mikkean - Kommentare

Alle Kommentare von mikkean

  • 4 .5

    Willkommen in der Grauzone des Horrors. Im Land der festgeklemmten Repeat-Taste, bei der es keine echten Farbtöne oder Kategorien wie gut und böse mehr gibt. Willkommen bei "Final Destination 5".

    Besser als der vierte Teil, aber immer noch schlechter als die davor. Was sollte eine solche Aussage noch nützen? Der Todes-Drops ist gelutscht. Dereinst, vor über zehn Jahren, war die Idee des unsichtbaren, entpersonifizierten Todes noch neu, gar revolutionär. Nach einer aufgewärmten Welle von weiteren Teenie-Slasher zum neuen Millennium, erschien die makabre und gut konstruierte Sterbewelle von Unglücks-Opfern wie eine Offenbarung.

    Mystery-Flair statt dumpfen Rätselratens, hinter welcher Ecke nun ein weiterer maskierter Killer lauern würde. "Final Destination" lebte davon, seinem Publikum selbst die ureigene Sicherheit eines Slasherfilms zu nehmen. Der Tod konnte in jedem Detail lauern und offenbarte sich dann oft in clever umgesetzten Kettenreaktionen. Aber wem erzähle ich das?
    Wer den Film kennt, wird ihn gerade wegen dieser Machart lieben. Ganz sicher auch, weil die besseren, ersten zwei Fortsetzungen die morbiden Späßchen mit den Todesarten noch vertieften. Das lief drei Filme lang richtig gut. Bis zum verhunzten vierten Teil.

    "Final Destination 4" geriet zum absoluten Tiefpunkt, in allen Belangen. Die Masche mit den Unfällen war ohne Esprit. Die Charaktere eine Gruppe von konturlosen Niemanden, passend steif verkörpert von Unbekannten. Es fühlte sich an wie der Pilot zu einer schlechten Soap. Ausdruck des reinen Selbstzwecks, der eingefrorenen Routine aus finanziellem Kalkül. Bevor ich jedoch beschuldigt werde, hier Produzenten-Bashing zu betreiben, gebe ich Entwarnung.

    Der vierte Film war einfach nur schlecht. Und zeigte, dass sich die stupide Ödnis des Horror-Kinos der 80er jederzeit wieder aufflackern kann. That's Hollywood. Genau dieses Problem belastet auch "Final Destination 5", der marginal besser ausgefallen ist. Doch in ähnlichem Ausmaße stark beschränkt ist. Geistig, weil sich gerade zwei Arten von Szenen abwechseln: die, in der jemand stirbt und jene, in denen die Figuren ihre leider uninteressanten Existenzen etwas auswalzen dürfen. Abermals wird deutlich, wie wichtig echte Inspiration für die gelungenen Beiträge der Serie war. Verrate den Charakteren zu früh, was hier Sache ist und die gesamte Dramaturgie lahmt.

    "Lass uns das Leben endlich genießen!" Oder: "Muss ich jetzt jemanden anderen schupsen, um länger zu leben?" Es ist anstrengend anzuschauen, obwohl auch "Final Destination 5" wie ein zurechtgeschnittenes mageres Steak ausgefallen ist. Zwischen den Sterbe-Szenen gibt es keinen echten Leerlauf, der Film selbst wirkt die Verkörperung dessen.

    Nichts ist mehr frisch. Auch der Auftritt von Tony Todd lässt nur eine kleine Flamme an Originalität und Stimmung auflodern. Was die wahren Schauwerte angeht und die einzige Daseinsberechtigung für einen fünften Film. Das gewaltsamen Ableben der Protagonisten sind mitunter ganz hübsch. Aber die große Katastrophe zu Beginn ist wuchtig. Danach nimmt die Qualität ab. Für den gesamten Film gilt sowieso, unvorhersehbar ist hier nichts mehr. Ein Mitraten und Bangen, wann und wie der Tod nun zuschlägt, wird generell vermisst.

    Dem Tod scheint die Puste also wirklich ausgegangen zu sein. "Final Destination 5" macht seiner Reihe nicht gerade alle Ehre. Zerstört ihr Ansehen aber auch nicht gerade. Der Film ist die Ausgeburt der Endlos-Schleife, mit der aus einer Rezeptur immer neuer Profit geschlagen wird. An meine persönlichen Favoriten, Teil eins, zwei und drei, kann er nicht mehr heranreichen. Gesetz und Fluch der Serie halt. Deswegen sind dies hier nicht langweilige neunzig Minuten, aber eben keine atemberaubenden. Nur ein fader vierter Aufguss, der quasi alle Merkmale abgenutzter Sequels erfüllt.

    2
    • 6 .5

      Zoe Saldana ist als Action-Heldin eine Wucht. Ihre junge Kollegin Amandla Stenberg macht als Jung-Ausgabe der Protagonistin auch eine gute Figur. Ansonsten macht sich bei "Colombiana" schnell das Gefühl einer ständigen Wiederholung breit. Es ist das Luc-Besson-Déjà-vu: simpelste Story-Zutaten, stylishe Aufmachung und ein paar Knaller-Momente, bei denen dir kurzzeitig die Spucke wegbleiben könnte. Wenn sich das Gehirn aber nicht ganz abschaltet, fällt auch auf, dass Besson seine wegweisenden Meilensteine "Léon - Der Profi" und "Nikita" eifrig selbst zitiert und irgendwie die immer gleichen Bausteine und Figuren neu erfindet und durch Mittelsmänner wie Regisseur Oliver Megaton umsetzen lässt. Was nicht heißt, die Geschichte um den von Rache getriebenen Todes-Engel Cataleya sei gar frei von Reiz. "Colombiana" ist halt das, was es ist: ein Action-Fest, das kurzfristig die Langeweile wegpustet. Sich nicht ganz um ausgefeilte Geschichten und Figuren kümmert, aber auch nie nach dem Film-Olymp greifen wollte. Wenigstens zeigt der Film, dass die besseren Vertreter des Action-Kinos der letzten Jahre nicht ganz hohlbirnige, überteuerte Sequels sein müssen. Okay, unterhaltsam ist er auch.

      1
      • 7

        Es war schon einmal da, doch dann war es verschwunden. Aufgesogen vom Daten-Nirwana, dem Schwarzen Loch der System-Abstürze. Aber nun ist es da, behutsam rekonstruiert:

        In einer Hinsicht muss ich dem neuen Netz-Schwinger Andrew Garfield zustimmen. Er meinte, beim zweiten Film seien alle viel lockerer gewesen. Befreit von der Last, dem Publikum zu jeder Zeit vor Augen führen zu müssen, nicht Tobey Maguire, Kirsten Dunst oder James Franco vor sich zu haben. Das klären wir gleich an dieser frühen Stelle: "The Amazing Spider-Man 2: Rise Of Electro" braucht niemanden mehr zu beweisen, dass dies ein eigenständiger Spidey-Film ist. Eine andere Interpretation, eigenes Universum mit der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft. Schon in den ersten zehn, fünfzehn Minuten machen Regisseur Marc Webb und sein Haupt-Darsteller Garfield klar, dass dieser Spider-Man angekommen ist. Auf die Dauer wird aber auch deutlich, dass dieser zweite Teil nicht amazing oder ultimativ ausgefallen ist.

        Erst folgt ein Bourne-mäßiger Rückblick. Eine weitere Ausführung zum Verschwinden von Peter Parkers Eltern. Die Keule wird ausgepackt, es kracht gewaltig und fällt ziemlich aus dem Rahmen. Schon Augenblicke später lichtet sich das Bild und dann zieht "The Amazing Spider-Man 2" in die Schlacht. Mit einem gesunden Gespür für Timing, Selbstironie und der richtigen Dosis Superhelden-Ethos. Die Vergleiche werden natürlich nie ganz abzuschütteln sein, aber Garfield macht ab der ersten Minute klar, dass er voll und ganz in seiner Rolle aufgeht. Spidey immer noch auf dem Weg zum Erwachsenwerden und dabei, mit seinen Kräften und Verantwortung umzugehen. Doch das ewige Hin und Her mit der öffentlichen Meinung und den Behörden spart sich der Film. Spider-Man darf hier endlich das sein, wofür Sam Raimi drei Filme brauchte: ein strahlender Held, den Passanten wie Polizei und Rettungskräfte gleichermaßen zujubeln und unterstützen. Nicht frei von Kitsch, jedoch weiß Andrew Garfield, wie er die Klippen des Übermensch-Sein umschifft. Klar, dass sich Peter Parker seine Taten etwas zu Kopf steigen lässt, zum gottgleichen Messias mutiert er dennoch nie.

        Angestrengt und quälend dagegen ist das Verhältnis zwischen Peter und seiner Angebeteten Gwen Stacy. Die Gefühle stehen eigentlich auf Popcorn-Romanze, doch die Ereignisse des Vorgängers nagen stark an unserem Helden. Leider wussten die Macher nichts Besseres daraus zu machen, als ein Annähern und Abstoßen, das fast den gesamten Film dauern muss. Und von Einschüben wie lebensverändernden Entscheidungen oder gestelztem "Freundebleiben" getragen wird. Wenigstens stimmt die Chemie zwischen Garfield und seiner Herzdame Emma Stone. Schaffen es die beiden doch glatt, ihre echte Romanze auf die Leinwand zu übertragen.

        Was ein echter Held trotzdem braucht, damit ein zweieinhalbstündiger Kinobesuch gerechtfertigt wird, sind Bösewichte. Gleich drei an der Zahl wurden durch die Trailer suggeriert. Der Overkill gleich programmiert, mit dem alles Leinwand-Geschehen verschwimmt und zu einer zähen Masse 3-D-Effekt-Schübe und Leuchtfeuer wird. Die gute Nachricht lautet: alles halb so schlimm. Die Schlechte hingegen: viel Augenfutter, doch wenig Substanz plagen die Finsterlinge. "The Amazing Spider-Man 2" ist, anders als erwartet und befürchtet, gut gestaffelt. Paul Giamatti alias Rhino verabschiedet ziemlich schnell und macht seinen Kollegen Jamie Foxx und Dane DeHaan Platz. Diese trachten sprichwörtlich nach Spidey's Blut. Wollen dafür sogar zusammenarbeiten und bleiben dennoch stets Welten voneinander entfernt. Denn "The Amazing Spider-Man 2" offenbart sich spätestens da als Interims-Stück. Wichtiges Kapitel auf dem Weg zur neuen Franchise-Ausrichtung, bei dem leider inhaltliche Möglichkeiten nicht wirklich genutzt wurden.

        Jamie Foxx hat nicht wirklich Gelegenheit, sein Talent in einen ausgewogen entwickelten Charakter einzubringen. Da wird uns schon der Niemand Max vorgestellt, bleibt aber lieber, dank seines Spidey-Ticks, in der Comic-Psycho-Ecke. Nur um schnell verwandelt zu werden und innerhalb weniger Sekunden, von einem Opfer zum hasserfüllten Monster zu werden. Der größte Fan wird also blitzschnell zur Nemesis für den guten Spider-Man. Mag in packend illustrierten Panels noch leicht zu akzeptieren sein. Im direkten Vergleich zu den Marvel-Kollegen, fällt so eine rasche Wendung dann schon stark ab. So aufgeladen und power-mäßig Electro unterwegs ist, so strapaziös vereinfacht wirkt er als Bösewicht. Dieser Electro fällt mehr als Bindeglied von Story-Abschnitten und Szenen-Abläufen auf. Weniger als aussagekräftiges Gegen-Gewicht zum Netzschwinger.

        Etwas mehr Spielraum hat da Dane DeHaan, der sich mit seinem Spiel zwischen subtil und wunderbar böse bockig, als angehender Star empfiehlt. Seiner angehenden Grünhaut Harry Osborn wird ein verständlicher Background eingeräumt. An einer Stelle darf DeHaan voller unterdrückter Wut und Verachtung seinem Vater gegenübertreten und mit rotziger Kälte den Geiern trotzen, die ihm vom Thron stoßen wollen. Aber auch feinfühligere Nuancen sind erlaubt. Womit sogar ein Motiv der Raimi-Filme verändert auftaucht und Spider-Man gegen einen Freund antritt, der fast wie er war oder ist. Es hätte durchaus spannend sein können, Harry Osborn dabei zu beobachten, wie er die dunklen Geheim-Ecken seines Erbes erkundet und gleichzeitig sinistrer wird, während er gegen sein vermeintliches Ende kämpft. Hätte, denn hier greift die Absicht von "The Amazing Spider-Man 2". Es muss sehr schnell ein Grüner Kobold her und deshalb beginnen die Ereignisse irgendwann sich überschlagen.

        Unser Held Spider-Man kloppt sich also mit zwei bösen Typen herum. Und muss am Ende selbst die finsterste Stunde ertragen. ACHTUNG; AN DIESER STELLE STEHT EIN SPOILER FÜR ALLE; DIE DEN FILM NOCH NICHT KENNEN. Gwen Stacy kommt beim großen Endkampf ums Leben. Peter Parker schafft es nicht, sie zu retten. Dieser Kniff ist dann auch das stärkste Story-Element des Films. Neben der Vorbereitung auf die Sinister-Six-Reihe. Es wird bereits heftig argumentiert, wie klug diese Entscheidung war. Wie modern diese Idee wirkt, die immerhin schon vierzig Jahre alt ist. Kurzum, es war unausweichlich, seit Emma Stone als Gwen das Bild betrat. Nur wann es passieren würde, in diesem oder in einem anderen Film, blieb das große Rätsel. Dafür ist der schreckliche Moment durchaus gelungen umgesetzt. Es ist eine starke Symbolik, die in jenem Moment vorherrscht und dem oft leichtgewichtigen Helden-Film den nötigen Ernst entlockt. SPOILER ENDE.

        An anderen Stellen hätte es durchaus einer ähnlich angemessenen Handhabung benötigt. Zum Beispiel bei der Frage nach dem großen Mysterium von Peters Eltern oder der Rolle von Sally Field. Tante May ist naturgemäß etwas in den Hintergrund gerückt, doch die Funktion ihrer Rolle ist ebenfalls stark anspruchslos. Ein Geheimnis allein und ein paar tiefgründige Momente reichen nicht ganz, um einige Momente auf der Leinwand rechtzufertigen.

        "The Amazing Spider-Man 2" scheitert natürlich nicht als Comic-Film. Er ist gut bebildert, reißt in seinen Netzschwung-Szenen durch die Straßen-Schluchten mit. Geboten werden einige wirklich gute Action-Momente, die selbstverständlich auf der Höhe der Zeit realisiert wurden. Was das aber alles zusammen genommen, zu einem wenigstens guten Event macht, ist Andrew Garfield. Die Figur des Peter Parker und ihr (Leidens-)Weg mögen in dieser Form nicht ganz so ansprechend wirken wie die Maguire-Darbietung. Aber Garfield ist einfach der Grund, diesen Spider-Man ins Herz zu schließen. Beim nächsten Mal dürfte es dann aber auch ein echter Charakter als Gegenpart sein. Und vielleicht eine spannendere Handlung für die Szenen zwischen dem Krawall.

        • Es gibt Ungerechtigkeiten, die sind so schmerzhaft, wie auch unvermeidbar. Bitter ist es, dass uns mit H.R. Giger mehr als nur ein Kunst-Genie verlässt. Was Hans Rudolf "Ruedi" Giger vollbracht hat, war mehr als nur Magie, dank Pinsel und Farbe, auf die Leinwand zu bannen. Dieser Mann hat sich erst die Leinwand zu eigen gemacht, dann die Welt der Skulpturen. Er schuf wahnsinnig ehrfurchtgebietende Welten der Biomechanik, in allen Formen, welche laut Definition zur Kunst gehören. Da war es nur konsequent, dass auch Hollywood seine Pforten einen spaltbreit für Giger öffnete. "Alien" und sein überwältigendes Design sind bis heute nicht nur wegweisend. Dies ist eine wichtige Säule meiner (kindlichen) Ängste, Albträume und letztlich auch Fantasie. Selbst heute noch verfolgt mich des Nachts die Furcht vor einem Facehugger. Versuche ich zu verstehen, wie jemand nur darauf kommen kann, weibliche Formen oder Stadtbilder in solch krasse, organische Gebilde umzuformen. Und es ist einfach kultig, sich die Penis-Landschaft anzusehen, mit der die Dead Kennedys zu Frankenchrist-Zeiten amerikanische Eltern und die Justiz schockten. H.R. Giger war ganz klar ein Genie, das jede Huldigung und jeden erdenklichen Preis verdiente. Nachmachen unmöglich. So einer wie Giger kommt nur einmal in jeder Generation vor. Und nicht jeder wie Giger darf sich eines solchen Erfolgs rühmen. Giger war, ist und bleibt Unikat, Fantast, Magier und ein Gigant.

          "Im Weltraum hört dich niemand schreien...", so ein Blödsinn. Wahrscheinlich erfüllen die Trauerschreie der Alienbrut die Finsternis des Alls. Wir leiden mit ihnen.

          Ruhe in Frieden Giger.

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          • 10 eindeutige Beweise dafür, dass Bob Hoskins ein wahrer Schauspiel-Gigant war:

            1. Bob Hoskins hat Roger Rabbit auf dr Leinwand die Stirn geboten.

            2. Bob Hoskins war ein tragischer Monster in "Felecia, Mein Engel"

            3. Bob Hoskins bot Anthony Hopkins, Michael Caine, Mickey Rourke, Richared Gere, John
            Travolta und sogar Jet Li die Stirn.

            4. Bob Hoskisn durfte Cher, schaupielerisch, alt aussehen lassen.

            5. Bob Hoskins war nicht nur Schauspieler, sondern führte auch Regie.

            6. Bob Hoskins trat in gefeierten Kultfilmen wie "Brazil" und "The Wall" auf,
            war sich aber selbst für Gastauftritte in "Spice World" nicht zu schade.

            7. Bob Hoskins macht selbst Laune in einem Stuss wie "Der Chaoten-Cop" Laune.

            8. Bob Hoskins trat mit mit "Super Mario Bros." ins Fettnäpfchen, verletzte sich bei
            den Dreharbeiten und brachte den Job doch zu Ende.

            9. Bob Hoskins gab seine Stimme für "Balto" und "Garfield 2" her.

            10. Bob Hoskins wird uns allen schmerzlich fehlen.

            5
            • 7 .5

              Cap is back und haut wieder mächtig auf den Putz. Sein Schild immer fest im Griff, versucht sich Captain America dieses Mal am pikanten Spagat zwischen Action und Grips. Der Balance zwischen Dauerfeuer und Polit-Thrill, dem Gleichgewicht von Superhelden-Comic und wirklich aufrüttelnder Handlung. Keine Frage, "Captain America: The Winter Soldier" möchte sich bewusst von dem abheben, wofür Marvel-Veranstaltungen bis jetzt gestanden haben.

              Nach jahrzehntelangem Dasein als tiefgefrorenes Fischstäbchen und einem Ausflug in "Avengers"-Bombast-Gefilde orientiert sich Steve "Cap" Rogers dieses Mal um. Der Ton ist insgesamt ernster, der Look bleibt oft realistisch, zumindest spielt der Film einen großen Teil im heutigen Washington. Dort thront das fiktive High-Tech-S.H.I.E.L.D.-Hauptquartier in direkter Nachbarschaft zum Watergate-Hotel. Alles sieht anfangs nach der heutigen, realen Welt aus. Selbst einige der besten Action-Sequenzen spielen sich im Straßenverkehr ab oder versuchen sich an einer direkteren Street-Fight-Mentalität.

              Kampfkunst statt Super-Anzügen, Strahlen-Schüssen oder Telekinese-Kraft. "Captain America 2" funktioniert tatsächlich dann am besten, wenn sich alle Comic-Gimmicks und Technik-Spielereien nahtlos in eine akzeptable Version unser Realität einfügen. Wenn jemand dann in die Lüfte steigt, weil er ein spezielles Paar Flügel trägt, aber noch verwundbar bleibt. Und wenn all die übergroßen Weltsicherungs-Aktionen von S.H.I.E.L.D. politisches Nachspiel haben. Knapp die erste Hälfte des Films versucht sich wirklich daran, Captain America das Feeling eines Paranoia-Thrillers zu geben. Den Captain als Helden im Zwiespalt zu zeigen, der seine Ideale und seinen Auftrag kritisch betrachtet. Wie sich zeigt, ist diese Skepsis nicht ganz unberechtigt.

              Viel wurde getönt und mit der Anwesenheit von Robert Redford geworben. Etliche Vergleiche zu "Die Drei Tage Des Condor" oder "Der Manchurian Kandiat" wurden beschworen. Tatsächlich tauscht "Captain America: The Winter Soldier" das übertriebene Weltkriegs-Setting des ersten Teils mit der Paranoia der goldenen Ära des Polit-Krimis. Die Handlung muss sich dabei natürlich den Vorwurf gefallen lassen, nicht ans zitierte Original heranzureichen. Stimmt schon. Irgendwie wirkt die Story, über die Unterminierung von S.H.I.E.L.D. und den Winter Soldier, nicht so bahnbrechend. Lassen sich die Verwicklungen erahnen. Doch auf der anderen Seite ließe sich auch die Frage stellen, inwieweit die beschworenen Vorbilder ebenso gestrickt waren. Und ihren Reiz, neben formidabler Aufbereitung, hauptsächlich aus den Ereignissen ihrer Zeit bezogen.

              "Captain America 2" jedenfalls ist anfangs recht gut gelungen. Die Biegung hin zum Real Life und politischem Kuddelmuddel bekommt der Film ganz gut hin. Stimmig vor allem jene Augenblicke, die Steve Rogers als verlorene Gestalt im Hier und Jetzt zeigen. Wie sonst auch kippt dieses Feingefühl ab einem gewissen Punkt. Aus dem Polit-Thriller wird wieder ein waschechtes Marvel-Ding, inklusive fetter Special Effects und echtem Action-Konfetti-Regen. Es klingt komisch, doch gerade dies ist Schwäche und Stärke zugleich. So gesehen, wäre ein Captain America mit zu viel zu viel verkopfter Handlung nur ein halber Captain America. Ohne diesen Hauch von Konzept und Absicht würde dies zu einem dumpfen Action-Spekaktel verkommen.

              Ganz gleich, ob der Kampf gegen den Feind im Inneren nun "The Avengers" oder die Marvel-Kollegen toppt. Ob es sich hier um einen fetten, audiovisuellen Beschuss handelt, dessen Inhalt dann doch nur in der Comic-Liga spielt. Alles dann etwas zu schnell und nicht tiefgründig genug geht – "Captain America: The Winter Soldier" ist und bleibt, was ist: Ein aufwendiger Kracher mit gelungenem Wow-Effekt, den ich persönlich gerne jedem "Transformers"-Teil vorziehe. Denn anders als dort, findet sich hier noch so etwas wie eine Handlung vor. Und vermittelt der Captain nicht allein hoch-patriotische Gefühle und übermenschliche Fähigkeiten. Aber selbst alle, die einfach nur was dolles auf der Leinwand sehen wollen, um dem Alltag zu entfliehen, bekommen hier eine satte Ladung kurzweiliger Unterhaltung. Ich denke, das ist doch alles, was dabei zählt.

              4
              • 10

                Ein Film wie ein Mixtape, wie ein lebendig gewordenes Museum. Die Sound City Studios in Van Neuys, Los Angeles, waren einer der heiligen Ort der Musikgeschichte. Nicht nur eine Handvoll legendäre Künstler haben hier ein paar legendäre Platten eingespielt. Obwohl es, bis zur Schließung, ein so unscheinbares Gebäude mit dreckigen Teppichen und kaputten Wänden blieb.

                Für Dave Grohl sind es nicht allein die Erinnerungen an Nirvanas Nevermind, welche den Antrieb für sein Regiedebüt gaben. Grohl spürt allem nach, dem natürlich, sakralen Wert der unschlagbaren Technik, der Sound City in der prä-digitalen Ära vorauseilte. "Sound City", der Film, ist ein Dokument der Leute geworden, die jenes Aufnahme-Studio am Leben erhielten. In guten wie in schlechten Zeiten. Bemerkenswert, dass hierbei keine Unterscheidung zwischen Studio-Angestellten, Produzenten und Musikern spürbar wird. Obwohl Dave Grohl für seinen Film eine beachtliche Anzahl an Stars versammeln konnte, lebt der Film nicht allein von den Anekdoten eines Rick Springfield, einer Stevie Nicks oder eines Tom Petty. Wenn überhaupt, weiß "Sound City" wunderbar zu vermitteln, was Musik-Machen und Platten-Aufnehmen bedeutet. Ein echtes Zusammenwirken aller Beteiligten, der Typen an den Instrumenten oder am Mikro, den Typen am Mischpult und diese magische Aura der Wände, in denen alle agieren.

                Damit dieses wichtige Kapitel Musik-Geschichte nicht nur lebendig wird, sondern auch fortlebt, lädt Dave Grohl mit seinen Foo Fighters, am Ende noch in sein eigenes Studio. Wo er das Neve-Mischpult aus Sound City untergebracht hat, damit weitere toll klingende Alben entstehen können. So wie jene All-Star-Compilation aus neuen Stücken, deren Entstehung schließlich noch festgehalten wird.

                Natürlich ist "Sound City" viel zu kurz, um vielleicht wirklich jeden Aspekt seines Objekts gerecht zu werden. Jede menschliche Geschichte einzufangen und damit alles und jedem ein Denkmal zu errichten. Möglicherweise pendelt der Film immer ein wenig zwischen diesen menschlichen Schicksalen und der Rock-Historie, die genauso eng verbunden ist mit dem Siegeszug neuer Aufnahme-Technologien. Aber was soll's. Nirgendwo im Titel ist etwas von "definitiver Chronik" verbucht, nie will diese Doku mehr sein als das, was sie geworden ist: Ein wirklich mitreißendes Dokument, ein tolles Hinabtauchen ins Geschehen und, typisch für Dave Grohl, die Botschaft, dass dies kein Hexenwerk ist. Bloß die ausgelebte Lust von ein paar Musik-Bekloppten, zu denen sich wirklich jeder zählen kann.

                Deshalb gehört "Sound City" nicht objektiv betrachtet. Das muss laut aufgedreht und begeistert angeschaut werden. Willkommen zu deinem neuen Lieblings-Musik-Film.

                12
                • 6

                  Die gute alte Mär von Schneewittchen, jetzt mal ganz anders. Als gigantomanisches, kunterbuntes Zuckerwatten-Augen-Bonbon. Mit Julia Roberts, die durch die Kulissen stampfen darf und als böse Königin Jugendwahn und Geldknappheit zu trotzen versucht. Lily "Genau-die-Tochter-von-dem-Phil" Collins als gutherziges Schneewittchen, das eigentlich naiv und weltfremd sein müsste, dann aber doch ziemlich schlitzohrig daherkommt. Und auch die sieben Zwerge sind nicht mehr im Diamanten-Abbau-Geschäft, sondern verdingen sich als akrobatisch begabte Räuber.

                  Alles klar? Na wunderbar. "Spieglein Spieglein" möchte der etwas andere Märchenfilm sein, mehr als eine Disney-Real-Version. Dafür fährt Regisseur Tarsem Singh einiges auf. Wie immer zeigt sich dabei, dass Singh zu den visuell begabtesten Filmemachern Hollywoods gehört. Sein Snow White sieht klasse aus und erinnert mit seiner Fülle an Details an Tim Burtons "Charlie Und Die Schokoladenfabrik". Weil auch Singh in die Vollen geht, dabei leider am fundamentalen Kleister vermissen lässt, der optische und inhaltliche Reize zusammenhält.

                  So ist seine Schneewittchen-Version ein vergnüglicher Film, bei dem vor allem Julia Roberts in ihrem Beauty-Boot-Camp amüsiert oder Nathan Lane als ihr Speichellecker. Die Spitzen bleiben jedoch eher kindgerecht, weswegen der Film dann auch insgesamt für die ganze Familie gemeint ist. Am besten aber bei den kleinen Zuschauern funktioniert. Wir Größeren dürfen oder müssen halt immer fragen, ob die eine oder andere Entwicklung (Schneewittchen rasche Wandlung zur ausgebufften Freibeuterin an Land, die gesamte Magie) besser als Parodie oder als niedliche Naivität funktioniert.

                  Im direkten Vergleich zum Konkurrenten "Snow White And The Huntsman" (den ich immer noch als herrlichen Quatsch mit verdeckten Qualitäten erachte), ist Tarsem Singh vielleicht die optisch schlüssigere Version gelungen. Ein Märchenfilm, der sich ganz wie ein Märchen anfühlt und keine unnötigen Anleihen heranzieht, um sich aufzumotzen. Als eben jenes Märchen ist die Erzählweise aber auch zielstrebig engstirnig. Vorhersehbare, harmlose Gags werden einer satirischen Betrachtung bevorzugt (Kinder-)Augen dürfen funkeln, indem sämtliche dunklen Elemente abgeschwächt werden. Interessanterweise erinnert mich "Spieglein Spieglein" oft an die unterschätzte Schneewittchen-Variante mit Sigourney Weaver. Nur war diese konsequent karg, erwachsener und zeigte die böse Königin teilweise als Opfer des unbarmherzigen Wettrennens mit der Jugend.

                  Dass sich davon sogar nichts in "Spieglein Spieglein" findet, ist natürlich kein Verbrechen. Der Film widmet sich ganz seinen optischen Vorzügen und bleibt damit ganz dem Motto der bösen Königin: Die Oberfläche ist alles, was zählt.

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                  • Genau, die Marvel-Welt wird nie wieder die selbe sein. Ganz wie nach dem schockierenden Tod von Captain America. Oder wie damals, als Superman draufging und ... zurückkehrte!?!! Jeder ringt mal um neue Ideen, jeder kann irgendwo im Marvel-Universum, und deren zigfache Parallel-Welten, sterben und wiederkehren. Schlimm wäre nur, wenn Wolverine danach ein beknacktes Makeover verpasst bekommt.

                    1
                    • 6 .5

                      Der erste Blick: "Wow, was geht denn da ab? Krasser Scheiß! Wird vorgemerkt."

                      Der zweite Blick: "Alter, die Freiheitsstatue!!! Der traut sich ja was. Muss ein echt geiler Monsterfilm sein."

                      Das erste Anschauen: "Na ja, es ist doch nicht das große Spektakel, aber doch unterhaltsam. Immerhin nervt die Ego-Kamera nicht so."

                      Das zweite Anschauen:

                      Es sind ein paar Jahre vergangen, der Hype längst verhallt. Da kommt mir aus einem irgendeinen Grund dieser Film wieder in den Sinn. Also reingeschmissen und ab dafür, J.J. Abrams lässt sein Monster auf New York los.

                      Vermutlich war auch Abrams kein großer Freund von Roland Emmerichs "Godzilla"-Debakel. Oder er ist einfach seit Kindertagen ins Genre verliebt, erkannte aber, dass das Publikum nach etwas ernsthaftem, wirklich bedrohlichen verlangt. Wie auch immer, "Cloverfield" erscheint als Versuch, "Godzilla" und "The Blair Witch Project" zu kreuzen. Den Angriff eines Ungeheuers direkt aus der Perspektive der Betroffenen aufgezeichnet zu verfolgen. Oder simpel ausgedrückt, das meist spartanische Found-Footage-Genre, samt First-Person-Perspektive, mit dem Bombast des Monster-Kinos zusammenzubringen.

                      Im Resultat bedeutet das vor allem: Viel hysterisches Rumgerenne, verwackelte Bilder, dunkle und grell leuchtende Farben, als Zuschauer lange keinen Plan zu haben, was das eigentlich soll. Und noch länger, nie einen richtigen Blick aufs Ungetüm zu werfen, sondern nur seine gewaltige Zerstörungskraft mitzuerleben. Die Protagonisten und Augenzeugen des Geschehens sind daher auch wirklich sekundär wichtig. Der Cast setzt sich größtenteils aus Jungstars zusammen, die bis dato in kleineren Produktionen oder Fernseh-Rollen aufgefallen waren. Dass bedeutet natürlich nicht, das hier keine talentierten Schauspieler auftreten. Nein, die Jungs und Mädels schlagen sich ganz wacker, aber es ist wiedermal die gute alte Last des Effekt-Spektakels, welches ihnen Steine in den Weg legt.

                      "Cloverfield" ist nämlich dann am überzeugendsten, wenn es laut wird und kracht. Wenn für einige Momente die absolute Desorientierung überwiegt und Rationalität und Instinkt plättet. Sind die Figuren hingegen sich selbst überlassen, genießen etwas Ruhe oder feiern zu Beginn noch ausgelassen, wird es geradezu dröge. Der Cast mag auf die Schnelle ganz okaye Typen vermitteln, aber der Fokus liegt ganz klar nicht auf der Figurenzeichnung. Findet also nicht gerade Chaos statt, gibt es eher zweitrangige Dialoge zu hören. Haarscharf schrammen wir da an einer Ermüdung vorbei, denn zum Glück, gibt es nicht viele dieser Augenblicke. Schön kurz sind sie außerdem.

                      Doch lassen wir die Frage mal beiseite, wie glaubwürdig die Charaktere und ihre Handlungen sind. Kommen wir lieber zurück zu dem, was den wahren Reiz von "Cloverfield" ausmacht. Es ist ein Monster-Streifen, mit beinahe allen Schikanen. Erst Gegröle samt lautstarker Explosion, dann die riesigen Schneisen der Verwüstung und langsam immer mehr grausigere Details vom Ausmaß des Ungeheuers. Parallel erweisen sich natürlich alle Gegenmaßnahmen der Armee als wirkungslos. Schließlich fallen sogar schleimige, spinnenartige Biester vom Monster ab und plagen die Bevölkerung. Regisseur Matt Reves gibt sich sogar Mühe, das alles im Eiltempo unterzubringen. Immerhin liegt die Laufzeit von "Cloverfield" unter neunzig Minuten. Langweilig wird es dabei auch schon so nicht. Dafür sorgt die allein Kamera-Führung, die teilweise Kopfschmerzen auslösen könnte (und es laut Berichten im Kino auch tat). Eines muss ich dem Film lassen, so forsch durch die irrwitzigen Lichtverhältnisse von Bunkern, Stromausfällen, Straßenzügen und Militäranlagen ist selten gejagt worden. Tageslicht ist rar gesät und kommt nur als Überspiel-Rest des Tapes vor.

                      Bei dem Tempo wird auch deutlich, dass "Cloverfield" mehr mit dem Abstecher ins Fastfood-Restaurant gemein hat, als mit einem wirklichen Thron-Anwärter des Genres. Das Ansehen ist eine beinahe hyperschnelle Angelegenheit. Wie beim Reinbeißen in einen saftigen Burger, strömt blitzartig eine Überfülle an Geschmacksnuancen auf dich ein und eine kurze Zeit lang fühlst dich richtig satt. "Cloverfield" bedient dies durch einige wuchtige Bilder, die durchaus Emmerich in seine Schranken weisen. Sogar das Monster ist einfach nur fies und lässt sympathischen Zügen keine Chance. Aus dem Ding wird sicher kein Menschenfreund wie aus seinem japanischen Kollegen in den Siebziger Jahren. Passend dazu wurde zum Kinostart eine ziemliche aufregende Werbekampagne entfesselt. Jeder fragte sich, wie das Monster wohl aussehen könnte, woher es kam und was das alles sollte. Es hagelte falsche Theorien und schrille Japano-Werbeclips. Wie schon zu bei "Lost", bewies Abrams, dass er die Leute gekonnt an der Nase rumführen kann.

                      Nehmen wir den ganzen Rummel als Maßstab, so muss "Cloverfield" als Film doch etwas verblassen. Ganz zum Schluss zeigt sich das Vieh und ist leider nicht mit einem zeitlosen Creature-Design gesegnet. Auch der Schluss ist eher mau und schal. So konsequent und unvermeidlich das Schicksal der Agierenden auch erscheinen mag, es hinterlässt ein bezeichnend, zwiespältiges Gefühl. Wenn wir uns schon für jemanden interessieren sollen, dann wollen wir doch nicht ganz umsonst mitfiebern. Der Schluss hat so schon manchen Film zerstört, aber bei "Cloverfield" sorgen die finale Schwärze, die Abwesenheit aller Erklärung und Rettung, für ein gemindertes Erlebnis. Einen geschmälerten Nährwert, den so halt auch Fastfood auszeichnet. Saftig und einladend von außen, unter der Lupe dann doch nur halb so gut.

                      Gerade auch deswegen ist "Cloverfield" für mich heute ein Snack, kein Monster-Überflieger. Eine filmgewordene Kleine-Jungs-Fantasie, die wohl auch nur primär Angst und Schrecken vermitteln wollte, als echte Story und Anspruch. "Showgirls" war auch so ein Jux-Produkt, mit dem verglichen "Cloverfield" doch um einige besser und zufriedenstellender ausfällt. Selbst wenn die Godzilla-Liga verfehlt wird.

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                      • 3

                        OMG! Da wollte jemand mal wieder extraschlau sein. Es läuft alles so vorhersehbar, erschreckend nicht schrecklich und lahm ab. "Dream House" bedient sich an einem Spritzer Hitchcock und melodramatischen, übernatürlichen Motiven des Genre-Kinos aus Asien. Zumindest dachten die Macher wohl, sie würden sich daran bedienen (dürfen). Wohl in der Hoffnung, einen interessanten Plot abzuliefern. Leider ist das Ergebnis nicht mehr als ein schales Déjà-vu, ein Film, den wir so schon zigmal gesehen haben. Bei dem nicht mal, der schlecht platzierte Big Twist in der Mitte, einen richtig vom Hocker reißt. Und auch nicht durch die, ich wiederhole mich, ach so vorhersehbare Auflösung gerettet wird. Es hätte wirklich einer besseren Idee als toter Familien, die mit einem reden können und einem Identitätszwist der verdrängten Schuld bedurft. Nichtmal die routiniert agierenden Darsteller vermögen es, "Dream House" ein Quäntchen Leben abzugewinnen. Bleibt nur das Real-Life-Happy-End für Daniel Craig und Rachel Weisz, das uns Zuschauern aber auch nicht den verschenkten Abend wiedergibt.

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                        • 8

                          Es ist der Tod, der eine Grundschulklasse in Montreal und ihren neuen Lehrer Monsieur Bashir Lazhar zusammenbringt. Seine Vorgängerin hat sich in der Hofpause im Klassenzimmer erhängt, neue Farbe und psychologische Betreuung sollen es richten. Die Kinder jedoch sind nicht nur verschlossen, starr vor Trauer und unfähig, ihre chaotische Gefühlswelt in Wort zu fassen. Dessen wird sich der Algerier Lazhar bald bewusst, als er mit seiner, nicht strengen, aber doch wirklich anderen Lehrart, langsam zu seinen Schützlingen vordringt. Bis auffliegt, dass er gar kein Lehrer ist und auch über keine gültige Aufenthaltsgenehmigung verfügt.

                          "Monsieur Lazhar" ist ein außergewöhnlich ruhiges Drama, bei dem sich das Leid leise, aber authentisch anrührend seinem Betrachter offenbart. Worte wiegen hier mehr, als jedes noch so schockierende Bild. Deswegen wird in diesem Film um die richtigen Worte gerungen, wird damit aufmerksam gemacht und um Verständnis gerungen. Der erwachsene Protagonist Bashir lässt uns in stillen, intimen Momenten, an seinem tragischen Schicksal teilhaben und offenbart dieses schließlich in einer der vielen Anhörungen, deren er sich ausgesetzt sieht. Überhaupt spielt sich vieles hier vornehmlich in Räumen ab, ob vor einem Gericht, im Büro der Direktorin oder kurzen privaten Ausflügen. Damit erinnert der Film eher an ein Theaterstück oder bekommt Hörspiel-Charakter, kommt damit aber auch auf den Punkt. Es bleibt dem Publikum überlassen, sich beschriebenes vorzustellen oder ins Seelenleben der Figuren hineinzuversetzen.

                          Größter Coup hierbei ist der ganz besondere Dreh, die Schüler von Lazhar etwas kesser als ihr vermeintliches Alter reden zu lassen. Es sind zwar junge Darsteller, aber ihre Wortwahl erinnert eher an Teenager. Was anfangs noch als größtes Manko wirkt, macht zunehmend Sinn. Denn dies ist kein Film, bei dem traumatisierte Kinder nicht durch besonders verängstigtes Spiel beeindrucken dürfen. Den Jungen und Mädchen wird erlaubt, sich in einer Sprache verständlich zu machen, welche die Erwachsenen auch verstehen. Nicht, weil Kinder sonst nicht richtig sprechen können. Wir Älteren hören ihnen nicht immer richtig zu. Natürlich wird dieser Dreh nicht genutzt, um eine Geschichte über gemeinsames Verständnis und richtige Seelenhilfe zu erzählen. Am Ende steht leider auch hier die Erkenntnis, dass einschneidende, tragische Erlebnisse nicht über Nacht überwunden werden können. Dass Hilfe schwierig ist und nicht immer richtig wirkt. "Monsieur Lazhar" ist kein Film der strahlenden Kindergesichter und der Happy-Ends, aber ein verdammt starker Film der leisen Töne.

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                          • 7 .5

                            Im ersten Moment frage ich mich noch, ob hier nicht wieder versucht wird, in Tarantino-Höhen vorzustoßen. Schließlich lädt der Einstieg mit zwei Profikillern und ihr kurzes Schwadronieren über den Job, geradezu dazu ein. Doch es erstens anders und zweitens mal wieder ganz anders, als wie man denkt.

                            Martin McDonagh scheint ein gesundes Gespür dafür zu besitzen, wie sich ein Filmemacher nicht wiederholt. Wohl eine Erklärung dafür, warum "7 Psychos" in Los Angeles und Umgebung spielt und nicht vor altertümlich historischer Kulisse. Natürlich ist die Story von sieben Psychopathen und einem gekidnappten Hund nicht die von "Brügge Sehen... Und Sterben?", obwohl auch McDonagh auch hier seiner unnachahmlichen Mischung aus Filmkunst, grotesk schwarzem Humor und bitteren Drama-Einschüben folgt. Für eine profane Etikettierung ist das schon fast zu schade, ebenso für Coolness-Vergleiche mit Regie-Kollegen. Wenn überhaupt, ist "7 Psychos" ein durchgeknallter Film, bei dem sich Gelächter und Bestürzung einhergehen. Wo sich übers Morden mal amüsiert wird, nur damit wir dann jemanden sterben sehen und uns schon beschissen deswegen fühlen.

                            Es ist die Geschichte von diesem glücklosen Drehbuchautor mit Alkoholproblem, den Colin Farrell spielt. Bei dem klappt nichts so richtig, auch ein Script über sieben Psychopathen will keine Gestalt annehmen. Auch sein bester und leider total schräger Kumpel, von Sam Rockwell wie immer grandios aufgedreht verkörpert, ist da keine große Hilfe. Vorerst, denn natürlich jemanden, der sein Leben mit Hunde-Entführungen bestreitet, die grandiose Idee, einfach Psychopathen per Annonce zum Interview zu bieten. Womit sich der Name des Films zu bestätigen scheint. Denn langsam bereitet Martin McDonagh wirklich den Boden für eine Nummer von Leinwand-Zeitbomben, die es so noch nicht zu bestaunen gab.

                            Aber Obacht, "7 Psychos" ist nicht nur eine lose Abfolge aberwitzig fieser und auch trauriger Geschichten. Der Film ist ein Puzzle, das Aufeinandertreffen von Figuren, die einen mit ihrer Seelenpein berühren. Deren Leben zusammengeschweißt wird, in einem der besten kleinen Ensemblestreifen seit Langem. Es hat etwas von "Short Cuts" oder "Magnolia", wie hier am Ende alles einen Sinn ergibt, alles und jeder zusammengehört. Mit nur einem Unterschied, die Probleme haben Typen wie Woody Harrelson, der sich als Hunde liebender Brutalo-Gangster austoben darf oder Christopher Walken, der als Geschäftspartner von Sam Rockwell, vom Dog-Napping lebt.

                            "7 Psychos" ist mehr als nur die erwähnten Versatzstücke seiner Handlung. Der Film ist verschachtelt, nie überkomplex oder Intelligenz beleidigend. Er hat einige wundervolle Gastauftritte parat, wie den vom Kaninchen haltenden Tom Waits. Er ist nicht nur eigenwillig komisch und unterhaltsam, sondern wird auch von einer tiefer liegenden Melancholie getragen. Das nur "Drama" oder "Kunstfilm" zu nennen, wäre nicht nur blöd, es wäre glatt psychopathisch.

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                            • Ende des Jahres soll es das also gewesen sein. Ich bin keineswegs überrascht, na ja, doch ein wenig. Aber auch ein wenig von einem komischen Gefühl überrumpelt. Ganz früher, noch vor der Jahrtausendwende, erfüllte Wetten, dass...? in meiner Familie jene Funktion, auf die sich das ZDF bis heute berief. Jung und alt saßen vor dem Bildschirm und verfolgten die dargebotenen Wetten und Promi-Aufläufe. Es war natürlich auch immer etwas Häme über die dusseligen Aktionen dabei. Spot über diese oder jene Aussage, die augenscheinliche Vermarktung von Filmen und Alben.

                              Doch diese Abende besitzen natürlich auch einen starken nostalgischen Charakter. Sie sind Teil meiner Kindheit und frühen Jugend. Als Format besaß die Sendung etwas dauerhaftes, strahlte wie der Monolith in Kubricks "2001" aus der Fernsehlandschaft heraus. Andererseits habe ich früher auch immer gedacht, später noch bei Bolle, Quelle, Hertie oder bei Schlecker einkaufen zu gehen. The Times the are a-changin´, so ist das halt.

                              Markus Lanz ist natürlich ein wesentlicher Faktor, der den Untergang besiegelte. Ich bin kein Fan von dem Mann, habe nur mal sporadisch seine Talkshow verfolgt. Das genügte aber auch, um für mich festzustellen, dass Lanz sicherlich jung wirkt. Aber nunmal nicht dynamisch und kräftestrotzend ist oder so rüberkommt. Vieles an seiner Art, eine Show zu bestreiten, ist altbacken, wirkt unfreiwillig antik und bestärkt den verkalkten Geist, der in manchem ZDF-Chefkopf spucken muss.

                              Doch nicht nur alteingesessene Abläufe und ein Selbstverständnis im Dornröschenschlaf haben "Wetten, dass...? schließlich die Daseinsberechtigung gekostet. Für mich liegt es auch am verhängnisvollen Auftritt von Samuel Koch. Sein Unfall und die tragischen Folgen, nahmen der Sendung auf einen Schlag die Unschuld und versetzten ihm schon da den Todesstoß. Ganz gleich, wie sicher jede weitere Folge auch sein mochte, das grundlegende Gefühl war weg. Es sollte nie wieder das Wetten, dass...? sein, bei dem normale Bürger anderen normalen Bürgern bei spektakulären und witzigen Aktionen zuschauen dürfen. Wo Promis ihnen auf die Schulter klopfen oder wenigstens Applaus spenden. Diese Sendung ist schon längst gestorben.

                              Selbstverständlich hätte diese Katastrophe jeden anderen Showmaster treffen können, jedes andere Format. Es sollte nun mal Wetten, dass...? sein, daran kann nichts mehr geändert werden. Damals hätten die Verantwortlichen ihre Pflicht wahrnehmen sollen, ein Konzept zu ehren, indem es nicht unangetastet und hochjubelt wird. Änderungen hätten vorgenommen können, der Name allein muss nicht Garant für die ewige Sicherheit sein, dass ein Publikum immer das selbe Gericht serviert wird. Der Name sollte ein Garant für Unterhaltung sein, das allein zählt. Jetzt haben die Köpfe beim ZDF wohl begriffen, dass ein Format auch scheiten kann. Und dass uns Zuschauern nicht immer einer abgeht, wenn der selbe Name über die Ziellinie geht, den Preis holt oder sich ein Konzept über Jahrzehnte kaum verändert.

                              Mulmig wird mir nur, wenn ich die ersten Erklärungen der Unterhaltungschefs und sendereigenen Leute höre. So wie Lanz seine Show immer noch als grundsätzlich gute und nie böswillige Familienunterhaltung bezeichnet oder sie als dringend notwendige Konstante im TV-Profil bezeichnet wird. Ganz richtig, Wetten, dass...? ist so wichtig wie der Musikantenstadl, fundamental wie die Tagesschau um acht Uhr oder die Liebes-Schmonzette am Sonntagabend. Vielleicht macht der Weggang von Wetten, dass...? Platz für eine Neu-Ausrichtung des ZDF, aber wohl eher nicht. Ob TV-Titan oder nicht, wir werden damit klar kommen, nur die Senderchefs wohl nicht.

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                              • Wow, ich werd nich mehr!!! Sollte es Gareth Edwards tatsächlich gelungen sein, dem King of Monsters den ultimativen Katastrophenfilm auf den Leib zu schneidern? Wertes ZDF, so muss das aussehen, wenn ein Show-Gigant sich rundum erneuert.

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                                • 5 .5

                                  Pizza-Lieferant mit umgeschnalltem Bombengürtel soll eine Bank ausrauben. Weil zwei Spacken mit Gorilla-Masken zu blöd dazu sind. Es ist nicht gerade die beste Idee, mit der Ruben Fleischer an seinen "Zombieland"-Erfolg anschließen versucht. Andererseits abstruss faszinierend ist sie aber schon.

                                  "30 Minuten Oder Weniger" ist dann auch eine ziemlich holprige Sache. Bisweilen richtig blöd, dann wieder sogar kommt etwas Freude auf. Dann ist der Film aber auch schon vorbei. Es hat beinahe was von einer Pizza, die schlecht belegt ist und doch marginal unseren Geschmackssinn zu stimulieren vermag.

                                  Auf jeden Fall ist dies der erste Film, bei dem ich Jesse Eisenbergs Mimik als fast einseitig öde empfinde. Und ich mag den Kerl irgendwie! Es ist wieder ein Film, bei dem ich Aziz Ansari aus dem Bild bomben möchte. Dann aber auch Danny McBride mal wieder als doch witzig ansehe. Irgendwas stimmt nicht an der Sache ...

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                                  • 3

                                    Es ist schon Ewigkeiten her, dass ich Sam Peckinpah's Original sah. Da muss ich noch klein gewesen sein und so manche kontroverse Nuance am Stoff könnte mir noch entgangen sein.

                                    Wie auch immer, "Straw Dogs - Wer Gewalt Sät" ist nicht das erste Remake eines gefeierten und umstrittenen Films, er wird auch nicht das letzte bleiben. Immerhin ist die Thematik in unserem Jahrzehnt immer noch so brandaktuell wie anno 1971. Deswegen verhält sich die Neuverfilmung zum Original auch wie ein siamesischer Zwilling, der leider völlig unnötig aus der Taufe gehoben wurde.

                                    Ein Stadtmensch, Drehbuchautor und Vertreter der intellektuellen Klasse, ein Weichei halt, gegen einen Haufen vulgärer, widerlich hässlicher Landeier. Die dreckige Meute aus dem zivilisatorischen Unterholz, welche sich an der Frau des Schwächlings vergangen haben. Keine Frage, der Konflikt, anfangs unterschwellig, dann offen brutal ausgetragen, hätte eigentlich Potenzial. Was "Straw Dogs 2.0" aber betreibt, ist pure Selbstsabotage.

                                    Der Typ, der Superboy im Fernsehen gespielt hat, ist hübsch. Seine Frau, die Lois Lane in diesem Superman-Film war, ist hübsch. Und dann erst der Typ, der Vampir in dieser Serie war, Mann, sieht der gut aus. Dabei soll er doch so ein fieses Arschloch spielen. Es liegt klassisches Fehlverhalten beim Casten vor. So talentiert oder mittelprächtig gut ein Marsden, ein Skarsgard oder eine Bosworth auch sein mögen, ich sehe sie nicht in ihren Rollen. Stattdessen versprüht dieser "Straw Dogs" immer ein Gefühl von actionbetontem Davidoff-Werbespot. Was fürs Auge, nicht fürs Hirn. Selbst der restliche Sauhaufen wirkt nur bemüht aus Klischees zusammengebaut.

                                    Ein anderes, elementares Problem ist der Aufbau. Es dauert so lange, etwas passiert. Damit meine ich nicht die Vergewaltigung! Nein, gemeint ist das gewalttätige Erwachen des schwachen Protagonisten. Neunzig Minuten oder mehr benötigt die Handlung, bis aus einem einseitigen Hahnenkampf und einer eher peinlichen Abfolge von Erniedrigungen, ein echtes Blutbad wird. Tja, und dann versagt "Straw Dogs" schon wieder. Denn anstatt echte Bedrängnis und den schmalen Grat zwischen Überlebensinstinkt und mörderischen Trieben aufzuzeigen, mutiert das Finale zum blutigen Initiationsritus. Macht aus dem Hänfling im Handumdrehen einen (hübschen) Berserker, der sich seine Männlichkeit mit dem Töten der Meute verdient.

                                    Außerdem ist diese finale Konfrontation nur eine halbwegs aufreibende Home-Invasion-Sequenz, die schnell an Fahrt verliert. Außerdem zeichnen sich die besten Vertreter dieser Disziplin dadurch aus, dass sie ihr Publikum ins Grauen des Moments reinziehen. Dies vermag "Straw Dogs 2.0" leider nicht. Genau so, wie er uns einfach mit dem Resultat der Auseinandersetzung entlässt. Als wollte uns jemand sagen: "So, jetzt müsst ihr aber vor den Kopf gestoßen sein, echt atemlos und durchgewirbelt." Sorry, das bin ich mitnichten. Eher gelagweilt von einem leider völlig unnötigen, nur glattpolierten Versuch eines neuzeitlichen Remakes, dem Dringlichkeit und Brisanz seines Originals abgehen.

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                                    • 5

                                      Was hat ein Film doch für einen Stand, wenn er sich als Thriller bezeichnen lässt. Da muss es Spannung geben, ein packender Aufhänger, doppelbödige Wendungen alle paar Minuten. Figuren, die uns an der Nase herumführen können und nicht vom Bildschirm losreißen. Wir mitfiebern wollen, mit Nachdenken müssen ...

                                      Aber was, wenn das Gegenteil eintrifft? Wenn sich bei einem Film alle Vermutungen, die ich in den ersten fünfzehn Minuten so anstelle, fast komplett bestätigen? Wenn eine gute Grundidee ja nicht komplett vergeigt wird, aber eben nur so okay ausgeführt wird? Wenn anderthalb Stunden nur nette Heist-Movie und "Nicht Auflegen!"-Anleihen an mir vorbeiziehen, aber keine wirklich gute Handlung?

                                      Was, wenn ein (US-)Film eigentlich gut aussieht, aber dann doch rüberkommt, als wäre eine Eigenproduktion des öffentlichen rechtlichen Senders, der ihn ausstrahlt? Ist das dann eine angenehme Schlaftablette oder einfach nur vergeudete Lebenszeit?

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                                      • 7 .5

                                        Mannomann, Nicolas Winding Refn muss ja gehörig am Rad drehen. Schlich er sich mit dem schon eigenwilligen, aber ultracoolen "Drive" in die Herzen aller, scheint er offen auf jede Würdigung und Selbst-Kopie zu rotzen. "Only God Forgives" entzieht sich jedenfalls, mit einer Art Über-Elegie und seiner beinahe bockigen Hingabe zur Metaphorik, vollends schnöder Zielvorgaben wie Massengeschmack oder kommerziellem Erfolg. Nein, dieser Film setzt schon eher Tugenden wie gnadenlos duldsame Aufnahmebereitschaft und Kunstverständnis voraus.

                                        Wo es bei "Drive" noch lässig wirkte, wie bestimmte Momente langsam an einem vorbeiziehen, wo Stille nicht aus Ideenarmut beim Drehbuchschreiben resultierte, sondern gut genutztes Stilmittel war, geht Winding Refn einen gnadenlosen Schritt weiter. "Only God Forgives" will nicht unterhalten, keine Männchen vor dem Publikum machen. Sich das anzusehen, ist schon eher so, als würde ich Farbe auf einer Leinwand trocknen sehen. Nachdem der Künstler sie in meiner Gegenwart aufgetragen hat. Jede Minute wirkt mit der gleichen Bedächtigkeit eines Pinselstrichs ausgeführt.

                                        Es wird noch besser oder schwer erträglicher, je nach Auffassung. Für "Only God Forgives" reduziert "Nicolas Wending Refn formale Unbequemlichkeiten wie Helden- und Bösewicht-Stilisierung, einen stringenten Plot oder verständliche Dialoge. Was so natürlich auch wieder nicht ganz stimmt. Das Geschehen ist an sich, ohne Denkfurchen in der Stirn, erfassbar, dennoch auch wieder so greifbar wie ein verschwommener Traum. Zu unbequem die agierenden Figuren, teilweise abstoßend ihre Aktionen.

                                        Ryan Gosling tut es seinem "Visionär" / Regisseur gleich und weigert sich, den vermeintlich sympatischen Star zu mimen. Als amerikanischer Exilant Julien, der in Bangkok eine Kampfschule und verdeckten Drogenschmuggel betreibt, verzichtet Gosling auf viel Text. Darf sich im Gegenzug selber geißeln, etwas pervers sein und sogar mal das Arschloch raushängen lassen. Juliens älterer Bruder tobt sich barbarisch an den Prostituierten aus und wird dafür vom Leutnant Chang getötet. Den Gedanken an Rache hegt vor allem Juliens herrische Mutter (gut, weil unausstehlich: Kristin Scott Thomas). Vergossenes Blut und Leichen folgen natürlich, ein Showdown, im konventionellen Sinne, sieht jedoch anders aus.

                                        Dafür sprengt "Only God Forgives" alle offensichtlichen Erwartungen und zertrampelt diese kunstvoll. Gosling selbst kann nicht mal als Hauptfigur bezeichnet werden. Was für eine Frechheit. Aber Vithaya Pansringarm als Chang gehören zweifellos die eindringlichsten Momente des Films. Sein Part ist weniger der eines brutalen Polizisten, sondern der des titelgebenden Gottes. Ob per Hand oder Schwert, Chang richtet wie der Schöpfer selbst. In dieser Hinsicht schafft es Winding Refn stellenweise sogar, "Drive" zu toppen. In "Only God Forgives" wird einiges an Blut vergossen. Dennoch wird hier nicht der Fehler begangen, Gewalt allein zum Anreiz zu machen oder einer Body-Count-Skala gerecht werden zu müssen. Wie auch der Gang durch einen langen dunklen Korridor oder was weiß ich viele Gesten, ist die Brutalität des Films abermals stilisiert. Und verleiht den Taten der Charaktere Ausdruck, ohne sie zu übersteigern.

                                        Was dieses Erlebnis so unsagbar schwierig und herausfordernd macht, ist Winding Refns Engstirnigkeit. Wie gesagt, "Only God Forgives" erscheint mir eher ein Kunstwerk als bloßes Entertainment. Es ist ein Film, der von anderen so viel simpler und straighter inszeniert hätte werden können. Und der nun, so wie er ist, kein Publikum treffen will. Eher will er sich eines schaffen. Zwangsläufig stelle ich mir da natürlich schon die Frage, ob der Regisseur nicht zu eigenwillig ist. Ob die angewandten Kniffe nicht bloß selbstverliebte Kinkerlitzchen sein könnten. Dennoch, "Only God Forgives" erreicht bei mir mehr, als viele andere vorbeirauschende Titel, die nach der ersten Begegnung abgehakt werden können. Schwierig ist das ja, aber auch schön herausfordernd. Wenn ich auch nicht sofort eine Eins Plus, wie noch bei "Drive" erteilen möchte. Eine fette Zwei Plus ist da genau so angemessen.

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                                        • 5 .5

                                          Nein, ich will nicht so hart sein. "Across The Universe" machte es mir nicht gerade leicht. Der Gedanke eines Films voller Beatles-Songs reizte mich nicht zum Kino-Besuch und dann brauchte es so viele Jahre zur Erstausstrahlung. Was nach dem Ansehen nun vorrangig hängen bleibt, ist irgendwie Überforderung.

                                          Denn es gibt massenhaft was zu sehen und zu hören. Bei "Across The Universe" ergießen sich die Magie und das Lebensgefühl der 1960er mit voller Wucht über uns Zuschauer und Nachgeborene. Das neben der Suche nach dem Vater, dem Vietnamkrieg, der Bürgerrechtsbewegung, Acid-Trips, vor allem um eine Lovestory geht, ist nicht mal der Schwachpunkt des Films. Als groß angelegte Musical-goes-Cinema-Unternehmung wurde hier darauf Wert gelegt, das Publikum ordentlich zu unterhalten, nicht zu überfordern. So setzt der Stoff auf ewige Klassiker, wie Herzschmerz und Selbstfindung, und funktioniert vor sogar besser, weil es kein reinen Nostalgie-Act darstellt.

                                          Was für mich dennoch immer wieder problematisch erscheint, ist gerade die Art und Weise, wie hier die Fab Four in jede Lebenslage und Thematik reingepresst wurden. Es gibt Momente, da ist "Across The Universe" mehr als nur ein Musical-Film. Da wächst der Film über sich hinaus, weil genau der Song passt. Weil es über die offensichtliche Verwendung hinaus geht. An diesem Stellen kratzt der Film sogar an der Möglichkeit, der "Hair" seiner Generation zu werden ...

                                          ... Woraufhin ich dann doch wieder glaube, hier sei "Glee" eine Steilvorlage gegeben worden. Genau dann, wenn die Songs von echten Performances zur reinen Verwendung degradiert scheinen. Dann wirkt es einfach nur, als sei aus einer Beatles-Jukebox ein Film gestrickt worden. Nicht, dass es "Acorss The Universe" an Charme, Magie und Aufrichtigkeit fehlt, die ganz große Klasse, die der Beatles zum Beispiel, wird eben nicht in jeder der über zwei Stunden erreicht oder gehalten. Aber wer weiß, wie ich darüber denke, wenn die ersten Eighties- und Nineties-Musicals an den Start gehen.

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                                          • 7 .5

                                            Die Reichen fressen die Armen, die Reichen ihrerseits werden von ihrem Reichtum gefressen. Wer wen bei "Das Hausmädchen" frisst, wird erst zum Schluss klar. Bis dahin rotieren hier die Allianzen, die Liebschaften und Intrigen. Der Film wechselt das Genre, wird vom bitterbösen Melodram zur galligen Soap Opera mit Satire-Touch und schließt ab mit einem Knall.

                                            In den letzten Jahren hat mich das südkoreanische Kino ja regelmäßig überrascht. Seien es nun Thriller, Horror-Stoffe oder gar Animationsfilme. Da sollte es mich doch nicht verwundern, dass eine schnöde klingende Idee zu einem echten Fest avancieren kann.

                                            Wie der Titel schon nahelegt, handelt der Film von einem jungen Hausmädchen, das von einem reichen Paar engagiert wird. In ländlicher Abgeschiedenheit bezieht Hauptfigur Eun-yi ihr Quartier, in einem Protzbau von einem Anwesen. Die Kulissen sind exquisit, eine Augenweide, bei der sich trotzdem relativ schnell echte Bedrückung einstellt. Anfängliche Gelassenheit und Monotonie weichen irgendwann einem Gefühl der Suspense. Nämlich dann, wenn der Herr des Hauses seine hochschwangere Gemahlin mit dem Hausmädchen bedrückt. Eun-yi wird schwanger und, selbstverständlich, verwandelt sie dies zu einer Bedrohung für die bisherige Ordnung.

                                            Bald schon geht es nicht um Komplikationen und Schweigegeld. Es werden perfide Pläne geschmiedet, in denen die Arbeitgeberin und ihre Mutter, ein echtes Schwiegermonster, auf Unfälle und Tod spekulieren. Dabei sind die Rollen nicht immer sofort klar definiert. Eun-yi wirkt mal wie ein naives Dummchen. Dann wieder schwankt sie zwischen Rachsucht und Hilflosigkeit. Ausrichten kann sie, Achtung Spoiler, sowieso nicht viel. Die Elite in diesem Film ist selbst ein ambivalenter Organismus aus Neidern und Nattern. Bis auf die Rolle des Herrn des Hauses ist "Das Hausmädchen" ein Frauenfilm im wahrsten Sinne des Wortes. Kerle sind höchstens nur Statisten, das Gift-Versprühen übernehmen die Frauen. Die einen wollen ihren Status und den Besitz halten, die anderen, wie Eun-yi und ihre Kollegin, sind da eher ein lebendiger Spielball. Regelrechte Wesen niedriger Herkunft, die nur dann mit einem gewissen Anstand behandelt werden, wenn sie schön brav ihre Aufgaben verrichten.

                                            Bissig ist der Film vor allem dann, wenn die Figuren ihre Ränke schmieden oder die Dienerschaft, unter sich, offen über die Verhältnisse lästert. "Das Hausmädchen" kriegt in seinen besten Momenten die Kurve hin, mehr zu sein, als eine edle gefilmte Schnulze zwischen Arm und Reich. Dann wird aus dem asiatischen "Gosford Park" oder Downtown Abbey", ein schön perfides Vergnügen, bei dem ich nie so recht weiß, wer hier wen eigentlich verdient. Liegt aber auch daran, dass Eun-yi ein wenig wankelmütig charakterisiert wird. Wie gesagt, mal gibt sie sich ganz ihrer "Opferrolle" hin, ohne ihr Köpfchen zu benutzen. Dann wieder könnte sie jederzeit zur Waffe greifen und blutige Tatsachen schaffen. Überraschend war es dann doch, sogar etwas tragisch, wie es am Ende ausging.

                                            Eine ganz Runde ist "Das Hausmädchen" sicherlich nicht. Aber es ist ein irgendwie perverser Spaß, ein schickes Herrenhaus langsam zu einer Arena mutieren zu sehen. Einen Käfig, indem sich die verkommenen Reichen am besten selber erledigen würden. Wenn sie nicht die arme Dienerschaft als Spielball hätten.

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                                            • 7 .5

                                              Lassen wir Steine und Schlagstöcke einen Moment lang ruhen. Löschen wir die Molis und stellen den Schlachtgesang ein. Werfen wir einen näheren Blick auf unser Hass-Objekt "Bullenschwein":

                                              "All Cops Are Bastards" verrät es schon am Titel, dieser Film ist nicht ganz so lustig wie "Der Gendarm Von Saint Tropez". Diese italienische Produktion versetzt uns in die Höhle des Löwen. An der Seite von "Schnuller" Adriano erleben wir, was es heißt, Teil des Sonderkommandos zu sein. Adriano wird zum Riot Cop. Statt Strafzettel verteilen oder Schreibtisch-Dienst heißt dies Helm, Schutzschild und Schlagstock. Bei jedem Fußballspiel, jedem Streik oder jener Wohnungsräumung dürfen die Protagonisten des Films anrücken und das Negativbild der Polizei ausleben.

                                              Da gibt es aufs Maul, werden aus verbalen Provokationen blitzschnell handgreifliche Argumente. Es fliegen Pflastersteine, Tränengas wird versprüht. Der Dienst ist also alles andere als ein Kaffeekränzchen. Aber knapp zwei Stunden Dauerprügel und Polizeischikane wäre eindimensional und würde dem Prädikat Drama kaum gerecht werden. "All Cops Are Bastards" ist in dieser Hinsicht schlau. Der Film wirft einen nüchternen und ernüchternden Blick hinter den Schlagstock-Träger. Gezeichnet wird das Porträt einer eingeschworenen Truppe, deren Mitglieder in beinahe jeder privaten Beziehung scheitern. Da verliert einer den Sohn an die rechte Bewegung. Eine Ehe scheitert, inklusive Sorgerechtsstreit.

                                              Da muss der Einsatz ja quasi als Ventil herhalten. Aber selbst das ist zu kurzsichtig gedacht. "All Cops Are Bastards" stellt einerseits nur fest, dass die Mitglieder des Sonderkommandos auch nur Menschen mit Problemen sind. Auf der anderen Seite wird aber ebenso klar, dass die (italienische) Polizei als Organ der Staatsgewalt an Einfluss, Respekt und Spielraum eingebüßt hat. Sprich: Zu einem machtlosen Haufen armer Schweine auf der Schlachtbank verkommen ist.

                                              Der Film gestaltet sich als Streifzug durch die italienische Vorstadt, die, stellvertretend für die Gesellschaft, von einer Vielzahl von Krebsgeschwüren zerfressen wird. Rechtsextremismus, Korruption, Arbeitslosigkeit, Wohnungsknappheit. Da werden Anwohner aus ihren Häusern vertrieben, weil neue Luxusbauten entstehen sollen. Sozialwohnungen werden von illegalen Einwanderern besetzt. Es besteht kein Zweifel, "All Cops Are Bastards" zeigt ein Pulverfuss, dessen Lunte schon längst entzündet ist.

                                              Freilich lässt sich darüber streiten, inwiefern der Film differenziert genug ist. Oder ob er als Bestandsaufnahme der Gesellschaft, überzeugend genug ist. Immerhin bleiben Lösungsvorschläge aus. Antworten gibt es keine, nur die Einsicht, dass am Ende jeder ein armes Schwein ist. Nicht nur die Bullen allein. Narrativ betrachtet leidet der Film sogar darunter, dass er viele Situation schildert, jedoch seine Figuren in ihrem Netz straucheln lässt. So wird auch "Schnuller" Adriano schließlich den finalen Entschluss fassen, ob er sich seiner Garde ganz verschreiben wird oder nicht. Letzten Endes verdeutlicht dieser Kniff aber auch, dass diejenigen, die Steine werfen und die, welche den Knüppel schwingen, allesamt Gefangene einer beschissenen Lebenssituation sind. Für die es keinen Ausblick auf Besserung gibt. Deswegen ist "All Cops Are Bastards" einer dieser Filme, deren Charaktere Gut und Böse ineinander vereinen und mit sich selbst am meisten hadern. Wie passend, dass eine Figur wie des Cobra, da die beste Rede über Kameradschaft und Bruderschaft hält. Über die Bürde ein Polizist zu sein, obwohl er selbst zum dritten Mal wegen Körperverletzung auf der Anklagebank sitzt. Ein herbes Stück europäischen Kinos also, das mit dem Bild der Fernseh-Cops ungefähr so viel gemein hat, wie die Regenbogen-Prognosen der Politiker.

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                                              • 0 .5

                                                Großer Gott: Adam Sandler im Doppelpack und im Frauenfummel. Al Pacino verkauft sich jenseits seiner Klasse. Bei diesem Bockmist versucht mein Gehirn, sich per Aufschlag gegen die Schädeldecke zu betäuben.

                                                "Jack Und Jill" ist kein Film, er ist eine Katastrophe. Die Bankrott-Erklärung des Sandler-Humors, der nichtmal von einem Johnny-Depp-Gastauftritt gerettet werden kann. Über "Tootsie" kann ich lachen, über "Mrs. Doubtfire", aber nicht darüber.

                                                Aua, mein Schädel.

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                                                • 6 .5

                                                  Paul Verhoeven malt sich das Mittelalter aus. Als Farben nutzt er nacktes Fleisch, Ströme von Blut, die Pest, Verrat, Irrglaube und die Niedertracht des Menschen. Das kann ja was werden und brannte sich wohl gerade deshalb in mein Gedächtnis.

                                                  Mit "Flesh And Blood" betrat Verhoeven seinerzeit die goldenen Hollywood-Gefilde. Scherte sich einen Dreck um Zielgruppen, Zuschauererwartung, guten Geschmack und Schnittauflagen. Auch das macht den Film nicht zu einem wahren Meisterwerk, aber zu einem waschechten Verhoeven. Einer, der etwas in Vergessenheit geraten ist und kaum ausgestrahlt wird, wie zum Beispiel "Basic Instinct".

                                                  Dennoch ist fast alles da: die religiöse Symbolik, der Sex, blutig derbes Meucheln und diese ganz eigene Betrachtungsweise. Verhoevens Lupe, die er auf Helden und Schurken gleichermaßen richtet und, auf diesem Wege, sogar Abziehbildern von Charakteren, mehr Leben einhaucht, als so manche seiner Kollegen. Selbst in einem Kontext wie diesen launigen mittelalterlichen Freibeuter-Roman, den "Flesh And Blood" letztlich darstellt.

                                                  Das finstere Mittelalter ist dreckig, grausam und verbohrt, daran lässt der Film keinen Zweifel. Während die Pest über die Bevölkerung herfällt, bleiben Gelehrte in ihren Schriften und Aderlass-Theorien stecken. Wollen Vagabunden und Söldner ordentlich Plündern und die Sau rauslassen. Ganz gleich, welcher Krieg wütet. Hauptsache, der Feldherr zahlt ordentlich. Auch Stadtherr Arnolfini bedient sich einer solch rauflustigen Bagage, um sein Hoheitsgebiet zurückzuerobern. Den Sold aber will er prellen und jagt die Truppe zum Teufel. Entwaffnet und gottverlassen schwört der charismatische Martin (noch etwas jünger und doppelt so stark: Rutger Hauer) Rache. Berufen von der Erscheinung seines gleichnamigen Schutzpatrons, zieht er mit seiner Bande in den Krieg. Arnolfini töten kann er zwar nicht, aber bei der Gelegenheit dessen Sohn Steven die Braut rauben. Die heißt Agnes, kommt gerade aus dem Kloster und findet an ihrer neuen Situation als Geisel alsbald ziemlichen Gefallen. Der Showdown darf dann stilecht auf einer Burg stattfinden, die Martin und seine Crew gewaltsam eingenommen haben.

                                                  Die Handlung ist im Grunde also nicht allzu kompliziert. Besticht aber dennoch mit einer Fülle an Details und Beobachtungen, die vermengt auf über zwei Stunden, jedoch auch zu viel des guten geraten sind. "Flesh And Blood" begnügt sich nicht damit, eine Mär von edlen Recken und bösen Gesellen wiederzukäuen. Das Geschehen findet im Italien des Jahres 1501 statt, als Mittelalter und Renaissance um die Vorherrschaft kämpften. Deswegen gehören Martin und seine Gefolgschaft eher zu den simpel gestrickten "Leichtgläubigen", die nicht Lesen und Schreiben und können. Während Arnolfinis Sohn Steven bereits Lehren aus Wissenschaft und Medizin studiert. Am Ende weiß er sogar die Pest für die wohl erste bakteriologische Kriegsführung zu nutzen.

                                                  Irgendwie ironisch und mehr als nur angedeutet ist auch der Umstand, dass sich Martin und seine Recken allesamt vom religiösen Fieber anstecken lassen. Sie wollen ständig ein weiteres Zeichen erkennen und belügen sich damit selbst in die eigene Tasche. Gerade bei der Charakter-Zeichnung hebt Paul Verhoeven "Flesh And Blood" übers Maß schlichter Mittelalter-Metzelei hinaus. Die Figuren mögen einen Hauch von Schlichtheit versprühen, sind aber auch immer wieder mehr als nur das, was sie anfangs repräsentieren. Der raubeinige, kesse und doch charismatische Martin zeigt sich als mal kaltblütig, brutal. Lässt sich aber blenden von seiner schönen Geisel und strebt nach mehr, als dem Morast seiner niedrigen Existenz. Wohingegen Jennifer Jason Leigh als Kidnapping-Opfer Agnes schnell vom keuschen Klostermädchen zur Femme Fatale avanciert. Ihre Reize ausspielt und man sich gegen Ende nicht mehr ganz sicher ist, ob sie nun ihren Entführer oder ihren Retter hintergehen will. Am Ende ist auch der aufgeklärte Steven nicht mehr nur der kluge Kopf mit Sachverstand. Sondern gibt sich ganz dem vernebelten Blutdurst hin.

                                                  Dem mürrischen Treiben hapert es also nicht an interessanten Figuren, wohl aber an der Dramaturgie. Während Verhoeven es versteht, mehr als nur Schablonen mit Namen und Gesichtern in Rüstung zu inszenieren, gelingt die Sache an anderer Stelle ins Schlingern. Es darf schon gelacht werden, wenn der Kontakt mit einer Pestbeule nach fünf Minuten und wenigen Metern zum Kollaps führt. Oder wenn die Erstürmung einer Burg so reibungslos abläuft wie bei Errol Flynn. Zu Gute halten lässt sich das vielleicht mit der Vorstellung, dass Verhoeven hier eine erste Übung in der Grand Scale unternahm. Dass er ohne eine streitbare Vorlage wie "Starship Troopers" ein wenig vom Kurs abkam. Ansonsten aber einige prächtige Bilder ablieferte, die ohnehin die glorreichen Ritter-Legenden als Schelm abtun.

                                                  In "Flesh And Blood" ist kein Platz für Minnesänger-Schwuchteln, Turniere und Hokus-Pokus-Quark. Hier werden Schädel gespalten und durchbohrt. Sehen die Schwachen einem brutalen Ende entgegen und lassen Verstand und Einsicht der Neuzeit noch etwas auf sich warten.
                                                  Selbst wenn es kein Meilenstein geworden ist, als Mittelalter-Portrait ist "Flesh And Blood" so aufrichtig und unverhohlen wie "Die Ritter Der Kokosnuss".

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                                                  • 3 .5

                                                    Es ist doch kaum zu glauben. Ich habe schon vor und zum Kinostart, jeden in meiner Umgebung lautstark wissen lassen, was ich davon halte. Dann überstehe diesen Quatsch, immer noch geistig fit und keineswegs frustriert. Trotzdem bin ich größtenteils der gleichen Meinung geblieben: "Das Gibt Ärger" ist Beschiss.

                                                    Als erstes Beweisstück meiner Ausführung verweise ich auf die, allseits verlässlich lahme, Ideenschmiede Hollywoods. Deren umtriebigen Autoren und Autorinnen nichts Besseres einfällt, als eine Cartoon-Vorlage zu verhunzen. Groß aufgelegt natürlich, mit allem drum und dran, nur eben nicht mehr mit dem anarchistischen Charme, den "Spy Vs. Spy" verbreitet. Denn, während die kurzen Episoden zweier Agenten, die sich gegenseitig ausschalten, irrwitzig und hinterhältig fies gerieten, fehlt es der "formal inspirierten" Adaption an nicht nur diesen Attributen. Sondern auch an Kohärenz in Witz und Handlung.

                                                    Es reicht eben nicht, einen Chris Pine und Tom Hardy, als vielleicht nicht mal schlechtestes, Buddy-Duo eine Bromance ausleben zu lassen, die plötzlich gestört wird. Weil sich zu MR. UND MR. SMITH eine Reese Witherspoon gesellt, die beiden Männern den Kopf verdreht. Dabei, mit ihren Problemen zur Männersuche, aus jeder belanglos leichten RomCom gepurzelt zu sein scheint und nicht mal etwas Neues, etwas Bitchhaftes, auffahren darf. Etwas Biss hätte die Sache vielleicht belebt.

                                                    Andererseits ist das auch reines Wunschdenken. Denn Regisseur McG ist, als Regisseur der "Charlie's Angels"-Filme, nicht gerade als Mann fürs Subtile bekannt. Vielmehr führt dieser Kerl, gemäß dem Originaltitel, Krieg mit dem Zuschauer. Feuert alles ab, ohne in die Tiefe zu gehen. So werden auch die neckischen und nur sehr kindischen, Neckereien der wetteifernden Agenten, abgehandelt, um gleich wieder irgendwie etwas spektakuläres zu zeigen. Und wenn wir Glück haben, dann findet sich sogar eine Szene mit Til Schweiger als bösem Deutschen wieder. Denn was wäre der Secret Service ohne Bösewicht.

                                                    Von dem und seiner persönlichen Vendetta gibt es aber wirklich viel zu wenig. Zumindest so wenig, dass der Eindruck entsteht, hier wurde ein Element aus einer frühen Drehbuch-Fassung übernommen, als man merkte, dass noch nicht beschrieben Seiten vorhanden waren.

                                                    Wie auch immer, "Das Gibt Ärger" ist kein ergiebiger Film. Für eine Action-Komödie mit Lovestory-Touch besitzt er von allem zu wenig. Will er lustig sein, bleibt er erwartungsgemäß zurück, soll es krachen, ist es zu schnell und zu oft gesehen. Da bleibt auch mir eine Entschuldigung wie "Ist doch nur ein unschuldiges Vergnügen" oder "Heute gesehen, morgen vergessen", als lustloses Trostpflaster zu schade. Wer hatte bloß die Idee dazu? Wer wirft dafür Geld aus dem Fenster? Der Schuss ging jedenfalls von an mir vorbei.

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