mikkean - Kommentare
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Alle Kommentare von mikkean
Wehe, wenn Rob Zombie loesgelassen. Spürbar befreit von den Restriktionen und kommerziellen Erwartungshaltungen der Studiobosse, lässt Zombie die Sau endlich die Sau raus und überrascht auf der ganzen Linie. "The Lords Of Salem" ist kein Streifen über massenmordende Psychopathen, kein irres Flickwerk aus unzähligen Referenzen und Genreversatzstücken, wie es noch die "Abenteuer" um Captain Spaulding und seine Sippe waren.
"The Lords Of Salem" ist gewaltig. Ein schauderhafter Bilderreigen. Der Film wirkt ungefähr so, als hätten Zombie, Hieronymus Busch und der Set-Designer von "Shining" sich gedacht, ihre Visionen zum ersten Album von "Black Sabbath" auf Zelluloid zu bannen.
Es geht um Hexen, klar, spielt ja in Salem. Echte Teufelsmusik, den langen Arm der dunklen Mächte, die nach und nach von einem Besitz ergreifen. Genauer gesagt von einer, denn Sheri Moon Zombie verkörpert Radio-DJane Heidi. Deren Blutlinie steht in ganz besonderer Verbindung zu den Hexenprozessen von Salem. Und eine mysteriöse Schallplatte öffnet den vermeintlichen toten Satansjüngerinnen von damals, bald die Tür zur Gegenwart.
Erklären kann man das Geschehen nicht sofort. Ich meine, "The Lords Of Salem" muss mehrmals gesehen werden. Denn Rob Zombie holt mächtig aus. Das Tempo ist gnadenlos runtergeschraubt. Das Grauen schleicht sich langsam heran oder zeigt sich nach und nach in vollen Zügen. Und wenn es da ist, sehen wir komisch vernarbte Kirchenleute, große und kleine Chimären und Alptraumkreaturen, Kruzifixe, Flammen und Ziegen. Klingt wirr, so wirkt es zuerst auch. Aber es handelt sich nicht um eine Parodie oder den missglückten studentischen Versuch, mit Symbolik zu hantieren.
Zombie versteht es auch diese Mal, mit Hommage und Zitat umzugehen. Das fängt bei der Inneneinrichtung an, geht über, die natürlich fette, Auswahl gespielter Musiktitel und findet seine Fortführung im Casting. Hier tummeln sich Ken "Dawn Of The Dead" Foree, Dee Wallace und Meg Foster, nach so langer Zeit gar nicht wiedererkannt, sowie einige andere, teilweise auch unter Maske. Komisch wirkt nur, dass einige Figuren deutlich unterfordert sind. Bruce Davison spielt einen Autor, der den vermeintlich wiederkehrenden Hexenmächten auf die Schliche kommt, aber letztlich nur entsorgt wird. Jedoch, nach einiger Überlegung kam mir der Gedanke, dass es doch passt. Denn "The Lords Of Salem" ist ein matriarchialischer Horror, der ernsthafte Versuch, dem Hexenfilm neues Leben einzuhauchen. Männer sind hier eh fehl am Platz.
Generell passt die ein oder andere inhaltliche Verwunderung meinerseits. So merkwürdig das klingt, ich mochte es, etwas eigenartiges präsentiert zu bekommen und nicht sofort schlau daraus zu werden. Wahrscheinlich wäre der Film auch weit weniger ausdrucksstark, wenn er sofort klären würde, ob Heidi nun als Menschenopfer, satanischer Brutkasten oder Dunkle-Messias-Wiedergeburt enden soll.
Auf diese Weise kann "The Lords Of Salem" viel eher begeistern. Das hier ist nämlich eine moderne Form des Gothic Horror, nur in teilweise gleißenden Farben, strahlendem, kunstvollen Interieur. Rob Zombie erschafft eine unheilige Dreifaltigkeit aus starken, symbolhaften Bildern (und Gestalten), dämonischem Sound und Okkult-Geschichte. Normalerweise missbrauche ich den Begriff Mindfuck für schnelle Schnitte, rauschhafte Farb-Spektren. Dieser Film ist auch einer, nur eben mit entgegengesetzt langsamen Tempo. Wer seine Augen also gern überquellen lässt und seinem Verstand teuflisches Gedankenfutter verabreichen will, sollte sich Zombie's Hexenwerk einverleiben.
"Willkommen im tiefsten Hinterland. Hier haben wir dem nutzlosen Gott hinter dem Kruzifix abgeschworen. Hier glauben wir an das, was wir auch sehen und erleben können. Wir sehen das locker mit dem hochzeitsfähigen Alter und Verwandschaftsgraden. Und schenken die Schlammgrube, die uns Gesundheit und Wohlbefinden spendet, hier und da das Opfer, das sie erwählt."
Eine Grube, der es nach Menschenblut dürstet, alter Schwede. Willkommen zu "Jug Face", einer Horrorshow der ganz besonderen Art. Die Hinterwäldler in diesem Film sind zum Teil wirklich das letzte. Gut, dass die in ihrem eigenen Biotop hocken. Grausig, dass sie einer Grube die ihren opfern. Aber für die kranke, wie faszinierende Grundidee gibt es gleich zu Beginn eine simple und erhellende Begründung. Und seid gewarnt, die Grube ist nicht nur irgendein Symbol, sie besitzt tatsächlich ein, definitiv nicht-blobartiges, Eigenleben. So fungiert der Töpfermeister der Gemeinschaft als Medium. Wann immer die Grube ruft, fertigt dieser einen Krug mit dem Antlitz des oder der Erwählten. Nun verlangt das unheimliche Loch im Boden das Leben der jungen Ada. Die aber hat seit neuestem einen Grund, weiterzuleben und will die Kommune am liebsten verlassen.
Eines vorweg: "Jug Face" wird und muss jeden Splatterfan enttäuschen. Hier geht es bedrohlich gemächlich zu. Wird die beängstigende Atmosphäre der Gemeinschaft am Arsch der Welt nur selten von blutigen Details durchbrochen. Aber, es gibt sie, diejenigen, welche sich die Grube holt und wortwörtlich ausweidet.
Vorrangig konzentriert sich Regisseur und Autor Chad Crawford Kinkle jedoch auf seine Hauptfigur, deren Darstellerin Lauren Ashley Carter schon in "The Woman" beeindruckte, und deren Versuch, dem Schicksal zu entfliehen. Ah ja, "Jug Face" ist natürlich so eine Art Parabel. Ob auf das Konzept der Religion insgesamt oder auf den Zwang, den Glaubensgemeinschaften wie Sekten auf den Nachwuchs ausüben. Als letzteres begreife ich den Film jedenfalls.
Die Hinterwäldler entziehen sich, ähnlich den Amish, der modernen Welt. Hausen in verrotteten Trailern und schäbigen Hütten. Der Druck auf die Protagonistin Ada wird nicht zuletzt von der eigenen Mutter verkörpert. Die gibt Sean Young, erschreckend, nicht nur weil alt, sondern richtig ätzend mies. Ich habe mir förmlich gewünscht, dass die Grube auch sie endlich holt.
Sicherlich ist an "Jug Face" nicht alles perfekt. Der Film wattet knietief im Morast, und man könnte sich schon fragen, ob diese Gestalten jetzt etwas zu aufgesetzt wirken. Etwas zu doll auf unverständliches Akzent-Gebrabbel machen. Ob der Einschub mit den Geistern nun der Wirkung des Films zugutekommt oder doch etwas ablenkt. Sogar die Auflösung wird sicherlich spalten. Aber eines ist sicher, wer sich auf hierauf einlässt, an dem fliegt "Jug Face" nicht gleichgültig und unbemerkt vorbei.
RIP, Mr. Post.
Ein böser Wolf geht um. Er schnappt sich kleine süße Mädchen und spuckt sie grauenhaft verstümmelt wieder aus. Ein Wolf mit Dienstmarke denkt, er hat die Bestie gefangen. Aber die Beweise reichen nicht aus. Aber es gibt noch einen dritten Wolf, dessen Töchterlein unter den Opfern ist. Diesem Wolf ist es egal, ob er sich ans Gesetz hält, um den bösen Wolf zu überführen. Ein Kellergewölbe, Fesseln und erlesenes Folterwerkzeug sollen dem bösen Wolf den Zunge lockern. Lasset die Spiele also beginnen, und wie!
"Big Bad Wolves" ist ein perfides, abgründiges Werk. Perfekter Nervenkitzel mit pechschwarzem Humor, passend für seine finsteren oder wenigstens zwielichtigen Figuren. Die Marschrichtung scheint dabei schnell klar. Es wird gefoltert, was das Zeug hält. Der böse Wolf ist ein perverses Dreckschwein, dass es nicht anders verdient. Bei einem Monstrum ist ja schließlich jedes Mittel recht. Doch Obacht, beim zweiten isrealischen Horrorfilm des Regie-Duos Aharon Keshales und Navot Papushado ist das alte Wilhelm-Busch-Sprichwort "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt" angebracht. Vielleicht noch ein anderes besser angebracht: "Stets findet Überraschung statt, wo man sie nicht erwartet hat" Schließlich lauert der Horror hier unter der Oberfläche. Versteckt sich hinter der äußeren Erscheinung der Figuren. Unvorstellbar brutales Vorgehen ist nicht dem vermeintlich bösen Wolf vorbehalten.
Noch schöner, die Macher sorgen dafür, dass nicht Aderlass und Körperdeformierung im Vordergrund stehen. Die Gewalt wird immer wieder von bizarren, aber auch wirklich komischen Einschüben unterbrochen, verzögert und entkräftigt. Man fühlt sich schon den eigensinnigen Witz der Coen-Brüder erinnert. Es gelingt dem Duo Keshales/Papushado nämlich ähnlich gut, das Geschehen aufzulockern, aber nicht vom eigentlichen Sinn abzulenken. Das ist nämlich trotz allem, ernst und morbide. Packend und schockierend. Selbst wenn die Macher nicht, wie nach eigener Aussage, keinen Film vorlegen, der "alles" zeigt, was möglich ist.
Body Count und ausgiebige Sezier-Szenen sind halt nicht alles. Dies bekräftigt "Big Bad Wolves" allemal eindrucksvoll. Mit einem genial bösen Plot, einer grandiosen Kamera, hervorragenden darstellerischen Leistungen, stimmigen Details wie der wahnsinnig guten Musik. Eine Empfehlung, wie könnte die aussehen?
"Big Bad Wolves" zeigt, dass das beste zum Thema Folter-Kino eben nicht aus Hollywood kommen muss (und überhaupt moral- und sinnentleert zuschlägt). Dass eindringliche Revenge-Schocker, die sich an südkoreanischen Vorbildern orientieren, keine hohlen Klone sein müssen. Und dass es sie noch gibt, Thriller, die sich mit ihrem unterschwelligen Symbolgehalt, perfekter Handhabung und verdammt fieser Auflösung (eine der besten seit "Sieben") tief ins Mark, in den Verstand und die Eingeweide einschneiden und dort etwas länger haften bleiben. Filme, die sich wie der Wolf selbst auf leisen Sohlen anschleichen und dann Verbeißen. Auch deshalb, definitv eines der absoluten Highlights des diesjährigen Fantasy Filmfests und ein Glanzlicht im gesamten Kino-Output 2013.
Nee, toll ist das nicht. "Dinner Für Spinner" ist nicht das gute Remake zu einem französischen Film. Kein Gagfeuerwerk, das jeden Geschmack bedient. Aber wann ist das schon der Fall? Tatsächlich aber konnte ich an vielen, na ja, mehr Stellen als gedacht, Lachen. Das soll ja Geist und Muskeln entspannen. Weswegen ich meine, Steve Carell (der mir trotzdem in ernsteren Rollen mehr imponiert) und Paul Rudd als Gespann die Sache am Laufen halten. Und einige gute Nebenrollen wie David "Little Britain" Williams bringen die Sache ganz gut über die Zielgerade. Und die Mäuse sind sowieso ein Hingucker ;-)
Wie einst König Lear hockt zu Beginn ein greiser Machthaber auf dem Thron von Goldmoon: dem Bündnis der mächtigsten Triaden-Clans, das sich nach außen hin als Wirtschaftsunternehmen tarnt. Und wie bei König Lear sind es drei Anwärter, die sich danach sehen, diesen Platz einzunehmen, als der große Vorsitzende, nicht unfreiwillig, aus dem Leben scheidet. Doch nicht nur die Gangster vertiefen sich hier ins Ränkespiel und den schmutzigen Wettkampf ums Erbe. Auch die Polizei beobachtet das Treiben genau und verfolgt eine Agenda, um auf die Schaffung der "New World" Einfluss zu nehmen. Chief Kang ("Oldboy" Choi Min-sik) profitiert dabei von seinem Mann Ja-sung, der als Spitzel Goldmoon nicht bloß infiltriert hat, sondern zur rechten Hand des Anwärters Jung Chung aufgestiegen ist. Doch Ja-Sung wird das Wasser bald bis zum Hals stehen, wenn er nicht gar selbst im Meer endet. Sein "Chef" Jung Chung bekräftigt seinen Anspruch auf die Nachfolge nämlich durch ein rigoroses Aufräumen in den eigenen Reihen. Und lässt dafür sogar die Polizeirechner hacken.
So betrachtet, klingt "New World" nach einem ziemlichen straighten Thriller. Anfangs ging ich sogar selbst von einem ruppigen Kracher aus, in dem sich die Reihen der Cops und Thugs in freudigen Shootouts und Hinterhälten lichten. Diese Vorstellung wurde so auch nicht enttäuscht, doch "New World" ist mehr als ein schießfreudiger Gangsterfilm. Es handelt sich hier um ein über zweistündiges Crime Drama, in dem viel geredet wird. Nicht langweiliges, belangloses Zeugs, dass diese lästigen Drehbuchseiten füllen musste. Nein, es wird vieles vorbereitet, als Zuschauer darf man ausgewählten Momenten der Urheberschaft beiwohnen. Die teilweise spärlichen Augenblicke der Gewalt sind Highlights, stehen aber nicht im Fokus der Veranstaltung. So mausert sich "New World" zur anderen Seite von "Infernal Affairs"/dem Hollywood-Bruder "Departed", wo ausgerechnet der Doppelagent aus der Unterwelt den Verheißungen eines Leben als Cop nacheiferte. In diesem Film nämlich ist der Spitzel Ja-sung sich irgendwann nicht mehr sicher, ob er die Schizophrenie seiner Identität aufrecht erhalten kann oder doch die Seiten wechseln sollte. Spätestens da offenbaren sich die wahren Qualitäten des Films, der letztlich ein interessantes Werk über den Sturz des einen und dem blutigen Aufstieg des anderen Königs darstellt. Also bloß kein hirnloses Gemetzel erwarten. Für Freunde der langsamen, nicht langatmigen Art etwas zum Vormerken.
An dieser Stelle sehe ich mich dazu genötigt, eine Lanze für den Regisseur Vincenzo Natali zu brechen. Er kann machen, was er will. Keiner seiner Filme hat mich bisher enttäuscht. Sein Ouevre ist noch relativ überschaubar, aber strotz vor inhaltlichem wie optischem Einfallsreichtum, Stoffen, die einen noch lange nach dem Ansehen beschäftigen können. Einem ganz besonderen Händchen für Stimmung, Charakterzeichnung und im Grunde genommen allem, was es für einen ansprechenden wie innovativen Genrefilm bedarf. All diese Qualitäten machen auch den Geisterfilm "Haunter" so bemerkenswert. Und das schönste daran: Natali wiederholt sich auch hier nicht. Mit einem fast völlig neuen Blickwinkel gewinnt "Haunter" der festgefahrenen Vorstellung von unsichtbarem Spuk, verfluchten Häusern und der Heimsuchung der Lebenden durch die Toten ungeahnte Seiten ab. Theoretisch würde meine Empfehlung an dieser Stelle schon ein verdientes Ende finden. Wer sich nicht allzu viel vom Vergnügen nehmen lassen will, hört am besten JETZT AUF.
Allen anderen werde ich nicht viel spoilern. Doch möchte ich sagen: "Haunter" ist genial geschrieben. Teenie Lisa steckt im wahrsten Sinne im alltäglichen Trott fest. Mit jedem Weckerklingeln erwacht sie am immer selben Tag, durchlebt die selben drögen Standpauken, die selben Spiele, isst die gleichen Mahlzeiten. Ja, Überraschung, Lisa ist schon lange tot. Das wird wohl auch die Erklärung fürs schlechte Wetter sein, welche das Haus umschließt und die Telefonverbindung lahmlegt. Wer nun glaubt, ich hätte das Ende verraten, seid beruhigt. "Haunter" ist klug genug, diesen "The Sixth Sense", "The Others" entliehenen Twist in den ersten zehn, fünfzehn Minuten klarzustellen. Bei diesem Film nämlich, endet die wahre Handlung nicht dem Tod, sie beginnt erst. Denn Geister müssen nicht unbedingt in der eigenen Sphäre verharren. Was aber nicht bedeuten oder andeuten soll, in "Haunter" würde nun ein Geister auf Spuktour gehen. Der Titel, wie der fein ersonnene Symbolgehalt insgesamt, ist doppelbödig, vielschichtig und hält einige wahnsinnig gute Wendungen bereit. Für einen "Geisterfilm" hat Natali ein großartiges Paket zusammengestellt. Schocks resultieren schon mal gar nicht aus Objekten, die sich verselbstständigen oder dem Dauergeflacker von Lichtquellen, obwohl, solch klassische Scary Moments haben auch hier in Platz gefunden.
In "Haunter" können auch Geister andere Geister heimsuchen, ist der Weg ins Licht nicht verkitschtes Obligatorium. Hier kämpft eine verstorbene Seele nicht nur um ihre eigene Erlösung. Die Story entspinnt sich langsam, aber wirkungsvoll. Und wie beinahe jeder Aspekt an diesem Film, kann man die Handlung nur als gelungen bezeichnen. Weil bekannte Genre-Pfade überschritten und mal aus ganz neuen Blickwinkeln beleuchtet wurden. Ganz bestimmt auch, weil "Little Miss Sunshine" Abigail Breslin als Hauptfigur besonders glänzt und dem Zuschauer ins Geschehen reinzieht und für echte Anteilnahme hervorruft. Und weil es für jedes Rotkäppchen einen bösen Wolf braucht, die Besetzung in dieser Frage ist nicht weniger genial gewählt. Okay, genug gesagt, genug verraten. Oder auch grade genug. Wer in Sachen Spukfilmen immer noch im "Amityville"-Zietalter verhaftet ist, sollte unbedingt den Sprung wagen und mit "Haunter" die ein oder andere bisher ungesehene Facette entdecken. Das nämlich, ist bei Vincenzo Natali jedes Mal der Fall. Egal, ob er nun in Sci-Fi oder Horror macht.
Okay, wir müssen uns doch nicht bei den Vampiren auf immer und ewig entschuldigen. Für jeden verkorksten Langzahn gibt es auch mal so einen "Wir Sind Die Nacht": sexy, laut und kratzig, schön unsterblich und bei aller Liebe, EIN ANSEHNLICHER DEUTSCHER FILM. Das ansehnlich betrifft übrigens die Optik, Umsetzung und sogar den ein oder anderen trefflichen Gag (For Whom The Bell Tolls im Schwimmbad). Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass "Wir Sind Die Nacht" neben "Hell" zu den wirklich gelungenen deutschen Genre-Beiträgen gehört. Es werden inhaltlich keine ganz neuen Akzenten gesetzt, aber was da passiert, sieht gut aus, besitzt Flair und mal ehrlich, niemand hätte gedacht, dass uns im eigenen Land ein solcher Vorstoß gelingen würde. Da darf ruhig genörgelt. Bitte, macht ruhig. Klar, die Thematik wurde in "Begierde" oder "Interview Mit Einem Vampir" tiefergehend behandelt, die Geschichte ist vorhersehbar, nicht nur für Fasionados. Aber die Richtung, Look und Feel cool und stimmig. Wer hat denn gesagt, dass es allein Til Schweiger vorbehalten sei, optisch auf den Putz zu hauen und dem deutschen Film, mal ganz konträr zum Vampirmotto, Leben einzuflößen?
Positiv: Bradley Cooper kann als Leading Man doch mehr, gewitzte Dialogzeilen, einige hervorragende Rauschszenen mit doller Optik, teilweise gute Story-Ideen und über allem die wirklich gute Ausgangsidee einer Droge, die das Leben auf den Kopf stellt
Negativ: das Skript ist leider nur teilweise wirklich fesselnd, Robert De Niro's Part hätte man sich klemmen können, so unterfordert ist der, so flirrend und losgelöst das hier von statten geht, ein paar Lücken gibt es doch
Unterm Strich: Mehr als bloß okay, reißt aber auch nicht ganz vom Hocker. Ich glaub, in Sachen Drogenexzess bleibe ich lieber bei "Enter The Void" und Co.
Interessant, relevant und doch verkannt. "The Adjustment Bureau" ist einer dieser Fälle, bei denen mir damals, vor Kinostart, ein Trailer etwas aufgeregtes, bedrohliches suggerierte. Einen Film, in dem Matt Damon und Emily Blunt sich abhetzen würden, ständig auf der Flucht vor den allmächtigen, allwissenden Herren im Trenchcoat. Gestalten im Sinne der grauen Herren aus Michael Ende's "Momo", nur dass diese hier etwas mehr Geschmack in Sachen Kleidung besitzen. Aber spulen wir doch gleich zur Pointe vor: Meine Vorstellung vom Film erwies sich nach dem letztendlichen Sichten als völlig an der Realität vorbei. Damon und Blunt rennen verhältnismäßig wenig, es fließt kein Blut. Viele Türen werden geöffnet, keine Gebäude zerbersten - ja, "The Adjustment Bureau" ist doch tatsächlich ein eher entspanntes Erlebnis. Ein romantischer Film, mit der liebevollen Vorstellung, dass es sich lohnt, für die Freiheit des eigenen Schicksals zu kämpfen. Dass unsere Wege nicht vorgezeichnet werden müssen und sollten. So betrachtet nichts besonders, aber doch faszinierend. Immerhin musste ich beim Namen Philip K. Dick, dessen Vorlage hier wohl großzügig umgestaltet wurde, irgendwie immer an Replikanten und "Minoritäten-Reportagen" ;-) denken. Nee, es ist am Ende nicht so hektisch, spannend, tiefgründig, nicht philosophisch, zum Mitdenken anregend - aber: eben auch kein Mist. Nicht blöd und selbst als Romanze mit außerordentlich einfallsreichen Widerständen versehen, welche das glückliche Paar vom Zusammensein abhalten. Habe ich es also bereut, in dieses Büro vorbeigeschaut zu haben? Nein, eigentlich nicht.
Zum Glück gibt es Vampire in Wirklichkeit nicht. Sonst müssten wir uns bei ihnen für filmische Ausschlags-Erscheinungen wie "Priest" noch entschuldigen. Dafür, dass die Spezies des Blutsaugers abermals als allerschlimmste, ruchloseste und abgrundtief mieseste Kreatur herhalten muss, was den Vampiren ja schmeicheln dürfte. Echt Sorry sagen müssten wir aber wegen des hässlichen Aussehens, mit denen "Priest" aufwartet. Generell, nicht bloß auf die Fangzähne beschränkt. Die Vampire sehen aus wie "Resident Evil"-Monster-Entwürfe, die aus dem Schwarzen Loch des Papierkorbs gerettet wurden, leider. Aber damit fängt die Beschwerdeliste ja nur an. Nichts gegen das futuristische, heruntergekommene Pseudo-Western-Setting. Doch hier schreit alles nach dem missglückten Versuch einer "Bravestarr"-Real-Verfilmung. Teilweise sind die Kulissen, ob Nachbau oder getrickst, erstaunlich lahm. Da hilft es auch nichts, dass die Typen in Kutten und hässlichen Kreuzen im Gesicht einen auf Kung-Fu machen. Oder dass einer davon Paul Bettany ist, der ja wirklich Schauspieler ist und nicht irgendein Hampelmann. Genauso wenig beeindruckt es wenig, dass dieser Film in seinen besten Momenten nur den Cutscenes eines passablen Videogames gleicht. Dass es dieser Comic-Adaption an einer zwingenden Aura fehlt, die wirklich Interesse weckt. Tatsächlich ist der animierte Prolog noch das, was am meisten begeistert. Und vielleicht die bessere Richtung für die Umsetzung dieses Stoffes weist. Na egal, "Priest" ist was es ist. Eine insgesamt schrecklich schnarchige Veranstaltung, durch deren Versäumen einem garantiert keine lebensbereichernden Erfahrungen verwehrt blieben.
"We are no Māori Cannibals. We are Cannibals that happen to be Māori."
Hm, lecker. Eine deftige Kannibalen-Gangster-Komödie aus Neuseeland. Mit Hang zum Trash, Bad Taste, religiösem Wahn und echt romantischer lesbischer Liebe. Balls to to wall, von wegen. Balls on the table. Die dicksten Eier geben hier die schönste Speise ab. "Fresh Meat" bereitet dem Zuschauer anderthalb freudige Stunden. Es handelt sich nicht ganz um das derbste Happening. Nicht um die rabenschwarze Splatter-Comedy zum Thema. Aber widmen wir uns erst den Zutaten. Da haben wir:
- das vor Einfamilien-Häuschen strotzende Vorstadt-Idyll
- eine berühmte Fernsehköchin, ihr Akademiker-Gatte, der Cricket-Star-Sohnemann und das Töchterlein, das gerade aus dem Mädcheninternat kommt
- vier gut bis mäßig begabte Kriminelle, die auf der Flucht vor den Cops ein Versteck suchen
- ein grausiger, längst vergessener Kult, der zu kulinarischen Höchstleistungen animiert
Ja genau. Was hier nach einem vorhersehbaren Rezept klingt, wird bei "Fresh Meat" gut genug variiert und etwas gegen den Strich gebürstet, damit am Ende ein gut(?) verdauliches Menü voller (Wort-)Witz, roter Sauce und alternativem Fleischgenuss wird. Dabei brilliert vor allem Temuera Morrison, das Urgestein aus "Die Letzte Kriegerin" und Co. als Oberhaupt der scheinbar harmlosen Opferfamilie. Ah ja, natürlich auch das Töchterlein, das dem toughen, weiblichen Mitglied der Verbrecherriege sehr zugeneigt scheint ...
So ganz neu ist das selbstverständlich alles nicht. Auch nicht so bissig wie, sagen wir, "Eat The Rich", dafür aber umso ordentlicher gemacht. Lustvoll ausgelebt und es könnten sich sogar Zweifler an den Tisch bitten lassen. Denn dies ist keineswegs die vermeintlich bluttriefende Küchenschlacht. Es geht sogar etwas moderat im Kessel zu, aber die Gags sind hier eh das wichtigste. Also Schürzen an, Messer und Gabel in die Hand und sich das alles genüsslich zwischen den Zähnen zergehen lassen. Bon Appetit.
Ganz ehrlich, Ari Folman hat doch einen Knall. Der muss verrückt sein. Bürdet sich eine internationale Mammut-Produktion auf. Jettet von Land zu Land, um Stanislaw Lem zu verfilmen und bereichert nach "Waltz With Bashir" wiederum den Erwachsenen-Animationsfilm um ein echtes Highlight. Nein, ein Spektakel, eine Herausforderung. Dies ist nicht nur eines der Highlights des diesjährigen Fantasy Filmfests, sondern des gesamten Filmjahres. "The Congress" schnuppert in mehrfacher Hinsicht Hollywoodluft. Folman zieht es in die Traumfabrik, hin zu Robin Wright, die ja mal ein Penn im Nachnamen trug. Die echte Robin Wright spielt sich selbst, genauer gesagt, eine Version ihrer selbst. Eine gealterte Aktrice, deren Ruhm zunehmend verblasst ist. Und die ihre Persönlichkeit, ihr Aussehen und ihre Emotionen als "Sample" an das größte Filmstudio verkaufen soll. Schließlich ist das Kino der Zukunft vollkommen digitalisiert, jeder störende menschliche Faktor wird eliminiert. An dieser Stelle ist "The Congress" ein echtes Melodram und eine mehr als bissige Satire auf die Filmindustrie. Dieser absolut irrealen, aber auch schrecklich glaubhaften Vision des allzeit verfügbaren, künstlichen Stars, gewinnt Folman so sarkastische wie auch ergreifende Seiten ab. Es darf gelacht werden, mit der (noch echten) Robin Wright mitfühlen. Harvey Keitel als ihr Agent liefert übrigens eine seiner besten Alters-Leistungen ab. Dann die Verhandlungen mit dem Studioboss ... Abwarten, selbst schauen und bereithalten zum Abtauchen. Dieser erste Akt bietet nur den Auftakt zu einem animierten Spektakel, das ein für alle alle Mal jede Zunge strafen wird, auf der sich das Wörtchen Zeichentrick kringelt. Vor dem titelgebenden Kongress wird Miss Wright noch versuchen, den Rest existenzieller Würde zu bewahren. Wenn alle sich im durchgeknallten Nachfolger des Internets tummeln, die Avatare mehr als nur Bildchen sind. Sich ständig morphen und jegliche Haftung zur echten Welt verlieren.
Diesen Film nachzuerzählen wäre grundsätzlich möglich. Würde jedem angehenden Betrachter aber definitiv viel vom Erlebnis rauben. Denn "The Congress" ist Bildgewaltig, vielschichtig, symbolträchtig, genial konzipiert, tiefgründig ... Diese Liste ließe sich problemlos fortsetzen. Auch ohne 3D, dem Einsatz ständiger, halluzinogener Bild- und Ton-Bomben gelingt es Ari Folman einem das Gefühl zu geben, die Augäpfel rausgeschraubt, neujustiert und umgekehrt wieder in den Schädel eingesetzt zu bekommen. Womit wir technisch gesehen blind wären oder einfach nur aufs eigene Hirn glotzen zu müssen. Und das passt ganz gut, denn diese Reise hier geht ins Innere. Auch ins Äußere, denn statt nur einer Sci-Fi-Träumerei über das Leben von Morgen, sinniert dieser Film über eine Welt, in der die Sucht nach "Entertainment" allerschlimmste Züge annimmt. Ja wie drücke ich das nur aus? Es ist wie "The Matrix" ohne die blecherne Maschinen-versklaven-die-Menschheit-Story. Aber mit dieser Virtual-Reality-Sache. Es ist ein überbordendes, lebendig gewordenes Museum, eine Hall of Fame vieler (sämtlicher?) Pop-Ikonen der Geschichte. Das beginnt schon beim Animations-Design, das bei den klassischen Cartoons der goldenen Hollywood-Ära oder auch bei Ralph Bakshi abguckt/jenen huldigt. Da werden Träume nicht nur wahr, Menschen und Dinge verwandeln sich einfach in diese. Zu abstrakt? Macht nichts. Selbst wer als "Waltz"-Fan nun leichte Bedenken verspürt, der sei beruhigt. "The Congress" ist eine der Nachfolger gefeierter Filme, die sich fast radikal vom berühmten Kollegen unterscheiden. Die etwas vollkommen neues erzählen, ohne Stil über Inhalt, nein, das emotionale Wesen, zu stellen. Ari Folman ist ein ziemlich beispiellose Produktion gelungen. Groß was Machart und auch Star-Flair angeht. Faszinierend, traurig (ja, ich gebrauche dieses Adjektiv), pompös, abwechslungsreich, genial ist und Freude am Zitat hat. Sind da einige Schwächen zu verbuchen? Ach bitte, dies ist ein Mindfuck-Movie. Ohne visuelles Bombardement gelingt es diesem Werk, einem Dinge, Bilder, Szenen und was auch immer, vorzuführen, die man sich so vorher nicht vorgestellt hätte. Da wirst du wieder zum Kind und "lernst" das Sehen und Begreifen wiedermal von Neuem. Allein das und der wichtige Zusatz, dass es hier auch um inhaltliche und emotionale Substanz geht, lässt "The Congress" zu etwas wahrhaft besonderen werden. Nicht nur für dieses Jahr.
Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen zur dieser obskuren Fernseh-Veranstaltung, die sich "Pro-Life" nennt. John Carpenter höchstpersönlich wird hier als Regisseur genannt und es stimmt schrecklich, die Behauptung zu wagen, er war wohl nur körperlich am Set. Denn diese Ausgeburt der "Masters Of Horror"-Reihe erinnert nicht mal im entferntesten an die Qualität und das geschulte Auge, mit der Carpenter vor nicht ganz zwei Jahrzehnten noch Angst und Schrecken inszenierte. Wie er mit Nerven- aber auch Hirnnahrung verbinden konnte. Ja, insgesamt einfach besser sein Handwerk pflegte. Aber seien wir mal ganz ehrlich: Die Geschichte von der jungen Angelique, die über Nacht schwanger wird, von ihrem religiösen Fanatiker-Dad, den "Hellboy" Ron Perlman spielt, in die Abtreibungsklinik gejagt wird, wer nimmt so was schon ernst? Wer erwartet denn, dass das hier als Einstünder im TV-Rahmen eine ordentliche Schauer-Stimmung, glaubhaftes Schauspiel oder grässlich schöne Gore-Bilder bereithalten würde. Come on, wir reden hier von der Glotze. John Carpenter, der wird sich gedacht haben: "Ich mach das einfach, Scheiß drauf." Denn eigentlich könnte "Pro-Life" irre witzig sein, am Ende platzt der wenig göttliche Vater des Ungeborenen aus den Tiefen der Erde. Krabbelt ein Monster-Baby mit Spinnenbeinen die Wände hoch und versprüht mal glitschig fiesen Überraschungssaft. Problematisch ist nur, dass "Pro-Life" sich zu ernst nimmt und den Konventionen der Fernseh-Moral abmüht. Wenn es hier nicht um Ausstrahlungs-Vorgaben und Altersfreigabe gegangen wäre, dann hätte hieraus ein herrlich fieses, abgrundtief schwarzes Horror-Fest werden können. Denn merke: die Abtreibungsthematik ist ja auch immer irgendwie aktuell. Wird das Markenzeichen John Carpenter nun von diesem wenig beeindruckenden Fernseh-Spiel beschädigt werden? Wohl nicht, denn seine Klassiker zählen noch immer zum Maß aller Dinge in ihrem Bereich. Und würde hier nicht der Name Carpenter prangen, es würde eh niemand Notiz davon nehmen. Immerhin, trotz all seiner Mängel machte mir das hier mal wieder Lust auf Carpenter's vergessene "Geschichten Aus Der Gruft"-Hommage "Body Bags". Da stimmten Spirit und Handhabung. "Pro-Life" hingegen ist nett, aber bleibt zu sehr unter den Möglichkeiten. Aber bitte, war doch nur fürs Fernsehen.
Am Anfang rauschen uns der Name der Band und der Titel des Films im Comic-Stil entgegen: "AC/DC - Let There Be Rock" sieht da noch nach ein wenig nach dem späteren "Formel Eins"-Vorspann aus. Doch bald schon steht die australische Rockband auf der Pariser Bühne und überzieht das Publikum (auf das vor dem Fernseher) mit ihrer Vision echter Rockmusik. Mit Leichtigkeit schreiten AC/DC durch ihr Set, zelebriert Angus Young seinen Striptease und seine damals schon vollendeten Solo-Einlagen. "T.N.T", "Shot Down In Flames", "The Jack", "Whole Lotta Rosie" und klaro, "Highway To Hell", dies ist schon ein Best-Of der glorreichen Bon-Scott-Tage der Band. Zwei Monate nach den Dreharbeiten erreichte Scott übrigens früher als geplant das Ende des Highways. Wodurch die etwas bemühten, lockeren Interview- und Spielszenen im Film doch noch zur echten Rarität machen. Wenn die Band Roter Baron spielt, auf dem Eis rumtänzelt, über den Dritten Weltkrieg spricht oder Angus sein zeichnerisches Talent zeigt, dann ist das ganz und gar nicht von elementarer Bedeutung. Es macht viel eher deutlich, dass die Macher wohl selbst nicht wussten, ob ein reiner Konzertfilm die Leute interessieren dürfte. Im Gegenteil, wenn es bei "Let There Be Rock" nur um die Band auf der Bühne geht, dann ist das Balls To The Wall, In Your Face und über 100 Prozent Rock wie er sein sollte. Dazwischen schleichen sich leichte, etwas überflüssige Momente ein, die aber dennoch von historischer Bedeutung sind und irgendwie zeigen, dass es sich hier um wahrhaftig Große in ihrer Sportart handelt. Und wenn es nur das Kampftrinken ist/war.
Das Liebesdreieck zwischen Carey Mulligan, Keira Knightley und Andrew Garfield an sich ist vielleicht oberflächlich das, worum es bei "Alles, Was Wir Geben Mussten" geht. So ein komischer, kleiner Film. Alles irgendwie ruhig erzählt, nichts aufregendes bei dieser Geschichte um Internatsschüler, die in einem alternativen, aber umso beängstigenderen England einem kurzen Leben entgegenblicken. Dahinter steckt in diesem Drama aber etwas viel heftigeres: die Vision einer weit fortgeschrittenen Medizin, die fast alle Krankheiten heilen kann, aber dafür umso entmenschlichter erscheint. Das befeuert elementare Ängste und weckt die mehr als reizvolle, nein fundamentale Frage, wie weit das mal in unserer Wirklichkeit gehen wird. Sofern das Klonen eines Tages den hier gezeigten Stand erreichen wird. Für die sehr gesetzte Erzählweise, die nicht ganz vertieften Figuren reicht es vielleicht zu einem "Ganz Gut", für die inhaltliche Note, die schreckliche Thematik - die übrigens nicht weit vom Prädikat Horror entfernt ist, lege ich gern eine Schippe drauf.
Wenn der Prince Of Fucking Darkness am Ende ganz allein in der Umkleide betet, dann ist das beides: gestellt und doch erstaunlich glaubwürdig. Denn Ozzy Osbourne hat allen Grund, dankbar zu sein. Dafür, immer noch am Leben zu sein. Dass seine Kinder aus erster und zweiter Ehe immer noch mit ihm sprechen. Dass seine Frau Sharon ihn nicht in den Knast oder in die Anstalt abschob. Oder einfach nur dafür, dass Ozzy heute immer noch auf den Bühnen der Welt steht und "Crazy Train", "No More Tears" oder "Paranoid" vortragen kann. Neuerdings wieder mit seiner fast kompletten Ur-Band Black Sabbath. Yes, Ozzy is Ozzy, die anderen sind nur wimmernde Pussys. "God Bless Ozzy Osbourne" ist das natürlich längst überfällige filmische Denkmal eines der echten Rock'n'Roll"-Unikate/Urgesteine überhaupt. Authentisch ist dafür eigentlich das falsche Wort. Für den Mann, der hackedicht einer Taube und unbeabsichtigt, einer Fledermaus den Kopf abbiss. Der high Frauenklamotten stahl, sich Ameisen wie Koks die Nase hochzog und aus der eigenen Urinpfütze schlemmte. Come on, Ozzy Osbourne war wilder als alle anderen. Und beinahe hätte er auch seine Sharon ins Nirvana verfrachtet. Selbst wenn so manches Album nicht den musikalischen Standard erfüllte, wenn man von Ozzy spricht, dann meint man Naturgewalt. Umso überraschender, nun, nicht ganz, dass DIESEM Mann eine sanfte Seele innewohnt. Selbst mit den größten Gedächtnislücken (beim Geburtsdatum seiner Kinder), dem sichtbaren Tatterich oder der jaulenden Soundcheck-Stimme: zu Sehen, wie Ozzy sein nicht immer einfaches Leben meistert(e) und wie ehrlich er mit sich in Gericht geht, ist schon erstaunlich, locker und begeistert. Eine Darstellung der eigenen Seelenpein ist zwar nicht gerade selten in diesem Format. Bezieht sich hier aber mal auf einen Künstler, der unter mehr als nur den Anforderungen des Starruhms litt und künstlich wimmernd zu Zerbrechen drohte. Außerdem erstaunt die nüchterne wie auch teilweise beiläufige Klarheit, mit der das Auf und Ab von Ozzy Osbourne's Leben geschildert wird. Selbst als Nicht-Fan wird einen "God Bless Ozzy Osbourne" vereinnahmen, zum Lachen bringen und selbst mal zum Fremdschämen ermuntern. Auf jeden Fall aber, macht dieser Film die Peinlichkeit von MTV's "The Osbournes" vergessen. Gott sei Dank, Ozzy.
Ich finde es ja schön, dass Zack Snyder die Zeit findet, um zu entspannen. Dass er kein Sanatorium (zwangsweise) aufsuchen muss und sich von den nervlichen Strapazen seiner "300"- und "Watchmen"-Mammut-Adaptionen kurieren zu lassen. Snyder packt den ganzen Psychokram lieber seinen "Sucker Punch": einen filmgewordenen Mash-Up-Rausch, der den Zuschauer und seine hübschen Protagonistinnen durch eine bunt zusammengewürfelte und geklaute Welt hetzt. Logik, ein plausibler narrativer Rahmen, Mitgeh-Momente? Alles irgendwie da und doch wieder total egal. Schließlich bilden die heißen Schulmädchen-Kampfuniformen der toughen Girlfighter und die Tricktechnik, die sowieso beinahe alle Settings, Monstren und Action-Momente erschafft hat, für die Haupt-Schauwerte in Snyder's Filmwelt. "Sucker Punch" ist eigentlich kein Film, nicht ein Film, er ist gleich mehrere. Und es ist entweder eine nette Fingerübung dieses doch talentierten Regisseurs oder eine ziemliche Meisterleistung, all die Versatzstücke und Inspirationsquellen unter einem Schriftzug zu vereinen. Je nach Sichtweise halt. Bleibt nur die Frage, ob es Sinn macht: a) den feuchten Traum aller Nerds und Pubertierenden im Kleine-Mädchen-Look gegen Riesen-Samurai, böse Buben und Nazi-Zombie-Monster oder Zombie-Nazi-Monster in die Schlacht ziehen zu lassen. Die Unschuldiges-aber-doch-bombiges-Mädchen wird ja seit geraumer Zeit vor allem im asiatischen Kino durchexerziert. Mir fallen da als Beispiel die "Azumi"-Filme ein, wo sich die junge Heldin im knappen Outfit wie ein kleiner Engel durchs Feindesheer metzelt. Neu ist die Idee also nicht, aber wenigstens auf ihre Art konsequent durchgeführt. Problematisch wird es bei "Sucker Punch" erst, wenn man sich den Glitter aus den Augen wischt und auf die Geschichte achtet. Oder aber, seine Ohren hinzu schaltet. Dann offenbart sich ein merkwürdiger Soundtrack. Klassiker von den Stooges, den Pixies, Jefferson Airplane oder auch das immer wieder gern aufgegriffene "Sweet Dreams". Allesamt Klassiker, unsterbliche Songs, aber nicht in der dargebotenen Form. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass großartige Musik in US-Serien (und so manchem) Film in grässlichen Cover-Versionen präsentiert wird. Bei "Sucker Punch" wird der wahnwitzige und leider ganz und gar unlustige Versuch unternommen, die ausgewählten Songs per Neu-Interpretation und Umarbeitung ins inhaltliche Korsett zu stecken. Sicher, die Pixies lassen sich zum einschläfernden Hintergrund-Gedudel mit langsamen Beat und einer weiblichen Stimme, die wie ein flackernder Fernseher über den Äther schickt. Sicher, das geht und wurde auch schon mit den Dead Kennedys und anderen probiert. Aber was genau ist der Sinn darin? Nur weil etwas geht, muss das Ergebnis nicht wahnsinnig gut oder überirdisch bedeutend ausfallen. In dieser Hinsicht könnte diese "Moulin Rouge"-Handhabung einiger der besten Nummern der letzten Dekaden Puristen (ja, dazu zähle ich mich bei manchem Titel) verschrecken und abturnen. Was wiederum ganz gut zum Gesamtbild von "Sucker Punch" passt. Alles drin und doch nicht wirklich was dabei. Manches Steampunk-Design, die Nazitruppen scheinen aus "Jin-Roh" und Konsorten entrissen, die Samurai-Hünen sehen aus, als seien sie aus einem Capcom-Game auf die Leinwand gesprungen. Selbst Scott Glenn, der hier wieder mal A-Klassen-Luft schnuppern darf, wirkt wie ein wenig wie eine David-Carradine-Kopie. Macht aber trotzdem alles nichts. Denn wer hat eigentlich behauptet, dass das hier großes Kino nach Oscar-Maßstäben sein soll. Die Effekte sicherlich. Beim Rest hat Zack Snyder wahrlich geklotzt und auch ein bisschen gekleckert. Aufs Zelluloid nämlich, die Lust, mit der er das alles schaltet und waltet, ist nämlich mehr als spürbar. Sogar die Damen, die er hier orchestriert und kommandiert, zeigen großes Engagement beim Verhauen, Demolieren und Pulverisieren. "Sucker Punch" fehlt es inhaltlich gewaltig an Substanz, sogar als Comic müsste hier aufgebessert werden. Aber als hübsche Luftnummer hält der Streifen aber zwei unterhaltsame Stunden bereit. Vielleicht auch das ein oder andere großartige Bild, nur brannten sich Leonidas und Rohrschach deutlich stärker in die Zuschauer-Herzen, als bloß mit einem Flash, einem Boom-Pow und einem großen Knall.
"American History X", "This Is England" und jetzt "Kriegerin"
Nicht ganz perfekt, sicher. Zu glatt, zu einfältig, zu schal? Mir egal. Das ist gutes deutsches Kino. Hat Biss, keinen Schiss vor dem Thema und macht Hoffnung auf den
Nachwuchs. Das macht jede geleckten Krisenherd von Landärzten und Alpenidyllen platt. Bitte mehr davon.
Sieht schick aus, edel aufbereitet, wenn auch etwas viel Lärm um Nichts. "Young Victoria" ist nicht langweilig, nicht öde. Emily Blunt als junge Königin, an der von allen Seiten gezerrt wird, erweist sich als größter Bonus. Auch wenn dies sicherlich kein Überflieger und Everybody's Darling ist, "Young Victoria" erscheint beruhigend altmodisch, nicht veraltet. Schreit in diesen turbulenten Zeiten nicht lautstark nach Anerkennung, sondern zeigt lieber, dass Geschichte(n) mit Menschen zu tun hat.
Oscar-Regen! Die Academy kann nicht irren! Eben doch. Bei der damaligen Verleihung schenkten die etwas rückwärts gewandten Abstimmenden ihre Sympathie lieber der Geschichte eines stotternden Royals als, beispielsweise, "Inception", "The Social Network", "The Kids Are All Right", "127 Hours", "True Grit", "Black Swan", "The Fighter", "Winter's Bone" oder "Toy Story 3". Aber warum in die Moderne schweifen, von der Zukunft mal abgesehen? Na egal, "The King's Speech" ist sicherlich einer jener Filme, die prächtig ausgestattet sind, sehr gut gemacht werden. Von schnörkelloser Musik, Bildsprache und was sonst noch getragen werden und genau damit die Herzen aller Jurys erobern. Vielleicht liegt es aber auch nur am massiven Hype und der Lobby-Politik, die Leute wie die Weinsteins so gern betreiben. Nee, "The King's Speech" jetzt einen wahrlich großen Film zu nennen, liegt mir fern. Vermutlich werde ich in zwei, drei Jahren sehr selten an ihn denken. Aber wenn, dann lasse ich mich von zwei Faktoren gerne in den Bann ziehen: Colin Firth und Geoffrey Rush. Diese Besetzungs-Combi kann mit keinem Gold der Welt aufgewogen werden. Kleiner Scherz, aber was für eine brillante Idee, diesen beiden exzellenten Mimen als Stotterer und Therapeut die besten Momente des Films zur Verfügung zu stellen. Geht natürlich nicht ohne gutes Skript. Wenn "The King's Speech" sich nicht der enormen Bürde des Throns oder dem bevorstehenden Krieg mit Nazi-Deutschland widmet (etwas über-pathetisch), dann ist es durchaus die bewundernswert geschilderte Geschichte zweier Männer, die ihre Freundschaft auf einem stotternden Fundament aufbauen. Firth hätte ich persönlich schon für "A Single Man" die Goldstatue in die Hand gedrückt, Geoffrey Rush erweist sich hier abermals als einer der ganz Großen. Verdammt, diese Szenen mit den zwei, das war das Ansehen schon wert. Timothy Spall als Churchill oder Guy Pearce als King Edward VIII tragen ebenso dazu bei. Im Grunde aber, hätten eine Collage der Szenen mit Colin Firth und Geoffrey Rush für mich allein gereicht. So ist "The King's Speech" nicht eines der besten Historiendramen der letzten Dekade, nein nein. Aber wenn der unsichere Prinz und sein Therapeut die Bühne betreten, wird es großartig. Deswegen: für den Film - meh, für die Sitzungen - wow.
Was, ein Doku-Film über Punk?
Über Leute, die Nervous Breakdowns haben und T.V. Partys zur Anarchy In The UK feiern?
Die, die mit Raw Power Another State Of Mind erreichen und Smells Like Teen Spirit an jede Wand kritzeln?
Die, die nur die Köpfe schütteln über solche, die nicht wissen, dass der Blitzkrieg Bop ohne Panzer geführt wird?
Die, die als Orgasm Addict eine New Rose der New Wave vorziehen, weil so etwas Banned In D.C. ist?
Über Typen, die bei Hardcore nicht nur an Porno denken?
Über jene, die als Geste des White Riot lieber Holiday In Cambodia auf einem Chinese Rock machen?
Die, die wissen wenn Babylon's Burning, dann There's No Future In England's Dreaming?
12 X U, Please Kill Me und Rip It Up. Ja bitte, war längst überfällig.
Don Letts' "Punk:Attitude" zeichnet die Ausmaße eines kulturellen Phänomens nach. Das vielleicht als Musikstil begann, aber längst zur Kunstform und Lebenseinstellung gereift ist.
Punk Is Dead? Mitnichten. Davon zeugen fast vier prall gefüllte Stunden Spielzeit. Ist auch für die geeignet, die nicht raffen, dass sich in diesem Text die ein oder andere Anspielung versteckt hält.
Und natürlich für alle, die denken, ich hätte die besten Punk-Nummern sträflich vernachlässigt. P-F-L-I-C-H-T-K-A-U-F.
Puuh, ich schüttele mir mal das letzte Frösteln ab und erinnere mich noch mit wohligen Schauern an die schicke Sneak Preview. Ich springe jetzt mal blindlings in kalte Wasser und behaupte, "The Conjuring" ist einer der besten Horrorfilme des Jahres. Und das nicht, weil er der beste, innovativste und bahnbrechendste Geister-Schocker seit langem ist. Nicht, weil er komplett neue Akzente setzt und etwas so noch nie gesehenes präsentiert ... Ja, aber warum dann eigentlich? Weil, ja weil James Wan sich nach "Insidious" erneut aufs Terrain des übernatürlichen Horrors begibt und sich keine Patzer erlaubt. Stilechtes Seventies-Ambiente, ein heruntergekommenes Haus als Haunted Mansion, modrige Keller, knarzende Türen und nicht eine schlechte Make-Up-Kreation. "The Conjuring" ist vielleicht nicht der einzige Film der letzten Jahre, der sich der Heimsuchung durch Poltergeister widmet, aber ganz klar, gehört er für mich zu den besten seiner Art. Denn im neuen, unheimlichen Heim der Großfamilie Perron werden nicht nur Türen zugeschlagen, Möbelstücke oder Gegenstände verrückt. Noch huschen massenhaft Gespensterlein durchs Bild. Die Schocks sind viel besser als das. Verdammt, sie besitzen ein starkes Set-Up und gerne habe ich mich dabei ertappt, auf den vermeintlichen Knüller zu warten, bis Bam!, mir von der anderen Seite etwas vor den Bug knallte. Aber nicht nur bei den Grusel-Einlagen erweist sich "The Conjuring" als James Wan's nächster Schritt der Evolution nach "Insidious". Die Geschichte - Familie zieht in altes Haus ein und wird von unsichtbarer Hand terrorisiert - klingt nicht neu. Doch der Part mit dem Ehepaar Ed and Lorraine Warren, die als Forscher im Bereich des Paranormalen zur Hilfe ein, ist es schon und macht die Sache erheblich interessanter. Ed und Lorraine werden nicht mit einem Wumms aus dem Hut gezaubert, sie und ihr Handwerk werden uns nach und nach näher gebracht. Dadurch wirken die Warrens im Gegensatz zu vielen ihrer Leinwand-Kollegen erstaunlich runder und lebensnah. Kein Wunder, denn die Warrens und die Perrons gibt und gab es wirklich. Wenngleich die Charakterzeichnung und Tiefenwirkung nicht ganz so dicht wie bei Genre-Klassikern wie "Der Exorzist", "Poltergeist" oder "Das Grauen" ausfällt. Eines erreicht "The Conjuring" mit Bravur, dass wir uns mit Figuren beschäftigen, die uns nicht gänzlich egal sind. So wie auch die Schock-Momente nicht beliebig aufgezogen werden. Die Nackenhaare stellen sich nach und nach auf, amüsieren mit kleinen Details, die ich mal als Zitate auf einige der besagten Klassiker erachte. Wenn es um Eigenständigkeit, ja, "The Conjuring" besitzt welche. Im Grunde ist es wahrscheinlich "nur" ein ganz guter Horrorfilm, was die Zutaten angeht. In der Umsetzung verstehen James Wan und sein Team jedoch, das Maximum aus der Sache herauszuholen. Mit teilweise starker Kameraarbeit, schön hämmernden Sounddesign und einer angemessen, nicht übertriebenen, Dosis modernster Tricktechnik, entfesselt sich hier eine knapp zweistündige Geisterstunde, wie sie so nur selten unterhalten kann. Selbst dann, wenn es etwas zu wild wird, wenn man denkt, jetzt geht es doch nur um komische Fratzen, die mit Puppen spielen - es kommt doch ein bisschen anders. Und bleibt angenehm altmodisch, den Wurzeln des häuslichen Spuk-Horrors verpflichtet und entzieht sich selbst der Bürde, heutigen Trends wie dem Found-Footage-Format nachzueifern. Auch wenn Kamera-Aufnahmen bei der Geisterjagd eine Rolle spielen, "The Conjuring" ist kein bemühter "Paranormal Activity"-Abklatsch, keine plumpe "Amityville"-Kopie und erst recht kein stümperhafter Horrorfilm. Wer sich erst im heimischen Umfeld davon überzeugen will, sollte dies am besten im abgedunkelten Raum machen. Handy aus, Fenster zuziehen, schön laut aufdrehen. Dann dürfte "The Conjuring" am besten wirken. Als gut gemachter Schocker, der das Rad vielleicht neu erfindet, aber seinem Genre alle Ehre macht. Gerade heute, wo Horror ziemlich verwässert oder immer noch gnadenlos tot geknüppelt wird von übertriebener Härte. Als Fest der Angst schwimmt "The Conjuring" angenehm gegen den Strom und zeigt wiedermal, dass Rückbesinnung nicht zwangsläufig Recycling bedeuten muss.
Wenn das wirklich wahr werden sollte, dann wird das episch, mächtig, "groovy" halt
Nennt mich verrückt, angeheitert, hilflos irregeleitet - "Hugo Cabret" hat mir gefallen. Nein, mehr als das. Für über zwei Stunden wurde ich nicht nur unterhalten. Ich wurde verzaubert, zum Staunen gebracht. War plötzlich wieder ein Kind. Selbst dann, wenn ich schon eine Ahnung davon hatte, wie der Zaubertrick funktioniert. Die Geschichte vom einsamen Jungen, der hinter den Uhrzeigern lebt und dem grantigen Spielwarenverkäufer, der früher Träume und Fantasie als Film-Magier beflügelte - ja, das ist geflunkert, rührselig aufgezogen und wie nach Fahrplan gestrickt. Vielleicht, nein, gerade deswegen aber erst recht: "Hugo Cabret" ist einfach nur magisch. Ein Rausch von Farben, Formen und natürlich Bildern. Martin Scorsese liefert in meinen Augen ein wahrhaftiges Werk eines Meisters ab. Hier fallen selbst die digitalen Kompositionen und Stadtpanoramen stimmig aus. Fügen sich hervorragend in die detailgetreuen Kulissen hinein. Liebe- und lustvoll verleihen die Darsteller ihren, meinetwegen schlichten, dafür aber über-sympathischen Figuren Leben. Wenn es je eine perfekte - perfekt wie superb aufgemacht und umgesetzte - Bühne gab, dann wohl nur diese. Dieser Film ist ein einziges Märchen, irgendwo fußt er im Realen, vermengt das Geschehen mit viel Erdachtem und trifft damit mitten ins Schwarze. Ich meine selbstverständlich unsere Herzen. Denn ganz gleich, wie viel ich mitdenken wollte, das Rationale unterliegt hier, auf ganz angenehme Weise, dem Emotionalen. Es gibt natürlich viele Filme übers Filmemachen, viele übers Kino, "Hugo Cabret" jedoch setzt diesem Medium ein bewundernswertes Denkmal. Lässt Legenden und Wahrheit aufeinandertreffen, Kunstfertigkeit und Kunstvielfältigkeit, das Gestern und das Heute eine echte Einheit bilden. Vergangenheit und Zukunft zusammenwirken, statt CGI und natürliche Aufnahmen zu einem Mischmasch zu verpanschen. So modern, up to date das als vermeintliches Spektakel auch erscheinen mag, es geht immer noch um die alten Tricks und Illusionen, das Fesseln des Publikums. Insofern erfüllt Scorsese mit diesem, wahrscheinlich seinem wärmsten, Beitrag zum Spätwerk, die grundsätzliche Absicht des Kinos und natürlich auch die des großen Georges Méliès. Jedenfalls des hier gezeigten Sinnbilds Méliès, dem hier mit voller Hingabe gedacht wird. Zu artifiziell? Zu seicht? Zu traumwandlerisch? "Hugo Cabret" ist mehr als ein überzuckerter Kinderfilm, mehr als nur Kamerakniffe, Drahtseile, Pappmaschee und 3D-Digital-Budenzauber. Besinnt sich aber auch darauf, dass es ohne diese Zutaten, keine Lichtspielhäuser, Varieté-Theater, Multiplex, Röhrenbildschirme, VHS-Kassetten, Flachbildfernseher und Scheiben-Datenträger, in dieser Form wohl nicht gegeben hätte. Wie auch immer, ich lasse mich nicht blenden, sondern begeistern. Weshalb ich Herrn Scorsese an dieser Stelle nicht nur zur vollen Punktzahl gratuliere, sondern ihm auch den Ehrentitel "Lieblingsfilm" verleihen möchte. Respekt.