stier durch ein ebenso brachiales wie naives Ammenmärchen ballern. Das hanebüchene Drehbuch besteht aus Platzhirschgebaren von Alibi-Figuren, deren Probleme irgendwie den Zuschauer beschäftigen sollen, während er darauf wartet, dass das nächste Stichwort für die nächste Balgerei gegeben wird.
Das internationale Konzerne in den Entwicklungsländern ein Stück vom Rohstoffkuchen abhaben wollen und dafür über Leichen gehen, wird als grober Zaunpfahl benutzt um der Titelfigur ein Schuld / Sühne-Trauma anzudichten. Der geknickte Gutmensch muss natürlich, unter Schmerzen, moralisch gerade gebogen werden, gut das dabei eine Frau ihm Streicheleinheiten gibt.
Fast könnte man den Film wegen seiner Stumpfheit als räudige Räuberpistole der B-Klasse lieb haben, wäre da nicht die ständige Verschleppung der Dynamik und die unangenehm narzisstische Selbstbeweihräucherung von Sean Penn als Held mit Fehlern. Im direkten und offensichtlichen Vergleich mit Liam Neeson macht er als knackiger Altherren-Action-Star aber trotzdem eine gute Figur.
„Ändern sie erst die Gesellschaft, ändern sie die Regierung, vielleicht ändern sich dann auch die Polizisten.“
Kommando Cobra ist eine Art von französischer "Get Carter". Im rauen Noir-Stil der 70er Jahre versucht ein Vater, ruhig aber sehr entschlossen, herauszufinden wer seine Brüder und seine Tochter ermordet hat um dann einen blutigen Rachefeldzug zu führen. Alle beteiligten Parteien sind dabei gleichermaßen brutal, bösartig und in kriminelle, politische Verstrickungen verwickelt. Unerbittlich, wie der Protagonist, bewegt sich die Handlung bis zu ihrem tragischen Ende voran. Der Ton ist dabei lakonisch, zynisch und rabiat, die Leute werden kaltschnäuzig aus dem Weg geräumt. In einer dunklen Welt scheint niemandem die Sonne aus dem Arsch sondern es wird allen in selbigen getreten.
Betroffenheits-Schmonzette made by Til Schweiger.
Der bittere, geistige Niedergang von Demenzerkrankten wird als Wohlfühl-Kino dargereicht. Feelgood, das sich widerwärtig und falsch anfühlt.
Denn Alius Alzheimer hat Alzheimer und das ist gut so.
Nicht nur, das dadurch die fremd-gehende Frau ihren Job aufgibt, die Ehe gekittet und die Tochter Gott-gläubig wird, Monogamie wieder ein Wert bekommt, nein, auch weil ein trotteliger Opa mit wirren weißen Haaren einfach ganz knuddelig (wie ein Stofftier) und lustig ist. So können, zu softer Popmusik, Furz-, Piss- und vulgäre Sex-Kalauer, über ihn gemacht werden.
Das ist natürlich einfühlsam gemeint und soll in den klaren Momenten der Erkrankung mit Sentimentalität für Verständnis werben und in der Verwirrtheit für nett gemeinte Witze dienen. Tut es aber nicht, weil Meister Schweigers Humor Schadenfreude ist, er den Opa vorführt und auf seine Kosten erniedrigende Witze über ihn macht. Der Zuschauer darf ja im deutschen Drama-Blockbuster-Segment nicht unangenehm überfordert und mit komplexen Zusammenhängen konfrontiert (Krankenkasse, Pflegestufe, Depressionen, Berufstätigkeit, Scham usw) werden.
Themen wie Entmündigung und Bevormundung von alten Menschen, die nicht mehr „gesellschaftsfähig“ sind, das Leiden von Verwandten, Freunden die miterleben wie ihr geachteter Liebster geistig verfällt, sind unangenehm. Da ist es wohl (finanziell) besser voll auf Gefühlsduselei und Plattitüden zu setzen.
Ich weiß nicht welches Menschenbild Til Schweiger wirklich hat. Vielleicht hat er die Vorstellung, ein Normal-Publikum, welches nicht von der Alzheimer-Thematik betroffen ist, sensibilisieren zu müssen. Also gut gemeint, Toleranz und so… Aber der Film macht an seinen abgerundeten Ecken alles falsch.
Er verarscht die Kranken. Er spielt die Gefahr der Eigen- und Fremdgefährdung herunter, inszeniert Szenen rührselig, wo angemessener Respekt von Nöten wäre. Verkauft Tragik in anbiedernde Wundertüten aus Gefühlsdusseligkeit. Stellt Frauen als hysterische, fremd-gehende Sumpfhühner da, die gemeinschaftlich ausgelacht werden müssen.
Nur das kindliche Gemüt hat den (emotionalen) Durchblick. Kann den Erwachsenen zeigen wo der emotionale Hammer hängt, auch wenn es pathologisch fixierte Züge zum Opa entwickelt, weil es sich nach der Liebe ihrer selbst-verliebten Eltern sehnt.
Der Film ist eine Ohrfeige für jeden der einen Demenzerkrankten betreut.
Er ist dumm, ärgerlich und macht bräsig im Kopf.
In der Gewalt der Riesenameisen aka Angriff der Nuklearmonster (!) aka Killer Termiten (!!) ist einer der berühmten 70er Jahre Die-Natur-läuft-Amok-Filmen, die immer wieder gerne auf Kabel 1 rotieren. Hier läuft unfreiwillige Komik kreischend Amok.
Aus einer Butterfahrt zur Traum-Küste wird ein Dschungeltrip für Arschlöcher, die als Futter für radioaktiv mutierte Riesenameisen dienen. Die Viecher haben offensichtlich einen Plan, den der Drehbuchautor und Regisseur Bert I. Gordon offensichtlich nicht hatte, auch wenn angeblich die Originalidee von H.G. Wells stammen soll. Nach einer Stunde gibt es den Ultra-Twist und plötzlich befindet sich der Zuschauer im feinsten Paranoia-Kino mit Kommunismus-Phobie. Das ist so unfassbar dämlich und wird nur von den lächerlich schlecht einkopierten behaarten Kreaturen getoppt, die aber immerhin noch beweglicher agieren als die steifen Schauspieler.
Diese Seifenoper des schlechten Geschmacks wird von mir seit Kindheitstagen kultig verehrt. Denn ich liebe jene goldenen B-Flicks, weil sie so toll käsig schmecken.
6 Pheromone, die willig machen.
Blues der Einsamkeit.
Im fiktiven Vorort von Bad-City, ein Art Sin City Persiens, streift eine blutsaugende Tschador durch die dunklen Sackgassen und verliebt sich zwischen den Fütterungszeiten in den netten Dealer von nebenan. Die nach Liebe und Erlösung suchenden Geschlechter verschmelzen nach und nach wie die Genre, vom Vampirfilm über Liebesfilm zur Sozial-Studie. Sie finden in ihrer Sehnsucht nach menschlicher Wärme, zwischen all der Verlorenheit und dem Verfall, eine gemeinsame Hoffnung. In betörenden, expressionistischen und kryptischen Schwarz / Weiß-Bildern gibt es wunderschöne, traurig-süße Momentaufnahmen zum schwebenden Tanz der Musik. Leider geht die melancholische Stimmung auf Grund der gewollten Langsamkeit zunehmend im Knistern des Plattenspielers verloren, das wahrscheinlich auch noch eine tiefer gehende Kunst-Kino-Bedeutung hat.
6 stilisierte Lebenswelten der Traurigkeit.
Die rudimentäre Geschichte um einen uralten Hexen-Fluch, der durch die Frauen der gleichen Blutlinie mit einem Kuss weiter gegeben wird, ist typisches 1980er Horrordurcheinander, das aus der Wundertüte der Genre-Klischees zusammengesetzt wird, sich von einer kohärenten Handlung schnell verabschiedet und sein Konzept mit Make-up-Effekten, kreativen Todesfälle, Over-the-top Showdown und dampfenden Sex-Szenen aufpoliert. Joanna Pacuła ist dabei die kalte Schönheit mit weiblichen Ödipuskomplex. Völlig eindimensional aber geheimnisvoll darf sie verführerisch manipulierende Dinge zu ihrem Vorteil nutzen. Dabei sind Lesben hinterhältig und böse, Sex grundsätzlich schlecht. Gleichgeschlechtliche Sexualität wird im Laufe des Films unverhohlen zu einer überreizten Palette katholischer Ängste bis hin zu einer bedrohlichen Metapher für die Adoleszenz junger Mädchen.
„Die Polizei soll der Gesellschaft dienen, egal wie sie ist, aber sie nicht reformieren.“
Als sein idealistischer Partner von Gangstern getötet wird, merkt der verbitterte Kollege, dass konventionelle Polizeiarbeit nicht ausreicht, seine persönliche Vendetta geht weit über das Gesetz hinaus.
In Yves Boissets Polizeithriller muss sich der Zuschauer und Protagonist die Frage stellen lassen wo beginnt Gerechtigkeit, wo rücksichtsloses Streben nach Rache und in wie weit können wir dann damit sympathisieren. Wie in "Dirty Harry" sind die Methoden des Heldens fragwürdig, aber seine Ziele wirken moralisch richtig. Was ist wenn persönliche Motive nicht im Einklang mit dem Allgemeinwohl zu bringen sind? Wenn aus Recht polizeiliche Barbarei wird.
Erzählt wird dieses eiskalte Brett an Film ohne die stilistische Noir-Extravaganz eines Melville und erinnert doch daran. Die häufigen Gewaltausbrüche wirken in ihrer reduzierten Art schockierend, der Blick ist pessimistisch, hässlich auf eine Welt aus Gewalt und Trauer, wo sich Menschen wie Tiere verhalten.
Südkoreanisches Remake vom französischen Actioner „Point Blank – Aus kurzer Distanz“ (2010). Stand im Original mehr eine urbane, labyrinthische Verfolgungsjagd im Vordergrund, besteht hier das gehetzte Tempo aus gut choreographierten, harten Schlägereien, Schießereien, Messerstechereien, die den hanebüchenen Plot ausreichend kaschieren.
5, ich habe den Film schon wieder komplett vergessen aber schlecht war er nicht, Punkte.
»Das Spießigste beim Krimi ist, wenn man alles kapiert« (Dominik Graf)
Nachbildung und Zerlegung ist bei Dominik Graf nie trennbar. Gerne bedient und dekonstruiert er Motive des Genrefilms. Smoke on the Water ist da besonders ambitioniert.
In einem Navigationssystem aus verschiedensten Zeitebenen, zerbrochenen Bilderfolgen, sprunghaften Dialogen, genuschelten Ton, erzählerischen Steilkurven ohne korrekten Plot-Points überspannt er die Sehgewohnheiten des sonntäglichen TV-Krimi-Rituals. Die kriminalistische Spurensuche ist hier ein ebenso ironischer wie bitter-böser Rausch aus Eifersucht-Mord über handfesten Verschwörungsthriller zum fiesen Home-Invasion-Totentanz. Fast schon an eine Satire grenzend, wird irgendwo das an die Decke spritzende Blut, die böse Macht des Adels und finsteren Verbindungen zur Rüstungsindustrie in die Süd-deutsche Provinz verordnet. Wagemutig treibt Graf und Drehbuchautor Günter Schütter die krude Geschichte nach vorne. Auf Kosten klassischer Erzählmuster gibt es (mal wieder) einen Free-Jazz aus verschiedensten Genres.
Das ist nach der deutschen Filmhochschul-Lehre und verrentender TV-Bestattung verstörend, darf als Verstehe-ich-nicht-und-finde-ich-deshalb-scheiße empfunden werden, mir hat dieses ständige über das Ziel hinaus scheißen sehr gefallen.
7 -mal masturbieren im bayrischen Lokal.
„Wir werden das verfluchte Weib finden und dann ramme ich ihr den Kompressor in den Arsch!“
Eine selbstbewusste Matratze drängt die frustrierte Männlichkeit von der Straße und Bettkante, so etwas muss gerächt werden.
Der Urlaub am Arsch der Welt mit einem chauvinistischen Angeber-Schlappschwanz, dessen Werte ausschließlich von Macht und Materialismus geprägt sind, geht gehörig in die Hose weil das mitgebrachte Modell sich nicht in die fickreduzierte Ritze drängen lässt. Und weil primitive Unterschicht-Vandalen die reichen Statussymbole, das protzige Haus, infiltrieren, es nach und nach wegen Neid und Missgunst demontieren um dann die Körper zu zerstören. Das blanke Überleben steht im Vordergrund, die Situation eskaliert, wird zu einer Menschenjagd, in dem die Frau nicht in einer passiven Opferrolle verharrt.
Sichtlich von Cravens LAST HOUSE ON THE LEFT inspiriert, dem Rape-and-Revenge- bzw. Home-Invasion-Subgenre verpflichtet, werden alle bekannten Versatzstücke effektiv bedient und überraschend wenig Selbstzweckhaft auf eine grimmig-tristen Grundstimmung zentriert, die den Film zu einem Kleinod des 70er Jahre Terror-Kinos aus Kanada macht.
7-mal Kotzen auf die Stilmöbel.
In der Tradition schlichter Exploitation-Filme spielt „Self Defense“ mit der Angst vor Gesetzlosigkeit, in dem er die lange Nacht einer Belagerung eines Wohnhauses durch bewaffnete Neofaschistischen, in den Polizeistreik von Halifax 1981 einbindet. Er stilisiert mit einfachen Mitteln den urbane Horror, „Assault on Precinct 13“ war mit Sicherheit seine Haupt-Inspiration. Die grobkörnigen Bilder, schwer erkennbaren Gesichter im Halbdunklen und klaustrophobisch wirkenden Räume lassen ein Gefühl des Realismus, der Bedrohung entstehen, während die Geschichte nicht sonderlich logisch aber ohne breit ausgetretenen Grausamkeiten seinen grausigen Weg geht. Dank des minimalistischen aber packenden Aufbaus und brummigen Synthie-Score gibt es hier eine kleine aber fein-zynische Perle des 80er Jahre B-Kinos Kanadas zu bestaunen.
Space Dandy ist ein Busen-fixierter Alienjäger, der mit Hauskatze und Roboter durch das Universum streift, auf der Suche nach noch unregestrierten, skurrilen Lebewesen, die er für eine Prämie verticken kann um dann im Boo-Bies, einem sexistischen Burgerladen, seine Eier schaukeln zu lassen.
Shinichiro Watanabes ("Cowboy Bebop" und "Samurai Champloo") neue Animeserie ist eine mit Warp-Antrieb getriebene Reise in die Unverfrorenheit und den groben Unfug. Ohne jeglichen Storybogen und mit einem tumben Antihelden, dessen (sexuelles) Ego so groß ist wie seine Tolle, gibt es knallbunte Anarchie bis man sich Disco fühlt. Die Premium-Blödheit ist komplett logikbefreit, ein per Anhalter durch die Galaxis nach dem hedonistischen Lustprinzip, unberechenbar bis zum letzten Anstrich. Im Retro-Look werden popkulturelle Verweise und unzählbare Genre als ein Rausch aus grellen Farben, abstrakten Formen und cooler Musik zu einer psychedelischen Hirnzellen-Frische-Kur verarbeitet.
Beide Staffeln Binge zu schauen ist der absolute Overkill, der gesamte Schwachsinn² überlagert die Hirnrinde mit einem wahnwitzigen Brei. Eher nach einem frustrierten Tag mal eine Folge schauen, dann relativiert sich jeglicher Lebens-Scheiß und die geschundene Seele bekommt ein breites Grinsen..
8 Scharmhaare am Kopf, zusammen gebunden durch Weltraumkordeln, zu Zöpfen, mit denen man dann Weltraumkühe einfangen kann.
Die Dokumentation „Jonestown“ von Stanley Nelson folgt chronologisch dem Sektenführer Jim Jones von seinen Anfängen über die Gründung des Dschungeldorfes bis zu den Ereignissen am 18. November 1978, wo 909 Menschen, davon 276 Kinder, durch Waffengewalt und dem Trinken von Zyankali in den Tod getrieben wurden.
Mit unveröffentlichte Fotos, Film- bzw. Audiomaterial und Augenzeugenberichte der ehemaligen Sektenmitglieder und Hinterbliebenen entsteht ein sehr persönlich wirkendes Dokument des unfassbaren Grauens. Nelson meidet über weite Strecken jegliche Form der Effekthascherei, zeigt einen akribisch recherchierten, unerbittlichen Dokumentarfilm, verherrlicht und dämonisiert nichts.
Pastor Jim Jones war ein paranoider Mann mit einem Gott-Komplex, der auf der Kanzel anders als hinter den Kulissen wirkte. Irgendwo zwischen sozialistisch-religiöser Ersatz-Vater und Hitler nutzte er die Zeit des Umbruchs, der Verunsicherungen in den 70er Jahren und es gelang ihm viele Menschen, besonders Afroamerikaner, auf der Suche nach einem Ziel für seine Zwecke zu gewinnen, zu manipulieren.
Allerdings zeigt die Doku auch, das er bereits weit vor dem Massaker befremdliche Rituale der Wunderheilung durchführte, sexuell missbrauchte, Besitz enteignete, die freiheitlichen Bürgerrechte aufhob, Gestapo-ähnliche Zustände erschuf, die von Isolation über Erniedrigung zu Folter führten und die im völligen Gegensatz zu der (auch von den Augenzeugen immer betonte) idealen, friedvollen Weltanschauung ohne Rassismus standen. Dieser offensichtliche Widerspruch und das Nicht-Handeln der Betroffene wird nie (für mich) erfassbar geklärt.
Die Dokumentation endet mit einer sehr emotionalen Note. Nelson kann nicht darauf verzichten den bizzaren und erschreckenden Massenmord zu dramaturgisieren, mit manipulativer Musik und Gegen-Montage von lachenden Kindern und Leichen nochmals zu intensivieren.
Am Ende bleiben viele Fragen offen. Ob wegen Zeitmangel, dem etwas zu sehr hinausgezögerten und emotional ausgeschlachteten Ende oder weil es letztlich einfach unmöglich ist solch eine Tragödie dieses Ausmaßes endgültig zu beantworten, zu „verstehen“.
Mitte der 70er Jahre gründete Jim Jones, Führer der Peoples Temple Sekte, ein Dschungelcamp in Guyana, das er Jonestown nannte. Am 18.11.1978 trieb er über 900 Menschen, davon 276 Kinder, durch einen kollektiven Selbstmord und mit Waffengewalt in den Tod.
„Guayana - Kult der Verdammten“ ist der erste Film, der dieses unfassbar schockierende Ereignis „aufarbeitet“ (siehe auch "Lebendig gefressen" und "The Sacrament"). Der Streifen wurde vom schäbigen Schlockfilmemacher Rene Cardona Jr. holprig geschrieben und noch holpriger inszeniert und so verwundert es nicht, das hier eine verwerfliche, antikommunistische Version des Jonestown Massacer entstanden ist. Mit dezent-dokumentarischen Stilmittel werden Fakten und Spekulationen vermischt, ohne echte Neugierde an den psychologischen Zusammenhängen als zähe Horrorgeschichte erzählt. Endlos folgt der Zuschauer kruden Predigten des Referenten, der wie ein tyrannisch-paranoider Hitler wahnhaften Unsinn von sich gibt, so dass sich schnell die Frage stellt, warum alle diesem Fanatiker in diese Hölle aus Verachtung und Folter gefolgt sind. Der Film bringt dazu keinerlei tiefer gehende Einblicke und Erkenntnisse, ist nie subtil und nutzt das Leid für ausbeuterische Zwecke. Das macht letztlich keinen „Spaß“, hat aber eine morbide Faszination, ähnlich wie beim Gaffen und spekulativen Geifern an einem blutigen Unfallort.
Unbeholfener Versuch einen Gerichts-Dokumentarfilm mit Spielszenen über das Schicksal der fiktiven Catherine Miles zu machen, die ein Jahr lang unter Kopfjägern im Urwald leben musste.
Nach dem Indios den wohlhabenden Eltern der weiß-blondierten Heldin beim Hausboot-Picknick den Kopf abgeschnitten haben, rauben sie das Mädel als Tauschobjekt ihrer sexuellen Begierden.
Was zunächst noch wie ein melancholisch-bitterer Versuch wirkt, den verruchten Charme der Anfänge des Kannibalenfilms in die Mitte der 80er Jahre zu transportieren, entwickelt sich Zusehens zu einem ollen Schinken, der so packend ist wie ein Besuch des Detmolder Bauernhausmuseums. Irgendwo zwischen spießiger „Expeditionen ins Tierreich“, „Tarzan“ und Rettet die Wilden-Spendenkonto versuch Regisseur Mario Gariazzo ein wenig das reißerische Mondo-Feeling zu glätten. In Verbindung mit dem Stockholmsyndrom der Protagonistin, wirbt der Film für Verständnis mit den fremd wirkenden Ritualen der edlen Indianer, ohne dabei den voyeuristischen Reiz des Zuschauers aus den Augen zu verlieren.
Die unfassbar unbegabte Ein-Gesichtsausdruck-Hauptdarstellerin wird in die "heidnischen" Riten des Stammes eingeführt und lernt die Liebe und Dildo-Entjungferung kennen. Durch einen platten Plot-Twist und mit viel Phrasendrescherei entsteht eine Schmonzette, die nur marginal die Zivilisationskritik eines CANNIBAL HOLOCAUST streift um am Ende in dröge Peinlichkeiten zu versinken.
Ich möchte einen Feel-Good-Film mit kunterbunten Woll-Dino-Yoshis. Dann bin ich rund um glücklich und sorgenfrei (meine Tochter auch...).
Koryphäen des Horrorfilms # 09
George A. Romero ist im Bereich des (modernen und politisierten) Zombiefilms der wichtigste Wegbereiter. Seine untoten Meisterwerke „Night of the Living Dead“, „Dawn of the Dead“ und „Day of the Dead“ haben prägende Filmgeschichte geschrieben.
Weniger bekannt aber ebenso phänomenal ist seine kleine (familiäre) Produktion „Martin“.
Ob sich hier ein Vampir im Spagat zwischen Aberglaube und moderner Gesellschaft bewegt oder eine durch die Familie und Gesellschaft gestörte Psyche eines Serienkillers dargestellt wird, ist nie klar. Der Film wirft mehr Fragen auf als er dann beantwortet. „Martin“ ist mehr ein vielschichtiges Coming-of-Age Seelendrama über Sucht, Sexualität und Obsession, über unerfüllte Sehnsüchte, Einsamkeit und Verwirrungen als ein echter Nägelkau-Horror-Film. Angesiedelt in einem Pittsburgh als zukunftsloser Ort mit hoher Arbeitslosenquote und einengender Vorortspießigkeit inszeniert Romero in eigentümlich suggestiv-zurückhaltender Weise und mit gewöhnungsbedürftig ruhigen Erzähltempo eine unbequeme Perle des semi-unabhängigen 70er Jahre US-Kinos.
Wie kann ein so schlechter Film so viel Spaß machen?
Unter dem Motto, je schlimmer desto besser, gehört diese 1985er Produktion zu der damals langsam aussterbenden Welt des italienischen Kannibalen-Films. Sie ist ungeheuerlich schäbig, und ich habe jede Minute dieser kuriosen Schäbigkeit genossen…
Der ranzige Käse beginnt wie eine Slapstick-Komödie, mit dämlichen Witzen und Bud-Spencer-Schlägereien. Dann stürzen stereotype Charaktere und weibliche Eyecandys mit ihrem Modellflugzeug in die Dschungel-Pampa ab. Auf dem Weg in die Zivilisation zurück, sterben und stolpern sie über Alphamännchen-Gerangel, hungrigen Alligatoren, Piranhas, gierigen Treibschlamm, einem Stamm von hübsch frisierten und angemalten, Fleisch-fressenden Indianer, treffen auf einen schmierigen Minen-Sklaventreiber mit Bierbauch.
Die urkomische Leistung von Hauptdarsteller Michael Sopkiw als Schrotflinte-schwingendes, chauvinistisches Arschloch, das in seiner Selbstgefälligkeit tiefen Frauenhass verschießt, der komplette Verzicht auf Moral, Ethik und Geschmacksgrenzen, das Ausschlagen vom Sex- und Nackt-o-meter im 10ner Bereich, Regisseur Tarantini stopft den schweinischen Stall mit jeder Form der Ausbeutung voll, kaschiert damit seine offensichtlichen Mängel und erzeugt einen kurzweiligen Spaß. Lediglich Fans der blutrünstigen Kannibalismus-Abteilung werden sicherlich vom zahmen Gore enttäuscht sein, der Rest wippt schwungvoll im lustvollen Freispiel der nackten Titten und hirn-zerfressenden Dialogen mit.
Das Tobe Hooper nicht zu den begnadeten Geschichtenerzählern gehört ist bekannt aber selten habe ich neben einigen großartige Momenten solch grotesk-albernen, haarsträubenden Unfug gesehen. Dem King´schen Feuerkind-Thema folgend, schustert der ehemalige Meister irgendeine paranoide Verschwörungstheorie zusammen, in der es um den menschlichen Körper als Verbrennungsmotor geht, der durch irgendwelche Drogen von geheimnisvollen Militärwissenschaftlern einerseits einen Schutzmantel gegen radioaktive Strahlung entwickelt aber als unangenehme Nebenwirkung sich auch ständig und spontan selbst entzündet. So kaspert Brad Dourif mit irrem Blick durch einen rüde zusammen-kolportierten Mix aus Körperhorror und aufgesetzter Anti-Kernkraft-Botschaft um mit knalligen, schlecht einkopierten Pyro-Effekten den letzten gottseeligen Hirnschmalz des Zuschauers zu verdampfen.
Just Jaeckins "Emmanuelle" ist die Blaupause des Soft-Erotikfilms der 70er und 80er. Ein Zeitgeistfilm, ein Film der geilen Blicke, der geschmäcklerischen Raumausstattung, der Zurschaustellung.
Dekadent in der Oberschicht angesiedelt werden First-World-Probleme, meist sexueller Natur, für den damaligen Bahnhofkino-Besucher (und heutigen RTL 2 Nachtschwärmer) zur Selbstbefriedigung dargereicht. Der ebenso heimliche wie bedrohliche Wunsch nach einer selbstbestimmten Frau und Träume von frivoler Exotik sind die Kernzutaten. Natürlicher Sex als Lehrmeister, Befreiung in der lesbischen Liebe finden, körperliche Lust als spirituelle Erfahrung... alles hübsch weichgezeichnet. Die mögliche, sichtbare Armut der folkloristischen Fernreise ignorierend, ist hier Sylvia Kristel das jungfräuliche, immer-geile Erlebnis-Girl, die erst Frauen und dann fremde Männer zur Reife an sich heran-lässt. Natürlich darf sie nicht zu (sexuell) emanzipiert werden, denn die wirkliche Kunst der Erotik muss sie sich von einem alten Knacker (mit Billigung ihres Mannes) zeigen lassen, der Vergewaltigung, Erniedrigung und Dominanz paradoxer Weise als Freiheit verkauft.
Das ist bis in den kleinsten schwitzigen Poren purer Sleaze-Sexismus-Tourismus par excellence, vielleicht für die Zeit noch entschuldbar, wenn nicht heute solch schmierige Männermachtphantasien immer-noch als Erotik-Käse Kasse machen würden...
"Baba Yaga" ist ein faszinierendes Durcheinander aus De Sade und Donald Duck. Eurotrash wie Francos „Vampyros Lesbos“ und „Eugenie de Sade" trifft auf Bavas "Lisa und der Teufel", in der Dunkelkammer von Antonionis "Blow Up".
Valentina ist eine erfolgreiche Fotografin, die in dem lesbischen und sadomasochistischen Bann der geheimnisvollen Hexe Baba Jaga gerät.
Der Film erzeugt spielerisch eine traumhafte Atmosphäre, vermischt Fantasie und Realität mit anarchischer 68-Bewegung-Gestik und Sleaze. Wahrscheinlich ist dieser Versuch die Adult-Comics von Guido Crepax auf die Leinwand anzupassen am besten zu genießen, wenn die minimale Geschichte ignoriert wird und der Zuschauer sich auf einen avantgardistisch anmutenden, mystisch-vergruselten Gothik-Giallo einlassen kann, der in seinen Dekor-Bildern und der 70er Jahre Musik schwelgt.
Anmerkung: Bitte den deutschen Verleih-Titel ignorieren, ist nur ein Versuch auf den Erfolg eines damals bekannten Film auf zuspringen.
Hallo Kitty auf LSD.
Das Underground-Projekt des japanischen Musik- und Comic-Duos „Trees of Life“ ist eine faszinierende Montage aus 2D-und 3D-Animation und Musik, in dem das Ganze wahrscheinlich mehr bedeuten soll als die Summe seiner Teile. Ständig konvergieren und divergieren unterschiedlichste Zeichenstile. Fritz Lang trifft auf Astro-Boy, die Reise geht durch japanischen Pop und Art. Möglicherweise als spiritueller Rausch aus Hedonismus und Kapitalismus- / Konsumkritik gedacht, wirkt "Tamala" wie als ob die japanischen Zeichner von „Yellow Submarine“ mit "Fritz the Cat" einen durchziehen um dann, dämlich grinsend, Katzenvideos auf YouTube zu schauen, während ihnen Philip K. Dick philosophische Weisheiten ins Ohr flüstert. Das Bedürfnis nach Handlung und Kohärenz muss bei der Sichtung komplett aussetzten, stattdessen zurück-lehnen und die herrlich flächig-plakativen Bilderfolgen in verrückten Situationen genießen, dazu den fantastischen Soundtrack hören.
7 Frei-geistiger Bildschirmschoner vom anderen Katzenplaneten.
Sanft-absurder, komplett actionreduzierter und überlanger 70er Jahre Kiffer-Noir-Krimi, dessen bewusst un-nachvollziehbare Geschichte wie in einem benebelten Drogenrausch verlangsamt und endlos vor sich hin plappernd erzählt ist. Diese Entdeckung der Langsamkeit entspricht dem verpeilten Habitus des Detektivs. Seine kryptischen Fall-Recherchen, an Orten wo er nicht sein will, löst er in schlafwandlerischen Wahrnehmungstempo entspannt auf, der Zuschauer döst selig grinsend und benebelt dazu. Inhernt Vice ist ein Erlebnisfilm, die in Zelluloid gewickelte Dope-Tüte, groovy entschleunigt und mit obsessiver Melancholie und Paranoia durchsetzt.
Hardcore-Porno aus den beginnenden goldenen Zeiten, mit einem damals prominenten Fotomodell (Marilyn Chambers) besetzt, wodurch erstmals diese Form der Filme in den Mainstream gespült wurden (siehe auch "Deep Throat"). In einer Zeit, wo der Rassismus in Amerika so ausgeprägt war, das Geschlechtsverkehr zwischen Weiße und Schwarze als Skandal gesehen wurde und die selbstbestimmte Sexualität der Frau noch vor ihrer Befreiung stand, feiert der Film Sex als etwas kollektives, überwindendes. Hautfarben-überschreitend, ob dick oder dünn, gleichgeschlechtlich oder heterosexuell, jung oder alt, das ekstatische Ficken überschreitet mühelos gesellschaftliche Moral-Grenzen. Ironisch wird mit Geschlechtern und Hautpigmentierungen (siehe die / der Pantomime, die überdimensionierte weiße Unterhose des schwarzen Mannes usw.) gespielt, die Money-Shot-Spritz-Parade als psychedelisch verfremdeter LSD-Super-Orgasmus dargestellt. In der Hardcore-Filmsprache noch sperrig, ungewöhnliche, abstrakte Perspektiven und den Blick auf lustvolle Gesichter suchend, wirkt das was hinter der befreienden grünen Tür ist noch neugierig, anarchistisch und nicht, wie in späterer Produktionen nur noch marktorientiert auf die bedürftige Befriedigung gerichtet.
Ein schönes Beispiel für den fließenden Übergang zwischen Kunst und Pornographie.