mikkean - Kommentare

Alle Kommentare von mikkean

  • 5 .5
    über Gotham

    "Gotham" - Eine Wunschliste

    Liebes Gotham,

    du warst mir schon immer mehr als nur eine fiktive Großstadt. Mehr als das Abbild realer Korruption und Verbrechen. Du warst DER Hort aller Krebsgeschwüre, die unsere Gesellschaft befallen können. Du warst, und wirst es immer sein, der einzige Ort auf der Welt, der ein Leuchtfeuer wie den Dunklen Ritter hervorbringen könnte. Was ich noch unheimlicher finde, du bist düster, schäbig und verkommen, aber ich fühlte mich irgendwie wohl in deiner Nähe.

    Jetzt bist du eine Serie und das Gefühl ist leider ein anderes. Batman, deinen berühmtesten Bürger, hast du aus der Geschichtsschreibung verbannt. Auf jeden Fall willst du mir nun die Geschichte vor der Geschichte um den dunklen Rächer erzählen. Du drehst die Uhr zurück und ernennst einen junge idealistischen Detective namens Jim Gordon zur Hauptfigur.

    Das ist ein wahrlich interessante Idee und manchmal haut sie auch voll rein. Irgendwie zwischen einem nachträglich colorierten "Sin City" und einem ernsthaften "Dick Tracy", gibst du, "Gotham", jede Woche ein paar Verstrickungen mehr Preis. Ergründest ein paar weiter Untiefen des großen Geheimnisses, das sämtliche Unetrweltgangster, Superbösewichte und korrupte Stadthalter umgibt.

    Was mir ganz und gar nicht daran gefällt, liebes "Gotham", ist die chaotische Art und Weise, mit der du uns diese Geschichte erzählst. Chaotisch, überall verstreut, aber nie konzentriert, du wirst diese und ähnliche Beschwerden schon gelesen haben. Du, mein "Gotham", könntest eine wirklich großartige Serie sein. Im Moment habe ich nur keine Ahnung, wohin die Reise gehen wird.

    Mal bist du ein beinhartes Crime-Drama, dann gehst du irgendwie den Adam-West-Weg und erzählst etwas von Superkräften, Terminator-gleichen Auftragskillern und was sonst noch. Das sind einige schöne Einfälle dabei, doch die Dosierung empfinde ich als unglücklich.

    Du packst zu viele Ideen in diesen Kochtopf, der sich Staffel nennt und lässt das ganze überköcheln. Ich habe den Eindruck, bei all den Storylines, wirken manche schon jetzt, zur Halbzeit, auserzählt oder sie nutzen sich ab. Tatsächlich wäre der Aufstieg des Pinguin etwas gestreckter konzipiert, ein absolut fesselnder Geschichten-Kern geworden und nicht eine Aneinanderreihung packender, bis plumper Momente.

    Bei aller Liebe "Gotham", du hast die richtigen Zutaten schon in greifbahrer Nähe. Du solltest dir nur überlegen, ob es einer guten Grund-Story zuträglich ist, sie mit haufenweise anderen Baustellen zu überladen. Und ob die Entwicklung von Bruce Wayne nzu Batman nicht über einige verteilte Etappen hätte erzählt werden könne . Ja, es gab Serien-Kollegen wie "Boardwalk Empire", die brachten in einer Staffel genug Handlung für zwei Kinofilme unter. Doch diese gelungenen Unternehmungen sind rar gesät.

    Natürlich will ich dich nicht verdammen "Gotham". Du gefällst mir schon, aber hier und da werde ich nicht ganz schlaz au dir. Du hast bestimmt das Zeug zu etwas großem und vielleicht bist du so ein Schläfer wie "Fringe", der irgendwann durch die Decke geht. Im Moment ist es auch nur eine Zwischenbilanz, die ich ziehen kann. Doch diese lautet leider: Durchwachsen.

    Trotz dieser ehrlichen Worte möchte ich an dich glauben. Dein Fan, mikkean

    5
    • 6

      Eine Sternstunde der Kinogeschichte. Ein Leuchtfeuer narrativer Innovation. Die formvollendete Verschmelzung der Schauwerte modernster Tricktechnik und der Erforschung existenzieller Fragen nach der Rolle des Individuums und den Mechanismen innerhalb von Macht- und Militär-Apparaten...

      ... ist natürlich nur hohles Gelaber und ganz offensichtlich der plumpe Versuch meinerseits, den Umgang mit "G.I. Joe: Die Abrechnung" humorvoll zu gestalten. Denn hier wird natürlich mit alles und jedem abgerechnet, inklusive dem Zuschauer. Wer sich des Öfteren über hanebüchenen Mega-Super-Bombast beschwert, bekommt hier Hollywoods augen- und ohrenbetäubendes Äquivalent zum "Fresse"-Aufruf reingedrückt.

      Alle vernunftbetonten dürfen "G.I. Joe: Die Abrechnung" gerne in eine Kanone stopfen und über den Erdball verteilen. Es ist eine filmgewordene Action-Man-Fantasie, die abermals aus der Welt der Spielzimmer transferiert und aufgestockt wurde. Wer braucht schon ein ordentliches Drehbuch? Was taugt schon differenzierte Charakter-Zeichnung, wenn cooles Gehabe, schicke Kostüme und fantasievolle Waffen es auch schon regeln.

      "G.I. Joe: Die Abrechnung" hat davon im Überfluss zu bieten und hält sich zudem auch in der Wahl der Feinde, den superbösen Cobra-Streitkräften, nicht allzu lange mit Feingefühl auf. Böse Jungs sind eben böse und die guten treten ihnen in den Arsch. Das ist hohl, mit einer erschreckend simplen Vorstellung von Ideologie und Heldentum, aber mir hat es dennoch echten Spaß und sei es nur Kurzweil, bereitet.

      Wie schon der Vorgänger, ist "G.I. Joe" für mich der bessere "Transformers". Ein total aufgeblasener Dauerrausch. Eine endlose Abfolge fortwährender Orgasmen aus der Stimulanz durch Plastik, Explosionen und Computer-Gewitter. Nur ging mir das zugrunde liegende Spielzeug-Universum immer sonst wo vorbei. Weswegen diese Adaption für mich keine kindliche Vorstellung von Helden zerstört, wie durch das schreckliche Geschwafel der Autobots. Noch störe ich mich an Details wie den nervigen menschlichen Sidekicks der "Transformers"-Reihe, die eh nur im Bild rumstehen oder weglaufen.

      Ich nehme "G.I. Joe: Die Abrechnung" mit der nötigen Distanz als lärmende Spielstunde im XXL-Format wahr. Es gibt keine losen Enden, abgesehen von der Tatsache, dass "G.I. Joe" sich als ein solches eh nur um die eigene Achse dreht. Wer nicht mehr zum gepflegten Ausklinken braucht, könnte sich am Ende sogar kurzzeitig unterhalten fühlen. Allen Zweiflern rate ich nochmals zum gesunden Abstand zum gezeigten. Nicht zu Herzen nehmen, dann bleiben Hirnzellen und Blutdruck verschont.

      3
      • 9

        Dies ist ein Film über Heavy Metal. Über die mystische Anziehungskraft, die nur bis zum Anschlag aufgedrehte Verstärker und verzerrte Gitarren ausstrahlen können. Und darüber ein Gesang, der von Weltschmerz bis zur kämpferisch erhobenen Faust alles abdeckt und hinter sich Legionen desillusionierter, ausgegrenzter Satansjünger mit schwarzer Uniform und Kriegsbemalung zu vereinen weiß.

        Doch seien wir ehrlich. "Metalhead" ist auch was für all die Warmduscher, die einmal in ihrem Leben "Ace Of Spades" ohne Pause gehört haben und meinen, sie verstünden worum es bei Hard Rock und Metal geht. Oder etwas für diese ignoranten Liebhaber der klassischen Musikerziehung, in deren Augen alles abseits von Harfen- und Violinen-Liebkosung, nur abscheulich blasphemische Satans-Anbetung darstellt.

        All diese unvereinbaren Fraktionen könnten aus ihren Gräben steigen und sich auf "Metalhead" einigen. Weil hier ebenso lauthals geschrien, wie auch still gelitten wird.

        Denn Protagonistin Hera hat allen Grund dazu auf Gott und die Welt zu scheißen. Ganz besonders, seitdem sie in Kindheitstagen den Unfalltod ihres großen Bruders mit ansehen musste. Und weil Heras Welt aus einem isländischen Provinzkaff und dem elterlichen Bauernhof besteht. Die von Kopf bis Fuß auf Heavy Metal eingestellte junge Frau rebelliert wo es nur geht, gegen die verschlafenen Bahnen des ländlichen Lebens. Sie stiehlt Nachbars Traktor oder verübt Mosh-Überfalle auf die spießige örtliche Tanz-Veranstaltung.

        Das klingt jetzt, als würde sich "Metalhead" einen Spaß daraus machen, über kleinbürgerliche Beschaulichkeit und ruralen Mief herzuziehen. Als stecke unter dem schwarzen Leder, den Nieten und den gezückten Teufelshörnern eine Posse über den triumphierenden Freigeist, der allen Ungläubigen die trostlose Enge ihres Daseins vorhält.

        Weit gefehlt, "Metalhead" ist noch einiges mehr. Vor allem aber der geglückte Versuch einer stillen, zurückhaltenden Beobachtung einer Familie, die ihre Trauerbewältigung nie abgeschlossen hat. Ersichtlich in jenen Momenten, in denen der Film das Zusammenleben von Hera und ihren Eltern beleuchtet. Nach außen hin spaltet sich die Familie auf ins zornige Iron Maiden – sorry fürs Wortspiel – und das umgängliche Vater-Mutter-Gespann. Da singen sie im Dorfchor, halten Kaffeekränzchen. Doch zuhause und allein, wird deutlich, dass keiner offen mit den anderen sprechen kann. Unausgesprochene Gefühle von Schuld und Angst hängen als schwarze Wolke über Hera und ihren Eltern.

        So betrachtet ergeben auch offensichtlichen Fragen, die sich so manch zweifelnder Betrachter bei "Metalhead" stellen dürfte, einen neuen Sinn. Zum Beispiel: Warum spielt und schreit sich Hera ihren Frust und Schmerz in der Scheune von der Seele, hat das Kaff aber schon längst nicht hinter sich gelassen? Wieso pfeift sich nicht einfach auf ihre Alten? Oder warum hat niemand schon eher ein Wort darüber gesagt, wie es oder ihr geht?

        Vielleicht, weil es Mut und Anstrengung bedarf, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Was den Film keineswegs zu einer enervierenden Therapiesitzung ohne Stichwortgeber macht. Im Gegenteil, "Metalhead" erzählt von einem natürlichen Heilungsprozess und von Selbstfindung. Aus dem Metal-Abziehbild Hera, deren Auftreten und Verhalten noch fälschlicherweise als Trauer/Trotz-Reaktion abgetan werden könnten, wird schlussendlich eine dreidimensionale Figur. Ein Charakter, der seine Vorlieben nicht stellvertretend für jemand abwesenden auslebt, sondern seine Richtung vorgezeigt bekommt.

        Herrje, sind wir doch glatt abgedriftet. So aufdringlich analytisch ist "Metalhead" jedenfalls nie. Darin liegt die große Kunst dieses kleinen Films. Dafür sind dann auch zu viele, herrlich abgestimmte Humor-Einschübe eingebaut. Ganz ohne Verlust des Fokus auf die persönlichen Krisen, um die es geht. Nie wird eine der Figuren, ob unsere Metal-Heldin, noch die dörfliche Bevölkerung, dem Spott preisgegeben. Noch so ein markantes Qualitätsmerkmal dieses Films, der einen der überraschendsten und besten Drama-Beiträge des europäischen Kinos der letzten Jahre darstellt. "Metalhead" mag eher ein Juwel der Sparten-Welt sein, aber er verdient durchaus größere Aufmerksamkeit.

        11
        • 3 .5

          Das heutige Klassenziel lautet Weltuntergang. Mensch, wären meine Unterrichtsstunden damals so interessant gewesen. Eine Klasse schöner junger Nachwuchs-Darsteller und ihr Philosophie-Lehrer hocken zusammen und durchleben das Szenario der nuklearen Apokalypse. In ihren Köpfen wohlgemerkt, während der Zuschauer dank filmischer Magie erleben darf, wie die Kids Lotterie spielen.

          Wen wählen sie, stellvertretend aus ihren Reihen aus, um aus verschiedensten Gesellschaftsschichten den Grundstein für die Brave New World zu legen. Im fiktiv erdachten Bunker ist nur wenig Platz, Vorräte und Ressourcen sind knapp und irgendwann stellen sich Fragen wie die der Fortpflanzung. Oh je, klingt das komplex. Das Problem von "The Philosophers" (Alternativ-Titel: "After The Dark") ist jedoch ein ganz simples: Der Film lockt mit einer höchst interessanten Prämisse und verschenkt diese gewaltig.

          Oder eher verschnarcht er diese mit einer zähen dreimaligen Wiederholung des Gedanken-Konstrukts. Das junge Ensemble präsentiert sich als homogene Masse gelackter Charakter-Skizzen, denen jede schön ihr Text und Auftritt zugedacht wird, ohne dass der Zuschauer im Angesicht des erdachten Schreckens irgendwie überfordert werden würde. Dabei sind die ersten zwei Runden schon mal Blindgänger, deren Erkenntnisgehalt gegen null geht und überhaupt, zwingend wichtige Fragen zum Wesen der Philosophie oder den moralischen Wert der Entscheidungen unterminieren der diktatorisch klugscheißende Lehrer/Spielleiter und das eiernde Drehbuch.

          "The Philosophers" braucht bis zur Zielgeraden, um zwei halbwegs spannende Wendungen einzubauen. Eine im Gedankenspiel, eine als kleine Drangabe im Epilog. Ansonsten verbleibt der Film in seinem stoischen Modus, mehr oder minder bekannte TV-Gesichter vor drohender Kulisse wie affektierte Teilnehmer einer experimentellen Theater-AG rumtoben zu lassen. Streicht das, wenn hier jemand mal toben würde, statt affige Aktionen zu präsentieren, wäre "The Philosophers" mal geradezu aufregend. Dann hätte aber auch das unberechenbare Element menschlichen Verhaltens inbegriffen sein müssen, nicht bloß das zur Schau gestellte, gähnend langweilige Kalkül. Und das ist auch schon die Krux, mit all der eingestreuten Manipulation seitens des Lehrers, werden das Gedankenmodell und auch die Reinheit ethischer Entscheidung unterminiert.

          In dieser Veranstaltung namens "The Philosophers" gibt es dann auch keine Gewinner. Die Kids ziehen nach dieser zweifelhaften Lektion weiter und ihr schulischer Gegenspieler ist ein Oberarsch, der sich mit zwei, drei Auserwählten aus dem Kreis der Lämmer, spärliche "Ich-denke-besser-als-du-Duelle" geliefert hat. Am schlimmsten trifft es wohl das Publikum. Das hätte sich, angesichts schöner Kulissen und durchaus nach Potenzial rufender Idee, ein halbwegs spannendes Film-Experiment gewünscht. Bekommen haben wir dafür einen philosophischen Hohlkörper, der sich nicht neben den großen Geistern wie Platon und Aristoteles behaupten kann. Mit dem Ende vor Augen vergehen auch die großen, wichtigen Fragen irgendwann wie die trägen Minuten der Laufzeit, ohne nachzuwirken. Dem Weltuntergang von "The Philosophers" kann dann zur Abwechslung doch ein gutes Gegenmittel entgegengesetzt zu werden. Ein gutes Buch vielleicht.

          4
          • 6

            Filme wie "Kikis Kleiner Lieferservice" sind eigentlich pure Erpressung. Du musst so ein Realfilm ja gerade zu lieben, wenn schon, in diesem Fall, der gleichnamige, zeitlos schöne Anime-Klassiker dein Herz erobert hat. Und wenn du es nicht tust, dann hast du den Kontakt zum inneren Kind verloren, bist ein vereister, rationaler Erwachsener, der sich an den kleinsten Wundern nicht mehr erfreuen mag. Was für eine Frechheit, uns mit so einer Masche zu kommen.

            Hayao Miyazaki zauberte anno 1989 ein betörend ruhiges, wie farben- und lebensfrohes Märchen daher. Die Geschichte einer jungen Hexe Kiki, die in fremder Umgebung leben soll und so viel über die eigenen Kräfte, Freundschaft und die Verantwortung lernt. Zum 25. Jubiläum wird dieser Stoff, wie auch die Romanvorlage von Eiko Kadono, mit dieser Neuverfilmung bedacht. Darsteller aus Fleisch und Blut, eine Kulisse aus Natur und Studiobauten, moderne Tricktechnik und einige schöne handgemachte Kniffe. "Kikis Kleiner Lieferservice" sollte eigentlich keine schlechte Figur machen, besonders fürs eigentliche junge Zielpublikum. Und da haben wir schon den größten Störfaktor.

            Als Kinderfilm funktioniert dies durchaus prächtig. Die wesentliche Botschaft ist erhalten geblieben und gibt den jüngsten nur positive Vibes mit auf den Weg. Wer aber genau hinschaut, wird sich indes wundern müssen. Über die deutlich ins Bild eingesetzten CGI-Tiere. Darüber, ob Kiki-Darstellerin Fūka Koshiba nicht ein bisschen zu alt für die Rolle ist. Oder über den Charakter der kunterbunt-fröhlichen
            Hafenstadt Koribo, deren Bewohner ein wenig wie Flüchtlinge aus einer "Pushing Daisies"-Parallelwelt wirken. Natürlich ist hier jeder klinisch bereinigt vom bösen Hintergedanken und bösem Hinterwitz. Fast, ein bisschen Melodramatik schwingt auch mit, wenngleich nicht als dauerhafter Zustand.

            Es ist schon, wenn nicht Erpressung, dann eine zwiespältige Angelegenheit. "Kikis Kleiner Lieferservice" ist genau das richtige für eine neue Generation jüngerer Zuschauer, die Miyazakis Version noch nicht kennen oder mehr Abenteuer mit ihrer Lieblingshexe erleben möchten. Für uns ältere ist diese Ausgabe dann aber doch zu merkwürdig unausgeglichen. Die Geschichte ist simpel, aber zieht sich. Jede neue Bekanntschaft fühlt sich wie eine kleine Mini-Episode an, diese fügen sich am Ende etwas zu willkürlich in ein großes ganzes. Es scheint, als wäre einfach mehr drin gewesen und es hätten einige Story-Fäden gern noch länger weiterverfolgt werden können.

            Andererseits sollte es nicht bloß Disney und anderen westlichen Studios vorbehalten sein, immer neue Versionen bekannter Geschichten mit echten Schauspielern umzusetzen. Diesen ganzen Leinwand-Schneewittchen der letzten Jahre oder der jüngsten Cinderella-Ausschlachtung, setzt "Kikis Kleiner Lieferservice" ein interessantes Gegengewicht entgegen. Freunde von Studio Ghibli können ruhig einen Blick riskieren und besonders alle, die ihren Kindern ein wenig magische Entkopplung von unserer hektischen Welt bieten möchten. Der Rest von uns darf getrost auf die Verhandlung mit Terroristen pfeifen und sich dieser Erpressung verweigern.

            4
            • 8 .5

              Wohin noch schweifen, wenn du auf Erden schon überall gewesen bist?

              Christopher Nolan dürfte sich diese gewichtige Frage zwangsläufig oft gestellt haben. Hat er doch mit seiner "Dark Knight"-Trilogie und Inception die Erwartungshaltung ans Blockbuster-Kino nachhaltig verändert. Mit vertrackten Handlungen, Labyrinthen von Zeit- und Erzählsträngen, deren Komplexität dem Innenleben ihrer Figuren in nichts nachstehen.

              Überhaupt ist der Markenname Nolan zum Synonym für eine neue Dimension epischer Breite geworden, die es geschafft hat, inhaltliche und optische Werte gleichbedeutend zu behandeln, ohne das eine für das andere zu opfern. Und wenn Christopher Nolan diese Formvollendung auch nicht erfunden hat, er hat sie für die breite Masse wiederentdeckt. Deswegen war seine Vision von Batman die nächste Stufe der Comic-Verfilmungen. Gleichermaßen ein Freudenfest für Freunde vielschichtiger Charakter-Zeichnung, bedrohlich düster und real anmutende Subtexte und ein überwältigender Augenschmaus für Fans fetter Bilder.

              Nach den Ausflügen nach Gotham City und ins Unterbewusstsein schickt Nolan den Zuschauer nun auf die Reise zu den Sternen. Jedenfalls auch, den "Interstellar" ist kein fast dreistündiges Science-Fiction-Ungetüm, bei dem die Protagonisten nur in Raumschiffen und -stationen schweben und warten, bis sie ihre Füße auf fremde Welten aufsetzen.

              Nolan unterzieht sein Publikum einer ganz besonderen Prüfung. Er verbindet in "Interstellar" den Pioniergeist und die Gefahren der Raumfahrt mit der Last der bloßen irdischen Existenz. Matthew McConaughey alias Cooper, der Held dieses Spektakels, ist nicht nur Astronaut. Er ist auch Familienvater, Verfechter des Glaubens an die Suche nach einem neuen Lebensraum für die Menschheit. Vor allem ist Cooper hin und her gerissen zwischen der monumentalten Verantwortung seiner Unternehmung und dem Opfer, das er bringen wird, wenn er die Erde hinter sich lässt. Seine Kinder, die er zurücklässt und eine Welt, deren Klima und Vegetation sich zunehmend gegen die Menschheit wenden.

              Den Absatz mit dem Sci-Fi-Ungetüm noch nicht vergessen? "Interstellar" ist natürlich eins, aber kein fades und monotones. Es ist ein Monster von einem Film, das die klassischen Ideen und Ideale seines Genres neu auslotet und zeitgleich ein Personal auffährt, an dessen Sorgen und Ängste wir genau so stark Anteil nehmen sollen, wie an der eigentlichen Mission. Selbstredend muss sich "Interstellar" deshalb der Gravitation widersetzen und der Anziehungskraft von Begriffen, wie den der Space Opera trotzen. Die Erkundung des Weltraums und Gefühlsduselei, welch unglückliche Paarung. Von wegen.

              Sicherlich überschreitet "Interstellar" einmal zu oft die Grenze zum Kitsch, als daran vorbei zu schrammen. Es hagelt richtigen Pathos, das Herz wird ebenso von den Kräften der cineastischen Manipulation erdrückt, wie es auch von denen gewärmt wird. Garantiert schießt Christopher Nolan beim ein oder anderen Zuschauer übers Ziel hinaus, ganz Space-Schmonzette wird "Interstellar" aber nie.
              Dafür gibt es neben vielen Dialogpassagen über die Liebe und die Liebsten, über das Für und Wider der Sternenfahrt und die Rettung der Erde, einfach zu viele starke Momente und unglaublich schöne Ansichten des Kosmos. Hier angeführt sei nur der unvergessliche Augenblick, in dem Matthew McConaughey fast drei Jahrzehnte Erdenleben per Videobotschaft nachholen zu müssen.

              Nicht zu vergessen die Tatsache, dass "Interstellar" dem Geiste von Arthur C. Clarke und allen anderen Visionären huldigt, indem der Film seine Helden McConaughey, Anne Hathaway, Michael Caine oder Jessica Chastain nach neuen Möglichkeiten für die Entfaltung der Menschheit suchen lässt. Nach einem friedlichen Griff nach den Sternen und einer ausgestreckten Hand zu möglichen anderen Bewohnern der Galaxien. Oder die spannenden Motive in der ersten Hälfte des Films. Wenn Nolan das Bild einer Gesellschaft malt, die zwanghaft pragmatisch den Blick nach oben unterlässt und eine Generation von Landschaftsarbeitern heranzieht, die den eigenen Tod vor Augen ignorieren sollen.

              "Interstellar" eine epische Breite und einen Hang zur Übergroße zuzugestehen, wird dem Film nicht gerecht. In seiner Gesamtheit ist er kein zweitklassiger "2001"-Verschnitt, der auf Biegen und Brechen versucht, künstlerischen und wissenschaftlichen Wert zu suggerieren. Viel mehr gehört Nolans Film in die gleiche Kategorie wie "Cloud Atlas": too big to comprehend, for now. Zwischendurch angesehen kann "Interstellar" jedenfalls nicht und auch sein Stellenwert als künstlerische Errungenschaft zwischen Melodramatik, kosmischer und wissenschaftlicher Genauigkeit und fantastischen Kopfgeburten, kann heute eigentlich nicht beurteilt werden. Dafür wirkt "Interstellar" zu nah und zu fern. Ist denkbar und auch Welten entfernt.

              Und selbst wenn von mir keine überschwängliche Benotung gibt, muss klar sein, dass diese Ziffer (wie jede Bewertung) keine fixe Konstante ist. Sondern eine Zwischenbilanz, an der sich auch etwas ändern kann. So wie auch "Interstellar" ein großer Film ist, in positiven wie negativen Belangen. Da ist einmal Anschauen und nur eine Meinung bilden zu wenig.

              9
              • 4 .5

                „Pitch Perfect“ melkt die Popsongs-In-A-Capella-Cashcow kräftig mit, wenngleich dem starken weiblichen Cast die Zündung der einen oder anderen derben Gag-Granate vergönnt ist. Am Ende entfernt sich der Film dann doch nicht zu weit von der unerklärlichen Seifenblase aus Teamgeist, Selbstwertschätzung, Liebe und was weiß ich noch, mit der schon eben „Glee“ vorübergehend zu einem kulturellen Phänomen wurde.

                Deshalb ist dieser Film auch nur halb so rebellisch, wie er gern wäre. Den richtigen Ton trifft "Pitch Perfect" dann doch zu selten, dafür ist er auch nur halb so schlimm. Einmal ansehen geht schon.

                2
                • 5

                  Zwei Dinge werde ich Steven Soderbergh garantiert nie vorwerfen können. Erstens, dass er sich nicht in verschiedenen Stil-Richtungen austoben wollte und immer nur den gleichen Film gedreht hat. Und zweitens, dass er es nicht versteht, aus einer story-technischen Mücke einen Streifen von Elefanten zu machen.

                  "Magic Mike" ist ein solches Monster. Eine Mischung aus Comedy und Drama, wie Wikipedia es mir erklärt. Die Nabelbeschau des vielseitig begabten Titelhelden, der sich krümmt und dreht und irgendwo im Leben steht. Bauarbeiter bei Tag, bei Nacht die Sensation auf der Bühne eines kleinen Strip-Schuppens.

                  Soderbergh lässt ordentlich die Puppen tanzen. Channing Tatum und auch Matthew McConaughey kreisen die Hüften, lassen die Hüllen fallen und Ladys in Ekstase in Verfallen. Choreografiert und fotografiert wie eine Mischung aus Chippendales und "Rocky Horror Picture Show". Nicht transenhaft (Gott bewahre!) meine ich, sondern so groß, dass es einfach nur parodistisch wirkt.

                  Was vermutlich auch genau so gemeint gewesen sein soll. Denn "Magic Mike" will ja wohl vor allem das Innenleben seiner Hauptfigur beleuchten. Die große Leere veranschaulichen, die Mike so belastet. Seinen großen Traum vom eigenen Geschäft kann er nicht verwirklichen, sein Strip-Boss/Sklaventreiber beutet ihn aus. Und auch in Sachen Liebe braucht sich Mike mit bedeutungslosen One-Night-Stands und Dreiern selbst auf.

                  "Die Unerträgliche Leichtigkeit Des Seins" drückt sich bei dieser Perspektivlosigkeit als Untertitel geradezu auf. Nur sah nichts nur selten so schick aus. Nein, ich verirre mich momentan nicht, die Bodys von Tatum und Co. waren mir herzlich egal. Was ich meine, ist das Nichts an Bedeutung und Handlung, die hinter "Magic Mike" zu stecken scheint. Wenn ich dann nicht eine Anklage über die verdammte Oberflächlichkeit unserer Zeit, das schnell hinfällige Heldentum perfekter Körper und die hirnlose Aufgesetztheit unserer Wegwerfkultur übersehen haben sollte. Wenn ja, mein Fehler.

                  Für mich ist "Magic Mike" ein gut gemachter Zeit-Überbrücker. Von allen gut gespielt, selbst ohne vollen Körpereinsatz und eigentlich auch mal recht lustig. Nur sind Mikes profunde Probleme nicht meine und auch der Erkenntnisgehalt dieser Veranstaltung erscheint mir nicht so überwältigend wichtig.

                  2
                  • 7

                    Stell dir vor, du wärst eine kleine, harmlose Leuchte im großen Kosmos. Ein Familienvater, der eines Nachts von Geräuschen geweckt wird. Plötzlich stehst du einem Einbrecher gegenüber und ein verdammtes Mal in deinem Leben machst du von deinem Revolver Gebrauch.

                    Michael C. Hall jedenfalls verlässt seine Stammrolle als Dexter für einen unscheinbaren Charakter wie diesen. Richard Dane ist weder ein Held, noch ist er ein schlummernder Mörder. Nein, er verteidigt einfach nur sein Leben und das seiner Liebsten. Höchst effektiv übrigens. Nach ungewollter Heldentat und gutem Zureden der Polizei könnte dieses Leben langsam normal weitergehen. Würde nicht dummerweise der Vater des ermordeten Einbrechers auf der Matte stehen.

                    "Cold In July" startet wie so eine "Kap Der Angst"-Kiste, mit ein paar Parallelen zu "A History Of Violence". Auch Michael C. Hall gibt einen unauffälligen Musterbürger, der ruckartig in einen Strudel aus Gewaltbereitschaft und Blutvergießen gezogen wird. Marke "Töte-lieber-wenn-du-nicht-gekillt-werden-willst". Der Indie-Aufsteiger Jim Mickle hat nach Vampiren und fundamental christlichen Kannibalen die Welt der Achtziger-Jahre-Krimi-Bücher für sich entdeckt. Und er weiß diese schnörkellos bis ziemlich interessant umzusetzen.

                    Optisch gibt es nichts aussetzen. Das Jahrzehnt wird glaubwürdig wieder zum Leben erweckt. Sam Shepard und vor allem, der überraschend stark auftrumpfende, Don Johnson geben ein maskulines Gegengewicht zur Figur von Hall. Der treibende Synthie-Soundtrack erinnert mich in den Anfangstakten immer ein wenig an Falling Away From Me von Korn. Ziemlich atmosphärisch und richtig gut für einen Film, der eigentlich nur ein B-Thriller ist und sein will.

                    Aber genau in allen Punkten quasi alles richtig macht. Das hier ist nicht so bedeutungsschwanger wie "Winter's Bone" gemeint. Noch will hier eine poetische Marke transportiert werden. Selbst wenn "Cold In July" irgendwann kippt und aus der "Kap Der Angst"-Kiste ein ziemlich biblisches Vorhaben wird, bei dem ein Vater den Vorsatz trifft, den eigenen Sohn töten zu müssen. Halt, das war vielleicht etwas zu viel verraten.

                    Auf jedem Fall hat Jim Mickle das kleine Wunder vollbracht, abermals einen Film vorzulegen, der schon wieder als sein bis dato bester gelten könnte. Und hat sich auch ein bisschen Leerlauf, eine etwas zu spürbare Entschleunigung in der Mitte eingeschlichen, "Cold In July" ist ein sehenswerter kleiner Thriller. Ein Film, bei dem die Auflösung einen schalen bis bleiigen Beigeschmack behält und sich auch gewaschene Hände noch dreckig anfühlen. So kann ein Film mit Eiern aussehen, der es nicht nötig hat, einem besagte ins Gesicht zu schmieren.

                    9
                    • 8

                      Der richtige Film zur richtigen Zeit. Seid ihr auch einladend düsteren Spukhäusern überdrüssig? Habt ihr keine Lust mehr auf Videotagebücher über klapperndes Geschirr, von unsichtbarer Hand verrückte Stühle und bewegte Türen? Dann gebt euch einen Ruck und lasst "Housebound" in euer Leben. Ihr werdet es nicht bereuen.

                      Wieso? Na, weil diese Genre-Perle aus Neuseeland herrlich erfrischend, ein bisschen rotzig und vor allem schön turbulent daherkommt. Regisseur und Autor Gerard Johnstone hat sich merklich Gedanken darüber gemacht, wie sich sein Film aus der Geisterwelle der letzten Jahre hervorheben kann.

                      Das beginnt schon mal bei unserer Protagonistin. Kylie, Rebellin seit Teenager-Tagen und erfolglose Kleinkriminelle, ist mehr die kaltschnäuzige Anti-Heldin. Von der Justiz zum Hausarrest verdonnert, geht es für sie zurück aufs verhasste elterliche Anwesen. Zurück zur nervigen, abergläubischen Mutter und dem stillen Stief-Dad. Gefangen an einem Ort, der vor Müll überquillt und die Errungenschaften der Technik Museumsqualität besitzen. Was für wundervolle Aussichten.

                      Für Kylie gibt es erst einmal nichts aufregenderes, als ihre Umgebung mit Verachtung und Spott zu strafen und die Zeit irgendwie totzuschlagen. Bis, ja bis, auch sie so langsam die unheimliche Natur des Hauses und bestimmte Erscheinungen nicht mehr so einfach ignorieren kann. Vielleicht ist an der Sache mit den ruhelosen Seelen doch was dran.

                      Zumindest, wenn die Verstorbenen einem das Handy klauen. Oder einem scheinbar auf der Toilette lauschen. Das sei in aller Deutlichkeit gesagt, "Housebound" ist eine der schönsten Abwechslungen unter dem Banner Horror-Comedy geworden. Was jetzt nach Blödelei oder plumpem Fäkal-Humor klingt, ist in Wirklichkeit ein wahres Freudenfest. Ein Film, wie er wohl nur im Reich der Kiwis entstehen kann. Vollgepackt mit Ideen (auch mal frischen), schönen Wendungen (dito) und vor allem, herrlichen Charakteren. Da haben wir den liebenswerten Sicherheitstechniker und Hobby-Parapsychologen, den anstrengend freundlichen Sozialarbeiter oder die örtliche Polizei. Ein herrlich kurioses Personal, das einem die meiste Zeit nicht glaubt, bis er oder ihr schließlich selbst das Messer drinsteckt.

                      Es ist dieser besondere Dreh, solchen Typen und einer, anfangs abgeklärten, Heroin wie Kylie, eine Geisterjagd veranstalten zu lassen, der "Housebound" so besonders macht. Ah ja, was ebenfalls zum Spaß beiträgt, ist die Tatsache, dass sich hier jemand der Tücken und Errungenschaften des Spukhausfilms bewusst war. "Housebound" macht sich nicht die ganze Zeit über geisterhafte Vorkommnisse lustig, sondern eifert in Sachen Atmosphäre und Handlung gekonnt seinen Vorbildern wie "Das Grauen" nach. Nur mit dem feinen Unterschied, dass hier nicht jeder Poltergeist ein schwebendes Bettlaken sein muss. Oder dass es hier keiner Séance, sondern handfester Aktion bedarf, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

                      Das mag jetzt verwundern, aber tatsächlich sind es nicht "Paranormal Activity" oder "The Conjuring", die "Housebound" am nächsten stehen. "Scary Movie" wäre das schon eher. Weil hier wie dort fast frivol mit Motiven des Genres umgegangen wird. Mal bedächtig, voller Hochachtung, dann auch etwas derbe und mit Lust aufs Verdrehen der einzelnen Bausteine. Nur ist "Housebound" wesentlich besser und ausgewogener als "Scary Movie".

                      Und weil wir schon von Neuseeland sprechen, darf natürlich Peter Jackson fehlen. Wer seinen "The Frighteners" kennt, könnte das ähnlich gute Gespür wiedererkennen, welches auch "Housebound" auszeichnet. Eine verdammt lustige Komödie mit oder über Horror, aber auch eine sehr gut erzählte Grusel-Story. Hier wird weder der Spaß, noch das Ambiente aus den Augen verloren. Selbst dann, wenn mal ein Kopf platzt. Gutes Ding.

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                        METAL UP YOUR ASS!!!

                        "Moin moin, DAMAGE INC. hier. Wir Jungs von Metallica wollten einfach mal reinschauen und Ihre Konzerthalle in Grund und Boden spielen. Wo sollen wir die Anlage aufbauen?"

                        Die Thrash-Götter setzen sich selbst das lang überfällige Denkmal und hauen dem Publikum "Metallica - Through The Never" um die Ohren. Verpassen den Synapsen audiovisuelle Breitseite und würden am liebsten mit der Energie ihres Konzertmitschnitts das heimische Wohnzimmer sprengen.

                        Zu diesem Zweck verwandeln die Four Horsemen ihren Gig in Vancouver ins ultimative Headbanger-Mekka. Hunderte Fans toben im Hexenkessel, während Metallica ein Greatest-Hits-Set mit einer überwältigenden Visual-Effects-Show kreuzen.

                        Yes, "Metallica - Through The Never" ist phasenweise DAS MEGA-SPEKTAKEL, welche die Summe der einzelnen Teile verspricht. "Predators"-Regisseur Nimród Antal fährt voll auf der Epic-Schiene und fängt Metallica in Höchstform ein. Es hagelt Band-Klassiker und zu jedem einzelnen wird dem Zuschauer ein irrer Showteil kredenzt. Feuerwerk, Stromblitze, die zerberstende Justitia, die stimmigen Animationen zu "One", es ist eine wuchtige Klang- und Bild-Collage voll selbstreferenzieller Querverweise auf Song-Katalog und Band-Geschichte.

                        Bestünde "Metallica - Through The Never" nur daraus, wären Antal und den Metallica-Jungs wohl der ultimative Konzertfilm überhaupt gelungen. Quasi die Metal-Ausführung des Circus Maximus. Dummerweise gibt es da noch diese andere, parallel laufende Storyline um den Sonder-Auftrag von Roadie Trip (Dane DeHaan). Während Hetfield und Co. die Meute anheizen, wird Trip losgeschickt, um irgendwo in der Stadt einen Truck mit dem mysteriösen Etwas, dem Ding, aufzuspüren. Dieses wird unbedingt von der der Band benötigt. Auf dem Weg dahin wird Trip in ein apokalyptisches Szenario katapultiert. Straßenschlachten und ein berittenener Engel des Todes inklusive.

                        Und da wären wir auch schon beim großen Minuspunkt von "Metallica - Through The Never": irre krachende Live-Show trifft irrwitzige Nebenhandlung. Mindestens ebenso stark bebildert steht am Ende doch die große Frage nach dem Warum. Wozu das Ganze? Erklärungen gibt es keine, sinnig sind die Action-Einschübe auch nicht gerade. Weil, ja weil, sich diese Szenen wohl eher als Dreingabe und übergroßer Videoclip im Kinoformat verstehen.

                        An Michael Jacksons "Thriller" kommt die Sache jedenfalls nicht ran. Reißen bestimmte Ausschnitte wie die Fight-Club-Einlage und das finale Duell richtig mit, geraten wir auf den Weg dahin teilweise ins Stocken. Songs setzen irgendwie unnötig lange Pausen im Geschehen. Bis Dane DeHaan loslegen darf, werden wir etwas zu oft in die Arena zurückversetzt. Damit wir ja nicht vergessen, dass es hier um Metallica geht.

                        Neben vielen tollen Ideen (Trip's kleiner Begleiter, Metallica abseits der Bühne), erweckt "Metallica - Through The Never" am Ende den Eindruck, dass hier ein ganz cooler Kurzfilm für den Rest der Show gestreckt wurde. So genial die Songs drum herum eingefügt wurden, so wäre es am Ende vielleicht noch besser gewesen, das Roadie-Abenteuer als eine von mehreren Mini-Episoden zu behandeln. Okay, das hätte wohl das Budget gesprengt.

                        Was soll's. Für jeden eingefleischten Fan wird "Metallica - Through The Never" dennoch den Leinwand-Auftritt verkörpern, der Metallica gebührt. Vergessen sind die Therapie-Sitzungen und die Selbstfindung von "Some Kind Of Monster", hier werden die Verstärker und die Lichtshow auf Anschlag gedreht. Live sind Metallica immer noch die Macht und das weiß der gigantische Film optimal zu transportieren. Die dazugehörige Story ist schick gemacht, aber nicht ganz der Kracher. Aus diesem Grund reicht es für mich nicht ganz für die Bestnote.

                        "Metallica - Through The Never" wird sein Ziel-Publikum glücklich machen, aber kein neues dazu gewinnen. Der Film ist größer als ich erwartet hätte, aber auch etwas weniger unsterblich, als ich erwartet hätte. Oder anderes herum? Ach egal, jetzt hebt schon die Teufelshörner, METAL MILITIA!!!

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                          Oh ihr Zelluloid-Götter, womit haben wir das nur verdient? Auch "The Thing" weiß keine vernünftige Antwort auf die Frage zu finden, warum es immer all dieser Neuauflagen echter Genre-Klassiker bedarf. Um die Schmach fehlender Kreativität etwas zu verdecken, nennt sich das Remake nun selbst Prequel.

                          "The Thing" will die Vorgeschichte zu John Carpenters Reifeleistung erzählen und bietet doch nur dasselbe in Grün. Andere Gesichter, beinahe identischer Ablauf. Kennern des Vorbilds von 1982 könnte dieser Film wie ein enttäuschendes Déjà-vu anmuten. Zu vertraut und wenig abgeändert wurden die Schock-Momente und auch das Rätselraten, in wem das Ding jetzt stecken mag, ist leider nicht spannend oder Angst eintreibend.

                          Da mag "The Thing" schon mehr zu unterhalten, wenn die Frage aufkommt, wie legendäre Augenblicke des Originals abgeändert werden können. Okay, der Blutteste wird nicht wiederholt. Mindestens eine eigenständige Idee bietet die Fassung von 2011. Eigentlich sogar noch mehr, aber diese neue Erkenntnis über die Beschaffenheit des Dings (Absorption organischen Materials, die Übernahme von Erinnerungen und Verhaltensweisen) weiß der Film doch glatt nicht zu nutzen.

                          Schade eigentlich, denn sonst versteift sich der Film vorrangig auf computeranimierte Creature-Effects, die, bei aller Liebe, einfach nicht die Wucht des genialen handmade Ansatzes von Rob Bottin erreichen. Das ist natürlich reine Geschmackssache, ich empfind die Tricks dennoch als eher schal.

                          "The Thing" anno 2011 hatte natürlich nie den Hauch einer Chance, ins Pantheon großartiger Remakes vorzustoßen, in dem "Das Ding Aus Einer Anderen Welt" oder Cronenberg's "Die Fliege" sitzen. Diese Titel waren vielleicht auch nicht das jeweilige Original, aber sie waren originell. Sie besaßen eigene Blickwinkel und echte Variationen der vorgegebenen Stoffe. Filme wie diese waren Remakes, erträumten die Vorlagen aber stets neu. Es sind diese Tugenden, die diesem "The Thing" natürlich völlig abgehen und wahrscheinlich nicht mal zum Vorwurf gemacht werden sollten.

                          Schwerer wiegt der Umstand, dass "The Thing" wirklich nur Frischlingen echten Schrecken bereiten könnte. Leute, die John Carpenters Film verpasst haben oder gerade mal siebzehn Jahre alt sind und noch nie einen Horrorfilm gesehen haben. Allen anderen wird dieses Unternehmen eher einen nostalgischen Trip zurück in bessere Kino-Zeiten bereiten. Zurück dahin, als noch echt neue Ideen aus dem Nichts kamen und das Publikum anfielen. Und natürlich weckt "The Thing" diese Sehnsucht nach den ersten beiden Verfilmungen aus den Jahren 1951 und 1982. Ist ja auch ein Verdienst, wenngleich zweifelhafter Natur.

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                            Die Zukunft ist eisig. Unsere Zivilisation liegt begraben unter einer neuen Eiszeit, Milliarden Leben wurden innerhalb kürzester Zeit ausgelöscht. Bis auf jene, die es an Bord des Snowpiercer schafften. Jenes futuristische Ungetüm von einem Mega-Zug, dessen Gleisstrecke sich einmal rund um den Globus erstreckt. Aber diese "Arche" ist nur die zukünftige Ausgabe vom Klassenkampf mit Lagerkoller.

                            Mit "Snowpiercer" bereitet Regisseur Bong Joon-ho eine besonders irre anmutende Mischung aus Comic-Adaption, Sci-Fi-Augenschmaus und Kopf-Kino. Eine Vision von der Ungleichheit der neunundneunzig Prozent, die labend im verdreckten hintersten Abteil feststeckt, und dem einen Prozent mit Gold-Ticket, das im vorderen Abschnitt, jungen Göttern gleich, dem Luxus frönt. Doch die untersten der Hackordnung begehren auf. Unter der Führung des charismatischen Curtis (Chris "Captain America" Evans) stürmt die Meute los in Richtung Zugspitze.

                            Eine Sozial-Revolte also, eine Mischung aus den krassen Gegensätzen von Fritz Langs "Metropolis" und dem biblisch-drastischen Sein oder Nichtsein der "Mad Max"-Reihe. "Snowpiercer" bietet sowohl was fürs Auge als auch was für den Verstand. Was natürlich allein schon einen guten Film auszeichnen sollte. Bong Joon-ho hat den Vorteil, mehr als nur eine beeindruckende Bildersprache, gelungene und teils groteske überzeichnete Dekors aufzufahren. Genauso beherbergt der titelgebende Zug nicht bloß ein Sammelsurium tragischer bis schriller Figuren. Hinter den großen Leistungen eines famosen Casts, scheint "Snowpiercer" vor allem einen abgründigen Blick auf die Menschheit zu werfen.

                            Da geht es nicht bloß um das edle Anliegen des Revolutionärs Chris Evans. Um die brutale Ausbeutung vonseiten der hässlich geschminkten Vorsteherin Tilda Swinton oder John Hurt als alternde Stimme der Vernunft. Unterdrückung und Gegenwehr werden bei "Snowpiercer" schließlich offenbart als Konstanten eines perfide konzipierten Hamsterrads. Bitterböse Ironie anyone?

                            Sicherlich ist der Weg dahin ein bisschen eigenwillig erzählt und nicht jeder dürfte sich vollends mit der Logik des Films anfreunden. Dafür verlässt die Vision von Bong Joon-ho die allseits bekannten Fahrwasser der Comic-Verfilmungen aus den Kader-Schmieden von Marvel und DC. Abseits der schimmernden Welt von bunten Kostümen, Superpower und Lichtblitzen, setzt es hier unverhofft vertrackte Handlungsstränge. Abgefahrene und doch brillante Ideen, die sich das Schicksal unserer schockgefrosteten Gesellschaft ausmalen.

                            Und so verrückt das alles klingen mag. "Snowpiercer" ist ein starkes Stück eigenständiges Kino. Hier geht nichts im Action-Sog unter. Es setzt fein akzentuiertes Gekloppe, und bis es kracht, wird es schön hinausgezögert. Klar, dass hier auch mit der Erwartungshaltung des Zuschauers gespielt wird. Deswegen bitte ganz aufgeschlossen bleiben. Sich nicht gleich um jede Frage nach Logik und Nachvollziehbarkeit kümmern, sondern erst mal sacken lassen. Lieber genießen und sich dann fragen, wann das letzte Mal bei einem Ausblick auf die kommenden finsteren Tage, erhabene Bilder und erschütternde Momente derart formschön zusammenwirkten.

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                              BBBÄÄÄÄHHHH!!!! Liebe Freunde bei Aardman, ihr habt mich noch nie enttäuscht. Wie könntet ihr auch? Euch fallen einfach die sympathischsten Charaktere ein. Ihr bastelt die wundervollsten Drehbücher aus drolligen Ideen, superlustiger Situationskomik und famosen Zitaten.

                              Genau dieses Versprechen löst auch "Shaun Das Schaf – Der Film" vollends ein.
                              85 Minuten dauert das Stop-Motion-Trick-Spektakel und nicht eine Sekunde lang kommt Langeweile auf. Dabei wird nicht ein einziges verständliches Wort gesprochen, die Handlung an sich ist recht überschaubar. Shaun und seine Herde verfrachten ihren Bauer ungewollt in die Großstadt, wo dieser sein Gedächtnis verliert. Nun müssen sich Shaun, die Herde und der treue Hund Bitzer nicht nur mit Amnesie, sondern auch den Tücken der City herumschlagen. Und einem dienstbeflissenen Tierfänger, der zur Jagd auf unsere Helden bläst.

                              Was für Schafmassel und welch eine helle Freude, diesen Film zu erleben. Die Gagdichte ist dermaßen hoch, da müssen sämtliche Zitate und spaßigen Situationen einfach selbst gesehen werden. "Shaun Das Schaf – Der Film" mag auch deshalb so unterhaltsam sein, weil Aardman Animations sich abermals einem Helden aus eigenem Haus gewidmet hat. Es liegt aber auch daran, dass dieser Spaß nicht als eine verlängerte Episode des TV-Formats konzipiert wurde. Dieser Film ist ein unterhaltsames Abenteuer, bei dem keine Station, kein Umweg zu viel oder zu umständlich eingebaut wurde.

                              Außerdem ist es der scheinbar ewige Zauber Aardmans, den Charme der guten alten Handarbeit der Stop-Motion-Animation zu erhalten. Figuren zum Leben zu erwecken, die wir Zuschauer direkt vom Bildschirm pflücken möchten. Da sage doch einer, 3D allein sei die Zukunft der Zunft. "Shaun Das Schaf – Der Film" sollte es abermals gelingen, sämtliche Altersgruppen zu unterhalten und Schaf-Gläubige wie Neulinge in seinen Bann zu ziehen. Kein Auge wird trocken und kein Mund ungeöffnet bleiben. Und wer hier nicht vor Freude blökt, grast vielleicht doch im falschen Film. Wenn das möglich sein sollte.

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                              • 75 Jahre, OMFG!!! Der Mann, der nicht nur Handkanten und Highkicks, sondern auch den Humor revolutionierte, feiert Geburtstag. Wo ist die große Torte mit den versteckten Ninjas drin? Happy Birthday Chuck, zur Abwechslung darf ich mir mal wünschen. Einen letzten Spitzenfilm bitte. Es wäre echt and er Zeit.

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                                • 6 .5

                                  Er hat dem Teufel zwar schon persönlich in den Arsch getreten, "The Last Stand" klingt trotzdem danach, als würde es biblisch für Schwarzenegger werden. Arnie als Action-Opi, ein etwas altersmüder Kleinstadt-Sheriff, eine verlassene Grenzstadt und ein skrupelloser Drogen-Boss, der seine Flucht im "Fast-And-Furious"-Style abfeiert. Klingt, als könnte eigentlich nichts schief gehen.

                                  Stimmt schon. Gerade weil bei "The Last Stand" einiges zu Bruch geht, viel geballert wird und eine Horde echt fieser Bad Guys das Zeitliche segnet, funktioniert der Film. Auch deshalb, weil Arnie keine großen Experimente zulässt und sich einen moderaten Action-Kracher maßschneidern ließ, der ganz bestimmt auch in den goldenen Achtzigern hätte entstehen können. Sozusagen zur Glanzzeit Schwarzeneggers, in der selbst weniger gut durchdachte und gemachte Streifen wie "Running Man" und "Der City-Hai" Gewinne einfuhren. Es muss ja auch nicht immer anspruchsvollere und bombastische Unterhaltung wie bei "Terminator 2" oder "Total Recall" sein. Geht klar, inzwischen wird einem irgendwie aber auch bewusst, dass Arnie schon länger keinen Knüller wie diesen abgeliefert hat.

                                  "The Last Stand" ist eine solide Fortführung der Routine, auf die Arnold im letzten Jahrzehnt verlässlich ausführte. Etwas gealtert, aber immer noch stämmig auf der Leinwand glänzen. Mit den grauen Haaren auch Selbstironie beweisen, dafür stets bereit sein, Bösewichter umzupusten und mit großem Sachschaden die doofen Versicherungen in den Ruin zu treiben.

                                  Da bildet auch "The Last Stand" keine Ausnahme. Arnie stellt sich als Sheriff Ray Owens mit kleinem Team der Armada von Nummer-Eins-Film-Bösewicht Peter Stormare entgegen. Die schroffen Jungs fallen in Arnies Grenzstädtchen ein, um einem rasenden Kartell-Boss in seinem überschnellen Rennwagen die Flucht gen Mexiko zu ermöglichen. So weit, so blöd und unwichtig.

                                  Natürlich geht es bei "The Last Stand" nicht ums beste Drehbuch im Oscar-Rennen oder um die beste Dramaturgie im Action-Genre. Viel mehr erhoffen wir uns ordentliche Shoot-outs, sterbende Arschgeigen und einen triumphierenden Arnie. Dass wir dabei den ein oder anderen Witz auf eigene Kosten serviert bekommen, zählt zu den Pluspunkten des Films. Doch selbstverständlich ist der Schwarzenegger des 21. Jahrhunderts kein rostiger Bolide, sondern immer noch der toughe Held, unter dessen Haut wir manchmal doch noch ein Exoskelett vermuten. So ist es keine große Überraschung, dass bei aller angedeuteten Verletzbarkeit, Arnie's Figur einen handfesten Lebenslauf als Elite--Kämpfer und Sonder-Ermittler aufweist. Und dass am Ende die Feuerkraft eines kleinen Sheriff-Büros genügend verstärkt wird, um eine Horde Söldner auszuschalten.

                                  Es mag etwas undankbar klingen. "The Last Stand" ist grundsolide, unaufgeregt, ohne große Überraschungen umgesetzt und letztlich genau deshalb so enttäuschend wie auch gut. Wir haben Schwarzenegger schon durch schlechtere Titel stapfen sehen. Durften weit weniger lachen oder uns an weit weniger krasse Duelle auf Leben und Tod erfreuen. Was "The Last Stand" trotzdem fehlt, ist eine markante Kontur und ein Innenleben, das über mehr verfügt, als ein Reinschauen von Forest Whitaker, Thor-Kampfgefährtin Jamie Alexander als Deputy oder Luis Guzmán als gelegentliche Witz-Kanone.

                                  Insofern ist es schon verwunderlich, dass ausgerechnet Kim Jee-woon mit "The Last Stand" sein US-Debüt abliefert. Der Mann, der mit "A Bittersweet Life", "I Saw The Devil" oder "A Tale Of Two Sisters" einige der aufregendsten und formidabelsten Kino-Perlen aus Südkorea hervorbrachte. Für seine Hollywood-Arbeit hat sich Kim Jee-woon scheinbar zurückgenommen. An einigen Stellen wirkt der Film aufregend, ansonsten dominiert der Eindruck, dass hier auf eine persönliche Handschrift gar verzichtet wurde. So, als hätte "The Last Stand" auch von jedem anderen hätte gedreht werden können. Was nicht bedeutet soll, der Film sei schlecht. Nur richtig Oberklasse ist er auch nicht.

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                                  • Adieu Mr. Nimoy. Einer der hellsten Sterne hat sich verabschiedet. Die Galaxie ist etwas kleiner und dunkler geworden. Und wir müssen nach jemanden anderen Ausschau halten, der uns mehr über die menschliche Natur, Sachverstand und Verständnis lehren wird. Goodbye an den Mann, der immer etwas irdischer schien als die meisten, selbst in Gestalt eines rationalen Alien.

                                    Live long and prosper, in alle Ewigkeit.

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                                    • 6

                                      Es zerreißt mir ja irgendwie das Herz. Dennoch muss ich "The Expendables 3" als Kandidaten für den Titel "Total-Ausfall einer Reihe" nominieren. Selbst wenn wir uns nächtelang heiß reden und die Köpfe einschlagen, der dritte Einsatz von Barney Ross und seiner testosteron-gestählten Altherrren-Garde ist mir ein zu enttäuschender Rückschritt in zu vielen wichtigen Belangen.

                                      Was Sylvester Stallone mal als nostalgische Action-Kiste mit Old-School-Besetzung, bewusst simpler Alibi-Handlung und mächtig Wumms ohne Schnickschnack anleierte, mutierte im zweiten Teil plötzlich zu einer Art Retro-kicks-Art-Phänomen. Aus den Expendables war plötzlich ganz großes Unterhaltungs-Kino mit stählernen Eiern und markant doofen Sprüchen geworden, das mit haufenweise Bad Guys gleich die technische Raffinesse der "Mission:Impossible"-Ära wegpustete. Warum sich irgendwo herunter hangeln, Masken tragen und Codes knacken, wenn es auch rein, boom und raus geht?

                                      Diese Rezeptur war von Anfang an zwar irgendwie hohl, aber auch herrlich unverhohlen blöd bis souverän lässig. Selbst-Ironie und ein Coolness-Faktor, der wohl nur dann entsteht, wenn Stallone, Statham, Li oder Lundgren Verstärkung durch Schwarzenegger, Willis, Van Damme und Chuck Norris bekommen. Schon weniger ein Action-Kracher, als viel mehr so wuchtig wie die filmgewordene Urknall-Simulation. Und am Ende stand eben die unweigerliche Frage nach der Steigerung. Wie sollte das noch getoppt werden. Ein uraltes Dilemma, unter deren
                                      zweifelhaften künstlerischen Entscheidungen "The Expendables 3" zu leiden hat.

                                      Von allem sollte noch drauf geschüttet werden. Mehr Star-Power, mehr frisches Blut und noch größere Kriegsspielplätze. Die Regler nochmals über elf gedreht, dafür fatalerweise mit cleanem Sterben, um eine möglichst breitaufgestellte, jüngere Zuschauerschaft an Bord zu holen. Kids, denen es nicht auffallen würde, dass es an an allen Ecken kracht, aber eben kein Kopf mehr zerplatzt.

                                      Alteingesessene Fans empfinden dieses Kindergarten-Sterben mit Gestöhne und schnellem Sich-fallen-lassen natürlich als oberstes Sakrileg. Doch selbst als Zuschauer ohne Lust auf offenherzig brutal zelebrierte Gegner-Dezimierung, wird einem schnell deutlich, dass es "The Expendables 3" an mehr als nur blutiger Darstellung mangelt. Es fehlt an Esprit, an einer Kohärenz, mit der sich die "ruhigen" Handlungsmomente und die Endlos-Schlacht zum Ende hin vereinbaren ließen. Noch schlimmer, das Publikum bringt mit über zwei Stunden Lebenszeit das größte Opfer.

                                      Zeit, die Spass machen sollte, wie bei den ersten beiden Teilen. Zeit, in der es einen Freudentaumel geben sollte, weil sich mit Mel Gibson, Antonio Banderas und Harrison Ford sogar gestandene Mimen zum Spektakel einfinden. Nicht bloß "Männer vom Fach". Problematisch nur, dass diese Auftritte größtenteils verschenkt wurden und wir eine langatmige Handlungs-Durststrecke erleiden, in der es weniger um die bekannten Expendables-Mitglieder geht, als viel mehr zum Sly Stallone als Anführer in der Krise.

                                      Beim Versuch, den bisherigen Motiven einen neuen Dreh zu verleihen, dachte Stallone wohl, es sei okay, sich auf unverbrauchte Gesichter wie Kellan "Twilight" Lutz oder die Martial-Arts-Kämpferin Ronda Rousey zu versteifen. Was den Kann aber Schiffbruch erleiden lässt, denn die sind keine Konkurrenz zum Bösewicht Mel Gibson, der seine zugeteilte Screentime wahrlich nutzt, um ein Feeling für Background und Hass auf Expendables-Häuptling Ross zu vermitteln. Und die Jungspunde sind sowieso nur dazu da, um die alte Meute in den Kampf zu locken.

                                      Das große Dauer-Feuerwerk, mit dem "The Expendables 3" sich verabschiedet, wirkt wie der gesamte Film so groß und aufgeblasen, dass es schon ermüdet, als denn verblüfft oder begeistert. Bis auf Endlos-Quasselstrippe Antonio Banderas ist das Team schließlich zu umfangreich und unübersichtlich montiert, um individuelle Kampfleistungen hervorzuheben. Vom Motocross gegen Panzer mal abgesehen.

                                      Wobei es einfach schade ist, "The Expendables 3" so vieles miteinander vereinen will und diverse Möglichkeiten einfach verschenkt. Arnold Schwarzenegger und
                                      Jet Li wieder einbinden, klar. Am Ende wirkt ihr Auftritt ähnlich eingeschoben wie der von Harrison Ford, dem ich sogar abnehme, dass er Freude am Dreh hatte. Wie beim Leinwand-Comeback von Wesley Snipes setzt der Film viele gute Farbtupfer, nur immer irgendwo auf der Leinwand. Nie zu einem umwerfenden Gesamt-Kunstwerk, zu dem "The Expendables 3" durchaus das Zeug gehabt hätte.

                                      Dafür wäre vielleicht ein knackigeres Script von Nöten gewesen. Oder der Wille, die alten Herren wirklich erschöpft zu zeigen, damit die Fertigkeiten der Neuzugänge besser gewürdigt werden. Oder es wäre etwas krass künstlerisch angebracht, wie Flashbacks und andere Zweitstränge, die nicht nur verraten, wer einer sein soll und warum die Truppe ihn jetzt platt macht. Was auch immer, "The Expendables 3" ist nicht der Überhammer geworden, weil teils eh unmöglich. Teilweise auch, weil die bisherige Marschrichtung mit dem Gag von diesen Action-Sauriern, die im 21. Jahrhundert wie in ihrer Steinzeit-Umgebung wüten, einfach aufgebraucht ist. Und weil die neuen Impulse nur unterentwickelt ins alte Konzept eingebunden wurden. Manchmal ist Old School eben nicht nur Ausdruck für Anerkennung, sondern auch für Eindimensionalität.

                                      Zu gute halten kann ich dem Film letztlich nur, dass er immer knapp über dem Standard des ersten Teils rangiert. Er ist besser und größer gemacht, nur nicht inhaltlich oder anspruchsvoller.

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                                      • 7 .5

                                        Während diese Zeilen verfasst werden, wird in Hollywood vielleicht schon ein Umschlag mit dem Namen Bradley Cooper als Oscar-Gewinner 2015 zum Öffnen bereit liegen. Was diese Nominierung mit "Silver Linings" zu tun hat?

                                        Ganz einfach, David O. Russell's Drama-Romanze kann mit Fug und Recht als wichtige Etappe des Herrn Cooper auf dem Weg zur ernst genommenen Hollywood-Größe betrachtet werden. Und dafür bedurfte es nur der Rolle des bi-polar-gestörten Pat. Dessen unkontrollierten Ausbrüchen haben ihm den Job und die Ehe gekostet. Nach langer Behandlung zieht Pat wieder bei seinen Eltern ein und steht vor der Herausforderung, sein Leben zu neu zu ordnen. Aber weder die wöchentlichen Therapie-Stunden, Freunde und Familie erweisen sich als hilfreich für dieses Unterfangen. Ausgerechnet die Bekanntschaft mit der ebenfalls durchgeknallten Witwe und ehemaligen Teilzeit-Nymphomanin Tiffany (Jennifer Lawrence) stellt Pat das unmögliche Ziel in Aussicht, mit seiner Frau in Kontakt zu treten. Einzige Bedingung, er muss mit Tiffany an einem Tanz-Wettbewerb teilnehmen.

                                        "Silver Linings Playbook", so der Original-Titel, ist natürlich etwas mehr als nur ein witzig gemeinter Film über mental derangierte. Es ist eine sich langsam anbahnende Romanze, die über mehr als nur das Minenfeld des alltäglichen Lebens hinüber tänzeln muss. Wer sich daran stören sollte, dass David O. Russell kein akribisches Krankheitsprofil und Charakterstudie vorlegt, betrachtet die Absicht hinter dem Film aus dem falschen Winkel. In "Silver Linings" geht es um eine Sinn- und Existenzkrise, die jeden erfassen kann. Genauso wie auch jeder vermeintlich geistig Stabile mit Menschen gestraft sehen kann, die es nur gut meinen und mit ihren Ratschlägen und Aktionen die Notlage nur verschlimmern. Natürlich wirken einige dieser Konflikte bei "Silver Linings" an der Oberfläche angekratzt. Klar ist die Beziehung von Cooper's Figur Pat zu seinen Film-Eltern Robert De Niro und Jacki Weaver so problematisch wie letztlich liebevoll. Es ist halt kein Streifen, der seinen Helden zu Grunde richten will, sondern ihn aufbaut. Im besten Sinne ein etwas anderes Feel-Good-Movie, das vielleicht sogar etwas vorhersehbar abläuft und doch in keiner Minute langweilt.

                                        Damit reiht sich "Silver Linings" mühelos in den cineastischen Triumphzug ein, den Russell's Werk darstellt. Mit seinen Filmen, die immer noch klein und indie wirken, selbst wenn sie mittlerweile mit der Goldstatue im Zielsucher der Weinstein Company und anderer vertrieben werden. Es sind immer wieder interessante Geschichten mit Menschen, mal mehr, mal weniger wie du und ich. Nur in immer wieder neuen, unmöglichen Zwickmühlen und schwierigen Lagen. Was Russell hoffentlich noch lange so abwechslungsreich und mit tollem Gespür für die richtigen Dialoge, einen passenden Soundtrack und ein starkes Ensemble (bei "Silver Linings" begeistern unter anderem noch Julia Stiles, Chris Tucker und John Ortiz).

                                        Unterm Strich ist dies genau der richtige Film für alle, die einen Liebesfilm ohne Schmonzetten-Charakter erwarten und ein Herz für Problemfälle haben. Ja, es ist schon Kitsch, aber doch auch herrlich anders.

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                                          mikkean 20.10.2014, 17:08 Geändert 07.03.2015, 18:18

                                          Es mausert sich langsam zu einem meiner absoluten Lieblings-Wörter: Mindfuck. Weil es so schön unanständig klingt und eigentlich nur Kapitulation bedeutet. Das Schwenken der Weißen Fahne vor der Konvention, vor allen Regeln der filmischen Narrative oder gleich der mattgesetzten Logik. "The Strange Colour Of Your Body's Tears" ist wieder so ein Werk, das die Bezeichnung Mindfuck als Auszeichnung mehr als verdient.

                                          Es ist ein Film, der sich vor dem Giallo verbeugt und dabei nicht zu Kreuze kriecht. Das Regie-Duo Hélène Cattet und Bruno Forzani hat diese Sparte Film wie niemand anderes aufgesogen. Aber beide sind selbst Künstler genug, um die eigene Leinwand großzügig mit eigenem Pinselstrich und Farbpalette zu beanspruchen. Herausgekommen ist deswegen keine ranzige, lieblose Plünderung eines Genre-Fundus. Was "The Strange Colour Of Your Body's Tears" von all den anderen Neo-Giallos unterscheidet, wird schon im merkwürdigen, aber vollends poetischen Titel deutlich.

                                          Hier geht es nicht bloß um einen Geschäftsmann, der seine, auf mysteriöse Art und Weise verschwundene, Gattin sucht. Es dreht sich auch nicht um ein schwarzes Ungetüm im Leder-Aufzug, das Frauen nachstellt und diese tötet. Forzani und Cattet haben sich derlei Ansätze einverleibt und spielen mit diesen herum. Sie drehen sie, ziehen daran und lassen sie vor der Nase des Betrachters baumeln. Als Anreiz, sich in ein Labyrinth zu begeben, in dem es um so viel mehr als nur pure Thriller-Unterhaltung geht.

                                          Das wird schon am Schauplatz deutlich. Einem verzweigten Wohnkomplex im Jugendstil, das dem selben Geist entsprungen sein könnte wie die Gebäude in Dario Argento's Überwerken "Suspiria" und "Horror Infernal". Dieses Haus ist nicht nur pompös und von einer unheimlichen Schönheit. Es scheint selbst zu atmen und hält mehr als nur eine Überraschung bereit. Dies ist keine ordinäre Kulisse, sondern der Boden für eine komplexe Versuchs-Anordnung.

                                          Statt einen Mörder zu finden, zieht "The Strange Colour Of Your Body's Tears" sein Publikum immer weiter hinein in ein Geflecht, in dem schließlich die männliche Begierde in den Fokus rückt. Ob es nun den Ehemann betrifft, dessen Frau eine ungeahnte Seite vor ihm versteckte oder den ermittelnden Kommissar, der schließlich seine eigene Geschichte unerfüllter Obsession enthüllt. Alle männlichen Figuren sind besessen von Frauen, denen sie nacheilen. Unerreichbare Frauen, die sich ihnen entziehen und die sie genau deswegen quälen. Dass "The Strange Colour Of Your Body's Tears" seine Zuschauer damit bisweilen überfordert, dürfte klar sein. Was die Sache noch erschwert, ist die freimütige Art, mit der beide Regisseure ihren General-Angriff aufs Publikum starten. Bild, Licht, Ton, Schnittfolge – alles wird genutzt, um bisweilen einen Druck aufs Auge und den Verstand auszuüben, der bloßes Anschauen unmöglich machen kann. Ein Nachvollziehen wird schließlich zur Herausforderung, wenn Cattet und Forzani uns ihre inhaltlichen Schwerpunkte servieren, aber auf eine finale Erklärung einfach verzichten. Der Zuschauer wird zwangsläufig dazu gedrängt, die Verbindungen von Block A zu Block B zu ziehen. Sich selbst im Nachhinein damit zu beschäftigen, welche Informationen ihm und ihr vorgesetzt wurden.

                                          Kein Wunder, dass "The Strange Colour Of Your Body's Tears" neben "Under The Skin" zu den Filmen des Jahres gehört, die mit ihrer radikalen Haltung stark in der Kritik stehen. Nicht jedem mundet es, selbst Antworten zu finden. Sich nicht sicher zu sein, ob das alles richtig verstanden wurde. Wir fühlen uns vielleicht um einen guten Film betrogen. Oder noch schlimmer, denken, wir werden vorgeführt.

                                          Deswegen hat es ein Werk wie dieses immer schwer. "The Srange Colour Of Your Body's Tears" ist keine alltägliche Erscheinung. Kein nebenbei zu konsumierender Fetzen Film. Er beansprucht unsere vollste Aufmerksamkeit. Dieser Film verdreht nicht nur die Funktionsweisen eines bestimmten Genres, er saugt sie auf und macht sie sich zu eigen. Was am Ende steht, ist ein ganz und gar forderndes Ereignis, das sich so ziemlich allen Vorschriften entzieht und bewusst auf darauf spekuliert, seine Anhänger durch die Bewältigung eines Aufgaben-Katalogs zu gewinnen. Nur gut geschriebene Drehbuch-Seiten und erhabene Bilder wären auch zu einfach gewesen.

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                                            Du bist ein erfolgloser Studien-Abgänger, der wieder bei seinen Eltern einziehen muss. Verdammt noch mal, du bist zurück in der gleichen Kleinstadt voll fieser Ärsche, die dich die gesamte Schulzeit drangsaliert und vermöbelt haben. Jetzt bist du Loser wieder da und dein exzentrischer Kleidungsstil und deine wenig maskuline Art bieten die gleiche Angriffsfläche wie damals.

                                            Für den dandy-haften Raymond (Ideal-Besetzung: Matthew Gray Gubler) wird dieser Albtraum Realität. Als Loser kehrt er zurück ins Heimat-Kaff und findet es von der ersten Minute an zum Kotzen. Ist er doch in den Augen seines Vaters (Ditto: der großartige Ray Wise) eine Enttäuschung, die dies nur zu oft zu spüren bekommen soll. Auch die herzensgute freundliche Mutter kann da nur wenig entschädigen. Raymond ist am Arsch und findet in seiner alten Schul-Freundin Becca (spitze: Kat "2 Broke Girls" Dennings) nur eine echte Kameradin in dieser Tristesse.

                                            Aber halt, "Suburban Gothic" ist nicht nur eine witzige Abrechnung mit der engstirnigen Vorstadt-Hölle. Es gibt da noch diesen mystischen Einschub, der den Plot im Dunkeln zum Leuchten bringt. Denn Raymond glaubte als Kind, Geister sehen zu können. Nun kehrt diese Gabe plötzlich zurück und der Fund eines Mädchen-Skeletts im Garten seiner Eltern ist daran nicht ganz unschuldig. Ganz richtig, "Suburban Gothic" hat etwas von "The Sixth Sense" oder von "Das Grauen".

                                            Wenn aus heiterem Himmel die Lebenden von den Toten heimgesucht werden und ihren Frieden einklagen, kann es ja nicht nur um Proleten, Schwuchtel-Hasser und High-School-Kleinhirne gehen. Aber eben auch um diese. Richard Bates Jr. schafft es mit seiner zweiten Regie-Arbeit, eine erfreulich gelungene Mixtur aus amüsanter Außenseiter-Ballade und Horror-Stoff zu erschaffen. Zwei Zweige, die nicht unbedingt zum selben Baum gehören müssen, aber auch wunderbar miteinander auskommen. Das Schöne an "Suburban Gothic" ist, dass beide Teile funktionieren. Die Story von Raymond und seiner Qual mit seinem lieblosen Vater, dem ganzen Kleinstadt-Scheiß, das alles unterhält mit oder trotz seiner ganzen Übertreibungen. Jetzt noch eine paranormale Schicht aufzutragen, wäre vielleicht gar nicht nötig gewesen. Trotzdem bereichert Raymond's Talent die Sache noch mehr, ohne sie kaputtzumachen.

                                            Da bedarf es auch keiner ausgesprochen grandiosen Special Effects oder bahnbrechender Schock-Momente. "Suburban Gothic" handhabt das lieber mit bisweilen amateurhaftem Charme, der jedoch lustig statt dilettantisch gemeint sein dürfte. Ist ja auch eher ein Horror-Spaß. Am Ende nimmt der Film sogar den Begriff "Geister-Stadt" wortwörtlich. Was angesichts einer komischen bis auch hintersinnigen Abrechnung mit gefühlskalten Eltern und brutal ignoranten Zeitgenossen nur passt. Auf jeden Fall verdient "Suburban Gothic" seine amerikanische Altersfreigabe mit vielen schönen schmutzigen Wörtern und einer großen Ladung rotzfrecher Attitüde. Da kommen die Sprüche der herrlichen Kat Dennings so gut wie der Gast-Auftritt von John Waters mit seinem unmoralischen Angebot. Vielleicht nicht die beste Empfehlung für cineastische Feingeister, aber definitiv für alle Fans von "American Splendor" oder "Ghost World", die es lieben, bis zur Atemnot loszulachen. Selbst wenn der Anlass zum Gelächter traurig real ist.

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                                              Manchmal macht es einem Hollywood auch zu einfach. Wie leicht wäre es jetzt, eimerweise Hohn und Spott über "Battleship" auszukippen. Dieses geradezu beleidigend schlichte Machwerk in der Luft zu zerfetzen. Gleichwohl es würde auch nichts ändern. Die Studiobosse werden sich nie ändern. Ihre strunzdumme Kalkulation mit naiver Publikums-Erwartung und den "richtigen" Ingredienzen für einen satten Sommer-Blockbuster dürfte erst in der übernächsten Generation aussterben.

                                              "Battleship" jedenfalls ist schlecht, so richtig schlecht. Peter Berg ist sowieso nicht der erste Name, der einem beim Gedanken an gute Kino-Unterhaltung in den Sinn kommt. Auf einen "Friday Night Lights" oder "Operation: Kingdom" folgt eben ein verunglückter "Hancock". Trotzdem stürzt Berg wohl sich gerade deswegen mit der kopflosen Kühnheit eines antiken Eroberers in die Schlacht. Nur um von der Geschichte gnadenlos gescholten zu werden. Ein maues Star-Ensemble folgt ihm nach und geht im Kanon aus überladener Theatralik und Invasions-Sturm unter. Tja, es gibt eben diese Filme. Auch ein "World Invasion: Battle Los Angeles" gehört zu dieser Sorte übertriebener Kriegs-Spektakel, die Heinleins "Starship Troopers" neben Army-Werbebroschüren verinnerlicht haben und das alles viel zu ernst nehmen. Aber "Battle: L.A." war wenigstens halbwegs mitreißend.

                                              Bei "Battleship" fällt alles viel zu flach aus. Die nicht charmanten Papp-Kameraden, die viel zu aufdringlich die Kameradschaft und Vaterlandsliebe propagieren. Ganz ehrlich, ein internationales Flotten-Manöver, bei dem am Ende wieder mal der Ami-Trupp die Welt rettet? Okay, es sind schon einige Nationalitäten vertreten. Trotzdem, "Battleship" ist untern Strich ein abgedroschenes Märchen, bei dem es vor allem um die dick aufgetragene Kuschel-Liebe zwischen Amerikanern und Japanern geht. Dafür werden Kriegsschiffe zerlegt, geht Hongkong drauf und werden Aliens plattgemacht, die direkt aus dem Videospiel-Labor geflohen scheinen.

                                              Die Macher und Produzenten werden ihren Misserfolg wohl aufs übersättigte Publikum geschoben haben. Viel wahrer ist aber, dass "Battleship" an schlechter Konzeption krankt. Es gibt keine wirkliche Identifikationsfigur, kein ansprechendes Szenario außer "Böse-Aliens-gute-Navy". Stattdessen lebt der Film einen gewissen Hang zum Militär-Fetischismus aus, um so wohl auch ja in die Güteklasse von Michael Bay vorzudringen. Klar, dass "Battleship" auch auf einem Spiel aus dem Hause Hasbro basiert. Bei den "Transformers" ging diese Rechnung ja auch auf. Oder bei "G.I. Joe". Im Gegensatz zu einem Gesellschaftsspiel bieten diese Linien aber auch Figuren und Gadgets, auf deren Auftauchen wir uns freuen durften. Schiffe-Versenken hingegen funktioniert eben nicht als Leinwand-Hit. Da helfen auch all die Funken, die da durch die Luft fliegen und selbst eingespielte AC/DC-Songs nichts. Warum nur?

                                              Verbleiben wir einfach dabei. "Battleship" bereitet je nach Einstellung Kopfschmerzen, gnadenlose Lachanfälle oder ungläubige Langeweile. Diesen Film darf jeder hassen, meiden oder sich als Guilty Pleasure gönnen. Leider wird es immer wieder Titel wie diesen geben. Den Krieg können wir vielleicht nicht gewinnen, aber diese Schlacht schon. Schließlich hat sich "Battleship" regelrecht selbst versengt. Schön blöd.

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                                                über WolfCop

                                                Ja, ist denn die Möglichkeit? In diesen grimmigen Zeiten verhunzter Riesen-Monster und bekloppter Mockbuster aus den Abgründen von SyFy und The Asylum, auf eine echte Lichtgestalt des Trash zu treffen? Einen Film, der so herrlich bekloppt, wie ernsthaft ist und nur die besten Qualitäten des schlechten Geschmacks bedient.

                                                Die Geschichte des glanzlosen, weil heruntergekommenen Kleinstadt-Cops Lou, der ungefragt in eine Satansmesse platzt und am nächsten Morgen über tierartige Charakteristiken verfügt. Klingt doch völlig schräg und wäre so in den Golden Eighties eher in einem Troma-Film verwurstet worden. Genau das ist der Punkt. "Wolfcop" ist eine Ode ans trashige Kino. An Filme, die beknackte Storys erzählen, aber ein Herz aus Gold besitzen.

                                                Was den heutigen Schandtaten, welche den Titel Trash beanspruchen, so oft abgeht. Denn ein Wirbelsturm voller Haie, Riesen-Oktopoden und Monster-Bigfoots ist heutzutage einfach nur frech blöde bis hirnlose. Beschissene Unterhaltung, die einfach nur meint, dass Kacke unterhaltsam sein muss. Nicht, dass "Wolfcop" gleichsam schlecht wäre. Der gegenteilige Fall liegt vor. Qualitativ überzeugt der Film mit guten Special Effects und einem richtig guten Wolfs-Make-Up.

                                                Dazu beweist "Wolfcop" viel Selbstironie. Zum Beispiel, wenn der haarige Gesetzeshüter drei kleine Schweinchen beim Supermarkt-Überfall aufhält oder von einem lasziven Rot-Flitt, äh, Käppchen verführt wird. Genauso zum Brüllen, die Art und Weise, wie sich der Streifzug gegen Sprayer und das stadteigene Drogen-Labor gestaltet. Stilecht mit schlechten Manieren und eigenem Wolfs-Mobil.

                                                Eine wirkliche Handlung hat der knapp achtzig-minütige Film sogar auch. Immerhin klärt er über das Auftauchen der Kutten-Träger, die Wolfsjagd und Lou's Position als Dorftrottel in der Rang-Ordnung auf. Es braucht also nicht nur ergreifende Geschichten über wahres Leid und echte Menschen. Auch ein "Wolfcop" darf sich rühmen, als kleiner, feiner Streifen die Bude zu rocken und den Glauben ans Genre-Kino zurückzugeben. Und mal ehrlich, ein Donut- und Alk-liebender Loser-Polizist wird zum haarigen Super-Cop. Wann hat es zuletzt und überhaupt, Vergleichbares gegeben?

                                                "Wolfcop" startet mit voller Kraft voraus auf dem Highway to Hell und wird ganz sicher schnell am Zielort Kult-Status landen. Absolut verdient, weil einfach jede Party mit diesem Film rockt. Trash, der auch ohne Alkohol gut ist. Fortsetzung erwünscht.

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                                                  Schon merkwürdig. "Dark House" hat nicht nur einen dämlich doofen Titel, der eigentlich auf Parodie hindeutet. Er ist auch noch der wirklich schlechteste Titel, den ich in über zehn Jahren auf dem Fantasy Filmfest gesehen habe. Auch keine schlechte Bilanz. Dazu gleich vorweg diese persönliche Erklärung. Ich bin kein Fan und Verteidiger von Victor Salva. Dieser Mann hat sich schlimmste Verfehlungen geleistet. Es gibt nichts zu entschuldigen. Wie es dazu kam, dass ich ausgerechnet "Dark House" sehe, weiß ich selbst nicht mehr. Trenne ich einen Augenblick lang die Persönlichkeit eines Menschen von seinem künstlerischen Schaffen, bleibt Salva ein halbwegs talentierter Regisseur. Einer jener Tätigen im Fantasy-Geschäft, der das Spiel mit stimmigen Bildern, Killer-Clowns und Monstern bisweilen drauf hat. Dieses Talent wird in "Dark House" nur mäßig erkennbar. Viel zu lang ist der Aufbau geraten, zu mickrig die Charakter-Zeichnung und das Set-Up, welches einen jungen Typen zum Haus schickt, das er geerbt hat. Der Dreh, die Bruchbude gilt als zerstört und wird schließlich von einen ruppigen Tobin "Saw" Bell bewacht. Und einer Armee Axt-schwingender Gorillas, die fein choreografiert fortbewegen. Was das alles soll, wird spät klar. Bis dahin wirkt der Film wie eine überlange "Supernatural"-Episode. Passend dazu kommen fast alle Gesichter, wie das des Haupt-Darstellers Luke Kleintank ("Bones") aus dem Fernsehen. Wenn sich der Vorhang über der Erklärung lüftet, kommt sogar etwas Humor auf. Dann spielt "Dark House" seine wahren Stärken aus und es gibt einige unterhaltsame Minuten. Ansonsten kann Salva, der Regisseur (!!!), keineswegs an die Finesse anknüpfen, die einst "Jeepers Creepers" zu einem fiesen Schocker-Tainment machten. Die Hilfsmittel sind okay in der Nutzung, aber richtig durchdacht sind die Zutaten nicht. Aus diesem Grund ist "Dark House" eine durchwachsene Angelegenheit, die Engel, Teufel, Armageddon und was sonst noch in den Vorgarten einer schicken Südstaaten-Bruchbude verfrachtet. Richtig warm kannst du eh nicht mit den Figuren werden, wenigstens sitzen einige der schwarzhumorigen Pointen. Ansonsten gilt: "Dark House" kann wirklich nur extrem langweilige Stunden etwas aufhellen. Nicht der beste Zeitvertreib, gemessen an grandiosen FFF-Sitzungen unterer Durchschnitt. Aber auch ein einigermaßen erträglicher Streifen. Die Geschichte um den Mann auf dem Regiestuhl ist jedoch eine ganz andere ...

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                                                    Alarmstufe Rot. Um an dieser Stelle von "Under The Skin" zu berichten, muss ich einige Punkte im Vorfeld klären. Wer einen gewöhnlichen Film erwartet, sollte einen großen Bogen um diesen Titel machen. Lieber nicht zum Anschauen ansetzen, wenn die Erwartungshaltung an Verständlichkeit gezeigter Bilder oder Handlung nur feste Grenzen kennt. Wer auf relativ leichte Kost im Rahmen festdefinierter Gattungs-Vorstellungen von Science-Fiction oder Thriller gehofft hat, sollte diese Vorstellung erst überdenken und sich öffnen. So wie es auch Scarlett Johansson getan hat. Auch sie öffnete sich für diese Rolle und macht sich sogar frei. Ja, nackt. Aber auch alle, die auf eine heiße Show gesetzt hatten, sollten diese Erwartung runterschrauben. Es sind ausgewählte, kurze Einstellungen, in denen wir einen Blick auf Miss Johansson werfen dürfen.

                                                    Für welches Publikum , ist "Under The Skin" dann am besten geeignet? Schwierig, wenngleich einfach ausgedrückt. Dieses Werk ist für jeden, der sein drittes Auge und die Zirbeldrüse verwöhnen möchte. Jeder, der gern eintaucht in ein ganz und gar komplex verschlossenes Gefüge an wundervoller Poesie, Bildersprache und einen Hauch überirdischer Magie. Hier gibt es nichts für Leute zu holen, die sich nicht mit der Vorstellung einer Männer-jagenden Scarlett Johansson anfreunden können. Die Idee, dass eine wunderhübsche dunkelhaarige Frau eine extraterrestrisch Venus-Falle verkörpert, ist schon schräg. Aber im Rahmen von allem, was in "Under The Skin" passiert oder eben gezeigt wird, passt es einfach ideal.

                                                    Dabei gibt uns Regisseur Jonathan Glazer bei seinem Trip keine Vorgaben oder Erklärungen zur Seite. Nie wird wirklich klar, wie diese außerirdischen Wesen auf unseren Planeten gelangen oder gelangt sind. Warum sie unsere Körper als Gestalt annehmen und wieso trotz Tarnung darauf aus sind, uns zu jagen. Was genau mit den männlichen Opfern in dieser schwarzen Umgebung passiert. In diesem Meer aus Nichts, in dem jeder Kandidat landet und der irgendwie zur Zersetzung führt.

                                                    Aber um Aufklärung geht es sowieso nicht. "Under The Skin" ist ein absoluter Ausnahmefilm, der nicht mit übermäßigem Effekt-Gehabe zu punkten versucht. Viel eher ist dies ein Vertreter der rar scheinenden Gattung von Film, die nirgendwo einen leichten Stand haben wird. Weil Glazer keinen Wert aufs vermeintliche Prädikat "Kunstwerk" legt, sondern viel mehr die wahre Bedeutung des Begriffs "Schauwert" erkannt hat. Ein Film kann eben ein Erlebnis sein. Eines, dass vom Zuschauer ebenso die Benutzung der Augen, wie die des Verstands voraussetzt. Dazu gehört das eigene Erschließen, das Dechiffrieren von allem, was in und hinter einer Szene steckt.

                                                    Dieses großmäulige Argumentieren könnte jetzt verschleiern, dass der Urheber dieser Zeilen selbst nicht verstanden hat, was "Under The Skin" eigentlich soll. Wäre zumindest teilweise richtig, wenn es nicht diese Interpretations-Hilfen gäbe. Die Buchvorlage, die irgendwo in diese enigmatischen Erzähl-Strang steckt, aber wohl nur als Ausgangslage. Es gibt aber auch jene Stimmen, die hier von der wahren Bedeutung des Menschseins sprechen. Denn auch dass steckt in dieser Performance, mit der Scarlett Johansson einem den Atem stocken lässt.

                                                    Überhaupt hat Jonathan Glazer den Jackpot geknackt. Wäre Johansson nicht sein Alien geworden, der Film würde einen großen Prozentsatz seiner Anziehungskraft einbüssen. Der Hollywood-Star überrascht mit einer unglaublichen Sicherheit, die eigentlich alles hinter sich lässt. Auch "Iron Man" und Woody Allen. Schließlich ist es schon faszinierend genug, Johansson zu beobachten. Mal dabei, als geisterhaftes Wesen distanziert durch die Straßen zu laufen. Fast verunsichert, mit den Sinnes-Eindrücken unserer Welt in Kontakt zu treten. Dann, wenn sie einen Kerl erspäht, läuft ein komplett anderer Film. Da wird sie zur selbstsicheren Verführerin, ist um kein Wort verlegen. In einem beinahe rituellen Akt lockt sie ihre Opfer ins dunkle Haus. Jedes fehlende Textilstück bedeutet einen weiteren versprechenden Schritt in die Leere.

                                                    Später legt ihre Figur eine Kehrtwende hin und erforscht diese merkwürdigen Gestalten, die sich Menschen nennen. Paradox, wie doch alles, was hier geschieht. Und von einer unvergleichlichen Schönheit, die "Under The Skin" nochmals ein eigenes Podest in einer eigenen Ruhmeshalle beschert. Was? Nun, "Under The Skin" lässt sich nicht mit anderen Filmen vergleichen. Selbst die beschworene Nähe zu Stanley Kubrick ist fast schon unzureichend. Denn es fehlt dieses Quäntchen Gewissheit, dass Jonathan Glazer selbst wusste, was er hier erzählen wollte.

                                                    Aber natürlich dürfen wir davon ausgehen. Wie Kubrick und jeder große Meister nutzt Glazer alles, was Bildgestaltung und Sounddesign hergeben. Er reißt seine Zuschauer in einen Kosmos, der bisweilen auf der Erde spielt, manchmal einen Einblick in eine fremde Alien-Welt bietet und sich ganz und gar kommerziellen Gewinnzielen verweigert. Ganz zu schweigen von der Bereitschaft zur inhaltlichen Schlüssigkeit. "Under The Skin" ist wie ein verfilmtes Haiku. Die Silben, in diesem Fall, die Bilder, nehmen wir auf. Aber am Sinn und der künstlerischen Intention haben wir noch lange zu knabbern. Auf jeden Fall scheint an diesem Film nicht eine Einstellung zu lang, kein Motiv zu viel. Selbst die Momente absoluter Nacktheit sind genau kalkuliert und bemessen. Und das nicht, um einen Anreiz zu schaffen, einen künstlerischen Quark zu promoten. Was hier passiert, ist ein außergewöhnliches Experiment, das in einer schnelllebigen Zeit voll großer Kino-Ereignisse, eine komplette Entschleunigung voraussetzt. Das Entsagen an inhaltlichen Formalien und den bewussten Verzicht auf Ablenkung. Selbst das garantiert natürlich nicht, dass "Under The Skin" den persönlichen Geschmack treffen wird. Sollte der Film aber am Ende schon die Vorstellung, Außerirdische müssten immer in Silber-Anzügen stecken und in UFOS reisen, erweitern, hat er seinen Zweck doch schon erfüllt.

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