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Manchmal hat man Filme, bei denen man ab der ersten Sekunden merkt, dass man hier etwas Besonderes vor sich hat. ‘In Fabric’ ist so ein Fall. Der mysteriöse Soundtrack von Cavern of the Anti-Matter, das kräuselige Bild mit dem herausstechenden Text um die extremen Detailaufnahmen. Mit Bildern und Klang, die eine sofort in den Bann ziehen. Schon fast hypnotisch. Die eigenen Sinne werden auf die Probe gestellt. Man weiß teilweise nicht, ob man das, was man gerade sieht und hört wirklich passiert, oder einfach nur ein Traum ist. Dazu im Kontrast die super scharfen Bilder der 'Realität', die immer wieder auf die kräuselige Flimmern der Phantasie und die Fernsehwelt treffen. Es fühlt sich wie die 50er, oder 60er an, aber ich denke, dass die Intention vielmehr war, sich nirgendwo zu verankern. Die ganze Welt ist zwar nach unseren Nachempfunden, fühlt sich aber doch extrem befremdlich an. In Kleinigkeiten, wie das lange Warten auf Rückgeld, bis es endlich durch die pneumatische Röhre wieder in die Brieftasche wandern kann. Aber vor allem außerhalb der Privatsphäre in der Gesellschaft. Ob nun in der Bank oder in einem Einkaufshaus. Hier gelten striktere, unausgesprochene Regeln und ein breit gekleistertes Gesicht nach außen. Die Verkäuferinnen sind wie Puppen, bei denen auch bis zum Schluss nicht klar wird, ob es überhaupt echte Menschen sind. Jedes Wort aus ihrem Mund wirkt wie von einer AI geschrieben, um mit möglichst hochgestochener Art und Weise einfache Konzepte auszusagen. Ein Versteckspiel hinter aggressiver Höflichkeit und dem überwältigenden und verstrickten Gefühl von diesem Schwulst, das dabei gleichzeitig überraschend offen und ehrlich manipuliert. Auch die Künste eines Waschmaschinen-Reparateurs hat in dieser Welt eine andere Wirkung. Auch sie ziehen einen hypnotisch in den Bann. Eine so kraftvolle Gabe, nachdem sich manche Leute sehnen.
Die Geschichte des Filmes ist dabei schon fast sekundär. Es geht vielmehr um die bizarre Welt an sich und welche Wirkung diese hat. Ich fand es auf jeden Fall sehr schön, den Fokus der Geschichte auf ‘einfache’ Leute zu legen. Geschichten, die man sonst nicht so hört, bieten sich perfekt für das Eintauchen in diese Welt an. Weil es so mondän ist, bekommt der Film davon eine besonders authentische Qualität. Sheila ist eine alleinerziehende Mutter, bei der es weder im Job, in der Liebe, noch zuhause irgendwie wirklich gut funktioniert. Ihr Sohn ist talentiert, und sie lieben sich beide, aber eine neue Liebhaberin, welche eine freude daran hat Sheila zu quälen, macht es nicht einfacher. Eklige Doppelmoral, wenn der Sohn zum Vater möchte, da seine neue Freundin für alle gekocht hat, aber er Sheila dann fragt, ob es nicht zu früh sei, wieder zu daten. Für den mutigen Schritt nach vorne kauft sich Sheila das Kleid. Sie möchte sich so gut wie möglich darstellen, nur um dann Perlen vor die Säue zu werfen. Das Kleid raubt dabei nicht nur ihre Energie, sondern auch langsam den Verstand. Und nachdem sie endlich ein kleines Fünkchen Glück zurückerlangt hat, wird dem ganzen ein jähes Ende gesetzt.
Das war eine ziemlich starke Überraschung für mich. Ich war in die Geschichte investiert und das plötzliche Ende kam da sehr abrupt. Das Kleid kommt in neue Hände und hat einen ähnlichen Effekt: Tod und Verderben. Auf bizarre und grausame Art und Weise finden sie allesamt ihr Ende, in einem eigenen Stockwerk in den Tiefen, dazu berufen, dieses Einzelstück immer weiter zu reproduzieren.
Aber was bedeutet das ganze jetzt? Das ist eine gute Frage! Vor allem nachdem unsere erste Protagonistin plötzlich wegfällt, hat der Film für mich den Fokus etwas verloren. Erstmal fand ich das sehr befremdlich und störend. Aber ich vertraue den Filmemachern erst mal soweit, dass ich glaube, dass dies Absicht war. Ich kam dann auch ganz gut in die zweite Hälfte rein, wenn auch niemals so tief in den ersten. Aber am Ende war ich noch genauso verwirrt wie am Anfang. Was bedeutet das? Was bedeutet es, das die Puppen scheinbar von dem Ladenbesitzer besamt werden? Was bedeutet es, dass das Kleid die Energie aussaugt? Was bedeuten die Runen? Was sind die Räume in dem Schacht? Was ist ein ‘terminal wigwag’? Und ich muss sagen… ich weiß es nicht! Meine Frau hat den Film als eine Allegorie auf Sexualität, Schönheit und die einhergehenden Wünsche jedes Menschen und der gewissen Grausamkeit der einhergehenden Industrie. Aber genau so, wie ich denke, dass alle Interpretationsmöglichkeiten valide sind, ist meine Wahl keiner wirklichen Interpretation, genauso valide.
Ich denke, dass In Fabric viel mehr ein avantgardistisches Kunstwerk ist, anstatt einem Film mit einer Aussage dahinter. Die Aussage ist die, die man selbst nimmt. Die Aussage ist in dem viszeralen Erleben des Films, in dem Eintauchen in die Charaktere und der Welt. Denn das, was ein gutes Kunstwerk sein möchte, schafft ‘In Fabric’. Es löst, wenn man sich darauf einlässt, interessante Reaktionen in einem selbst aus. Man übergibt sich und seine Wahrnehmung in die Hand von Peter Strickland und erhält ein einzigartiges Erlebnis, das einen nicht so leicht loslässt.
Auch wenn Marvel Filme einem nicht so gefallen und gerade Narrativ wie Qualitativ viel Unstimmigkeit gibt (vor allem Post-Endgame), konnte man sich doch zumindest auf die Guardians verlassen. Fernab von irgendwelchen großen Cinematic Universe Vorschriften, wird hier mehr auf Spaß und Abenteuer gesetzt, anstatt den x ten Brotkrumen zu legen. Auch dass die Filme, für sich alleinstehend, gut unterhalten, war schon seit Teil 1 ein positives Merkmal der Serie. Dass dieser Titel aber kein typischer sein wird, merkt man schon ab der ersten Szene. Haben Vol.1 und vor allem Vol.2 mit einer audiovisuell spaßigen Szene angefangen, beginnt Vol.3 in einer eher gedämpften Stimmung. Etwas, das sich durch den Film zieht. Klar hat man auch viele lustige Momente, aber insgesamt ist der Film viel düsterer als seine zwei Geschwister. Wer in Vol.3 ein ähnliches, unterhaltsames Abenteuer erwartet, wird leider etwas entäuscht… zumindest ging es mir so.
Durch einen Angriff eines goldenen Gottes aus dem Nichts liegt Rocket schwer verwundet im Sterben, und es liegt an den Guardians, ihm irgendwie helfen zu können. Allein die Prämisse ist schon etwas sonderbar; wurde Rocket in all der Zeit nie verletzt? Naja, das kann man auch ignorieren. Es geht dann darum, einen Code zu besorgen, mit dem man das Leben von Rocket retten kann. Gleichzeitig wird dabei seine grausame Vergangenheit erörtert. Über Tierversuche, jemanden der Gott spielen möchte. Dazwischen ein Peter der hinter seiner großen Liebe her jagt, auch wenn sie nicht dieselbe Person ist. Apropos, das war etwas, das mir besonders gut gefallen hat: Gamora ist hier ein viel interessanterer Charakter, als sie es jemals war. Endlich mal etwas Reibung anstatt nur stoischer Unnahbarkeit. Aber der Konflikt von Peter und Gamora nervt. Er checkt einfach nicht dass sie eine andere Person ist. Und klar, lernt er das gegen Ende des Filmes, aber sonst sind seine annäherungsversuche hauptsächlich creepy. Der High Evolutionary ist dagegen ein super interessanter Bösewicht, der eben durch seinen scheinbaren Perfektionismus und Pragmatismus durch und durch grausam wirkt. Er wird auch grandios von Chukwudi Iwuji gemimt, der den Wahnsinn, welcher Redmane in Jupiter Ascending channeln wollte, um einiges besser und glaubwürdiger rüberbringt. Ich weiß auch nicht, ob es Absicht war, aber ich finde, man kann aus dem Bestreben des High Evolutionaries auch Querverweise zu AI herauslesen. Er versucht etwas Perfektes zu schaffen, aber diese Art von Kreativität wird er auf diese Art und Weise nicht finden. Er sucht nach dem Funken des Zufalls, um ihn reproduzieren zu können. Genauso besteht AI auch nur aus den Daten, die man dem Algorithmus füttert. Wirklich Kreativität wird dabei wahrscheinlich nie entstehen. Die Geschichte um Rocket und seine Freunde war sehr herzzerreißend und kraftvoll inszeniert.
Aber da beißt sich der Film etwas in das eigene Fleisch. Den auch wenn es in den anderen Filmen um düstere Themen ging (die nicht so gut erörtert wurden wie hier), stand doch der Spaß immer im Vordergrund. Der Film hier, ist aber viel zu düster. Effektiv dabei, aber eben sehr misstönend im Bezug auf die spaßigen Szenen. Wenn auf so eine deprimierende Szene eine lustige Schießerei folgt, fühlt sich das schon fast zynisch an, und nicht spaßig unterhaltsam. Und das ist mein Hauptkritikpunkt an dem Film: er findet einfach kein richtiges Equilibrium. Das wird auch nicht besser durch den tatsächlich eher mittelmäßigen Soundtrack. Man hat das Gefühl, dass man alle guten Songs in den ersten zwei Filmen und Spin-Offs verheizt hat und nun sich mit irgendwelchen ‘frischen’ Songs behelfen muss. Die Songs sind bei weitem nicht so eingängig und teilweise einfach langweilig und unpassend. So hat sich der Film für mich, über die ersten drei Viertel der Laufzeit, einfach nicht wie ein Guardians Film angefühlt. Statt Spaß hat sich in mir Unbehagen und teilweise auch Langeweile breit gemacht. Erst im letzten Viertel, als Rocket wieder auf den Beinen ist, dreht der Film wieder richtig auf, aber da war es für mich leider schon zu spät.
Ich verstehe, was James Gunn machen wollte und es ist ihm teilweise auch gelungen, aber leider hat der gesamte Film deswegen darunter gelitten. Es ist besonders schade, weil man ja weiß das er beides kann. The Suicide Squad steckt voller spaßiger und übertriebener Szenen, hat aber auch seine gut punches, die dann auch wirken. Hier will es irgendwie nicht ganz so zusammenpassen, zumindest für mich.
Was zur Hölle ist dieser Film? Ich kann nicht fassen, dass dieser Film, in dieser Qualität, in dieser Art und Weise das DCU retten sollte. Im Vorfeld sind Vergleiche zu Batman: Dark Knight gefallen… How?
Erst einmal vorweg, ich bin kein DCU Fan. Ich habe viele Filme davon gesehen, aber ich werde mir wahrscheinlich niemals die Zeit nehmen, um Justice League (original oder Zac Snyder Version), Shazam 2, Black Adam oder wie sie alle heißen, anzuschauen. Mein Wissen über die Charaktere habe ich hauptsächlich durch Comics und Videospiele. Also wenn ich ein paar Punkte im DCU nicht richtig treffe, sagt gerne Bescheid und ich werde die Kritik dementsprechend anpassen. Und obwohl ein Production Designer gesagt hat, dass der Film so gut sein wird, dass man die Verbrechen rund um Ezra Miller vergessen wird (das ist wahr, googled es), werde ich ihn hier ganz streng von dem Werk trennen.
Flash ist an sich ein interessanter Charakter, bei dem die Kraft der “Schnelligkeit” auf den Zenit gepusht wird. Auch der Plot mit der Zeitreise bietet viel Potential an, mit denen man was Interessantes hätte machen können. Und tatsächlich schafft der Film es auch, Konzeptuell viel Potential aus der Prämisse zu holen. Es ist nur alles drum herum, was den Film dann so katastrophal schlecht werden lässt.
Fangen wir erst einmal bei Flash selbst an. Ich habe keine Ahnung, warum Ezra Miller ihn spielt, wie er ihn spielt. Durch den Film hindurch bekommt man einen Haufen verschiedene Barrys gezeigt. Damit meine ich nicht nur Barry als Protagonist und den Teenager Barry. Nein, selbst innerhalb des Protagonisten Barry ist der Charakter nicht kohärent. Er verhält sich je nach Situation so krass anders, dass man nie wirklich ein Gefühl für seinen Charakter bekommt. Mal versteht er gar nichts, dann hat er sich ausgiebig mit Quanten-Theorie und verschiedenen Zeitloop Konstruktionen beschäftigt. Klar ist man je nach Situation und Menschen um einen herum anders, aber dieser Barry ist einfach nie in sich stimmig. Das ist beim jungen Barry etwas anders, er ist von der ersten bis zur letzten Sekunde ein Doofus, bei dem man sich wundert, dass er noch nicht in seinen Frühstückscerealien ertrunken ist. Dieser Charakter macht zwar das, was er machen soll, ganz gut: Einen Kontrast bieten und als Comic Relief in alle möglichen Whacky Situationen kommen. Aber das beisst sich dann doch irgendwie mit den ernsteren Momenten. Das ist auch ein Aspekt, der durch den Film hinweg stört er weiß nie genau was er erzählen möchte. The Flash fühlt sich eher an, als ob zwei Regisseure jeweils eine Komödie und ein Drama gedreht haben und ein armer Dritter das Ganze für die Anzugträger irgendwie verwursten musste.
Der Aspekt des Multiversums wird hier auf eine sehr ulkige Art und Weise eingefangen. Die Superhelden einfach mit anderen Schauspielern auszutauschen und die Geschichten um sie herum anzupassen ist clever genug und wird auch gut genutzt. Das Problem, das das ganze mit sich bringt, wie es eben immer bei Zeit- oder Dimensionsreisen so ist, sind die Implikationen für das Ganze. Man versucht zwar dem ganzen einen rahmen zu geben, mit übereinander liegenden Spaghetti. Aber das macht im Endeffekt nicht so viel Sinn, wenn es wirklich unendlich viele Universen mit unendlich vielen Möglichkeiten gibt. Man versucht einen Punkt mit dem alten Flash zu machen, der nach all dieser Zeit immer noch keine Lösung gefunden hat, aber für jeden missglückten Versuch müsste es eigentlich ein paralleles Universum geben, wo es geklappt hat. Außerdem löscht ein neuer Flash nicht den alten aus der Realität, sondern nimmt diesen mit (wie bei Protagonist und Teenage Barry), so sollte sie Zod und seine Invasion doch irgendwann überrennen können. Und wenn das nicht möglich ist (warum auch immer) sollte der lila Flash eine unendliche Menge an Flashes oder andere Superhelden suchen können, um besser gegen Zod dazustehen. Aber egal, das ist jetzt kein Beinbruch, nur etwas, das mich dann gestört hat, weil es Konzeptuell einfach nicht wirklich aufgeht.
Aber nun kommen wir zum schlimmsten Teil des Filmes: Die Inszenierung! Das CGI gehört zum schlimmsten das ich je in so einer großen Produktion gesehen habe. Die Szene mit den Babys hat mich dazu gebracht den Film anzusehen, da ich einfach nicht glauben konnte was ich da sehe. Wäre diese Szene 2006 in einem PS3 Starttitel gewesen, wäre das beeindruckend gewesen… aber so, in diesem Film und mit diesem Kontext ist es einfach nur furchtbar. Und das ist nicht mal die am schlimmsten aussehende Szene. Wenn Barry in der Zeit zurück reist, wird es als eine Bühne dargestellt, in den man die jüngsten Ereignisse vor sich sieht und die späteren eben weiter hinten. Ich denke sie wollte an eine Art Kaleidoskop erinnern, das geht aber leider gar nicht auf. Wäre das nur kurz zu sehen, hätte man es kaschieren können. Aber gerade später geht man richtig nah an die Zeitreise-Darstellung ein. Die Kamera wird voll auf die uncanny valley Figuren gerichtet, teilweise in sonderbaren Actionszenen, die dann auch noch das Bild und die CGI Künstler mit unzähligen Partikeln beschwert. Ich bin immer noch schockiert, wie schlecht das ganze aussieht. Und hier möchte ich klar sagen, das ich den CGI Künstler keine wirkliche Schuld gebe. Scheinbar haben sich Filmemacher einfach für die günstigste Variante entschieden und dann noch mächtigen Crunch erwartet. Der Regisseur Andrés Muschietti sagte, dass dies Absicht war, um ein comicartiges Feeling aufkommen zu lassen, but I call bullshit. Und es ist nicht mal so, als ob die CGI Szenen unrelevant für die Geschichte sind und man sie einfach ignorieren kann. Nein! Sie sind integrale Bestandteile! Und sie sind dabei auch so schlecht, dass sie einen, selbst wenn man sich dagegen wehren möchte, aus dem Film und der Geschichte herauszieht. Besonders hervorzuheben sind die Szenen der Sphären, die nicht nur Respektlos mit den verschiedenen Schauspielern umgehen, sondern auch aussehen, wie die E-Weihnachtsgrußkarten, bei denen man ein Foto von sich auf einen Elf klatschen kann. Es ist wirklich ein ganz besonderer Augenkrebs, den man mal gesehen haben sollte. Vor allem mit einem Budget von 200 Millionen $.
The Flash ist ein durch und durch furchtbarer Film, der inszenatorische eine komplette Bruchlandung hinlegt. Er ist nicht Spaßig, nicht spannend und teilweise so absurd schlecht aussehend, dass man sich nur an den Kopf fassen kann. Immerhin hatte man Gal Gadot die für irgendwie zwei Minuten im Film auftaucht und sich dann mit großen Fanfaren einfach verzieht und nie wieder relevant wird. Da war das Cameo von Aquaman um einiges besser.
Wes Anderson Filme sind so eine Sache. So einzigartig sie auch sind, so ähnlich sind sie meistens. Klar erzählt jeder Film seine eigene Geschichte und kommt daher mit neuen Erzählerischen Kniffen, aber ein Wes Anderson Film ist eben ein Wes Anderson Film. Nicht schlimm, wenn man ihn mag, was bei mir oftmals der Fall ist. Das Problem ist eher, wenn der Film einen nicht so ergreift, landet er eben härter als andere. French Dispatch ist sanft gelandet, mit voller Punktzahl.
Es geht um die letzte Ausgabe des namensgebenden Magazins “The French Dispatch", welche durch einen exzentrischen Verleger und den äußerst talentierten Autoren glänzt. So wie Astroid City quasi ein Theaterstück ist, ist the French Dispatch eine Anthologie von Essays. Das heißt, dass auch dieser Film auf mehreren Ebenen läuft, was sich auch toll im Bildlichen widerspiegelt. Über den Stil von Anderson muss man glaub ich nicht mehr reden. Seine Bildsprache besticht auch in Frech Dispatch durch Absurdität, parallelen, unnatürlicher Ordnung und einen kreativen Umgang, der über das reine Bild hinausgeht. Schön, dass hier auch so toll mit Farben gespielt wird, dass das eher trockene Erzählen (sei die Geschichte noch so quirky) durch Schwarz-Weise Bilder dargestellt wird, das dann in wichtigen Momenten von Farbe gebrochen wird. Durch die Anthologie Artige Erzählweise passen diese verschiedenen Stile hier auch wunderbar zusammen. Natürlich geht der sehr markante Schnitt ebenfalls einher. Von einer Abfolge verschiedener Nahaufnahmen, bis zum visuellen, langsamen Abtauchen in die Charaktere. Das Casting ist ebenfalls wie man es von einem Wes Anderson Film gewohnt ist. Und allesamt schaffen sie es, ihre Charaktere mit Bravour einzufangen. Ob sie nun eine Entwicklung in der Geschichte mitmachen, oder auch nur kurz auftauchen.
Ein großes Plus für den Film ist das wirklich gute Drehbuch. Jede Geschichte fühlt sich anders an, hat einen anderen Drive, nicht nur in der Darstellung sondern auch in der Sprache. Der Film verliert nicht das geschriebene Wort aus dem Auge, da es ja um dieses geht. Die Essays werden teilweise direkt vorgetragen, von den Autoren selbst, und entwickeln so ein besonderes Gefühl für jede der Abschnitte. Eine herrliche Symbiose von Prosa und Film, die das Gefühl des Lesens solcher Texte toll einfängt. Allein das ist schon ein Triumph, aber auch die Geschichten, die erzählt werden, sind ausgezeichnet und abwechslungsreich. Man reist einmal durch ein kleines Städtchen, blick dabei auf Vergangenheit und das Hier und Jetzt. Was sich verändert hat, und was doch immer gleich geblieben ist.
Weiter geht es mit einer etwas trocken anmutenden Geschichte über einen Künstler aus der “Anstalt / Gefängnis”. Das sich dann zu einer herrlich menschlichen Geschichte über Ruhm, Liebe, Geltung Bedeutung und Lebensträume entwickelt. Mit einem überdrehten Adrien Brody, der eine tolle Figur zwischen wahrer liebe für Kunst und wahre Liebe für das Geld darstellt. Léa Seydoux als unnahbare, kalte, aber auch in ihrer Motivation sehr herzliche Gefängniswärterin/Muse. Und Benicio del Toro, der seinen Style bei Ai Weiwei abgeguckt hat und ein zermürbter Künstler zwischen Gefällig, Suizidal, Genialität und Naivität herum schwankt.
In dem Politik Teil des Magazins geht es um die Jugend, mit all ihrer inhärenten Kraft und Motivation die Welt verändern zu wollen. Frances McDormand spielt die Reporterin, welche sehr überkorrekt auftritt, es dann aber mit der journalistischen Neutralität gleichzeitig gar nicht und voll nimmt. Sie berichtet über eine Rebellion von Studenten, mit großen Ambitionen und schwankender Bereitschaft. Aus dem kleinen aufbauschen um die Striktheit im Studentenheim wird bald etwas viel Größeres, als ein Student aus der Bubble herausgezogen wurde und der Grausamkeit der Welt ausgesetzt wurde. Die Geschichte fasst das junge Rebellentum, das wahrscheinlich jeder von uns schon mal gespürt hat, gekonnt zusammen. Die großen Ambitionen mit den besten Intentionen, das aufeinandertreffen von gleichen aber doch leicht anderen Idealen. Der niedergeschriebene Schrei, in form eines Manifestes. Und das aufeinander treffen all dieser Aspekte auf die Realität. Als der anführer der Rebellion bei einem unfall ums leben kommt, wird er in einem markanten und vermarktbaren Bild zur symbolfigur für all jene, die genauso fühlen. Das alles wird wunderbar durch Humor und Feingefühl eingefangen und wiedergegeben.
In dem letzten Artikel stülpen sich die Ebenen noch ein weiteres Mal übereinander. Von dem Artikel, zu einem Interview, zu einer Kurzgeschichte. In dem Interview redet der Autor über ein Geschichte, die er geschrieben hat, was wiederum der Artikel ist, den wir gerade lesen, in dem er selbst die Hauptrolle spielt. Aus dem Abendessen bei einem legendären Koch entwickelt sich eine Geschichte um eine Entführung und die daher eingehende Rettungsaktion. Dieser Abschnitt schafft es, die verschiedenen Charaktere und Gruppierungen schnell und klar zu zeichnen. Unterhaltsam und teilweise überraschend tiefsinnig, werden hier aus einer innerdiegetisch fiktionalen Geschichte viele Weisheiten herausgeschöpft. Vor allem mit der Seite, die der Autor eigentlich rausschmeißen wollte.
The French Dispatch ist mein neuer Lieblingsfilm von Wes Anderson. Eine perfekte Symbiose aus Prosa und Film. Ein Film, der mit einem großartigen Geschick und Leichtigkeit viele große Themen vornimmt, und diese mit demselben Geschick und scheinbaren Leichtigkeit auf die Leinwand bringt. Ein Meisterwerk, das in allen handwerklichen wie auch erzählerischen Punkten glänzt.
Ich mag die Mission Impossible Filme. Vor allem seitdem Christopher McQuarrie mit dabei ist, werden die Filme mit jedem neuen Teil besser. Mission Impossible Fallout gehört für mich zu den besten Actionfilmen aller Zeiten und ich war sehr gespannt, wie sie das toppen können. Leider haben sie das nicht wirklich geschafft. Die Action ist nach wie vor herausragend, aber die Geschichte ist ein bisschen sonderbar und wird erst mit dem zweiten Teil seinen Abschluss finden.
Mission Impossible ist nicht dafür bekannt, dass sie tiefgründige Geschichten erzählen möchte, auch wenn sie narrativ im Agenten Gerne ganz vorne mitspielen. McQuarrie ist klar, was solche Filme ausmacht und wie man interessante Thematische Aspekte erörtern kann. Aber eine Filmserie, die im dritten Teil nach einem McGuffin jagt, zeigt gleich, wo der Fokus liegt. In diesem Film geht es auch um einen McGuffin, einem Schlüssel aus zwei Teilen, die einem scheinbar die Chance gibt, die Welt zu kontrollieren. Ein Computerprogramm ist die ultimative Waffe im Digitalen Zeitalter; es kann ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen Daten auslesen und Manipulieren und so eine neue Realität aufbauen, welche auch Rückwirkend realistisch wirkt. Ähnlich wie dem Ministry of Truth aus 1984, nur als ein einzelnes Programm. Durch einen Test an einem High Tech U-Boot der Russen, hat sich das Programm selbstständig gemacht und nennt sich nun “The Entity”. Aus irgendeinem Grund ist der Schlüssel, der in dem U-Boot genutzt wurde, der Schlüssel, die Entität zu kontrollieren. Warum das der Fall sein soll, oder wie es funktioniert wird niemals wirklich klar gemacht. Auch das Ausmaß der Entity ist bis zum Schluss eher Vage. So auch die verschiedenen Gruppierungen. Man hat die USA, die IFA, unsere Lieblings Waffenhändlerin und scheinbar handlanger der Entity selbst. Und hier muss man schon mal stutzig werden. Es wird zwar gesagt das alle Nationen der Welt hinter dem Schlüßel herjagen, aber ist das wirklich der Fall? Traue nichts was du hörst und siehst. Ich glaube der Film spielt ganz stark mit uns und den Charakteren. Ich bin mir nicht mal sicher ob die Entity überhaupt existiert, wirkt es doch bis jetzt eher wie ein Abschreckungsmittel, wie es einst die Atombombe sein sollte. Dead Reckoning ist übringens ein Begriff aus der See- und Luftfahrt und bedeutet Koppelnavigation. Wenn man keine Sicht hat, kann man via Geschwindigkeit und Winkel ungefähr berechnen, wo man als nächstes ist, bzw wo z.B. ein anderes Objekt sein wird. Diese Art von blinder Navigation ist sicherlich nicht umsonst von McQuarrie als Titel gewählt. Klar hat der Titel Bezug zu dem U-Boot am Anfang, aber auch die Motorrad Fallschirm Aktion stammt aus einer ähnlichen Berechnung. Ich denke aber auch, dass der Titel auch im Übertragenen Sinn gelten soll, dass man in einer Welt, wo man den Augen, bzw. digitalen Daten nicht trauen kann, andere Berechnungen anstellen muss. So kommt man sehr verwirrt aus dem Kino und hat einige Fragezeichen über dem Kopf. Aber ich vertraue McQuarrie insofern, das es alles am kohärentes Ende finden wird. Bis jetzt glaube ich das die Entity wie ein Test ist, um zu sehen wie gewisse Leute reagieren. Nicht umsonst wird ständig mit fatalistischen Begriffen um sich geworfen, Charaktere vor binäre Entscheidungen gestellt und mit der alles berechnenden Entity abgeglichen. Das würde auch Gabriel erklären, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich der Mann aus Ethans Vergangenheit ist, oder ob jeder diesen Boten Gottes anders sieht. Was hat es mit den Söldnern in der Wüste auf sich? Warum verhält sich Ilsa so sonderbar? Ist die Erzählweise, die gerne mal springt, wirklich stringent oder gehört es ebenfalls zum Spiel der Entity?
Das es in dem Film um mehr als nur die Mission geht, wird schon früh klar und wird toll durch Grace erörtert. Als eine Frau mit besonderen Fähigkeiten, ist sie nicht nur wegen des Schlüsselfragments so im Zentrum der narrative. Sie befindet sich in einer ähnlichen Situation wie der rest des Teams bevor sie zu der IMF gestoßen sind. Alle waren Ziel und Orientierungslos, mit einem großartigen Skillset das sie nur für sich einsetzte und mit der IMF etwas gefunden haben, das dem ganzen mehr Sinnhaftigkeit gibt, mit Ethan zurecht an der Spitze. Er ist der bessere Mensch, der sein Leben für das Leben anderen aufs Spiel setzt. In Fallout war ich begeistert von seiner Charakterisierung, das er kein unnötiges Menschenopfer eingehen möchte und dafür alles gibt. So auch hier, wenn er sagt, das er es einfach nicht akzeptieren kann jemand in seinem Team zu verlieren, auch wenn die Mission solch eine Tragweite hat. Mit diesen Credo sticht er heraus, und bietet den ultimativen Anführer, der sein Wohl weit hinter das der anderen stellt. Im Film wird auch immer wieder über “The Greater Good” belächelnd geredet, als ob dieses Ideal ja eh nur mittel zum Zweck ist, aber Ethan lebt es. Und das ist auch was, was Grace im Verlauf des Filmes lernt, toll auf die Spitze getrieben, als sie in Verkleidung die 100 millionen Dollar ablehnt, da es nicht das richtige gewesen wäre. All das lässt mich noch weiter vermuten, das es sich bei der Entity um eine Art Test handelt. Auch wie er die “Herzen” seiner Gegenspieler gewinnt. Ob es nun Paris ist, die aufgrund einer self fulfilling prophecy nun doch die Seite wechselt, oder die CIA Agenten die Ethan Jagen und dann auch das gesamte Konstrukt hinterfragen. Und um nochmal auf den Kern der Geschichte zurückzukommen, ich glaube das wird auch ein Thema welches nochmal tiefer im zweiten Teil beleuchtet wird. Klar kann die Entity die Realität biegen, aber das machen Staaten, Firmen und Menschen doch auch schon längst. Jedes Konstrukt ist irgendwie eine Lüge. Und dabei geht es dann um den Kern, darum das richtige zu machen, nicht für das richtige hinzuarbeiten.
Mit einer Laufzeit von fast drei Stunden wirkt Dead Reckoning Part 1 wie ein ziemlicher Brocken. Aber das Pacing ist so gut, das die drei Stunden nur so dahingeschmolzen sind. Dabei hilft natürlich die großartige Action, die sich hier auf längere, interessante Set Pieces fokussiert, anstatt viele kleine abzuarbeiten. Nehmen wir nur einmal die Szene mit dem Zug: Während Grace ihr Debüt als Spionin gibt, ist Ethan mit dem Motorrad auf dem Weg zum Zug, während dieser von Gabriel sabotiert wird. Man hat tolle Charakter Momente mit Grace, der White Widow und der Chefetage der CIA. Aber da hört es nicht auf, man bekommt einen Kampf auf den daher rasenden Zug, der sicherlich nicht umsonst erinnerungen an Mission Impossible 1 hervorrufen soll. Und dann noch eine katastrophen Szene, mit einer Uncharted 2 Homage, die verdammt gut gelungen ist. Manche Filme hätten insgesamt in dem Zug stattfinden können, aber hier ist es “nur” ein Set Piece. Mit der Länge und den zwei Teilen, habe ich das Gefühl, dass McQuarrie ganz anders an die Actionszenen herangeht, wofür der Zug ein gutes Beispiel ist.
Keiner macht Verfolgungsjagden wie McQuarrie und sein Team. Sie verstehen einfach, was gute Action ausmacht, was man auch in der Kameraarbeit und Schnitt erkennt. Die meisten Actionszenen sind nicht von treibender Musik unterlegt, sondern leben durch das großartige Sounddesign und Pacing. Stille wird viel zu selten eingesetzt und dieser Film macht das mit bravour. Als ein Motorrad fliegen lernte, hatte ich das Gefühl, dass der ganze Kinosaal den Atem angehalten hat. Und was der Film tatsächlich auch sehr gut trifft, ist der Humor. Teilweise muss man wirklich laut auflachen, wenn Ethan durch die Zugwand knallt, oder er nach der Verfolgungsjagd mit einem Lenkrad in der Hand genug von dem Scheiß hat.
Ari Aster ist einer meiner absoluten Lieblingsregisseure. Durch sein Regie-Debut: Hereditary und den großartigen Midsommar, hat er bewiesen, was für ein unfassbares Talent er für Drehbuch und Regie hat. So war die Erwartung auf Beau is Afraid natürlich groß, und ich bin sehr glücklich, dass er diese sogar übertroffen hat.
Spoiler ahead!
Beau is Afraid erinnert teilweise an Synecdoche New York oder ähnliche Charlie Kaufman Werke. Mit der Realität wird es nicht so ernst genommen. Die Grenze zwischen der Wahrnehmung des Protagonisten und der intradiegetischen Realität ist ständig unscharf. Die Geschichte steckt voller Meta-Ebenen, die sich gerne mal überlagern und einem ein tieferes Verständnis bieten. Und obwohl man feste Charaktere hat, sind sie doch auch immer eine Symbolfigur für gewisse menschliche Aspekte. Passend dazu ist der Film auch herrlich Kafkaesque, in einer Welt die irgendwie beständig ist, aber für den Protagonisten nicht kohärent. Wenn Beau nur schlafen gehen möchte, aber von immer wütend werdenden Zetteln bedroht wird, dass er doch endlich die Musik runterdrehen soll, ist fantastisch. Wenn er etwas ändern könnte, würde er es tun. Aber da er das nicht kann, wird der Bogen bis zur Eskalation gespannt. Die Darstellung von Anxiety (ich habe absichtlich den englischen Begriff gewählt, da Angst oder Sorge den Begriff nicht wirklich gut beschreiben), ist auch herrlich verstörend wie auch lächerlich. Es ist auch bis zum Schluss nicht klar, wie viel von dem, was wir durch Beaus Augen sehen, wirklich passiert. Sind um seine Wohnung herum überall Psychopathen, die sich gegenseitig die Fresse polieren und es alle auf ihn abgesehen haben, oder ist das nur die hyperaktive Vorstellung von Beau, die immer das schlimmste in der Welt sieht, genau wie seine Mutter ihm das eingebläut hat. Am Ende stellt sich sogar die Frage, ob er überhaupt je in Wirklichkeit gelebt hat, oder alles nur ein perfides Konstrukt war. So wird der Einkauf von Wasser im Laden gegenüber zu einer verstörenden Odyssey, bei dem jede Person Beau auf die Kieker hat. Dabei ist er nicht einmal Paranoid, sondern hat scheinbar brutal gelernt, dass die Welt eben so ist.
Der Film nimmt eine ganz neue Form an, als er von einem Auto angefahren wird und in einem pinken Zimmer wieder aufwacht. Er wird von einer Familie versorgt, die ihn gleichzeitig mit großer Distanz enorm auf die Pelle rückt. Beau möchte eigentlich nur eins: zu seiner Mutter! Aber Tag um Tag wird es ihm schwerer gemacht, mit einer faulen Ausrede nach der anderen. Durch den Fernseher wird einmal kurz hinter den Vorhang geschaut, bei dem das Drehbuch schon lange feststand. Gleichzeitig wird er von der Tochter gequält, die schon durch den toten Bruder ganz hinten in der Familienhierarchie stand, und nun auch von Beau überschattet wird. In einem Trinkgelage, das mit Granaten endet, findet sich Beau alsbald in einem Wald wieder. Durch die Kunst des Theaters, wird Beau tief in die Geschichte über einen Mann mit drei Kindern und einer Frau hineingezogen. Eine tragische Alternative, die aber durch ein unmögliches Happy End, dem drögen und angsterfüllten Beau besser gefallen würde. Beau ist ein sehr passiver Protagonist, mit dem viel schindluder getrieben wird, und in dieser Fantasie kann er sich als aktiven Protagonisten betrachten. Er trifft auch einen Mann, der sein gesamtes Weltbild zum wanken bringt, bis alles von weiteren Granaten aufgelöst wird.
Endlich findet er sich am Ziel seiner Odyssey ein, die Mahnwache seiner Mutter, dessen Gedenkfeier er aufgrund von aufgedrängten Drogen und Explosionen leider verpasst hat. Man erfährt mehr über seine Mutter, ihr Geschäft und wie Beau in das ganze hineinpasst hat. Er trifft auch seine einzige Liebe wieder, mit der er sich einst bei einer Schiffsfahrt angefreundet hat. Schnell führt eines zum nächsten, bis der erste Vorhang plötzlich fällt. Nein, Beau stirbt nicht wenn er mal Sex hat. Nein, seine Mutter ist nach wie vor am Leben. Und alles, was er zuvor erlebt hat, war ein Gebilde, um ihn als bösen Menschen zu entlarven. Etwas, das dann nochmal Kafkaesque in der letzten Szene aufgegriffen wird, bis alle Zuschauer den Saal verlassen haben.
Beau is Afraid sprengt den Rahmen eines klassischen Filmes. Ähnlich wie das schon erwähnte Syndecho New York ist dieser Film vielmehr ein impressionistisches/expressionistisches Kunstwerk, das alle möglichen Mittel des Filmes nutzt, um etwas Tieferes, Verborgenes darzustellen. Anxiety, Liebe, Schuld und Mutterkomplexe werden hier auf so eine kreative und durch die sonderbar abstrakte Art und Weise so nah bar vermittelt. Die Welt, in der Beau lebt, ist eine Welt der Extremen. Eine bösartige Welt gegen Beau, der eigentlich nichts Böses getan hat. Dies wird nicht nur durch das fantastische Drehbuch, sondern auch durch die Sets und Inszenierung dargestellt. Joaquin Phoenix ist auch die perfekte Besetzung, da er diese Angst und Verzweiflung großartig dargestellt hat. Und egal was mit Beau passiert, selbst wenn es der Fantasie Beau auf der Bühne ist, erkennt man ihn immer wieder. Ein Mensch, der unter außerordentlichen Bedingungen sein Leben gefristet hat, aber dabei doch nur ein normaler Mensch sein möchte, zumindest normaler als die wahnsinnige Welt, in der er lebt. In einer überspitzten und kreativen Art und Weise werden so ganz natürliche menschliche Aspekte von diesem Hype spezifischen Charakter erörtert, in denen man auch sich oder die Welt, in der wir leben, wiedererkennt.
Handwerklich ist der Film eine Wucht. Mit großartigem Set Design, Kostüm Design und Charakter Design. Der Flow ist ebenfalls großartig, sodass sich die drei Stunden Laufzeit überhaupt nicht so anfühlen. Ein Meisterwerk bei dem alles fantastisch, Hand in Hand geht, und einem ein Werk bietet, das man so noch nicht gesehen hat.
Ich kann gut verstehen, wenn Beau is Afraid nicht jedermanns Sache ist. Ich liebe diesen Film, für den kreativen Umgang mit dem Medium und der großartigen menschlichen Geschichte, die dieser so erfrischend und bizarr erzählt.
Ich liebe Science Fiction. Kein anderes Genre bietet sich so gut dafür an, große Ideen und Konzepte ausleben zu lassen und diese dabei an die absoluten Grenzen zu bringen. 2067 erfindet dabei nichts Neues, was an sich nicht schlimm ist. Aber das relativ gute Konzeptionelle Fundament, zerschellt dann leider an der Umsetzung.
Meistens, wenn mir Filme nicht so gefallen, liegt das an dem Drehbuch. Denn selbst eine mittelmäßige Inszenierung kann durch ein gutes Drehbuch glänzen. Und ein Film mit grandioser Inszenierung kann an einem schlechten Drehbuch scheitern. Ich habe das Gefühl, wer auch immer die Kernpunkte des Filmes ausgedacht und aufgeschrieben hat, hatte ein klares Ziel vor Augen. Eine andere Art und Weise des Klimawandels, da durch das unsägliche Brennen der Welt der Sauerstoff langsam knapp wird. Man hat eine kaputte Welt, mit einem verzweifelten Versuch, mithilfe von Zeitreise doch noch irgendwie eine Rettung zu finden. Dabei gibt es Intrigen und Verrat und ein nettes Spiel mit dem Zeitreise Konzept. Das klingt doch erst mal nicht schlecht! Aber Seth Larney hat dabei nicht genau gewusst, auf was er sich konzentrieren möchte, und ein Haufen Tropes hineingeschoben, um verzweifelt einen emotionalen Kern aufzubauen. Das ganze geht in so einer krassen Art und Weise den Bach runter, dass es einen traurig macht.
Nehmen wir einmal die Welt von 2067. Für meinen Geschmack ist das etwas zu nah an unserer Zeit dran, vor allem für ein Film, der 2020 erschienen ist. Schaut man sich die 80er zu den 2020er an, merkt man schon, dass sich viel bewegt und verändert hat. Aber der Sprung in diesem Film ist mir einfach zu groß. Von einer gigantischen, schmutzigen Stadt, mit ganz eigener Science Fiction Ästhetik. Von irgendwelche Hologramm-Darstellungen als Benutzeroberflächen, fliegen Fahrzeugen, etc. Es fühlt sich an, als ob man einfach in die Standard Science Fiction Grabbelkiste gegriffen hat, ohne sich Gedanken über die Welt zu machen. Ich glaube kaum, dass wenn ein Großteil der Menschheit und Infrastruktur zusammenbricht, das irgendjemand noch Zeit und Ressourcen hat, coole Hologramm Technologie zu entwickeln, oder ein fliegendes Müllauto zu kreieren. Die Probleme sind doch viel größer! Und warum gibt es all das, aber dann keine gute Energie-Infrastruktur? Warum sind die Straßen so voll, wenn doch scheinbar ein einfacher Arbeiter und eine kranke Lehrerin sich ein riesiges Apartment leisten können? Auch die zwei Klassen Darstellung war sehr flach. Da hätte man auch richtig viel mit den Szenenbildner arbeiten können und clevere Aussagen auf nur der Bildlichen Ebene zaubern können. Stattdessen ist Arm dreckig und Reich ist weiss. That’s it!
Der Film fühlt sich teilweise auch wie ein grottiger YA Novel verfilmung an. Die Welt ist am Abgrund, und nur ein junger Mann kann das verhindern: Er ist der Auserwählte! Und sein Vater hat was damit zu tun?!?!?! Wow!... Ich mein, das kann man ja auch gerne machen, aber dann sollte zumindest der Protagonist interessant sein. Aber Ethan Whyte gehört leider zu den furchtbarsten Charakter Archetypen: Er ist passiv! Warum? Warum macht man einen Protagonisten, der sich bei jedem Schritt nur wehrt und nichts machen möchte? Man hätte entweder den ‘The Road’ Weg gehen können, mit einer wirklich düsteren und zermürbenden Welt; oder man hätte die Welt und das Abenteuer spaßig gestalten können, mit einem Charakter, der motiviert ist, etwas zu tun! Aber Ethan will eigentlich nichts machen. Das macht das Anschauen echt anstrengend. Man fühlt nicht mit ihm mit, als sein Vater seine Familie verlassen hat, als er in einer Hommage an Dune mit einem Gerät ausgestattet wurde, als er seine Mutter beim Sterben zusieht und als er seine Frau allein lassen muss. Larney nutzt all diese Tropes wie ein Holzhammer, einfach in die Narrative rein geboxt, weil WikiHow gesagt hat, dass man so mit dem Charakter mitfühlen kann. Ethan hat keine positiven Merkmale, außer vielleicht seine Hingabe für seine Frau, aber selbst die steht eher immer im Weg, anstatt dass sie den Plot vorantreiben. Und dazu noch sein Buddy, der ihn sein ganzes Leben lang begleitet hat und ihm nun auch in der Zukunft bei Seite steht. Nur Blöd das Jude und Ethan zu den dümmsten Charakteren gehören, die ich je in einem Film gesehen haben. Vieles von dem, was sie in dem Film sagen und tun, kann nur daher rühmen, dass sie nicht genügend Sauerstoff als Kind bekommen haben. Das Judy ehrlich nicht versteht, was das Skelett bedeutet, dass Ethan erstmal nicht los möchte, um den Reaktor neu zu starten, weil er noch über das Schicksal der Menschen nachdenken möchte. Bis sie auch nur zu einem kleinen Grad verstehen, was hier eigentlich abgeht, ist der Film fast vorbei. Die Filmemacher müssen gedacht haben, das man selbst ebenfalls so dumm ist. So viele Szenen werden ewig in die Länge gezogen, dass es einen schon fast auf die ausgestorbene Palme bringt. Das beste Beispiel dafür ist das Skelett, das Ethan findet. In einem guten Film hätte man das ganze schnell und präzise abgearbeitet. Hier wird das Skelett ausgiebig gezeigt, dann Ethan wie er nicht reagiert, nur um dann nochmal sorgfältig das Skelett zu zeigen das…SCHOCK… ein Loch im Kopf hat?!?! Meine Güte! Ich musste auch laut auflachen, als die zwei doofuse in einen dunklen Raum gehen und Ethan das Licht von ‘Archie’ nutzt, um sein Gesicht auszuleuchten, anstatt die Umgebung. Was? Ist das euer ernst? Wie kann sowas passieren? Ganz einfach, niemand hat ein fuck gegeben!. Wobei, das stimmt nicht. Es gibt ein paar Momente, bei dem man merkt, dass sich jemand Mühe gegeben hat. Zum Beispiel als Ethan in der Zukunft aufschlägt und dann erst mal mit den viel aggressiveren Flammen rumschlagen muss, da in seiner Zeit nie genügend Sauerstoff dafür da war. Aber dieses Gefühl von TLC hält leider nicht lange an. Er muss jetzt ein Feuer machen, um durch die Nacht zu kommen… Warum hat man ihm kein Feuerzeug mitgegeben? Oder zumindest ein Feuerstahl? Und sagt jetzt nicht, weil man das nicht durch die Zeitreise mitnehmen kann. Woher hat Jude dann die Waffe? Ich hatte das Gefühl, dass der Regisseur einfach nur immer genau das, was in seinem selbst verschandeln Drehbuch stand, abzubilden und nicht mehr darüber hinaus nachzudenken. Ähnlich wie die tragische Geschichte rund um Ethan, wirkt der Zeitdruck, den Reaktor zu reaktivieren, wie ein Tipp aus Wikihow, damit artifizielle Spannung aufgebaut werden kann. Vor allem wenn man dann nichts damit macht! Lasst ihnen doch einfach Zeit, die Umgebung zu erkunden, und bau den Druck danach auf. Es ergibt keinen Sinn, dass sie nur so ein geringes Zeitkontingent haben, und dann die Zeit nutzen, irgendeine Schule aufzusuchen und einen Nervenzusammenbruch zu erlegen.
Apropos Reperatur, ich hab erst gedacht, dass es recht clever ist, dass Ethan, wenn er auch nicht viel weiß und kann, zumindest den Reaktor wieder in Schwung bringen kann. Dass sie die beiden aber dann nur jeweils einen Hebel umlegen müssen, ist einfach nur faul! Auch der Konflikt zwischen Ethan und Jude, versteh ich nach wie vor nicht. Ethan möchte eine Heilung für seine Frau und die Welt. Jude möchte das Portal aktivieren, damit sie mit der Vergangenheit Dinge austauschen können. Warum werden die beide dann gegenübergestellt? Haben sie beide nicht dasselbe Ziel? Besonders schlimm wird es, als es so wirkt, als ob Ethan lieber niemanden eine Chance geben möchte, anstatt nur ein paar Leben zu retten. Es hat auch viel zu lange gedauert, bis er verstanden hat, dass alle Menschen einfach tot sind und sich die Erde regeneriert hat. Ein Aspekt, der mir gut gefallen hat, war die Stille in der Welt. Es scheint, als ob es nur noch Flora, aber keine Fauna gibt. Erst als Ethan am Ende etwas ändert, schwellen die Geräusche von alle möglichen Tieren an. Apropos Fauna, es ergibt keinen Sinn, dass es in dieser Welt Beerenpflanzen gibt. Ich finde es okay, dass die Erde nicht auf fast null zurückgesetzt wird, und überall nur Fauna wächst, aber dadurch, dass es keine Tiere gibt, die den Pflanzen beim Wachsen helfen, können nur bestimmte Arten dort sein. Und gerade Beerenpflanzen gehören nicht dazu. Wie dem auch sein…
Leider hat der Film auch einige Logiklöcher, was die Zeitreise angeht. Es sind tatsächlich nur Kleinigkeiten, die man schnell hätte ausmerzen können, aber dann im Großen und Ganzen doch gestört haben. Wenn Judy tatsächlich erst nachgeschickt wird, nachdem Ethan die giftigen Beeren gegessen hat, dann hätte er auch nicht sein Skelett finden dürfen. Es wäre auch viel effektiver gewesen, wenn es erst auftauchen würde, nachdem Jude ihm das Leben gerettet hatte. Es hätte der Geschichte auch gut getan, sich innerdiegetisch mehr Zeit zu nehmen. Warum muss das alles in binnen von Tagen passieren? Man hätte Ethan zumindest eine Woche in der Wildnis zurücklassen können, wo er selbst zu einigen Erkenntnissen gekommen wäre. So wäre der ‘alle Menschen sind schon tot’ Twist, der von Anfang an nicht wirklich funktioniert, viel besser verarbeitet worden. Ich hab auch gehofft, dass mit der Zahl an seinem Hals irgendetwas bedeuten wird. Zum Beispiel, dass er nicht der Erste ist, der in die Zukunft geschleudert wurde. Man hätte das mit dem Vater rausnehmen sollen, sodass er halt der 14te Mensch namens Ethan Whyte ist, der sich in dieser Situation wiederfindet. Es ist auch sonderbar, dass die Nachricht “Send Ethan Whyte” von Ehtan selbst geschickt wird, nachdem er die Zukunft offensichtlich verändert hat. Wer war es dann davor? Wäre alles so gewesen, wie die Leiche den Anschein gibt, sind beide zurück gereist und er wurde ermordet, wer hat dann die Nachricht geschrieben? Es wird auch so aufgebaut, als ob Ethan jetzt die Chance hat, etwas zu ändern, nur um dann genau dasselbe zu tun, das nichts ändert! Aber das, was er dann mit dem Portal gemacht hat, hat mir wieder richtig gut gefallen. Auch die Blume an seine Frau war ein sehr schöner Touch.
Ich habe einfach das Gefühl, dass bei dem Film viel schiefgelaufen ist. Als ob Larney die Geschichte bekommen hat, unzufrieden damit war, und anstatt die interessanten Aspekte auszuarbeiten, lieber einen “Emotionalen Kern” reinhauen, damit die dummen Zuschauer da draußen auch was spüren. Und damit sie nicht einschlafen, haut man einfach ein Zeitlimit fest, ohne wirklich viel damit zu machen. Eine tickende Uhr sollte doch reichen! Das merkt man auch an den Schauspielern, die teilweise sehr hadern. Ich kann mir vorstellen, dass Kodi Smit-McPhee eben nichts aus dem Charakter herausholen konnte. Selten hab ich einen Charakter so Gedanken entleert in der Gegend herum starren gesehen. Er versucht irgendwie, aus dem dünnen Drehbuch Emotionen hervor kochen zu lassen… mit einem Fokus auf das Wort Versuch. Nichts will in diesem Film wirklich aufgehen und wirkt wie ein toxischer Cocktail aus faulen Ideen und Kompromissen. Der Vater verrät die Familie und das ist krass. Er zeichnet ihn für immer mit einer Apparatur, die niemanden interessiert und auf die wohl krudeste Art und Weise an etwas DNA extrahiert. Vor seinen Augen verliert er seine Mutter. Das einzige Glück in seinem Leben ist seine Frau, die langsam aber sicher ihrem Ende entgegen sieht. Das sind alles Konzepte, die eigentlich aufgehen sollten, die einen berühren sollten. Aber das tut es einfach nicht. Man gibt kein Fuck auf Ethan und sein Leiden. Vor allem, weil es bei dem, was er tut, um die gesamte Menschheit geht! Es tut mir leid, dass deine Frau nicht über 400 Jahre alt wurde, jetzt steh aber auf und mach was, bevor wirklich alle durch deine Passivität, keine Chance mehr haben. Anstatt sich auf die Welt und das Konzept zu konzentrieren, und vielleicht clever mit der Zeitreise umzugehen, wird hier ein hauchdünnes Drama aufgebaut, das ohne Kontext oder Tiefe durch die Charaktere oder ihr Handeln einfach nicht aufgehen will. Es ist so frustrierend und traurig mit anzusehen. Verschwendung an sich ist schlecht, aber wenn es das Verschwenden von Potential ist, tut es immer besonders weh.
Auf die stümperhafte Art und Weise wird hier ein Konzeptuell Interessanter Science Fiction Film mit einer schlechten Inszenierung komplett in den Sand gesetzt. Ich möchte noch einen Kommentar, den meine Frau während des Filmes gesagt hat, loswerden. Er (Ethan) ist der dümmste Motherfucker der Welt, und das obwohl es nur zwei lebende Menschen auf der Welt gibt.
What Josiah Saw ist ein zermürbendes und anstrengendes Erlebnis. Man wird in eine tragische Familientragödie hineingezogen, die mich auch Tage danach nicht wirklich losgelassen hat. Wer Lust auf einen puren Horrorfilm hat, ist hier an der falschen Adresse. Der Film hat Horror Aspekte, die durch das großartige Drama vertieft werden, und einen verstörender zurücklässt als es ein Scream oder Conjuring tut,
Der Film handelt von drei Geschwistern, die alle ein eigenes Kapitel spendiert bekommen. Thomas ist der älteste der drei und lebt zusammen mit seinem Vater in einer zerfallenden Farm mit düsteren Geheimnissen. Eines Nachts bekommt der Vater Besuch von der verstorbenen Mutter, mit einem Engel, der ihnen helfen soll, die Mutter aus dem Höllenfeuer zu erlösen. Mit dieser neuen Aufgabe gerüstet, schöpfen Thomas und sein Vater neue Kraft, um die Farm wieder auf Vordermann zu bringen. Ein großes Ereignis steht alsbald an, wie es der Engel berichtet. Der Vater wird von einer gebrochenen Mann zu einer fast übermenschlichen Autoritäts Figur für Thomas, bei dem auch mächtige Übergriffe als ein Weg zur Heilung interpretiert werden. Zur selben Zeit sieht man Eli, wie er die paar Fetzen, die er Leben nennt, gerade noch so zusammenhalten kann. Er versucht noch einmal eine Verlängerung bei seinem stärksten Gläubiger zu bekommen, und wird so in eine düstere Sache hineingezogen. Er muss das Gold, das die Nazis einst von den Juden geraubt haben, nun von den Zigeunern nehmen. Genau wie Eli, ist man als Zuschauer auch im Dunkeln, was genau vor sich geht oder was seine Rolle sein soll. Diese Hilflosigkeit nimmt Eli stoisch hin, bis alles eskaliert. Und er sich brutal und verzweifelt die Freiheit erkämpft und dabei über sich hinaus wächst, und sein Leben, auf das er eh nicht zu viel Wert legt, aufs Spiel setzt, um jemanden zu retten. Wahrscheinlich weil er weiß, was ein Trauma auslösen kann, und wie sehr das Leben durch die Umgebung abgefuckt werden kann. In dem letzten Teil, dreht es sich um die Schwester Mary, die dem ganzen Familienchaos scheinbar entkommen ist, leider nicht ohne Narben. Aber immerhin mit einem Mann der sie liebt. Ständig hat sie noch mit der Vergangenheit zu kämpfen, die wieder aufkocht, als sie einen Brief bekommt und plötzlich Eli vor ihr steht. Das wäre die Chance, noch einmal in die Höhle des Löwen zu wandern und dann hoffentlich endgültig mit dem Thema abzuschließen. Bei dem Zusammentreffen der Familie und Kapitel, kommen grausige Geheimnisse an den Tag. Worte werden gegen Worte gelegt. Perspektiven verwischen und die Spirale von Gewalt und Niedertracht findet sein trauriges Ende.
Die Kapitel unterscheiden sich nicht nur in den Geschichten, die sie erzählen und den Charakter, auf den sie fokussieren. Die Stimmung, Dynamik und gewisse Abgründe der Menschlichkeit, wirken je nach Kapitel sehr anders. Fühlt man sich bei Thomas in einer ungewohnten Umgebung verlassen von der Welt und auf eine sehr eigene Art und Weise geliebt und gequält. So fühlt sich Eli in seiner Situation und diese, in die er noch eingeworfen wird, dringender und verzweifelter an. Nicht nur bei seinen Gläubigen, auch bei den Nomaden, zeigt sich ein düsteres Potenzial für Gewalt und Niedertracht. Und in dem letzten Kapitel fühlt man eine überwältigende Hilflosigkeit, durch das faulende Fundament der Familie, das jedes Familienmitglied in seiner Niedertracht um irgendeine glücklich Zukunft geraubt hat. Dass sich jedes Kapitel so besonders anfühlt, liegt an der grandiosen Inszenierung: Vincent Grashaw und sein Team haben es geschafft, jedem Kapitel sein eigenen Flair zu geben. Die Schauspieler machen auch einen großartigen Job. Allen voran die drei Protagonisten! Nick Stahl hat den verhärteten, moral ambigen aber doch irgendwie herzlichen Junkie fantastisch gemimt.
Die große Frage bleibt dann doch am Ende, was ist nun wahr? Wie hat sich das wirklich zugetragen? Und ich denke mir, dass es da keine genaue Antwort gibt. Wahrscheinlich liegt sie irgendwo dazwischen. Als Zuschauer bekommt man alles zu sehen, durch die Augen der jeweiligen Protagonisten. Und obwohl der Vater seit vielen Jahren unter der Erde lag, war er doch für Thomas da. So taucht er auch gegen Ende in den Perspektiven der anderen Charaktere auf. Und genau so sehen wir auch das, was Thomas gesehen hat, nachdem alles eigentlich schon vorbei ist. Die Charaktere sind durch ihr Leben und Erleben geprägt, und das fällt am Ende über sich zusammen. Und wir, als Zuschauer, die alles gesehen haben, müssen jetzt selbst aus der Narrative und Geschichte herausziehen, was wir denken. Eine mutige und toll umgesetzte Entscheidung. Gerade bei einem Thriller, kann es einen wahnsinnig machen, wenn man am Ende keine wirkliche auflösung hat, oder man bekommt das Gefühl das die Macher selbst nicht genau wussten wo sie hinwollen. ‘What Josiah Saw’ ist da komplett anders. Die Ambiguität ist von Anfang an da, und so macht es auch Sinn, dass sie mit dieser endet.
Ich habe immer wieder davon gehört, dass Sopranos eine sehr gute Show sein soll. Aber durch ständiges Wiederkauen derselben Themen durch Scorsese und andere, hatte ich ehrlich gesagt keine große Lust auf eine weitere Mafia-Erörterung gehabt. Aber schon nach der ersten Folge waren meine Zweifel wie weggeblasen.
Die Show ist von einer so hohen Qualität, dass es schon fast schockierend ist. So viele gute Schauspieler, so großartige und facettenreiche Charaktere, die im Verlauf der Staffel immer weiter ausgebaut werden. Sopranos bietet einen faszinierenden Blick hinter eine Organisation, über die man schon so viele Filme und Dokumentationen gesehen hat. Dabei werden Themen, die sonst eher nur angerissen oder gar zelebriert werden, hier ganz tief auf den Zahn gefühlt. Die toxische Männlichkeit und welche Narben diese mit sich zieht. Die komplexen sozio- und politischen Gebilde innerhalb einer solchen Organisation. Das Bild des Mobsters als Verherrlichung und Verteufelung. Und das komplexe Innenleben des Protagonisten Tony Soprano. Wieso er so ist, wie er ist. Warum er das tut, was er tut und vor allem, wie er es tut. Jede Folge fühlt sich wie ein kleiner Film an, der die Welt rund um New York etwas komplexer und interessanter macht. Dabei scheuen sie auch nicht davor, surrealer zu werden, um die Grenzen der Narrative zu erweitern. Sopranos geht tiefer, als man denkt, mit einem handwerklichen Geschick, wie man es heute teilweise noch sucht.
Staffel 1 (9 Punkte)
Die erste Staffel ist schon ein Homerun. Das Erörtern des Innenlebens von Tony ist faszinierend. Genau so auch die ständig wechselnden Machtverhältnisse innerhalb der Organisation. In jeder Folge werden bestimmte Themen herausgepickt und fantastisch mit dem Rest der Show beleuchtet. Als Beispiel möchte ich die 10te Folge nehmen: “A Hit Is A Hit”. Auf verschiedene Art und Weise versuchen Charaktere, sich selbst zu verwirklichen und außerhalb ihrer Komfortzone zu gehen. Chris und seine Freundin Adriana versuchen sich als Musikproduzenten, doch dabei letztendlich auf die Schnauze, und müssen ihre eigenen Unzulänglichkeiten erkennen. Chris ist mit seinem Verhalten sehr erfolgreich in der Mafia, doch auch er muss merken, das dieses Verhalten hier eher kontraproduktiv ist. Adriana muss erkennen, dass obwohl ihre Motivation in der Musik lag, sie sich dann doch zu sehr in dem Künstler verloren hat. Und als es ernst wird, steht sie zu tief im Wald und erkennt die Welt vor lauter Bäumen nicht mehr. Nebenher versucht sich Carmela im Aktiengeschäft. Angestachelt von ihrer Freundinnen möchte sie sich beweisen. Nur zu blöd das sie keine wirkliche Ahnung von Aktien hat und dann ähnlich wie Crhis und Adriana eine herbe entäuschung einstecken muss. Und während all das geschieht, versucht ein schwarzer Künstler, der es tatsächlich nach oben geschafft hat, Gerechtigkeit für einen nun verstorbenen Künstler zu erkämpfen. Hesh hat, wie viele andere zu dieser Zeit, die kreativen Kräfte von solchen Talenten genommen und einen Reibach gemacht, wovon die Künstler selbst wenig gesehen haben. Eine kleine Geschichte, die ein viel größeres Problem darstellt. Das Geld, das er verlangt, ist tatsächlich relativ gering, doch Hesh lässt sich nicht darauf ein, aus eigenen Gründen von falschen Stolz und Ehrbegriffen. Und obwohl Gangster Rapper und Mafiosis aufeinander treffen, hagelt es keine Kugeln, sondern Klagen. Massive Genius ist ein super interessanter Charakter, der oberflächlich vielleicht etwas einfältig oder nur exzentrisch wirkt. Doch hinter der Fassade, die er nach außen trägt, steckt ein messerscharfer Verstand und ein sehr bedachtes Vorgehen. Sein Schein trügt, ein Thema, das auch Tony in der Folge beschäftigt. Die Nachbarn der Sopranos unterhalten sich über den Gottvater nebenan, der sich dann für sie zum Affen machen soll, das Tony tief trifft. Ein starker Konflikt, von dem Bild nach außen und dem inneren Kern. All diese verschiedenen Storylines und Geschichten werden geschickt miteinander verwebt und toll inszeniert. Wenn auch jede Geschichte für sich alleine dasteht, so wirken diese im Kontext des Ganzen dann doch nochmal anders.
Besonders hervorheben möchte ich noch Tonys Mutter. In einer Serie voller Krimineller, die vor Gewalt und auch Mord nicht zurückschrecken, steht Tonys Mutter doch anders da. All die Charaktere, die “Böses” tun, tun dies nicht nur um Böse zu sein, sondern sie wollen auch etwas bezwecken. Gewalt um seine Stellung zu beweisen. Mord um ein Zeichen zu setzten oder sich selbst zu schützen. Nicht so Tonys Mutter… Ich denke, dass die Borderline Diagnostik doch sehr passend ist, da sie sich ständig in die Opferrolle manövriert und nichts als Missgunst und Hass sät. Egal was man tut, egal was man sagt, es ist nie genug. Persönliche Freuden werden sofort unterdrückt und mit bitterer Zwietracht zurückgezahlt. Bis zum Schluss werden Lügen erzählt, um eigentlich geliebte Menschen gegeneinander aufzuheben. Es wird immer mehr Hass ins Feuer geworfen und zum Notfall alles vernichtet, wenn es nicht in das verkorkste Weltbild passt. Ich habe viele Filme und Serien gesehen, aber einen menschlichen wie auch abgrundtief bösen Charakter gibt es selten.
Staffel 2 (9.0)
Die zweite Staffel lässt in Sachen Qualität nicht nach. Junior wird unter Hausarrest gestellt und muss mit seiner schwankenden Macht zurechtkommen. Tonys Schwester Janice mischt in dieser Staffel auch einigen Staub auf, vor allem als Konter gegen Tony mithilfe ihrer Mutter und dem gerade aus dem Knast entlassenen Richie. Dem täglichen Geschäft, die Opfer, die daraus entstehen und der Staat, der diesen mit Hilfe einer Ratte immer näher rückt. Eine Geschäftsreise nach Italien, bei der die verschiedenen Kulturen und Erwartungen aufeinander treffen. Über Christopher, der seinem Traum Hollywood folgen möchte und sich dabei selbst Sabotiert. Der durch die Hölle geht und zurückkehrt. Zu Pussy der dem ständigen Druck seiner Doppelrolle nicht standhalten kann. Zu der schleichenden Machtübernahme von Tony, der trotz ständiger Ungehorsamkeit innerhalb der Familie, sich am Ende beweisen kann. Auch Narrativ und Inszenatorisch ist die zweite Staffel fantastisch. Von Träumen und Visionen, die einem abermals einen tiefen Einblick in die Charaktere gewähren.
Wenn man von den ersten zwei Staffeln direkt in die dritte einsteigt, fühlt man sich wie in einem falschen Film. So viele Aspekte, welche die Serie ausgemacht haben, sind plötzlich nicht mehr da. Wurde man zuvor noch ständig von ulkiger Musik begleitet, ist plötzlich alles so still. Hat man sich zuvor wie eine surrealen Seifenoper gefühlt, fehlt hier teilweise das Absurde und lässt einen nur mit dem Bizarren zurück. Wenn es euch so geht, gebt nicht auf und schaut weiter, es ist es auf jeden Fall wert.
Haben die ersten zwei Staffel in ihrem eigenen sonderbaren Regelwerk noch Sinn ergeben, wird es hier opaker, mit vielen Szenen, die nicht viel Sinn ergeben. Auch nach dem zweiten Anschauen wird es nicht viel besser, da tatsächlich viele rote Heringe ausgelegt werden, bzw. sehr vage Metaphern über das, was geschehen wird und was geschehen ist. Es werden einem die wichtigsten Aspekte nicht einfach offen gelegt, sondern man muss sie mit einem sehr bunten Cast an Charakteren selbst suchen. Es lohnt sich tatsächlich, nach jeder Folge etwas in Foren abzutauchen und all die verschiedenen Theorien zu lesen. Besonders die letzten Szenen, im Roadhouse, bekommen so eine wirkliche interessante Komponente, die gleichzeitig die Zukunft und Vergangenheit weißt, und etwas verfremdet von dem klassischen Konzepten, etwas erzählt. Man merkt einfach, dass Lynch hier viele Freiheiten bekommen hat, und er diese auch auskostet. Manche Szenen sind schnell abgeschlossen, andere ziehen sich gar ewig lang. Gerade bei diesen langen Szenen, kommt der sonderbare Humor von Lynch toll zu tragen. Absurditäten, die eben auch mal lustig sein können. Denn obwohl die dritte Staffel so leise ist, hat es doch einige ulkige Momente und Charaktere. Dougie ist ein Schatz! Genau so wie Gordon! Oder das Casino Duo, die im Verlauf der Serie mehrere Sinneswandel mitmachen.
Wenn man Hungrig nach mehr Plot ist, muss man bei der dritten Staffel den Gürtel etwas enger schnallen. So viele verschiedene Parties machen so viele Dinge, die dann irgendwie überall ihre unsichtbaren Kreise ziehen. Unser Held Coop ist in einem sonderbaren Limbo gefangen, der originale Körper im Besitz seines Bösen ichs. Statt das man ihn schnell wieder zurück holt und den Plot vorantreiben, schaut man ihm beim langsamen Auftauen zu. Hat man am Ende der zweiten Staffel das Gefühl, die Welt von Twin Peaks, den Red Room und Bob besser zu verstehen, geht man hier in ganz neue tiefen. Assoziationen sind angebracht, das auslegen von Symbolen. Aber ganz verstehen wird man es nie. Blue Rose bleibt bis zum Ende ein sonderbares Gebilde.
Die Schauspieler machen, wie auch schon zuvor, ihre Arbeit gut! Es kommen auch ein paar neue Gesichter dazu, die sich gut mit einreihen. Aber das Schauspiel passt leider nicht mehr ganz so zum Pacing der Serie. Oftmals hat man ewig lange, sehr unangenehme Pausen, die nirgendwo hinführen zu scheinen. Wie schon zuvor gesagt, es bekommt irgendwann seinen eigenen Groove, aber der Weg dahin ist manchmal schwer. Bildlich ist die Serie natürlich fantastisch. Von den Kostümen und den Design der verschiedenen Charaktere, über die Sets in sonderbaren Sphären.
Ein ganz besonderes Highlight ist die Folge 8, “Gotta Light?” bei der wir live einer sich aufmachenden Kluft beobachten können. Die Atombomben Explosion ist so wunderschön wie auch verstörend inszeniert, das dies allein schon als ein grandioses Kunstwerk dastehen kann. David Lynch in perfektion! So etwas habe ich davor noch nie gesehen und es hat ein High in mir ausgelöst, nachdem ich immer noch jage.
Die Serie schafft ein interessantes Spiel davon, in jeder Folge unzählige neue Fragen aufzustellen, die man dann ab und an etwas beantworten kann. Und obwohl man diesmal nicht nur in Twin Peaks ist, sondern auch gerne mal von Ort nach Ort hetzt, schafft die Serie doch einen geisterhaften Faden zwischen all den Geschehnissen aufzuspannen. Alles ist irgendwie miteinander verknüpft, und folgt man einem Faden, so kommt man doch irgendwann zu dem gordischen Knoten, der unseren Verstand überragt. So ist es dann auch klar, dass die Serie kein klassisches Ende findet, sondern viele Fragen und Konzepte offenlässt.
Beef ist eine Serie, die mich Episode um Episode wieder überrascht hat. Die Serie beginnt mit einem Road Rage Vorfall, der das Leben der zwei beteiligten und alle um sie herum nachhaltig beeinflussen wird.
Wenn man A24 hört, gehen die Erwartungen natürlich etwas nach oben. Und ich wurde tatsächlich nicht enttäuscht. Jede Folge ist wie ein kleines Kunstwerk an sich. Das beginnt schon mit einem Bild von David Choe, welches die interessanten Titel der Episoden unterstreichen. Die Stimmung und Erzählweise ist auch in jeder Folge etwas anders. Jeder der drei Regisseure, die an den Folgen gearbeitet haben, bringen etwas eigenes mit sich. Es fühlt sich teilweise wie eine ausgezeichnete Anthologie-Serie an. Dabei erforscht die Show die Tiefen der Charaktere auf immer neue und interessante Art und Weise. Aber durch die grandiose Geschichte, Dialoge und Schauspieler fühlt sich die Serie aber nicht versprengt an, sondern in ihren Besonderheiten kohärent.
Und wenn wir von der Geschichte reden, wer hätte gedacht, was für weite Kreise ein Road Rage ziehen kann. Die Protagonisten entblößen sich Folge für Folge mehr. Beide durchleben große Krisen und Glücksmomente, auf komplett unterschiedliche, aber doch sehr universelle Art und Weise. So bekommt man ein tiefen einblick in die düsteren Aspekte des Mensch sein. Über Feinde von außen, aber vor allem von sich selbst. Und genau da reibt sich die Serie immer weiter auf, denn so unterschiedlich die Leben von Amy und Danny sind, so ähnlich kaputt sind sie. Außerdem gibt es noch ein interessanten Einblick, in die Asiatisch Amerikanischen Blickwinkel. Aber es ist nicht nur Drama, durch das die Serie besticht. Sie ist auch teilweise zum wegwerfen komisch. “I guess, when you think about it, the ground is the original chair” hat sich tief in mein Hirn eingebrannt. Die Charaktere sind auch allesamt Idioten, die eine furchtbare Entscheidung nach der nächsten Treffen. Und wie bei einem Autounfall, kann man einfach nicht wegsehen. Es hilft auch das die Show erzählerisch sehr stark ist, und allen Charakteren über den verlauf, super ausgebaut werden. Gerade durch das spionage Spiel, das Danny und Amy an den Tag legen, bekommt man je nach Charakter und Perspektive immer weitere Details. Und die Situationen werden immer absurder, genau wie die Konflikte, ohne jemals die Bodenhaftung zu verlieren. Man kann nie wirklich erraten, wie die nächste Folge weitergeht, oder was für wahnwitzige Entscheidungen mal wieder getroffen werden.
Handwerklich und Erzählerisch absolut großartig, bietet Beef einen faszinierenden Einblick! Eine Show die sich auf jeden Fall lohnt.
Ein Requel das sich zu tief in seiner Meta Ebene suhlt, und am Ende den den Kopf am ende zu tief im Arsch stecken hat, das man keine Luft mehr bekommt. Scream 5 fühlt sich eher wie eine Fortsetzung von Scary Movie, anstatt von Scream an.
Der erste Scream war ein Film, der nicht nur das Slasher Genre wiederbelebt hatte, sondern auch sehr geschickt mit Meta-Ebenen gespielt hat. Klar bietet es sich dann bei einem Requel an, diese Aspekte wieder aufzunehmen und zu zelebrieren. Das ganze war zu Beginn auch sehr nett. Gleich wie der erste Film, sieht man ein junges Mädchen, das alleine zuhause ist. Ein Anruf auf dem Festnetz, und ein kurzer Diskurs über moderne Horrorfilme später, taucht Ghostface auf und überwältigt das Mädchen. Man fühlt sich gleich zuhause. Scream (5) spielt in einer Welt, in der alle Scream Teile zuvor tatsächlich passiert sind, und sogar verfilmt wurden. Die Stab Serie war sehr erfolgreich, aber hängt jetzt irgendwie im kreativen Bankrott. Hat man irgendwie schon mal gehört… Ein ganz nettes Augenzwinkern und ein lustiger Blick hinter die Kulissen. Doch damit noch nicht genug, da es so viele Stab Filme gibt, hat sich das natürlich auch auf die Welt von Scream ausgeweitet. Die klassischen Regeln gelten wie eh und je, nur sind noch einige dazu gekommen. Ja, das ist auch ganz lustig. Aber irgendwann wird es dann doch zu viel. Vor allem wenn die Grenze zwischen der Welt von Scream und dem Bewusstsein ein Film zu sein, verschwimmen.
Man sollte entweder voll in die Meta-Ebene eintauchen, oder sie etwas gezielter einsetzen. Der Film ist keine Clownshow, das man erwarten würde, dass die Charaktere wissen, dass sie in einem Film sind und deswegen andere Regeln für sie gelten und damit spielen kann. Dafür nimmt sich Scream noch zu ernst. Er ist aber auch nicht das, was Scream damals war: eine clevere Metaebene mit Filmregeln, die innerdiegetisch wirken. Dafür wird hier alles zu sehr auf die Spitze getrieben. Der Film geht dadurch für mich hinten und vorne nicht auf. Soll ich es jetzt lustig finden, das der Liebhaber als Killer betitelt wird, nur weil es immer so ist? Ach, was für ein herrliches Klischee! Und soll ich mir die Hände vor dem Mund schmeißen, als eine zu Tode operierte Courteney Cox einen coolen One-Liner zum Besten gibt? Will es jetzt ein cooler Slasher Film sein, mit Gefahren und Ebenen die man ernst nehmen muss? Oder ist es einfach nur ein Spaßiges Abenteuer, ala Happy Deathday? Sie verkrampfen sich beim Augenzwinkern so sehr, dass sie dabei Blind werden und gar nicht mehr wissen, was sie erzählen wollen.
Das Ding ist auch, für meta Humor muss man ein tiefes Verständnis über das Medium haben. Das ist ja an sich etwas cleveres. Wenn man jetzt aber den Film so gestaltet, das man sich von einem Klischee zum nächsten hagelt, obwohl man weiß das es irgendwie scheiße ist, macht dann der meta Kommentar es clever oder besonders dumm? So überzogen und unverhohlen der meta-Sarkasmus eingesetzt wird, fühlt es sich eher so an, als ob sich die Filmemacher verzweifelt schützen wollten. Haha, wir wissen, dass es dämlich ist! Haha, wir wissen, dass es kreativer Bankrott ist, einen Film so zu machen. Haha, lacht doch mit uns! Wenn das doch klar ist, warum legt man dann so viel Fokus darauf? Jemand, der ständig nur schreit, dass er ein idiot sei, der wird dann auch als Idiot wahrgenommen. Auch das Gelaber der Killer, als die Masken endlich gefallen sind, waren einfach nur purer Cringe, anstatt einer kneifenden Satire von Fan- und Reboot-Kultur, wie sie es sich wahrscheinlich vorgestellt hatten.
Das ganze Spiel mit der meta Ebene raubt dem Film aber auch etwas ganz Integrales. Bei Slasher Filmen wie Scream, die man schon als WhoDunIt bezeichnen kann, macht das Rätseln um den Mörder und dessen Beweggründe viel aus. Das ganze wird nur sehr unterwandert, wenn die Charaktere innerhalb der Geschichte ständig dasselbe machen. Jeder wird jederzeit verdächtig, sodass man schon irgendwie richtig liegen wird. Das demotiviert. Und als die Maske gefallen ist und klar geworden ist, wer, wer ist, war es dann auch schon egal. Die roten Heringe und das Irreführen laufen einfach in den Sand.
Aber auch erzählerisch hat der Film einige Probleme. Natürlich will man in einem Requel so viele alte Charaktere nutzen, wie man nur kann. Nur leider bekommen all diese Charaktere keinen wirklichen Raum zu atmen. Deswegen passiert sowas, dass man zum Beispiel die Kern Freundesgruppe hat, die über die Meta schwadronieren und sich gegenseitig bezichtigen, bis sie plötzlich gar nicht mehr relevant sind, bis sie zum Finale wieder aus dem Hut gezogen werden. Es wäre um einiges besser gewesen, wenn sie da etwas mehr Fokus gezeigt hätten. Es war auch sonderbar, wie Tara an einem Abend sich kaum aus dem Bett in den Rollstuhl bewegen konnte, ohne bestialische Schmerzen, und dann am nächsten Tag fröhlich durch die Gegend hüpft. Klar könnte man sagen Schmerzmittel, aber dann hätte man das auch gerne noch etwas ausfeilen können, z.B. dass sie teilweise einfach nicht versteht, was los ist, da sie zu high ist. Für mich, als Scream N00b war auch so vieles in dem Film egal. Ich habe vor ewigen Zeiten Scream 1 gesehen und gemocht. Aber ich interessiere mich überhaupt nicht für irgendeine der alten Charaktere, oder Nachfahren von 'drittklassigen Sequels’. Gerade in der Inszenierung von Sidney und Gale sind sie bei mir da voll auf die Nase gefallen. Es hat für mich überhaupt nicht gepasst, dass diese Frauen jetzt übelst Arsch treten sollten.
Aber trotz der harschen Kritik an der nicht wirklich funktionierenden Inszenierung hatte ich doch irgendwie Spaß an dem Film. Die Slasher Szenen sind ganz gut und schön brutal gemacht. Und auch wenn mich so vieles gestört hat, hat der Film doch einen guten Drive. Ich war sogar sehr zuversichtlich, dass der Film eine hohe Wertung von mir bekommt, bis sie es mit dem Zwinkern einfach übertrieben haben.
Peter Strickland und seine Filme erinnern mich sehr an Peter Weir. Vor allem an solche Filme wie 'Picnic at Hanging Rock’. Nur das Strickland in der Inszenierung noch einen Schritt weiter geht. Seine Filme haben dieselbe und sehr symbolische Narrative, aber durch Strickland's Inszenierung fühlen sich die Filmen noch viszeraler an. Das Erleben und Erlernen des Filmes, durch die Mittel des Filmes, gehören bei Strickland zum integralen Bestandteil der Narrative. Die Zuschauer sind nicht nur passive Zuschauer, das Erleben, Interpretieren und Verarbeiten des Gezeigten gehört dazu. Wenn man also Berberian Sound Studio nur mit einem halben Ohr und immer einen Blick aufs Handy anschaut, verliert der Film viel von dem, was ihn ausmacht.
Berberian Sound Studio wirkt wie für mich gemacht. Ich bin ein Audio-Enthusiast, und seitdem ich meine ersten drei Fragezeichen Kassette in die Hand bekommen habe, und erfahren habe, dass EIN TYP all diese Geräusche macht, habe ich ein großes Herz für Sound Design. Bei dem ganzen alten Aufnahmewerkzeug, der Planung auf Papier und den physischen Spielereien für das perfekte Klangerlebnis des Films, ist mein Herz aufgegangen.
Der Kern des Filmes ist aber die psychologische Betrachtung unseres Protagonisten Gilderoy. Man merkt schon in der ersten Szene, dass man sich dort nicht wirklich wohl fühlt. Er liebt Sound Design und geht darin auch voll auf. Es ergibt auch Sinn, dass die Filmemacher nach ihm verlangt haben, der scheinbar aus seinem Schuppen heraus unglaubliches mit Ton macht. Aber als introvertierter und sehr sensibler Mensch fällt es ihm nicht leicht, fernab des heimischen Schuppens zu arbeiten. Wenn er nach Feierabend in seine kleine Wohnung zurückgeht, spielt er Tonaufnahmen von Zuhause ab, um das Heimweh etwas zu mildern. Doch das ist nicht das einzige, was an ihm nagt. Er hatte keine Ahnung, dass er das Klangerlebnis eines Horrorfilms gerufen wurde. Hat er noch eine gewisse Distanz, als die zwei schrulligen Tonmacher sich um das Malträtieren von Gemüse und Obst gekümmert haben, muss er, bei Krankheitsausfall, selbst Hand anlegen. Das ständige Anschauen der gleichen Szenen, das viszerale Nachstellen der Gräueltaten, setzten ihm hart zu. Je mehr er in seine Arbeit reinsteckt, desto stärker verschwimmen die Grenzen zwischen Film und Realität. Der immer weiter aufbäumenden Stress geht immer weiter auf die Substanz. Er scheint das Studio gar nicht mehr zu verlassen, selbst wenn er nach draußen gehen möchte, genießt er das Geräusch der eingesperrten Zikaden und trockenen Ästen unter seinen Füßen. Seine Introvertiertheit geht so weit, dass er nur noch über die Geräusche in seiner Welt lebt, was die weitere Gewalt durch den Film nur noch grausamer macht. Selbst die Briefe von Zuhause werden immer bizarrer. Und als eine Schauspielerin sich endgültig vom Acker macht, bricht die letzte Grenze. Man sieht zum ersten Mal Bilder des Films, mit Gilderoy in der Hauptrolle. Weitere Handlungsfähigkeit wird ihm geraubt, indem er nun auch auf Italienisch synchronisiert wird. Immer weiter verliert er sich selbst, sodass er dann auch Grausamkeiten nutzt, um zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen. Am Ende weiß weder er noch wir, wo der echte Gildroy ist, und in welchen der Zwischenwelten er sich gerade befindet.
Handwerklich ist der Film eine Wucht! Es kommt nicht ganz an den Wahnsinn von In Fabric ran, möchte er aber auch gar nicht. Aber man bekommt ein fantastisches Gefühl für Gilderoy und sein innenleben. Die Kamera, Musik und allen voran natürlich das Sound Design sind vom allerfeinsten. Der Schnitt ist dann noch das Sahnehäubchen oben drauf. Ich war immer wieder überrascht, wie viel clevere Übergänge sie in dem Film geschafft haben, das die Ebenen teilweise verschwimmen und man selbst die Orientierung verliert. Das Setdesign ist ebenfalls großartig: sehr minimal mit einem starken authentischen Gefühl. Und Schauspielerisch klotz der Film ebenfalls, anstatt zu kleckern. Gilderoy wird überirdisch gut von Toby Jones gespielt. Ein Schauspieler, der es schon drauf hat, aber hiermit wirklich meine Lieblings-Performance von ihm herausgekitzelt hat.
Berberian Sound Studio ist nicht nur handwerklich ein Triumph, auch erzählerisch ist der Film ein Meisterstück. Dabei lässt er viel Raum für Interpretationsmöglichkeiten und ein wirklich viszerales Erleben, das diese toll durch persönliche Erfahrungen erweitert. Peter Strickland hat mich mit ‘In Fabric’ schon überzeugt, aber nach ‘Berberian Sound Studio’ bin ich ihm und seiner Art von Filmen komplett verfallen.
Compliance hat mich richtig verstört. Ich hatte über lange Strecken eine Gänsehaut und ein zermürbendes Gefühl in mir, das ich wahrscheinlich das letzte Mal bei der Vergewaltigungsszene in Irreversible gespürt habe. Der Film ist starker Tobak. Wenn ihr ihn noch nicht angeschaut habt, und Interesse daran habt, schaut ihn euch jetzt an und lest später weiter.
Der Film fängt harmlos an, mit einer morgendlichen Routine von Mitarbeiter eines Fastfood-Restaurants. Allesamt sind sie doch sehr normale Menschen. Klar, die Teens haben nicht so bock auf die Arbeit. Die Chefin ist etwas gestresst von einem Malheur von letzter Nacht und dem anstrengenden Arbeitstag dem sie gegenüberstehen. Der wahre Stress beginnt aber mit einem Anruf.
Der jungen Becky wird vom Hörer aus vorgeworfen, Geld gestohlen zu haben. Um kein großes aufsehen zu erregen und dem Polizisten am anderen Ende die Arbeit zu erleichtern, führt man eben die Befehle aus. Es beginnt erst recht harmlos (wenn auch schon grenzüberschreitend), mit einem zur Rede stellen und einer kleinen Durchsuchung. Schnell wird es extremer, aber man möchte die Situation gern hinter sich bringen. Die Alternative würde ein Polizeiaufmarsch und wahrscheinlich eine Nacht im Gefängnis bedeuten. Und wenn der Polizist sagt, dass das alles in Ordnung ist und er auch die Verantwortung übernimmt, wird es schon passen. Man nimmt sogar noch eine Mitarbeiterin mit, damit man auch weiter abgesichert ist. Aber es reicht nicht. Jetzt steckt man in einer Patt-Situation. Es heißt jetzt, auf den Polizisten zu warten. Ein Mitarbeiter wird herausgezogen, den Hörer in die Hand gedrückt und gesagt, er solle jetzt auf sie aufpassen. War die Chefin noch sehr gehörig, ist der verpeilte Teenager etwas rebellischer. Dieser Akt des Widerstandes und die empörten Aufrufe werden schnell kleingeredet, da man ihm eh nicht so wirklich traut. Der Verlobte der Managerin soll auf das Mädchen aufpassen, da man alle Hände für die Burger und Fritten braucht. Etwas angetrunken und verwirrt von der Situation, bietet Val das perfekte Sprungbrett, um den Bogen immer weiter zu spannen. Stück für Stück wird Van, trotz unwohlen Gefühl, immer weiter getrieben. Auch Becky wird Wort um Wort, Handlung um Handlung immer weiter gebrochen, bis zum perfiden Höhepunkt, der aber leider noch nicht das Ende ist.
Da man als Zuschauer in diesem Film reingeworfen wird, beginnt man sofort, das Telefonat auseinander zu nehmen. Nicht nur die Art und Weise, wie das Gespräch vonstatten geht, sondern auch das, was er so von sich gibt. Er spricht von einem Überwachungsteam und einem Opfer, das gerade ganz aufgelöst bei ihm sitzt. Mir ist auch sofort aufgefallen, das der gute Kommissar Dennis ein cold reading macht, und nach allen möglichen Informationen fischt, um sie dann als vollendete Tatsache darzustellen, auch wenn ich mir nicht sicher war warum. Diesen berechtigten Zweifel hat man als Zuschauer, aber nicht wenn man in der Situation steckt. Ähnlich wie beim Milgram-Experiment, dem Stanford-Prison-Experiment oder auch toll von Philip Zimbardo in “Der Lucifer Effekt” beschrieben hat, ist jeder zu gräueltaten fähig und der einfluss von Autorität darf man niemals unterschätzen. Und das weiß der Anrufer genau. Ähnlich wie vielleicht nur ein Kultführer, weiß er genau , was welchen Effekt auslöst. Es war auch faszinierend zu sehen, wie er mit jedem anders umgegangen ist. Lobende Worte hier, zürnende Worte hier und ein einfaches und starkes “Tu was ich dir sage!” dort. Er ist so geschickt daran, durch Worte und Stille informationen und stimmungen aus den Angerufenen herauszuholen. Ich musste wirklich mehrmals aufspringen, weil ich nicht fassen konnte wie perfide und clever er die Situation in dem Fast Food Restaurant in der Hand hatte. Egal was gesagt oder wie klar protestiert wurde, er hatte auf alles immer eine Antwort. Der Film zeigt uns das Monster auch ab der Hälfte, als es schnell klar wird, dass dort kein Polizist am anderen Ende der Leitung wartet. Großes Lob an Pat Healy, der diese Rolle schon fast zu gut verkörperte, mit jedem arroganten lächeln oder stimmungsschwankung die man im Gesicht und Stimme ablesen konnte.
Ähnlich wie es eigentlich nur Haneke oder Noé hinbekommen, wird man immer tiefer, bis über die Schmerzgrenze hinaus, hineingezogen. Durch die klare Kamera, den guten Schnitt und der fantastische Regie,kann man dem ganzen kaum entkommen. Am Ende des Films fühlt man sich schmutzig. Man dreht durch, bei jeder weiteren Lüge, mit der er davon kommt. Und als jemand, der alles entfaltet gesehen hat, fühlt man sich von den Fragen, im Interview vor dem Abspann, angegriffen.
Compliance ist ein durch und durch fantastischer Film. Der einen Abgründe zeigt, in die jeder Fallen kann. Von der Kraft der Suggestion, der Rechtfertigung vor sich und anderen und der Gehörigkeit, die man niemals unterschätzen darf. Jeder kann in so eine Situation hineingeraten, und unfassbar böses tun, mit der Autorität im Rücken, welche die Schuld auf sich nimmt, was natürlich nur eine Illusion ist. Jeder ist dazu fähig, egal was für ein Mensch man eigentlich ist.
Exodus ist in einer Durststrecke für meine Beziehung zu Ridley Scott entstanden. Nach der herben enttäuschung Prometheus, stand ein Bibel Schinken auf Scotts ToDo Liste. Ich weiß das ich den Film damals überhaupt nicht mochte. Diese Meinung hat sich durch das erneute Anschauen etwas aufgeweicht, aber so wirklich will der Film bei mir einfach nicht ziehen.
Schön, dass er wieder eine internationale Geschichte erzählt, bei der, trotz des Fokus auf Ägypten, viele verschiedene Menschen mit verschiedenen Hintergründen zu sehen sind. Das ganze wird leider etwas abgeschwächt durch das Casting. Der Begriff Whitewashing ist damals oft gefallen und ist ein Kritikpunkt, der immer noch steht. Ich finde es in Ordnung, Schauspieler nach ihren Fähigkeiten zu casten. Z.B. Joel Edgerton war erst einmal sehr befremdlich als Ramses, aber er ist dann doch gut in die Rolle gewachsen und hat den arroganten Monarchen super gespielt. Wo es leider nicht so gut geklappt hat, obwohl er bei weitem auch nicht schlecht spielt, ist Christian Bale. Der Film kam zu einer Zeit raus, bei der ich mich an Christian Bale Satt gesehen hatte. Von der ersten bis zur letzten Minuten war es einfach nur Christian Bale für mich. Genau so auch Sigourney Weaver, die einfach nur Sigourney Weaver in ner Perücke war. Es stimmt schon, das es auch eher weiße Menschen am Hof des Pharaos gab, aber als Mendelson, mit seinen stechend blauen Augen, etwas in einem britischen Akzent erzählt, fühlt es sich eher wie eine Kostümparty an, anstatt einer historischen Erzählung. Man wird leider echt oft herausgerissen. Dasselbe problem hatte ich auch mit Aaron Paul und Ben Kingsley.
Bildlich ist der Film natürlich, wie man es von Scott gewohnt ist, eine Wucht. Die Darstellung der Paläste, der Stadt für die Hebräher, das kleine Dorf und die gigantischen Baustellen sehen großartig aus. Genau so auch die Kostüme. Als Ramses in seiner goldenen Rüstung auf einem Streitwagen dahin zischt, kann man schon etwas nachvollziehen, warum das Volk damals dachte, dass er von einem göttlichen Geschlecht abstammt. Auch die Plagen sehen zum Beispiel sehr überzeugend aus und man kann das blutige Wasser, die surrenden Plagegeister und das Schluchzen der Eltern richtig spüren. Aber das alles bringt nicht viel, wenn die Geschichte nicht gut erzählt ist.
Im Vergleich zu Kingdom of Heavenn ist der Film Erzählerisch klar besser. Man hat auch das Gefühl das sich mehr mühe mit den Szenen gemacht wurde, wodurch der Schnitt auch besser funktioniert. Aber die Geschichte ist leider nicht so interessant Erzählt. Ridley Scott setzt, trotz der mystifizierten Geschichte, sehr auf eine bodenständige Erzählweise. Das macht das ganze natürlich etwas trocken, was nicht schlimm sein muss. Aber es beißt sich dann doch sehr stark mit den Plagen und der letzten epischen Flucht. Es funktioniert nicht wirklich, einen zornigen Gott in der Geschichte zu haben, der mächtige AOE Attacken auslösen kann, und dabei auf Bierernst zu bleiben. Aber auch davor funktioniert es eher schlecht als recht. Moses ist viel zu ernst und stoisch, sodass dort etwas Spaß fehlt. Aber er ist auch nicht tiefgründig genug, um eine wirklich düstere Geschichte erzählen zu können. Und auch wenn ich den Konflikt zwischen Ramses und Moses sehr cool finde, blüht dieser teilweise auch nicht weit genug auf. Besonders das verstoßen von Moses, wird überraschend schnell abgearbeitet. Etwas, wofür der Film eigentlich nichts kann, ist ein Pet Peeve von mir. Der strenge Zweifler, der zum Gläubiger wird. Man hört es immer wieder, gerade wenn es um irgendwelche Anführer von Gruppierungen oder Religiösen Vereinigungen geht. Ich verstehe, warum sie es machen. Wer, wenn nicht der Skeptiker, ist eine bessere Figur für ein Heilsbringer. Man ist ja selbst Skeptiker, und wenn es bei dieser Person geklappt hat, dann kann es auch bei mir klappen. Es ist auch einfach ein größerer Sprung eines harten Skeptikers zum überzeugten Gläubigen. Der Trope ist passend und gut eingesetzt, aber ich bin gar kein Fan davon. Was aber wirklich gut funktioniert hat, ist YHWH. Die darstellung als Kind war sehr gut gelungen, und vor allem die Streitereien zwischen Moses und ihm, haben mir gut gefallen. Für jemand der Christilich aufgewachsen ist, aber nun schon lange Atheist ist, stellt Moses, Ramses und andere Charaktere genau die richtigen Fragen. Fragen, die teilweise keine Antwort bekommen, was aber vollkommen okay ist. Man merkt eben, dass es der Alt-Testamentische Gott ist, zornig und trotzig, und nicht der liebende Gott aus dem neuen Testament. Hier funktioniert der Trope tatsächlich sehr gut, auch wenn bis zum schluss nicht klar wird, wie die beiden wirklich im Verhältnis zueinander stehen.
Exodus ist ein sonderbarer Film. Er erzählt eine große Geschichte im großen Stil. Mit einem grandiosen Blick für das Bildliche. Aber in der Erzählung fällt er flach für mich. Viel zu oft bin ich während der 2 ½ Stunden immer wieder abgedriftet, oder habe aufs Handy geschaut. Der geerdete Ansatz für so eine übernatürliche Geschichte ist ganz frisch, entfaltet aber niemals wirklich sein Potential. Dazu ein Casting, das eher von der Geschichte ablenkt, statt die Immersion zu steigern. Wenn man auf sowas steht, hat man sicherlich ne gute Zeit, aber ich würde den Film nicht uneingeschränkt empfehlen.
In Vorbereitung für einen Podcast über Ridley Scott, werde ich jetzt etliche Filme von ihm nachholen, abseits von Blade Runner, Alien, Black Hawk Down und Gladiator. Der erste war dabei Kingdom of Heaven, der zufällig auf Disney Plus zu Streamen war. Erst einmal vorweg, die Version dort ist die Kino Variante, nicht der Directors Cut, deswegen wird sich meine Kritik auch auf diese Version beziehen.
Was ich an Ridley Scott sehr schätze, ist wenn er sich ein historisches Thema nimmt, dem der Zuschauer dann auch ein breiteres Verständnis von der Zeit gibt. Statt homogenisiertes Ritter gegen Ritter, treffen Europäer, auf Afrikaner und Asiaten. Wer glaubt, dass die Vergangenheit nicht international ist, der hat nicht genug aufgepasst. Vor allem bei so einem Konflikt wie den Kreuzzügen. Ich liebe es auch, dass man Züge des goldenen Zeitalters des Islams zu sehen bekommt. Eine Zeit, über die man viel zu wenig weiß. Islam als Hochkultur, bei der so viele wunderbare Kernaspekte der Religion gescheint haben, wie z.B. das suchen nach Wissen. Die muslimische Bevölkerung wird schön dargestellt, als harte Arbeiter, clevere Strategen und vor allem als Menschen. Aber selbst die quasi Bösewichte des Films, die Kreuzritter, werden sehr vielschichtig dargestellt. Vor allem im Kontext mit den anderen Christen unter König Balduin. Sein Design ist wahnsinnig gut gelungen und er ist mit abstand der interessanteste Charakter des Filmes. Es ist an sich schon interessant, dass bei einem so religiösen Konflikt die Religion eher im Hintergrund steht. Unser Protagonist agiert nicht aus blinder Devotion. und erkennt das Potential jedes Menschen, egal welcher Religion sie angehören. Einer meiner Lieblings Zitate aus dem Film ist, als er zum Bischof von Jerusalem sagt: “I’ve learned a lot about religion from you”. Eine überraschend schlagfertige Aussage von dem sehr blassen Protagonisten, der aber den Kern davon wundervoll auf den Punkt bringt.
Man merkt auch, dass sich unfassbar viel Mühe mit den Kostümen und Szenenbilder gemacht wurde. Scheinbar hatten sie ein Budget von 250.000$ nur für Flaggen… und das merkt man auch. Die Rüstungen, Waffen, Klamotten und Umgebung sehen großartig aus (auch wenn es mir bei den Sets manchmal etwas zu viel war, weniger wäre dort mehr gewesen). Man merkt aber auch, dass der Film 2005 erschienen ist. Das CGI der Hintergründe ist niemals wirklich katastrophal, aber eine gewisse Fakeness sieht man ihr einfach an.. Die wichtigsten Charaktere sind ebenfalls visuell großartig gestaltet. Ob es der DRIPPED OUT Saladin ist, der wahnwitzige Kreuzritter, der vernarbte Berater des Königs oder der König selbst ist, hier haben sie wirklich großartige Arbeit geleistet.
Erzählerisch ist der Film leider nicht so gut. Es fängt schon mit dem Protagonisten an, der einfach eine passive Schlafmütze ist. Es hilft auch nicht, dass er von Orlando Bloom gemimt wird, der zwar ein interessantes Gesicht hat, aber leider gar kein guter Schauspieler ist. Ständig schaut er stoisch durch die Gegend, egal was gerade passiert. “Yes Orlando, give me nothing!”. Das macht den Film etwas zäh. Klar, ist man bei einem historischen Drama auf die realen Vorlagen limitiert, aber das hat bei Gladiator, und auch nicht bei Balduin oder Renaud de Châtillon nicht gestört. Denn man darf sich ja etwas Freiheit nehmen und dann auch gerne den Protagonisten etwas spannender gestalten. Der Film beginnt mit ihm, an seinem tiefsten Punkt, brutal wird das Begräbnis der Frau und der mörderische Konflikt mit dem Priester inszeniert. Aber spüren tut man dabei nichts. Man bekommt auch nie wirklich ein richtiges Gefühl, was für ein Mensch er sein soll. Erst als er seine Rolle als Baron einnimmt und seinem Volk hilft, sich allein gegen den mächtigen Gegner stellt und clever Jerusalem verteidigt, scheint etwas Interessantes bei ihm durch. Aber das sind leider eher die Ausnahmen: unter anderen Rittern, unter seinen Soldaten oder dem sonderbaren Love Interest ist er nicht mehr als eine blutleere Pappfigur. Es fällt einem auch schwer, ihn ernst zu nehmen, da er quasi keine Qualifikationen mit sich bringt. Und sind wir mal ernst, kann man jemanden Ernst nehmen, der solche Sachen sagt wie “How can you be in hell, if you’re in my heart?”. Diese Line ist so lustig! Es könnte ein bezeichnendes Zitat sein, von einem armen Schmidt, der sich niemals mit schnöden Worten rumschlagen musste, und auf diese Art und Weise am konkretesten seine Gedanken rüber bringt. Aber so fühlt es sich nicht an. Es wäre so viel besser gewesen, wenn man mehr interne Vorgänge in Bailin gesehen hätte. So hätte man die Unzugänglichkeit etwas abdämpfen und auch mehr seine Entwicklung beleuchten können. Klar entwickelt er sich, aber durch die hölzerne Darstellung von Bloom und dem fehlenden Gefühl von im Film vergangener Zeit geht das ganze verloren.
Bei manchen Kritikpunkten weiß ich leider nicht, ob es der Film an sich ist, oder ob es an dem Theatralen Cut liegt und es kohärenter im Directors Cut ist. Die Szene auf dem Berg fühlt sich einfach nicht richtig an. Plötzliche Perspektiven wechsel, die Stille und der teilweise sehr durchwachsene innere Monolog. Wahrscheinlich soll das seine fehlende religiöse Erleuchtung darstellen, die er sich erhofft hat. Aber warum so? Warum passiert das nur einmal? Irgendwie hat das nicht so gut gepasst. Genauso auch der Umgang mit Texten die einen Kontext im Film geben sollen. Man bekommt zu Beginn und zum Ende etwas Kontext geboten. Das wäre auch schön gewesen, wenn sie immer mal wieder etwas Text einblenden würden, gerne mit Ort und Zeitangabe. Aber das passiert leider nicht, bis zur Hälfte des Filmes, als man unbedingt wissen muss, dass DIES der Palast oder so etwas ist. So hat sich das angefühlt, als ob sie den Film schnell zusammengeworfen haben, was überhaupt nicht stimmt. Der Schnitt dauerte über ein Jahr, also muss es eine bewusste Entscheidung gewesen sein, aber warum? Der Film springt auch gerne mal in Raum und Zeit nach vorne und man muss sich halt dann irgendwie zusammensuchen, wie viel Zeit vergangen ist. In einem historischen Film hätte ich mir da etwas mehr Informationen gewünscht. Darunter leidet leider auch das Pacing. Der Film ist mit seinen 138 Minuten auch nicht wirklich kurz. Aber ich wünschte mir, dass sie einfach all das Vorgeplänkel in Frankreich gelassen und man mit dem Schiffbruch begonnen hätte. Auch wenn man einiges über seine Vergangenheit erfährt, und auch eine Motivationen gelegt worden, hätte man das viel Geschickter erzählen können. Dadurch, dass Balian so passiv ist, und es dem Zuschauer sehr schwer macht, sich in ihn hineinzuversetzen, wirkt die Zeit verschwendet. Hier hätte man auch stärker damit spielen können, das er seinen Vater ja quasi nicht kennt. Das hätte den legendären Status, den dieser ja bei so vielen Menschen innehatte, besser rüberkommen lassen. Und man hätte ihm mehr abgekauft, dass er sich in einem Kampf gegen eine berittene Einheit behaupten kann. Und die eingesparte Zeit hätte man nutzen können, um manche Charaktere, Szenen und Konflikte weiter auszubauen.
Es ist aber nicht nur der Protagonist, der sehr flach ist, viele andere Charaktere sind nicht besser. Gerade die Rolle von Sybilla fühlt sich durch und durch sonderbar an. Es wird viel Fokus auf sie gelegt, aber man kann sich nie wirklich in sie und ihre Konflikte hineinfühlen. Allen voran Guy, der defacto Bösewicht über die meiste Laufzeit (…ich nenne ihn mal Bad Guy). Gerade in einem Film, wo es um Intrigen geht, hätte ich mir einen etwas mehr dimensionalen Charakter gewünscht. Er ist einfach nur Böse und ein Arsch. Sein größter Coup gelingt, weil Balian sein Codex mehr Wert ist als all der Menschen, die aufgrund seiner Entscheidung sterben. Es wäre auch schön gewesen, wenn man etwas Fanatismus bei ihm erkennen hätte können. Man hätte gerne mehr in den Wahnsinn der Tempelritter eintauchen können. Natürlich bleibt Macht und Ruhm sein erstes Ziel. Aber wenn er einfach dogmatischer gewesen wäre, und dieser Wahn verfallen wäre, hätte die Schlacht von Hattin viel besser gewirkt.Das hätte auch ihn von Balduin, Saladin und Balian kontrastieren lassen.
Handwerklich ist der Film nicht schlecht, das wäre zuviel gesagt. Aber der Film hat handwerklich viele ähnliche Probleme wie in Gladiator, nur das es in Gladiator um einiges besser funktioniert hat. Die Kämpfen sind immer von unzähligen Schnitten durchbrochen, das man oftmals die Orientierung verliert. Das kann als Stilmittel bei großen Schlachten einsetzen, ziehen dann aber bei 1v1 nicht mehr so gut. So verspielt der Film bei mir viel Potential. Auch die Besetzung von Jerusalem, war teilweise etwas zu chaotisch. Wenn die Kamera etwas länger an der Action geblieben wäre, hätte man ein viel besseres gespür von Gravitas bekommen. Der Kampf, nachdem die Mauer eingerissen wurde, ist besser als alles davor. Die Kamera zieht langsam nach oben, man sieht, wie zermürbend Menschen gegen andere Menschen geworfen werden und sich zerreiben. Immer weiter zurück sieht man das wilde Treiben an anderen Ecken und Menschen, die wie Ameisen über sich selbst fallen. Aber leider stehen solche Szenen recht alleine da. Das Color Coding war mir auch zu viel, sodass viele Szenen durch die aggressive Einfarbigkeit teilweise sehr flach wirkten. Etwas das mich auch manchmal aus den Szenen gezogen hat, war der Schnitt. Gerade bei kleineren Szenen oder Dialogen zwischen Charakteren, hat man den Schnitt spürbar gemerkt.
Und all das ärgert mich! Die Geschichte ist faszinierend, viele handwerkliche Aspekte sind großartig, aber die Erzählung ist sehr verwaschen und unfokussiert. Hätte es damals das Format der Mini-Serie gegeben, hätte daraus etwas wirklich Großartiges werden können. Die erste Folge dreht sich um sein Leben in Frankreich, das Treffen mit seinem Vater und der neue Rolle den er nun gerecht werden muss. Die zweite Folge hätte mit dem Schiffbruch anfangen sollen, das schaffen einer ungewöhnliche Freundschaft, das Zusammentreffen von fremder Religion und Menschen, bei dem er etwas arabisch lernt. Die Folge kann dann gerne auf dem Berg enden, als er endgültig seinen Glauben verliert. Die dritte Folge hätte sich um seine Zeit als Baron und um Balduin, die Intrigen am Hof und das Anbandeln von Sybill drehen können, mit dem Finale bei der Schlacht um Karak. Folge vier dreht sich um den Tod des Königs, das Machtvakuum und das Marschieren auf Hattin enden können. Und als Finale die Verteidigung von Jerusalem, mit einem netten Epilog. Für einen Film ist es etwas zu viel Stoff, bzw. zu versprengt erzählt.
Skinamarink ist ein Film, der einige gute Aspekte hat, aber durch eine fehlende Vision oder Kohärenz jegliches Potential verschenkt, und meiner Meinung nach sogar aktiv kaputt macht.
Skinamarink ist kein typischer Horror Film, es ist nicht mal ein typischer Film an sich. Man hat quasi keine Charaktere, keine wirkliche Geschichte und Szenen, sondern viel mehr eindrückliche Bilder, die ständig aus der Peripherie lugen. Man bekommt eigentlich nie direkt etwas zu Gesicht, weder Charaktere noch Vorgänge. Eine sehr mutige Herangehensweise, die es dem Zuschauer schwer macht, aber dafür etwas Besonderes bieten kann. Die Bild und Tonqualität ist auch etwas Herausragendes an diesem Film. Anstatt eines klaren Bildes, bekommt man den Effekt einer alten Filmaufnahme, an der man jeder der Frames spüre, kann. Selbst wenn man für eine Minute auf dasselbe Bild starrt, beginnt das Gehirn zu wandern, und die ständig bewegenden Punkte im statischen Bild zaubern dabei eine ganz besondere Qualität, die noch mehr die Assoziation des Zuschauers fordert. Auch der Ton besticht aus solchen Aufnahmeartefakten. Von der ersten Minute bis zur letzten, hört man das ständige Kratzen eines alten Tonbandes oder einer Vinylscheibe. Des weiteren klingt alles Dumpf und/oder überspitzt. Die Töne, die dann beim Zuschauer ankommen wirken sind dann auch wieder sehr assoziativ. Durch die unbekannte Geschichte, dem nie klaren Blick, der Länge der Einstellungen und der doch sehr anstrengenden Qualität, hat der Film in mir ein Effekt den ich so noch nie in einem Film gesehen habe. Man hatte das Gefühl, in einen Albtraum hineingezogen zu werden, der schleichend immer schlimmer wird.
Das war in den ersten zwanzig bis dreißig Minuten. Da ich den Film in der Sneak gesehen habe, wusste ich überhaupt nicht was auf mich zukommt. Und am Anfang war ich auch sehr begeistert davon, den man hat gemerkt das der Regisseur eine eigene Erzählweise gewählt hat, und sich dieser auch ganz hingeben möchte. Aber umso länger man den Film anschaut, um so mehr merkt man, dass nichts dahintersteckt. Nehmen wir als Vergleich Begotten, ein großartiger Kunst-Horror Film, bei dem mein Gehirn non stop gerannt ist: Was will der Film mir sagen? Was seh ich da gerade? Was könnte das bedeuten, in Bezug auf diese andere Szene? Skinamarink versucht so etwas ähnliches zu machen, nur das es überhaupt nicht aufgeht. Den das, was dem Film fehlt, ist eine Narrative. Eine Geschichte oder Intention des Filmemachers, über die stilistischen Entscheidungen hinaus. Der ständige, starre Blick vorbei an den Geschehnissen ist interessant, aber nur so lange auch etwas Interessantes passiert. Hat man das am Anfang noch so auslegen können, merkt man gegen später, dass dahinter keine wirkliche Intention dahintersteckt. Ganz aufgeregt hat es mich, als die Kamera plötzlich die Perspektive der Kinder darstellen soll, was aus dem nichts kommt und selbst dann nicht wirklich gut gelungen ist. Hier wird ein Spagat versucht, bei dem der Film seine eigene Ideale verrät, für nichts und wieder nichts. Der Film hat auch keine Geschichte, die er erzählen möchte, was man super in einem Kurzfilm machen kann, wenn man nur ein Atmosphären Bild schaffen möchte… aber über 99 Minuten ist dann schon ein starkes Stück. Ich kam mir auch mehrmals übelst verarscht vor, die plötzliche POV ist nur ein Beispiel. Als plötzlich die Schwester verschwunden ist und uns dann ein BUUUUH Gesicht von ihr aufgetischt wurde, musst ich einfach nur laut loslachen, worauf die gesamte Sneak (zumindest die, die noch da waren) mitgelacht hat. Es war einfach nur lächerlich! Auch die positiven Aspekte, die ich am Anfang angesprochen habe, verfliegen mit der Zeit, da man irgendwann weiß, dass der Regisseur nichts zu sagen hat. Das Ganze wurde dann gegen Ende auf die Spitze getrieben, mit einer arbiträren Zahl, die gar nichts zu sagen hat, kleinen Schritten voran und weite würfe zurück. Ständig habe ich gedacht, endlich ist es jetzt vorbei, nur das dann nochmal eine belanglose Szene hinterhergeschickt wurde. Das Wesen, welche die Welt kontrolliert, wirkte auch äußerst lächerlich. Ich gebe zu, die Einstellung am Schluss, mit dem sonderbaren Gesicht war noch visuell ein Highlight, aber das Wesen selbst, wurde im Film selbst zur Lächerlichkeit zugrunde gerichtet. Es hilft auch nicht, dass das Verschwinden von Fenster, Tür und Klo mit einem sonderbare Soundeffekt verziert wird.
Der Film erinnert mich sehr an alle möglichen itchio Horror Spielen. Durch Verzerrung von Klang und Bild, durch einen aufgeklatschten Filter soll Grusel erzeugt werden, ohne wirklich wissen was Horror ausmacht. Klar kann man sich vor gruseligen Szenen oder lauten Geräuschen erschrecken, aber wahrer Horror geht tiefer. Dabei muss es auch nicht explizit sein, man kann durch Andeutungen viel Spannung und Angst erzeugen. Es ist spooky wenn die Eltern sich nicht normal verhalten und sagen, man soll unter dem Bett nachschauen. Das unbekannte und andersartige ist verstörend. Aber ohne Kontext oder irgendwelchen Konsequenzen ist es eben nur eine Szene, die einem kurz Angst macht und dann wieder loslässt. Und so fühlt sich der ganze Film an. Er hat eine interessante Art und Weise gefunden, ein unangenehmes Gefühl zu erzeugen, und nutzt dieses auch ganz gut. Aber mehr steckt da nicht dahinter. Und auch das leckerste Essen geht einem irgendwann auf dem Sack, wenn damit gefüttert wird, bis zum zehnten Erbrechen. Ähnlich wie die Horror Spiele, halten die meisten sich nur für zwanzig Minuten, da ihr Gimmick dann aufgebraucht ist, und sie nicht mehr zu erzählen haben. Währe Skinamarink ein Kurzfilm, von 20 -30 Minuten, mit noch etwas mehr Fokus, dann wäre er großartig! Oder von mir aus auch als Analoghorror, aufgeteilt und mit etwas narrative drum rum ausgeschmückt. Aber so funktioniert der Film einfach nicht.
Ich habe eine dicke Haut, was anstrengende und langwierige Filme angeht. Selbst wenn sie mir nicht so sehr gefallen, kann ich immerhin die Kunst und das Handwerk dahinter auf einer anderen Ebene verstehen und genießen. Ich habe auch nichts gegen Filme, die eher vage sind, die eher assoziativ funktionieren und dem Zuschauer auch einiges abverlangen. Aber Skinamarink gibt einem wirklich nichts. Und nicht nur das, es verspielt auch viele interessante Aspekte, die diesen Film hätte, besser machen können. Durch die Gefangenschaft, und der klaren Raumteilung, hätte man interessante Sachen machen können. Auch das Sounddesign fällt leider flach. Man gewöhnt sich so sehr an das Geräusch von Kinderfüßen auf dem sonderbaren Boden (es klingt ein bisschen wie Schritt Geräusche aus der PS1/N64 Ära), dass man vielleicht damit etwas machen könnte. Aber nein…
Wenn jemanden der Film gefallen hat, dann freut mich das! Aber für mich ist Skinamarink eine pure Zeitverschwendung. Ich denke mir das Kyle Edward Ball die Zuschauer in den Albtraum der Kindheit hineinziehen wollte, bestechend aus der Angst aus dem dunklen. Ich denke er wollte auch dass man die vergehenden Tage, das ziehen im flimmernden Raum, selbst spüren soll. Aber das geht eben nur bis zu einem gewissen Grad. So macht sich Langweile beim Zuschauer breit, alle möglichen Versuche den Zuschauer zu schockieren (Kind ohne Gesicht, Bilder mit verzerrten Gesichter, Stimmen aus dem Nichts) fallen dabei auf taube Ohren. Und wenn dann tatsächlich „The End“ auf der Leinwand flimmert, merkt man das dieser Film als Gesamtwerk keine wirklichen Qualitäten besitzt. Es wird keine Geschichte erzählt, es wird nichts mit den Charakteren gemacht, es ist einfach nur da. Und um das gesammelte Unterbewusstsein aufzugreifen und anzusprechen, ist der Film dann doch zu flach und dröge. Tut euch einen gefallen und spart euch die Zeit und Nerven! Wenn ihr aber den Film toll fandet, bitte kommentiert warum. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
Der neue Horrorfilm aus dem Hause A24. Filme wie The VVitch, Midsommar, Lamb, etc, gehören für mich zu dem fantastischen Genre des Art-Horrors. Etwas sperriger als der 0815 Horrorfilm von Blumhouse, dafür aber auch tiefgreifender und interessanter. Oberflächlich würde man Talk to Me eher zu den Standard Horror zählen. Zu Filmen über Übernatürliches, wie Truth or Dare, La Illorna, Hellraiser (2022), etc. Und das stimmt bis zu einem gewissen grad auch, den Talk to Me ist etwas Magenfreundlicher. Aber das heißt nicht, dass hinter dem Titel keine Wucht steckt. Talk To Me ist ein astreiner, fantastisch inszenierter Horrorfilm, der gerne zum neuen Goldstandard für diese Art von Filmen werden kann.
Es ist kaum zu glauben, dass es der erste Spielfilm des Brüder Duos Philippou ist. Sie beweisen ein wirklich geschicktes Händchen was Inszenierung, Storytelling, Pacing und Drive des Filmes angeht. Von der ersten Szene an hat Talk to Me eine richtig ansteckende Energie. Wenn das plötzliche Ende des Prologs kommt, wenn furchtbare Dinge passieren und es sich anfühlt, als ob die Welt zusammenfallen würde oder Mia immer weiter getrieben wird, spürt man das. Die Charaktere sind auch allesamt toll inszeniert, und fühlen sich wie echte Leute an, anstatt einfach nur Statisten in dem Horror Trip der Protagonist:innen. Auch dass gerade von den Außenstehenden wie Hayley und Joss das Richtige gemacht wird, anstatt noch mehr Drama durch Verschleierung hervorzurufen, war überraschend erfrischend. Der Fokus auf der Geschichte, die sie erzählen möchte, geht nie verloren. Die Schauspieler machen auch allesamt ein fantastischen Job, mit einer herausragenden Leistung von Sophie Wilde, die für mich, Oscar reif war.
Ich bin auch Gott froh, dass das Drehbuch sich nicht an ausgelutschten Tropes entlanghangelt, wie es so viele mittelmäßige Horrorfilme machen. Zwar wird hier das übernatürliche ebenso spielerisch wie in Truth or Dare eingeführt, teilweise sogar richtig zelebriert. Aber es geht dann nicht darum das Mia mehr über die Hand herausfinden möchte, dabei ein abstecher in ein Gefängnis/Irrenanstalt/Altenheim/Schloß oder was auch immer machen muss, um dann der Lösung so nah zu sein, und mit einem letzten Twist nochmal eins übergebraten bekommt. Zwar sucht sie auch nach einer Wahrheit, aber diese Suche ist eher nach Innen gerichtet, verbunden durch den Limbo, welchen man durch die Hand erreicht. Es war ein kleiner, aber cleverer Schachzug, die Motivation für die Rettung von Riley durch die Hülle von Mias Mutter zu mimen. Es ist auch schön, wie ambig das ganze dargestellt ist. Spätestens als sie auftaucht, trennt sich die überlagerten Sichtweise von Mia und dem Zuschauer und der Zweifel macht sich breit. Ein Zweifel den man immer wieder bestätigt fühlt, man aber dann doch machtlos zusehen muss, wie Mia weiter auf die falsche Mutter reinfällt.
Bei Horrorfilmen ist es mir wichtig, dass die Welt in sich kohärent ist. Ich hasse es, wenn zum Beispiel Geister oder Dämonen mal jemanden wild durch ein Zimmer werfen und in der nächsten Szene in gruseliger Stimme irgendwelche leeren Drohungen aussprechen. Die Hand und die Limbo-Welt sind genügend ausgebaut, dass man alles in dem Film gerne und klar wahrnimmt, aber noch genügend Raum zum Spekulieren lässt. Was können die Geister? Welche Wirkung haben sie? Und was hat da von Riley und Mia besitzt ergriffen? Mehrere Geister oder doch nur eine Entität? Was sind diese Geister und was wollen sie? Geht es ihnen darum, einfach wieder für Momente das Leben in ihrem Körper zu spüren? Wollen sie einfach nur Leid verbreiten? Oder versuchen sie einfach nur weitere Seelen in denselben Limbo zu ziehen? Suchen sie sich spezielle Opfer heraus, wie zum Beispiel Riley? Wie viel von dem Ritual hat eine wirkliche Funktion, oder ist es einfach nur schnödes Beiwerk? Da denkt man, man weiß viel über die Hand und wie sie funktioniert, da wird man in den astralen Körper eines Mädchens gezogen, um die Hölle zu erleben. Ich mochte auch sehr, wie ernst und verstörend die erste Besessenheit von Mia dargestellt wird, aber gleich danach durch Euphorie gebrochen wird. Es ist auch nie wirklich klar, wie viel von dem, das wir durch die Augen von Mia sehen, wirklich echt ist. Dass es das Phänomen gibt, ist klar. Aber dass Mia sie auch außerhalb wahrnehmen und sogar angegriffen werden kann, ist dann schon sehr interessant. So könnte es auch sein, dass vieles von denen, was sie vor allem in der zweiten Hälfte sieht und erlebt, genauso gut auch eine Psychose sein kann. Nicht unbedingt abwegig, vor allem mit einer Mutter, die selbst an heftigen Depressionen litt, wie man es aus dem Abschiedsbrief herauslesen kann. So bietet das Konzept natürlich auch außerhalb von seiner intradiegetischen Wirkung Interpretationsraum. Der Kontakt durch die Hand könnte für Drogen dastehen, für gefährliches und wahnsinnig machendes Gedankengut, oder ähnliches.
Ich bin auch ein großer Fan davon, wie mit Horror in dem Film umgegangen wird. Statt einem Jumpscare nach dem nächsten, wird der Horror hier eher langsam, morbide und ambigue inszeniert. Das funktioniert wunderbar, vor allem weil man als Zuschauer auch auf den Blickwinkel von Mia angewiesen ist. Es tut auch gut, dass der Film zur Horrorgeschichte ein starkes persönliches Drama als Fundament hat. So wirkt der Horror viel tiefgreifender, vor allem wenn mit den Charakterlichen Schwächen gespielt wird. Mia ist eine gebrochene Person, die nach dem Tod ihrer Mutter nicht mehr wirklich Fuß fassen konnte. In der kleinen Zuflucht, ihrer quasi zieh Familie, macht sie mit ihrem Handeln bald alles kaputt. Der Scherbenhaufen wirkt von Tag zu Tag größer, und das macht die tröstenden Worte ihrer Mutter dann auch so viel effektiver. Und dann noch das grandiose Ende. Im selben Krankenhaus wacht Mia auf, allen um ihr geht es besser. Doch sie hat kein Spiegelbild mehr und keiner reagiert. Das schlurfende Känguruh hüpft von dannen, als einen bezeichnenden Wendepunkt der Geschichte und von Mia als Charakter. In meiner Interpretation wird so gezeigt, dass vieles davon, was sie durch die Hand gesehen und erlebt hat, ein Konstrukt aus ihren Erfahrungen ist.
Seht ihr Blumhouse, so macht man Mainstream Horror! Mit einer klaren Prämisse, gutem Handwerk, super Flow und genügend Platz zum eigenen Erkunden und Interpretieren der Welt und deren Regeln. Danny und Michael Philippou haben mit ihrem ersten Spielfilm einen glatten Homerun getroffen. Bitte mehr davon!
Ich lese gerade Tomie und bin leider nur so mäßig begeistert. Ganz interessant, aber dann doch etwas eintönig. Uzumaki war schon eine interessante Verfilmung eines Junji Ito Werkes, und so wollte ich sehen, wie sie Tomie umsetzt, das niemals wirklich eine übergreifende Geschichte annimmt, sondern immer nur kleine Episoden erzählt wird.
Der Film macht es dabei sehr ähnlich. Es werden mehrere kleine Geschichten aus dem Manga aufgenommen und in einer neuen verarbeitet. Anstatt dass Tomie einfach in eine Situation hineingeworfen wird und Chaos stiftet, gibt es hier tatsächlich etwas mehr Tiefe über ein Trauma der Vergangenheit. Auch das Drama zwischen den Charakteren ist ganz gut gelungen. Der Konflikt zwischen Tsukiko und Tomie war dann auch sehr gut, und in einer typischen Tomie Art und Weise gelöst.
Der Film nimmt wirklich viel Zeit, was teilweise etwas am Pacing zerrt, aber den Film nie wirklich schlecht macht. Der Fokus auf die Charaktere hat mir gut gefallen, dabei fällt aber die titelgebende Figur etwas zu kurz. Man hätte gerne noch mehr mit ihrer Anziehungskraft, dem Wahn der dem einhergeht und immer in Mord mit stückelung endet. Aber dafür ist ihre Inszenierung sehr gut. Vor allem durch den obsessiven Polizisten, dessen Verhalten erst am Ende wirklich klar wird. Auch dass man ihr Gesicht nie wirklich sieht, hat das erste richtige Auftauchen von Tomie gut gehyped. Leider ist sie, meiner Meinung nach, nicht so gut gecastet. Miho Kanno ist nicht die Tomie, wie sie im Manga beschrieben wird. Es fehlen ihr die Gravitas, Schönheit und Boshaftigkeit. Ich hätte mir auch gewünscht, dass sie mehr mit ihrer Stimme spielt, gerade wenn es darum geht, andere zu manipulieren. Auch das markante Muttermal war etwas zu versteckt. Ich verstehe auch nicht, warum ihre Haare so strohig sind. Im Manga wird immer wieder Fokus darauf gelegt, wie perfekt ihre Haare sind und wie allein diese Menschen den Wahnsinn treiben können. Das mögen vielleicht Kleinigkeiten sein, aber gerade bei der titelgebenden Figur hätte ich mir etwas mehr Mühe gewünscht. Es wäre so, als ob Myke Meyers plötzlich eine Hasenmaske auf hätte und von einem dürren kleinen Typ gespielt werden würde. Aber als ersten Umsetzung seiner Werke in Form eines Filmes, macht der Film schon vieles richtig, kratzt aber leider an etwas Großartigem vorbei.
Zur Vorbereitung für eine Folge meines Podcasts schaue ich aktuell verschiedene Filme von Ridley Scott an, die ich noch nicht gesehen habe. The Counselor war trotz Starbesetzung komplett an mir vorbei gegangen und ich bin sehr froh, ihn jetzt nachgeholt zu haben.
Meiner Meinung nach funktioniert Ridley Scotts Regie am besten mit einem starken Drehbuch, an welches er selbst niemals Hand angelegt hat. The Counselor-Autor Cormac McCarthy ist nicht umsonst eine Drehbuch-Legende. The Road und No Country For Old Men liefern durch die bestechenden Charaktere, die großartig inszenierte Welt und die großartigen Dialoge brillante Vorlagen für moderne Filmklassiker. Hier kann sich The Counselor nicht nur mit einreihen, sondern (für mich persönlich) sogar ganz nach vorne stellen. Und das ist ein hohes Lob.
Der Film ist kein klassischer Thriller. Dafür sind die Charaktere und Dialoge viel zu sonderbar, aber genau das hat mir so gut gefallen. Gerade der titelgebende Counselor (Michael Fassbender), welcher sich Hals über Kopf verschätzt und bitter dafür bezahlen muss, hat mich sehr fasziniert. Statt eine konkrete Geschichte mit den entsprechenden Konflikten zu erzählen, ist The Counselor eher eine Art Proto-Thriller, der die einzelnen narrativen Elemente sehr abstrahiert präsentiert und somit Raum für Interpretationsspielräume lässt. Es hat schon seinen Grund, dass der Protagonist nur als “The Counselor” angesprochen wird. Er ist, genau wie all die anderen Charaktere, ein gewisser Archetyp, anhand dessen Schicksal der Film seine Geschichte erzählt. Die verschiedenen Facetten seiner Motive erarbeitet der Film dann anhand der weiteren Charaktere. Reiner (Javier Bardem) ist ein alter Hase im Geschäft und genießt die luxuriösen Früchte seiner dubiosen Machenschaften. Westray (Brad Pitt) ist sogar noch abgebrühter und jederzeit bereit, alle Zelte abzubrechen und irgendwo ein neues Leben anzufangen. Unter seinem Cowboyhut versteckt sich neben eindrücklichen Warnungen an den Counselor vor allem eine ordentliche Portion Zynismus. Die absolute Psycho-Queen ist aber Reiners Frau Malkina (großartig: Cameron Diaz), deren Motive neben Langeweile auch pure Lust an Zerstörung und Machtgier sind. Das Gegenstück zu diesen Figuren ist die liebevolle, naive und unschuldige Frau des Protagonisten, Laura (Penélope Cruz), die schließlich als tragisches Opfer seiner unüberlegten Handlungen endet.
Der Film geht auch sehr interessant mit der Frage um, was Erfolg bedeutet. Klar ist Reiner ein reicher Pimp mit einem Haufen Clubs und teurer Autos und auch Westray nagt bestimmt nicht gerade am Hungertuch. Aber so richtig erfüllt oder glücklich sind sie mit all dem Reichtum nie, weshalb sie eben weitermachen - wissend, dass es nie genug sein wird. Anders als der unbedarfte Counselor wissen sie jedoch auch um die unaufhaltsame Zerstörungskraft des Kartells und die Spur der Verwüstung, die seine Schergen hinterlassen. Die fast absurd wirkende Grausamkeit des Kartells wird meist eher indirekt dargestellt, die wenigen expliziten Szenen wie der ewige Passagier in dem Fass wirken dafür umso verstörender. Die Charaktere (inklusive “des Kartells” als Gegenspieler) sind jedoch so unglaublich gut und vielschichtig ausgearbeitet, dass die narrativen Motive etwas sehr Universelles entwickeln. Ähnlich wie bei Solaris oder Stalker sind die Charaktere nicht nur innerdiegetische Figuren, sondern stehen für eine gewisse Philosophie oder Lebensanschauung, welche durch die brillianten Dialoge erörtert werden. In jeder Szene sind die Reibungen der verschiedenen Weltanschauungen richtig spürbar, während hinter manchen sorgfältig ausgewählten Worten die düsteren Abgründe zu erahnen sind, die hinter der Fassade lauern. Das gibt dem Zuschauer auch viel Interpretationsspielraum. Man kann die Geschichte einfach für bare Münze nehmen, die für (fast) alle Beteiligten tragisch endet. Oder man sieht den Spießrutenlauf des Protagonisten als eine Art Fegefeuer, das seine Sünden läutert - ein brutales Zeugnis von unabwendbaren Konsequenzen seines Handelns. Allein dieser Aspekt macht The Counselor zu einem herausragenden und sehr besonderen Vertreter seines Genres.
Zusätzlich sind die Charaktere auch noch weitaus mehr als flache Archetypen. Javier Bardem spielt hier etwa eine seiner besten Rollen, mit hochgegelten Haaren und dem coolen Style eines 14-jährigen Skaterboys. Wirkt er meist verspielt und optimistisch (cocaine is one hell of a drug), scheint aber auch manchmal eine tiefe Traurigkeit durch die Maske. Reiner ist sich bewusst, auf was er sich eingelassen hat und stirbt letztendlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Brad Pitt zeigt als Westray ein sehr glaubhaftes Ausmaß an gesunder Paranoia, die ihn jedoch am Ende auch nicht schützen kann.
Einzig die aalglatte Malkina (meine neue persönliche Lieblingsrolle von Cameron Diaz) kalkuliert
Es ist auch meine persönliche lieblings leistung von Cameron Diaz, bei der man nie wirklich weiß woran man ist. Auch Reiner weiß, das er es besser wissen sollte, was ihn aber nicht daran hindert mit einem lächeln auf dem gesicht zu sterben. Und allen voran der Counselor selbst. Man sollte meinen das ein Anwalt, vor allem wenn er sich in diesem Milleu herumschlägt, selbst sehr clever und schlagfertig sein sollte. Aber das ist nicht der Fall. Man merkt schnell das er nicht gerade der hellste ist, wenn er mit einem falschen lächeln auf den Lippen die klipp und klaren Warnungen nicht wahrnimmt und dann am Ende an den Konsequenzen zerschellt.
Doch selbst neben dem grandiosen Drehbuch und den herausragenden schauspielerischen Leistung aller Beteiligten, ist das noch lange nicht alles. Rein handwerklich muss sich der Film nicht hinter einem No Country For Old Men oder einem Fincher Projekt verstecken. Sie übertreiben es etwas mit dem Color-Coding, aber das ist auch die einzige Kritik, die ich hier finden kann. Das Pacing ist großartig, mit ganz wohl gewählten Pausen und absichtlichen Lücken in der Narrative, um die Charaktere und Geschichte ständig spannend zu halten. Gewalt wird nicht sehr oft eingesetzt, wenn es aber mal zu einem Schusswechsel oder Draht Action kommt, hat es richtig Wucht. Die kleine Schießerei um den LKW war eine der besten, die ich seit langem gesehen habe, vor allem mit der sehr geerdeten Darstellung.
The Counselor ist ein absoluter Überraschungshit für mich, der es, nach nur einmal anschauen, zu einer meiner Lieblings- Thriller geschafft hat. Die universelle Geschichte und Charaktere, die schon fast philosophische Herangehensweise und gnadenlose Konsequenzen, erschaffen etwas, das ich so noch nie gesehen habe.
Der erste Indiana Jones ist nicht umsonst ein legendärer Kultfilm. Die Zusammenarbeiten von Film Schwergewichten George Lucas und Steven Spielberg, nehmen die Pulp Action Romane ihrer Kindheit und fassen es in einem neuen Trope zusammen, welche die Kulturlandschaft langanhaltend prägen wird.
Die Prolog-Szene ist nicht umsonst legendär, zeigt sich doch schon auf allen erdenklichen Mittel mit was für einem Film man es zu tun hat. Gestalten schlagen sich durch den Jungle zu einem Tempel, die meisten von ihnen sehr nervös. Der Anführer der Gruppe wird nicht gezeigt, bis einer seiner Kumpanen ihm in den Rücken schießen möchte, was Indie mit einem Peitschenhieb mit einem verschmitzten Lächeln und drohenden Bläsern verhindert. Im Verlauf der Szene erfährt man, das Indie sich auskennt, und geschickt die Falle umgeht. Er weiß scheinbar auch von der Falle um das goldene Idol, das schnell durch etwas ähnlich schweres ausgetauscht werden muss. Der Triumphierende Blick hält nicht lange, als der Tempel droht zusammen zu stürzen und er, nach einem weiteren Verrat, gerade noch so mit Hut, Peitsche und Artefakt entkommt. Doch draußen wartet schon sein widersacher, der ihm mit einem breiten Lächeln das Idol abnimmt und die Einheimischen auf ihn hetzt. Gerade noch so schafft er es zu dem Flugzeug und muss sich leider ein Versagen eingestehen. Dabei wird so vieles über unseren Protagonisten ausgesagt, ohne groß Worte zu verlieren. Er ist mutig, clever, etwas überheblich und weiß wann es Zeit zum Kämpfen und wann es Zeit zum Flüchten ist.
Die Geschichte ist dabei denkbar einfach. Man hat eine Jagd nach einem McGuffin, mit klar gekennzeichneten Charakteren und einer sehr dichotomen Einteilung von Gut und Böse. Dabei macht der Film das Clever, dass er sich die Nazis im Jahr 1936 herausgepickt hat. Innerdiegetisch sind sie zu der Zeit noch nicht die Monster, die sie in den Kriegsjahren und durch den Holocaust werden, aber wir als Zuschauer wissen das was passieren wird, und kann sie gleich direkter hassen. Dabei liegt das Böse hier eher in dem Potential, denn um wirkliche Gräueltaten auszuführen, gibt Indie ihnen keine Chance. Es ist auch so schön anzuhören, dass sie tatsächlich Deutsche genommen haben, um die Nazis zu spielen. Dabei merkt man auch, dass viele von ihnen keine wirklichen Schauspieler sind, sondern einfach nur frei Schnauze was raushauen. "Müde? Warum schläfst du? Wo ist dein Hemd? Wasch dich mal, damit du nicht aussiehst wie ein Schwein bei deinem Standgericht.” Einfach herrlich! Auch die Inszenierung des Spiegelbildes von Jones, Dr Belloq ist sehr gut gelungen: mit einer herrlichen Arroganz und Amoralität, Toht, der Wachsgesichtige Nazischerge, der mit einem einfachen Kleiderhänger die Leute in Angst versetzen kann und Marion, die jeden unter den Tisch trinken, und auch kräftig Arsch treten kann, wenn es der Film zulässt. Aber allen voran natürlich Indie! Ich war jetzt beim Ansehen tatsächlich überrascht, wie grau dieser Charakter irgendwie ist. Es ist ja klar, dass er kein richtiger Archäologie ist, wenn er ganze Tempel in Schutt und Asche legt, er ist nunmal eher ein Grabräuber mit einem Doktortitel. Eine Rolle, die nicht so wirklich zu ihm passt, denn Fedora und Peitsche stehen ihm doch besser als eine Brille und Kreide. Arrogant und fokussiert, geht er auch gerne mal weniger strahlende Pfade, um sein Ziel zu erreichen. Hier ist Belloq noch ein wunderbares Beispiel dafür, was aus Indie werden kann, wenn er nicht die Kurve bekommt. In der Prolog-Szene wird auch toll gezeigt, dass ‘Fake It Till You Make It’ nur so weit bringt, wenn ein gigantischer Stein hinter einem her rollt. Das wird auch toll in der Beziehung mit Marion erzählt. Dass er ein Womanizer ist, sieht man ja vor allem in der Unterrichtsstunde, bei der die jungen Mädchen um seine Gunst kämpfen. Trifft er aber auf jemanden, die schon engeren Kontakt mit ihm hatte, fängt er sich gleich eine Ohrfeige. Hier zeigt Indie auch etwas Entwicklung, als er Marion erst einmal gefesselt zurücklässt, um sein Ziel zu erreichen und später das Ziel komplett aufgibt, um sie zu retten. Besonders interessant finde ich auch die Inszenierung von Indie. Ähnlich wie in einem Comic, haben Lucas und Spielberg ein sofort wiedererkennbares Design gezaubert, das Indie auch schon früh als eine Art Ironie inszeniert. Als er die Bar von Marion betritt, sieht man sein Gesicht nicht, sondern einen übergroßen Schatten mit klassischem Hut und Pose. Sie haben es wirklich geschafft, all den Abenteuergeschichten eine Form zu geben, die heute noch als Standard genutzt wird. Sobald man einen Abenteurer im Jungle sieht, sagt man “Das ist wie Indiana Jones”. Für mich liegt das vor allem an der starken und etwas differenzierten Inszenierung unseres Helden. Er hat nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen. Er fliegt auch gerne mal aufs Maul oder sieht sich zu großen Aufgaben gegenüber. Aber durch cleveres und teilweise sehr selbstmörderisches Vorgehen schafft er es dann am Ende doch zu triumphieren.
Ich denke aber auch, dass Harrison Ford nicht unschuldig an dem Erfolg von Indie ist. Es ist kein Zufall, dass zwei der markantesten Charaktere: Han Solo und Indiana Jones, von ihm gemimt werden. Der Mann hat einfach Charm und bringt solche arrogante wie auch lieblichen Charaktere toll zum Leben.
Handwerklich ist der Film herausragend. Gerade die Kamera muss man hier hervorheben. Jede Einstellung ist sorgfältig gewählt, mit guter Mis-en-scene die dem Zuschauer weitere wertvolle Informationen bietet. Das Spiel von Licht und Schatten wird gerne genutzt, um gewisse Erwartungen aufzubauen oder wichtige Charaktere Momente herauszukristallisieren. Durch tolle Set-Pieces, vollgestopft mit Extras oder interessanten Objekten, mit denen gerne auch etwas gespielt wird. Das Pacing ist richtig gut und lässt nie einen wirklich langweiligen Moment aufkommen. Und die Special-Effekte sind für 1981 herausragend. Das ganze wird dann noch durch das klar fokussierte Drehbuch gesetzt, um ein rundes Erlebnis zu bieten.
Indiana Jones ist nicht umsonst Indiana Jones. Auch wenn ich nicht glaube, dass die Marke so viel Zugkraft hat, stehen doch vor allem die ersten drei Filme für ein ganzes Genre, das oft und gerne kopiert wird. Etwas das wahrscheinlich nie soweit gekommen wäre, hätten die Filmschaffenden sich nicht so viel Mühe in allen Bereichen gemacht. Jäger des Verlorenen Schatzes ist nach wie vor ein großartiger Film, der vor allem ALS Film, sehr viel hermacht.
PS: Ich habe auch über den Film in meinem Podcast gesprochen. Den Link zu der Folge findet ihr hier:
https://spotifyanchor-web.app.link/e/szwHCTAQRCb
Ich bin eigentlich kein Slasher Fan, aber ich bin sehr froh über solche Meta/Komödien Slasher wie ‘Behind the Mask’, ‘Happy Deathday’ und nun auch ‘The Final Girls’. Es wird herzlich mit allen möglichen Tropes aus dem Genre gespielt und mit einem neuen Twist versehen.
Anstatt dem Killer mit einer Kamera zu folgen wie bei ‘Behind the Mask’, werden hier unsere Charaktere direkt in einen Slasher hineingezogen. Camp Bloodbath ist ganz klar auf Freitag der 13te angelegt und hat dementsprechend auch eine große Kult-Fangemeinde. In einem Kino sollen die zwei Teile der Serie als Event laufen, und als Sondergast soll Max dem ganzen beiwohnen. Ihre Mutter war eine der Darstellerinnen und ist leider vor kurzem verstorben. In typischer Slasher Manier wird durch Drogenkonsum alsbald ein mächtiges Feuer ausgelöst, bei dem unsere Charaktere gerade noch so Zuflucht hinter der Leinwand finden.
Ab hier zieht das Konzept des Filmes. Sie finden sich auf einer Wiese wieder, ein gelber VW Bus kommt über die Straße gerollt, in dem Wagen sitzen die Protagonisten des Filmes Camp Bloodbath. Sind sie erst verdutzt, fahren sie einfach weiter, kommen aber etwa 90 Minuten wieder an gedüst, mit derselben Frage. Sie stecken im Film fest, und zwar so, dass sich alles wiederholt, wenn sie nichts machen. Jetzt könnte man hier ein ‘Täglich grüßt das Murmeltier’ erwarten, aber es ist dann doch etwas geradliniger. Aber der Film nutzt das Gimmick in großartiger Art und Weise. Backflashes haben einen aktiven Effekt auf die Welt. Wenn Gefahr auf sie zukommt, wird man durch einen bekannten Stinger gewarnt. Die Protagonisten von Camp Bloodbath sind genau wie man sie sich vorstellt. Der dämliche Jock, der nur so mit dämlichen Innuendos um sich herum wirft. Das sexy Mädchen, das ihre Brüste und Libido kaum im Zaum halten kann. Ein etwas sonderbarer, aber herzlicher Typ und die Rolle, die von Maxs Mutter verkörpert wurde, der naiven Clipboard-Trägerin. Es ist richtig schön, dass die Filmemacher den Comedians Raum zum Improvisieren gelassen haben, denn die Charaktere sind durch die Bank und in ihren Rollen großartig. Allen voran die Dauer horny Tina, die dann an Adderal herankommt und eine zum Wegwerfen komische Performance abliefert.
Und wie es viele solche Meta Komödien über das Slasher Genre machen, kommt man trotz all dem Augenzwinkern und metagaming, trotzdem in den Genuss des Genres. Ein paar Fallen und Tötungsarten waren schon echt übel (im positiven Sinne) und der finale Kampf könnte genau so aus einem Anime herausgesprungen sein. Das Pacing ist auch richtig gut, inklusive ein paar richtig tollen Charakter Momente die ich so nicht erwartet hätte. Die verstorbene Mutter als ein Charakter in einem Film wiederzutreffen ist ganz interessant. Vor allem als Trauerverarbeitung und dann auch als lebensbejahende Projektionsfläche für Max. Gerade die letzte Szene mit Nancy hatte schon echt wucht, war es in dem Moment auch egal ob das was gerade passiert, wirklich passiert oder sich doch nur im Kopf von Max sich abspielt.
The Final Girls ist ein Film, der genau weiß was er möchte und das mit Bravour umsetzt. Die Geschichte, mit all ihrem Gimmick und die Charaktere entwickeln sich toll im Verlauf des Filmes weiter. Auch handwerklich bietet der Film einiges, mit großartigen Kameraeinstellungen und einem sehr guten Händchen von Slasher Inszenierung. Auch die Sets, in ihren kräftigen Farben und Formen, waren ein wirklicher Augenschmaus. Für alle Fans des Genres ist der Film ein Muss. Aber auch sonst kann man wirklich viel Spaß mit dem Film haben.
Searching war schon ein interessanter Film. Es hat sich das Stilmittel (böse Zungen mögen auch Gimmick sagen) der Bildschirm Bezogenheit angenommen und es gnadenlos durchgezogen. Missing ist jetzt quasi der Nachfolger und macht all das, was Searching gemacht hat, noch ein Stückchen besser.
Es ist toll, wie sich Missing auch voll und ganz auf das Konzept einlässt. Selbst wenn man das Gefühl hat, dass sie den Blick über den Bildschirm irgendwie brechen, wird es schnell neu kontextualisiert. Dabei wird auch geschickt mit verschiedenen Bildschirmen gespielt und sich auch manchmal die Freiheit genommen, nicht nur karg den ganzen Desktop darzustellen. Als Purist könnte man sich darüber aufregen, aber es soll ja immer noch ein unterhaltsames Medium sein. Und das schafft der Film! Nicht nur durch das Schauspiel in der Spiegelung der Kamera, sondern auch im Umgang mit dem Computer und den verschiedenen Programmen. Es ist auch schön, dass die Technologien dabei nicht nur schnödes Beiwerk sind, sondern integral für die Erweiterung der Narrative ist. Ob es nun Kommentarspalten oder geheime Videoaufnahmen sind.
Die Geschichte an sich ist auch gut gelungen. Die störrische Teenagerin June lebt in Abwesenheit ihrer Mutter ihre Rebellische Phase aus, bis die Mutter nicht am Flughafen erscheint. Ab hier entwickelt sich ein spannender Thriller, der mit wirklich einigen effektiven Twists die Geschichte ständig frisch hält. Klar sind manche Aspekte vielleicht etwas übertrieben, aber das stört die Suspension of Disbelief kein Stückchen.
Wenn man Konzept Filme mag und/oder auf Thriller steht, kann man mit Missing nicht viel falsch machen. Auf eine immer noch erfrischende Art und Weise wird eine sehr spannende Geschichte erzählt, die gerne mal alles Kopf stehen lässt.
Searching ist ein aufregender Film! Vor allem für jemand wie mich, der sehr darauf steht, wenn sich Künstler eine Richtung verschreiben oder mit Absicht limitieren, um die Kreativität zu fördern. Das Gimmick hier ist, dass alles aus der Perspektive des Bildschirms stattfindet. Ein Thriller in Zeiten von Google und Co.
Und das geht überraschend gut. Nicht nur werden hier echte Programme und Seiten genutzt, um den Zuschauer an der Investigation teilhaben zu lassen. Es wird auch geschickt mit verschiedenen Betriebssystemen eine Reise durch die Zeit geboten, die mit XP anfängt und mit einem Mac aufhört. In solchen Momenten wird auch schön mit der gewissen Nostalgie der Zuschauer gespielt. Das Spiel der Mise-en-scene ist wirklich gut gelungen, wo mit einer einfachen Norton Warnung unzählige Gefühle und Erinnerungen innerdiegetisch wie auch außerhalb davon hervorgerufen werden.. Es ist auch toll, dass Film seinem Stilmittel treu bleibt, und selbst Nachrichten in einem Browserfenster abspielen und dann halt auch abgebrochen werden, wenn man nichts hören möchte. Auch die Reaktion der Gesellschaft, sobald der Fall publik wurde, ist sehr interessant. Zwischen mitleid, clout-chasing und brutaler gleichgültigkeit. Etwas, das man selbst live verfolgen kann, wenn man ähnliche Tragödien auf Twitter oder sonst wo folgt.
Aber warum dann die schlechte Bewertung? Ich mag den Film konzeptuell sehr, und er holt auch viel aus dem Konzept heraus. Aber, die Geschichte an sich ist leider nicht sehr gut. Der Anfang ist toll aufgebaut und man fühlt richtig mit dem Vater mit. Das langsame suche nach Indizien ist auch toll gemacht. Aber irgendwann verstrickt der Film sich selbst in seinen Twists. Die Geschichte mit dem Bruder hätte man ruhig weglassen können, vor allem weil sie eh nicht sehr weit führt und eigentlich nur ein roter Hering ist. Und das ist eine Krux, die mir in diesem Film negativ aufgestoßen ist. Natürlich werfen Thriller oder WhoDunIt gerne mal mit roten Heringen um sich, um den Pfad zur Wahrheit zu verschleiern. Aber hier fand ich es etwas viel, und auch bevormundend/herablassend. Vor allem als der Vater herausfindet dass das Mädchen aus dem Chat nur das Bild eines Fotomodels ist, haben sie wirklich etwas zu dick aufgetragen. Man folgt dieser wilden Gänsejagd und am Ende ist es etwas ganz anderes aus einer komplett anderen Richtung. Und auch das Happy Ending, auch wenn ich es an sich gut finde, fühlt sich sehr hart ermogelt an. Und leider bekommt man im Verlauf des Filmes leider auch kein besseres Gespür für irgendeine der Charaktere, was sehr schade ist. Ich denke mir das gerade Margot sehr interessant hätte sein können. Introvertiert, ohne Freunde, findet sie im Netz halt und lebt ein Leben von dem der Vater keine Ahnung hatte.
Aber das was den Film bei mir noch mal ein paar Punkte gekostet hat, ist die Inszenierung. Mit dem Stilmittel wird toll und geschick umgegangen. Aber oftmals waren mir die Szenen zu kitschig. Ob es nun die ersten Minuten sind, die sich ein wenig im Drehbuch von Up inspirieren lassen haben, oder ob es eine heftige Auseinandersetzung zwischen zwei Brüdern ist, alles fühlt sich sehr kitschig an. Daran ist vor allem die Musik schuld, die sich manchmal wie von einer Free Sound Library zusammengeworfen anhört. Das ist natürlich nicht ganz fair dem Composer gegenüber, aber gerade bei mir war die Songauswahl ein total ausfall.
We Are What We Are macht handwerklich alles richtig und auch die Geschichte ist an sich interessant. Leider raubt aber der fehlende Fokus dem Film das solide Fundament.
Der Hauptfokus des Films ist das mysteriöse Verhalten der Familie. Warum leben sie so zurückgezogen? Warum hat die Mutter schleimige schwarze Klumpen erbrochen, bevor sie gestorben ist? Warum zittern die Eltern so? Was hat es mit dem Keller auf sich und wie hängt das alles mit der Familiengeschichte zusammen? Dann gibt es noch ein geheimnisvolles Ritual und die beiden Töchter. Die rebellische Rose will am liebsten vor dem Geheimnis und der Zeremonie wegrennen, während die frischgebackene Hausherrin Iris selbst nicht weiß was sie möchte und außerhalb ihrer Familie nur Augen für den örtlichen Deputy (Wyatt Russell) hat. Diese Handlungsstränge werden aber immer nur vage angerissen, sodass deren Auflösung im Verlauf des Films sich leider auch nicht wirklich lohnend anfühlt.
Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um den Dorfarzt (Michael Parks), dessen Tochter vor vielen Jahren verschwunden ist. Nun entfachen zufällig gefundene Knochenreste seine längst erloschene Hoffnung, wenigstens ihre sterblichen Überreste bestatten zu können. Persönlich fand ich diesen Aspekt am interessantesten. Man spürt, wie sehr er immer noch unter dem Verlust seiner Tochter leidet und tatsächlich hofft, dass sie tot ist - alles ist besser als die quälende Ungewissheit. Aber auch seine Geschichte bleibt eher peripher, was sehr schade ist. Der größte Fokus wird in We Are What We Are stattdessen auf den strengen Patriarchen der Familie gelegt, der leider im Verlauf des Films wenig Entwicklung oder andere Facetten zeigt.
Handwerklich ist der Film gut. Die Kamera fängt die Stimmung im Raum gut ein, etwa indem der Vater als übergroß dargestellt wird. Pacing, Schnitt, Storytelling und Schauspieler sind auch alle gut… bis auf Wyatt Russell. Ich verstehe nicht, warum er immer wieder Rollen bekommt. Ich kann mir natürlich denken, dass es an Papa Kurt liegt, aber der hat leider auch allen Charme und jegliches Talent behalten. Russell Jr. hat bisher noch keine einzige Rolle gespielt, die mich begeistert hat und auch in We Are What We Are ist sein Charakter eher schwach. Ein charismatischer Schauspieler, mit dem die Chemie mit Iris stimmt, hätte da noch etwas mehr herausholen können.
Letztendlich fehlt dem Film aber einfach der Fokus. Der Sonntag kommt und geht und mit ihm das Ritual. Der Film geht weiter und bleibt dabei gefühlt einfach in der Luft hängen. Im Finale wurde dann versucht, noch möglichst viele Handlungsstränge zusammenzuführen, aber gerade das Verhalten der Schwestern wirkt trotzdem nicht wirklich logisch aufgebaut. Durch die sonderbare Struktur verliert We Are What We Are viel Potential. Die Kerngeschichte ist leider viel zu früh abgeschlossen, während mehrere Nebenhandlungen im Finale ein Ende finden, ohne zuvor genügend Raum zum Atmen bekommen zu haben.