MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

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    MareikeHB 15.09.2020, 19:05 Geändert 06.08.2021, 18:30

    Der Klassiker „Ausgestoßen“ (Odd Man Out) ist in jeder Hinsicht ein britisches Film Noir Meisterwerk: Grandiose Schwarzweiß-Aufnahmen, die kunstvolle Regie Carol Reeds, die erstklassige Besetzung bis in die kleinsten Rollen, die spannende und bewegende Story, untermalt von einem großartigen Soundtrack von William Alwyn.
    Der von der Polizei gesuchte und durch einen Schuss schwer verletzte Bankräuber und IRA Aktivist Johnny McQueen (mitreißend: James Mason) schleppt sich teilweise halluzinierend durch das winterliche Belfast. Dabei begegnet er den unterschiedlichsten Menschen. Von wem kann er Hilfe erwarten und wer könnte ihn verraten?
    Einige Filmschaffende sollen sich darüber gefreut haben, Mason in seiner Rolle so leiden zu sehen. Schließlich hatte er sich damals in der Öffentlichkeit sehr kritisch über die britische Filmindustrie geäußert und sich ein paar Feinde gemacht. Hitchcock sprach allerdings später in dem Werk „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ von François Truffaut ganz ähnlich über britische Filmschaffende. Gut, dass Carol Reed damals eine löbliche Ausnahme darstellte und noch heute zu den besten Regisseuren Großbritanniens zählt. Dieses kunstvoll packende Drama gefiel mir besser als Reeds Klassiker „Der dritte Mann“. Der Film hat einen zeitlosen Charme.

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      MareikeHB 14.09.2020, 19:04 Geändert 15.09.2020, 11:23

      „Radio Rock Revolution“ rockt! Man kann sich ja heute nicht mehr vorstellen, dass Rock- und Popmusik im Jahre 1966 seitens der britischen Regierung als „degenerierter Müll“ gewertet wurde und dass es Piratensender gab, die diese nicht erwünschte „Beleidigung des Trommelfells“ für die Jugend und Progressiven über den Äther schickten.
      Hier geht es um den subversiven Piratensender „Radio Rock Revolution“ der von einem abgehalfterten Boot aus in der Nordsee über Mittelwelle die neusten Hits sendet. Die Macht der Piratensender und insbesondere dieses „gefährlichen“ Senders versuchen ein britischer Minister (schön spießig: Kenneth Branagh) und sein Handlanger (Jack Davenport) zu unterbinden.
      Auf dem Boot tummeln sich ein mehr oder weniger cooler und schräger Haufen DJs, eine kuriose Ansammlung von Typen männlichen Geschlechts und genau eine Dame, die eine erklärte Lesbe ist. Angeführt wird die bunte Truppe vom Boss Quentin (Bill Nighy mit seinem präzis charmanten Overacting). Bunt ist die Besatzung schon deswegen, weil der Kleidungsstil aller mit den auffallenden Farben und Mustern viel 1960er Flair verbreitet. Dies gilt auch für die gelungene Ausstattung des Films.
      Die Story ist simpel, ein junger „Praktikant“ (schön unschuldig: Tom Sturridge) wird in die Community eingeführt und darf sein erstes sexuelles Abenteuer erleben. Zum Ende wird es dann dramatisch, als das Boot zu sinken droht. Werden der Rock’n’ Roll und seine Fürsprecher wohl überleben? Hey, dies ist eine Komödie! Die Interaktion der Rockfreunde (was Kleid und Musik betrifft) ist oft äußerst witzig. Wenn alle zwei Wochen der Damenbesuch angeschippert kommt, wird der Humor zwar deftiger, aber nie zu platt. Das alles ist natürlich purer Nonsense, aber einer der gelungenen, unterhaltsamen Art, dargeboten von einem großartigen Schauspielensemble.
      Die Bootuntergangsszene erinnerte doch glatt an „Titanic“ und die übertriebene Tauchszene an das „Meisterwerk“ von Wolfgang Petersen „Poseidon“.
      Aber das Wichtigste ist natürlich bei einem Musikfilm der großartige Soundtrack, der hier aus einer Zeit stammt, als Rock noch jung war und extrem viel gute Laune verbreitet. Im Abspann sieht man dann ein paar legendäre Albumcover aus der Rockgeschichte.

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        MareikeHB 12.09.2020, 19:10 Geändert 12.09.2020, 19:21

        „Die Brücke am Kwai“ von David Lean ist leider ein ziemlich chauvinistischer Kriegsfilm, der nur so vor dem Überlegenheitsgefühl der Angelsachsen und insbesondere der Engländer strotzt. Die Engländer lassen sich im japanischen Gefangenenlager nicht unterkriegen, machen aus der Niederlage einen gefühlten Sieg, sind jederzeit Herr des Geschehens. Die Offiziere setzen dickköpfig ihren Willen gegenüber den Japanern durch, auch wenn sie gequält werden. Da sie die viel besseren Ingenieure haben, wollen sie die Japaner mit dem Brückenbau erniedrigen und bringen dies verbal deutlich zum Ausdruck. Spätestens zu diesem Zeitpunkt des Filmes hat man nur noch Mitleid mit dem japanischen Lagerleiter (Sessue Hayakawa).
        Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Engländer wird durch den eingängig gepfiffenen Marsch symbolisiert: Am Anfang des Filmes mutmachend und zum Ende äußerst triumphierend, als sie über die fertiggestellte Brücke mit dem Schild "...von Engländern erbaut..." schreiten. Natürlich ahnt nur der englische Oberst, dass die Brücke in Gefahr ist. Dazu passt, dass (für den Film bedeutende) Engländer nicht von Japanern, sondern nur von Engländern selbst getötet werden. Japaner geraten also im Verlauf des Filmes zunehmend zu unfähigen Statisten.
        Asiatische Frauen taugen noch als schön anzusehende Lastenträger. Alec Guinness wird schauspielerisch nicht mehr als ein stoischer Blick abverlangt. William Holden verkommt zu einem Abziehbild eines amerikanischen Helden: trotz Lagermisere wohlgenährt, muskelbepackt, unbekümmert lässig. Obwohl er kein Kriegsheld sein will, wird er natürlich trotzdem einer, gelegentlich mit passendem Cowboyhut. Nur Engländer sind ihm noch überlegen. So wird er von einem englischen Elitesoldaten versehentlich niedergerungen.
        David Lean wollte mit diesem Film offensichtlich an das Glanz- und Gloria-Gefühl der Engländer erinnern, zu einer Zeit, in der sich das englische Imperium mit seinen Kolonien bereits in Auflösung befand.

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        • Schade, dass auch Diana Rigg von uns gehen musste. Habe sie als Darstellerin immer gemocht. Vor allem in „Schirm, Charme und Melone“ und „Das Böse unter der Sonne“ ist sie wirklich herausragend.

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          • Schöne DVD Sammlung! Deborah Kerr hat tatsächlich in einigen Meisterwerken mitgespielt. Einige davon muss ich auf jeden Fall noch sichten.

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              Deutsche Komödien werden ja immer besonders kritisch gesehen. Manchmal zu Recht, manchmal auch zu Unrecht. „Willkommen bei den Hartmanns“ ist kein Meisterwerk, aber je länger man darüber nachdenkt, auch keine schlechte Gesellschaftssatire. Das Thema ist sicherlich heikel, wenn es um die Willkommenskultur gegenüber Geflüchteten geht.
              Aber Simon Verhoeven teilt wirklich in alle Richtungen aus: hier bekommen Rechte und Linke gleichermaßen ihr Fett weg, nur der von der Familie Hartmann aufgenommene nigerianische Flüchtling Diallo (sympathisch: Eric Kabongo) bleibt immer geradeaus. Aber nicht nur politische Strömungen werden der Lächerlichkeit preisgegeben, sondern auch die übertriebene Leistungsgesellschaft, der Jugendwahn, die Auflösung familiärer Strukturen, Überforderung mit Technik und andere gesellschaftliche Symptome mit Krankheitswert. Sicherlich übertreibt Verhoeven in allem maßlos, aber meist steckt in seinen oft klischeehaften Übertreibungen ein wahrer Kern. Komödien und gerade auch Satiren leben von Überzeichnungen. Da Verhoeven sehr viele gesellschaftliche Themen anspricht, kratzt er allerdings meist nur an der Oberfläche. Die Figurenzeichnung bleibt jedenfalls schablonenhaft. Dafür gibt es für meine Begriffe Lacher genug.
              Zu Beginn des Films wirkt das Schauspiel der äußerst namhaften Besetzung manchmal etwas verkrampft. Das passt aber letztlich gut zur Überforderungssituation aller Beteiligten. Zum Happy End hin, das sicherlich auch etwas Optimismus verbreiten möchte, sind alle auch in ihrem Schauspiel deutlich gelöster.
              Insgesamt ist es eine gut ausbalancierte Satire, die sehr vielen Menschen den Spiegel vorhält und auch auf die Füße tritt. So finden auch viele Menschen an diesem Film etwas zu kritisieren.

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                MareikeHB 08.09.2020, 22:47 Geändert 13.09.2020, 12:51
                über Days

                Der Film “Days” von Ming Liang Tsai hat mit seinen extrem langen Einstellungen etwas Meditatives und setzt damit einen Kontrapunkt zum gezeigten urbanen Leben.
                Die praktisch in Echtzeit gezeigten Lebenssituationen der beiden Protagonisten wirken natürlich und authentisch. Unterstützt wird das Ganze vom Originalton, so dass dieser Film fast wie eine Dokumentation wirkt. Die Einsamkeit des Großstadtlebens wird gut auf den Punkt gebracht. Gesprochen wird nämlich fast überhaupt nicht.
                Die Farbkomposition der Bilder ist oftmals sehr gelungen. Manchmal wird aber auch die Hässlichkeit von Armut gezeigt, so dass auf ästhetische Stilmittel hier wohl bewusst verzichtet wurde.
                Trotz allem habe auch ich letztlich einige Einstellungen als deutlich zu lang empfunden.

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                  MareikeHB 08.09.2020, 16:22 Geändert 08.09.2020, 22:55

                  „Interessant“ meinte meine Oma oft, wenn sie nicht wusste, was sie von einer Sache zu halten hatte. So könnte es so manchen Personen ergehen, die sich den philosophischen (!) Abenteuerfilm „Lord Jim“ nach dem gleichnamigen Roman von Joseph Conrad gönnen. 3Sat zeigte gerade dieses Werk, das mir im Rahmen meiner ausgedehnten Werkschau der Filme mit James Mason noch in meiner Sammlung fehlte. In dieser Schnittfassung wurden offensichtlich viele untertitelte Szenen mit Originalton wieder eingefügt, die seinerzeit der Schere zum Opfer fielen. Dem deutschen Publikum wollte man damals einen Teil der philosophisch anmutenden Dialoge vorenthalten, um es offensichtlich nicht zu überfordern. Bei diesem sicherlich polarisierenden Werk handelt es sich jedenfalls nicht um Mainstream-Kost.
                  Zunächst einmal ist es ein spannendes, klassisches Abenteuerspektakel mit zahlreichen Kampfszenen in drei Akten.
                  Im ersten Teil macht uns ein Erzähler augenzwinkernd mit dem ehrgeizigen Seemann Jim (Peter O‘ Toole) vertraut, der sich im 19. Jahrhundert auf einem Handelsschiff ohne größere Bewährungsproben bis zum Ersten Offizier hocharbeitet. Als er schließlich doch einmal in eine Notsituation gerät, verhält er sich moralisch zweifelhaft und wird aus der Handelsmarine unehrenhaft entlassen. Sein Ruf ist ruiniert.
                  Mit seinem Schicksal hadernd, nimmt er eine besonders riskante Herausforderung an. Er soll im Auftrag eines deutschen Händlers (sympathisch: Paul Lukas) Munition an Eingeborene einer Südostasiatischen Insel liefern, damit diese sich von Piraten befreien können, von denen sie unterjocht werden. Jim bewährt sich hier zum „Lord“ Jim, indem er den niederträchtigen nicht ganz so glorreichen Halunken „Der General“ (schön fies: Eli Wallach) in die Schranken weist. Auch findet er seine Liebe in einer bildhübschen und mutigen Frau (Daliah Lavi).
                  Im Schlussakt muss er sich mit dem von dem Handlanger des „Generals“ (etwas jämmerlich: Curt Jürgens) angeheuerten Killer „Gentleman“ Brown (cool: James Mason, den man vor lauter Bartwuchs kaum erkennt) und seinem eigenen Ehrgefühl auseinandersetzten.
                  Mit viel Aufwand produziert und mit wunderbar exotischen Bildern an Originalschauplätzen weiß dieses Werk visuell zu beeindrucken. Peter O‘ Toole und auch Curd Jürgens hätten sich vielleicht gelegentlich schauspielerisch etwas mehr zurücknehmen können.
                  Etwas unwirklich, fast surreal, wirken die bedeutungsschwangeren, prätentiösen Dialoge aller Beteiligten, die sich auf etwas abgehobene Weise mit Fragen von Recht, Unrecht und Moral befassen.

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                    MareikeHB 01.09.2020, 23:23 Geändert 02.09.2020, 07:21

                    „Rosen für den Staatsanwalt“ sind in dieser bissigen Tragikomödie von Wolfgang Staudte sicherlich nicht als Liebesbeweis gedacht. Schließlich ist dieser Staatsanwalt (Martin Held) auch nach dem Krieg noch im Herzen ein (gut getarnter) Nazi geblieben. Während des Krieges hatte er als Offizier einen Gefreiten (Walter Giller) wegen eines Schokoladendiebstahls zum Tode verurteilt. Nur ein Bombenangriff der Alliierten konnte diesen noch retten. Viele Jahre später begegnen sich beide wieder. Dabei wird der selbstgerechte Staatsanwalt mehr und mehr mit seiner vertuschten Vergangenheit konfrontiert.
                    Die Charakterzeichnungen der Hauptfiguren sind sehr gelungen. Das ernste Thema wird durch den subtilen Humor auf charmante Weise aufgelockert.
                    Staudte zeigt nach seinem großartigen, zeitlosen Meisterwerk „Die Mörder sind unter uns“, dass er auch mit diesem Film die Konfrontation mit der Nazi-Vergangenheit packend und handwerklich überzeugend aufzeigen kann. Auch wenn das Schauspiel Martin Helds gelegentlich aus heutiger Sicht etwas aufgesetzt wirkt, bleibt dieser Film ein zeitloses, kurzweiliges Vergnügen. Das Lebensgefühl der 1950er Jahre im westdeutschen Wirtschaftswunderland, das Spannungsverhältnis zwischen Althergebrachtem und Fortschritt, wird perfekt transportiert. Die namhafte Darstellerriege ist exquisit.

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                      MareikeHB 01.09.2020, 22:25 Geändert 01.09.2020, 22:37

                      „Shoplifters - Familienbande“ von Hirokazu Koreeda, Gewinner der Filmfestspiele von Cannes, zeigt auf vielschichtige Weise das vermeintliche Idealbild einer Familie in prekären Verhältnissen.
                      Die Umstände des Zusammenlebens sind denkbar widrig: eine Großfamilie lebt in einer engen, mangelhaften Wohnung in Tokyo auf engstem Raum, das Geld reicht in keiner Weise, so dass der Herr des Hauses und der Junge regelmäßig Ladendiebstähle begehen. Die Damen des Hauses gehen mehr oder weniger dubiosen Gelegenheitsjobs nach.
                      Aber eines haben alle gemeinsam: Sie sind füreinander da, es gibt nie ein böses Wort und der Umgang ist immer sehr liebevoll. Dies spürt auch ein kleines, vernachlässigtes Mädchen, das sich dieser Familie anschließt und von ihren lieblosen Eltern nicht einmal wirklich vermisst wird. Auch sie wird als Diebin ausgebildet und in die Familie voll integriert.
                      Die überraschenden, tatsächlichen Beziehungen der Familienangehörigen zueinander werden erst aufgelöst, als sich eines der Kinder beim Diebstahl erwischen lässt.
                      Der Familienalltag wird sehr ruhig und ausführlich als Mikrokosmos fast schon übertrieben idyllisch dargestellt. Die interessante Vergangenheit der einzelnen Personen wird dagegen leider sehr verkürzt durch einen Blick von außen, fast nur in Nebensätzen, zum Ende des Filmes vermittelt. Die Darsteller mit ihrem bewegenden sowie authentischen Schauspiel und das Filmende verhindern glücklicherweise, dass alles als Sozialkitsch verkommt.
                      In Sachen Mitmenschlichkeit kann man viel von diesen Menschen lernen, auch wenn diese Wunschfamilie offensichtlich nach ihren ganz eigenen Regeln lebt und ein pubertierender Junge die scheinbar perfekte Fassade bröckeln lässt. Er beginnt die Absichten der Erwachsenen kritisch zu hinterfragen.

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                        MareikeHB 30.08.2020, 12:59 Geändert 13.09.2020, 12:21

                        Sam Packinpah wollte mit seinem gewaltigen und gewalttätigen Antikriegsfilm-Klassiker "Steiner - Das Eiserne Kreuz" ein universelles Bild von Soldaten im Krieg zeichnen und diesen Menschen ein Gesicht geben. Von der herausragenden Bildsprache gerade bei den Gewaltdarstellungen lies sich möglicherweise kein Geringerer als Quentin Tarantino inspirieren.
                        Regisseur Peckinpah war Hollywood Macho und zugleich linker Rebell, ein entschiedener Gegner des Vietnamkrieges, da er Kriege für sinnlos hielt. In diesem Film verzichtet er bewusst auf die stereotypen Nazi-Soldaten Clichés vieler US -amerikanischer Filme und legt großen Wert auf Charakterzeichnungen. Dabei wird er von zahlreichen namhaften, ausgezeichneten deutsch- und englischsprachigen Schauspielern unterstützt. Alle Darsteller sprechen im Originalton ein Englisch mit einem deutlichen deutschen Akzent. Peckinpah zeigt „Archetypen“ unterschiedlicher Soldaten in einer Wehrmachts-Einheit: brutale, ehrgeizige, noch menschliche, kaputte, homosexuelle, desillusionierte, linientreue etc. Männer unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten - ein Spiegelbild der Gesellschaft.
                        Es war damals eher ungewöhnlich, mit einer Hauptfigur, wie hier Steiner, einen Sympathieträger unter den Deutschen im zweiten Weltkrieg zu zeigen. Es hat sicherlich nicht jedem gefallen, dass Peckinpah gerade deutschen Soldaten ein menschliches Gesicht gab. Man muss bei der Entstehungsgeschichte dieses Filmes natürlich bedenken, dass West-Deutschland im kalten Krieg für die Amerikaner inzwischen ein wichtiger Verbündeter gegen die Russen geworden war. Die Russen bleiben, bis auf die denkwürdige Szene mit der Frauen-Einheit, gesichtslos wie ein beliebiger, anonymer Feind. Hier geht es auch nicht um die Auseinandersetzung mit einem außenstehenden Gegner, sondern um den Konflikt zweier Offiziere der Wehrmacht, die unterschiedlicher nicht sein können. Durch diese Konstellation der "Selbstzerfleischung" wird die Sinnlosigkeit eines Krieges aufgezeigt.
                        Die Fotos im Abspann von Kriegen überall auf der Welt versinnbildlichen Peckinpahs Anspruch mit diesem Film „universelle“ Soldaten im Krieg gegen beliebige Gegner zu zeigen. Der Mensch ist eben immer noch der größte Feind des Menschen!

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                          MareikeHB 29.08.2020, 14:28 Geändert 29.08.2020, 14:43

                          Der ungewöhliche Vampirfilm “Only Lovers Left Alive“ von Jim Jarmusch kann man der Kategorie kunstvoller Liebes- und Beziehungsfilm zuordnen. Jedenfalls ist es kein Horrorfilm. Konsequenterweise wird auf Spannungsmomente hier gänzlich verzichtet. Für mich ging es ehrlich gesagt zu weit, da handlungstechnisch fast gar nichts passiert. Zwei meiner Familienangehörigen sind sogar beim Zuschauen eingeschlafen, ein neuer Rekord! Diese Kunstbanausen!
                          Abgesehen von der Handlungsarmut fand ich diesen Film, der in vielerlei Hinsicht die immer wiederzuerkennende Handschrift Jarmuschs trägt, großartig:
                          Die musikalische Untermalung mit verzerrter E-Gitarrenmusik und auch der lakonische Humor wirken sehr vertraut. Die Szenenbilder sind bis ins kleinste Detail durchkomponiert. Insbesondere die Farben Türkis und Orange ziehen sich leitmotivisch durch den ganzen Film. Auch die Ausstattung des Films ist beeindruckend. Musikliebhabern läuft allein beim Anblick der alten Gitarren und antiquarischen Analoggeräte des Vampirs Adam (Tom Hiddleston) das Wasser im Munde zusammen. Bei seiner Frau Eve (Tilda Swinton) sind es die wunderbaren Werke der Weltliteratur in allen Sprachen, die das Auge erfreuen. Da wünscht man sich doch ein unsterblicher Vampir zu sein, sich über Jahrhunderte das Weltwissen in seinen Interessengebieten aneignen zu können.
                          Die Schattenseiten dieser Art von Existenz werden auch nicht ausgespart: Isolation, ein nächtliches Dasein, ein Nichtauffallendürfen und natürlich die Abhängigkeit von (nicht verunreinigtem) Blut.
                          Letztlich werden die Vampire in diesem Film mit ihrem kulturellen Verständnis und ihrer Weisheit menschlicher als die Menschen selbst dargestellt. Die Menschen werden von den Vampiren abfällig als „Zombies“ bezeichnet. Sie bedrohen ja auch die Existenz der Blutsauger. Die Vampire haben dagegen etwas Göttliches. Schließlich kann man schon der Bibel entnehmen, dass Adam und Eva nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden.

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                            MareikeHB 25.08.2020, 20:25 Geändert 25.08.2020, 20:28

                            Es gibt Regisseure, die einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil pflegen. Max Ophüls ist so ein Filmkünstler. Er gehört zu den wegweisenden Filmemachern seiner Zeit mit eigener Handschrift. In dem Episodenfilm „Pläsier“ widmet er sich drei Geschichten von Guy de Maupassant. Diese werden von einer Erzählerstimme, charmant mit einem leicht französischen Akzent, aus dem Off mit schwarzem Bildschirm „anmoderiert“. Der Aufbau des Films ist symmetrisch. Zwei ernste, kürzere Episoden umrahmen eine längere heitere Geschichte.
                            Die ersten beiden Episoden habe ich insgesamt als etwas langatmig empfunden, wobei in der Zweiten immerhin Jean Gabin viel Charme versprühen darf. Auch sind die Kameraeinstellungen in der zweiten Episode gerade zu Beginn herausragend. Die Kamera wandert, oder besser schwebt, von Fenster zu Fenster und Raum zu Raum eines Freudenhauses und stellt die „Damen“ sowie die „Besucher“ vor.
                            Am gelungensten war der letzte Teil, eine tragische Liebesgeschichte mit Danielle Darrieux. Sie ist wirklich perfekt auf den Punkt gebracht. Diese zuletzt gedrehte Episode profitierte auch von den Geldproblemen Ophüls, wurde nicht wie die anderen beiden teilweise im Studio gedreht, sondern an authentischen Schauplätzen. Auch hier konnten sich die Augen wieder an den außergewöhnlichen, fließenden Kameraeinstellungen erfreuen, die die Filme Ophüls zu etwas Besonderem machen.

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                            • Wieder einmal eine großartige Liste, in der sicherlich sehr viel Arbeit steckt, Blubberking! Viele Hits sind zurecht schlecht bewertet worden, finde ich. Die Nummer Eins in den Kinocharts zu sein ist offensichtlich oft kein Qualitätsmerkmal. Das gilt leider insbesondere für die letzten Jahrzehnte.

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                                MareikeHB 23.08.2020, 12:35 Geändert 23.08.2020, 13:08
                                über Sheila

                                "Sheila" zählt in Kennerkreisen zu den absoluten Whodunit-Highlights. Hervorragend von Herbert Ross kammerspielartig in Szene gesetzt, ist dies ein wunderbarer Krimi voller Spannung zum Miträtseln. Das anspruchsvolle Drehbuch verfassten keine Geringeren als Anthony Perkins und Steven Sondheim.
                                Ein Jahr nach dem Tod seiner Ehefrau Sheila durch eine fahrerflüchtige Person versammelt der wohlhabende Ehemann im Stile Agatha Christies Kolleginnen und Kollegen aus dem Filmgeschäft auf seiner Yacht und treibt schräge Spiele mit ihnen, die bald tödliche Folgen haben. Natürlich ist die Auflösung voller Finten und Wendungen. Jedenfalls ist das Ende wirklich überraschend.
                                Es ist einer dieser Filme, der gut mehrfache Sichtungen verträgt, damit der Zuschauer wirklich alle Puzzleteile erfasst. Er funktioniert zudem auch als bitterböse Satire auf das Filmgeschäft.
                                Die Darsteller sind allesamt erstklassig: insbesondere James Mason als scharfsinniger, alternder Regisseur, James Coburn als durchtriebener Spielmeister und Gastgeber sowie die tragikomische Dyan Cannon stechen heraus. Richard Benjamin als mäßig erfolgreicher Drehbuchautor erinnert optisch sehr an Freddie Mercury und die Diva Rachel Welch ist in der Blüte ihrer Schönheit. Die Dialoge sind messerscharf und voller schwarzem Humor. Der Soundtrack von Billy Goldenberg versprüht ein cooles 1970er Gefühl, und der Abspann-Song "Friends" von Bette Midler ist schön ironisch.

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                                  MareikeHB 21.08.2020, 19:20 Geändert 21.08.2020, 21:09

                                  Carpe Diem! Nutze den Tag - Lebe Dein Leben! Es gibt anscheinend Menschen, die in dieser Hinsicht einen Gedankenanstoß brauchen. Für diese Sinnsucher werden Filme wie „Nachtzug nach Lissabon“ von Bille August nach dem Roman von Pascal Mercier geschaffen. Für mich waren aber letztlich die hier in Rückblenden erzählten politischen Verhältnisse in den 1970er Jahren in Portugal, der Kampf gegen ein Unrechtsregime, der interessantere Inhalt.
                                  Insgesamt ist die Story um einen drögen Lateinlehrer, der plötzlich alles stehen und liegen lässt, um auf den Spuren eines portugiesischen Autoren und Widerstandskämpfers in Lissabon zu wandeln, reichlich konstruiert und leider auch oberflächlich.
                                  Versüßt wird einem das Ganze jedoch mit malerischen Filmaufnahmen und mit einer Besetzung, die sich wie das Who is Who des europäischen Kinos liest. Jeremy Irons ist wie immer sehr souverän und auch Charlotte Rampling ist grandios. Lena Olin gefällt als gut gealterte Grand Dame und Martina Gedeck mit ihrer Natürlichkeit. Bruno Ganz fällt durch gelegentlich heftiges Overacting auf. Christopher Lee wirkt in einer kleinen Rolle schon sehr zerbrechlich. Die Jungstars um Jack Huston und August Diehl machen ebenfalls einen ansehnlichen Job.
                                  So faszinierend eine derartig internationale Besetzung auch ist, auf diese Weise werden Portugiesen nicht wirklich glaubhaft dargestellt, vor allem, wenn dieser Film in englischer Sprache gedreht wird. Das sind dann ein paar „fake“ Akzente zu viel. So funktioniert der Film also eher gut synchronisiert, wenn man nicht ein paar unfreiwillige Lacher braucht. Das hat man ja sonst eher selten.

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                                    über Batman

                                    „Batman“ ist wohl immer noch meine liebste Superhelden-Verfilmung. Tim Burton versteht es meisterhaft, die überzeichnenden Stilelemente des Comics in seinen Film zu übertragen.
                                    Die düster, gotisch anmutenden Kulissen sind kunstvoll von Hand ausgearbeitet und voller Kreativität. Hier wird man noch nicht von einer ermüdenden CGI erschlagen.
                                    Michael Keaton als Batman ist verletzlich und zupackend zugleich. Jack Nicholson als Joker versprüht mit seinen einfallsreichen Grausamkeiten auch viel schwarzen Humor. Interessant ist, dass die Auftritte des Jokers ästhetisch immer wieder Farbakzente in den eher düsteren Kulissen setzten. Das Böse ist hier bunt und (aufgesetzt) fröhlich. Es scheint, als ob Joker gegen das traurige Ambiente Gotham Cities aufbegehren möchte. Während hier das Gute, so auch Batman, mit schwarzen Gegenständen bestückt und ernst in Erscheinung tritt. So verarbeiten beide Protagonisten ihr Trauma auf unterschiedliche Weise. Die Figurenzeichnung ist insgesamt sehr gelungen.
                                    Danny Elfman und Prince liefern dazu einen hervorragenden, dynamischen Soundtrack mit Wiedererkennungswert.

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                                    • 7

                                      Der charmante Musikfilm über die Beatles „A Hard Day‘s Night“ von Richard Lester mit der famosen Synchronisation aus den 1960er Jahren ist ein gutes Beispiel dafür, dass Sprache lebendig ist und sich mit dem Zeitgeist ändert. Das gilt insbesondere für Jugendsprache. Schließlich waren die Zielgruppe dieses Films die (damals noch) jungen Fans der Beatles. Kreisch!!!
                                      Manches klingt daher recht ungewöhnlich und vielleicht auch befremdlich in den heutigen Ohren. Dies gilt insbesondere für jemanden wie mich, die in diesen bewegenden Zeiten noch nicht das Erdenlicht erblicken durfte.
                                      Eine Handlung sucht man in diesem recht einfallsreich und flott inszenierten Film vergebens. Aber es werden jede Menge mehr oder weniger zündende Blödeleien, Sprücheklopfereien und Konzerteinlagen mit einigen der ganz großen Hits geboten. Die sind echt dufte. Wenn es die Beatles zu bunt treiben, kommt auch mal die Polente. Wenn einer zu ernst ist, heißt es „Deine Fassade bekommt Risse“. Der freche und nicht immer politisch korrekte Sprüche-Akrobat und Großmeister Rainer Brandt lässt grüßen. Das Ganze nennt man dann wohl Beatlemania!

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                                      • 8

                                        Was ist normalerweise das Gegenteil von gut? Gut gemeint. In dem kurzweiligen, einfallsreichen und rabenschwarzen Psychothriller „Harry meint es gut mit dir“ von Dominik Moll werden die Folgen radikal gut gemeinten Handelns thematisiert.
                                        Als Harry auf seinen ehemaligen Schulkameraden und nunmehr Familienvater Michel nach vielen Jahren trifft, hat er die fixe Idee, dass Michel ein begabter Autor werden könnte. Schließlich liebte Harry Michels Artikel in der Schülerzeitung schon und hat diese sogar noch in bester Erinnerung. Darüber hinaus erkennt er, dass Michel gerade Probleme mit seinem alten Auto und seinem renovierungsbedürftigen Landhaus hat. Da Harry sehr wohlhabend ist und viel Zeit hat, bietet er großzügig seine Hilfe an, um ihm den Rücken als zukünftiger Autor freizuhalten. Als Harry feststellt, dass Michel auch mit gewissen Familienangehörigen überfordert ist, versucht Harry auch diese „Hindernisse“ aus dem Weg zu räumen - mit blutigen Folgen.
                                        Auch wenn man sich manchmal fragt, warum Michel sich überhaupt mit dem eindeutig gestörten Harry abgibt, so kann man doch antworten: aus einer gewissen Verzweiflung heraus. Das Ende ist pure Ironie. Wird wohl alles gut für Michel?

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                                        • 9

                                          „Die Wahrheit“ ist ein erstklassiges Sozial-, Liebes- und Justizdrama von dem französischen Meisterregisseur Henri-Georges Clouzot. Brigitte Bardot verkörpert sehr glaubwürdig eine junge Frau mit wenig Selbstbewusstsein, die sich einfach nur treiben lässt und durch die Verkettung unglücklicher Umstände zur Mörderin wird. In dem Mordprozess geht es für die Ermittlungen des Strafmaßes letztlich darum, ob der Mord kalte Berechnung war oder eine Affekttat. In Rückblenden werden die Vorgeschichte zur Tat und der Charakter der jungen Frau Dominique brillant ausgeleuchtet.
                                          Schon seit ihrer Kindheit wurde Dominique gegenüber ihrer vernünftigen und begabten Schwester von ihren Eltern als dumme, faule Nichtskönnerin abgewertet. Dies mündet naturgemäß in Rebellion. Als Dominique mit ihrer Schwester nach Paris zieht, nimmt die Schwester ein Musikstudium auf, während sie sich mit Bohemiens umgibt, ihre weiblichen Reize zunehmend ausspielt und sich von einer Liebesbeziehung in die nächste stürzt. Die Situation spitzt sich zu, als beide Schwestern den selben Mann (Sami Frey) begehren. Dabei lösen sich Täter- und Opferrollen in der Liebesbeziehung zwischen Dominique und diesem Mann gekonnt ab.
                                          Clouzot demonstriert in diesem Drama sehr deutlich seine Kritik an der von Männern dominierten, konservativen Gesellschaft Frankreichs Ende der 1950er Jahre: Angeklagt werden hier in einem von älteren Männern bestimmten Gerichtsverfahren letztlich die gerade entstehende Jugendbewegung, die Lebensfreude, der Freigeist und die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen. Ein zeitloses, spannendes Meisterwerk!

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                                          • 7 .5

                                            „The Man in Grey“ von Leslie Arliss ist ein urbritischer, bitterböser Noir-Kostümfilm aus dem Hause Gainsborough Pictures, der während des Zweiten Weltkrieges in Großbritannien äußerst erfolgreich war. In diesem seifenoperhaften Liebes- und Intrigenspiel heiratet ein rücksichtsloser und hedonistischer Lord (James Mason) ein liebes Mädel aus höheren Kreisen (Phyllis Calvert). Es ist aber keine Liebesheirat. Beide finden ihre wahre Liebe, aber die ist nicht standesgemäß: Sie einen sympathischen Schauspieler (Stewart Granger) und er die durchtriebene Schauspielkollegin (Margarete Lockwood), die eine „Freundin“ von der Guten aus früheren Zeiten ist. Die beiden Fiesen machen den beiden Netten gehörig Dampf. Da gibt es noch einen liebenswerten Knaben als „dunkelhäutiger“ Diener, gut geschminkt. Damals war dieses „Blackfacing“ leider normal. Immerhin hat dieser Junge, der witzigerweise im Film nicht älter wird, obwohl Zeit vergeht, eine sympathische und entscheidende Rolle.
                                            Die Schauspieler sind alle hervorragend besetzt, wobei die dunklen Charaktere, Lockwood und Mason, mehr punkten können. Zum Ende gibt es dann die legendäre Szene mit der Pferdepeitsche 😱😱😱.
                                            Mason nannte diesen Film, der ihn zum Star machte, und seine weiteren „Gainsborough“ Filme „Gaslicht und Schatten“ und „Frau ohne Herz“: „Posh and Tosh“ (Piekfein und Unfug). Dem ist nichts hinzuzufügen. Er soll den Regisseur Arliss gehasst haben. So kam es, dass er seine Wut und seinen Hass in seine Rollen übertrug und freien Lauf ließ. Schließlich bekam er das Attribut „The Man you Love to Hate“, da er mit den Rollen als Schuft in den 1940ern den größten Erfolg hatte. Den Film gibt es leider nur im Originalton.

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                                            • 7 .5
                                              über Zazie

                                              „Zazie“ von Louis Malle ist eine überdrehte, surreal-experimentelle (Kunstfilm-) Komödie und zugleich eine Liebeserklärung an Paris. Die selbstbewusste Zazie (ähnlich frech wie Pippi Langstrumpf) besucht ihren Onkel in Paris und bekommt es mit einer äußerst überzeichneten, verlogenen und triebgesteuerten Erwachsenenwelt zutun.
                                              Das in Frankreich als Kultfilm gefeierte Werk nach dem surrealen Roman von Queneau ist mit seiner Komik eine Verbeugung vor den Filmen Jacques Tatis und der Marx Brothers. Hier wird allerdings in Sachen Absurdität noch eine Schippe draufgelegt. Der manchmal völlig verrückt groteske, anarchische Humor, die sprunghaften Schnitte und das zunehmende Chaos sind sicherlich für manche Zuschauer gewöhnungsbedürftig oder vielleicht auch zu krass.
                                              Die Darsteller sind allesamt großartig, insbesondere der liebenswerte Philippe Noiret und die schöne, unnahbare Karla Melier. Letztlich beweist dieser Film die enorme Bandbreite des Regisseurs Malle, der mit Filmen wie dem düsteren Noir Film „Fahrstuhl zum Schafott“ schon komplette Gegenstücke zu diesem Film geschaffen hat.

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                                              • 7 .5
                                                MareikeHB 02.08.2020, 15:31 Geändert 02.08.2020, 15:37

                                                Das legendäre Filmpaar Katharine Hepburn und Spencer Tracy ist immer wieder sehenswert, weil die beiden auf äußerst charmante und stilvolle Art und Weise „die Fetzen fliegen“ lassen können.
                                                In der Komödie „Die Frau, die alles weiß“, einem Hepburn/Tracy Spätwerk in Farbe, wird der Kampf der Geschlechter jedoch vom Kampf Mensch versus Maschine überlagert.
                                                Die Hepburn hat als Leiterin der Informationsabteilung eines Radiosenders eine ähnliche Funktion wie Google in der heutigen Zeit. Sie muss für alle erdenklichen Fragen mit Hilfe ihres Fachpersonals und einer gut sortierten Bibliothek Antworten finden, z.B. auf die wichtige und häufig gestellte Frage, wie die Rentiere des Weihnachtsmanns heißen.
                                                Bereits in den 1950er Jahren hatten die Produzenten dieses Films offensichtlich den Gedanken, dass einmal eine Maschine, hier ein monströser, sehr empfindlicher Computer, diese Rechercheaufgaben übernehmen könnte und Arbeitsplätze in Gefahr sind. Welch weiser Blick in die Zukunft! Tracy ist hier der Mann für die Rationalisierung der Arbeitsprozesse. Die daraus resultierenden Verwicklungen halten so einige Lacher bereit. Die allesamt überzeugenden Darsteller halten diese Komödie gut in Schwung.

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                                                • 8 .5
                                                  MareikeHB 02.08.2020, 13:44 Geändert 02.08.2020, 15:33

                                                  „Gegen den Strom“ gelingt der Spagat zwischen Kunst- und Unterhaltungsfilm sehr gut. Die in Island angesiedelte Tragikomödie über eine Ökoterroristin ist spannend und bewegend zugleich. Eine alleinstehende Frau befindet sich in ihrem Doppelleben „im Krieg“ mit größeren Konzernen und greift vor allem die Stromversorgung an. Insofern passt auch der deutsche Titel sehr gut, der natürlich auch auf ihre Unangepasstheit anspielt.
                                                  Die exzellent geführte Kamera fängt die einzigartige Landschaft Islands gekonnt ein, und der hervorragende Soundtrack wird dabei immer visualisiert. Die drei Musiker (Klavier, große Trommel oder andere Schlaginstrumente und Tuba) sowie gelegentlich auch ein kleiner Chor mit Sängerinnen in Trachten werden in die Bilder oftmals integriert, wenn die Musik einsetzt. Dies ist sicherlich nicht ganz neu, da man dies schon als Gag in diversen Komödien gesehen hat. In diesem Film ist es aber ein durchgängiges Stilmittel, ähnlich wie der Chor in klassischen, griechischen Tragödien, der das Geschehen auf der Bühne begleitet.
                                                  Das Ende ist äußerst gelungen und mit seiner Symbolkraft ein Sinnbild für Befreiung und persönliche Freiheit.

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                                                  • 6 .5
                                                    MareikeHB 27.07.2020, 18:28 Geändert 27.07.2020, 18:28

                                                    Oh Hölle, wo ist dein Schrecken! Der Schrecken ist doch im Amazonas zuhause! In dem Horrorklassiker „Der Schrecken vom Amazonas“ von Kultregisseur Jack Arnold finden einige gut gebaute Forscher, die man überwiegend in Badehosen sieht, im Amazonas ein wundersames Wesen. Dieses Etwas ist von der Statur her ein Mensch, hat aber Schwimmhäute, Kiemen und eine reptilienähnliche Haut. Wem das nun bekannt vorkommt, da sie oder er vielleicht den Film „Shape of Water“ gesehen hat, kann man nur sagen: genau, die Kreaturen sind zum verwechseln ähnlich. In dem letztgenannten, preisgekrönten Film hat man sich anscheinend das Kostüm aus diesem alten Klassiker ausgeborgt und dann noch etwas mit kleineren Modifikationen aktualisiert, vielleicht auch mit einem Schuss CGI. Qualitativ kann dieser Film allerdings mit „Shape of Water“ in keiner Weise mithalten.
                                                    Die Schauspieler bieten mehr (muskulöse) Schauwerte, als darstellerisches Talent. Dasselbe muss man auch über die einzige Darstellerin in diesem Film, Julie Adams, sagen, die sich besonders grazil durchs Wasser bewegen kann. Auch kann sie halbwegs gut bei der Sichtung der Kreatur schreien. Das Monster sieht sehr kostümiert aus und darf einige Herren töten. Die Dame trägt es lieber auf Händen. Ist das etwa Liebe?
                                                    Letztlich handelt es sich hier also mehr um ein trashiges B-Movie. Der Grusel hält sich heutzutage in Grenzen und mag allenfalls Kinder beeindrucken. Aber irgendwie ist doch alles recht charmant und kurzweilig gehalten. Die Unterwasseraufnahmen sind wirklich gelungen.
                                                    Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Film spätere Filmemacher, siehe oben, beeinflusste, vielleicht auch Steven Spielberg beim „Weißen Hai“.
                                                    An Jack Arnolds Klassiker „Tarantula“ und die „Die unglaubliche Geschichte des Mister C“ kommt dieser Film in meinen Augen allerdings nicht heran.

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