mattxl - Kommentare

Alle Kommentare von mattxl

  • 8 .5
    über Wolke 9

    Vielleicht geht es manchen wir mir: Man liest über Wolke 9, denkt: Ja. Ja ganz interessant, aber so richtig macht einen das nicht an. Berliner Schule und Sex im Alter - das klingt erst mal nicht nach Faszination, Leidenschaft, Spannung, Unterhaltung oder was auch immer man so auf der Suche nach Zeitvetreib zur späten Stunde sucht.

    Umso überraschender, wenn man beim Zappen bei einem Film hängen bleibt, beim dem man nach drei Sekunden feststellt: Ach, das ist Wolke 9. Und, trotz fortgeschritterner Stunde, man - also ich - bleibt hängen. Warum? Schwierige Frage. Sicher: grandiose Darsteller. Tolle Kamera. Für Berliner Schule überraschend wenig spröde. (Es wird geschrien! Tatsächlich!). Aber all diese "Äußerlichkeiten" erklären nicht wirklich die Faszination, die der Film auf mich ausgeübt hat. Geradezu unverfroren erinnert er an das zerbrechliche Glück der Liebe - auch im hohen Alter. Letztlich ist er eine Art gemeines Seitenstück zu der nicht minder gemeinen "Liebe" von Haneke. Das tolle bei beiden Filmen: Sie lassen in jeder Minute fühlen, dass die Liebe - - auch angesichts ihres Ausgangs - es wert war.

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    • 7
      über Carrie

      Ist da der Moore-/Moretz-Fanboy mit mir durchgegangen? Oder waren es die vielen negativen Kritiken vorher, die meine Erwartungshaltung so heruntergeschraubt haben, dass ich dann nur noch positiv überrascht werden konnte? Das ist sicher kein tiefgründiges Meisterwerk, aber die neue "Carrie", die jetzt nicht mehr des "Satans jüngste Tochter" ist, hat mich bestens unterhalten. Julianne Moore ist fantastisch - und die kleine Chloe ist wirklich von betörender Unheimlichkeit. Ich mochte den!

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      • 7

        Es gibt Filme, die stehen nicht für sich, sondern die stehen - zumindest in meiner Erinnerung - für ein Jahrzehnt. Die fabelhaften Baker Boys - das ist so einer. Der atmet aus jeder Pore die achtziger. Die waren eben nicht nur "the last days of Disco", New Wave und Synthie-Pop - sie waren auch Jazz. Die Marsalis-Brüder starteten durch, Chet Baker feierte kurz vor seinem Tod ein sensationelles Comeback und sogar in den Charts fanden sich immer wieder Jazz-Anverwandlungen (wie "Double" und Sade etc.). Daran nicht unschuldig waren Dave Grusin und die sich sensationell auf dem Klavier räkelnde Michelle Pfeiffer, die sich eben nicht nur spektakulär vor der Ballhaus-Kamera räkelte, sondern den alten Standards diese unverwechselbare Achtziger- Coolness einhauchte. Jazz-Puristen werden diese Entwicklung vermutlich verabscheuen, anderen wird dies wie vokalisiertes Geklimper vorkommen. Eine dritte Gruppe jedoch, zu der ich mich zähle, wird sagen: Mag die Story auch ein bisschen seicht sein, aber der hat sich so sehr in die Erinnerung eingebrannt, dass man fast die erneute Sichtung scheut, weil man weiß: "Das ist vorbei." Sichtet man, allen Widerständen zum Trotz, erneut, stellt man fest: Tolles Darsteller-Kino mit einem speziellen Nostalgie-Zauber.

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        • 4

          Man kann den Film für seine Radikalität bewundern. Ja, es ist schon radikal, wie sich Sofia Coppola hier den Gesetzen einer Erzählung verweigert und jede Klimax scheut wie der Teufel das Weihwasser. Bedächtig reiht sie Szenchen an Szenchen, um den Zuschauer auch körperlich fühlen zu lassen, was Leere und Langeweile im Star-Business bedeutet. Bei mir hat es gewirkt: Ich habe den Film ab 17 Uhr - hellwach - gesehen und fühlte mich 90 Minuten später, als ob ich 3 Valium geschluckt hätte. Die einzige Frage, die sich mir am Ende stellte war: Warum hat sie nicht ein 3 Stunden Epos daraus gemacht? Es hätte sich sicher noch ein paar WII-Spielchen oder One Night Stands anflicken lassen. Aber dann war ich doch ganz dankbar, es nach 90 Minuten geschafft zu haben und brauchte erst mal einen gaaaaaanz starken Kaffee.

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          • 2

            Ach herrje. Zuerst ZDF-Montagskrimi geguckt - dann 2 Folgen Breaking Bad. Man sollte das nie tun. Anschließend bekommt man Depressionen, weil man vergleicht, was man NIE vergleichen sollte/darf. Warum eigentlich nicht?

            Die ersten 5 Minuten der Breaking Bad-Folge zeigten wort- und tonlos eine Gruppe von Mexikaner merkwürdig durch den Wüstensand robben. Diese tonlosen 5 Minuten waren leider 100 mal spannender und kunstvoller als das 90minütige Krimi-Gequassel vorher. Von der Kamera-Arbeit ganz zu schweigen. Natürlich ist der Vergleich ungerecht. Andererseits: Die Standard-Ausrede "Die Amis haben ja soviel mehr Geld" gilt hier nicht. Die Produktionskosten von BB dürften sehr überschaubar sein (zumindest bevor die Serie so erfolgreich wurde.).

            Nun zur "Partitur des Todes". Ich beginne mit einem Stöhnen, das von ganz tief unten kommt: Ein Polizist, der seine Frau/Geliebte/Familie vernachlässigt !!! Ich weiß nicht, woran es liegt: Ist es die Einfallslosigkeit von Drehbuchautoren oder irgendein kollektives Unbewusstes, was hier die Feder führt? Wann hat sich endlich herumgesprochen, dass dieses eines der ausgelutschtesten Krimi-Motive seit Erik-Ode-Zeiten ist? Liebe Film-Dozenten, liebe Kreatives-Schreiben-Kursleiter, bitte, bitte: Bringt Eueren Schülern in der ersten Stunde bei, uns damit zu verschonen. Auch andere Berufsgruppen haben es schwer! Hat schon einmal jemand einen Bäcker gesehen, der seine Frau vernachlässigt, weil der Job so hart ist? Hat schon mal jemand einen DHL-Boten gesehen, der seine Familie vernachlässigt, weil der Job so hart ist? Hat schon mal jemand eine Krankenschwester gesehen, die ihren Mann vernachlässigt, weil der Job so hart ist? Nein. Nein. Nein. Aber Jammer-Polizisten und Dann-doch-wieder-nachsichtige Polizisten-Gattinnen, die bekommen wir nahezu jeden abend unter die Nase gerieben. Es ist, als ob das kollketive Unterbewusste nach einer Erlösergestalt verlangt, die dem Fernsehzuschauer sagt: "Du, Mann vor der Glotze. Ich opfere meine Familie - für dich. Mach dir keine Sorgen. Ich bin bei dir alle Tage - auch wenn meine Frau gerade abhaut und meine Kinder zu Junkies werden oder sonstwas. Ich opfere mich für dich - du mein geliebter GEZ-Zahler." Matthias Koeberlin hat sich dazu die passende "Ballauferitis" eingefangen: Seine Mimik oszilliert 90 Minuten zwischen "sorgenvoll", "sehr sorgenvoll" und "äußerst besorgt".

            Der Krimi selbst ist vollgestopft bis unter der Rand mit allem Möglichen - von Jacques Offenbachs Operetten bis hin zu den Nazis. Ich spare mir hier die Einzelheiten, weil eine Nacherzählung schlicht nicht lohnt. Mag sein, dass das als Buch funktioniert. Als Film kann ich das leider wenig gute Ansätze erkennen.

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            • 6 .5

              Schön spröde. Vielleicht ein bisschen zu schön und ein bisschen zu spröde für meinen Geschmack. Seltsam entrückt wirkt diese minimalistische Kohlhaas-Variante. Mads Mikkelsen Gesicht glüht zwar immer wieder in close ups grimmig in die Kamera - aber leider glüht vor lauter Minimalismus die Story nicht mehr so recht. Programmatisch kühlt des Pallieres die Emotionen aller Beteiligten weitgehend runter. Übrig bleibt quasi die "Kohlhaas- Essenz", ein Gerechtigkeitskonflikt, der ganz klassisch durch a) Rache und b) Sühne "befriedet" wird. "Sinnlich" ist das schon - aber irgendwie ist das eine ziemlich akademische Sinnlichkeit.

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              • 9

                Snowpiercer könnte man als eine rabenschwarze Allegorie auf das bezeichnen, was Max Weber das "stahlharte Gehäuse der Moderne" genannt hat. Buchstäblich nichts entkommt der Verwertungsmachinerie. Noch das Widerständige ist ein (wenn auch abgeschotteter) Teil dieses durch die eisige Weltgeschichte knatternden Zuges, der kein anderes Ziel kennt, als möglichst geräuschlos weiterzuknattern, damit die vorderen Abteile nicht gestört werden. Was nicht passt, wird passend gemacht - und sei es dadurch, dass rebellierende Körperteile durch Eiseskälte "zur Räson gebracht" (= amputiert) werden. Das ist ein "Märchen" (Logiklöcher inklusive, was hier völlig unwesentlich ist), doch dieses sehr böse Märchen enthält vermutlich mehr Realismus als uns lieb sein könnte.

                Tilda Swinton als "Ministerin" (mit deutlichem Maggie Thatcher-Einschlag) ist - wie eigentlich fast immer - unfassbar gut (und erlaubt es sogar, dass man in diesem Düster-Werk auch mal schmunzeln darf). Überrascht hat mich Chris Evans, der sich hier eben nicht nur durch den Zug kloppt und prügelt, sondern glaubhaft die Untiefen seiner Vergangenheit mit sich herumträgt und zum Ende hin einen veritablen Gewissenskonflikt zu dramatisieren hat.

                Die Weinsteins und ihre Verdienste um die Filmgeschichte in Ehren: Aber ihre anfängliche Idee, diesen Film zu kürzen, erscheint mir sowas von abwegig ...

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                • 6 .5

                  Der Horror und ich werden wohl keine Freunde mehr. Täuscht es mich, oder ist das Genre irgendwie an seine Grenzen gelangt? Blickt man sich die unzähligen MP-Kommentare zu dem riesigen Horror-Output der Filmindustrie an, hat man den Eindruck: Irgendwie gibt es ein komisches Missverhältnis zwischen der offenkundigen Beliebheit des Genres und den anschließenden Wertungen. ´

                  Bei den aktuelleren Horror-Filmen, die ich gesehen habe, reiht sich Zitat an Zitat, mal bierernst, mal ironisch. Das größte Vergnügen soll für den Zuschauer offenbar darin bestehen, möglichst viel Zitate zuerkennen. Gewonnen hat, wer die längsten Zitat-Listen erstellen kann. Eifrig verneigen sich die Regisseure vor den Großen der Vergangenheit - und manch einer vergisst vor lauter Verneigen, einen eigenen Film zu machen. Das gilt auch - mindestens teilweise - für Wans Conjuring. Ich fand den ganz ok: Nicht unbedingt der Gipfel an Rafinesse und Innovation, aber langweilen tut man sich auch nicht. Ansonsten: Buchstäblich alles schon mal dagewesen, nur neu im Topf zusammengerührt.

                  Irgendwie ist der Horror nicht mehr das, was er mal war. Irgendwie scheint er in seinem ironischen Zeitalter angekommen zu sein. Und vielleicht ist das ja auch gut so.

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                  • 6

                    Liegt es daran, dass die Bekenntnisse des Wendlers in der letzten Woche, in seinem scheußlichen Palazzo Prozzi wüsteste Sex-Orgien mit Nackt-Kellnern und dergleichen zu feiern, mir den Glauben an das Subversive derartiger Parties vollends genommen haben? Hat der Wendler sich gar "Eyes Wide Shut" zum Vorbild genommen? Ich frag ja nur...

                    Liegt es daran, dass ich venezianische Masken und dergleichen immer schon als kunstgewerblichen Kitsch abgetan habe, da sie in meinem Elternhaus (neben Harlekinen und Clowns, ebenso scheußlich) auf das Gräßlichste den Treppenaufgang verunzierten und sie seither bei mir allergsiche Reaktionen hervorrufen?

                    Liegt es daran, dass, Schnitzler-Freud in allen Ehren, die Traumnovelle dann doch so wahnsinnig aktuell und wegweisend nicht mehr ist?

                    Liegt es daran, dass man sich für den hier allgegenärtigen Triebstau auch weniger theatralische Formen der Triebabfuhr hätte ersinnen können?

                    Sorry, I'm not part of the cult. Aber 6 Punkte lass ich springen...

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                    • 5 .5

                      Brosnan gibt hier eine Art "Proll-007" - was schon mal ein Widerspruch in sich ist. Wo beim echten 007 die Schlüpfrigkeiten stets mit einem Augenzwinkern und Spass am Doppeldeutigen serviert werden, spart man sich hier gleich alle Umschweife, damit es auch der blödeste kapiert: Niemand ist so hemmungslos seinem Trieblieben ausgeliefert, wie ein Geheimagent.

                      Boorman findet zu keinem Zeitpunkt den richtrigen Ton, um die Comedy- und Thriller-Elemente der Story miteinander zu versöhnen. Das ist nur selten lustig und wird leider auch erst gegen Ende spannend. Aus der Geschichte des Schneiders - ein notorischer Lügner, der sich die Welt so "zurechtschneidet", wie sie ihm gefällt und der damit eine Katastrophe heraufbeschwört, hätte man eine wunderbare Farce machen können. Aber dazu nimmt sich der Film viel zu wichtig. So bleibt das ganze zwar nett anzuschauen, aber auch ein unentschlossenes Irgendwas.

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                      • 8 .5

                        Ich empfehle, den Film unbedingt mit Freund oder Freundin zu gucken. Anschließend mal dem Gegenüber die ganz unverfängliche Frage stellen, ob man mehr mit Frank oder April sympathisiert. Und in Windeseile könnte sich ein hochexplosiver Abend entwickeln ...

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                        • 7

                          Sigmund Freud hat ja als Ziel der Psychoanalyse den prägnanten Satz formuliert: "Wo Es war, soll Ich werden." Die sieben Punkte hat natürlich mein "Es" vergeben, nicht mein "Ich". Und es mag sein, dass mein "Über-Ich" vorrübergehend ein wenig zu Wein-vernebelt war, um gegen die sieben Punkte vorgehen zu können. Natürlich ist die bekloppte Story Flunder-flach, vorhersehbar, erzreaktionär, vulgär und was noch alles. Aber dann doch irgendwie ziemlich lustig. Könnte mir sogar vorstellen, dass mancher der Sprüche Klassiker-Potential haben könnte.

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                          • Leider leider sehr gut. Ich punkte mal noch nicht, weil ich noch nicht ganz durch bin. Aber ich oute mich mal - ich gehöre zu diesem System, was da in House of Cards beschrieben bzw. karikiert (?) wird. Ich lass mal offen, welcher Gruppe ich da zu gehöre. Aber das ist wirklich extrem genau beobachtet und von Kevin Spacey und Robin Wright großartig (die beiden schwanken kontinuierlich und sehr überzeugend zwischen Schleimbeutel- und Guillotine-Fresse) umgesetzt. Es ist einfach toll, dass so eine dröge Materie ein so großer Erfolg ist.

                            Nun kommen die Einschränkungen: Fast möchte ich sagen: Die Serie sollten nur gefestigte Demokraten gucken. (Weniger gefestigte werden, Gott sei dank, vermutlich gar nicht erst einschalten). Vermutlich werden viele sagen: Naja, so ist da halt in den USA. Ja, das ist sicher graduell anders hier. Aber man mache es sich nicht zu einfach: Der grundlegende Unterschied ist der Grad an Professionalität, mit der hier eine "Meinung" gesteuert wird. Die Mechanismen selbst sind so unterschiedlich nicht. Das House of Cards diese Mechanismen so krass und massenwirksam ins Bewusstsein ruft, kann daher so verkehrt nicht sein. Ein jeder prüfe sich selbst, inwieweit 40 Jahre alte Interviews und Pfirsich-Attrappen (bzw. Vergleichbares) Meinungen oder Wahlen entscheiden...

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                            • 5 .5

                              Nein, mich hat der film nicht gehabt. Woran lags? Die Oberflächlichkeit der allgegenwärtigen Party-Society zu kritisieren , die Sinnleere, die sich hinter all dem Feuilletonisten-Geschwaffel verbirgt zu enttarnen - geschenkt. 100 x gesehen. Woody Allen macht das seit 30 Jahren zum Thema. - Ich glaube, es in ein Generationen-Problem. Sorrentino fantasiert sich als 65 jähriger und buhlt um die Gunst der Zwanziger. Insbesondere derer, die schon mal was von Fellini gehört haben. "Alle waren auf Mösen, aus, nur ich, das Sensibelchen, mochte den Geruch der Wohnungen von alten Leuten". Tolll. Aber so richtig ist das noch kein Adelstitel. Nein, das hat Fellini deutlich besser hinbekommen. Ja ja , die Bilder sind toll ., .aber, ich wiederhole mich: Tolle Bilder sind inzwischen Standard. Erzählt mal wieder richtig - dann bin ich bei euch!

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                              • 8

                                Ups, Vorhersage 5,5???? Liebe MP-Vorhersage-Kugel: Du kennst mich nun seit 3 Jahren. Wie kannst du dich da so vertun? Du solltest eigentlich inzwischen wissen, dass ich auf diese von Alkohol durchtränkten Familiendramen stehe. Gut, es muss nicht immer Alkohol sein. Auch anderes, was das Bewußtsein erweitert oder trübt, vermag dem in der Regel sterbenslangeweiligen family-talk die nötige Würze zu geben und die absurden Konstrukte von "Heim" und "Blutsbanden" in Frage zu stellen. Ich liebe diese herrlich gemeinen Dialoge, bei denen man nur dankbar ist, dass gerade keine Waffen herumliegen! Hast du dich, liebe MP-Vorhersage-Kugel, etwa davon in die Irre leiten lassen, dass ich in der Regel Julia Roberts nicht mag? Also, ein wenig mehr Differenzierungsvermögen solltest du mir da schon zutrauen: Wie sie da in dieser einen Szene Meryl Streep an die Gurgel geht - das ist schon groß! Furios groß! Mit soviel Irrsinn/Hass im Gesicht - da hätte sie sogar bei Lars von Trier eine Chance!

                                Nicht warmgeworden bin ich hier mit Benedict Cumberbatch, nicht weil er seine Sache schlecht machen würde. Ich finde ihn schlicht fehlbesetzt. Ich muss in meinem Gehirn zuviel umsortieren, um ihm die Rolle des unbeholfenen Softie-Losers abzunehmen. Mag also sein, dass das an mir liegt - könnte aber auch dem Umstand geschuldet sein, dass John Wells unbedingt (aber unnötigerweise) einen Supa-Dupa-Cast haben wollte.

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                                • 8 .5

                                  Kategorie: Unerträgliches Must See. Es grenzt an ein Wunder, dass der Regisseur es verhindert, dass man nach den 159 mehr als quälenden Minuten nicht vollends zum Menschenfeind wird. Ja, tatsächlich, es gelingt ihm Spurenelemente von Moralität und Einsicht in homöopathischer Dosis aufzuspüren, tief verborgen unter kilomenterdicken Schichten von dummen, prahlenden, rechtfertigendem Propagandagelaber. Man erlebt eine Gesellschaft, in der es eine "Vergangenheitsbewältigung" nie gegeben hat bzw. die nun in Talkshows und einem Propaganda-Film Vergangenheit aufleben lässt. Wenn nach Walter Benjamin das Geheimnis der Erlösung Erinnerung heißt, dann ist hier Erlösung ganz ganz fern.

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                                  • 5

                                    Der Film Noir ist nicht totzukriegen. Oder vielleicht doch? Hier werden wir schon durch den Titel mit der Nase darauf gestoßen, was gewollt ist. Und die sehr schöne Eingangsszene mit Danny Devito als malerisch begabter Duschkabinentüren-Montierer, der von einer Kundin in höchste sexuelle Bedrängnis gebacht wird, gibt den Buffo-Grundton vor. Dies ist kein Film Noir, sondern die Parodie eines Film Noir.

                                    Aus dem Kostümfundus wird alles hervorgekramt, was die Herzen der Kinogänger in den 40/50er Jahre (und darüber hinaus natürlich) höher schlagen lies. Wunderbar düstere Bildkompositionen erinnern auf Schritt und Tritt an die Klassiker des Genres. Leider nimmt die Parodie das Original nicht ernst genug. Zu Comic-haft und spannungsarm gerät die Story, die Figuren wirken wie Exzerpte aus einem Handbuch der Filmgeschichte, angereichert durch ein paar Prisen Absurdität (wie etwa den Running Gag, dass der Roomservice in Superheldin-Kostümierung die Hotelgäste erfreut). "Hotel Noir" ist eine gekonnte Fingerübung. Aber leider eben nicht mehr.

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                                    • 4 .5

                                      Das Wattenmeer spielt sie alle an die Wand. Nein, das stimmt nicht. Die Schauspieler machen ihre Sache durchaus gut. Allen voran Ina Weisse als Cate-Blanchett-Wiedergängerin. Mehr Glamour war nie in Nordfriesland. Die Kamera ist wirklich "breathtaking", wie man heute so sagt.

                                      Leider raubt einem die Story nicht den Atmen, sondern eher die Geduld, tröpfelt sie doch arg im Schneckentempo vor sich her. Die Kurzgeschichte von Siegfried Lenz gibt definitiv keinen 90 Minuten Krimi her. Auch die diversen angerissenen Paarbeziehungen mit ihren Problemen und Problemchen bleiben flach und hundertmalgesehen. Dann lieber noch mal Wattenmeer-Totale im Gegenlicht.

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                                      • 6 .5

                                        Tolle Darsteller, unbestritten. Die Story hält da allerdings nicht mit. Das ist zunächst mal nen ziemlich gewöhnliche Betrügergeschichte, die man mit mehr oder weniger Sympathie verfolgen kann. Sonderlich raffiniert ist sie nicht. Und man fragt sich mehr als einmal: Wie, da bekommt jemand seine angekündigten Kredite nicht ausbezahlt und kommt nicht auf die Idee dagegen vorzugehen??? Aber gut: Im Wirtschaftsleben sollte man vielleicht nie zuviel ratio voraussetzen. Nicht geglückt fand ich das Erzähltempo: Minutenlange Sinnlos-Dialoge über Nagellack und seinen (in diesem Fall) modrigen Geruch wechseln sich ab mit Stakkato-Handlungsschüben, deren Plausibilität im Nachhinhein mehr als fragwürdig ist und die man nur aufgrund der Schnelligkeit zu akzeptieren bereit ist. Solche Wechsel kann man machen - wenns gut gemacht ist. Tarantino kann das. Hier hat mich das Nagellack-Gelaber nur gelangweilt.

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                                        • 5 .5

                                          Schade - die Story hat, wie ich finde, viel Potential. Ich fühlte mich manchmal von Ferne an Hitchcocks "Verdacht" erinnert: Ist sie nun krank im Kopf (hier: paranoid) oder sehr hellsichtig (hier: einem Pharmaskandal auf der Schliche)? Der Regisseur versteht es durchaus, diese Pendelbewegungen im Kopf des Zuschauer auszulösen. Und Jessica Schwarz, das muss man bei dem Gebashe hier mal sagen, macht ihre Sache als doppelgesichtige Irre-oder-Opfer-Figur gut.

                                          Leider gibt es dann allerdings ziemliche Drehbuchschwächen. Das fängt bereits an mit der Grundkonstellation: Welcher Psychiater dürfte seine eigene Frau therapieren?? Welches Amtsgericht würde derartiges zulassen? Eine Aversion entwickele ich inzwischen gegen Filme, deren Auflösung dadurch zustande kommt, dass irgendjemand einen USB-Stick in das Notebook von irgendjemand anderen steckt und schnell mal ein paar Dateien kopiert. Bitte, liebe Drehbuchautoren, macht das nicht mehr! Das ist SOWAS von Nuller-Jahre. Diese ständige Schnittfolge "Kopiervorgang noch 4 Minuten" / Küche/ "Kopiervorgang noch 3 Minuten" / Küche etc. möchte man eigentlich nicht mehr sehen. Missraten übrigens auch der Titel, der relativ unmissverständlich signalisiert, wohin der Hase läuft. Nochmal: Irgendwie schade.

                                          • 6

                                            Ach herrje - war das damals eine Aufregung. Mein erster Kinobesuch mit Bombendrohung und obligatorischer Leibesvisitation. Ja wirklich, 1988 in einem Kino am Steindamm in Hamburg. Fundamentalisten unterschiedlichster Couleur standen auf den Barrikaden und sahen wieder einmal den Untergang des Abendlandes gekommen. Scorsese, Schrader und Kazantzakis: Das war sozuagen die Trinität des Teufels. Schon allein wegen dem Gekreische der Fundis MUSSTE man "The Last Temptation ..." damals gut finden.

                                            Ein Vierteljahrhundert später eine zweite Sichtung. Schon dies hätte verdächtig stimmen müssen: Außer dem Tamtam von damals, der berühmt-berüchtigten Schlusssequenz und dem tollen Soundtrack von Peter Gabriel, war mir vom Film kaum noch was erinnerlich. Ich hatte sogar vergessen, dass David Bowie da mitspielt! Wie konnte das sein?

                                            Weil der Film tatsächlich - Fundis wollen das nicht wahrhaben - in der Rückschau unfassbar traditionell (und fromm!) und in seiner Bildsprache von vergleichbaren Jesus-Verfilmungen (Ballhaus-Kamera hin oder her) kaum unterscheidbar ist. "Goldener Engel mit lockigem Haar" - so schallt es nicht nur in der Weihnachtszeit, sondern dererlei bekommt man auch hier präsentiert. Sprechende Schlangen als Sinnbild der Verführung - Wahnsinn! Wahrlich eine Revolution der Ikonographie! Der Apfel! der Löwe! Also ne.... wie konnte man sowas Plattes - leider oft auch furchtbar kitschiges - damals durchgehen lassen???

                                            Man kann den heute durchaus noch gucken. Aber ganz ehrlich: Ohne die Aufregung der Fundis ist er halb so schön.

                                            Ich freu mich auf den angekündigten Verhoeven-Jesus. Der könnte toll werden. Und vielleicht gibt es dann ja wieder Fundi-Gekreische.

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                                            • 6

                                              Das erinnert deutlich an "Gefährliche Liebschaften", grundiert mit einem ebenso deutlich bei Oscar Wilde entlehnten Sound. Reicht aber leider an beides bei weitem nicht heran. Trotzdem: Ein paar feine Apercus gibt es und für Belle-Epoque-Nostalgiker ist der Film sicher ein Fest. (Ich glaube, das ist zugleich auch ein Problem des Films: Die "Giftspritze Frears" wird hier ein bisschen zu verklärend-nostalgisch, so dass das Gift lediglich im harmlosen Klatsch der Kurtisanen spritzt.) Kann man gucken - aber man muss auch keine Krokodilstränen weinen, wenn mans verpasst hat.

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                                                Vorweg: Man sollte den unbedingt in der Originalfassung gucken (mit Untertiteln natürlich! sonst ist man hier im tonalen Dickicht der Krächzlaute verloren!). Nur so erfährt man z.B. von der Existenz eines Wortes, das, wenn ich es richtig mitbekommen habe, in etwa "Bünzlifüdlibürger" lauten müsste.

                                                Andre (Stefan Kurt) ist eigentlich ein ganz patenter Mittfünziger ohne Verhaltensauffälligkeiten. Etwas ist allerdings komisch an ihm: Er lebt nach wie vor bei seiner Mutter (Annemarie Düringer), umsorgt sie, macht mit ihr Wassergymnastik und spielt mit in ihrem Karten-Kaffe-Kränzchen. Kommt er nach der Arbeit nach Hause, warten im Hausflur schon die mittig von Mutti platzierten Hausschuh auf ihn. Zwischen ihm und ihr existiert eine liebevolle, gleichwohl beklemmende Symbiose. Sie, eine Schauspielerin mit vermeintlich großer Vergangenheit, hat ihren Sohn durch ein besonders perfides Mittel an sich gebunden: Das Schuldgefühl. SEINETWEGEN hat sie einst der großen Hollywood-Karriere entsagt. SEINETWEGEN ist aus ihr keine Garbo geworden. Logisch, dass es für Andre unmöglich ist, andere Frauen kennenzulernen. Der Kokon, den er und seine Mutter bewohnen, ist dichtgesponnen - bis unverhofft der bis dato unbekannte Bruder Bill aus den USA in Zürich aufschlägt.

                                                Lovely Louise ist eine Tragikkomödie der leisen Töne. Schenkelklopfer-Lacher sollte man hier nicht erwarten, wohl aber feine Beobachtungen und ein perfekt austariertes Gleichgewicht von Beklemmung und Witz. "Lovely Louise" lebt vom diabolisch-liebevollen Spiel der Düringer (manchmal erinnert sie hier an ihre Paraderolle als böse Ärztin in Fassbinders Veronika Voss) und Stefan Kurt, dem zwischen Ergebenheit und Rebellion schwankenden Sohn, dessen Zerrissenheit für den Zuschauer fast körperlich spürbar wird.

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                                                  Bin traurig. An die 20 Filme mit PSH schwirren mir im Kopf herum, unvergessliche Szenen, Bilder, der Gedanke daran, dass er nur ein paar Monate jünger ist als ich - und nun tot. Oft spricht man bei Schauspielern mit einer gewissen Körperfülle in Nachrufen davon, sie seien "Urgewalten" gewesen - das war PSH sicher auch. Vor allem war er jedoch für mich eine "Urzartheit", die noch in ihren "härtesten" Rollen ein spezielle Form der Verletzbarkeit verströmte.

                                                  Vielleicht war "Love Liza" sein persönlichster Film. Der durch den Selbstmord der Ehefrau Traumatisierte, der es nicht fertig bringt, ihren Abschiedsbrief zu lesen, und sich nach dem Verlust in die (sehr spezielle) Sucht flüchtet. Natürlich ist PSH großartig. Trotzdem möchte ich seine Leistung hier nicht loben, weil irgendetwas in mir ruft: Blöder Idiot du. Hättest du doch ... Man - was hätte da alles noch kommen können? Und: Danke - warst einer der ganz, ganz großen.

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                                                    Sollte es auch in Russland irgendwann einmal eine Revolution geben und Putin in einem Straflager landen (man weiß ja nie, die Weltgeschichte nimmt in letzter Zeit manch ungeahnte Wendung), so wäre "Ein Käfig voller Narren" ein ideales Instrument, um den einstigen Fürsten und Möchte-Gern-Macho in den Wahnsinnn zu treiben. 24 Stunden La Cage aus Foles bei Wasser und Brot - das müsste wirken und dürfte sogar bei Amnesty auf Zustimmung stoßen. (Möglicherweiseweise würde diese - ích nenne es einmal "Therapie" - auch bei Baden-Württembergischen Realschullehrern wirken, die angesichts von sexueller Vielfalt Tobsuchtsanfälle kriegen?).

                                                    Das Lexikon des Internationalen Films schimpft "platt" und "klischeehaft". Ich halte dagegen: Sehr lustig, ganz viel Charme - und hochaktuell.

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