mikkean - Kommentare
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Alle Kommentare von mikkean
Beängstigend, grotesk und zeitweise auch lustig, wie Joshua Oppenheimer und sein Team, älteren Männern dabei zuschauen, wie die Filme drehen. Gangsterfilme, Horrorfilme, eine Tanz-Revue vorm Wasserfall oder dem riesigen Fischmaul. So schrill es aber auch manchmal zu werden scheint, die Realität und den eisig gruseligen Hauch des Todes, werden wir nie los.
"The Act Of Killing" ist keine filmische Spinnerei, die allein greisen Leuten bei der Verwirklichung ihrer Leinwand-Träumereien begleitet. Die Männer, die hier antreten, haben an der organisierten Ermordung von Millionen von Menschen mitgewirkt. Dem Grauen der indonesischen Völkerschlachtung nähert sich der Film, und das eigentlich schon genial.
Anstatt zu versuchen, das Gegenüber mit Holzhämmer-Fragen zu traktieren. Anstatt zu zermürben und ein Geständnis zu verlangen, lassen die Macher den ehemaligen Tätern freien Lauf. Sie lassen den freundlich, kauzigen Anwar Congo darüber sinnieren, wie er vom Ganoven zum Verhör- und Folter-Spezialisten wurde. Wie sehr er früher das Gangster-Kino liebte und sich zu effizienten Exekutionsmaßnahmen inspirieren ließ.
Anfangs schockiert diese Freimütigkeit. Zeigt sie doch, wie Anwar und seine Nachfolger von der Pemuda-Pancasila-Bewegung, heute noch gefürchtet durch die Straßen ziehen. Aber, es kommt der Moment, in dem Congo Einblick in sein Innenleben zulässt. Von seinen unruhigen Träumen erzählt und davon, wie sehr es im heutigen Indonesien brodelt. Weil die Nachfahren der Opfer und Überlebende, immer noch Tür an Tür mit den Schlächtern leben.
Zu sehen, wie ein hundertfach, tausendfacher Mörder, einem Mitstreiter sein Leid klagt, ist natürlich keine Genugtuung. Auch nicht dann, wenn Anwar Congo selbst in die Rolle eines Opfers schlüpft, und gespielt, Demütigung, Strangulation und Ermordung durchlebt. "The Act Of Killing" ist auch keineswegs eine allumfassende Aufbereitung der vergangenen Gräuel. Jedoch werden die Opfer nicht dadurch verhöhnt, dass sie so betrachtet, nicht zu Wort kommen. Der Blick auf und in die Seite der Täter bekommt dadurch eine schauerliche Brisanz, dass er sich nicht auf Guido-Knopp-Style-Interviews, Betroffenheitsbekundungen und Archivbilder versteift. Den Rahmen für eine vielschichtige Betrachtung durch uns ausländische Zuschauer schafft, indem er jeden fast nur machen und erzählen lässt. So finden sich auch, nicht bewusst kritische, aber andersdenkende Stimmen, die zeigen, dass der Schatten von damals immer noch auf dem Land lastet.
Und so spielerisch das Treiben auch rüberkommt, so verstörend wirkt es doch gewaltig nach, diesen Leuten zuzuhören, wie sie damals geschlachtet, geraubt und vergewaltigt haben. "The Act Of Killing" ist ein wahrlich schwerer Brocken, so sehr anders als die meisten Geschichtsstunden. Dafür aber auch lohnenswerter, weil er sich nicht auf Aussagen und das Auswendigkennen von Jahreszahlen reduzieren lässt.
Verschwendete Aufregung meinerseits. Das ZDF ist mit Qualitätsserien schon seit jeher nicht gut umgegangen. Ich durfte noch erleben, wie Star Trek - The Next Generation am Vorabend lief und mittendrin von einer Kochshow unterbrochen wurde. Auch die Simpsons wären ohne Pro Sieben hierzulande nie zu ihrem Status gelangt. Meiner Meinung nach. Das Zweite Deutsche Fernsehen ist vor allem ein wehleidiger Gigant, dessen Einfluss auf die deutsche Fernsehkultur, auf sehr veralteten Ansprüchen und gestörter Selbstwahrnehmung beruht.
Vor Innovation wird sich dort, spätestens seit den Achtziger Jahren, regelrecht gefürchtet. Davon zeugen die immer gleichen Produktionen irgendwelcher Brechreiz-Herzschmerz-Bestseller, zahllose Kripo-, Hafenpolizei- Ermittler- oder Familien-Reihen, gerne auch mit tierischer Verstärkung. Kochformate, gequält lahme Quiz- und/oder Show-Formate, die es mittlerweile auch auf überproportionale Wiederholungsstrecken auf den, angeblich, jugendlich feschen Digitalkanälen schaffen.
Bei diesem Trauerspiel ist die bloße Erwähnung eines müde kopierten Breaking Bad-Abklatsches, wenn er es dann werden sollte, nur das Tüpfelchen auf dem I. Es ist schlimm, dass das ZDF in den letzten Jahrzehnten, einer Enterprise nur ein Traumschiff als Erfolgsmarke entgegensetzen konnte. Schlimmer ist doch immer noch, dass sich dieser Sender, auf seinen weitreichenden Bildungsauftrag, angeblich gigantische Einschaltquoten und seine Rundfunkbeiträge beruft. So ähnlich wie der Opa, der sich immer noch auf den Kaiser beruft. Auch wenn der schon lange weg vom Fenster ist.
Mal sehen, ob ich das auf die Reihe kriege...
Drehen wir die Musik auf, legen die heißeste Sohle aufs Parket, welche die Welt je gesehen hat. Vergessen wir alle Widrigkeiten und Rückschläge, die uns das Schicksal beschert hat und genießen das Leben, einfach, weil wir am Leben sind. Also schweben wir ein wenig mit dem Kopf in den Wolken. Für einen Abend haben wir es uns verdient.
"A long time ago we used to be friends ..."
Es ist ein Wunder. Die wahr gewordene Rache der Eierköpfe. Wohl das erste Geschenk im Leben, das wir uns selber machen dürfen, ohne seine fantastischen Ausmaße zu kennen. So muss es angefühlt haben, als Shatner, Nimoy und Co. damals die Enterprise zum ersten Kino-Ausflug bestiegen. Als Christopher Reeve sich in Superman's Cape hüllte und in die Luft erhob. So ein Kribbeln gab es zuletzt noch, bevor Jackson die mustergültigste "Herr Der Ringe"-Adaption auf die Leinwand brachte. Oder damals, als George Lucas eine neue "Star Wars"-Trilogie ankündigte. VERONICA MARS IST ZURÜCK!!! Wir haben gesiegt und dürfen uns freuen. Im Gegensatz zu "Episode 1", liegen das Hochgefühl der Erwartung, und das nach dem Ansehen, nicht allzu weit auseinander.
VERONICA MARS IST ZURÜCK UND SIE TRITT HOLLYWOOD IN DEN ARSCH!!! Gewinnspannen und Kostenkalkulation konnten vielleicht eine der besten Serien der vergangenen Dekade stoppen, aber was sind das schon für Hindernisse. Denn Fanliebe ist unerschütterlich, und im Küstenstädtchen Neptune, brodeln Korruption und Verbrechen wie eh und je unter der sonnigen Oberfläche.
Ihrer Heimat und ihrer wahren Berufung hat Veronica inzwischen den Rücken gekehrt. Aus der High-School- und Uni-Ermittlerin ist eine angehende Anwältin geworden. Doch ein Anruf und der Tod einer Mitschülerin genügen, um einen vermeintlich letzten Abstecher in die Gefilde der Privat-Schnüffler loszutreten.
Zehn Jahre scheinen da eine Kleinigkeit, die an Serien-Schöpfer, Autor und Regisseur Rob Thomas und seine wundervolle Haupt-Darstellerin Kristen Bell mühelos abprallen. Als wäre es nur ein Wimpernschlag, hüpft Bell in die, immer noch, wichtigste Rolle ihres Lebens. Erweckt mit ihrem Charme und dem des, beinahe ausnahmslos, wiedervereinigten Ensembles, die Welt von "Veronica Mars" zum Leben.
Ich werde mich nicht anmaßen, im Namen aller Fans, über diesen Film zu urteilen. Das wäre schön bescheuert. Seht meine Stimme als die eines Liebhabers, in dessen Herz die TV-Serie bis heute einen besonderen Platz einnimmt. Weil mich neben den trefflichen Schauspielern vor allem die Qualität überzeugt. Die Umsetzung einer guten Grund-Idee, die Konzeption spannender Storylines und der gelungene Ausschluss jeglicher Redundanz.
Jene Kriterien sind es auch, die ich in "Veronica Mars" sofort ausmache und diesen Film, trotz fehlenden 3-D-Zaubers, großkotziger Special-Effects-Ausschweifungen oder Comic-Helden (Was?!! Das gibt's noch?), zu einem der Ereignisse des Kinojahres macht. Rob Thomas erweist sich abermals begabter Mastermind. Das Script ist umwerfend, weil gut durchdacht. Mit den gewohnt gekonnten Haken, die eine lahme Auflösung von vornherein aussperren und schon die Serie übers Mittelmaß hoben. Zehn Jahre und die glänzend aufgelegten Darsteller haben der Dialogkunst nichts anhaben können. Es ist alles da, der Witz, die schönen Bissigkeit, mit der Veronica ihrer größtenteils wenig liebenswürdigen Umgebung zu begegnen weiß. Und wieder mal beweist, dass die (High) School eben doch nicht mit dem Abschluss endet.
Auch verflüchtigt sich relativ schnell der, vielleicht nur winzige, Anflug von Zweifel, ob die Zutaten der Serie dem Kino-Format standhalten können. Ja, verdammich, das tun sie. Dieser Film versucht gar nicht erst, eine Fernseh-Sendung auf ein größeres Niveau zu strecken. Es werden keine Stärken geopfert, der Aufbau fühlt sich so gut an, wie beim Ansehen der gelungenen Episoden. Da reichen ein überschaubarer und doch mysteriöser Mord und ein Geheimnis, das ohne viel Tamtam und Übergewicht, etwas zu viel des guten wirken könnte. Dafür kennen Thomas und sein Team den eigenen Stoff zu gut. Dafür würdigen sie mit diesem Film die eigene Schöpfung und den Zuschauer.
Wer Fan der Serie ist, wird sich nicht nur über die bekannten Gesichter freuen. Darüber, dass wirklich beinahe jedes Gesicht aus Neptune wieder auftaucht, und es sogar den ein oder anderen, ausgefallenen, Gast-Auftritt gibt. Wer die Serie mochte, wird es zu schätzen wissen, dass der Film sich wie die einzig richtige Erweiterung des Universums anfühlt. Die einzig richtige Art, einem TV-Juwel die Ehrenrunde zu verschaffen, die es schon lange verdient hat. Und wer noch nie eine Minute "Veronica Mars" genossen, dem sei gesagt, dass der Film kein doppelbödiger Thriller, kein atemloser Reißer und non-stop-explodierende Granate ist. Aber auch deswegen einen Blick wert sein könnte. Gerade auch, weil die ersten Minuten einen perfekten Einstieg für Nicht-Kenner bieten.
Was bleibt da eigentlich noch zu sagen? Dem Film gebe ich jetzt eine objektive 8.5, aber im Herzen könnte ich nicht glücklicher sein. Wir haben gewonnen und dürfen unsere Veronica triumphieren sehen. Subjektiv ist das eine Zwölf, mindestens. Hurra, hurra, hurra.
Heiliger Luzifer, GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE. Warum in Großbuchstaben? Mehr ein, von allem Glauben verlassener, Aufschrei, als eine Würdigung. Nicolas Cage hat vielleicht Spaß an seiner Rolle, aber gräbt sich doch nur immer weiter nach unten durch. Idris Elba legt einen unwürdigen Zwischenstopp ein, auf dem Weg zum echten Hollywood-Aufstieg. Die "Crank"-Macher stecken in der Kreativ-Sackgasse und lassen alle auf der gefühlt längsten Carrera-Rennbahn der Welt herumrasen. Was ungefähr so ansprechend wirkt, wie es das vollgekritzelte Gesicht von Christopher Lambert. Der zweite "Ghost Rider" vollbringt das denkbar Unmögliche: seinen Helden cooler aussehen zu lassen, als noch beim haarsträubenden ersten Teil. Und gleichzeitig einen gesamten Film zu verbocken. Mit überanstrengter Kamera-Führung, erbärmlicher Osteuropa-Kulisse und der vielleicht mauesten Action unterm Marvel-Banner seit langem. Dieser Film lässt sogar "Blade: Trinity" wie ein Meisterwerk aussehen und treibt mir nur die Tränen in die Augen. Die perlen noch stärker, wenn ich eines meiner Ghost-Rider-Hefte heraus krame uns sehe, wofür dieser finstere Höllen-Held wirklich steht.
Heute ist ein Teil meiner Kindheit gestorben, ein wichtiger Teil von mir. Völlig unerwartet und unwiederbringlich ist er entschwunden. Bitter, wie immer. Heute ist ein Tag, eine echte Legende des Komischen und Fantastischen zu würdigen. Aber auch ein Tag, an dem eine Uniform für immer in der Kabine hängen wird, Slimer vor lauter Kummer nichts Essen kann. Und sogar der Marshmallow-Mann traurig verharrt. Ruhe in Frieden Harold Ramis. Nicht nur dein Egon wird uns auf ewig in Erinnerung bleiben.
Zwei Gründe, warum mir bei "Wolverine: Weg Des Kriegers" nicht sofort die Klingen aus den Handknöcheln schießen: erstens, der Vorgänger "X-Men Origins: Wolverine" war doch eher enttäuschend. Zweitens, Hugh Jackman ist die perfekte Besetzung von Wolverine. Egal, ob nun als Teil eines mäßigen Mutanten-Potpourri oder auf Solo-Pfaden. Mit seiner erfrischend knurrigen Art und spürbarer Lust am Mürrischen, hat Jackman die einzig denkbare Verkörperung des Stehauf-Männchens Logan entwickelt. Jeder laut ausgesprochene Gedanke nach einem Re-Cast, müsste als Sakrileg sofort, mit der Drohung nach dem Scheiterhaufen, abgestraft werden. Nur ein Scherz, aber mit echter Wertschätzung im Unterton.
Gerade weil Jackman immer noch Lust an der Rolle hat, war der Ausblick auf einen zweiten "Wolverine"-Streifen für mich kein Grund, die Alarm-Glocken läuten zu lassen. Abwarten war angesagt und nach Begutachtung steht für mich fest: Der zweite Anlauf macht einiges besser als der Erste. Auch wenn er nicht das Superhelden-Kino revolutionieren wird. Oder hinter dem Anspruch steht, denn Bryan Singer mit seinen beiden "X-Men"-Abenteuern aufgestellt hat.
"Wolverine: Weg Des Kriegers" ist vorrangig eine actionreiche Angelegenheit. Es gibt ordentliche Kämpfe mit Ninjas und Yakuza, ein, zwei Hightech-Waffen und, überraschenderweise, kaum großes Mutanten-Personal. Damit erdet der Film seine Hauptfigur sozusagen und lässt Wolverine in einem übertriebenen, gleichzeitig auch realitätsnahen, Japan antreten. Was ja mit dem Schauplatz schon einen weiteren fetten Bonuspunkt einbringt. Japan ist halt immer noch als Location cool und befremdlich. In einigen lichteren Momenten, hält "Wolverine" sogar Anflüge von "Lost In Translation" bereit. Wenn ein merkwürdiges Liebeshotel als Unterschlupf dienen muss oder der sture Knochen von überpeniblen Hausdamen gesäubert wird. Dann wiederum gibt es die etwas düsteren Szenen, in denen "Black Rain" grüßen lässt, weil die Straßen der Megacity, und sogar eines Dorfes, bei Nacht, Schnee und Regen, immer noch geiler wirken, als der x-te Showdown auf amerikanischen Territorium.
Aber es nicht nur der Kampf oder die Ehre, die Logan nach Japan locken. Unser liebster Krallen-Schlitzer darf sogar romantische Gefühle entwickeln und hadert zur selben Zeit immer noch mit dem Tod von Jean Grey. Weiterer Pluspunkt übrigens für die Brücke zur "X-Men"-Trilogie. Man merkt, dass Regisseur James Mangold seine Hausaufgaben gemacht hat. Wie schon "Walk The Line" oder "Todeszug Nach Yuma", zeigt Mangold genau das, was das Publikum sich unbewusst oder bewusst, gewünscht hat. Ganz viel Wolverine. Ganz der einsame Wolf, der seinen Schmerz in sich reinfrisst und dann doch offen menscheln darf. Und noch eine Überraschung gibt es. Dieses Mal sind es verstärkt starke und interessante Frauen, die dem alten Logan begegnen. Wäre ja auch ein Schuss in die eigene Parade gewesen. So muss sich Jackman sich gleich gegen toughe Mitstreiterinnen und Gegnerinnen behaupten. Was aber nochmals mehr Freude bereitet, als eine endlose Abfolge von Fights gegen listige Ninjas oder Samurai.
Es mag sein, dass "Wolverine: Weg Des Kriegers" nicht ganz frei von Stereotypen ist. Dass er der Betrachtung Japans keine neuen Seiten abgewinnt und doch ziemlich vorhersehbar abläuft. Stellen wir diese Defizite mal beiseite, schauen auf die ganz ordentlichen Effekte und Action-Sequenzen, bleibt dennoch unterm Strich ein relativ hoher Unterhaltungswert. Verstärkt durch die Tatsache, dass halt Hugh Jackman der einzig wahre Wolverine ist und Spaß daran hat. Was noch schöner wirkt, weil der zweite Solo-Film dann eben übersichtlicher, stimmiger und weniger verquatscht ist als der Vorgänger. Vielleicht wäre es besser, eigenwilliger und dunkler gegangen, aber ein gutes Interims-Stück bis zum nächsten, übergroßen "X-Men"-Teil ist der Film allemal geworden.
Dave Brown ist Straßenbulle in Los Angeles. Er durchkämmt tagtäglich die schlimmsten Gegenden der Stadt, kennt die verseuchtesten Ecken und passt bestens dorthin. Seine geringe Wertschätzung der Junkies, Penner, Nutten und Dealer lässt er jeden nur zu gerne spüren. Wenn es geht, wird zugeschlagen und geknüppelt. Was gut geht, bis Dave dabei gefilmt wird und übers Fernsehen einen Sturm der Entrüstung auslöst. Aber das ist ja nur die Dienstseite eines abgewrackten Menschen, mit dem wir wohl nicht für Geld tauschen würden.
"Rampart" ist nämlich nur zum Teil ein Cop-Film. Mit eben so viel Hingabe wird hier auch der private Trümmerhaufen verfolgt, den Brown sein Eigen nennen darf. Zwei Schwestern hat er nacheinander geheiratet und geschwängert. In zwei nebeneinandergelegenen Häusern hat er mal gewohnt, zu Hause ist er in keinem mehr. Abends geht er lieber auf Pirsch und wird seinem Spitznamen "Vergewaltiger" gerecht. Stellt sich natürlich die Frage, wie so etwas so lange gut gehen konnte. Ganz einfach, es ging nicht gut.
Es braucht nur zehn Minuten mit der Idealbesetzung Woody Harrelson, der solche Rollen einfach phänomenal meistert, um zu erkennen, dass "Rampart" wie ein Zugunglück in Zeitlupe ist. Die Korruption der Hauptfigur mit ihrer tödlichen Konsequenz ist an dieser Stelle noch nicht mal ausgeführt. Auch wenn "Rampart", dem Namen nach, auf einen realen Polizei-Skandal fußt, ist der Film mehr das Psychogramm eines gescheiterten Typen, der noch weiter am Scheitern ist. Sympathisch geht natürlich anders, und auch eine Erlösung zeichnet sich nicht am Horizont ab. Damit ist der Film schon eigentlich harte Kost. Er wirkt in seinem Szenenbau fast episodisch. Er zeigt uns verschiedene Stufen der Ermittlungslawine, die Brown zu begraben droht. Und führt das nahtlos auf dem privaten Schlachtfeld weiter.
Das ist wie bei jeder Figur, die Protagonist und Antagonist verkörpert, gerade deswegen reizvoll. Irgendwann muss der Typ aufwachen, denkt man sich. Aber es braucht schon wirklich die gesamte Laufzeit, bis Dave zu erkennen scheint, dass er dieses Mal so richtig in der Scheiße steckt. Und einen bildlich gesprochenen Leichenberg aus seinen Ex-Frauen und, zumindest, seiner ältesten Tochter angehäuft hat. Da "Rampart" aber ein Film vom Scheitern und nicht von der Besserung ist, bleibt diese Beobachtung natürlich entsprechend karg und, nicht selten, hart an der Grenze zur Unausstehlichkeit. Massentauglich ist das selbstverständlich auch nicht, aber dafür ist dies keine Groß-Produktion. Nur ein schroffer, gut besetzter Film, der einem bei Bedarf auf die schattige Seite des Lebens zu führen weiß. Für so etwas muss ja auch mal Platz sein.
Eine zeitlang mache ich mir echt Sorgen um Frances Ha(lladay). Der College-Abschluss liegt schon ein paar Jahre zurück. In ihrer Company wird sie wohl kaum zur professionellen Tänzerin aufsteigen. Geld ist knapp, und als ihre beste Freundin Sophie aus der gemeinsamen WG zieht, muss sich Frances sehr schnell eine andere Unterkunft suchen. Klingt vermutlich so belanglos wie schon hundertmal gesehen. Stimmt natürlich, aber gerade weil wir alle die Probleme mit dem Stehen auf eigenen Füssen, dem Reifungsprozess im Leben selbst kennen, ist "Frances Ha" ein schönes, unverfälschtes Juwel des Indie-Kinos.
Beschwingt tänzelt der Film vor dem Nullpunkt, auf den ich seine Hautfigur zusteuern sehe. Nie verklärt er die Ernsthaftigkeit von dem, was hier geschildert. Wie jemand lange braucht, um für sich auszuloten, wie es weitergeht und was einem Erfüllung bringen könnte. Was für meine Beängstigung sorgt, ist hier eher Frances Art, derart ernste Fragen zur Seite zu schieben. Mit einem Lächeln und wirklich ansteckendem Charisma anderen vorzumachen, dass es ihr nicht so schlecht geht. Mal erscheint sie himmelhoch jauchzend, dann sehen wir sie allein im Bett oder einfach nur still ins Leere starrend. Natürlich wird die Sache nicht so fies, als dass wir am Ende den Hammer auf unsere Protagonistin runtersausen sehen. Wäre auch zu einfach. "Frances Ha" bleibt lieber eine Komödie, auch wenn diese Bezeichnung fast zu banal und engstirnig erscheint. Es gibt hier ja keine Witze über Blondinen, schlechten Sex, blödsinnige Persiflagen auf Minderheiten oder Berühmtheiten. Ah, ich schweife ab.
Wichtig ist, dass "Frances Ha" einen herrlich ehrlichen Einblick in den vielleicht wichtigsten Lebensabschnitt gibt und eine Biografie abliefert, die auch unsere sein könnte. Selbst dann, wenn wir nicht Tänzer, Autoren oder Künstler sein wollen. "Frances Ha" ist ein hipper Film, ohne ein Hipster-Film zu sein. Und selbst wenn jemand eine Salve abfeuern sollte und das "gekünstelt" schimpft, einfach selbst ansehen. Wichtig ist nicht unbedingt, welche Profession die Figur hier ausübt oder in welchem Milieu sie sich bewegt. Dies ist einfach nur eine Geschichte, wie wir sie alle irgendwie durchleben und durchlebt haben. Kann einem ja keiner abnehmen. Aber einen guten Film daraus machen, das geht.
Gauner trickst Leute aus, wird dafür von FBI-Mann aufs Kreuz gelegt. Dann wollen beide als Team korrupte Politiker und Mafiosi drankriegen und erfinden deshalb ihr ganz eigenes Märchen vom reichen Scheich. Bis das Lügengebilde so groß wird, dass es nur noch alle unter sich begraben dürfte.
Fett ist das vor allem, weil sich für "American Hustle" abermals eine beachtliche Schar heiß gehandelter Stars der Stunde zusammengefunden hat. Und sich mit viel Lust in die Rollen und das Seventies-Ambiente stürzt. Da werden nicht nur Schlaghosen, Samt, Koks und Disco wieder lebendig, Bradley Cooper trägt Lockenwickler trotz glattem Haar. Christian Bale schleppt sogar eine Wampe vor sich her und steckt sich ein Toupet auf den Kopf. Nicht immer, aber sein Trickbetrüger Irving Rosenfeld ist nicht gerade das Abbild eines verschlagenen, sexy Gauners. Überlassen wird dieser Part dann doch vorrangig Amy Adams, die sich so verführerisch und betörend rekeln darf, wie wohl nie zuvor. Komplettiert wird das Personal von Jennifer Lawrence als frustriertes und manisches Ehemonster von Rosenfeld und Jeremy Renner als Bürgermeister.
Es ist kein Geheimnis, "American Hustle" ist mit das heißeste Ding der Stunde. Mehrfach für den Oscar nominiert, auf den Weg dahin schon die ein oder andere Trophäe abgeräumt. Seine Darsteller kennt Regisseur David O. Russell auch schon aus seinen vorherigen Projekten. Bale und Lawrence brachte das schon bereits jeweils einen Goldjungen ein. Aber was heißt das jetzt für "American Hustle"? Ist das nur ein obercooles, überstylisches Ganovenstück. So in der Art wie "Jackie Brown", jedoch schlichter und schlechter?
Meine Antwort darauf lautet eindeutig Jein. Ja deshalb, weil wirklich ein schickes Feeling diesen Film durchzuckt. Die Klamotten, die Frisuren, die Musik. Was soll man da schon sagen? Für einen Nachgeborenen ist das quasi ein animierter Museumsbesuch. Und auch das Flair des Crime Cinemas kommt glänzend rüber. Die Konstellation ist so herrlich durchgedreht wie auch immer ernsthaft. Denn bei der Nummer mit dem falschen Scheich und reinzulegenden Mafiosi und Kongress-Abgeordneten geht es bei manchen Beteiligten bald ums Leben.
Das Nein zum Stempel gibt es deshalb, weil "American Hustle" unter seiner schillernden Oberfläche noch etwas anderes offenbart. Eine Geschichte vom Streben nach Glück. Christian Bale und Amy Adams geben nicht nur ein gut eingespieltes Trickser-Paar, beide hadern mit ihrer Existenz. Wollen die Fesseln ihres Lebens abwerfen. Dazu passt bei Bale nicht nur die äußerliche Erscheinung. Seine Figur Irving ist, wegen seines geliebtes Sohnes, an eine glücklose Ehe gekettet. Die Beziehung zur wahren Liebe entwickelt sich, mit dem Auftritt des vermeintlich schöneren FBI-Mannes, zum quälenden Dreieck. Zur Krönung wird er genau durch das, was er bisher so gut konnte, auf gefährliche Art und Weise verstrickt wird.
So komplex und unübersichtlich ist das Geflecht aus Freundschaft, Loyalität, Liebe, Korruption und Unterwelt dann aber auch nicht. "American Hustle" ist kein derart verwinkeltes Crime-Märchen. Die Entwicklung verläuft geradlinig, ist aber im Prinzip so augenzwinkernd witzig wie ernst im Kern. Kein "Ocean's Eleven" der lässigen Sorte, wo der Style Logik- und Handlungsfragen betäubt. Hier treffen tatsächlich wahre Begebenheiten auf wirklich gute Charaktere und aberwitzige Momente. Ähnlich wie schon bei "Three Kings", lockt uns David O. Russell mit ernsten Wurzeln und Hintersinn, garniert das aber mit einer gesunden Portion Komik. Nicht, um uns unterzubuttern oder um davon abzulenken, dass hier kein rechter Film rausgesprungen ist. Die Lacher resultieren aus flotten Dialogen, herrlichen Augenblicken, aus immer größeren Lügenbrocken und einem Gauner, der zusehends vom Geschehen verschlungen wird. Es ist halt so witzig, wie auch traurig.
Größter Coup von "American Hustle" ist deshalb immer noch, wie es ein kleinerer Film schafft, plötzlich ganz groß zu wirken. Als weniger teurer Kontrahent zum Blockbuster-Bataillon, markiert der Film eben doch verdientermaßen eines der Highlights des Kinojahres. Und macht wohl endgültig seinen Regisseur zu einem der neuen Wunderkinder Hollywoods.
Es ist ein wenig so, als würde uns Peter Jackson als Gandalf der Weiße erscheinen. Uns mit einem warmen Lächeln und offen Armen empfangen. Leise flüsternd: "Wieso sollte ich euch Grund geben, an mir zu zweifeln?"
Mit "Smaugs Einöde" scheint "Der Hobbit" endlich anzukommen in den qualitativen Gefilden der filmischen Mittelerde. Es gibt nun keinen Grund mehr für lange Ein- und Ausführungen. Die bunte Zwergentruppe um Thorin Eichenschild und dem zufälligen Hobbit-Meisterdieb Bilbo Beutlin sind uns jetzt bekannt. Zumindest wurden sie uns erstmal vorgestellt und auch ihre ersten waschechten Höhepunkte auf ihrem Weg zum Einsamen Berg haben wir bereits erlebt. Wenn Anlass, Ziel und auch Bösewichte der Heldenreise nun grob feststehen, ist es an der Zeit, das Tempo anzuheben. Die Schauwerte auf uns einregnen zu lassen und überhaupt, ein Stückchen tiefer in die Vision von Tolkiens Ring-Universum einzusteigen.
Was natürlich so nicht einfach scheint, zumindest, wenn man es mit uns Zuschauern der ersten Stunde zu tun hat. Wir kennen die "Herr Der Ringe"-Trilogie, haben vielleicht schon in den Vorlagen gewälzt. Natürlich haben wir uns für "Der Hobbit" erweichen lassen, keine Frage. Bei der ersten Runde war es aber doch ein wenig anders. Die Änderungen zum Buch wurden deutlicher als beim "Ring"-Nachfolger, der opulenter und epischer angelegt war. Drei Filme waren da keine Frage der Ehre (und des Geldes), sondern fast schon ein Geschenk ans Publikum. "Der Hobbit" jedoch war ein Buch, ein schmales und in erster Linie eines auch für kleine Leser. Aus diesem Grund erschien mir Jackons "Eine Unerwartete Reise" ein wenig komisch aufgeblasen. Zäh, was die Einführung anging und sowieso natürlich, als verspäteter Ausflug nach Mittelerde, vielleicht nicht mehr ganz so umwerfend, lebensverändernd und in vielerlei Hinsicht gewaltig. Natürlich waren dies Makel, über die sich jedes uninspirierte, zweit- und drittklassigere Fantasy-Epos freuen dürfte. Jammern auf höchstem Niveau halt. Aber nun, bei "Smaugs Einöde" macht das alles auch plötzlich mehr Sinn.
Die etwas längere Phase der Figuren-Vorstellung und der Etablierung, der etwas ruhigere Start des Abenteuers. "Der Hobbit" wollte und sollte uns erst mal etwas schonen, vorbereiten und wappnen für das, was da noch kommen wird. Jetzt, beim zweiten Teil, hat uns Jackson den Weg gewiesen und legt richtig los. Bietet uns neben bösen Ork-Horden auch endlich wieder Elben und ein Wiedersehen mit Orlando "Legolas" Bloom. Neue Schauplätze und eine gute, überschaubare Fülle an neuen Figuren. Geschwindigkeit ist eben alles bei diesem Film.
Kein Abschnitt wirkt zu lang, dafür haut Jackson mindestens zwei grandiose Schlachtszenen raus. Eine mitten auf einem reißenden Fluss und dann die erste Auseinandersetzung mit dem Drachen. Was da an negativer Kritik aufkommt, ist eher das Gefühl, dass ich unter den dreizehn Zwergen nur zwei, drei Favoriten ausmache, mit denen ich wirklich gern beim Abenteuer bleibe. Nicht, weil die anderen unsympathisch sind, sondern eben die Fülle an Charakteren ist größer als bei Frodo, Sam und Co. So warte ich eher darauf, wann für jeden der Zwerge sein großer Moment kommen möge und meine zu ahnen, dass es halt doch nur auf Thorin und Bilbo hinauslaufen wird. Okay, ich kenne das Buch schon, will mich auch nicht beschweren.
Es zeigt sich doch, dass "Der Hobbit" Jahre nach "Der Herr Der Ringe" das Licht der Leinwand erblickt. Die Schauspieler geben sich in ihren Rollen allergrößte Mühe und machen ihre Sache mindestens genau so gut wie ihre Kollegen aus der "Ring"-Reihe. Wenn "Smaugs Einöde" etwas misslingt, dann wahrscheinlich nur, dass er halt nicht das zweite Peter-Jackson-verfilmt-Tolkien-Unterfangen ist, sondern schon das Fünfte. Aber es geht doch nicht um Überraschungsmomente, neue Winkel von Mittelerde. Eher darum, ein gutes Fantasy-Spektakel genießen zu können. Vielleicht fällt das unbefangen, ohne Direkt-Vergleich mit dem Buch, während des Ansehens leichter. Vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall stimmt für mich bei "Smaugs Einöde" endlich die Richtung. Es wird sich rangehalten und, auch das sein noch erwähnt, wird auf die große Auseinandersetzung mit der Verkörperung des wahren Bösen vorbereitet, die jeglichen Schatz vergessen lassen wird. Nach wie viel mehr sollte man da schon fragen?
Wahrscheinlich führt demnächst sogar das bloße Erwähnen der GEMA automatisch zur Zahlung.
"Ihr müsst das Publikum nur zu nehmen wissen! Serviert ihnen Erste-Klasse-Prostituierte, Stripperinnen, Koks, Qualuudes, schicke Yachten und mordsmäßig heiße Model-Frauen. Werft mit Zwergen und Geldscheinen um euch. Tischt ihnen die ganz große Show auf. Die Achterbahnfahrt der Wall Street, den Schlachtgesang des ganz großen Geldes. Zeigt ihnen, wie man den dämlichen Anlegern Honig ums Maul schmiert, Luftschlösser in Aussicht stellt und ihnen hintenrum das Geld aus der Tasche zieht. Merkt euch das und jetzt, geht raus und fickt sie. Fickt sie!!!"
Nein, diese Ausführung wird "The Wolf Of Wall Street" wohl nicht annähernd gerecht. Ein Kino-Besuch im noch jungen Jahr sollte schon gewaltige Durchschlagskraft haben, wenn er eine Liebesbekundung nach sich zieht. Die, und noch vieles mehr, hat Martin Scorsese allemal bewiesen.
"The Wolf Of Wall Street" bedeutet drei Stunden Film. Drei Stunden spätrömischer Dekadenz, gotteslästerlicher Exzesse, und was für Exzesse. Aufstieg und Fall eines Meisterdiebes, Geschäftsgenies und Ausbeuters. "The Wolf Of Wall Street" ist vielleicht Scoreses versautester Film überhaupt, und das nicht, weil er halbpornografisch und voller schmutziger Sprache ist. Nein, dies ist ein Film über einen, der auszog, der reichste zu werden. Koste es, was es wolle. Der nicht über, dafür über ausgelaugte Anleger ging und Erfolg hatte. Für sehr lange Zeit sogar. Jordan Belfort, so der Name des Mannes, den Leonardo Di Caprio hier so ausgelassen, intensiv und Herr Gott, oscarreif, verkörpert.
Belforts Werdegang ist einfach nur interessant. Frisch verheiratet und nicht gerade abgehoben stürzt er sich 1987 ins Börsengeschehen. Seine Laufbahn als Broker gerät aber je ins Stocken, denn der Black Monday fegt übers Parkett und löscht seinen Arbeitgeber aus den Geschichtsbüchern. Aber Jordan gibt nicht auf. Landet zwar ganz unten, kämpft sich aber nach oben. Denn nur da kann es hingehen. Belfort macht sich zu seinem eigenen Chef, versammelt eine bunte Truppe Freibeuter um sich und schafft es schließlich ans Ziel. Dann noch ein Ziel darüber hinaus, dann noch eins und noch eins. Neben dem Exzess ist Gier ein zentrales Motiv von Scorseses neuestem Streich. Es ist eine mustergültige Erzählung über das unstillbare Verlangen nach noch mehr Reichtum und dem Verlust der Bodenhaftung der damit und unbegrenztem Drogen- und Sexkonsum einhergeht.
Die Kinder gehören hier definitiv ins Bett geschickt. Bei "The Wolf Of Wall Street" geht die Post ab. Hier wird es nicht nur unverschämt obszön. Grandios führt Di Caprio alias Jordan durch seinen jahrelang erfolgreichen Streifzug zum Oberhai im Haifisch-Becken. Und klärt uns verdutzte Zeugen ausführlich über die Kategorien von Prostituierten auf, übers Zwergewerfen als Feierabendvergnügen oder seine dreitägige Dauerorgie zum Junggesellenabschied auf. All das verdeutlicht, wie beknackt und unausstehlich diese verrückten Koksnasen der Finanzwelt gewesen und immer noch sein mögen. Sie spucken auf uns Normal-Bürger, schmeicheln oder bedrängen uns nur des Geldes wegen, das wiederum allein ihren Taschen vorbehalten ist. Sie erfinden Börsengaranten, die Aktiengewinne versprechen. Kurzum, sie spucken auf alles und jeden, nur ihr eigenes Wohlergehen ist wichtig.
Das ist erschreckend, aber zum Ärgern lässt uns Martin Scorsese keine. Dafür lässt er seine Leonardo Di Caprio ungehemmt aufdrehen, damit er uns verblüfft, anwidert und dennoch unsere Aufmerksamkeit, und ein Stück weit, auch Sympathie erobert. Es treten hier noch einige andere wirklich tolle Typen auf. Jonah Hill ist nicht nur nach nochmaliger Erschlankung ein Blickfang. Richtig spielen kann er hier endlich auch mal nach einem ausgewogenen Skript. Kyle Chandler als FBI-Bluthund und Nemesis macht seine Sache sehr gut. Rob Reiner gibt einen perfekten Vater für Belfort, liebend, aber auch teils mega-geil-cholerisch. Nicht zu vergessen Margot Robbie als Jordans zweite Ehefrau. Eine echte Augenweide, nach der sich wirklich verzehrt werden darf. Äh, wo war ich gleich?
Ah ja, im Grunde ist "The Wolf Of Wall Street" für mich aber die Bühne von Di Caprio. Der ist, wie immer, tausendprozentig bei der Sache und nutzt die Bühne für eine Performance, die einfach nur untermauert, was für eine Granate dieser Mime doch ist. Verlockend, charmant, ätzend, abstoßend durchgeknallt, mies und dann doch leicht verletzlich. Jordan Belfort ist ein Schuft, ein Arschloch, bleibt aber auch ein Kerl, mit dem wir mitgehen. Den wir scheitern sehen wollen und dann doch Mitleid empfinden können. Toll, dass Scorsese hier eine Figur gewählt hat, die kein schwarz und weiß zulässt. Nicht umsonst ist "The Wolf Of Wall Street" weniger überspitztes Zerrbild der Gordon-Gecko-Wall-Street, sondern ein echtes Bekenntnis. Die niedergeschriebene Lebensgeschichte eines Typen, der mit bescheidenen Zielen loszog, König der Welt wird und doch wie Ikarus tief stürzen muss.
Wie immer schöpft Scorsese aus den vollen. Präsentiert ein ausgefallenes Fest. Pendelt zwischen derber Gelage, fieser Komödie, Satire zu nachdenklichen Tönen. "The Wolf Of Wall Street" lässt diese überdrehten Jahre der Spätachtziger und frühen Neunziger mit der Raffinesse des heutigen Kinos lebendig werden. Aber ist nur das zehn Punkte wert? Das und noch mehr. "The Wolf Of Wall Street" ist ein totaler Film. Total, weil er deine komplette Aufmerksamkeit verlangt. Weil er fürs Auge und fürs Hirn ist. Weil er verdammt noch mal, ein richtig geiles Spektakel ist, der bei drei Stunden genau richtig ist. Und weil er es geschafft hat, mir diesen verdammten Stift zu verkaufen. Wer den Film gesehen hat, weiß, was ich meine. Punktlandung.
Stell dir vor, ein alles vernichtender Sturm wird aufziehen und kein Mensch will auf dich hören. Nur weil du davon geträumt hast. In "Take Shelter" ergeht es dem Protagonisten Curtis jedenfalls ähnlich. Der Bauarbeiter und Familienvater wird wiederholt von Albträumen geplagt, in denen ihm, seiner Frau und Tochter, ja der ganzen Welt, Schreckliches zustößt. Das apokalyptische Bild des Höllensturms treibt ihn dazu an, einen Schutzkeller zu bauen. Den geliebten Hund loszuwerden oder die Arbeit zu vernachlässigen. Curtis wird zunehmend manischer und erscheint seiner Frau, Freunden und Familie bald als die größere Gefahr als irgendeine Wetter-Katastrophe.
"Take Shelter" ist vieles. Ein Drama, ein Psycho-Thriller und ein Katastrophenfilm. Ohne bombastische Zerstörungsorgien wohlgemerkt. Sorry, aber diesen Zahn müssen wir uns ziehen lassen. Die Antizipation des Schrecklichen ist hier Trumpf. Die beängstigenden Verhaltensweisen der Hauptfigur sind es, worauf es wirklich ankommt. Dienen sie als perfektes Spiegelbild für das Unverständnis der Umgebung, die Furcht der eigenen Familie von ihrem Geliebten. Und mit jeder Vision auch unterschwellig als Indiz für das Ausmaß der nahenden Katastrophe. Wenn sie denn kommt, denn "Take Shelter" gelingt es mit unverfrorener Leichtigkeit, uns Zuschauer in der Ungewissheit zu lassen. Wir fragen uns mit der Zeit selbst, ob dies nun ein Film über einen Propheten oder einen gemeingefährlichen Spinner ist. Eine Parade-Rolle für Michael Shannon. Gegen den kommt seine Film-Gattin Jessica Chastain zwar bestens an, jedoch Shannon beweist als fehlgeleiteter oder auserkorener Fanatiker abermals sein unheimliches Talent. Der Mann wirkt auf mich immer so, als verfüge er nur über einen Gesichtsausdruck und trotzdem schüttelt er mich jedes Mal durch. Das mag subtilste Schauspielkunst sein oder Minimal Acting, Michael Shannon ist einer, mit dem wirklich gerechnet werden muss. Weil er immer so verlässlich, wie auch überraschend auftritt.
In "Take Shelter" zeigt sich das in den Momenten der puren Panik. Wenn Curtis mit seiner Tochter im Arm vor dem Untergang davonrennt. Wenn er in einer harmlosen Szene, wie der eines Frühstück-Tisches, Beklemmung verspürt und merklich auszuticken droht. Shannon dreht hier ständig am Rad. Lässt uns wissen, dass er eine Feder auf dem permanenten Sprung im Kopf hat, die eine unkontrollierbare Reaktion auslösen könnte. Und dabei doch die scheinbar berechtigte Frage aufwirft: Was, wenn er doch recht hat?
Dies ist vielleicht der größte Treffer von "Take Shelter". Ein mehr als interessanter Indie-Film zu sein, der mehrere intensive wie spannende Genres in sich vereint. Der die finale Antwort so gekonnt, wie möglich aufschiebt und lieber mit einem packenden Drama konfrontiert, das die Auswüchse von Überzeugung und Wahnvorstellung schildert. Auf dem Weg dahin aber auch deswegen zu einem echten Horrorfilm wird. Unterschwellig natürlich. Unaufgeregt aufgeregt, stark gespielt und irgendwie auch nur verstörend. Ein echter Hingucker also.
Ihr Gutmenschen und Moralapostel, Roman Polanski bittet zum Tanz. Auf dem Speiseplan stehen geheucheltes Verständnis, aufgesetzte Höflichkeit und die Wahrheit, die mit der Wucht einer Granate hochgeht.
Dabei treffen sich doch eigentlich nur zwei Ehe-Paare, um die Auseinandersetzung ihrer Kinder zu erörtern. Was Polanski aus dieser Erwachsenen-Runde macht, ist ein scharfzüngiger, herrlich fieser Nervenkrieg. Eine Schlacht der Systeme und Überzeugungen, treffsicher ausgetragen mit der Präzision eines Skalpells. Da sollte es nicht verwundern, dass die vier Herrschaften sich am Ende schlimmer verhalten als ihre mutmaßlichen rauflustigen Sprösslinge.
"Der Gott Des Gemetzels" ist ein herrliches Vergnügen. Eine Komödie, weiß und schwarz, lustig laut und subtil böse. Ein Kriegsfilm ohne Soldaten und Panzer. Angesiedelt auf dem denkbar minimalistischten Schauplatz, den vier Wänden eines Apartments. Gäbe es nicht schon diesen vergessenswerten Adam-Sandler-Streifen gleichen Namens, dann wäre "Kindsköpfe" ein denkbarer, wenn auch verharmlosender, Alternativ-Titel. Denn spaßig ist das Geschehen eigentlich nur für den Zuschauer. Jodie Foster, Christoph Waltz, Kate Winslet und John C. Reilly liefern allesamt exzellente Schauspiel-Leistungen ab. Sichtbar voller Freude und Eifer werfen sich diese Mimen ins Unterfangen, das gleichnamige Theaterstück auf die Leinwand zu hieven. Was gelingt, auch wenn der Verfasser dieser Zielen noch keine Aufführung erleben durfte. Nehmen wir es doch einfach mal an, weil in den weniger als neunzig Minuten keine Langweile aufkommt.
Weil jede Geste und jeder Satz passt. "Der Gott Des Gemetzels" dürfte als Vertreter des Mediums Film dem Theater am ehesten gerecht werden. Schließlich konzentriert sich Roman Polanski, gekonnt und feinfühlig, wie der Altmeister der er ist, ganz auf die Darstellungskunst seiner Stars. Verkneift sich aufdringlichen Musikeinsatz oder immer atemloseres Schnitttempo. Dieser Film lebt ganz davon, wie sich vier schauspielerische Großkaliber allmählich den Schleier der Nettigkeiten abziehen und verbal übereinander herfallen. Dabei bekriegen sich nicht nur zwei Elternpaare über die Schuldfrage ihrer Kinder, im Verlauf wird daraus die große Wahrheits-Show, die keinen der Beteiligten verschont.
Lebenseinstellungen, Blackberrys, Tiermord, Zigarrengenuss und Handtaschen, Militärjargon und bedepperte Helden-Ethik à la John Wayne und Ivanhoe. Kommt irgendwie alles vor und lässt den Zuschauer nicht los. Gerade wegen der wundervoll stilsicheren Handschrift hinter der Kamera und den glänzend aufgelegten Akteuren davor.
Wenn "Der Gott Des Gemetzels" nicht so herrlich ehrlich und doch bitterböse wäre, Kindergarten wäre eine gute Beschreibung fürs Geschehen. Aber nicht für den Gehalt dieses starken Films.
Das wäre dann das K.O. in der dritten Runde für Ip Man. Wenn wir diesen Film dann als Ip-Man-Beitrag anerkennen, denn mit den beiden vorangegangenen Donnie-Yen-Teilen hat dies hier nicht wirklich viel gemein.
"Ip Man Zero" versucht sich an einer eigenständigen Erzählung aus dem, natürlich etwas geschönten, Leben der Legende Ip Man. Und erlaubt sich daher auch, am lieb gewonnen Bild des Charakters der erwähnten Donnie-Yen-Verkörperung, vorbei zu fabulieren. Oder die Uhr zurückzudrehen und Ip Man nochmals neu vorzustellen. Von den ersten Tritten in der Kampfschule bis zur Lehrzeit als junger Student. Das allein wäre natürlich viel zu langweilig, deswegen wurde die Handlung ordentlich angereichert mit Elementen anderer Genres.
Auf diesem Wege wandelt sich "Ip Man Zero" vom Biopic zur Romanze, zum Kostüm-Drama bis hin zum Agententhriller. Wird diesen Versatzstücken aber doch nicht ganz gerecht. Da störe ich mich schon bald gar nicht mehr so sehr an der Tatsache, dass der Hauptdarsteller hier Dennis To (übrigens Nebendarsteller in den beiden Vorgänger-Produktionen) und nicht Donnie Yen heißt. Schwerer wiegt da schon die unausgegorene Ausrichtung. "Ip Man Zero" pendelt anfangs irgendwie so herum, schiebt mal eine klamaukige Stelle ein. Bahnt ein Liebesdreieck an, lässt dann aber seinen Protagonisten doch die Eine finden, die er aber nicht gleich ehelichen darf ... Um dann schließlich einen Plot über böse Japaner, Spionage und brutales Kräftemessen zu entspinnen, der es scheinbar darauf angelegt, die anderen zwei Ip-Man-Filme auszustechen.
Problematisch daran ist vor allem, dass "Ip Man Zero" weniger wie ein filmisches Denkmal rüberkommt, sondern wie eine Trivialisierung seiner Hauptfigur zu einem Action-Helden. Statt wenigstens noch nachvollziehbarer Dramen und Hintergründe, verlegt sich dieses "Prequel" darauf, eine Biografie abzuhaken, am besten mit etwas von allem, und dann in ein Martial-Arts-Abenteuer abzudriften, das einfach nur konfus und überladen wirkt. Fairerweise sei natürlich angemerkt, dass ich "Ip Man 1 und 2" nicht auf einen Sockel stellen möchte. Beide Filme sind definitiv nicht hundertprozentige Widerspiegelungen des echten Lebens und trugen hier und da zu dick auf. Jedoch verbarg sich hinter jeden, optisch ausgefeilten, Keilerei mit bösen Japanern und Briten so etwas wie ein humaner Gedankeund die Figur des Ip Man vertrat die Ethik seines Kampfsports. Das Für und Wider des Kampfes, die Verhältnismäßigkeit des Schlags.
Derartige Tugenden finden wir in "Ip Man Zero" höchstens im Ansatz. Und, was noch schlimmer wiegt, am Ende gleicht das Geschehen hier dem Auftakt einer Helden-Saga. Der neue Ip Man könnte sich hier ganz locker sein Cape greifen und auf sein eigenes Batsignal warten. Selbst wenn der neue Ip Man nicht zum Übermenschen stilisiert wird, ein derart interessanter Charakter mit unglaublicher Kampfkraft und wackerer Moral war er dann doch nur in zwei anderen Produktionen. Eigentlich schade drum.
FUCK!!!
Wann immer Tom Cruise einen Hit braucht, dreht er einen neuen "Mission: Impossible". Ein bisschen simpel gedacht ist das schon, trifft doch aber auch zu, nicht wahr? Als Ethan Hunt schafft es Cruise allemal, jede private Schlagzeile außen vor zu lassen, und uns Zuschauer, mit vollem Körpereinsatz und lustigen High-Tech-Spielereien, ins Agenten-Dasein mitzureißen.
"Phantom Protokoll" ist dabei sogar der erste Film, seit dem ersten Teil, bei dem ich nicht vorzeitig aus dem Handlungsgerüst aussteige. Nicht, dass "M:I 2 und 3" schlecht gewesen wären, nur von der Story habe ich jedes Mal wenig in Erinnerung behalten.
Der vierte "Mission: Impossible" ist auch keineswegs eine Rückbesinnung auf die alten gute Werte des Agentenfilms, ein Rückschrauben der ganzen Action-Sequenzen auf ein realistisches, plausibles Mindestmaß. Mitnichten. Der Film haut voll rein, wenn Cruise, sich, zum Beispiel, im Wüstensturm auf Verfolgungsjagd begibt. Wenn Jeremy Renner an den legendären Drahtseilakt des Computerraum-Einbruchs mit Magnet-Schwebe anknüpft. Kaum zu glauben, dass Regisseur Brad Bird vorher nicht in Action, sondern Animation gemacht hat.
Dabei gefällt mir die Vorstellung, dass dieser Teil doch irgendwie auch dem klassischen Geheimdienst-Szenario treu bleibt. Dass es neben Fassaden-Kletterei und Ausschalten, vor allem um Codes, Übergaben, Täuschung und Manipulation (wahlweise digital, non-digital) geht.
Glaubhaft geht anders? Ach kommt schon, so eine unmögliche Mission nehme ich doch immer wieder gerne an.
Kriegsdrama, Politthriller und Mecha-Action in einem. Und wieder mal leistet ein Anime das Unmögliche: verschiedene Genres, Stil-Ansätze und eigenwillige Erzählweisen zu vereinen und dem Zuschauer etwas vorher so noch nicht gesehenes zu präsentieren.
"FLAG" folgt im Grunde den Erlebnissen der jungen Fotografin Saeko, während ihres Aufenthalts im Bürgerkriegs-gebeutelten Staat Uddiyana. Sowohl von der Zeit, die sie, quasi eingebettet, mit einer UN-Mecha-Einheit verbringt, als auch von den Bomben-Attentaten und Straßenkämpfen vor Ort.
Der Clou dabei: Wir erleben das Geschehen nicht im Normalo-Spielfilm-Format, sondern als clever abgewandeltes Found Footage. "FLAG" wird aus der Perspektive eines Videojournals erzählt. Das ist ungemein reizvoll und wurde hier überraschend wirkungsvoll umgesetzt. Wie im echten Krieg, konzentriert sich der Film episodisch auf Einsätze und Vorfälle. Kommentiert wird das alles neben Saeko als aufzeichnende Reporterin auch von ihrem Mentor Keiichi. Auch der hält sich in Uddiyana auf, hat den "Film" aber wesentlich später angefertigt. Warum, das wird sich später noch zeigen.
So gut und faszinierend das Konzept jetzt klingt, es ist aber auch eine leichte Warnung angebracht. "FLAG" ist nämlich kein Actionfilm. Die zukünftigen UN-Einheiten verfügen zwar über beeindruckende Mechas, die an die Schöpfungen von Masamune Shirow erinnern, walzen damit aber nicht die ganze Zeit durchs Bild. Kern der Handlung ist die Jagd auf die titelgebende Flagge, ein selbst gebasteltes Friedens-Symbol, welches Saeko verewigen wird. Natürlich spielt da auch die gefährliche, sektenähnliche Bewegung in Uddiyana eine Rolle. Diese stellt die weitaus gefährlichste Seite im Konflikt dar.
Als Zuschauer sollte man sich einfach im Klaren darüber sein, dass es hier um die Reportage und Dokumentation von solchen Ereignissen geht, nicht um deren wirkungsvolle Inszenierung. Bestes Beispiel der präventive Vernichtungsschlag der UN-Truppe, der einen Feindeszug eliminiert. Entgegen aller Beobachtervorgaben, ziehen die Maschinen los. Vom Einsatz wird nichts gezeigt, aber dafür fängt Saeko bestens ein, wie sich die Piloten dazu aufraffen, zwingen und dann wortlos und merklich verändert zurückkehren. Schon eine kleine Sensation, dass ein Animationsfilm so etwas nüchtern und doch schauerlich einfangen kann. Ohne politische Aussage, ohne offensichtliche Wertung.
Problematisch wird es dann aber doch noch. Denn seine Machart ist auch, in gewissen Maßen, das größte Verhängnis von "FLAG". Die zusammengetragene Reportage ist nämlich, in echt, der Zusammenschnitt einer mehrteiligen Serie. Es wird also etwas vermengt, wofür in Episodenform, etwas mehr Raum gewesen sein wird. Was Saeko da von ihrer Beobachtung erzählt, wird einem nicht immer sofort deutlich. Ein Kennenlernen der einzelnen Soldaten und Kommandeure wird rasch durchgespult. Wenn Saeko schließlich erzählt, dass sie alle irgendwie lieb gewonnen hat, haben wir das so nicht unbedingt erlebt. Auch mehrere Szenen und Handlungsabläufe wirken schnell zusammengeheftet. So persönlich gefärbt und intensiv die Perspektive auch ist, "FLAG" kann dies meiner Meinung nach, nicht auf alle Figuren und Begebenheiten ausweiten. Im Vergleich mit sehr detailierten Charakter-Studien wie "Patlabor" oder "Neon Genesis Evangelion", wirkt das hier dann doch eher wie ein guter Überblick auf eine Serie. Aber nicht zwangsläufig als gutes Äquivalent zu deren Komplett-Sichtung.
Jedoch, ich habe den Film inzwischen zum zweiten Mal angesehen und empfand diesen "Makel" da als weitaus weniger stark. Deshalb überwiegt bei "FLAG" für mich die Faszination über diesen etwas anderen Blick auf den Krieg. Die ungewohnte Behandlung einer Kriegs-Thematik und die Wucht, mit der dieser Film ein so kräftiges, wie auch böses Ende hinlegt. Keine Frage, "FLAG" ist ein wirklich einzigartiger, innovativer Anime. Ein animiertes Pendant zu Werken wie "Salvador" und durchaus einen Blick wert. Und wenn es doch nur Appetit auf die gesamte Serie macht.
Traurig, auch wenn Run Run Shaw ein wahrhaft hohes Alter erreicht hat.
Jepp, einer von Carpenter's besten Filmen. Schöne Würdigung.
Brennende Stripperinnen, gefrässige Killer-Rentiere und explodierende Rotzgören. Ach, wie schön ist doch Weihnachten, die Zeit des Schreckens. Nee, gut geht leider anders. "Santa's Slay" ist nur ein Mischmasch aus guten Ansätzen und sehr bemühten, selbstverliebten Gags. Ist für zwischendurch ganz okay, aber die Grusel-Klassiker des Festtagsprogramms wie "Der Kleine Lord", wird der splatternde Weihnachtsmann nicht verdrängen können. Aber er zeigt uns, dass wir an den Feiertagen auch mal abschalten können.
In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten an alle moviepiloten.
Herein spaziert, treten Sie nur näher meine Damen und Herren. Willkommen im Mad Circus, dem Spektakel von Faschisten, Tieren und Perversionen. Lassen Sie ihren dunkelsten Trieben freien Lauf, gehen Sie ihren verborgenen Lüsten nach Sex, Mord und Wahnsinn nach. Es ist genug Platz für alle in unserer Manege.
Nehmen Sie Teil an unserem überbordenden Schauspiel, in dem Geschichte und Fiktion kollidieren. Tauchen Sie ein ins geplagte Spanien von gestern, wo der pummelige traurige Clown, dessen Vater von Francos Leuten getötet wurde, auf seinen sadistischen, nur äußerlich lustigen Gegenpart, den lustigen Clown, trifft. Wo die aufrichtige und die brutale Liebe zur selben Frau, ein Höllenspektakel lostritt. Einen Krieg der Gemeingefährlichen, der keine befreienden Lacher duldet. Der wohlige Auflösungen in der Luft zerreißt und mehr als das Jammern einer traurigen Trompete zurücklässt. Erklärungen finden Sie in Gebrauchsanleitungen, Sinn in Kalenderblättern.
Wir bieten Ihnen einen Blick auf ein lethargisches Land. Auf eine Bevölkerung, die den Wahnsinn als Flucht vor dem Alltag willkommen heißt. Hier gibt es keine klaren Grenzen, keine Regeln, nur das Recht des Stärkeren. Jene, die trampeln und die, die zertrampelt werden.
Ergötzen Sie sich an diesem Freudentaumel aus Zeitgeschehen und Kultur, aus Melancholie, Eruption und Poesie. Der Mad Circus ist kein bunter Karneval, kein Spielplatz für kindliche Zirkusfantasien. Wir nehmen Sie mit auf eine Talfahrt durch die hoffnungslosen Landschaften wüster Brutalität, grausamer Hoffnungslosigkeit. Werfen Sie all Ihre Erwartungen über Bord, vergessen Sie Ihre Vorurteile, dies ist ein ganz besonderer Trip. Ein einzigartiges Ereignis ohne Punkt und Komma, ohne Wenn und Aber. Ein echter Höllenritt, den Sie garantiert nicht vergessen werden.
Holy Macaroni, quellen mir die Augen aus dem Kopf. Die Synapsen im Denktank sind immer nicht gestört. Egal mit welcher Wucht "Pacific Rim" über mich hinweg gestampft ist, scheinen doch zwei Dinge klar: Erstens, Guillermo del Toro hat nicht irgend so einen dumpfen Mechas-kloppen-Monster-Filme gedreht und zweitens, das hier ist eines der heimlichen, echten Highlights des vergangenen Kinojahres.
Es ist nicht nur die Optik. Es sind nicht nur die formvollendeten Jaeger-Riesen und die fiesen Kajiu, die sich ordentlich auf die Kappe geben und baufällige Metropolen hinterlassen. Es sind nicht nur so coole Typen wie Charlie Hunnam, Idris Elba und Ron Perlman, die sich hier mit den Meeres-Ungeheuern rumschlagen.
Viel mehr ist es die rundum gelungene Erfüllung lang gehüteter Wunschträume meiner, mit Monstern und Robotern erfüllten, Kindheit, die "Pacific Rim" so besonders macht. Wie lange haben wir darauf gewartet, dass es endlich einen würdevollen Hollywood-Umgang mit den Motiven des japanischen Monsterfilms gibt? Dass solch unsterbliche Spiel-Ideen wie "King Of Monsters" Kino-Wirklichkeit werden und sich die Riesen endlich austoben ohne urplötzlich von irgendwelchen Viren, Laserstrahlen oder anderem Firlefanz gestoppt zu werden?
Doch Obacht, "Pacific Rim" ist nicht bloß ein Mega-Spektakel mit Giganten, die Städte und Armeen plätten. Hier geht es um etwas mehr als um eine Real-Live-Version eines Samstag-Morgen-Cartoons. Die kolossalen Jaeger müssen nämlich von Menschenhand gesteuert werden, was uns herrlicherweise patriotische Reden von Blechtürmen erspart. Aber auch die Menschen, die hier als Piloten ins Cockpit steigen, vermeiden es, uns Zuschauer mit allzu haarsträubenden Motivations-Reden zu behelligen.
Glaubt es oder nicht, del Toro schafft es, in seiner ausgedehnten Monster-Kloppen-Fanatsie genügend Raum für die Menschen zu schaffen. Da gibt es lustige Labor-Vögel fürs Comic Relief und tragische Helden wie die Hauptfigur Raleigh Beckett, der erleben und spüren musste, wie ein Kaiju seinen Bruder tötete. Derlei Verluste sind hier nicht nur Story-Versatzstücke, sie fügen sich sehr gut in die emotionale Komponente des Films ein. Denn die Jaeger werden nicht per Biostrom oder Joystick kontrolliert. Sie benötigen die Verschmelzung gleich zweier Piloten. Somit sorgt Guillermo del Toro für die große Überraschung von "Pacific Rim", weil es nicht nur Riesen-Roboter geht, die Monster verhauen. Sondern mehr noch um die Menschen im Cockpit, die enorme Überzeugung und Willenskraft für den Kampf aufbringen müssen. Sind die Figuren dann oscarreif geschriebene Charaktere? Das vielleicht nicht, aber eben auch keine ernüchternd platten Pappkameraden. Wenn überhaupt, sind die Figuren nicht flach, sondern schnell nachvollziehbar und reißen uns trotzdem ins Spektakel mit.
Was ich mir, ehrlich gesagt, auch nicht anders von del Toro erhofft hatte. "Pacific Rim" ist eben doch ganz das Werk eines der größten Wunder-Tüftler des Kinos. Sieht klasse aus, geht in die Vollen und langweilt nie. Man stelle sich nur vor, wie das Mainstream-Kino aussehen würde, wenn Michael Bay seine Transformers erst nach del Toro auf die Leinwand gebracht hätte. Es wäre wohl eine bessere, (tief)sinnigere Welt.
Ja verfluch noch mal. Es ist so eine Sache mit John Carpenter. Ich liebe ihn ja, nicht nur für seine makellosen ersten Filme. Selbst in Zeiten, als er bewusst in teils abstruse B-Movie-Gefilde abtauchte – ob nun schon mit "Big Trouble In Little China" oder erst mit "Die Fürsten Der Dunkelheit" sei an dieser Stelle mal nebensächlich – ich blieb und bleib ihm gerne treu.
Aber dann kam "Ghosts Of Mars", der ja auch kein schlechter Film war. Aber auch nicht mehr als eine etwas sinnlose Spuk-Ballerei-Angelegenheit. Kann man genießen, vielleicht jedoch nicht so häufig wie die rituell zelebrierte Alljahres-Sichtung von "Halloween" oder "Die Klapperschlange". Und dann betreute Carpenter nur noch belanglose Remakes oder Sequels seiner eigenen Werke. Schließlich legte er mit "Pro-Life" eine lustige wie katastrophale Bruchlandung im Fernsehen hin. Ein Carpenter ohne Carpenter quasi. Ziemlich nichtssagend, weil nur noch amüsant bis verstörend bekloppt.
Der Fanboy-O-Meter schlug deshalb eher geringfügig aus, als es hieß, John Carpenter brächte mit "The Ward" das Grauen zurück ins Kino. Entgegen allen Erwartungen ist es natürlich kein später Geniestreich des Meisters geworden. Keine Genre-Renovierung, kein erfrischend quicker Retro-Grusel. Aber auch hier gilt, dass schlecht nicht immer gleich sauschlecht und minderwertig bedeuten muss.
"The Ward", das ist ja ein Film über gestörte Mädchen, die sich Ende der 1960er in der Psychatrie wiederfinden. Mit der Horror-Gestalt, welche die Girls nach und nach ausschaltet, werden die Ansätze von "Girl Interrupted" und "Einer Flog Übers Kuckucksnest" dann um Motive aus "Halloween" bereichert. Größtes Manko daran ist die relative Belanglosigkeit, mit der das Geschehen abläuft. Trotz eines frischen Cast und Amber Heard als hübsches Aushängeschild, gelingt Carpenter gerade nur ein ganz guter Wurf. Eben kein Großer.
Dafür ist es schon zu schade, dass es in "The Ward" endlich wieder tolle Atmosphäre und eher klassische Dramaturgie gibt, aber eben keine wirklich einprägsame Story. Keinen wirklichen Knalleffekt, mit dem Carpenter, so komisch die auch mal ausfielen, immer zu hantieren verstand. "The Ward" bietet ein relativ überschaubares Szenario, einen Wechsel von Anstalts-Alltag zu nächtlichem Horror, der nach dem zweiten Ablauf als so selbstverständlich empfunden und akzeptiert wird, wie die Tagesschau. Doch auch dies macht den Film nicht grundlegend zunichte. Gerade der Ansatz, heutzutage Horror straight mit einem fetten schwarzen Strich von Punkt A zu Punkt B aufzuziehen, wirkt im Angesicht der Konkurrenz plötzlich schön altmodisch und verlässlich. Und selbst wenn das Muster relativ durchschaubar wirkt, sieht "The Ward" wenigstens für mich aus wie ein John-Carpenter-Film, an dem John Carpenter mitgewirkt hat.
Dabei gelingt es ihm sogar, ähnlich wie seinem Kollegen Wes Craven, unbeschwert mit den jungen Darstellerinnen umzugehen. Fast wirkt der Film so, als wäre erst zwei, drei Jahre nach "Halloween" entstanden, als Carpenter gerade mal der Vater und nicht der Großvater seiner Aktricen hätte sein können. Das lenkt natürlich etwas ab, erscheint mir dennoch wichtig. Schließlich ist dies einer der Aspekte an "The Ward", der sich richtig anfühlt. Selbst wenn es eine Auftragsarbeit wäre, so lustlos wirkt der Film dann doch nicht. Auch nicht ideenlos, wenngleich eben doch nicht wirklich etwas Ungesehenes oder sehr Unerwartbares geschieht.
Die größte Sünde von "The Ward" dürfte nur die sein, dass John Carpenter auf seine alten Tage keinen weiteren Meilenstein abgeliefert hat. Keine Renaissance einläutete oder den ganzen jungen Flitzpiepen da draußen gezeigt hat, wie Horror denn nun richtig geht. Das Ergebnis schreit nicht nach Verbrennung auf dem Zelluloid-Scheiterhaufen. Carpenter hat einfach einen okayen Streifen vorgelegt, nicht viel mehr, nicht viel weniger. Wer will ihm das denn vorhalten?