mikkean - Kommentare

Alle Kommentare von mikkean

  • 7 .5

    "Scream - Schrei!", ein Horrormärchen, was für eine abgefahrene Lovestory. Da gab es Auf und Abs, wurden munter die Messer gewetzt und gorige Rätselfragen ins Telefon gehaucht. Aber die Klingen waren auch schon mal stumpf, weshalb das Nervenkostüm hier und da heiler blieb als erwartet. Werfen wir deshalb doch noch einen kurzen Blick auf die Stationen dieser turbulenten Slasher-Beziehung.

    "Scream": War damals genial und bleibt es bis heute. Selbst wenn nicht mehr jedes Jahr als Pflichttermin wahrgenommen. Wenn jedoch angeschaut, dann ist es immer noch verdammt gut pointiert. Einfach der beste Spagat zwischen parodistischer Beobachtung genre-eigener Stereotypen und einer richtig guten Story. Außerdem die wohl gelungenste Auferstehung eines Regisseurs. Auch wenn ich Wes Craven "Freddy's New Nightmare" selber hoch anrechne.

    "Scream 2": Ein Paradebeispiel für die Funktionsweise von Sequels. Bis heute weiß ich nicht, ob das Abspulen ähnlicher inhaltlicher Elemente der Ideenlosigkeit den Spiegel vorhält oder als Entschuldigung für einen leider nicht so sehr überraschenden Streifen herhalten sollte. Man addiere dazu die erste Enttäuschung bei der Killer-Enttarnung hinzu und erhält eine etwas unstete Weiterführung der Saga. Leider zog "Scream 2" schon beim ersten Durchlauf relativ unspektakulär an mir vorbei und will mich bis heute nicht so begeistern wie das Original. Es gibt trotzdem deutlich schlechteres.

    "Scream 3": Welcome to Hollywood. Etwas andere Insider-Gags, ein kleiner Sprung hinter die Kulissen der zur Massenabfertigung produzierten Schlitzerware. Nein, "Scream 3" war auch ebenfalls nicht annähernd so gut wie der erste Streich, aber immer noch (und wieder) unterhaltsam. Nur die Identität hinter der Maske war ziemlich überkonstruiert, tja, lachhaft. Aber irgendwie winkten wir das durch, denn diesen Film umgab ja bereits das Gefühl von der letzten Runde ...

    Hatten wir jedenfalls gedacht. Und dann, zehn Jahre später (als ich den Film jetzt sah, waren es sogar noch mehr), kamen Wes Craven und Kevin Williamson, der geistige Schöpfer, doch wieder zurück auf Woodsboro, Ghostface und Sidney Prescott.

    "Scream 4" ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Ein vierter Teil für eine längst abgeschlossene Reihe, mit der wir, dank einer immensen Kopien- und Remake-Flut höchstens noch nostalgische Erinnerungen verknüpfen. Wo sonst sollte ein vierter Schrei-Film denn sonst enden, als im Fegefeuer der überstrapazierten Endlos-Slasher, in denen lediglich eine Parade abgestochener Jungmimen dargeboten wird? Aber dann, ja dann, kommt es doch anders.

    Verzückt und irritieren die ersten Minuten mit eben einer trefflichen Persiflage auf die Sinnlosigkeit der x-ten Fortsetzung. Kein Wunder, denn "Stab", die in der Welt von "Scream" entstandene Film-Adaption der Ereignisse in Woodsboro, ist jetzt sieben Teile lang. Und deren qualitative Achterbahnfahrt ist eines der kleinen, wiederkehrenen Motive in "Scream 4".

    Was ich eigentlich sagen will, im Gegensatz zum fiktiven Film im Film, gefällt mir der vierte Kreischer tatsächlich richtig gut. Bahnbrechend selbstironisch ist das natürlich nicht mehr. Originalität wird jetzt eher dadurch vermittelt, dass "Scream 4" ein gepflegtes Old-School-Feeling vermitteln. Lustigerweise ist die Reihe natürlich inzwischen selbst zur Old School für alle Epigonen der 2000er geworden, die sich mittlerweile größtenteils von Namensklau nähren.

    Old School heißt hier auch Verlässlichkeit, Vertrautheit. Obwohl Sidney Prescott, Gale Weathers und ihr (Endlich-) Gatte Sheriff Dewey hier abermals rumturnen und die obligatorische Ladung junger Gesichter zur Seite gesellt bekommen, fühlt man sich bei "Scream 4" von der ersten Minute zu Hause. Sowieso war das Stamm-Personal schon immer die heimliche Stärke der Filme. Klar, Spannung und irrwitzige Twists rücken dabei deutlich in den Hintergrund. Doch selbst dieser Aufguss kann mehr fesseln, als der strunzdoofste Slasher-Versuch vom Grabbeltisch.

    Natürlich bieten die bereits etablierten Figuren, das Setting und letzten Endes das Schema vielleicht wenig Neues. Dafür wartet man oder freut sich automatisch aufs nächste Handy-Klingeln, die oder den nächsten Protagonisten, der sich unbeobachtet fühlt. Aber nicht nur das lässt die 111 Minuten Laufzeit nie langweilig und dröge werden. Auch in "Scream 4" findet sich abermals augenzwinkernde Details, wegen der sich Autor Williamson weiterhin King Of Good Slasher nennen darf. Darunter fällt sogar das Gesicht unter der Ghostface-Kutte, das ich als besten Schachzug seit dem Erstling einschätze.

    Alles in allem also, ist dieser vierte Ausflug nach Woodsboro nicht das gefürchtete Aufwärm-Vehikel für die schnelle Kasse geworden. Nicht der ganz seelen- und ideenlos runtergeleierte Drops, der schon vor Ewigkeiten gelutscht schien. Eher ist "Scream 4" eine angenehme Überraschung, die seine Zuschauer noch wertschätzt. Die weder mit Belanglosigkeit unterfordert, noch mit haarsträubenden "Neuerungen" überfordert und abschreckt. Manchmal zieht die alte Formel eben am besten. So und eine Überraschung gibt es doch, diesen länglichen Kommentar. Wow, wer hätte das gedacht.

    6
    • 9
      über Gravity

      9.0 auf der Richterskala, wie kann ich das vertreten?

      Weil "Gravity" eine brillante Idee zugrunde liegt, die, auch mit kleineren Logiklöchern, atemberaubend umgesetzt wurde. Weil atemberaubend nicht auf die Optik des Weltraums oberhalb der Erdkugel abzielt, sondern einen mitreißenden Überlebenskampf meint.

      Weil es auch ohne ständige Analyse des gesehenen, einfach nur ein abgefahrener Höllentrip in der Schwerelosigkeit ist.

      "Gravity" ist wie "Alien" meets "2001", trifft auf "127 Hours". Da helfen auch die Rufe nach wissenschaftlicher Authentizität oder der sehr wohlwollenden Dramaturgie der Ereignisse nichts. Hallo, sind wir hier beim Film oder in einer faktenbasierten Wissenschafts-Show? Es kommt doch das Wort Fiktion in Science Fiction vor. Und von beidem fährt Alfonso Cuarón hier ordentlich was auf.

      Fürs Kopfkratzen bleibt da eigentlich nur bedingt Zeit. Es sei denn, man legt es ganz drauf an und will sich diesen Weltraum-Film, von dem alle reden, nur reinzuziehen, um Makel zu finden. Wer sich jedoch aufs Geschehen einlassen kann, für den werden Denkspiele und Bildsuchen zwangsläufig unwichtig. Denn dafür ist "Gravity" mit seinen anderthalb Stunden so kompakt wie genial konzipiert.

      Irgendwie denke ich, ist das ein Film, wie Stanley Kubrick ihn wohl gedreht hätte. Ohne allzu blasphemisch zu wirken, will ich nur darauf verweisen, dass hier jedes Frame, jeder Kamerawinkel genau geplant scheint. Hier werden Details wie blinkende Anzeigen oder kleine Fünkchen zu lebensentscheidenden wie bedrohlichen Faktoren, die von der Kamera einfach nur großartig eingefangen werden und den Titel des Director of Photography endlich mal wieder adeln. Von den vielseitigen Übergängen und Perspektivwechseln zwischen Außenaufnahme und der Ego-Perspektive will ich gar nicht erst anfangen.

      Grandios ist auch der Sound, der mit seinem Wechselspiel aus spürbar gedämpften bis stillen Einschüben und klanggewaltigen Schreck-Momenten, die Atmosphäre erst richtig anpeitscht.

      Und auch die Besetzung des Gespanns Bullock/Clooney erweist sich als Glücksgriff, der selbst ein kurzzeitiges, unerwartetes Abdriften in die Fantastik überwinden kann. Ich mag es selber gar nicht glauben, aber hier kann mich Sandra Bullock als Charakter-Darstellerin überzeugen. Weil es nicht um bemühte, soziale Botschaften und Appelle geht, sondern um den nackten Überlebenskampf. Du willst einfach, dass sie es schaffen. Erst in der letzten Minute lässt es dich wieder los.

      Ob "Gravity" nun logisch, realitätsnah und allen Katastrophen-Protokollen verpflichtet ist, er ist einfach nur ein glaubhaftes Beispiel packend gemachter Unterhaltung. Ein Film, der ohne die Ambition auskommt, die Parameter eines Genres versetzen zu wollen. Der stattdessen maximale Spannung aus der einfachen Idee bezieht, wie sich jemand aus einer Ausnahmesituation retten könnte.

      Als Film ist "Gravity" für mich vor allem eines: ein würdiger Vertreter seiner Zunft, der das Medium Kino endlich wieder zum Erlebnis macht.

      13
      • 7 .5

        Die Winners dümpeln als kaum beachteter Local-Act vor sich hin. Ziehen in ihrem Leichenwagen-Tourgefährt von Gig zu Gig, in die sich nur versehentlich Zuschauer verirren. Das ändert sich eines Nachts, als Bassistin Jennifer mit diesem komischen Bleichgesicht abzieht, der ein bisschen wie eine perverse Karikatur von Tom Cruise in seiner klassischen Lestat-Rolle ausschaut. Plötzlich haben die Winners einen Blutsauger in der Band, der die Leute in Scharen anzieht, die Website explodieren lässt und den lang ersehnten Plattenvertrag in greifbare Nähe rückt. Wäre da nur nicht die elendige Sache mit dem Durst und bluttriefender Reinigungsarbeit, die Roadie und Maskottchen Hugo übernehmen muss ...

        Und das ist nur der Auftakt der flotten Horror-Musical-Comedy "Suck", ohne Scheiß, das ist einer der geilsten Vampirfilme der letzten Jahre. So stilvoll witzig wie lässig Fledermaus-haft. Der Beisatz Musical sollte übrigens nicht zum Pfahl-Ziehen verleiten, die Gesangs-Parts bleiben größtenteils da, wo sie hingehören: auf der Bühne oder im Studio. Ein weiterer Pluspunkt: Die Songs sind durchweg gut und halten das Stimmungsbarometer zusätzlich im grünen Bereich.

        Autor, Regisseur und Hauptdarsteller Rob Stefaniuk schafft es tatsächlich, eine gut ausgewogene Balanz aus One-Man-Show, Vampir-Gags und Rock-Musical zu kreieren. Was auch daran liegt, dass er genau weiß, wann es nicht um ihn als Bandleader, sondern um andere Figuren gehen sollte. Da passt es doch hervorragend, dass Frischblut-Fanatikerin Jennifer von der Don-Draper-Gattin Jennifer Paré richtig cool verkörpert wird. Oder dass sich Malcolm McDowell als Vampirjäger Eddie Van Helsing alsbald an die Fersen der Winners heftet.

        Verdammt lobend zu erwähnen sind außerdem die genialen Gast-Auftritte, von denen "Suck" mehr als genug zu bieten hat. Henry Rollins mit unmöglicher Frisur als unmöglicher Rock-DJ, Moby als Glenn-Danzig-Hommage, Rush-Gitarrist Alex Lifeson (dem liegt das Schauspielern ja im Blut) als genialer Grenzwächter, Iggy Pop und natürlich kein geringerer als Alice Cooper runden das Paket ab.

        Was da am meisten begeistert, ist die Tatsache, dass "Suck" das alles zu schätzen weiß und dankend in witzige Dialogen und optischen Leckerbissen wie den vielseitig zitierten ikonischen Plattencovern und Rockstar-Posen (unbedingt die Augen offenhalten) packt. Und wenn dann noch die Animationsszenen mit dem Tourbus kommen, dann bin ich endgültig im Vampir-Nirvana des Musikfilms angelangt. Eine so geile Tour haben zuletzt, glaub ich, nur Spinal Tap hingelegt. Also das hier, hat definitv das Zeug zum Kulthit.

        5
        • 7

          Hah Hah, ich lach dich tot. So lautet die Devise bei "Four Lions", eine Terroristen-Komödie, der es gelingt, Schrecken mit Humor etwas auszuhebeln und dabei doch noch ein Stück weit für zerebrale Stimulanz zu sorgen. Dem Irrsinn vom Kreuzzug mit flammenden Schwert und Sprengsätzen hält der Film einen passenden Spiegel vor.

          Ein paar der besten Gags um Omar und seinen kleinen Chaostrupp des Terrors sind natürlich schon aus den Trailern bekannt. Aber um bloße Späße im Sinne leichter, parodistischer Unterhaltung geht es ja auch nicht. Wichtig ist die Absurdität der Gefahr aus dem Inneren. Die Seite der selbsternannten Gottes-Krieger, die hier Angst und Schrecken über England bringen wollen, aber teilweise doch in der "verhassten" Gesellschaft angekommen sind.

          Dabei ist es herrlich und auch beunruhigend, wie dilettantisch und überdreht unsere Löwen ans Werk gehen und sich immer wieder selbst ein Bein stellen. Jedoch, was im Ansatz wie eine Terror-Ausgabe der Marx Brothers beginnt, gipfelt in einem irgendwie schon bitteren Finale. Einem, das keine einfache Auflösung bietet und auch keine interkulturelle Verständigung garantiert. Aber für diese Problematik wäre eine Komödie auch das falsche Forum. Daran arbeiten wir lieber im realen Leben.

          8
          • 8 .5

            Was bleibt von "Cloud Atlas" hängen? Tom Hanks ist ein postapokalyptischer Schafshirte, ein diebischer Page, verschlagener Giftmörder, ein prolliger Autor oder ein echter Held. Hugh Grant trinkt Drogenseife und hält Klone als Sklaven, spielt Marionette für die Erdöl-Lobby und isst gern Menschenfleisch. Halle Berry rettet die Stadt, bringt Heilung fürs urzeitliche Zukunftsvolk und lässt jede Erinnerung an Fehlgriffe wie "Catwoman" vergessen. Hugo Weaving kann übrigens auch in Frauengestalt unheimlich böse sein.

            Ein Dutzend Darsteller, sechs Zeitstränge und ihre Geschichten und eine wahnsinnige Vielzahl an Figuren. Jeder wechselt hier das Aussehen, die Nationalität, das Geschlecht und den Charakter, ich meine auch die Gesinnung. Sie alle werden zu Helden, Randfiguren oder auch zu Bösewichten. Und wenn wir dann nach drei Stunden durch die Welten gestreift sind, muss man der Tagline "Alles Ist Verbunden" einfach nur noch zustimmen.

            Was die Wachowski-Geschwister und Tom Tykwer mit "Cloud Atlas" vorlegen, ist ganz großes Kino. Kino der Emotionen, der visuellen Überwältigung, Kino der großen Bilder und der positiven Botschaft. Verwirrung ist natürlich auch angesagt. Mitdenken eine Pflichtaufgabe, die natürlich beim zweiten, dritten Anlauf besser fruchten dürfte.

            Ob das weitverzweigte Netz aus Storyfäden und die Schicksale der vielseitigen Figuren, der literarischen Vorlage gerecht wird, kann ich momentan noch nicht beurteilen. Anscheinend blieben die Regisseure mit ihren immer wieder stattfindenden Schwenkern und Unterbrechungen, der Erzählstruktur des Buches treu. Die, zugegeben, etwas schwülstige Wortwahl meinerseits im dritten Absatz, vermag das Wesen des Films nur zu umreißen. Was aber auch verständlich und hoffentlich entschuldbar ist.

            Denn selbst den drei leitenden Köpfen hinter der Kamera wird wohl nicht ganz klar gewesen sein, was sie mit "Cloud Atlas" aussagen und aufzeigen wollten. Wohingegen sie auf der Bildebene in jeder Minute verdeutlichen, wie sie es aufziehen wollten. Dieser Film ist wie "Magnolia", nur frei schwebend in Zeit und Raum des Heute, des Gestern und des Morgen. "Cloud Atlas" ist ein Mammut-Projekt, keine witzhafte Fingerübung in Sachen Special Effects. Hier fallen inhaltliches (Schwer-)Gewicht und Bombast-Optik zusammen. Und dürften alle abschrecken, die, erstens, denken, voll fette Filme sollten lieber wie "Avatar", leicht verständlich bleiben und zweitens, möglichst wenige nachvollziehbare Figuren in unter zwei Stunden präsentieren.

            Aber selbst, wer sich jetzt auf die Schulter klopft, weil er jedes Epos ohne Klogang und höchstkonzentriert durchsteht, kann sich an "Cloud Atlas" die Zähne ausbeißen. Weil die Handlung zu breit ausgewalzt wird, die vermeintliche Aussage zu ambivalent und simpel ausfallen. Weil es die gewohnte Erwartungshaltung übersteigt, dass ein und derselbe Schauspieler in einer Rolle und einer Zeitebene sterben muss, damit er oder sie in einer anderen Erscheinung doch noch das Glück erfährt.

            Vielleicht auch übersteigt es die Erwartung an einen Film mit so philosophischen, bis schließlich Sci-Fi-artigen Wurzeln, dass er unterschiedliche Genres vereint und somit schnell springt. Als Zuschauer darf man sich da über eine launige Rentner-Komödie amüsieren, an der Tragik eines begabten Komponisten teilhaben oder einen Energie-Thriller im Geiste von "Das China-Syndrome" beiwohnen. Fast schon stelle ich mir vor, so könnte ein leichtfüssiger wie grübbeliger Ritt durch die Dimensionen aussehen, wenn Tarantino ihn dreht. Ohne seine ganzen Anspielungen und Referenzen.

            "Cloud Atlas" kommt übrigens ohne zwangsläufige Referenzen aus. Er beleiht keinen anderen Titel, will sich nicht verkrampft um ein Zitat bemühen. Und das macht diesen Film gleich doppelt so erstaunlich für mich. Wenn wir bei Tom Hanks bleiben und seinem "Forrest Gump", wenn wir "Little Big Man" oder "Mister Nobody" ranziehen, beschreiten wir mit dem Werk der Wachowskis und dem Tykwer trotzdem ein gänzlich anderes Universum der Rundreise durch die Jahrzehnte. Make-up-Technisch sowieso, denn das allein ist schon, größtenteils, absolut gelungen. An der Optik gab es bei den Verantwortlichen aber auch nie wirklich was auszusetzen.

            Letztlich ist es nur eine Hürde, "Cloud Atlas" irgendwo einzuordnen. Sich zu überlegen, welcher Art von Filmfreund das gefallen könnte. Welchen Stempel man heranziehen will, wenn doch keiner richtig passt. Dies ist ein Film in vielen Unter-Filmenaufgeteilt, in Dimensionen und Blutlinien gedacht. Mit einer geballten Ladung Phantasie verwirklicht und deshalb für eine einfache Benotung doch zu schade. Die Beschreibung Meisterwerk ist da wahrscheinlich so unausweichlich wie verfrüht. Einfach, weil derartige Filme nicht alle Tage das Licht der Welt erblicken. Und weil auch "Cloud Atlas" seiner Zeit einfach ein Stück weit voraus ist. Ist aber auch wieder nicht so schade, denn mit jedem Ansehen können wir den Film ja ein wenig einholen.

            7
            • 8

              "Possession", den wollte ich schon lange mal sehen. Weil der Film im geteilten Berlin der 80er Jahre spielt. Weil die unnachahmliche Isabelle Adjani Blut vergießt und eine mittlerweile legendäre Anfall-Szene im U-Bahntunnel hinlegt. Weil Sam Neill ihren Mann spielt und überhaupt, die Mischung aus Beziehungsdrama, Horrorsex und Mutanten nach ziemlich krankem Shit klingt.

              Kunst-Scheiß oder Scheiß-Kunst, das ist dann wahrscheinlich auch die finale Frage, die sich den meisten Zuschauern aufdrängen wird. Andrzej Żuławski hat keinen leicht verdaulichen Film vorgelegt. Im Grunde erscheint mir "Possession" aber von der Zerstörung einer Ehe Zeugnis abzulegen. Ein Zustand, den Żuławski während des Drehbuchschreibens am eigenen Leib erlebte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich Neill und Adjani die meiste Zeit bekriegen, abstoßen, wieder anziehen und doch nur selbst zerfleischen.

              Der eigenwillig affektierte Liebhaber, der sich in die Beziehungswelt, samt gemeinsamen Sohn, drängt, macht es da nicht leichter. Ständig tänzelt das Dreier-Gespann um einander herum, schlägt sich die Fresse blutig oder äußert Gleichnisse über Glaube, Zufall und Gott. Na ja, nicht ständig. Aber nach Banalität klingt in diesem Film kaum ein Gespräch. Ermüdung ist es dann auch nicht, was nach zwei Stunden Laufzeit einsetzt.

              Im Gegenteil, "Possession" wirkt schon wie ein dunkler Sog. Zieht mit seinen unsichtbaren Tentakeln immer näher an den finsteren Mittelpunkt eines durchgeknallten Universums, in dem das merkwürdige, unförmige Monster-Wesen die Horror-Stimmung lediglich garniert und erweitert.

              Denn Horror-mäßig abartig geht es auch so schon zu. Aber machen wir uns nichts vor, gerade wegen Isabelle Adjani als Vampirhafte Erscheinung, mit stechend leuchtenden Augen und einer wilden Lust am Blut, hat dieser Film seinen Kult-Status verdient.

              Einen gänzlich zufriedenstellenden Sinn macht das, nach einmaligem Anschauen, vielleicht nicht gleich. Jedoch, bei der Selbstzerstörung zweier Eheleute, die schließlich gar apokalyptische Ausmaße annimmt, macht nicht mehr wirklich etwas Sinn. Nur der Akt des Verzehrens, des Eindreschens und der Auslöschung.

              Zuschauen kann und muss bei "Possession", einem Film, der nur egal sein kann oder als faszinierendes Spektakel gefeiert wird. Aber was man am Ende dabei empfinden oder darüber denken soll, das schreibt er einem klugerweise nicht vor.

              8
              • 6

                Die bösen Marsfrauen in "Metroid"-Rüstungen klauen Erd-Mütter, um deren Erziehungskompetenz abzusaugen. Milo, etwas bockiger, kleiner Junge aus der Vorstadt, macht genau diese Entdeckung, als seine Mami eines Nachts aus dem Schlafzimmer entführt und auf den Roten Planeten verschleppt wird.

                Und nicht nur dieses Ausgangs-Szenario ist eigentlich viel zu düster und ein Tick zu bedrohlich, um von einem Disney-Stempel als familientaugliches Animations-Erlebnis abgemildert zu werden. Dies ist auch der fundamentale Fehler, der bei "Milo Und Mars" begangen wurde. Die Köpfe bei Disney wandten sich an Robert Zemeckis und seine ImageMovers Digital-Schmiede und dachten wohl, es würde was Putziges wie "Der Polar-Express" rauskommen. Natürlich lagen sie daneben.

                Zwar sieht die technologische, kalte Welt der Marsweibchen nach "WALL-E" aus, putzig ist sie aber keineswegs. Geknuddelt wird aber erst mal nur durch die Marsmännchen, die weit friedliebender sind als ihre weiblichen Gegenstücke. Zum Knuddeln und Liebhaben bleibt aber auch keine große Zeit, denn Milo hetzt durch die Korridore, wird beschossen, stürzt in die Tiefe und verlebt einen turbulenten Mars-Aufenthalt.

                Die Botschaft vom Wert der Familie, von der Kraft der Liebe, von Friede, Freude und Eierkuchen passt da zwar noch rein, aber für die kleinsten ist der Film wohl etwas zu viel. Tatsächlich wäre "Milo Und Mars" bei einem Publikum ab zwölf Jahren besser aufgehoben.

                Das vielseits beschworene filmische Disaster, die Box-Office-Bombe, die Zuschauer verschreckte, kann ich hingegen nicht entdecken. Technisch enttäuscht mich eher der merkwürdige Gesichtsausdruck, der vor allem Milos Mutter hier und da heimsucht. Da sind die Marsianer schon wesentlicher besser ausgereift.

                Und trotzdem, als Abenteuerfilm funktioniert das alles doch ziemlich gut. Tempo und Atmosphäre sind für das anvisierte Publikum ab null etwas zu hoch. Für uns "älteren" kann sich die Mütter-Rettungsmission der galaktischen Art aber durchaus als kurzweiliger Trip erweisen. Als Disneyfilm, der irgendwie schön Nicht-Disney ist. Bis zu einem gewissen Grad jedenfalls.

                4
                • 10

                  Patton, der größte aller Strategen des Zweiten Weltkriegs.

                  Patton, der unerschrockene Feldherr.

                  Patton, der Oberfascho.

                  Patton, der Menschenschinder und Scharfrichter der Feigheit.

                  Patton, der Mann, der schon in der Eröffnungsszene vor einer vergrößerten Vaterlands-Flagge steht und das Frischfleisch für seine Kompmnie begrüßt. Mit seiner legendären Rede vom Heldentum, Soldatensein und Schweinemist-Schippen bombt sich George C. Scott schon in den Kino-Olymp. Und da hat es noch nicht gekracht.

                  "Patton" ist ein Ungetüm von einem Film. Fast drei Stunden Laufzeit. Ein Kriegsfilm, ein Schlachtengemälde, eine Biografie, kein Denkmal. George S. Patton, der heutigen Militärs wohl als Heiligenbild nutzen muss, wird von Regisseur Franklin J. Schaffner und Mitautor Francis Ford Coppola ein gewaltiges filmisches Monument gesetzt. George C. Scott spielt genial auf und darf Russen mongoloid und sonst was nennen, darf die verkrüppelten, hilflosen Weicheier im Kongress verfluchen. Patton, das wird schnell klar, ist eine, sachte ausgedrückte, streitbare Figur, die vielleicht lieber zu Zeiten des Römischen Reiches hätte geboren werden müssen. Aber so verachtenswert er auch durch seine herrische Art, die Härte gegenüber den eigenen Männern und seine Ansichten über die Regierung, für deren Sieg er kämpft, rüberkommt, der Mann lebt(e) für den Kampf. Er studiert historische Schlachtzüge, liest Rommels Buch, um sich in dessen Gedankengänge hinein zu versetzen.

                  Die Person Patton im Film ist wie die Ansprache zu Beginn. Man kann sich ihr nicht entziehen. Ob er eine Schlacht schlägt, nur um vor dem britischen Konkurrenten auszustechen. Ob er gen Deutschland vorstößt, obwohl er direkte Order ignoriert. Patton ist ein Held, ein Genie und ein Barbar. Er hält die amerikanische Flagge hoch und verdammt deren Köpfe doch wegen ihrer Zurückhaltung. Dem fehlenden Willen, nach dem Fall Berlins gleich weiter zu ziehen und die Sowjets zu überrennen.

                  "Patton" braucht Zeit und Mut, keine Frage. Wer das, ausgiebig geschilderte, Geschehen als Propagandawerk missversteht, verfehlt die Absicht. General Patton wird nicht nur positiv beleuchtet, ja, seinen eigenen Untergang sieht er schon voraus. Aber bitter ist das auch nicht, denn dafür hat der Mann einfach zu viele Macken. Und war fürs zivile Leben komplett inkompatibel.

                  "Patton" ist monumentales Kino. Eine vielschichtigere Biografie als erwartet, nur dass der Fokus komplett auf der Hauptfigur haften bleibt. Am Ende geht es mir als Zuschauer wie den unsichtbaren Frontschweinen vom Anfang. Mit Krieg und der Welt des Militärs habe ich nichts am Hut, aber damn, diese Worte bewegen was. Also, bleibst du lieber im Sessel kleben oder rennst du raus, Scheiße schippen?

                  8
                  • 7

                    Gott, wie lange brauche ich denn noch dafür? "Killer Elite" ahmt nicht nur im Namen den Geist des ruppigen Sam-Peckinpah-Männerfilms nach. Jason Statham führt ein kleines Team von Auftragskillern an. Robert De Niro mimt den väterlichen Freund und Kollegen in Not und darf mal wieder auf lässige Art die Knarre schwenken. Ziel ist das effiziente Aus-dem-Weg-Räumen ehemaliger Elite-Soldaten, welche die Söhne eines Scheichs auf dem Gewissen haben. Und Clive Owen mit cooler Sonnenbrille und fiesem Auge hat was dagegen. Alles klar?

                    Dann bitte noch für eine Überraschung bereit machen: "Killer Elite" ist besser als die obigen Zeilen (und Stathams übliche Rollenwahl) vermuten lassen. Bevor es kracht, wird sondiert und vorbereitet, als hätte man was vom Grips des ersten und klügsten "Mission Impossible" konsumiert. Oder, um bei De Niro zu bleiben, der mir dann doch eine, ja bedingt, kleinere Rolle ausfüllt, es sich hier um eine artverwandten "Ronin"-Nachzügler zu handeln. Mit Bang-Bang und Dauerbeschuss ist nicht zu rechnen. Und das macht einen der deutlichsten Pluspunkte von "Killer Elite" aus. Er hat am Ende eine weitaus interessantere Story, sieht recht schnittig aus - der Film spielt übrigens zu Beginn der 1980er und nimmt sich ernst genug, als gutes Mittelding zwischen Actioner und Assassinenthriller durchzugehen. Nett ist auch der finale Verweis auf den realen Background, der so natürlich offiziell bestätigt wurde.

                    Vielleicht werden keine neuen Maßstäbe gesetzt, werden keine Genrengrenzen erweitert. Vielleicht ist das alles auch einen Tick zu berechenbar und vorhersehbar inszeniert. Und trotzdem, "Killer Elite" ist genau das, was eine faulige Woche im Nu wegbläst und mit oder ohne Tankfüllung glänzend funktioniert.

                    3
                    • 7 .5

                      Prevolutionäres Konzept, prevolutionäre Affenaction und eine prevolutionäre Botschaft. Dass ich das noch erleben darf. Ein guter "Planet Der Affen", der Tim Burtons überflüssiges Remake fast vergessen macht und beinahe alle Fortsetzungen der Ur-Reihe abhängt.

                      "Planet Der Affen: Prevolution", sorry, der deutsche Titel ist so lala, beweist wieder einmal, dass sich inhaltliche Tiefe und Blockbuster-Breite nicht ausschließen müssen. Ja, dass es sogar Platz gibt für recht humane Anliegen.

                      Das wird schon dadurch deutlich, dass der Film seinen Figuren und deren Motivation eine großzügige Anlaufzeit einräumt. Wir werden Zeuge, wie James Franco als ambitionierter Wissenschaftler ein Heilmittel gegen Alzheimer zu finden hofft. Wie er vom geistigen Verfall seines Vaters getrieben wird, einen Labor-Schimpansen vor dem Einschläfern rettet und feststellt, dass Cäsar, über eine außerordentliche Intelligenz verfügt. Und seinen Namen nicht umsonst verliehen bekommt.

                      Die Revolte der Affenwelt gegen den Menschen bereitet der Film jedenfalls recht ordentlich vor. Und es ist abermals imposant zu beobachten, dass Affen aus dem Rechner durchaus reale Betroffenheit erzeugen können. Denn das Tierheim, in dem Cäsar sich wiederfindet, ist nicht weniger als eine Höllen-Anstalt. Bei dem, was "Planet Der Affen: Prevolution" gezeigt wird, fällt es schwer, nicht am nächsten Morgen gegen Tierversuche und für artgerechte Haltung auf die Straße zu gehen. Okay, ist vielleicht übertrieben, aber mal ehrlich: Wer hat den Film gesehen und nicht die geringste Empathie empfunden? Es mag eine alte Masche sein - die putzigen Äffchen hier, da die ruchlosen Menschen mit ihren Laboratorien und den fiesen Elektro-Schockern, aber sie funktioniert. Zumal der Aufstand der Affen am Ende mit einer gewissen Genugtuung betrachtet werden kann. Cäsar erhebt sich gegen seine Peiniger, aber er stiftet nicht zum Massenmord an.

                      Auch ist es das Ende mit den Wäldern, das ohne deplatzierte Aufregung zufriedenstellt und nicht sofort auf eine erzwungene Weiterführung des Franchises aus ist. Ach ne, da kommt ja doch noch was. Von wegen Virus auf Rundreise. Na ja, ich fand das schon sehr an "Twelve Monkeys" angelehnt. Und wenn überhaupt, es wäre dann einer von sehr wenigen Punkten, die mich an diesem Film stören würden. Was ja auch wieder ein fettes Kompliment ist.

                      9
                      • 7 .5

                        Fünf Teenies allein im Wald. In einer abgelegenen alten Holzhütte wollen sie den Urinstinkten ihrer Gattung frönen: Saufen, Schwimmen, Tanzen, Kiffen, Spaß haben. Recht vorhersehbar halt. Genau wie die Aussicht, dass ein Film, der "The Cabin In The Woods" heißt, sich ausschließlich den Ausschweifungen Jugendlicher zur Paarungszeit, widmen wird. Dies ist ein Horrorfilm, sort of.

                        Weswegen wir die ausgetretenen Storypfade so früh wie möglich verlassen und mit etwas ganz unerwarteten kontrastieren: zwei Typen in Büro-Kriegsbekleidung, die sich in einem riesigen Bunker-Komplex auf den Weg zur Arbeit machen ... Hä? Richtig gelesen. Denn nichts ist erschreckender als zwei Normalos mit Schreibtischtäter-Profil, die, ja, irgendwie die ganze Zeit Big Brother zu spielen scheinen.

                        Klingt komisch, ist es auch. Wenn Joss Whedon sich an einem Horror-Streifen beteiligt, wird doch kein abgestandener Mist raus kommen. "The Cabin In The Woods" greift sich gekonnt die Klötzchen aus dem Genre-Baukasten und jongliert ein wenig damit rum. Dabei geht das Ganze noch einen Schritt weiter als "Scream", bei der Ankunft im Wald schreit einem "The Evil Dead" förmlich ins Gesicht. Alles da. Die Hütte, der Nebel, der Keller. Und doch, wie es der Verweis auf die parallele Handlung andeutet, kommt alles ganz anders. Unsere Teenies sehen sich nicht irgendeiner mordlustigen dunklen Macht ausgesetzt, werden nicht bloß einer nach dem anderen ausgeschaltet. Nicht erst zum Schluss gibt es ein übergroßes, grotesk fettes Kaninchen, das sich aus dem Hut quält.

                        Im Grunde sehe ich in "The Cabin In The Woods" eine Art Horrorfilm in "Simpsons"-Manier. Was einen hier erwartet, ist eine Armada von Monster-Gestalten, die im Grenzgebiet von Parodie und Persiflage hausen. Und sich Horrorfans wahlweise ein wenig veräppelt fühlen dürfen oder kleine Freudentränen aus den Augen drücken dürfen. Whedon und sein Team übertreffen sich eigentlich selbst. Diese Anspielungen, die Verbeugungen vor echten Ikonen des Leinwand-Grusels und immer wieder dürfen ordentlich schmunzeln und lachen.

                        Hier darf aber auch nicht unterschlagen werden, dass der Film nicht ernst gemeint ist, aber auch nicht in offensichtlichen Nonsense abdriftet. Auch wenn das Ende wortwörtlich alles und jeden wegfegt. Und auch hier fühlte ich mich in die goldenen Achtziger zurückversetzt. Wer kennt noch die Auflösung von "Return Of The Living Dead?"

                        Bei aller Liebe, eines muss natürlich klar sein. Der Film ist nicht dumpf, tönt nicht stumpf. Er ist aber auch nicht der genialste Horrorfilm aller Zeiten. Das Regelwerk des Genres wird bunt zusammengemischt und als Party-Granate in den Raum geworfen. Als Happening funktioniert das, gerade, weil es sehr selbstironisch aufgezogen wird. Überholt oder ausgemustert werden die Bausteine aber auch nicht. Ich denke mal, Joss Whedon ging es darum auch weniger. "The Cabin In The Woods" soll Entertainment bieten, das erreicht der Film auch. Nicht zuletzt dank des ständigen Wechsels zum Arbeitsplatz unserer Knöpfchendrücker in ihrem Kontrollzentrum. So wie auch der Film kein allzu hintersinniger Blick auf das Verhältnis von Zuschauer und Beteiligten, Opfern und Voyeuren, aber ein sehr gewitzter Zug.

                        Deshalb auch meine Empfehlung an jeden, der sich amüsieren möchte. Der eine gelungene Tour-de-Horror sucht und sich dabei nicht verarscht fühlen will. Das kann erst passieren, wenn man das hier als ernst gemeinten Schocker versteht.

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                        • 8 .5
                          über Lourdes

                          Boah, wie lange ist das jetzt her? Um meinen Scheiß auf die Reihe zu bekommen, will ich nun endlich meinen Kommentar zu Jessica Hausners "Lourdes" vorlegen. Weil dieser Film einen ganz außergewöhnlichen Glücksfall darstellt: erstens, ist es ein TV-Film, der weit über die Möglichkeiten des Mediums hinausgeht und zweitens, ist eine der wenigen deutschsprachigen Produktionen, die bleibenden Eindruck hinterlassen.

                          Bitte, lassen wir den letzten Teil der Äußerung mal so stehen. An dieser Stelle geht es mir nicht um eine Generaldebatte zur filmischen Lage der Nation(en), sondern einzig um die Wirkung von "Lourdes": der Film ist einfühlsam, anrührend, löst Kopfschütteln aus, obwohl er nicht be- und verurteilt. Was sich gerade bei einem Thema wie der Wunderheilung anbieten würde.

                          Der Wahlfahrtsort Lourdes, Anziehpunkt für Millionen von Menschen, die sich eine spiritistische Erlösung ihrer Leiden erwarten. Hier spielt sich die Geschichte von Christine ab. Von der multiplen Sklerose zur Bewegungsunfähigkeit verdammt, ist sie auf ständige Fürsorge angewiesen. In ihrem Leben stellen betreute Ausflüge dar. Die Pilgerreise nach Lourdes bildet da zunächst keine Ausnahme.

                          Und doch bildet diese Ausgangssituation im Film nur den Startschuss für eine kluge Beobachtung des Wunderorts dar. Da sehen wir, wie die tagtäglichen Segnungen in der Basilika stark an Massenabfertigung erinnern. Teilweise kriegen wir mit, wie es bei den Seelsorgern vom Malteser Hilfsdienst kriselt oder wie der eine oder andere Vorsitzende wirklich über die Heilwirkung und Heiligkeit des Ortes denkt.

                          Das Lourdes im Film ist natürlich der echte Wahlfahrtsort, aber er präsentiert sich hier auch als Schlangengrube, in der Nattern unablässig Zweifel sähen. Jeder den Glauben oder die Moral (das Verhalten) des anderen zurechtstutzen will. Die von ihrer Krankheit gezeichnete Christine dient dabei als unbeteiligte Beobachterin, das verlängerte Paar Augen und Ohren des Zuschauers, bis sich schließlich bei ihr etwas regt. Christine urplötzlich ihre Muskeln spüren und bewegen kann und aus ihrem Rollstuhl aufsteht. Aber da ist der Film noch nicht zu Ende.

                          Ob Wunder oder nicht, ob Lourdes sein Siegel verdient, solche Fragen will der Film klugerweise nicht ausdiskutieren. Die Frage, ob der Glaube an die Marienerscheinung gerechtfertigt ist, wird nicht zur Debatte gestellt. Aber, wenn wir einen Einblick erhalten, wie was in Lourdes vonstattengeht, beschleicht einen ein ganz mulmiges Gefühl. Wie gesagt, "Lourdes" verurteilt nicht. Kritik am Glaubenssystem ist das nicht, aber dafür ein vielschichtiger Blick auf eine höchst interessante Thematik. Und teilweise mit einem bitterbösen Humor versehen, den die Lästerschwestern vor Ort ständig anklingen lassen. Überhaupt sind es die Gesten und Handgriffe, die an "Lourdes" im Vordergrund und trefflich beobachtet sind. Kleine, fiese Scherze in kleiner Runde, die aufgesetzte Freundlichkeit der Malteser-Schwestern. Oder diese stillen Momente, die sich den Aufläufen zum Umzug und der Andacht widmen.

                          An "Lourdes" gibt es einfach nichts nennenswertes auszusetzen. Hauptdarstellerin Sylvie Testud ist großartig und steht im Fokus eines kleinen, authentischen Ensembles. Dieser Film liefert schon einen beunruhigenden Denkanstoß, der den Glauben an Wunder und deren Vermarktung, auf die Probe stellt. So zurückhaltend und unaufgeregt "Lourdes" auch daherkommt, bei diesem leisen Ereignis kann sich eigentlich niemand nicht angesprochen oder zum Nachdenken provoziert fühlen. Hut ab!

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                          • 8
                            über GasLand

                            America the Beautiful, la la la la - Wohl nicht mehr lange. "GasLand", der Film zum Fracking-Wahn, präsentiert sich als erschreckendes Road-Trip-Movie. Josh Fox bereist die Flecken auf der amerikanischen Landkarte, wo die, gerne verniedlichten, Begleiterscheinung der Erdgasförderung traurige Realität geworden sind. Flecken, deren Bewohner auch als Hinterwäldler oder Dorfgesocks abgetan werden können und von den Erdbohrer-Verantwortlichen vermutlich so betrachtet werden. Wie auch immer, was an "GasLand" gefällt, ist der unaufdringliche, nicht dauer-agitierende Blickwinkel. Ohne spürbares Einschwören auf die böse Wirtschaft, die korrumpierte Politik und ohne massives Runterbeten von endlosen Statistiken, ist diese Doku eine nüchterne, korrekterweise unbefangene Angelegenheit. Eine Mahnung ja, aber das vornehmlich aus Sicht eines Chronisten, der durch Teile eines Landes reist, die zum Abbild der Hölle geworden sind. Hoffentlich ist Deutschland auf absehbare Zeit vor solchen Erdgas-Spielchen.

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                            • 1 .5

                              Illegales Flüchtlings-Alien mit Posterboy-Look und leuchtenden Händen wird von ultrahässlichen Kiemen-Hackfressen gejagt, sucht die Erdstaatsbürgerschaft per Affäre mit einheimischen Mädchen und liefert absolut nichts originelles... Oder hab ich was vergessen?

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                                • 72 ist kein Alter. Verdammt, was soll man über Otto Sander sagen. Viele wunderbare Momente in bewegten Bildern, eine starke Präsenz, was für eine unverkennbare Stimme. Und trotzdem wirkte Sander immer wie ein bodenständiger Mensch, mit dem man gern einen gehoben hätte. R.I.P., Otto Sander. Deutschlands Leinwandhimmel ist um einen hellen Stern ärmer? Eine Untertreibung.

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                                  • 2
                                    über Conan

                                    Och nö. Wozu, warum? Wieso? – Schreit mikkean in die Welt hinaus. Er hat soeben das gesehen, was Marcus Nispel für ein angemessenes Remake von "Conan - Der Barbar" hält. Ein schludriger, miefiger Haufen Zelluloid, der nach schlechtem B-Movie aussieht. Wo ist der Charme einer rauen, vorchristlichen Welt voller dunkler Götter und blutiger Sitten hin? Nicht mal das Gemetzel hat mikkean gefallen. Und Nachwuchs-Conan Jason Momoa tat gut daran, in "Game Of Thrones" einen sympathischeren Muskelmann zu spielen, als nur die bloße Kopie einer Legende. Diese Art von "Remake" ist schmerzhaft grässlich und verdammt peinlich.
                                    Nee, das bitte nicht mehr.

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                                    • 7 .5

                                      Stellen wir uns doch mal folgendes vor: Die Titanic hat soeben den Eisberg gerammt. Doch die Crew und Schifffahrtsunternehmer versuchen noch, den Leuten an Bord Karten für die nächste Reise im Frühjahr anzudrehen.

                                      So in etwa stellt sich die Ausgangslage in "Margin Call" dar. Ein Multi-Milliarden-Dollar-Finanzgigant stellt plötzlich fest, dass die Kacke richtig am Dampfen ist. Was tun? Den Schaden begrenzen? Oder zigtausende Wagenladungen toxischer Wertpapiere zu einer Bombe zusammen schnallen und auf die (Finanz-)Welt loslassen? Ja, mit einem Sieg von Moral und Ethik ist hier nicht zu rechnen. Viel eher schockiert die, sich schnell abzeichnende, Tatsache, dass manche selbst aus dem Untergang des Abendlands Profit schlagen würden. Gut, das haut jeden nüchtern denken Menschen nicht von den Socken. Aber halt, wir gleiten jetzt etwas vom Thema ab.

                                      "Margin Call" führt zu dieser Einsicht über den interessanten Blickwinkel auf eine Führungsetage, die eine Krisennacht durchlebt. Die Reihen einer Abteilung werden gelichtet, jemand drückt jemand anderem noch etwas in die Hand. Und siehe da: Plötzlich klafft in den Papieren ein schwarzes Loch, das stetig wächst. Genau an dieser Stelle könnten die Herren und Damen im Business-Look die Bremse betätigen. Den Schaden auf den eigenen Laden begrenzen, aber nein. Sie machen das Gegenteil.

                                      Wer hier einen überspannenden, unter Hochdruck stehenden Finanz-Thriller vermutet, könnte enttäuscht werden. Dieser Film ist dialoglastig, spielt im Zeitraffer in wenigen Stunden und in einer überschaubaren Anzahl von Locations ab. Vornehmlich in den Räumlichkeiten der großen Denker und Geldzähler, die bisher die Finanzkuh melken konnten. Da wirkt es auch teilweise komisch, wie, der hier wahnsinnig tolle, Kevin Spacey, einen Abteilungsleiter spielt, der von Formel und Rechnungskurven keine Ahnung hat. Oder dass andere noch davon reden, wie viel von ihrem Lohn für Koks und Nutten draufgeht. Obwohl, ja obwohl, sie alle wie kopflose Hühner rumlaufen. Ihnen das Wasser bis zum Hals steht.

                                      Vieles davon ist, meiner Meinung nach, aber rein unterschwellig und muss erst beim/nach dem Anschauen zu Tage gefördert werden. Ansonsten kann "Margin Call" auch als eher lahmes Kammerspiel durchgehen. Eine inkonsequente Beobachtung auf die Haie im Maßanzug, die über die Finanzen der Welt schalten und walten. Allerdings sind auch die Protagonisten in diesem Film inkonsequent. Hätten sie doch die Möglichkeit, die Sprengladung nicht auf den Markt zu werfen und die Welt eine Krise zu ersparen. Aber so oder so, ist der Film für mich einer jener "Wall Street"-Epigonen, auf die Oliver Stone stolz sein kann.

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                                      • 2 .5

                                        Wäre Fiddy doch nur im Candy Shop geblieben ...

                                        Um Missverständnissen vorzubeugen, 50 Cent könnte mich auch ohne Posse in den Boden stampfen. Der Typ soll doch ruhig Ex-Gangster/Dealer/Rapper bleiben. Aber schauspielerisch hat er irgendwo immer daneben gegriffen. Als Star seines vermeintlichen Biopics wirkte er peinlich bemüht, neben De Niro und Pacino reichte es nur zum großmäuligen Opfer und hier, neben Bruce Willis?
                                        Da bleibt Fiddy, wie eigentlich alles an "Set Up", ziemlich deplatziert. Bruce Willis macht ein paar Männchen für den Paycheck und persifliert sich und Gangsterbosse allgemein, auf peinliche Art und Weise. Ryan Phillipe lässt bessere Zeiten und Rollenwahlen schmerzlich vermissen. Und worum es überhaupt geht, bleibt mir letztlich vollkommen egal. Auf cool und clever zu machen, ist eben doch kein vollwertiger Ersatz für genannte Eigenschaften.

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                                        • 6 .5

                                          Wie schön könnte der Montagmorgen doch sein. Du kommst ins übermüdet ins Büro, grüßt, schlecht camoufliert, die lästigen Kollegen und erfährst dann, der Drecksack von Chef ist tot. Heureka!!!

                                          "Kill The Boss" ist die filmische Umsetzung dieses Wunschtraums, sich des lästigen, blöden Hirnfurz von einem Vorgesetzten, zu entledigen. Und - zu unser aller großen Überraschung ;-) - läuft das deppernde Besetzungs-Trio Jason Bateman, Charlie Day und Jason Sudeikis nicht als Amokläufer durch einen schwarzhumorigen Splatter-Marathon. Das wäre ja dann keine Anarcho-Komödie im Sinne des großen "Hangover"-Vorbilds gewesen.

                                          Stattdessen quälen sich die Buddys hier durch den Arbeitsalltag und mosern in der Kneipenrunde über ihr Schicksal. Wenn sie dann jemanden killen wollen, verstehen sie die Sache mit den Wasserspielchen falsch oder es wird ihnen abgenommen.

                                          Richtig lustig ist das nicht. Jedenfalls dann, wenn es um die armen Angestellten geht. Geil wird es aber, wenn die Bosse auftrumpfen dürfen. Jennifer Aniston, Colin Farrell und Kevin Spacey sind doch die eigentlichen Stars des Films. So notgeil und vulgär. Die Übersteigerung jeglicher Arschloch-Definition und manchmal auch selber irgendwie blöde. Dieses "Fiesling"-Gespann macht doch den wahren Reiz des Films aus. Weil Aniston und Farrell so fast noch gar nicht zu sehen waren. Und weil Spacey wohl gar nicht erst für diesen Part in eine Rolle schlüpfen musste.

                                          Auf jeden Fall sind es diese Minuten von "Kill The Boss", in denen die Chefs der politischen Korrektheit den Krieg erklären, sich psychomäßig scheiße gebärden und einfach schon deshalb zum Dranbleiben animieren. Selbst wenn der restliche Streifen etwas mehr abkackt. Die Bosse sind der wahre Hingucker, weshalb ich einfach für einen eigenständigen Film plädiere: "Fuck The Employee." Das wäre doch mal was.

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                                          • 7

                                            Spielwaren-Hersteller ist depressiv gaga, wird von Ehefrau rausgeworfen und lässt die Handpuppe eines Bibers für sich sprechen.

                                            Er ist skurril, düster, wenig lachhaft und vor allem, besser als erwartet. Jodie Foster geht mit "Der Biber" große Risiken ein. Sie dreht keinen leicht verdaulichen Film über tiefsitzende Probleme und Seelenschäden. Verzichtet auf aufgesetzten Klamauk, Humor, der die Sache unnötig auflockern will. Halt einen Film, in dessen Genre-Becken sich schon genügend Vertreter tummeln. Und, oh ja, Foster besetzt die Hauptrolle mit ihrem Kumpel Mel Gibson. Selbst schwer angeschlagener Star der Traumfabrik. Und siehe da, Gibson - über dessen Verfehlungen im realen Leben ich bewusst kein Wort verliere - erweist sich als ideale Wahl für seine Rolle. Er suhlt sich im Dreck. Gibt einen Mann, der merklich entfremdet, durch die Welt schlafwandelt. Der nicht funktionieren kann, seine Familie nicht mehr lieben kann, selbst wenn er es will. Ganz gleich, ob Mel Gibson diese Performance als eine Art öffentliche Entschuldigung oder Erklärung für sein turbulentes Privatleben versteht. Er spielt sehr gut und darf endlich mal wieder in seiner wahren Berufung glänzen, statt nur Futter für Klatschblätter zu produzieren. Und das sage ich nicht als Sprecher des Leave-Mel-Alone-Camps. Für mich steht nur fest, dass "Der Biber" ein eigenartiger, aber doch eindrücklicher kleiner Film geworden ist. Allein schon deshalb, weil im Grunde, das Stilmittel der sprechenden Puppe nicht für einen grenzdebilen Klamauk genutzt wird. Sondern für einen teilweise erschütternen Seelen-Striptease und Selbstfindungs-Kampf. Ist das nun großes Kino? Ein ganz und gar ergreifendes Drama voll fundamentaler Bedeutung für das gesellschaftliche Verständnis von Depression, Antriebslosigkeit und Persönlichkeits-Störung? Ach, hört doch auf. Wenn das alles nicht, dann wenigstens ein überraschend schönes Werk, das bewusst in den Schattenseiten des Lebens badet.

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                                            • Wow, ein protziger Film voller computer-animierter Roboter, ein paar gestandenen menschlichen Schauspielern und möglichst hohem Wumms-Anteil. Also wurde wieder der Name eines großen Originals herangezogen und unnötiges dazu gemischt. Sorry, und der neue "Robocop" sieht nicht nach Update aus, sondern nach Fail.

                                              • 4

                                                Lieber John,

                                                ich muss dir leider die Brieffreundschaft kündigen. Du bist mir doch zu blass, eindimensional, dienstbeflissen und so vaterlandsliebend. Ach, und bitte sag deinem Dad Nicholas Sparks, er soll endlich mal von diesen märchenhaften Strandflirts wegkommen.

                                                Mach's gut

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                                                • 6

                                                  Juchu, Guido Knopp hat uns doch belogen. Wir wussten es schon immer. Die Nazis haben einen waschechten Von Frankenstein auf ihrer Seite, die rote Armee schickt einen kleinen Trupp, samt Kameramann, um "Frankenstein's Army" aufzuhalten. Ob Stalin's treue Soldaten nun wollen oder nicht. Der Zweite Weltkrieg offenbart hier seine bislang verborgenen Seiten: Körperwelten-Splatter, Verstümmelungen. Gedärme und Gehirne verlassen unsanft ihren, von der Natur zugedachten, Platz im menschlichen Körper. Es wird gesägt, zermalmt, geschlitzt, abgetrennt, durchbohrt, gehäckselt, gesprengt, gestopft, zugeschlagen - was auch immer geht, seid sicher, es kommt vor.
                                                  Richard Raaphorst hat als Regisseur, Autor, Storyboard-Artist und Creature Designer in Personalunion, ganze Arbeit geleistet. Die Armee sieht klasse aus, ist großartig umgesetzt worden. Beinahe wirken sie, als wären sie einem unruhigen Nacht von Del Toro entsprungen, als der über eine "Bioshock"-Verfilmung sinnierte. Selbst die Kulissen der Frankenstein-Fleischfabrik sind gelungen und wirken zu keiner Minute billig. Anders hingegen sieht es bei der restlichen Machart aus. "Frankenstein's Army" ist natürlich eine Ausgeburt des Found-Footage-Genres und das nervt bisweilen. Hin und wieder blitzt zwar einiger Ideenreichtum durch, wenn die Kamera, selbst in krassesten Momenten, nicht aufhört zu laufen. Andererseits zwinkt die Sichtweise auch eine beschränkte Videospiel-Perspektive auf. Und beim zwanzigsten Mal wilden Geruckels, weiß ich nicht mehr so recht, ob dies nun den Reiz der Sache ausmacht oder einfach nur stört. Verdammt zwiespältig sind auch die Figuren. Frankenstein's Sicht auf die Kommunisten und die Faschisten ist schön, aber er ist nun mal auch ein verrückter Schlächter. Und auch die Rotgardisten benehmen sich leider wie Schweine vor dem Herrn. Plündern, Vergewaltigen, schießen auf Kinder oder überlassen sie den Ungetümen. Es ist nicht wirklich ein likeable Character dabei, womit nur eine Spannung entseht: das Warten auf den nächsten schmerzhaften Tod eines dieser Drecksäcke. Gegen die Vorstellung eines Films ohne gutmütige Figuren, ist nichts auszusetzen. Hier aber geht es nur um Schweine, die zur kreativ zusammengebauten Schlachtbank geführt werden. Handwerklich wow, inhaltlich mau. "Frankenstein's Army" ist ein durchaus fies blutiges Vergnügen, bei dem aber die Monster weit aus mehr Freude bereiten, als alles andere. Neu ist das alles nicht, aber dafür sieht es verdammt gut aus.

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                                                  • 6 .5

                                                    Ist die Spinne nur schweinegroß oder hat sie einen fetten Hintern? Ja, sie ist riesig und wächst zielstrebig auf die Godzilla-Größenklasse heran. L.A. ist jedenfalls am Arsch, denn der Arachnid frisst gleich in Massen Bikini-Babes, Penner und Streitkräfte. Bescherrt Versicherungen ihren schlimmsten Sachschaden-Nightmare und gönnt sich selbst Kampf-Helikopter als Snack für zwischendurch. Da braucht es einen echten Helden, der das achtbeinige Ungetüm stoppt, die Stadt rettet und am Ende sein Mädchen küssen darf. Wenn er denn endlich bei einem landet.

                                                    Yo, "Big Ass Spider" ist Trash, aber richtig guter. Der nicht so ganz teuer produzierte Film ist sich seiner Grenzen sehr wohl bewusst und lebt die Unsinnigkeit, gerade deswegen, vollends aus. Nur, im Gegensatz zu den großen "Trash"-Fabrikanten von The Asylum oder dem SyFy Channel, ist dieser Trash nicht in allen Belangen zum Wegrennen. Wirkt nicht so, als wären mimisch überforderte Schauspieler-Möchtegerns ein Wochenende lang an zwei, drei Kulissen zusammengesperrt gewesen. Die Spinne ist nicht eine lachhaft schlechte Ansammlung hässlicher Pixelgebilde.

                                                    So haarsträubend die Geschichte auch sein mag, "Big Ass Spider" erzählt sie mit schön augenzwinkernd. Und ist einer der wenigen Filme, die sämtliche Erwartungen an den TELE-5-Sendeplatz erfüllen, aber nach Hollywood ausehen. Nicht nach Hinterhof-Kino. Zudem wartet die Spinnenhatz mit einem echt sympathischen Protagonisten auf. Greg Grunberg (tummelte sich "Heroes"-Universum) gibt den tapferen Kammerjäger Alex, der bei Frauen kein Glück hat, sich dafür mit Ungeziefer jeder Art auskennt. Als Loser den Tag starten, dann die Welt vor dem schlimmsten Spinnen-Unheil bewahren. Was für ein Karrieresprung.

                                                    Selbst beim mageren Budget und Effekten, die sichtbar unterm Standard von Riesenrobotern und Alien-Invasionen liegen, platzt "Big Ass Spider" vor Spieltrieb. Humor ist angesichts einer solchen Idee auch elementar. Zum Glück haben die Darsteller, die Monstermacher und Regisseur Mike Mendez (hat "Killers" oder "The Convent" gedreht) genug Talent, um diesen kleinen Film monstermäßig groß wirken zu lassen. Aus der Schutthalde des gehirn-abtötenden Trash, der einfach nur als Körperverletzung dient, entsteigt auch mal ansehnliches.

                                                    Ich jedenfalls freue mich schon jetzt auf die vermeintliche Fortsetzung "Bad Ass Cockroach!!!"

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