lieber_tee - Kommentare
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Alle Kommentare von lieber_tee
Der alte Mann und sein Gewehr.
In der kanadischen Provinz der 70er lebt ein alter, frommer Brumm-Bär mit seiner Enkelin auf seiner Farm. Er ist vereinsamt, in der Vergangenheit lebend und frustriert von der Regierung. Geprägt von traditionellen Tugenden wie körperlicher Arbeit, den Teller leer essen, artig sein und nicht fluchen, lebt er konservative Rollenverteilungen und männliche Freiheiten aus. In ihm sitzt eine tiefe Wut, denn damals war alles anders und besser. Katalysator für diesen Frust werden drei Bankräuber und Mörder, die aus der verderbten Stadt auf seinem Hof kommen. Sein hausbackener Ehrenkodex führt zu einem perfiden Selbstjustiz-Spiel, in der die Gewaltspirale seine Heimat zu einem Schlachthaus macht.
Nicht unähnlich Peckinpahs Arbeiten (aber ohne dessen visuelle Kraft) dekonstruiert Regisseur John Trent den Geist von Machismo unter dem Deckmantel des Schutzes der Familie als selbstgerechte Ein-Mann-Bürgerwehr. Das etwas eindimensionale und wackelige Script ist ein säuerliches Melodram, wo am Ende die Belohnung für den einen der Tod ist, für den andern ein schlechtes Gewissen und noch mehr Einsamkeit.
In der Tat, die Früchte des Zorns können bitter schmecken.
7 Tritte in die Eier der vermeintlichen Gerechtigkeit.
Lieber Sam, wenn ich mir so deine Antworten durchlese bekomme ich den Eindruck das dein ganzes Leben ein rasanter Film ist und meins so ne öde Durchschnitt-Produktion aus dem deutschen Fernsehen ist. Hai-Five! Olli
Eheglück, Hochzeittag, Frühstück für den Mann machen, gemeinsames Abendessen. Und dann das: Erst beim beherzten Verhindern einer Vergewaltigung den Ehemann verlieren und dann in der kleinstädtischen Heimat von notgeilen Männern bedrängt werden. Selbstbewusst lässt sich Karla von diesen sexuell-frustrierten Arschlöchern nicht anmachen. Diese finden so etwas bedrohlich, frustrierend. Mit prallen Schwanz in der Hose und viel Suff im Kopp fallen sie über die Stadtwanze her, vergewaltigen sie, killen ihre Mama und ihren Papa.
Ein Martyrium aus Verlust, Gewalt und Erniedrigung für Karla. Traumatisiert und "sprachlos" nagelt sie die Täter als blutiges Gerechtigkeits-Mahnmal an die Wand. Sie verkokelt, kastriert, zerquetscht, zerhackt und zerschießt (in der Unrated-version) die Übeltäter.
"Du sollst brennen, Bastard!"
"Naked Vengeance" rotzt übel auf das Grab verkommener Männlichkeit. Formelhaft, schmierig-dreckig, kompromisslos und garantiert humor-frei wird hier ein exploitationhafter 80er Reißer geboten, der wahrlich nicht mit Sex und Gewalt geizt, dem Rape 'n' Revange-Genre entsprechend, Selbstjustiz in vollen, blutrünstigen Zügen genießt.
Auf dem niederen Reiz von Rachegelüsten, mit seiner befreienden Wirkung für den Zuschauer, passgenau zugeschnitten, bietet Hauptdarstellerin Deborah Tranelli (die spätere Sekretärin von Bobby Ewing in "Dallas") eine überzeugende Performance des Opfers, das zur Täterin wird, grob-psychologisch ausgefeilt.
Das der Streifen nicht in der A-Liga des zwiespältigen Genres mitspielt liegt am mangelnden Mut des C-Filme-Machers Cirio H. Santiago etwas Überraschendes zu bieten. Jeglicher Ansatz von Originalität geht in einem Meer aus Blut verloren.
Trotzdem oder gerade deshalb 6,5 Punkte für dieses Bildungsprogramm.
Horror-Road to Christmas 2015 (erster Advent, das Christkind brennt)
Zunehmend Grog-getränkt führt Captain Kirk als Radiomoderator durch die „wundervollste“ Zeit des Jahres, dem Heiligen Abend, und begleitet uns durch drei parallel erzählte, schaurige Gute-Nacht-Geschichten. Mehr schlecht als recht sind diese miteinander vernetzt und bedienen so ziemlich alle bekannten Genre-Standards des Horrorfilms. Zwischen Fantasy-Groteske mit Zombie-Einschlag, Krampus-Nacht-Terror und Teenage-Angst-Grusel ist das offensichtliche Ziel der Anthologie die friedfertige Familien-Heiligkeit des Weihnachtsfestes böse zu dekonstruieren, allen braven und un-braven Werten als Nummern-Revue die Rute zu zeigen. Das ist alles hochwertig produziert, etwas dramaturgisch ungeschickt und bietet bis auf eine Episode keine nennenswerte Überraschungen in der Auflösung. Immerhin wird hier das Fest der Liebe so gelebt, als ob es das Letzte ist.
5 von den Toten auferstandene Elfen.
Mein erster Wichtelkommentar im Rahmen der Advents-Aktion-2015 auf MP.
Lieber SoulReaver, ich wünsche dir hiermit einen romantischen ersten Advent.
Erinnerst du dich noch an dem Sommer 1979?
Als der heiße Feger Gabi, mit Cola, Candy und Choco-Latte zugedröhnt vor ihrem verblödeten Auspufferotiker aus Schland geflohen ist um wie ein kesses Bienchen die Philippinen zu bestäuben? Mit dabei waren Mäuseschwänzchen, Andreas Witzig, Katastrophen-Johnny und der schöne Roland. Alle wollten sich vor exotischer Palmenkulisse, im Club der biederen Frivolität, ihre Palme wedeln lassen, haben sich dabei aber unfassbar peinlich zum Affen gemacht. Außer Gema-freier Blasmusik wurde nix geblasen. Den vorehelichen Geschlechtsverkehr an-zu-schieben klappte nicht, es gab nicht genügend Feuerstühle zwischen den Beinen. Gabis „Travolta für Arme“ war in ein ausgeblasenes Sex-Püppchen verliebt, sie wollte an seinem Strohhalm nuckeln, leider standen ihr dabei Tunten-Treppen-Witze und katholische Kalauer ständig im Wege. Es gibt darüber einen heißen Streifen, der mehr ein feuchter Furz ist und offensichtlich aus dem Parallel-Universum der humorbefreiten Zone des bundesdeutschen Flachzangen-Films kommt.
Oder verwechsle ich da etwas?
Nach Zicken-Krieg und Alphatier-Gehabe im Dojo wird ein Ninja-Azubi von seinem Zieh-Vater verstoßen. Zutiefst traumatisiert von dieser verweigerten Liebe will er sich das Super-Schwert der Einrichtung Jahre später aneignen. Er hat aber nicht mit dem muskulösen Raumausfüller Scott Adkins gerechnet, der dieser Narbe der Rache und Niedertracht mit exquisiter Körperbeherrschung kontra gibt. Sinn-befreit und auf 80 Minuten verknappt kloppt B-Action-Regisseur Isaac Florentine einen Film heraus, der einen Spagat zwischen den traditionellen, Mythen-verhangenen Motiven des alten Hongkong-Kinos und modernisierten Actionkinos sucht. Die Originalfilme und auch 80er Jahre Cannon-Streifen des Ninja-Genres waren selten ein Hort der Intelligenz. Das war damals so, das ist heute immer noch so. Die Blutfontänen spritzen in die Kamera, Knochen werden gebrochen, mit knarziger Härte gibt es die pure Reduktion auf den Kampf, inklusive Kollateralschäden. Hervorragend orientiert und punktgenau vom Regisseur inszeniert. Hier dürfen Erwachsene in kindlichen Gewaltfantasien schwelgen, in einem Western mit Schwertern, gefüllt mit theatralischer Tragik, rotem Lebenssaft und einem etwas dümmlich schauenden Hauptdarsteller.
6 gespuckte Pfeile.
„Bist du dumm, blutest du!“
Nach drei Jahrzehnten wird das Tremors-Franchise direkt-to-Video wiederbelebt und für eingefleischte Fans (die solange warten konnten) ist „Bloodlines“ sicherlich ok. Wer nicht viel erwartet wird nicht enttäuscht. Michael Gross ist wieder mit dabei und hat keine Probleme seinen knurrigen Gummer-Charakter noch lächerlicher zu machen, während sein Comedy-Sidekick (hier der erschreckend aufgedunsene Jamie Kennedy aus Scream) Dienst nach nerviger Vorschrift macht. Dienst nach Vorschrift ist auch die Monster-Großwild-Jagd (im Billigfilmland Südafrika), deren wenig geistreichen und bemüht zeit-geistigen Oneliner sich erwartungsgemäß mit den soliden aber charme-losen Creature-CGI-Effekten paaren. Die Blut-Linie der urzeitlichen Viecher wird sich sicherlich irgendwie fortpflanzen, für mich als Freund des liebenswerten ersten Teils, ist das Abfackeln und Sprengen von Flammenfurzern und wurmigen Eltern wie ein überflüssiger Pickel am Arsch des Fortsetzungseinerleis, austauschbar ohne Ende.
4-mal völlig uninteressiert aber verrückt wie Rambo durch die Savanne rennen und dann seine eigene Pisse trinken.
Nun gut, die Messlatte lag nach dem grenz-genialen Phantom Protokoll hoch. So gibt es diesmal eine (relativ) geerdete old-fashioned Action-Leistungsschau, mit vielen geschwätzigen Plot-Verwirrungen, irgendwelchen Master-Plänen und geheimdienstlichen Verstrickungen, die mir auf die Dauer den Nervenkitzel und die Interesse raubten. Diese Spectre, äh Syndikat-Welt-Terroristen-Organisation-Rahmenhandlung ist x-mal gesehenes James-Bond-Futter, das uninteressant wirkt, da der emotionale Motor zwischen dem "Ich mache alle meine Stunts“-Extremsportler und seiner verführerischen, weiblich-mysteriösen Power-Muse nur auf dem Drehbuch-Papier spürbar ist. Eine weitere Narzissmus-Show von TomTom wurde, wie schon beim Vorgänger, durch sanfte Selbstironie des Stars und starke Einbindung in sein Team verhindert. Souveräner, teilweise spektakulär inszenierter Blockbuster, der zum Ende hin lahmt und den ich morgen schon vergessen habe.
Knapp 6 Minuten Luft anhalten.
„Amerika ist ein gruseliges Land.“
Eine junge japanische Regisseurin dreht in den USA einen klassischen Indie-Slasher. Oha, das könnte interessant sein. Ist es eigentlich auch, denn sie verwebt in das bekannte Backwood-Einerlei einige bemerkenswerte Themen. Untertöne von sozialer Entfremdung, Rassismus, Isolation in der Fremde, Sprache und deren Bedeutung von Verständnis füreinander, kulturelle Missverständnisse, Vorurteile, Kommentar auf das Bildungssystem reicher Japaner in Amerika, Wert von Arbeit usw. Leider ist das alles Bruchstückhaft inszeniert und in einen mauen Spannungsbogen eingearbeitet, bekommt nie einen tieferen Sinn, geht in Lahmarschigkeit, sinnlos-dummen Charakteren und dem blutrünstigen Verstümmeln von Körperteilen komplett verloren. Besonders ärgerlich ist, dass der für das Genre äußerst kluge Ansatz einen Transgender-Slasher mit Perspektivwechsel zu versuchen so gar nicht genutzt wird und nur auf den billigen Effekt zielt. Sich grotesk gebender Horrorfilm, der wenig grotesk ist, Meta-Anleihen hat, die nicht Meta sind. Kein cleverer Film.
4 abgehackte Stümpfe.
Eli Roth lässt wieder amerikanische Luxus-Jugendliche auf das ferne Fremde treffen, das ganz eigene Vorstellungen von Moral, Ernährung und Zivilisation hat und offenbart dabei die heuchlerische Doppeldeutigkeit von exklusiven First-World-Gerechtigkeitsdenken.
Eine Gruppe von Öko-Aktivisten wollen Bäume umarmen, äh sich an den Regenwald fesseln, um einen Großkonzern daran zu hindern das Biotop eines peruanischen Ureinwohnerstammes zu zerstören. Leider geraten die Teenager in den Fängen dieser schützenswerten Indianer und werden in mundgerechten Stücken zerteilt bzw. für Jungfrauen-Rituale missbraucht.
Offensichtlich sind die blutrünstigen, italienischen Kannibalen-Filme der 1970er Jahre die Vorbilder des Regisseurs, denn aus diesen Fundus zitiert er reichhaltig. Neben der leidenschaftlichen Hommage an exotischen Exploitation-Kino vergangener Schmuddel-Zeiten lohnt sich auch einen Blick hinter dem breit ausgelebten, expliziten Terror zu werfen. Denn was in den als Torture-Porn verschrienen Hostel-Vorgängern ein böser Diskurs über die Bestrafung, Ausbeutung und kapitalistischen Körperzerstörung von notgeilen Touristen im wilden Osten angesichts einer globalisierten Weltwirtschaft war, ist hier die Dekonstruktion einer Vorstadt-Zivilgesellschaft, die glaubt ihre Moral sei der Mittelpunkt der Welt, letztlich aber doch nur ein konstruiertes Wertesystem aus pseudo-hippen Armen-Tourismus. In Konfrontation mit Mutter-Natur, die selbstbestimmt ihre eigene Lebensregeln hat, fallen die Masken. Im grünen Dschungel-Inferno trifft der Wohlstand auf farbenfroh angemalte, archaische Primitivität, die äußerst hungrig auf junge, schöne Körper ist. Da macht die Scheiße keinen Halt, wichsen hilft kaum, nur mit Luxusgütern wie Handys und rauschhaften Verfügungsmitteln kann der Arsch gerettet werden.
Das ist nicht immer clever erzählt, holpert in vielen Belangen ordentlich im Genre-Karton aber Roths feurige Lust für schadenfrohe Grenzüberschreitung und grellem Schock ist von solch hinterhältiger Ironie geprägt, fordert die ebenso fragwürdige wie makabere Schaulust beim Zuschauer heraus.
7-mal ins eigene Gesicht kotzen.
Gibt es noch ein Opfer, das mit mir spontan Filmkunst oder Schrott zum ersten Advent wichteln möchte?
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zerstört ein deutsches U-Boot ein britisches Schiff und der Überlebende Murphy entwickelt einen obsessiven, zielstrebigen Rachedurst gegenüber dem Tauchboot, obwohl wenige Zeit später der Krieg offiziell zu Ende ist.
Die etwas plumpe Parabel über die Sinnlosigkeit des Krieges, der Gewaltspirale, wird vom brillanten Peter O'Toole irgendwo zwischen liebenswerte Zyniker und manisch-irren Seemann verkörpert, über sein Innenleben, dem unstillbaren Durst nach Vergeltung, der der Motor des Katz und Maus-Spiels zwischen dem Deutschen und der Ein-Mann-Armee ist, erfährt der Zuschauer nur wenig. Die Idee des Drehbuches mag intelligent sein, leider werden die notwendigen dunklen psychischen Bereiche nur angedeutet, nie erkundet.
Regisseur Yates erzählt den Konflikt mit seinen bitteren Konsequenzen mehr als ein Western mit Action-Elementen vor einer malerischen Südatlantik-Kulisse, als Männer-Abenteuergeschichte mit teilweise deplatzierte Humor über einen bewaffneten Konflikt, in dem Rollenmuster (die Pazifistin, der Mitläufer, die Täter) nur schliche archetypische Figuren bleiben.
6 Torpedos, die auf Sand laufen.
Erstaunlich unaufgeregt, fast kühl präsentiert die Dokumentar-Filmemacherin Laura Poitras den historischen Moment als Edward Snowden Insider-Informationen über die allgegenwärtigen Überwachungsmachenschaften von Geheimdiensten der Öffentlichkeit offenbart und damit einer belächelten Verschwörungstheorie eine reale Wahrhaftigkeit gibt. Dabei entsteht ein kammerspielartiger Paranoia-Thriller, der in der Realität verordnet ist. Die reinen Fakten über das Ausmaß der Spionagepraktiken werden eher technisch, roh aufarbeitet. Die Brisanz ihrer Aussage ist aber immer spürbar, da in den Gesichtern und Stimmen der beteiligten Journalisten und von Snowden sich der enorme Druck, die Angst zeigt, gerade wenn der exakt geplante Enthüllungsmoment (und seine Folgen) dargestellt wird. Der ehemalige NSA-Agent bleibt dabei als private Person in den Interviews seltsam unnahbar. Die Doku verweigert konsequent eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Menschen Snowden. Es geht nicht um das Leben des Whistle Blowers. Seine Motivation, Hintergründe und Sorgen werden (auf eigenen Wunsch) nur ganz am Rande aufgegriffen. Es geht um den Kampf unbequeme Wahrheiten durch investigativen Journalismus beizuwohnen und um den tiefer Respekt vor einem Aufrechten, der die Wahrnehmung unserer schönen neuen (medialen) Welt mit seinem selbstlosen Mut nachhaltig verändert hat. Die Konsequenzen daraus muss jeder für sich selbst ziehen.
7 müde Augenringe im kargen Hotelzimmer.
„Wenn die Natur dich zu fassen kriegt, wird sie dich nie wieder loslassen.“
Naja…
Die Idee aus Elementen des skandinavischen Krimis, Natur-Mystizismus und Horrorfilms eine Öko-Schutz-Botschaft und ein Familiendrama zu generieren ist für das europäische Fernsehen sicherlich ungewöhnlich. Leider funktioniert sie aber nicht über zehn einstündige Folgen. Das Gesamtpaket leidet an seiner bier-ernsten Depressivität. Der zähe Spannungsbogen endet in Erlösungs- und Befreiungs-Pathos und erinnert eher an eine Seifenoper als an einen Thriller. Werden zu Beginn zig doppeldeutige Nebenstränge ausgelegt, die den Zuschauer mit Rätseln und Andeutungen gruseln sollen, häufen sich zunehmend Füllszenen und dramaturgische Verschleierungstaktiken um die eigentlich arg dünne Geschichte zu kaschieren, erbarmungslos zu strecken. „Jordskott“ kommt einfach nicht zu Potte, wird immer zäher, wiederholt sich ständig, so dass ich bald das Interesse verloren habe. Wenn in der letzten Folge dann alle Fäden melodramatisch und schludrig zusammengeläppert werden, rumpelt es bei den Emotionen der Figuren ordentlich im Karton, bei mir eher weniger. Beachtlich bleiben allerdings einzelne Sequenzen, in dem die Regisseure kino-taugliche Bilder erzeugen. Diese retten aber die Serie nicht davor im schwedischen Düsterwald der Langeweile zu versinken. Mir ist der unfassbar große Erfolg im Produktionsland unerklärlich.
Vier X-Akten im Wald.
Pablo Escobar, der Robin Hood und eiskalten Drogenkartell-Boss Kolumbiens, ist hier lediglich eine psychopathische und historische Verordnung um sich dem moralischen Zwiespalt der Figur zu nähern. Eingebunden in christliche Schuld und Sühne-Bezüge versuch der Film über die Außen-Perspektive eines Kanadiers auf der Suche nach dem Paradies einerseits mit Elementen des Thriller-Melodrams sich dem Mythos der Figur Escobar zu nähern und andererseits ein (politisches?) Porträt über verlorene Träume zu sein, symbolisch durch zwei gegensätzliche Protagonisten dargestellt. Leider gehen alle menschlichen Abgründe durch die Unentschlossenheit und oberflächlich-schnöde Stereotypen verloren, der Film kann sich nicht entscheiden was er eigentlich sein will. Weder als ethisches Bestrafung-Gleichnis, noch als Liebesfilm funktioniert der parabelhafte Aufsatz, als unaufdringlich-packender Krimi geht er aber in Ordnung.
5 ermordete Babys.
Hammer-Frage, habe ich noch nie drüber nachgedacht, gibt bestimmt wieder 195 Antworten und 8215412 Klicks...:P
Lolas Schwester Victoria rennt außer Atem durch Berlin.
Mit Sonne, Blinker, Boxer und Fuß lebt sie ihr sehnsüchtiges Leben, verunglückt im Rausch der prolligen Jugend. Aus Angst, Alkohol und Adrenalin graut der Morgen, die dunklen Seiten der Kulissen-haften Großstadt haben sich offenbart. Bis dahin hetzt der Zwei-Stunden Echtzeit-Koloss mit der Hand-Kamera durch einen zähen Spannungsbogen, folgt einer simplen Liebesgeschichte und konstruierten Räuberpistole.
Der reduzierte Rahmen des Ohne-Schnitt-Konzeptes soll einen intimen, fiebrigen Rausch erzeugen, leider habe ich diese Wucht nicht verspürt. Der Film macht vieles richtig, fühlt sich aber an als ob mir ein falscher Berliner Bär aufgebunden wurde, zu harsch und unglaubwürdig sind seine Story-Wendungen. Die Kamera klebt wie ein dokumentarischer Beobachter im Nacken, ist der ebenso lebensfrohen wie lebensmüden Protagonistin und den Berliner Großschnauzen realistisch nah. Sehr wohl entstehen dabei immer wieder Momente einer ambivalenten und alltäglichen Nähe bei den Personen. Stark ist der Film immer dann wenn er Empathie durch Blicke und wenig Worten erzeugt, dadurch vieles über die marginal charakterisierten Figuren aussagt (z.B. die Klavierszene). Furchtbar peinlich wirkt der Streifen, wenn er sich der großen Gangsterfilm-Vorbilder mit ihren Klischees bedient (z.B. der Tiefgaragen-„Wer ist die Bitch“-Tiefpunkt). Wirklich stimmig erscheint „Victoria“ dabei nie. Seine Suche nach Unmittelbarkeit und Hyperrealismus macht ihn seltsam künstlich.
Somit ist Sebastian Schippers ambitioniert-radikales Experiment „nur“ ein Amoklauf gegenüber spießigem Teutonen-Kino, ein respektabler Irrsinn aus Technik und Organisation, getragen von famosen Jung-Schauspielern.
Am Ende fühlte ich mich ausgelaugt wie die handelnden Personen und der Kameramann, habe eine interessante Erfahrung gemacht, die aber fern einer Rettung des deutschen Kinos ist.
6-mal Nackt-tanzen im Club.
Visafreiheit scheint im Zuge der Terroranschläge seit 9/11 ein wichtiges Sicherheitsproblem der USA zu sein und ist hier die Ausgangslage für einen altmodisch-übersichtlichen Verfolgungsjagd-Action-Thriller von Regisseur James McTeigue (V wie Vendetta). Die semi-prominente Besetzung macht Dienst nach Vorschrift und muss durch ein grotesk zusammen gereimtes Script rennen, das auf jeder Art von Realismus und glaubwürdige Charaktere verzichtet. Das Problem dabei ist, der Film wirkt trotz aller Aufregung nie aufregend, vermittelt nie das Gefühl die Heldin sei wirklich in Gefahr.
4 sinnlose Explosionen.
Möchtegern-metaphysisches Existenzdrama als Horror-Psycho-Kammerspiel auf einer verlassenen Raumstation, das nach dem Wesen des Menschen fragt aber mit seinem wirren Mind-Fuck-Drehbuch nur unzufriedenen Antworten dem Zuschauer entgegenschreit. Die Sinnhaftigkeit des offensichtlich voller Liebe zu Details und Genre-Leidenschaft gedrehten Films ist lange Phasen abwesend, das klaustrophobische Old-School-Set-Design kann den Zustand von Nichtigkeit kaum kompensieren. Das „Infini“ trotzdem einen gewissen Reiz ausübt und fiese Düsternis erzeugt liegt an den Aussparungen, die, wenn der Betrachter gewillt ist, mit schaurigen oder humanistischen Inhalten gefüllt werden können. Mit viel Gebrüll, pathetischer Gestik und angestaubter Luft scheitert der Autor / Filmemacher Shane Abbess an seinen zu hohen Ambitionen einen Mix aus Solaris und Event Horizon zusammen zu basteln. Trotzdem noch 5 sympathische Punkte, für die Mühe.
1001 Filme, die Sie sehen sollten, bevor das Leben vorbei ist.
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
#08 (Staffel – 2)
H...wie Heist-Movie.
Das Heist-Movie (auch Caper-Movie) befasst sich mit der exakten Vorbereitung und erfolgreichen Durchführung eines meist spektakulären Raubes oder Betruges, aus Sicht der Diebe, die auch die Sympathieträger sind.
Wenn Gauner Gauner begaunern.
„Der Clou“ ist ein absoluter Klassiker des Genres. Das Skript ist präzise, clever und mit scharfer Zunge geschrieben, sowohl in den Haupt- wie in den Nebenrollen erstklassig besetzt. Ein Gesamtpaket, das vor Sorgfalt und Raffinesse nur so trotzt. Die Sets, mit ihren zwielichtigen Kneipen, verqualmten Hinterzimmern und abgehalfterten Diners, strahlen eine wunderbare Studio-Atmosphäre aus, die an die besten Zeiten des „goldenen“ 30er Jahre Hollywoods erinnert. Der Film erzählt über den Sieg von Klein-Kriminellen als Team über einen skrupellosen, egoistischen Groß-Kriminellen, ein Nutznießer der Wirtschaftskrise. Und er erzählt, trotz seiner humorvollen Leichtigkeit, über ein Amerika in der die moralische Ordnung zusammengebrochen, die Polizei korrupt und Gerechtigkeit nur außerhalb der Legalität möglich ist.
Allerdings muss ich eingestehen, dass „Der Clou“ beim wiederholten Sehen ein wenig an Spannung verliert, weil er vor allem von Überraschungen und Wendungen lebt. Ich beneide alle, die diesen sympathischen Film das erste mal erleben.
7,5 Taschenspielertricks.
[http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]
Nicht die falsche Jungfrau anzicken…
Klar, The Final Girls ist die in Zelluloid verpackte, pure Film-im-Film-Nerd-Sause. Wer wünscht sich nicht in seinem Lieblingsstreifen gefangen zu sein… Regisseur Todd Strauss-Schulson möchte so gerne den besten Sommer aller Zeiten im Camp Bloodbath erleben oder zumindest in der endlosen Freitag der 13. Slasher-Schleife leben. Das spürt der Zuschauer sofort, denn mit welcher Leidenschaft er kompletten Unsinn und Slapstick als Meta-Sau raus lässt macht schon Spaß. Mit der natürlichen Auslese des Horrorfilms, das alle Personen die Sex haben draufgehen, spielend, wurstelt er ein nicht unbedingt tiefsinniges aber hübsch-ironisches Genre-Vexierspiel zwischen Fiktion und Realität raus. Schwungvoll inszeniert, mit fantastischen Bildern und grell-doofen Wortwitz garniert, ist gerade seine Unbeschwertheit der Trumpf des Films. Es ist schon fast subversiv, komplett auf Titten und Gore zu verzichten und überraschend einer Mutter-Tochter-Beziehung bzw. Verlustaufbereitung Raum zu geben. Aber nie zu viel, denn der Gaudi steht mehr im Vordergrund. Und das Final Girl Taissa Farmiga ist eine niedliche Entdeckung, der ich eine filmische Zukunft gönne.
7 schwere Macheten.
Die Schöne und das Phantom des Widerstandes.
Die Macht einer Idee kann die Welt verändern. Nur, was ist der Unterschied zwischen einem Terroristen und Freiheitskämpfer, zwischen Anarchie und Totalitarismus?
Die Wahrheit liegt wohl im Auge des jeweiligen Betrachters, diese düster-bunte Agitpop-Fantasie im Matrix-Style kann darauf keine relevanten Antworten geben. Sie ist sooo sehr um einen bildungsbürgerlichen Revolutions-Diskurs bemüht, bleibt dabei aber nur Geschwätz. Die 80er Graphik-Novel-Vorlage von Alan Moore und David Lloyd ist eine etwas holzschnittartige, bitter-zornige Anklage gegen Thatcherismus und Neokonservatismus. Die Wachowski-Geschwister und Regisseur James McTeigue haben daraus Anarchie-Kitsch in einem zukünftigen Nazi-London gemacht, wo Göbbels als Inbegriff des Bösen demagogische Reden schwingt.
Wenig elegant, mit (zu) viel pseudo-philosophischen Blabla garniert, können die explosiven Freiheitsbilder das holprige Drehbuch und die Temposchwierigkeiten kaum ausgleichen. Es entsteht nicht das dringende Gefühl einer Revolution, da der Totalitäre Staat wenig bedrohlich wirkt und der Zuschauer auch keine Empathie für den seltsam undifferenzierten, theatralisch dargestellten Rächer der Enterbten entwickelt. Seine Skrupellosigkeit und Selbstzweifel verkommen zu einem Zorro mit Sprengstoff. Stattdessen wird plump auf die Post-9/11-Paranoia Bezug genommen und komplexe Themen simplifiziert, so dass es nicht verwundert, das Moore sich öffentlich von dem Film distanzierte.
Am Ende bleibt die Guy Fawkes-Maske eine populäre, inhaltsleere Mythologie. Die Betrachtung von (traumatisierten) Superhelden, mit ihrem immanenten Faschismus den Kampf um Gerechtigkeit mit Gewalt (und Folter!) zu führen und den Tod von Unschuldigen für die „richtige“ Idee zuzulassen, wird halbherzig diskutiert und am Schluss für einen bildgewaltigen Moment befürwortet.
Wirklich enttäuscht hat mich der Film nicht, er hat mich kalt gelassen. Ich finde ihn so furchtbar oberflächlich, was bei dem Thema auch schon fast eine Kunst ist. Halt nicht meine.
5 Songs aus der Juxbox, zu denen keiner tanzt.
Feminines Rape & Revenge - Drama mit mystischen Horror-Quark-Umschlag. Es kämpfen und morden die Geschlechter zu einem religiösen Subtext, der ein Evangelium der Vergeltung predigt. Die unschuldige Frau mit Reh-Augen muss mal wieder durch ein Martyrium aus männlichen Bedrohung und Gewalt gehen um selbst-befreiend zum heimsuchenden Engel zu mutieren. Mit übergestylten Bildern verliert Regisseurin und Autorin Karen Lam zunehmend den Überblick, ermüdend-fahrig werden übergroße Genre-Motive als alt-testamentarische Rache-Phantasie für Emos aneinander gereiert.
Prätentiöser Quatsch, der mir nix gibt.
4 teilnahmslose Punkte.
„Komm, jetzt spielen wir mit dem Blut!“
Ryan Gosling erträumt kulissenhafte Genre-Versatzstücke zu einen hochstilisierten Lynch-light. Sein Fantasy-Horror-Coming-of-Age-Arthouse-Werk erzählt assoziativ ein Märchen über Unheil, Verfall, Zerstörung und Befreiung, in wuchtigen Bildern umgesetzt. Immer in der empathischen Nähe bei den Verlierern des Amerikanischen-Traums implodiert die Handlung zeitweise, wie die Leinwand explodiert. Das alles kann wenig wohlwollend als prätentiöser Quatsch abgetan werden. Nun-ja, dann mag ich halt so einen betörend-prätentiösen Quatsch.
7-mal die Ratte anfassen.
Vicky und der Summer of Love.
Degeneriert die heutige Jugend zu Smombies war sie damals von den Idealen der freien Liebe und Freiheit geprägt. Vicky, das Tinderella-Groupie, reist ihrem Traum von der großen Liebe quer durch Europa hinterher, gutgläubig und voller Lebensfreude. Ohne große Gewissensbisse wird sie sexuell ausgemerkelt, von den Hells Angels missbraucht, dealt mit Drogen, nimmt an schwarze Messen teil, bis sie ihre letzte Zuflucht im Heroin sucht um in Blut und Kotze untergehen. Der idealisierte Sommer der Liebe ist vorbei, die heile Heidi-Welt ist ein vergangener Earthporn, frohlockende Hippie-Träume werden von der bitteren Realität und dem Moralhammer zermalmt.
Ich - ein Groupie ist großartiges, deutsches Kino aus der schmuddeligen Bahnhofskino-Ecke, das (trotz der ordentlichen Portion Sleaze) die männliche Regenmantelfraktion möglicherweise verstören haben könnte. Eingebunden in ausufernder Darstellung von jugendlichen Zeitkolorit der 70er hopst eine vergnügte, junge Ingrid Steeger barbusig als Objekt der Begierde durch den Film und hört energiegeladenen Kraut-Rock. Munter wird minutenlang auf das Drehen von Joints und Herstellen von Heroin-Spritzen drauf-gehalten, der Zuschauer bekommt bei so viel Offenheit und vermeintlichem Authentizismus einen Augentinnitus. Handlungslos, frivol und sexistisch begleiten wird Vicky in eine Parallelwelt, bis am Ende diese Luftblase unter dem deutschen Statussymbol zerplatzt.
6,5 Schnauzbärte und lange Haare.