Nebenniveau - Kommentare

Alle Kommentare von Nebenniveau

  • 8

    Ich mag Dev Patel. Wenn er in letzter Zeit auftaucht, dann immer mit etwas sehr Interessantem. Deswegen ist es auch kein wunder dass sein Herzensprojekt “Monkey Man” von Jordan Peele nicht nur gesehen, sondern auch als der guter Film erkannt wurde, sodass er es weltweit zuerst den Weg in die Kinos fand, statt gleich auf einem Streaming Dienstleister zu starten. Man merkt, dass er richtig Lust hatte, einen astreinen Actionfilm zu drehen, der nicht nur gut, sondern ausgezeichnet sein möchte.
    Der Film beginnt mit einer Geschichte eines Affenjungen, der die leckerste Mango essen wollte und dabei ausversehen die Sonne verschlang. Ein Icarus oder Prometheus aus der indischen Mythologie. Viele Jahre später ist unser Protagonist zu einer Art Affenmensch geworden, der sich für sein Kleingeld mit einer Maske prügelt. Eine verlorene Seele, die das Leben nur noch durch Schmerz spüren kann. Das, und dem unaufhörliche Drang nach Rache. Er schmiedet einen Plan, einen hochrangigen Polizisten zu ermorden, da dieser für sein Leid verantwortlich ist. Erst nachdem der Plan scheiterte, erfand er sich neu, bei völlig Fremden aber doch verwandten Seelen. Das ganze akkumuliert sich zu einer Non-Stop Action Show, welche Stockwerk um Stockwerk wilder wird.
    Die Geschichte ist eine sehr einfache, aber effektive. Rache geht einfach immer, und das Heranwachsen und Überkommen von Hindernissen packt einen auch unwillkürlich. Es ist ein tolles Vehikel für tolle Charakterentwicklung und überragende Action Set-Pieces. Die Herangehensweise der Action erinnert natürlich an John Wick. Aber das ist ja nichts Schlechtes, vor allem wenn es mit so einer wunderbaren Wucht inszeniert wird. Ob es Faustkämpfe sind, oder Verfolgungsjagden. Das ganze wird toll von dem Pacing und Editing unterstützt. Die Übergänge sind oftmals so fließend und obwohl manchen viel Action auf einmal stattfindet, nimmt sich der Film auch die ruhigen Momente heraus, um die Motivationen noch klarer zu gestalten. Am besten dargestellt, als er mit seinen neuen Leuten Drogen nimmt. Das Aufreißen des Körpers und das sanfte Schweben zum pulsierenden Kern, war hypnotisch. Das Puppentheater fühlt sich dann surreal an. Der ganze Backflash war ausgezeichnet inszeniert. Man hatte ja ungefähr eine Ahnung, was mit ihm und seiner Mutter passiert ist. Aber es dann noch zu sehen, wie er die Hände auf die brennende Mutter legte, hat mich dann doch schockiert. Und das Arschtreten danach, mithilfe den blauen Geister, war dann das Sahnehäubchen dafür.
    Ich mochte auch sehr, dass der Film die Hijra zeigt. Eine Gruppe von unterdrückten Menschen, die durch die Assimilierung ausgemerzt werden sollen, sodass sie sich hinter ihren heiligen Gemäuern verstecken. Sie strahlen so eine Herzlichkeit zu unserem Protagonisten aus. Nicht nur in der Akzeptanz für das, was er ist und was er will, sondern auch darüber hinaus mit Training und Weisheiten. Die Bösewichte haben mir auch gefallen. Filme sollten öfter damit enden, dass ein Kultführer ermordet wird (MANDY). Eine große und übermächtige Gefahr, welche aufgrund von irgendwelchen Auslegungen sich alles erlauben und rechtfertigen kann. Und das grausige Problem, das in Indien immer noch herrscht. Einer Assimilierung in das große Indische Reich, das gleichgeschaltet werden muss. Ich mochte auch die Darstellung von Indien. Ich kann natürlich nicht sagen, wie akkurat das ist, aber die Darstellung von Arm und Reich, von den Hilfsbedürftigen, für die sich Monkey Man einsetzt, ist toll. Es ist auch schön, etwas mehr von Indien und deren Kultur zu sehen. Etwas, das den Film auch nochmal aufwertet, ist der absolut geniale Soundtrack, mit Songs, die ich zumindest noch nie gehört habe, aber jetzt schon einen weg in meine Rotation gefunden haben. Das Ende hat mir dann auch sehr gut gefallen, brutal und zermürbend stoppte es im genauen Moment. Stark!
    Monkey Man ist ein oberflächlich wirkende Actionfilm, der aber viel mehr unter der Haube hat, als man es erst mal annimmt. Aber selbst wenn man sich dafür nicht interessiert, bekommt man eine spannende Geschichte mit großartiger Action zu sehen.

    3
    • 6 .5

      Ich mag Godzilla, würde mich aber nicht als Fan bezeichnen. Ich habe den Original Film gesehen und ein paar Klassiker, das Roland Emmerich Desaster und die amerikanischen Interpretationen. Und, allen voran, Shin Godzilla. Eine herrliche Politsatire im Gewand eines Monster Katastrophen Filmes. Ich liebe den Film immer noch, und warte seitdem sehnsüchtigst nach einem neuen Godzilla Werk aus Japan. Als das Godzilla Minus One Wellen geschlagen hat, inklusive eines Oscars, war ich Feuer und Flamme. Eine Schande, dass es so lange gedauert hat, bis man den Film endlich auch zuhause anschauen konnte. Freunde, die ihn im Kino gesehen haben, schwärmen davon und man beißt sich in den Arsch das man sich damals nicht die Zeit genommen hat.
      Handwerklich ist der Film ein Traum. Es ist wahnwitzig was sie aus dem 15 millionen Dollar Budget herausgeholt haben. Klar, sehen manche Szenen mit Kriegsmaschinerie nicht überzeugend realistisch aus, aber das wird total toll mit den charm der alten Teile integriert. Bei den CGI wo es richtig drauf ankommt, haben sie nicht gekleckert. Zerfallende Gebäude, riesige Explosionen und Godzilla selbst in all seiner Herrlichkeit. Die Sets und Kostüme sind auch allesamt gut gelungen. Die Musik und das Sounddesign ist ebenfalls vom feinsten. Das Drehbuch ist ganz gut, fällt aber für mich zusammen mit dem Overacting etwas in sich zusammen. Das ändert aber nichts daran, dass Godzilla Minus One ein sehr guter, klassischer Godzilla Film ist. Das Monstrum wird zu mehr gemacht, als nur ein wildes Wesen das zerstörung sucht. Im Original als ein Traumatisierter Ausdruck von den Atombombenabwurf, spiegelt dieser Godzilla das ganz allgemeine Kriegstrauma wieder. Bei dem Versuch der Fahnenflucht trifft unser Protagonist zum ersten mal auf das Monster. Noch relativ klein, nimmt Godzilla die kleine Basis doch Ruck Zuck auseinander. Mit der Schande als lebender Kamikaze Piloten, mit einer heftigen Dosis PTBS und dem Überlebensschuld-Syndrom (Survivor guilt), die einen immer wieder durch dieselbe Hölle schickt mit der Frage, warum hab ich überlebt und nicht sie? All seine Verwandten sind im Feuer umgekommen, und plötzlich nistet sich auch noch eine Frau mit ihrem Kind ein. Er möchte für sich und die neuen Mitbewohner sorgen und nimmt so einen gefährlichen Job an, Minen zu finden und zu sprengen. Godzilla taucht abermals auf und lässt die alten Wunden wieder aufquellen. Als er später Ginza angreift und dabei seine Lebensgefährtin ums Leben kommt, schließt er sich einer Gruppe von Menschen an, die Godzilla aufhalten wollen. Denn von der Regierung und den Amerikanern war nicht viel zu erwarten. Nach dem zweiten Weltkrieg darf Japan keine eigene Armee mehr haben. Sie haben jetzt Selbstverteidigung Streik Mächte, aber das gab es damals noch nicht und so müssen sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Aber anstatt ihn mit Feuerkraft zu dezimieren, hecken sie einen cleveren Plan aus. Sie wollen Godzilla schnell tunken und ebenso schnell wieder auftauchen lassen, dass er an der Druckveränderung stirbt. Ich mochte den Plan tatsächlich. Weil es eben was ganz anderes ist, als einfach nur drauf zu hauen. Was so ein Druckwechsel bewirken kann, sieht man ja an den ganzen Tiefseefischen, die dann nach oben getrieben werden. Mit gemeinsamer Anstrengung und kleinen Umdisponierungen gelingt es ihnen tatsächlich, Godzilla zu besiegen. Und selbst der lebensmüde Protagonist hat mit einer wahnwitzigen Aktion nicht nur den letzten Schlag ausgeführt, sondern sich auch für das Leben entschieden. Ein Aspekt, der wirklich schön war, den zum großen Teil des Filmes schwingt eine furchtbar deprimierende Stimmung mit, die Angriff nach Angriff immer schlimmer wird. Aber selbst das lässt die Menschen nicht verzweifeln, sondern zusammenkommen, um sich gegen etwas Übergroßes zu stellen.
      Diese Aspekte des Kriegstraumas und dem zusammenkommen für ein größeres Ziel, haben sie wirklich schön dargestellt. War Shin Godzilla noch mehr eine düstere Comedy, ist dieser Film viel ernster. Dementsprechend fühlt sich Minus One auch mehr wie ein Liebesbrief an die vergangenen japanischen Teile, anstatt eine weiterentwicklung von Shin Godzilla, was ich persönlich sehr schade fand. Auch das Overacting, auch wenn es super zu Godzilla, vor allem die älteren Teilen passt, fand ich auch zu viel. Ich war auch kein Fan des Protagonisten. Klar ist die Rolle keine sehr spaßige und das Drama muss auch passen, aber man hat wirklich wenig positive Aspekte an ihm kennengelernt. Selbst die, die er dann irgendwie aufbaut, wie die Beziehung zu Noriko und Akiko, fällt dann plötzlich weg, als Noriko weg geweht wird. Es ist schön, dass er am Ende den Schleudersitz betätigt und so für andere da sein kann. Aber das Ende wird etwas verweichlicht, durch den Plottwist das Noriko noch lebt.
      Für Godzilla Heads ist der Film wahrscheinlich eine Offenbarung. Für einen Godzilla interessiert wie mich, hat nicht alles so gut gezogen. Aber das gehört halt zum Godzilla-Feeling dazu. Genauso auch die kitschigen Dialoge und das überzogene Schauspiel. Aber wenn man damit kein Problem hat, wird einem ein großartiger Nachfolger für eines der bekanntesten Filmmonster geboten. Der Godzilla richtig schön zum Scheinen bringt.

      2
      • 8

        The Fall Guy ist ein super charmanter und lustiger Film, der zwar das Rad nicht neu erfindet, aber dafür einen richtig unterhaltsamen Liebesbrief an eine oft übersehene Berufsgruppe abliefert. Sie punkten nicht nur mit guter Action, sondern auch mit viel Witz, Charm und einer netten Dekonstruktion von Tropes.
        Dass Ryan Gosling auch Komödien kann, weiß man ja langsam. Meine Lieblingsrolle in dieser Hinsicht ist nach wie vor Nice Guys. Und auch wenn der Charakter und die Geschichte anders sind, bringt The Fall Guy manchmal doch das wohlige Gefühl des Kleinods rüber. Der Film dreht sich um Colt, einen Stuntman, einer der größten Action-Stars unserer Zeit. Ihm geht es eigentlich soweit gut, er hat sogar eine neue Liebe am Set gefunden. Doch nach einem Unfall zieht er sich zurück, bis er in ein neues Projekt reingezogen wird, das dann teilweise ungeahnte Konsequenzen entwickelt. Über Beziehungen, Verrat und das Kämpfen auf Leben und Tod. Aber das ist auch nicht so schlimm, da es alles eh nur ein Vehikel für die Kernkompetenzen des Filmes sind. Die Action, die Comedy und einen Blick hinter die Kulisse von Hollywood mit einem Augenzwinkern.
        Die Action in dem Film ist brillant. Man merkt, dass sich hier die richtigen gefunden haben. Alle im Team haben große Lust daran, großartige Action zu inszenieren. Von den Kämpfen, zu den Verfolgungsjagden und unzähligen Explosionen bekommt man richtig was geboten. Dabei wird auch Hommage an viele Action-Klassiker geboten, wie zum Beispiel eine Speedboot-Verfolgungsjagd mit Explosion.. Die Comedy ist auch klasse. Jeder Charakter steuert etwas zu dem herrlichen Potpuri dazu. Ob es der zielsichere Colt ist, der bei sozialen Interaktionen ins heftige Straucheln gerät. Geri die überdrehte Managerin vom komplett abgespaceten Tom Ryder, oder die kleine Assistentin, die am Ende einen Producer Titel bekommt. Die Charaktere werden auch toll von den Schauspielern und dem guten Drehbuch zum Leben erweckt. Der Schnitt und die Kamera werden auch toll eingesetzt und bringen einige unterhaltsame visuelle Gags. Von dem erdenden Einhorn, bis zu den Unmengen an Glas, was sich in einem Hoody ansammeln kann. Der Film stülpt auch gerne mal die innere Welt nach außen. Wenn man traurige Musik hört, wird die Welt eben etwas düsterer. Und ein Karaoke Song ist dann doch vielleicht mehr als nur gesungene Worte. Gepaart mit teilweise furchtbar kitschigen Dialogen und dem passenden Soundtrack, wird gerne zwischen dem Film und dem Film im Film gespielt. Lass uns einfach den dritten Akt erwähnen, dann wird das schon. Vielleicht hier ein Splitscreen, damit man die Gefühle der Charaktere erörtern kann. Mir war dieser Meta-Aspekt teilweise etwas dick aufgetragen, aber der Film hat es dann schnell geschafft, diese Spannung zu lösen. Denn so erlauben sie sich auch, mitten im Film einen Hund dazu zu nehmen, um ein bisschen Buddy Cop Feeling aufzugreifen. Und es hatte auch etwas Nettes, das sie von Anfang an klar machte, dass weder der Film noch die Charaktere sich zu ernst nehmen. Ich mochte es auch sehr, als Colt jemand anderem davon erzählt, was gerade passiert ist, und es nach dem übelsten Jibberish klingt. Ich mochte auch sehr, wie sein Beruf ihm bei der Suche nach der Wahrheit immer wieder geholfen hat, wie man ein Bösewicht zum halt zwingt, in dem man ein perfekt ausgeführten Autounfall inszeniert. Aber auch sonst bietet der Film ein paar echt tolle Szenen. Die paar Longshots, die es gibt, sind wirklich gut in Szene gesetzt. Man bekommt einfach ein viel besseres Gefühl für den Stunt, wenn man am Boden startet und dann weit oben über den Abgrund endet. Oder auch die Szene vor dem 8 ½ fachen Roller, bei der sich die Kamera um das Chaos und die Charaktere dreht, mit den fleißigen und übermütigen Arbeitern im Hintergrund.
        The Fall Guy ist ein Film, der genau weiß was er machen möchte. Wo seine Stärken und Schwächen liegen, und wie man die Stärken richtig schön ausspielen kann. Ein super unterhaltsame und wirkliche lustige Action Komödie.

        2
        • 7 .5

          Brandon Cronenberg ist einer der aufregendsten Horror Regisseure unserer Zeit. Antiviral und Possessor boten einem ein faszinierender Blick in sonderbare Parallelwelten und boten filmisch wie konzeptuell richtig viel. Dementsprechend waren meine Erwartungen an Infinity Pool auch recht hoch, was dann leider nicht ganz erreicht wurde. Aber nichtsdestotrotz ist Infinity Pool eine besondere Erfahrung und Erörterung von düsteren Aspekten der menschlichen Existenz. Enthält Spoiler.

          Der Film beginnt schon sehr surreal. Nach einem farbenfrohen Intro wird man in eine erblindende Düsterheit geworfen. Zwei Charaktere sprechen miteinander, aber es ergibt nicht wirklich Sinn. Nachdem der Vorhang aufgeht, erfährt man mehr über das erkaltete Paar. Der Mann ist ein Autor, der nach seinem letzten und ersten Roman keinen Fuß mehr findet. Und seine Frau, die wahrscheinlich mehr aus Rebellion als durch tiefe Liebe ihn geheiratet hat. Sie sind zusammen im Urlaub, in einem Inselstaat namens Li Tolqa. Eine sonderbare Almagation von allen möglichen Orten auf der Welt. Man kann nie sagen, ob sie in Südamerika, Afrika, Asien oder in der Karibik liegt. Es ist eine perfekte Leinwand für etwas Exotisches und Fremdes für den Standard Europäer und Amerikaner. Das Befremdliche macht sich dann vor allem in der Schrift, den Gepflogenheiten, Ritualen und Gesetz bemerkbar. Man nimmt es dann wie der Protagonist einfach hin, wenn teilweise absurde Dinge geschehen. When in Li Tolqa do as the Li Tolqas do. So wird aus dem kleinen all-inklusive Ausflug alsbald ein Albtraum, der dann endlich das neue Konzept für den Film einführt. Die Idee mit Doppelgängern ist eine interessante, die speziell auf eine Art und Weise erörtert wird.
          In Li Tolqa besteht ein alttestamentliches Verständnis von Gerechtigkeit und Strafe. Als James bei einem Unfall durch Sekundenschlaf (toll dargestellt mit dem Abdunkeln der WELT) einen Mann überfährt und liegen lässt, muss er Auge um Auge sein Leben als gerechte Strafe geben. Doch in Li Tolqa kann man die Strafe etwas abmildern lassen, wenn man das richtige Kleingeld hat. Für ein wahrscheinlich hübsches Sümmchen, wird ein zu 100% akkurater Klon erstellt, der dann die Strafe auf sich nehmen muss. So wohnt er seiner eigenen Exekution bei. Eine Erfahrung, die nicht nur ihn bis aufs Mark erschüttert, sondern auch seine Frau, die dann so schnell wie möglich von dieser Insel möchte. Doch er trifft neue Freunde, Menschen, die dasselbe durchgemacht haben wie er. Nach genügend Substanzen machen sie sich auf den Weg, eine Rache auszuüben. Erst mal noch etwas schüchtern, gibt sich James dann dem Gruppenzwang hin. Sie werden erwischt und abermals hingerichtet. Der erste Schock und Horror ist verflogen und aus dem grausamen Ende wird ein unterhaltsames Spektakel. Zumindest für die Gruppe an “Überlebenden”.
          Und für diese Gruppe fällt mir kein passenderes Wort als Degeneriert ein. Eine bösartige Überspitzung von fehlenden Konsequenzen für gewisse Menschengruppen und den abartigen Auswüchsen, die daraus entstehen. Da ihr eigenes Leben keinen Wert hat, sehen sie auch keinen Wert in den Leben der anderen. Sie können nach den Taten fröhlich weitermachen, während woanders auf ewig klaffenden Wunden zurückbleiben. Etwas, das auch James später realisiert, als sich das Blatt plötzlich wendet. Und auch wenn auf eine gewisse Art und Weise die Sünde gesühnt wurde, kann man nur durch das innere Abtöten sich auch auf ewig von ihnen befreien. Alle Rechtfertigungen werden herangezogen, um sein Verhalten irgendwie zu entschuldigen. Der Mann macht es mir schwer, von der Insel zu kommen? Dann werde ich ihn zu Tode prügeln! Besonders perfide ist das, als man am Ende lernt, dass er selbst den Reisepass versteckt hat. Weswegen ich ihm auch kein Verständnis entgegenbringen kann, und er sich selbst die Qual erarbeitet hat.
          Handwerklich ist der Film gewohnt großartig. Von der Kamera, die Maske/n, zu dem Soundtrack, dem interessanten Drehbuch und den talentierten Schauspielern kann man nichts daran aussetzen. Noch weiter geht es in ein paar Speziellen Szenen, die mich teilweise an das Ende von 2001 erinnert haben. Das Zerfließen der Personen, Erinnerungen und Wahrnehmungen ist atemberaubend inszeniert. Hervorheben bei den Schauspielern muss man klar Alexander Skarsgard, der trotz der Statur eines Biests, so unfassbar verwundbar und schwach wirkt. Und natürlich Mia Goth, die Scream Queen, die auch hier als Verführerin und Psychopathin glänzt. Und das alles mit so einer schonungslosen Kompromisslosigkeit.
          Noch ein paar Gedanken, die ich zu dem Film habe. Nach der ersten Exekution habe ich mir gedacht: Das ist eine unfassbar effektive Strafe! Es geschieht ein Auge um Auge, um diese niedrigsten Gelüste zu befriedigen und wenn man kein Psychopath ist, kann man aus der Erfahrung lernen und dadurch zu einem besseren Menschen werden. Wenn aber auch diese Strafe auf quasi eine Geldstrafe hinausläuft, lädt es zu solch degenerierten Handeln ein. Das Ausleben der düstersten Fantasien, die nur den Geldbeutel etwas leichter machen. Hedonismus auf Crack. So zeigt es aber auch, wie ineffektiv capital punishment sein kann. Es wird anderen nicht wirklich davon ablassen, falsche Dinge zu machen. Und die Person, die bestraft wird, kann dann auch nichts mehr daraus lernen. Etwas, das ich mich auch gefragt habe, wie viel mit dem extra Klon von James rumgepfuscht wurde. Zuvor sieht man ihn ja nur mit einem Sack über den Kopf, und später ist er das perfide Hundewesen. Haben sie ihn mit Drogen und anderen Mitteln so weit gebracht? Oder ist es eine modifizierte Kopie? Der Gedanke darüber, ob man selbst ein Klon ist oder das Original, fand ich dann auch ganz nett angerissen. Ich bin der Meinung, dass es in diesem Fall egal ist, aber dass man sich nicht von den Gedanken lösen kann, ist auch verständlich.
          Infinity Pool ist meiner Meinung nach das schwächste Werk von Brandon Cronenberg. Es fehlt die Radikalität in den Konzepten. Auch wenn es hier ebenfalls darum geht, was man mit einem Menschen machen kann oder was mit einem Menschen gemacht wird, ist der sehr starke Fokus auf den eher passiven James etwas schade. Er hat gesagt, dass die Geschichte aus enttäuschenden Urlaubserinnerungen und dem Erörtern von Klonen entstanden ist. Und das merkt man auch, weil es leider nicht viel weiter hinausgeht. Das macht den Film etwas langsamer im Tempo und etwas weniger schlagkräftig, aber für die besonderen Szenen lohnt sich trotzdem Infinity Pool sehr. Wer also auf etwas speziellen Horror steht, lege ich den Film ans Herz.

          1
          • 4

            Ich mag Guy Ritchie. Er hat so seine ganz eigene Art und Weise Filme zu drehen, die vor allem durch clevere Charakterzeichnung, ungewöhnliche Geschichten und ein sehr schnelles und aggressives Filmhandwerk besticht. So sind selbst Filme von ihm, die einem nicht so gefallen, immer noch extrem Spaßig und auch irgendwie besonders. Mit diesen Erwartungen bin ich an den Film gegangen und musste schnell feststellen, dass diese wohl unerfüllt bleiben. Den auch wenn die Geschichte wirklich verrückt ist, und sie eigentlich auch die richtigen Leute im Boot haben, hängt doch Guy Richtchies Herz nicht an dem Projekt.
            Es fängt schon früh an, wenn sich die Szene auf dem kleinen Kutter eher wie ein Tarantino Knock-Off anfühlt, als ein Guy Ritchie Film. Ein Knock-Off, das da sehr gut funktioniert, aber dann später doch viel an charm verliert. Als die Charaktere eingeführt werden, freut man sich immer noch auf einen unterhaltsamen Film, auch wenn es diesmal etwas langsamer geht. Statt es bei der netten kleinen Einführung am Anfang zu belassen, wird nochmal kurz die Vorgeschichte von jedem Charakter herausgezogen. Da hat sich schon ein schlechtes Gefühl in mir eingenistet, das dann über den Verlauf des Filmes immer stärker wurde. Der Film besteht quasi aus richtig unterhaltsamen Set Pieces, die einem genau das geben, was man von so einem Film erwartet, und unmenge verschwendete Zeit für die Vorbereitung. Es werden auch Konflikte aufgebaut, die dann richtig cool sein könnten, aber einen irgendwie enttäuscht zurücklassen. Um Zeit zu sparen, müssen sie näher an der Küste entlang fahren, wo es vor U-Booten nur so wimmelt, aber es kommt nie zu einem Konflikt. Nur als ein britischer Kreuzer sie entdeckt, gibt es etwas Action, auf das sich unsere wilde Truppe dann einfach verzieht. Und das ist etwas, das mehrmals in dem Film passiert. Er möchte ein etwas spannendes Erzählen und wenn es dann passiert, fühlt er sich irgendwie nicht mehr so großartig an. Auch die Zweigleisigkeit, mit der wilden Truppe auf See und den Agenten an Land, fand ich am Anfang ganz interessant. Aber so vieles zieht man dabei einfach nicht. Ich glaube, es ist die Ernsthaftigkeit, die dieser Subplot ausstrahlt. Von zu tode gefolterten Frauen, dem Gentleman verhalten eines Nazi Offiziers (der niemals das Wort Gentleman benutzen würde) und der großen Ablenkungsaktion, soll alles eine leichtigkeit und spaß ausstrahlen, schafft es aber nicht. Die Inszenierung versagt da einfach. Genau so auch bei der Comichaften Bombe, die plaziert wird und das kurze Shootout, das darauf folgt. Aber ist die wilde Truppe besser? Etwas. Man spürt, das sie sich da etwas Freiheiten genommen haben, um das ganze überspitzt darzustellen. Aber wenn man eine Nonstop Chaostruppe ala Suicide Squad erwartet, wird man leider enttäuscht. Die wahnwitzigsten Szenen werden schon im Trailer gezeigt. Und auch wenn die Charaktere etwas mehr Fleisch haben, werden sie aber nie tiefer ergründet. Die kurze einführung von Cavils Charakter hat eigentlich schon alles gesagt. Auch entscheiden sie sich nie so, das man denkt, das ist ja jetzt krass. Es ist einfach nur eine Bande psychopathen, die gerne Nazis töten wollen. Und Apropos Nazis, ähnlich wie in Susu oder Inglourious Basterds, sind auch die Nazis hier schön überspitzt. Das funktioniert am Anfang als man das Boot der Truppe in Brand setzen möchte und tatsächlich bei Til Schweiger, auch wenn es nie wirklich wohin geht. Ich war auch überrascht, dass Til Schweiger tatsächlich einer der besseren Aspekte des Filmes war. Ich weiß nicht genau bei wem er sich das Spiel abgeschaut hat, aber er macht die Rolle des psychopathischen Nazis aus überzeugung, richtig richtig gut. Die Gespräche zwischen ihm und der Spionin waren wirkliche Highlights, die dann leider nirgendwo hingeführt haben. Und auch wenn ich froh bin, dass die Operation ein Erfolg war und dadurch die Nazis zurückgeschlagen wurden, fand ich die Darstellung der Truppe etwas sonderbar. Man kann entweder ein ernsten Film machen und die Aktion mit Respekt betrachten und ihnen am Ende den selbigen Zollen, oder man macht ein spaßiges Spektakel in veränderter Form. Und auch wenn dieser Film eindeutig den zweiten Weg einschlägt, ist er mir doch an vielen stellen zu ernst. Das hat auch die Bilder der wahren Soldaten am Schluss etwas sonderbar gemacht. Es wirkt vielmehr wie ein zusammengewürfelter Haufen von Psychopathen, die genauso gut auf der anderen Seite stehen können. Ein wichtiger Aspekt von diesem Misslungenen Spagat ist auch Churchill. Ich mag Rory Kinnear, er ist ein wirklich großartiger Schauspieler, aber was er hier macht, funktioniert einfach nicht. Die Maske ist gut, aber man sieht ihn noch so stark darunter. Und wie er seinen Dialog vorträgt, schwankt die ganze Zeit zwischen biederer Ernsthaftigkeit und einer schon fast beleidigende Persiflage.
            Ich habe gehofft das ich einen richtig unterhaltsamen Film bekomme. Aber stattdessen hat man ein paar herausragende Szenen inmitten eines etwas lieblos anfühlen den Film, der dann auch am Ende den Spaß aus der Action herauszieht.

            3
            • 7 .5
              über Abigail

              Horror ist ein Genre, das meiner Meinung nach am besten funktioniert, wenn es mit anderen Genres verbunden wird. Einer meiner absoluten Lieblingsfilme, Hereditary, vermischt Horror und Familiendrama auf eine fantastische Art und Weise. Und ich bin froh, dass es immer mehr Horror Komödien gibt, da es eine Mischung ist, die richtig gut funktionieren kann.
              Wenn ihr noch nichts von dem Film wisst, dann hört auf zu lesen und lasst euch einfach auf ein spaßiges Horrorerlebnis ein. Ab hier gibt es Spoiler.

              Die ersten 45 Minuten bauen den Plot und die Charaktere auf. Ein kleines Mädchen wird von einer kriminellen Gruppe entführt. Sie sollen 24 Stunden in einem gigantischen Herrenhaus auf sie aufpassen und dann mit dem Erpresser Geld sich anschließend ein glückliches Leben machen. Die Entführung verlief auch gut und schon siegessicher stellen sie sich auf entspannte 24 Stunden ein. Aber als plötzlich eines der Mitglieder auf brutalste Art und Weise stirbt, stellt sich schnell Unruhe und Paranoia ein, was auch nicht besser davon wird, als sie eingesperrt werden. Dann werden die Jäger zu den Gejagten und ein unterhaltsames Spiel um Leben und Tod beginnt.
              Der Anfang des Filmes ist wirklich gut. Die Symbiose aus der Musik, der Potpourri an neuen Charakteren, die auch alle nett eingeführt werden, und die Entführung funktionieren wunderbar. Dabei wird hier schon in den Wölbungen des Vorhangs der erste Hinweis für Abigails wahre Form gegeben. Das erraten der Hintergrundgeschichten der Charaktere war ganz nett gemacht. Und auch wenn es ein ziemlicher Explosion Dump ist, wird genau auch dieser später nochmal geschickt aufgegriffen. Also nicht die Eleganteste Art und Weise, aber es funktioniert.
              Ich muss sagen, das mir Abigail als Bösewicht schon richtig gut gefallen hat. Sie hatte sichtlich Freude mit ihrem Essen zu spielen und Zwietracht zu säen. Dabei kommt schön das Ballett zu tragen, wenn sie einen zwei Meter Mann mit Pirouetten durch einen engen Gang jagt. Auch dass sie andere einfach so übernehmen kann, fand ich auch richtig cool und super gut eingesetzt. Wenn es mehr Filme in der zukunft geben wird, dann hoffe ich noch viele weitere kreativen umgänge mit ihren Kräften. Und hier muss man auch Alisha Weir loben. Nicht nur Physisch sondern auch Schauspielerisch holt sie richtig viel aus ihrer Rolle raus. Vom kleinen unschuldigen Mädchen, zu einem schier unbezwingbaren Monster. Die anderen Charaktere sind dabei ganz nett gezeichnet, nicht nur in dem Expositions-Dump sondern auch durch ihr Verhalten. Das Peter sich immer wieder durch dumme aber lustige Kommentare auszeichnet, bleibt bis zum Ende unterhaltsam. Auch Dean und sein Fuckboytum sind richtig toll inszeniert und eingebunden. Ich liebe auch Dan Stevens, der wirklich viel aus seiner doch eher platten Rolle herausholt (“Sammy, those are fucking onions”). Nur am Ende wird es etwas zu viel, wenn er vom skrupellosen Ex-Cop zu einem absoluten Monstrum mutiert. Das hätte nicht sein müssen, aber ist schon okay.
              Handwerklich ist der Film auch sehr gut. Die Kamera fängt die Geschichte super an, die durch das tolle Set des alten Herrenhauses nur noch verstärkt wird. Sehr gut fand ich auch das Editing, das gerne mal ein paar interessante Übergänge gezaubert hat, statt einfachem Fade to Black. Die Musik und das Sounddesign sind ebenfalls, wie man es von einem Horrorfilm erhofft, gut. Und auch an der Direktion und dem Schauspiel kann man nicht meckern.
              Alles in allem ist Abigail ein wirklich netter Horrorfilm, der in ein paar Aspekten über die Norm hinausgeht, ohne dabei etwas komplett Neues zu erfinden.

              3
              • 4 .5

                Ich habe “The End We Start From” in der Sneak gesehen. Davor hatte ich noch nichts von dem Film oder dem Buch gehört. Und leider habe ich enttäuscht das Kino verlassen. Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass die Geschichte super als Buch funktioniert. Aber der Sprung zur Leinwand ist dann vielleicht doch zu hart.
                Dabei fängt der Film sehr vielversprechend an. Die Kamera zeigt die SIcht aus einer Badewanne die langsam voll wird. Das gemuschelte Gespräch wird irgendwann vom Wasser verschluckt. Und genau so geht es bald ganz Großbritannien unter. Ein beständiger Regenschauer lässt das ganze Land überfluten und zerstört zurück. Eine heftige Ausnahmesituation für jeden. Die nicht unbedingt besser wird, wenn man in dieser Zeit ein Kind bekommt. Darum dreht sich der ganze Film, die Protagonistin und ihr Kind und was sie tun muss, um zu überleben. An sich mag ich solche Geschichten. Ich habe nicht umsonst ein Faible für The Road, Last of Us und Aspekte von The Walking Dead. Das Szenario, dass sich plötzlich alles ändert, alte Strukturen zusammenfallen und es um das nackte Überleben geht, ist interessant. Gesellschaftliche Ordnungen brechen, und so kann man erörtern, wie Menschen damit umgehen. Und hier finde ich die Perspektive einer frischen Mutter tatsächlich interessant. Aber der Film schafft es leider nicht so gut, das rüber zu bringen. Im Allgemeinen hatte ich das Gefühl, dass der Fokus fehlt. Im Buch geht es sicherlich nur um unsere Protagonistin und wie sie mit der Welt interagiert. Hier wird durch fehlende innere Dialoge das ganze etwas schwerer. Natürlich kann man das machen, The Road hat es ja auch geschafft. Aber der Film konzentriert sich nicht auf die Katastrophe, Strukturen oder Menschen an sich. Er konzentriert sich auf ihr, schafft es aber nicht ein wirklich tiefes verständnis zu erwecken.
                Es ist auch okay, wenn eine Geschichte nicht zwingend Zielorientiert ist. Aber es wäre schon schön gewesen, wenn man zumindest irgendeine Ahnung haben würde, was sie möchte. Geht es ihr nur ums Überleben? Oder will sie mehr? Da fehlt dann eben etwas mehr Interaktion mit der Außenwelt. Wir erfahren nicht, wie es dort ist, wir sehen alles nur aus ihren Augen. Der Aspekt, was man nicht alles tut, um zu überleben, wird hier auch nicht so tief beleuchtet. Das einzige Mal, als sie irgendwie unmoralisch handelt, ist, als sie ein Auto stiehlt. Aber sonst ist sie einfach integer und muss sich da auch nicht anpassen, was leider nicht für viel Charakterentwicklung spricht. Die Aspekte, wie es mit einem Kind auf so einer Reise ist, kamen mir auch etwas zu kurz. Das Baby war entweder unsichtbar oder nur ein Hindernis, anstatt ein integraler Bestandteil. Zum Beispiel sich vor irgendjemand verstecken und verzweifelt das Kind zur Ruhe bringen wollen. Dass sie es im Allgemeinen schwerer hat, sieht man bei der Szene mit Cumberbatch, aber auch hier fühlt es sich eher wie ein Handicap an, das man mit sich rumträgt.
                Der Aspekt mit ihrem Freund hat leider auch nicht so gut funktioniert. Der Film nimmt sich kaum Zeit die zwei richtig zu charakterisieren, bevor er schon zutiefst verstört wird. Es macht auch Sinn, dass sie immer mal wieder von dieser Normalität träumt, aber da zwischen den Visionen oftmals nicht viel Raum liegt, sondern diese eher durch besondere Ereignisse unterbrochen werden, fühlt es sich so an, als ob sie nicht aufhören kann, über ihn nachzudenken. Und das tut ihrem Charakter leider auch nicht gut. Handwerklich ist der Film gut. Die Schauspieler machen allesamt ordentliche Arbeit. Die Kamera und der Schnitt machen immer mal wieder kleine Spielchen, was sehr nett ist. Die Zerstörung der Welt und die Ruinen sind auch toll inszeniert. Aber leider fehlt dem Film trotz des hohen Wasserspiegels die Tiefe.

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                • 8

                  Ich war kein Fan von Gareth Edwards seinen Werken. Godzilla und Rogue One haben mir beide auf eine ganz tiefgreifende Art und Weise nicht gefallen, daher war ich eher vorsichtig, was sein neuester Streich “The Creator” angeht. Deswegen habe ich mir damals auch den Kinobesuch gespart, was ich im Nachhinein etwas bereue.
                  The Creator ist kein Perfekter Film, er hat viele Probleme, aber ein Aspekt wo er absolut großartig ist und tatsächlich zu einem der besten seiner Art gehört, ist das Design. Von der Klinge Amerikas, die ständig über Asien schwebt und mit Hilfe von psychologisch zermürbenden Lichtstrahlen, die in binnen Minuten pure Zerstörung Gewalt regnen lassen kann. Von einer gespaltenen Zivilisation, die sich gebildet hat, in der Wesen aus Künstlicher Intelligenz und Menschen Seite an Seite leben und eine, die jegliche KI auslöschen möchte. Immerhin findet der Film im interessanten Teil der Welt statt, und man bekommt einen interessanten kleinen Einblick in die friedliche Koexistenz und deren Kultur, die sich dadurch entwickelt hat. Ich mag auch sehr die Designs der Roboter, der Schiffe, Geräte und Gebäude. Es erinnert mich im besten Sinne an Star Wars, das trotz all den Schwächen, die die Serie hat, durchzogen ist von großartigem Design. Ich mochte wie sich die weiterentwickelte KI auch in den Bewegungen der Roboter widergespiegelt hat. Wenn man Intelligenz oder vielleicht sogar Bewusstsein hat, bleibt man nicht stocksteif, zumindest hab ich das daraus gelesen. Es gibt auch Modellen, die nicht Ken Watanabes Gesicht übergezogen bekommen haben, ein Feeling, dass dahinter mehr steckt als nur Einsen und Nullen. Der ganze Film ist von diesem interessanten und detailverliebten Design gespickt. Dadurch dass wir uns in einer Parallelwelt befinden, die ihre technologische Evolution schon viel früher errungen hat, haben viele Gegenstände auch ein schönes retro Futuristisches Feeling. In jedem neuen Set Pieces gibt es unendlich viel zu entdecken und zu bestaunen. Es ist auch schön, dass The Creator seinen Vorlagen auch offen Respekt zollt. Bladerunner, Akira, Apokalypse Now und noch viele mehr. Die Ästhetik ist einfach in allen Aspekten on point.
                  Das ganze wird durch tolle Kameraarbeit, ein fantastisches Pacing und Soundtrack gekrönt. Auch die Schauspieler machen allesamt einen richtig guten Job. Das letzte Mal, als ich John David Washington in einer Hauptrolle gesehen habe, war in Tennet. Eine Rolle, die er gut gespielt hat, aber aus der auch nichts zu herausholen war. Hier bekommt man ganz neue Facetten von ihm zu sehen, und er spielt den desillusionierten Soldaten auf eine sehr gute Art und Weise. Zwischen dem strikten und klaren verfolgen seiner Zielen, und der Grund, warum er all das macht. Allison Janney spielt ihre Rolle als skrupelloses Werkzeug des imperialistischen Amerika großartig. Aber ganz oben steht Madeleine Yuna Voyles, die den kleinen Cyborg Alphie spielt. Sie schafft es toll, die naiven und weltfremden Aspekte ihres Charakters einzufangen, aber dann auch später weit darüber hinauszugehen. Das langsame Herantasten der Sprachen, das sich dann mit der Beziehung der beiden immer weiter vertieft, ist wirklich toll gemacht. Und wenn dann gegen Ende die Tränen über ihre synthetische Wange tropfen, lässt das einen wirklich nicht kalt.
                  Also rein als etwas, das man sich anschaut und anhört, ist The Creator eine Meisterleistung. Der Film ist mit seinem 80 Millionen Dollar Budget nicht gerade ein Indie-Film. Aber es ist trotzdem beeindruckend, was sie aus dem Budget herausholen, mit einem Film, der auch mit einem 200 Millionen Dollar Budget mithalten kann. Aber das ist ja nur ein Aspekt. Den wenn es um die Geschichte geht, schwächelt der Film etwas. Dabei ist das Fundament Grundsolide. KI wurde viel früher entwickelt und hat alsbald die ganze Welt eingenommen. Aber nicht wie in anderen Dystopischen Filmen, als eine Rebellion gegen die Menschen, sondern als Wesen die den Menschen entlasten und friedlich koexistieren. Bis eines Tages eine Atombombe über LA gezündet wird, was die USA dazu führt sofort sich von allen Dingen die mit KI zu tun haben frei zu machen. Und es wären nicht die USA, wenn sie diese Ideal nicht auch dem Rest der Welt aufzwingen möchte. So wird über die Jahre und vor allem mithilfe von Nomad Stück für Stück der Planet von KI befreit. Nur in Neu Asien, das sich scheinbar in dieser Zeit gebildet hat und sich scheinbar über ganz Asien erstreckt, ist es noch erlaubt mit KI zu arbeiten. Dort gibt es einen Erschaffer, der als absolute Gefahr von den USA angesehen wird. Und genau dieser soll unser Protagonist töten. Doch dann läuft aufgrund von obrigen Entscheidungen alles aus dem Ruder wobei er nicht nur seine geliebte Frau, sondern auch sein noch ungeborenes Kind verliert. Erst als das US Militär nach Jahren zu ihm kommt und sagt, dass sie noch lebt, macht er sich auf den Weg, sie zu finden. Denn es gibt eine Waffe, die das Ende des Krieges einläuten könnte, und diese gilt es zu erlangen und zu vernichten. Die Waffe ist dann ein Kind, das ähnlich wie die Überreste von Akira, hinter einer gigantischen Schleuse vom der Welt versteckt wird. Was diese Waffe so gefährlich macht, wird erst im Verlauf des Filmes ersichtlich. Und an sich ist es unserem Protagonisten auch egal, er möchte einfach wieder zu seiner Frau um den Rest seines Lebens mit ihr zu verbringen.

                  Ab hier wird gespoilert, nur falls euch das wichtig ist. Ich mochte die Darstellung von Amerika, als Holyer then though, zerschießen sie auch mal gerne ganze Dörfer. Es ist kein Wunder, dass die Bildsprache sehr stark an Apocalypse Now oder andere Vietnamkriegsfilme erinnert. Für ihre Ideale sind sie bereit sich und andere zu opfern. Alles aufgebaut auf einer Narrative die dem Reichsbrand oder 9/11 gleicht. Ein Ereignis, das alles in den Grundzügen erschüttert und ihnen die volle Autorität und Obrigkeit gibt, das zu tun, was sie tun. Dagegen ist die gesellschaft in Neu Asien ein schöner Potpouri von Ost-Asiatischen Ländern, in denen es quasi keinen Unterschied zwischen Synthetischer und Organischer Haut gibt, die aber durch die massive zerstörungskraft der Amerikaner unterdrückt werden und nicht ihr volles Potential entfalten können. Der Konflikt zwischen KI plus und minus ist dabei aber leider nicht sehr tiefgehend. Im allgemeinen wird mit dem Thema KI hier sehr vereinfacht umgegangen. Es wird akzeptiert dass dadurch neues, intelligentes Leben geschaffen wurde und es auch Wert ist, gelebt werden zu dürfen. So dreht es sich während des Filmes viel mehr um eine Art Klassenkampf, als ein ausreizen der technologischen Möglichkeiten von KI. Wenn man also KI über Roboter hinaus erwartet, wird man hier leider entäuscht.Es gibt ein paar Ausnahmen, wie das flinke Kopieren eines Menschen oder das Heranwachsen von Alphie, aber weiter traut sich die Geschichte dann nicht. Das ist etwas schade, aber kein Beinbruch. Den mit dieser Limitation erzählt der eine sehr kohärente und spannende Geschichte.
                  Der Kern der Geschichte ist dann nämlich sehr menschlich. Es geht um Angst, Wut, Unterdrückung, Selbstopferung und den Kampf um das Gerechte. Und zwar von beiden Seiten des Spektrums. Und das macht dann den Konflikt zwischen denen so spannend, bei dem zwar schon auf fast überzogene Art und Weise der Unterschied zwischen Gut und Böse aufgezeigt wird, aber sie sich in ihren eigenen Motivationen inhärent stimmig sind. Und der Kampf David gegen Goliath zieht einfach immer. Und der Symbolismus des Kindes, als neuer evolutionärer Schritt, klappt dann auch. Genauso wie die Beziehung, die unser Protagonist mit dem Kind formt. Auch wenn das Kind nicht seins ist, hat es sich doch die Rolle des Vaters gegeben, der bereit ist, sich für das Wohl des Kindes zu opfern.
                  Die Struktur des Filmes hätte etwas besser sein können. Auch wenn das Pacing durch und durch gut ist, fühlt sich der Angriff auf den Todesbringer im All etwas komisch im Vergleich zum restlichen Film an. Vor allem, als er Alphie einfach komplett auf sich alleine gestellt los schickt. Man hat etwas das Gefühl, dass man noch eine Stunde Film dazwischen rausgeschnitten hat, die das ganze etwas glaubhafter gemacht hätte. Genauso das kleine Happy End, das zwar irgendwie Sinn ergibt und auch gut zieht, aber dann doch zu konstruiert wirkt. Aber auch das ist kein Armbruch. Ich denke, die größte Diskrepanz könnte dadurch entstehen, dass man zu hohe Erwartungen an den Film und die Erzählung hat. Denn auch wenn Gareth Edwards auf darstellerische Art und Weise voll überzeugt, hinkt das Storytelling immer noch etwas hinterher. Aber wenn das einen nicht stört, kann man mit dem Film richtig viel Spaß haben. Vor allem wenn man einen großen Bildschirm und ein gutes Soundsystem hat.

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                    über Shogun

                    Ich bin schon seit frühester Kindheit von Japan fasziniert, was sich im Verlauf meines Lebens immer weiter entwickelt hatte, sodass dann auch bald klar wurde, das ich Japanologie studieren möchte. Und auch wenn das Studium jetzt schon eine Weile zurückliegt und Japan meine Gedanken nicht mehr so dominiert, freut es mich immer wieder, wenn etwas Ausgezeichnetes aus dem Land der aufsteigenden Sonne erscheint. So ist die neue Interpretation von James Clavell semi Historischen Roman “Shogun” nicht an mir vorbeigegangen, wie könnte es auch, mit so einer aggressiven Werbestrategie. Ich habe das Buch nie gelesen und von der Serie aus den 80ern nur ein paar Folgen gesehen. Aber was auch immer ich am Anfang erwartet hatte, wurde schon von der ersten Folge ab überflügelt.
                    Shogun erzählt eine leicht Fiktionalisierung der wahren Ereignisse von 1600 in Japan, als ein britischer Pilot in Japan zufälligerweise zu einem der größten Wendepunkte in Japans Geschichte strandet und zufällig ein wichtiger Teil davon wird. Um einen kurzen Kontext zu bieten, den die Serie nicht gibt (dazu mehr später). Es gab den Tenno, jemand der von der Sonnengöttin Amaterasu abstammt und somit ein Göttliches Recht auf das Land hat, und die Daimyo, großlandsherren, die mit ihrem Clans expandieren möchten. Das führte zu vielen Kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich über hunderte von Jahre gezogen haben. Mit der Ankunft der Portugiesen wurde der Konflikt immer weiter zugespitzt, das dann, als Zeit der Streitenden Reiche (Sengoku), Einzug in die Geschichtsbücher nahm. Wir befinden uns am Ende dieser langen Konflikte, bei den ein paar Daimyo am Ende die Kontrolle übernommen haben. Nobunaga Oda, Hideyoshi Toyotomi und Tokugawa Ieyasu (auf dem Toranaga Yoshi aufgebaut ist), sind die große Land einiger. Oda Nobunaga hat die Macht an Hideyoshi weitergegeben, dessen Nachfahre nun der kleine Junge ist, der, sobald er alt genug ist, die Macht übernehmen soll. Ein Konflikt, der sein Ende in der Schlacht von Sekigahara nehmen wird. Die Zeit, die danach folgt, ist eine der interessantesten in der japanischen Geschichte. Mit dem Sakoku wird das Land von dem Rest der Welt abgeschnitten, nur mit minimalem Kontakt zu den Niederländern. Eine nie zuvor gesehen Friedenszeit lässt die japanische Kultur weit über sich hinauswachsen und legt den Baustein für alles was man auch heute noch an Japan liebt. Eine Zeit, die über zweihundert Jahre dauerte und dann erst gewaltsam von den schwarzen Schiffen gebrochen wurde, die dann die Meiji Restauration einläutete.
                    Man braucht das Wissen nicht um die Serie zu verstehen, oder zu genießen, aber es macht die Gravitas noch so viel stärker. Es ergibt auch Sinn das man all das nicht weiß, da man ja in den selben Schuhen wie der Anjin steckt. Ein Fremder in einer befremdlichen Welt mit strengen Regeln und wahnwitzigen Moral- und Philosophischen Vorstellungen. Zwar sehen wir mehr als der Anjin, aber dennoch bleibt die Welt etwas unzugänglich. Und das ist ein Aspekt, der mir besonders gut gefällt. Vielleicht ist es nur ein cope um ein Studium zu rechtfertigen, aber die Serie steckt voller Details, die man beim ersten mal verpassen kann. Zum Beispiel als Toranaga lernen möchte, wie man von einem Schiff springt, am Ende seiner Flucht. Er ist komplett in weiss gekleidet, was in Japan die Farbe des Todes ist. Er war von Anfang an bereit zu sterben, falls etwas schief gehen würde, und nun springt dieser Rentner voller Freude in das kalte Meer. Und darauf wird nie tiefer eingegangen, warum auch? Es ist an sich klar, das er diese überzeugung hat, aber es dann so zu sehen, ist dann schon was besonderes. Es ist auch schön wie die japanischen, künstlerische Ausdrücke genutzt werden, um mehr über die Charaktere und die Gesellschaft zu erfahren. Ob es ein Haiku Poetry-Slam, eine Teezeremonie, ein Noh-Theater-Vorstellung oder einfache Verbeugung ist. Diese intrinsisch japanisch und auch etwas befremdlichen Aspekte werden fantastisch in die Geschichte und Inszenierung verwoben. Japan ist heute noch in ein engmaschiges Korsett verschnürt, was damals noch viel krasser war und durch die stringide und absolute Hierarchie auch mit absoluter Ernsthaftigkeit hingenommen wird. So muss ein Mann sich und sein neugeboren Töten, weil er einmal unhöflich aufgefallen ist. Ein sinnloser und grausamer Akt, der aber in dem Codex der damaligen Welt Sinn ergibt. Etwas womit der Anjin immer wieder zu kämpfen hat, da die Regeln von außen nur bizarr wirken. Etwas, woran er auch arbeitet und lernt, vor allem toll dargestellt, als er endlich wieder zu seinen Männern findet, und merkt, dass er nicht mehr derselbe Typ ist, der damals angespült wurde. Und das greift nochmal ein Aspekt auf, den ich sehr an der Serie genieße. Sie nimmt ihre Zuschauer ernst und verlangt einiges von ihnen ab. Wenn man mal nicht aufpasst, können wichtige Details verloren gehen, ohne dass man es merkt. Die Charaktere, die Intrigen, politischen wie auch militärischen Züge, und die Konsequenzen daraus liegen hier nicht auf einen planaren Fläche. Es ist ein vielschichtiges Gebilde, das aus eigenen Motivationen und Loyalitäten besteht, in dem unzählige Faktoren mitspielen, die manchmal gar nicht explizit eingeführt wurden. Das heißt nicht, dass die Serie nicht funktioniert, wenn man nicht ständig aufpasst, aber wenn man sich der Serie hingibt, wird man dafür reich entlohnt.
                    Als Japanologe bin ich immer noch komplett überwältigt von der Serie. Auch wenn es natürlich auch eine etwas romantisierende Darstellung von Japan um 1600 ist, besticht die Serie doch durch einen sehr geerdeten Ton. Die Sets, Kostüme und Maske wirken alle sehr bodenständig und habe ich auch so in Japan und Ausstellungen gesehen. Statt vorbeifliegenden Kirschblüten im gleißenden Licht der Sonne, weht hier eher ein harscher Wind über die Wälder, Dörfer und Städte Japans. Das ist auch einer der wenige Kritikpunkte die ich an der Serie habe, den obwohl die Sets allesamt großartig aussehen und sie gerade bei den Kostümen sich oftmals selbst übertroffen haben, hat alles einen sehr eintönigen Farbton, der vor allem aus dunklen Blau besticht. Aber selbst als es mich etwas gestört hat, kam die nächste Szene und meine Sorgen waren wieder weggeblasen. Das Schöne an der Serie ist, dass man wirklich in jeder Folge einen unfassbare Detailverliebtheit und einen tiefen Respekt von der japanischen Kultur sieht. Es ist auch toll, dass zu 90% der Show japanisch gesprochen wird, was nicht nur ein gutes Feeling von Authentizität gibt, sondern auch die Gespräche via Übersetzer so unfassbar spannend macht. Und wenn das fehlt, dann merkt man das auch schmerzhaft. Was auch ein Zeichen dafür ist, wie brillant die Serie geschrieben und wie das Medium der Serie genutzt wird, um so eine gute implizite Basis zu zeigen. Die Dialoge sind brillant und vielschichtig geschrieben, sodass jede Szene und manchmal auch jede Geste eine gewisse Wichtigkeit hat. Die Kamera ist auch immer mehr als nur der Vermittler von Bildern. Nicht nur das, was gesagt wird, ist so wichtig, sondern auch das, was uns gezeigt wird. Von der Inszenierung im Frame wie auch außerhalb von dem, bei dem das nicht gezeigte teilweise die größte Gravitas hat. Auch z.B. die Schwertkämpfe sind dabei so brillant und klar inszeniert, dass es kein ewiges Klirren von Klinge an Klinge gibt, sondern ein Kampf mit einem geschickten Schlag sofort entschieden ist. So eine detailverliebte Sorgfalt sieht man selten und macht diese Serie zu mehr als nur der Summe seiner Teile.
                    Aber ohne gute Schauspieler, kann auch so ein Projekt im Mittelmaß versinken. Aber zum Glück brilliert die Serie auch hier. Auch wenn sich unser Anjin am Anfang erst mal anfühlt wie “Wir haben Tom Hardy at home”, entwickelt er sich doch prächtig und bringt die Rolle des barschen und dickköpfigen Fremdling sehr gut rüber. Wenn er eine Ehrung von Toranaga bekommt, wofür viele Landsleute sich ein Bein ausreißen würden, sieht er das nur als nerviges Hindernis um so schnell wie möglich auf sein Schiff zurückzukommen um den Portugiesen den gar aus zu machen. Trotz seiner Starrköpfigkeit und teilweise ekel von der Kultur, lernt er doch langsam aber sicher nicht nur die gepflogenheiten der Japaner, sondern auch den Lebens Philosophischen Kern dahinter. Etwas das am Anfang toll dargestellt wird, zwischen dem verzweifelten Selbstmord des Kapitäns und Yabushige, der den Freitod als ausdrück der Stärke und Überzeugung sieht. Auch als er seine alten Kollegen wieder trifft, merkt man schnell wer sich entwickelt hat und wer in einem verbitterten Loch zurück geblieben ist. So ist es dann auch schön, wenn er sein eigenes Glück schmieden möchte, und sich aktiv einsetzt. Und natürlich in der starken Beziehung zu Mariko, nicht nur als Übersetzerin, sondern vor allem als Anvertraute. So merkt man auch den Verlust am stärksten mit ihm, bei dem plötzlich ein integraler Bestandteil für ihn und die Geschichte fehlt, und durch diese Loch der größte Schmerz entsteht. Ich mochte auch sehr die letzte Folge, die damit beginnt, das er alt und krank in einem Bett liegt und von zwei seiner Nachfahren nach den Barbaren im Osten gefragt wird, während er die Kette von Mariko fest in der Hand hält. Das hat mich am Anfang verwundert, weil ich um das wahre schicksal des Piloten wusste. Aber das es nur eine Vorstellung war, wird spätestens klar, wenn er die Kette ins Wasser fallen lässt und sich von dieser möglichen zukunft verabschiedet. Interessant ist das dann auch in der selben Folge Toranagas Plan erzählt wird, in den selben unklaren Linien, bei den es jederzeit passieren kann, das Motivation und Ziele sich durch alles mögliche aus der Bahn geworfen werden kann.
                    Die Lords und Main Player der Serie sind auch allesamt großartig besetzt und bestechen aus eigenen Motivationen, die sie in dieser tumulten Zeit umsetzen möchten. Nehmen wir Kashigi Yabushige, der Daimyo einer eigenen Provinz, der seine Loyalität zu Toranaga geschworen hat. Inmitten von Blutsversprechen und gedrohten Endgültigkeiten, steht er als Opportunist immer wieder auf verschiedenen Seiten. Er ist auch einer der wenige japanischen Charaktere die es sich herausnehmen, auf die meisten Höflichkeitsfloskeln zu verzichten. Seine Wieselhafte Art und Weise ist super unterhaltsam anzuschauen, was vor allem an Asano Tadanobu liegt. Man hat das Gefühl das er auf etwas reduzierte Art und Weise, und natürlich neu kontextualisiert, einen sehr ähnlich charakter wie in Ichi the Killer spielt. Und spätestens seit Battlestar Galactica und Gaius Baltar, habe ich ein Herz für ungeschickter Pläne Schmied und Opportunisten. Und sein Neffe ist dabei auch nicht schlecht. Seine Domäne ist sehr klein, aber hat plötzlich starken Strategischen Wert. Und auch er hat kein Problem, nach den besten Weg für sich allein zu suchen. Aber im vergleich zu seinem Onkel hat er dieselbe dringliche Energie wie der Sohn von Toranaga. Nur das er eben nicht so blauäugig ist wie der von privilegien geformte Prinz. Der selbst für die abgehobene Welt der Lords in einer noch ganz anderen Sphäre lebt und in seiner jugendlichen Arroganz von niemanden gestoppt wird.
                    Sein Vater dagegen ist ein legendärer Mann, der seinem Ruf gerecht wird. In jeder Szene bringt er eine unübersehbare Präsenz mit sich, die wirklich alles einnehmen zu scheint. Die Rolle ist schon sehr stark geschrieben, aber erst durch Sanada Hiroyuki wächst sie zu der übermenschlichen Größe heran. Er gehört für mich schon seit einer Weile zu den besten japanischen Schauspielern und ich bin sehr froh, dass er hier abermals sein Talent zur Schau stellen konnte. Denn er schafft es nicht nur zu einem Giganten heranzuwachsen, auch in den kleinen privaten Momenten, oder Gefühle der Schwäche, zeigt er gleichzeitig eine tiefe Menschlichkeit und etwas, das diese transzendiert. Man versteht, warum dieser Mann so wichtig war, und warum so viele bereit waren, für seine Ideale der Zukunft ihr Leben zu geben. Wenn man die wahre Geschichte dahinter kennt, kann man seine Rolle in der Formung von Japan gar nicht genug hervorheben. Das hat die Folgen auch so schwer gemacht, als alles aussichtslos aussah. Denn es geht nicht darum, einen perfekten Plan zu schmieden, der dann reibungslos abläuft. Es geht darum, agil zu sein und sich den Umständen anzupassen. So bleibt vieles von seinen Plänen unausgesprochen oder auch unklar, aber die Ergebnisse sprechen dann für sich.
                    Seine Gegenspieler sind dabei auch sehr klar gezeichnet. Von Rat der ihm zu tode vorurteilen möchte, den interessen der einzelnen Mitglieder, der Portugiesen und allen anderen möglichen Interessengruppen. Kazunari Ishida ist dabei der Drahtzieher dieses coupes. Ein Bürokrat, der gierig nach Macht greift und für sich und diese andere Interessengruppe freie Fahrt geleiten möchte. Unter den Schleier von Recht und Gesetz und dem Biegen desselben. Das Ganze entwickelt eine ganz neue Dynamik, als die Mutter des Thronfolgers in Osaka ankommt. Ich war von Nikaido Fumi schon in “Why Don’t You Play in Hell” und “Himizu” begeistert, und sie hat abermals eine grandiose Performance abgeliefert. Unter der Hülle ihres Zustands und Status, nimmt sie alsbald die Zügel in die Hand, um das Momentum zu nutzen, eine persönliche Rache auszuführen. Plötzlich fühlen sich die frühen Herrscher machtlos und gefangen. Im Allgemeinen strotz Shogun nur so von starken Frauencharaktere. Auch wenn Frauen teilweise mehr Macht in der japanischen Gesellschaft hatten, als man vielleicht annehmen möchte, geschah das auch damals eher durch die Blume und hinter vorgehaltener Hand. Und alle Frauencharaktere bringen diese Energie mit sich. Ein gutes Beispiel ist Fuji Usami. Von Anfang an wird sie nur von den Ereignissen gebeutelt. Sie verliert an einem Tag ihren Mann und ihren Sohn, für eine kleinigkeit die wirklich nicht so eine Strafe nach sich ziehen sollte. Dann wird sie auch noch gezwungen dem fremden Barbaren, ein Symbolbild von dem Chaos das ihrer Familie viel gekostet hat, beizustehen. Doch wenn es Hart auf Hart kommt, weiß auch sie sich zu behaupten, was nicht nur mich, sondern auch Anjin sichtlich beeindruckt hat. Ein weiteres gutes Beispiel sind Kiri no Kata und Gin. Zwei Frauen die nicht aus reichem Haus kommen, die keinerlei Titel haben (bis auf No Kata, was so viel wie Dame heißt) und sich dennoch in dieser gefährlichen Welt behauptet haben. Und da finde ich die beiden auch so interessant, denn das Viertel, das Gin in Edo gründen wird, ist der Grundstein für alles, was wir über Geishas wissen. Natürlich gibt es das Konzept schon länger, aber wir sind quasi live dabei, wie die moderne Hochzeit dieser Kunstform geformt wird.
                    Und natürlich darf man Mariko nicht vergessen. Eine Frau mit einer tragischen Geschichte, der das Schicksal oftmals miese Karte zugeschoben hat. Die für ihre Schande und Familie am liebsten sterben möchte, aber aus Loyalität und Trotz jeden Tag wieder aufsteht. Sie ist ein essentielles Bindeglied, die mit ihrer Vergangenheit, als Christin die portugisisch spricht, Toranaga treu ergeben, wird sie schnell viel mehr als nur eine einfache Übersetzerin. Von einer akribisch erarbeitete Routine, zur überwältigenden Machtlosigkeit, bis zur Erkenntnis und perfekten Ausfüllen einer Rolle, die jegliche Erwartungen sprengt. Sawai Anna macht einen wirklich fantastischen Job, mit einer festsitzenden Maske, mit unendlich brodelnden Potential. Sie zeigt so viel nur durch ihre Mimik und Körpersprache. Wenn sie jemanden begleitet und in kleinen schritten gefühlt neben einem schwebt, verstärkt es nur das magische Gefühl, das in der Welt von Shogun aufgebaut. Und ihr Tod ist auch einer der härtesten Schläge in der Serie. Sie war eine ständige Begleiterin, ob sie im Rampenlicht stand oder auch nicht, und die plötzlich erdrückende Stille oder das Vakuum das dabei zurück bleibt, treffen einen so viel härter, als man es erwartet.
                    An der Serie ist kein Fett. Alles was geschieht, alles was angesprochen wird, hat einen tieferen Sinn, der sich manchmal auch über mehrere Ebenen erstreckt. Durch das auf Höflichkeit und Hierarchie vernarrte Korsett, lässt die ganze Serie auf eine überraschend organische Art und Weise klassisch Shakespearean wirken. Nur dass es nicht Shakespearean ist, um Shakespearean zu sein, sondern dass dieses Spiel ein wichtiger Aspekt der Gesellschaft und der Umgang miteinander ist. Das Spiel ist so wie das Spiel ist, weil es so verlangt wird, und statt das man nur Hamlet oder so sieht, steckt eben noch etwas tieferes hinter der Fassade. Es baut in einem auch eine gewisse Erwartung eines Masterplans auf, der andauernd verfolgt wird und dann fast fatalistisch am Ende aufgeht. Aber so ist es nicht. Pläne werden von plötzlichen Katastrophen durchkreuzt. Man kann alles richtig machen, aber doch verlieren. Die stärke eines großen Strategen liegt nicht daran immer die perfekte Strategie zur Hand zu haben, sondern auch agil und effizent mit plötzlichen Sand im Getrieben agieren muss. So hat man diese Welt, die so gerne Schwarz und Weiss sein möchte, aber dann teilweise doch im Grau enden. Nichts ist für immer festgeschrieben, und man merkt mehr als einmal, das eine kleine Veränderung plötzlich massive auswirkungen hat. Und man als Zuschauer, so wie auch die Akteure der Serie, sich dem immer wieder anpassen müssen, um am Ende zu Überleben.
                    Shogun ist eine Serie die wirklich jegliche Maßstäbe sprengt. Von den Sets, zu den Kostümen, den Schauspielern, der Musik, dem Drehbuch und der Kamera bietet Shogun ein Erlebnis vom Allerfeinsten. Hat man vielleicht zuvor noch Game of Thrones oder Breaking Bad als ein Standard der Drama-Serie gesehen, setzt sich von meiner Seite aus Shogun ohne große Anstrengung auf diesen Thron.

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                    • 8 .5

                      Late Night with the Devil war ein richtig erfrischender Horrorfilm, der mich auf mehrere Ebenen begeistert hat. Wenn ihr Interesse an Horror oder interessante Konzepte in Filmen habt, dann empfehle ich euch einfach den Film anzuschauen.
                      Ich mag David Dastmalchian. Er hat ein besonderes Gesicht und wird meistens dann auch für interessante und sonderbare Rollen gecastet. Hier zeigt er sich von einer ganz anderen Seite. Eine Seite, die ich vorher noch nie in ihm gesehen habe. Aber es beweist einfach nur, wie gut er ist, dass er den verstörten Polkadot-Man genauso gut spielen kann, wie den charismatischen TV-Host. Man bekommt am Anfang eine nette kleine Einführung in das Leben und die Karriere unseres Protagonisten Jack Delroy. Von den kleinen Anfängen, zu immer größeren Erfolgen, die ihn aber niemals in den Olymp der Late Night geführt haben. Nachdem seine Frau verstarb, stürzte er sich wieder in die Arbeit und versuchte mit allen Mitteln an der schwindenden Relevanz anzuknüpfen. Was wir hier sehen, ist die letzte Aufnahme der Show, inklusive der noch nie zuvor veröffentlichten Aufnahmen während den Werbeaufnahmen.
                      Und genau so fühlt sich der Film auch an. Das Feeling der TV-Shows der 70er wird großartig eingefangen. Es strahlt das Chaos und den Charme einer Live Sendung aus, die durch die schwarz weiß Aufnahmen in den Werbepausen nicht gebrochen werden. So entwickelt sich ein wirklich tolles Gefühl für die Zeitlichkeit und damit einer Authentizität der Aufnahme. Mit den Sets, den Klamotten und den übergang grafiken, vergisst man irgendwann, dass man eigentlich einen Film anschaut. Als ob man bei YouTube in eine Algorithmusbubble gefallen ist und nun einfach die nächsten Tage Shows aus der Zeit anschaut und das eines der Videos ist. Das macht dann das Spiel zwischen Wahrnehmung und Aufnahme so interessant. Die Massenhypnose Szene ist ein Geniestreich, bei der man sich dann insgeheim doch fragt, ob man die Szene auch hätte anders sehen können. Und diese Mischung aus Authentizität und dem plötzlich unreliable Narrator, kommt am Ende nochmal richtig stark raus.
                      Dabei war ich mir am Ende gar nicht sicher, was genau stattgefunden hat. Und dabei gehe ich über die Halluzinationen und das bestätigen seiner vagen Hintergrundgeschichte hinaus. Es ist schon sehr bezeichnend, dass all die alptraumhaften Szenen genau die sind, die auch in der kleinen Prelude waren. Es ist wie eine kleine versteckte Narrative, die sich hinter dem Rest versteckt. Ist das, was wir sehen, was mit Jack passiert, wirklich so, oder ist es wieder eine eigene Interpretation. Wir können uns Jack in keinen anderen Situationen auf der Bühne vorstellen, weil unser referenzrahmen nur so weit reicht. Hätte man am Anfang vielleicht andere Beispiele gezeigt bekommen, wären diese in den alptraumhaften absturz hervor gequollen. Und es ist schön, dass man den Film mit beiden Interpretationen sehen kann.
                      Handwerklich ist der Film großartig. Von der Kamera, zum Sound, zu den Kostümen und Special Effects, bekommt man hier etwas absolut fantastisches Geboten. Man verliert sich richtig in den Bildern und der Geschichte. Das wird natürlich noch durch die großartigen Schauspielerischen Leistungen verstärkt. David Dastmalchian spielt Jack Delroy mit so viel Panach und charm. Der Mentalist, die Parapsychologin, das verstörte Kind, der trottelige Assistent und auch der Amazing Randi Ersatz als Carmichael sind einfach brillant. Sie bringen alle ihre Rolle mit einem sehr schönen Maß an überspitzheit rüber. Es ist auch schön, wie das langsame Erscheinen des titelgebenden Gastes richtig ausgekostet wird und erstmal auch gerne angedeutet wird, bis es sich dann im Finale brutal entlädt. Das Drehbuch ist einfach richtig gut geschrieben und jeder einzelne bringt seine Figur fantastisch zum Leben. Auch die Inszenierung ist toll gelungen, von dem Wechsel der TV-Persönlichkeit zu der Person dahinter. Ich mochte auch das Spiel mit der Aspect Ratio, die die während der aufnahmen für die Show schön eingekastet ist und sich dann in den hintergrundaufnahmen und manch anderen szenen ausweitet.
                      Late Night with the Devil ist ein herausragender Horrorfilm, der nicht nur versteht, eine spannende Geschichte zu erzählen, sondern diese geschickt in das Korsett einer 70er Late Night Show einzubinden, die das Gefühl des Horrors sogar noch verstärkt. Ein Kleinod, das man als Horrorfan nicht verpassen sollte.

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                      • 8 .5

                        The Holdovers ist ein richtig schönes Kleinod, mit einer lieblichen, verspielten und herzlichen Atmosphäre. Eine Geschichte, die an sich nichts besonderes ist. Ich glaube jeder hatte schon mal zwei Wochen in seinem Leben, wo man sich außerhalb seiner Komfortzone aufhalten musste, und dabei so einiges über sich und die Welt lernte. Der kleine Rahmen macht die Geschichte so Nahbar und Nachvollziehbar. Für die meisten sind diese zwei Wochen gekommen und gegangen, aber für die, die diese Tage in der Schule verbracht haben, hat sich so einiges Unvergessliches abgespielt. Aber der Film ist auch außerhalb der Geschichte ein richtig schönes Werk. Die Kamera, Kostüme, authentische Drehorte, Schnitt und Musik machen den Film so charmant. Die Musik setzt sich aus vielen damalig zeitgenössischen Künstlern und ein paar fantastischen Stücken von Mark Orton zusammen. Die Stimmung, die dabei aufgebaut wird, passt zu den sanften Brauntönen, in denen die Welt damals scheinbar getaucht war. Alles fühlt sich wie aus der Zeit gehoben an, ohne dabei verklärt zu wirken. Wer also auf eine kräftige Prise verschönerte Nostalgie hofft, der wird wahrscheinlich enttäuscht. Die ganze Bildsprache wirkt einfach sehr geerdet. Schauspielerisch ist der Film ebenfalls stark. Alle Nebenrollen werden toll ausgeführt, von dem traurigen Koreanischen Kid, zu dem Rektor der Schule und dem verstörten Vater. Die Protagonisten, gespielt von Paul Giamatti, Dominic Sessa und Da’vin Joy Randolph machen ihren Job großartig, und rühren einem auch immer wieder zu Tränen. Denn das Drehbuch setzt allem nochmal die Krone auf, mit schönen, kleinen Szenarien, tiefgründigen Dialogen und der tollen Inszenierung der Charaktere und ihren Beziehungen zueinander.
                        Paul Hunham, ist ein Mann der seinen Job nicht nur macht, sondern dafür lebt! Man spürt seine Verehrung für die alten Kulturen. Soweit das er sein ganzes Leben nach den Philosophien von damals richtet. Sein Beruf als Lehrer nimmt auch sehr ernst, mit der klaren Intention, die Welt durch Wissen und sieben der zukünftigen Elite zu einem besseren Ort zu machen. Er ist ein Lehrer von Herzen, das leider über die Jahre erkaltet und erstarrt ist. Durch ein immer tieferes einnisten in die Geschehnisse der Vergangenheit und dem vollkommen desinteresse an der Gegenwart, führen zu einer massiven Stagnation und Misstrauen in alles neue. Und auch wenn man am anfang schon viel über ihn lernt, gibt es doch im Verlauf des Filmes immer wieder neue und frische Erkenntnisse. Vom Rauswurf aus Harvard bis zu seiner Liebe zu dem Direktor der Schule in seiner Kindheit. Etwas steckt tief in ihm drin, und er traut sich nicht, dies freizulassen. Aber vielleicht ist es am Ende doch nur ein Stock der zu tief im After steckte. Es ist spaßig, ihm dabei zuzusehen, wie er all diese alten Philosophien im Kopf hat, und sich deshalb als Versteher der Menschheit versteht und dann an einfachsten Social Cues scheitert. Er ist in etwa wie jemand, der absolut alles über ein Fahrrad weiß: wie es aufgebaut ist, wie es technisch funktioniert, aus welchen Materialien die verschiedenen Bauteile bestehen, und was es sonst noch zu wissen gibt. Aber er saß nie auf einem Fahrrad, und wenn er das mal tut, wird er erst einmal umfallen. Das ist der Unterschied zwischen Wissen und intrinsischem Wissen. Aber auch er lernt einiges über sich, und bekommt am Ende sogar eine Chance, die er sich selbst nie geben wollte. Heraus aus dem kleinen Teich, hinein in das Meer.
                        Angus ist ein arroganter Teen, der nicht umsonst als Unruhestifter bekannt ist. Er will eigentlich nichts mehr als endlich weg von dieser Schule, doch als seine Urlaubspläne jäh unterbrochen werden, wird er, statt sich in der Sonne auf St. Helene zu laben, innerlich wie auch äußerlichen kalten Institution verbleiben. Das ganze wird noch schlimmer, wenn alle anderen Kids in die Berge flüchten. Aus Verzweiflung pusht er so weit er kann, bis einer weint, was in diesem Fall er selbst war. Doch der Unfall lässt die zwei unfreiwilligen Freiwilligen immer näher kommen. Sodass auch Mister Hunham irgendwann mal verstehen muss, dass trotz all den Privilegien mit der Angus groß geworden ist, kann man genau so wie jeder andere an Problemen zerschellen. Hinter den Unruhestiftern steckt kein blinder Zerstörungswut, geboren aus der Moderne. Nein, es ist ein verletztes Tier, das nicht weiß was es tun soll, und dann eben aus der verzweiflung austeilen. Er strengt sich an, gute Noten nach Hause zu bringen, um zumindest den ihm zugeteilten Auftrag der Bildung gut zu erfüllen. Aber das reicht einfach nicht. Noch schlimmer wird es bei dem Treffen mit dem Vater. Paranoide Schizophrenie ist schon schlimm genug, aber zusammen mit früher Demenz, zerfällt der Mensch, den man sein ganzes Leben kannte, noch viel rapider und grausiger. Etwas, das ihn verstört und traurig zurücklässt, aber immerhin nicht alleine. Mr. Hunham setzt sich dann für ihn ein, gibt ihm den Mut, das Ruder nochmal rumzureißen. Vor allem, weil eine Militärakademie in diesen Zeiten schon fast einem Todesurteil gleich kommt.
                        Mary Lamb ist wohl die tragischste Figur in dem Film. Sie hat ihr ganzes Leben für eine bessere Zukunft ihres Kindes ausgerichtet. Von allen Jobs dieser Welt arbeitete sie in Barton, damit Curtis später Türen offen stehen. Aber die Welt ist ungerecht, und er hat trotz all der Anstrengung und der guten Noten nicht auf ein College geschafft. Amerika gibt einem doch die möglichkeit dennoch zu studieren. Eine Möglichkeit die ihn zu den wenigen Barton Alumni macht, die im Krieg gefallen sind. Eine tragische und auch vermeidbare Geschichte, von armen Menschen, die dann mit der Waffe in der Hand in Kriege ziehen müssen, um die Interessen von anderen bis auf den letzten Blutstropfen zu verteidigen. Es gibt einen Ausweg aus der niedrigen Sozialkaste, hinauf auf ein erfolgreiches Leben. Dass das natürlich nicht so ist, weiß man ja. Vor allem in den USA zur Zeit des Vietnamkrieges. Ein Veteran war nur ein Soldat, der ausgedient hat. So kann es auch sein, dass man den Krieg überlebt, aber für immer beschädigt nach Hause kommt und auf keine Hilfe hoffen kann. Diese Wunde sitzt immer noch sehr tief in ihr, eine Verzweiflung, die sich dann, trotz allen Schutzschilden, immer wieder herausbricht. Über den ganzen Film strahlt Mary eine weise aber erdrückend traurige Stimmung aus. Momente wie am Ende der Party oder als sie bei ihrer Schwester ankam, haben bei mir die Fluttore öffnen lassen. Schön das sie aber im Verlauf auch wieder neuen Mut schöpft. Ein neues Leben tritt bald in ihre Familie und sie freut sich darauf das ganze auch nochmal zu machen, damit es jemand anderes, besser im Leben hat.
                        The Holdovers ist ein wirklich schöner kleiner Film, der zurecht so viele positive Stimmen auf sich gezogen hat. Ein Film, der so viel Herz und Zärtlichkeit hat und eine schöne menschliche Geschichte erzählt, die sicherlich jeden irgendwie anspricht.

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                        • 4

                          Appendage wirkt für mich wie ein Studentenfilm. Das soll gar nicht abwertend wirken. Ich mag Studentenfilme, da dort große Ambitionen und Experimentierfreudigkeit auf fehlende Erfahrung treffen. Das Ergebnis ist meistens ein, zumindest auf filmischer Ebene, interessanter Film, der gerne mal am Ziel vorbei schießt. Denn auch wenn sie gerade an der Kamera und im Schnitt coole Experimente ausprobieren, wird der Film durch ein schlechtes Drehbuch, Schauspieler und Direktion heruntergezogen.
                          Die Geschichte ist nicht allzu komplex. Man hat unsere Protagonistin, die bei großem Stress, Schmerzen in ihrem Muttermal spürt. Als sie eines Tages in ihrem Design-Job zu weit getrieben wird, entwickelt sich aus der Hautverfärbung ein Anhängsel, das sich plötzlich selbstständig macht. Das Wesen kann sich nicht nur bewegen, sondern vor allem auch sprechen. Es ist ein Fleischgewordener Aspekt des menschlichen Daseins, das wirklich jeder kennt. Die Stimme in einem drin, die einem sagt, dass man nicht gut genug ist, die alten Fehler immer wieder durchgekaut. Und ich habe gedacht, dass dies die Richtung ist, in die der Film gehen möchte. Dass eine Psychose der Protagonistin dafür genutzt wird, um mit einem ganz alltäglichen und jedem bekannten Problem eine abstrakte und explizite Form zu geben. Etwas flach in seinem Symbolismus, aber das passt schon.
                          Das wäre auch okay gewesen, wenn sie nicht mitten im Film alles für einen unnötigen Horror-Plot über den Haufen wirft. Als sie die Selbsthilfegruppe betritt, wird der Twist der kommen wird, sofort klar. Dabei wird die Stimme, die jeder kennt, plötzlich nur den Menschen mit solchen Muttermalen zugesprochen und beschränkt. Und in diesem Teil wird aus der interessanten Metapher etwas viel zu mondänes, das die ganze Struktur des Filmes unterwandert. So reagieren die Freunde von unserer Protagonistin plötzlich viel zu suspekt, als ob sie sich davor noch nicht irgendwie sonderbar verhalten hat. Ich kann die änderung nachvollziehen, als ihr das fehlende Tattoo auffällt, aber davor macht es nicht viel Sinn. Und nachdem dieser Plot abgearbeitet wurde, wird wieder ein vager Bogen zurück zur Metapher geschlagen.
                          Und selbst dann ist die Metapher immer noch recht platt. Man hat halt diese Stimme oder Wesen in sich drin. Und es gibt einige, die diesen Drogen entfliehen möchten, aber ein wirkliches Heilen geht erst in einer Symbiose, bei der mit genügend Zuneigung die Stimme immer leiser wird. Again, nett, aber eher platt. Des Weiteren funktioniert das ganze Konzept nicht, wenn die Anhängsel die Kontrolle übernehmen. Es gibt einem den Eindruck, dass wenn man sich voll der negativen Stimmen hergibt, man plötzlich extrem selbstbewusst wird. So funktioniert es aber natürlich nicht, was die verwaschene Geschichte eben noch viel Dünnhäutiger macht.
                          Es kommt noch dazu, dass der Film nicht genau weiß was er sein möchte. Psychologischer Horror? Body-Horror? Eine Satire oder Komödie? Statt beide Genres zu vereinen, wird ständig ein Spagat Akt gemacht, der auf keiner der zwei Seiten wirklich funktioniert. Aber das soll nicht heißen, dass der Film nur schlecht ist. Auch wenn vielleicht nicht alle Experimente aufgehen, ist es doch immerhin schön das sie etwas probiert haben. Und hoffentlich finden die Filmemacher beim nächsten besser den Ton und bauen auf das solide Fundament auf. Ein Aspekt wo sie keine Nachhilfe brauchen, ist der Body-Horror. Wen auch immer sie dafür ihr Team gewinnen konnten, hat ganze Arbeit geleistet. Wenn es euch nichts ausmacht, auch mal einen mittelmäßigen Film anzusehen, kann man sich Appendage gerne anschauen. Wenn man aber eh kein Fan des Genres ist und keine Zeit mit halbgaren Experimenten verschwenden möchte, dann macht lieber ein Bogen um den Film.

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                            über Damsel

                            Erst einmal vorweg, ich bin nicht die Zielgruppe für diesen Film. Wobei ich auch während des Films mir nicht sicher war, wer die Zielgruppe sein soll. Der ganze Film ist sehr märchenhaft inszeniert, von Königreichen, Königen und Prinzessinnen, Drachen und hundert Jahre alten Flüchen. Aber er versucht gleichzeitig düster und geerdet zu sein. Vor allem im visuellen Design beißen sich diese zwei Richtungen sehr oft. So hackt Millie in der Einöde Holz in vollem Make Up und in hübschen Klamotten, die scheinbar komplett dreckabweisend sind, damit ihr Volk sich nicht im nahenden Winter erfriert. Bei dem kleinen Reitausflug mit dem Prinzen ist mir diese Diskrepanz noch einmal stark aufgefallen. Das ist an sich kein Beinbruch, stört aber den Ton durch den ganzen Film hindurch. Das ganze nimmt nochmal eine haarschere Wende nach fast 50 Minuten. Man hört verzweifelte Schreie, sieht Brandwunden und sie kämpft sich Meter um Meter in einem düsteren und engen Tunnelsystem um das nackte Überleben. Irgendwann kommt sie raus, und wenn sie das nächste Mal die Höhle betritt, ist plötzlich alles wieder ganz Märchenhaft. Das will einfach nicht so wirklich zusammenpassen.
                            Und auch wenn ich nichts dagegen habe, dass ein Held gewisse Widrigkeiten überwinden muss, wird es hier doch zu weit getrieben. Ich kann mir vorstellen, das Kinder, die den ersten Teil ganz magisch und toll fanden, dann plötzlich von dem Umschwung total überrumpelt werden. Für Erwachsene fühlt sich der Anfang zu kitschig und das düstere zu aufgesetzt an. Vielleicht Edgy Teenager, die gerade an den Grenzen zwischen beiden liegen. Die ein Märchen (oder in diesem Fall eine Subversion davon) wollen und gleichzeitig Edgy Szenen. Das wird auch nicht besser durch die sonderbare Struktur. So zieht sich der Märchenpart viel zu lange, sodass das Erforschen der Höhle und vor allem das Finale viel zu kurz kommt. Der dritte Akt wirkt gehetzt und wird der Geschichte nicht würdig. Es fühlt sich teilweise so an, als ob man drei Filme in einen gequetscht hat und nicht genau wusste, wie man das ganze einteilen soll.
                            Ich finde auch, dass Elodie die falsche Protagonistin war. Ein interessanter Charakter entwickelt sich im Verlauf einer Geschichte. Und auch wenn Elodie das tut, ist der Sprung nicht wirklich weit. Sie wird von Anfang an als extrem kompetent gezeigt und es wundert dann auch nicht, dass sie viele der Hürden gekonnt überwinden kann. Sie war auch von Anfang an nicht überzeugt von dem Heiratsplan, was den symbolischen Abwurf des Ringes dann auch flach fallen lässt. Ihre Schwester wäre eine viel bessere Wahl gewesen. Sie ist sofort begeistert von dem Königreich und auch von den Gedanken, dort zu heiraten. Wenn sie diese Widrigkeiten überstanden hätte , wäre das so viel stärker gewesen. Auch das Auseinandernehmen des Kleides und das Werfen des Ringes hätte so viel mehr Gravitas. Elodie hätte auch gerne später hinzukommen können und die beiden entkommen auf diese Art und Weise. So hätte man Elodie etwas rauer machen können und Floria als empathischer, naiver Teil, hätte dann den Drachen überzeugen können.
                            Der großen Twists des Films waren dann auch nicht wirklich so überraschend. Es ist schön, dass der König von damals nochmal anders Kontextualisiert wird, und auch die königliche Familie anders dasteht. Es wäre auch okay gewesen, wenn der Drache die Menschen tötet, weil sie ihr böse mitgespielt haben, da muss man nicht die Damsels auf den Kopf stellen. Auch wirkt die Freundschaft am Ende gehetzt, hat der Drache doch davor den Vater auf brutalste Art und Weise getötet. Eine verbindende Opferstellung kann man schon machen, aber das macht den Film auch nicht interessanter. Dazu kommen noch die schlechteren als die rechten Dialoge, die sich eher wie eine erste Fanfiction anfühlen, als ein Film mit so einem großen Budget.
                            Aber vielleicht ist das meiste Geld auch einfach in die Schauspieler und das Design geflossen. Die Schauspieler machen allesamt einen akzeptablen Job, mehr ist aus den Charakteren auch nicht rauszuhoeln. Millie Bobby Brown strengt sich wirklich an, aber auch sie kann die lahme Figur nicht retten. Was aber sehr beeindruckend war, und auch über den Film hindurch sehr gut ist, sind die Sets, Kostüme und das CGI. Als sie mit dem Schiff in das neue Königreich fahren und das erste mal ein Blick auf einen Drachen werfen können, war das wirklich beeindruckend. Auch die Architektur, die wunderschönen Klamotten, die märchenhaften Landschaften waren allesamt wirklich schön. Aber der Star ist der Drache und die wirklich atemberaubenden Bilder die sie zaubert. Eine Höhle in kompletter Dunkelheit wird durch das Einatmen des Drachens langsam erleuchtet, bis sich die Feuersbrunst auf ihre Feinde niederlässt und alles in grausames rotes Licht tränkt. Ich mochte die Art und Weise, wie der Feueratem dargestellt wurde, nicht nur Flammen, die rausschießen, sondern auch eine heiße, zähe Flüssigkeit, die sich durch den Raum frisst. Auch die Szene der brennenden Vögel war richtig großartig verstörend. In dieser Hinsicht ist der Film wirklich brilliant, leider macht das alleine kein Meisterwerk. Eine bessere Geschichte und Dialoge hätte dem Projekt richtig gut getan. Den auch wenn die Geschichte nicht revolutionär ist, kann man damit was machen. Warum es dann alles so flach sein muss, ist einfach nur schade.

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                            • 6 .5

                              Ich liebe Horror Filme! Aber mit Slashern kann ich meistens nicht so viel anfangen. Es ist ein Genre, das meistens von den eigenen Tropes eingezwängt wird und erzählerisch immer wieder das Gleiche erzählt. Konferensen erfinden dabei das Rad nicht neu, aber es bietet so ein unterhaltsames Fundament, dass man auch als nicht Slasher Fan Spaß mit dem Film haben kann.
                              Einer der Gründe warum das so ist, ist, dass das Konferensen sich überhaupt nicht ernst nimmt, und mit den Tropes lieber spielt, statt sie einfach nur abzuraten. Das fängt schon bei den Charakteren an. Normalerweise will ein Slasher entweder das man mit den Charakteren mitfühlt oder sie hasst. Und da bieten sich ein paar Beamte doch perfekt an. Ich habe auch das Gefühl, dass jeder jemanden kennt, der einem der Stereotypen entspricht: Der alte Mann, der keinen Fick mehr gibt. Die Frau mit dem “hippen” Haarschnitt und der Designerbrille, die sich hinter Zynismus versteckt. Die Öko-Tante, die man am besten nicht anspricht, da man sonst nicht mehr weiterkommt. Der Business Bro und sein Hypeman, die so tun, als ob ihnen die Welt gehört. Bis hin zu der Chefin, die sich in ihrem Titel und Autorität suhlt. Und dann noch die anderen, die noch so herausstechen, die tatsächlich noch irgendwie Integrität haben, aber ihre Köpfe lieber unten halten. Dazu werden auch noch viele andere Dinge auf die Schippe genommen. Wie zum Beispiel ein echter, schwedischer Werbespot, der wie überzogene rechte Propaganda wirkt. An dem kleinen Ferienort treffen Menschen aufeinander, zwischen Lügnern, widerwilligen Helden, Opportunisten und aufgeplusterten Egos.
                              So geht es schon lustig zu, bevor der Killer sein erstes Opfer gefunden hat, was auch nicht lange auf sich warten lässt. Hat man am Anfang noch keine Ahnung, warum der Killer das tut, baut sich doch schnell ein klares Bild ab. Hier versucht der Film einen Spagat, dass man mit dem Killer und der scheinbar (und später auch bestätigten) Ungerechtigkeit mitfühlt, aber durch das fast wahllose Draufhauen, auch die Feinheit fehlt. Es ist besonders sonderbar, dass die ersten Drei Opfer nicht wirklich viel damit zu tun hatten, außerhalb dass sie eine Chance gesehen haben, etwas aus ihrer Investition zu machen. Wenn es dann den wahren Schuldigen an den Kragen geht, genießt man einfach das Spektakel. Erst als es dann um die letzten Überlebenden geht, hat sich bei mir eine Hoffnungs- und Ziellosigkeit breit gemacht. Es gibt nichts was man gegen den Killer machen kann und die mutwillige Zerstörung hat es auch unmöglich gemacht, die Wahrheit an den Tag zu bringen. Da habe ich langsam aufgehört, mit dem Film mitzufiebern. Als Amir stirbt, einer der wenigen Charaktere, die mir wirklich sympathisch waren, habe ich es einen Moment schon wieder vergessen oder einfach abgetan. Es gibt dann noch ein gewisses Happy End, das einen dann einfach nicht mehr erreicht.
                              Handwerklich ist der Film gut. Die Schauspieler füllen alle ihre Rolle gut aus, besonders Adam Lundgren als Jonas, war wirklich herausragend. Von einem möchtegern Patrick Bateman, der gerne alles überspielt aber innerlich an den kleinsten Hürden zerbricht. Auch die Protagonistin war ganz interessant, wie sie sich wieder in den alten Lebensraum herantastet und wieder merken muss, warum sie damals wohl krank geworden ist. Ich hätte es schön gefunden, wenn man da noch mehr drauf eingegangen wäre, aber das ist schon okay. Der Schnitt und die Kamera arbeiten toll zusammen und bringen nicht nur die Lustigen, sondern auch die gewaltsamen Bilder zum Leben. Als Slasher ist er akzeptabel, aber nicht herausragend. Man hat das Gefühl das sie das Genre irgendwie subversieren wollten, dann aber am Ende doch bei einem klassischen Vertreter des Genres geendet ist. Deswegen fühlen sich der Film teilweise auch etwas gespalten an, weil das eine nur peripher mit dem anderen zu tun hat. Aber wenn man ein Fan des Genres ist oder sich auch einfach mal wieder einem netten Slasher hingeben will, ist man mit Konferensen nicht schlecht bedient.

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                              • 8

                                Ich interessiere mich überhaupt nicht für Tennis. Ich hatte mal eine Phase als ich von Mario Tennis auf dem Gameboy und N64 nicht genug bekam, aber das wars dann auch schon. Deswegen ist der Film auch lange unter meinem Radar geflogen. Aber ich bin sehr froh, dass ich es jetzt nachgeholt habe.
                                Der Film spielt Anfang der 70er Jahre. Eine wilde Zeit, in der Frauen sich endlich erhoben und gleiche Rechte gefordert haben. Der Sexismus des Films kommt einem heute schon fast cartoonisch vor, aber ich denke das es nicht zu fern ab vom schuß ist. Ich erinnere mich noch an die 90er, und damals war das nach wie vor Realität. Ausschlaggebend für die Geschichte ist ein viel zu geringes Preisgeld, das die offizielle Tennisvereinigung für die Frauen bereitstellt, obwohl sie genau so viele Sitze füllen wie die männlichen Konterparts. Da ist es schön, dass ihr Sprung ins Ungewisse auch gleich entlohnt wird. Aber natürlich ist alles nicht so einfach, und der eh schon steinige Weg wird durch immer wieder neue Attacken nur umso rauer. Da kann es auch mal sein das man stolpert und ins straucheln gerät. Nur das es hier nicht um eine kleinigkeit geht, sondern allem was sie dort machen, enorme wichtigkeit auferlegt wird. Es ist nicht nur ein Spiel, es ist ein Symbol um etwas zu beweisen. Das lockt natürlich auch Trolle aus ihren Villen heraus. Bobby Riggs ist ein alter Tennis Champion, der den Ruhestand und in die einhergehende Ruhe nicht ertragen kann. Er nimmt sich das Thema aus seiner Welt an, und stellt sich voll auf eine Seite. Nicht weil es ihm wirklich was bedeutet, sondern einfach nur damit er glänzen kann. Aber er spielt die Rolle des Machos wirklich gut und so wird dann nach einem symbolischen Sieg seinerseits eine Revanche gefordert, die er sich nicht nehmen lassen will. Nur hat er nicht mit Billie Jean King gerechnet, für die es eben um mehr geht, als nur Sponsoreinnahmen. Ihr ist es bewusst was dieses Spiel viel mehr ist, als nur ein Spiel. Es geht darum, ernsthaft genommen zu werden und zu beweisen das das Geschlecht, nachdem immer noch so harsch getrennt wird, kein Faktor sein muss.
                                Das ist die Geschichte in groben Zügen, die viel mehr ein Vehikel ist, um den Plot voranzutreiben. Die wirklich wichtigen Dinge passieren dazwischen. Den Battle of the Sexes ist viel mehr eine Charakterstudie, als ein simpler Film über ein historisches Ereignis. Obwohl der Symbolismus und der Kampf um Anerkennung immer über allem schweben, geht es doch viel mehr um das, was die Menschen dahinter bewegt und berührt. Billie Jean King ist komplett von Tennis besessen. Nichts anderes hat Raum in ihrem Leben, nicht mal ihren Mann. Doch über den Film entdeckt sie eine vergrabene Wahrheit, die sie auf eine neue Art und Weise, das Leben erleben lässt. Und die Beziehungen, die sie pflegt, sind wirklich schön erzählt. Man lernt Billie Jean, Marilyn und Larry kennen. Fühlt man erst viel Mitleid mit ihrem Mann und mit Billie Jean, da sie die akzeptable Lüge leben muss, statt ihr wahres Gesicht zu zeigen. Merkt man über den Film hinweg, dass die beiden eine ganz andere Liebe teilen, bei der vielleicht die körperlichen Aspekte gar nicht so wichtig sind. Larry ist ihr Fels in der Brandung und er ist auch bereit Himmel und Hölle für seine Frau zu bewegen. So wirken dann auch Marilyn und ihre Beziehung zu Billie Jean valide. Es ist eine andere, viel emotionale Liebe, die einerseits tiefer, aber flacher liegt als die von Larry. Aber auch Bobby wird toll inszeniert. Beim Spielen mit seinem jungen Sohn, beim Wetten mit seinen Kumpels und der tiefen Liebe, die er zu seiner Frau empfindet, die leider durch sein manisches Verhalten leidet. So merkt man auch den Schmerz in ihm, als sie ihn rausschmeißt und wie er das Loch durch Publicity und Vitamintabletten stopfen möchte. Und obwohl Bobby am Ende gegen King verloren hat, steht er mit seiner Frau an der Seite doch als Gewinner da.
                                Handwerklich ist der Film herausragend. Der Soundtrack besticht aus guten Titeln der Zeit und tollen, intensiven eigen Kompositionen. Die Szenen, Montagen und der Schnitt geben dem Film einen richtig tollen Drive. Die Kamera möchte ich dabei nochmal hervorheben, die es in der Totale des Tennisplatzes, oder der Nahaufnahme eines Armes immer genau die wichtigsten Aspekte einfängt. Die Szenen werden mit so einer aufgeschlossenen und zärtlichen Art und Weise inszeniert, die einem auch wirklich nah geht. Auch wenn ich so weit entfernt von der Situation von Billie Jean King bin, konnte ich doch wirklich großartig mit ihr mitfühlen, genauso auch mit Bobby, und selbst Larry. Es hilft natürlich auch, dass die Protagonistin von einer der besten Schauspielerinnen unserer Zeit gespielt wird: Emily/Emma Stone. Sie kann eine Bella Baxter und auch Whitney aus the Curse perfekt zum Leben erwecken. Und hier geht sie komplett in ihrer Rolle auf, in einem Spiel das ich bei ihr so noch nie gesehen habe und wahrscheinlich stark an den manierismen von der echten Billie Jean King inspiriert wurde. Auch Steve Carell geht hier komplett in den dauernd manischen Bobby Riggs unter, sodass man schnell vergisst dass dort die selbe Person ist, die auch Michael Scott gespielt haben soll. Wo Scott die Energie aus dem Raum gezogen hat, zieht Bobby sofort alle Blicke auf sich und lädt den Raum und die Menschen mit seiner unbändigen Energie auf. Aber auch die anderen Schauspieler leisten ausgezeichnetes und runden den Film richtig ab.
                                Battle of the Sexes ist ein wirklich schöner Film, der auch außerhalb des Klappentextes eine wunderschöne Erörterung über das Menschsein inszeniert. Wenn ihr von dem Film noch nichts gehört habt, aber jetzt interessiert seid, dann schaut ihn euch an. Für mich ist es ein kleines Hidden Gem, der normalerweise komplett außerhalb meines Radars liegt, aber mich komplett überzeugt hat.

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                                • 3 .5

                                  Ich hab den Original Film nicht gesehen, deswegen kann ich nichts Vergleichendes dazu sagen. Aber man merkt schon sehr, dass Pelham 123 ein Film seiner Zeit ist und das auch jedem klar machen möchte. Von der Musik, zu der Kamera und vor allem am Schnitt trieft der Film nur so von den Ausdünstungen der 2000ern. Leider ist das ganze nicht charmant, sondern fühlt sich wirklich wie ein Aufguss von all den Aspekten der Bildsprache der Zeit, die man heute zurecht vergessen hat. Unmengen von Slowmotion-Aufnahmen, die das Bild verwischen lassen und alles auf 2 Frames pro Sekunde unterbricht. Statt mehr zu zeigen, wofür Slomos eigentlich da ist, sieht man noch weniger. Das wird auch nicht besser durch die schnellen Schnitte und Edgy Einstellungen, die eine gewisse Coolness rüberbringen soll, mich aber nur mit Fremdscham erfüllen. Zugegebenermaßen, reagiere ich auch sehr allergisch auf genau diese Aspekte. Am schlimmsten dabei ist das Intro, aber auch ab davon, lassen sie gerade bei den Übergängen nicht davon ab. Die Edginess des Films hat auch keinerlei Augenzwinkern. Der Film ist nicht nur “cool” geschossen, er soll auch aus “cool” wahrgenommen werden. Und hier hat der Film mich leider etwas verloren und auch immer mal wieder herausgezogen. Wenn euch diese Art der Bildsprache gefällt oder auf wohlige Nostalgie zurückwirft, kann ich das auch gut verstehen, meins war es nicht.
                                  Die Geschichte wurde auch scheinbar etwas geupdated. Ein Post 9/11 New York ist eben etwas anderes, zynisches. Es gibt einen Nihilismus, der sich durch den Film zieht und an der aufgesetzten Coolness zerschellt. Klar ist es auch interessant, wenn der Held der Geschichte nicht perfekt ist. Nur fühlt sich nichts davon wirklich so an, wie es die Filmschaffenden wahrscheinlich erhofft haben. Auch die Aussagen des Bösewichtes, der die Schuld von sich abweist und sie dem Saat und er Stadt zuschreibt, sind einfach lahme Stammtischparolen. New York hat genügend Probleme, aber dass ein Wall Street Dude das Opfer sein soll, auch wenn nur aufgesetzt, hat hinten und vorne nicht funktioniert, und somit auch all die guten oder interessanten Punkte, die er gebracht hat, zunichtegemacht. Natürlich haben solche Institutionen große Wirkung auf die Gesellschaft, aber deswegen die eigene Schuld von sich abzustreifen und das Morden und Rauben zu relativieren funktioniert halt einfach nicht. Die Ernsthaftigkeit beißt sich dann ab Ende selbst in den Schwanz. In so einer geerdeten Welt wäre Denzel am Ende nie hinterher gerannt. Er kann noch nicht mal wirklich mit einer Waffe umgehen und er möchte sein Leben in Gefahr bringen, für was? Er ist kein Cop, der den Bösewicht die ganze Zeit schon sucht und nicht entkommen lassen möchte, der vielleicht von seinem Gerechtigkeitsgedanken so weit getrieben wird, dass er auch dafür bereit ist, andere Leute in Gefahr zu bringen. Er ist ein Bürokrat, der mit seiner Aktion vielleicht unzählige Menschen und auch seine Familie in Gefahr gebracht hat. Vor allem weil eine seiner Entwicklungen innerhalb des Filmes die nähere Beziehung zu seiner Familie ist, macht das ganze noch weniger Sinn. Auch all das Grandstanding von Ryder verpufft am Ende. Ich verstehe auch nach wie vor den Plan nicht wirklich, also nur wenn die Gangster auch wirklich bereit waren, dafür zu sterben. Luiz Guzman hat ja nicht wirklich erwartet, wieder herauszukommen, er hat dies für andere Gründe gemacht, als das Geld. Aber was haben sie sich davon erwartet? Der Twist mit dem Gold ist dann wieder ganz nett, aber auch hier hätte ich mir etwas mehr gewünscht. Zum Beispiel, dass man ein Familienmitglied der Gangster sieht, die gerade mit der Aktion viel Geld generieren und das mögliche Opfer des Täters respektieren. Dabei ist die Geschichte an sich interessant und teilweise auch gut inszeniert. Aber all die Punkte werden dann am Ende für ein sehr mittelmäßiges Finale über den Haufen geworfen. Und leider muss man zugeben, dass es davor auch schon nicht besonders gut war. Auch wenn die Szene mit dem Polizeikonvoi recht cool inszeniert war, fragte ich mich, wie die Polizei oder Krankenwagen sonst durch New York kommen ohne sich unzählige Male zu überschlagen.
                                  Der Kern der Geschichte ist gut und damit kann man auch was cooles machen, aber die Geschichte und Charaktere sind so unausgegoren, der Stil so aggressiv 2000er, dass die paar guten Momente im restlichen Schlonz des Filmes untergeht.

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                                    Nebenniveau 10.05.2024, 11:21 Geändert 11.05.2024, 15:16

                                    Erst einmal vorweg: The Curse ist keine wirklich spaßige Show und kann schon mal viel von einem abverlangen. Und das alles mit so einer gnadenlosen Geradlinigkeit, die sich durch die schwachen und ständig bröckelnden Fassaden frisst. Safdie und Fielder brillieren in dieser Art von Storytelling. Eine schonungslose Nahbarkeit, die alles bis zur Schmerzgrenze offenlegt. Die diese schwachen Barrieren aufbricht und auf unangenehme Art und Weise auch zu recht Empörung hervorruft. Die Komik entsteht aus der absolut nachvollziehbaren und realistischen Absurdität. Aber wie schon gesagt, manchmal kann die Serie sehr sperrig und schwerfällig sein. Aber das mit persönlich gar nichts ausgemacht. Ich mag Shows und Konzepte, die einen auch mal sehr unangenehme Gefühle verspüren lassen. Und davon hat die Serie genügend. Dazu ist die Show auch sehr dicht an Themen und konflikten, die grandios mit jeder Szene vertieft werden. Aber ich kann verstehen, wenn die Serie nicht jedermanns geschmack ist.
                                    In The Curse geht es um Whitney und Ash, die gerade versuchen eine Show über Passive Häuser für ein großes amerikanisches TV Netzwerk zu produzieren, in der Hoffnung, dass man eine ganze Staffel bekommt. Damit wollen die beiden nicht nur klimaneutrale Häuser anpreisen, sondern auch gleichzeitig auf Espanola aufmerksam machen, der Ort, an dem die Häuser alsbald stehen sollen. Dabei hilft Dougie ihnen, ein TV-Produzent Veteran und alter Freund von Ash. Das ist erst einmal das grobe Grundkonzept, das als Vehikel für die Serie funktioniert. Denn in Wirklichkeit dreht sich The Curse viel mehr um die Menschen, Beziehungen, Kunst, Nachhaltigkeit, Heuchelei, Missgeleitete Intentionen inmitten eines White Savior Complex. Über Kompromisse, die während der Entstehung der Show gemacht werden müssen, und solche, die aus einem übersteigerten Ego entstehen oder zerbersten. Mit einem brutalen und schonungslosen Blick hinter die Kulissen von solchen Produktionen und vor allem in die komplexen und zermürbenden Innenleben der Protagonisten.
                                    Handwerklich ist die Serie auf ihrem ganz eigenen Niveau. Das Drehbuch ist von absolut feinsten und nimmt mit einer großartigen Schonungslosigkeit die Charaktere und Motivationen auseinander. Dabei gibt es viel Raum für Interpretationen in den zwischenräumen und vor allem in den Worten die nie ausgesprochen werden. Diese werden absolut fantastisch von dem Cast getragen, bei dem die Show keine einzige Schwäche zeigt. Allen voran natürlich Emma Stone, Nathan Fielder und Benny Safdie. Sie bringen die Charaktere mit so einer Zärtlichkeit und Tiefe zum Leben, und scheuen sich auch nicht davor zurück zum absoluten Abschaum der Menschheit zu mutieren. Denn in The Curse gibt es eigentlich keinen Charakter, an den man sich festklammern kann. Selbst wenn man vielleicht aspekte von Ash, Whitney oder Dougie wertschätzen kann, bekleckert sich hier keiner mit Ruhm, da allesamt von übersteigerten Egos, Ängsten und Zweifeln zerfressen wird. Das wird auch toll durch den besonderen Soundtrack hervorgehoben, welche sich niemals in den Vordergrund drückt, aber das Stimmungsbild immer perfekt einfängt. Aber einen der größten Stars der Show habe ich noch gar nicht angesprochen: Die Kamera! Durch deren Linse betrachtet man als Zuschauer das Geschehene, immer von weit weg, gerne auch mal von außen oder durch spiegelungen verzerrt, doch gleichzeitig auch schonungslos nah. Das gibt einem ein unangenehmes Gefühl des Voyeurismus, der gerade in den verletzlichen Momente der Charaktere eine gewisse Scham, das aber auch ständige Faszination im Zuschauer erweckt. Ganz zu schweigen von den interessanten Einstellungen, die dabei gefunden werden, die nie auf althergebrachten und funktionierenden Rezepte basieren. Besonders interessant ist es, wenn der ferne, kräuselige Blick durch die HD Kameras der Show gebrochen wird, wo alles in so krassen Farben und Klarheit besticht, dass es schon weh tut. Eine Schärfe, die unrealistisch wirkt, auch ohne das Wissen darüber, wie die Wurst gemacht wurde, was auch kein schöner Prozess ist.

                                    Ich empfehle jedem, der keine Angst davor hat, von einer Serie etwas abverlangt zu bekommen, hier aufzuhören und die Show einfach anzuschauen. Wenn man die 10 Episoden durchhält, bekommt man etwas ganz besonderes geboten, das ich so sonst noch nirgendwo gesehen habe. Ab hier geh ich etwas tiefer auf die Show ein und es gibt Spoiler.
                                    Ash ist ein Feigling. Ein Mann mit großer Angst davor, alles zu verlieren. Der sich lieber anpasst und etwas falsches tut, statt den Status Quo herauszufordern. Das wird erst gebrochen, als Whitney ihn dazu zwingt, seine Sünden vorzulegen, um von ihren eigenen abzulenken. Und auch wenn er es selbst als eine Verbesserung sieht, ist es doch sein altes Laster in sich umgestülpt. Aber Ash weiß das er ein Feigling ist, das er wenig Selbstvertrauen hat. Und das ist etwas, das dann im Verlauf der Serie auch zunimmt und ihn als Charakter festigt. Nur lernt er anstatt stärker ein Individuum zu sein, etwas Festes zu werden, sich lieber komplett aufzulösen und nur noch ein hohles Gefäß zu sein. Genauso wenig wie er verstanden hat, das er damals von Dougie und seinen Freunden gebullied wurde, versteht er nicht, dass sich komplett aufzugeben auch nicht der richtige Weg ist.
                                    Whitney ist eine Heuchlerin. Geboren mit Geld und Einfluss, möchte sie nun ihre Privilegien nutzen, um etwas Gutes der Welt zurückzugeben. Dabei kaufe ich ihr viele gute Intentionen auf jeden Fall ab. Ich bin mir sicher, dass sie an das Konzept von Passive Homes glaubt und auch, dass sie im Kern Espanola und der indigenen Bevölkerung helfen möchte. Aber ihr Ego ist dann doch größer als jegliche Intentionen. Denn eine Utopie soll allen gehören, und nicht nur den Menschen, die sie für richtig hält, ab da ist es keine Utopie mehr. Und auch wenn sie sich gerne als Künstlerin sieht, fehlt ihr das Verständnis von Kunst, wahrscheinlich weil es ein Fünkchen von Selbstreflexion abverlangt. Das macht ihre Szene mit Cara auch so schmerzhaft. Ohne die Selbstreflexion versteht sie auch das Problem mit dem Geld ihrer Eltern nicht. Erwirtschaftet auf dem Leiden von armen Menschen, kann ich verstehen, warum sie nichts damit zu tun haben will. Aber genau für sowas gibt es den Spruch “Check your privileges”. Denn auch wenn sie sagt, dass es nur ein Lohn ist, möchte ich eine Bank sehen, die einem einfach mal 40.000$ zusteckt. Whitney ist auch ein Paradebeispiel von einem weißen Liberalen Amerikaner. Die Worte wiegen mehr als Taten. Ideale sind wichtig und richtig, aber sie übertrumpfen nicht das Ego. Im Kopf wird ein Paradies aufgebaut, indem jemand nicht gleich ins Gefängnis soll, wenn man mal eine Jeans stiehlt, aber dann die falschen Schlüsse zieht, um das Bild des Paradies nicht zu stören. Da gibt es auch keinen Raum dazwischen oder Kompromisse. Whitney nimmt sich zu 100% ernst und es nichts, was daran rütteln könnte, denn so jemand hat auch die komplette Wahrheit verstanden, auch wenn sie weltfremd ist. Sie kann sich gar keine andere Welt vorstellen, weswegen sie die Verwandlung und das gegen Ash stellen auch mit der gleichen Ernsthaftigkeit annimmt. Sie kann die Maske nicht ablegen, da diese zu schnell ihr altes Gesicht unter einer weiteren Schicht begräbt.
                                    Dougie ist ein alter Freund von Ash und Fernsehproduzent mit sehr flexibleren Moralvorstellungen, den der Zweck heiligt jegliches Mittel. Wenn man mit Schockmomenten Blicke auf sich ziehen kann, dann ist das richtig und gut. Das macht ihn auch zu einem guten Opportunisten, der seine niederträchtige Persönlichkeit kaum versteckt, aber gut verstellen kann. Sein ganzes Leben hat ihm gezeigt, dass er mit Manipulation und charm überall hinkommen kann. Einzig das Thema seiner Frau lässt sich nicht mit der Philosophie vereinigen, auch wenn er hundert verschiedene Ausreden über die Jahre angesammelt hat, welche die Schuld immerhin für einen Moment unterdrücken kann. Da er sich keine Fehler eingestehen kann, trinkt er natürlich immer noch fröhlich vor sich hin, um Tag um Tag wieder zu beweisen, dass er nicht schuld daran ist. Ein Gerät im Handschuhfach gibt ihm Absolution, wenn er dann auch wirklich das Auto stehen lässt. Man merkt den ständigen Konflikt in ihm, den er dann eben gern in Glücksspiel, Alkohol oder irgendwelchen absurden Aktionen unterdrücken lässt. Er besteht quasi nur noch aus Narbengewebe und das weiß er auch. Deswegen wünscht er sich wahrscheinlich nichts sehnlicher, als dass ihn jemand demaskiert, das ihn wieder etwas spüren lässt, und wenn es ein Fluch eines kleinen Mädchen ist.
                                    Da gibt es noch Cara, eine Künstlerin die persönliches wie auch kollektives Leiden als Native American mit Kunst ausdruck verleihen möchte. Eine wahre Künstlerin, die sich viel Gedanken über ihre Werke macht, und auch gern mal abstrakt wird. Ob es nun die rassistischen Darstellungen in irgendwelchen Memorabilia ist, oder eine Performance Art in einem Tipi. Sie muss sich aber dennoch den Gegebenheiten unterstellen, und so auch mit Whitney über Kunst diskutieren, obwohl sie es klar nicht verstanden hat, oder einem wahnwitzigen Millionär ein Lächeln schenken, damit man über die Runde kommt. Ich find ihren Charakter wirklich schön gezeichnet, und eine von den wenigen, die man wirklich mögen lernt und ihre Geschichte ist auch wirklich schön und zärtlich erzählt, nicht nur als Kontrast zu Whitney und ihren Ambitionen, sondern auch für sich als toller Ausdruck einer Künstlerin und ihren Werken. Die selbst am Ende, mit dem Aufgeben der Kunst als künstlerische Aussage nochmal für Aufsehen sorgt, das immer noch über Whitneys Kopf geht.
                                    Apropos Ende, das Finale der Show ist eines der Verstörendsten, das ich je gesehen habe und das mich auch nach Wochen nicht losgelassen hat. Und auch wenn die Show eigentlich sehr geerdet ist, und man meinen müsste, das der Gravitationswenschel einen ziemlich aus der Bahn schmeißen sollte, passt es doch wunderbar in das unterschwellige Brodeln hinein. Auch wenn sich alles übernatürliche in dem Film einfach erklären lässt, oder in so mondäner Art und Weise rüberkommt, wird am Ende alles nochmal über den Haufen geworfen. Die Kamera und damit auch der Zuschauer werden zu mehr als nur Voyeuristen. Wir schauen durch die Augen einer Entität, die scheinbar das unmögliche Wahr machen kann. Fast wie ein Fluch, den man auf sich gezogen hat, weil man auf einem Indianerfriedhof gebaut hat. Die Wirkungen davon sind über die ersten 9 Episoden sehr klein und das, was die Charaktere machen und wie sie aufeinander reagieren, überflügeln die Wirkungen dieser. Doch das Fallen nach oben sieht dann anders aus, erst einmal etwas abstrus und lächerlich, entwickelt es sich schnell zu einer absolut grauenhaften Situation, aus der man nicht entkommen kann. Denn keiner der Charaktere: Ash, zu Whit, Dougie oder auch die Feuerwehr und Nachbarn verhalten sich falsch. Und das macht das Ende so viel tragischer. Ash hat endlich das geschafft, was er immer haben wollte, und es kann nichts geschehen, das er dies genießen kann. Im ohrenbetäubenden kreischenden Wind fleht er verzweifelt, bis ihm langsam das Lebenslicht erlischt und er soweit getragen wird, bis Gravitation keine Rolle mehr spielt und er sich langsam in die Ewigkeit des einsamen Raumes dreht. Die ganze Episode ist ein Meisterstück: von der unangenehmen Morgenshow, zum Promoten der Show. Zu dem großen Geschenk das nicht die erwartete Wirkung zeigt, bis zum Stolpern nach oben, bei dem niemand weiß was wirklich passiert. Die Symbiose aus der Situation, der Kamera, der Musik und vor allem dem großartigen Schauspiel von Fielder und Stone, erschaffen ein wahres Gefühl einer tief vergrabenen Angst. Und es lässt alle Charaktere gezeichnet davon zurück, sogar den sonst so stoischen Dougie, der sich in dem Moment nicht von seinen Schuldgefühlen verstecken kann. Ein außergewöhnliches Finale, das die außergewöhnliche Serie noch überflügelt und den Zuschauer zer- und verstört zurücklässt.
                                    The Curse ist eine sehr besondere und andere Show, die sicherlich nicht jedermanns Geschmack trifft. Bennie Safdie hat mit seinem Bruder ein paar der heftigsten und nahbarsten Filme unserer Zeit gemacht. Und Nathan Fielder ist dafür bekannt, unfassbar awkward zu sein und den Straight Men bis zum maxim auszureizen. Beide sind auch bekannt dafür, keine Gefangenen zu machen und auch die Schmerzgrenze gerne mal zu übertreten. Es ist schön, dass sie sich in diesem Werk gefunden haben und gemeinsam ihre Stärken ausspielen. Zusammen mit einem großartigen Cast, einer interessanten Bildsprache, unzählig schweren Themen und einer sehr dezenten aber in sich starken Geschichte, ist the Curse etwas Besonderes, Einzigartiges, das sich mit keiner anderen Serien vergleichen lässt.

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                                      Die Trisolaris Trilogie stand schon lange auf meiner Leseliste. Jetzt sind mir Netflix und Benioff und Weiss zuvorgekommen. Deswegen kann ich jetzt nichts über die Serie als Adaption sagen. Aber als großer Sci Fi Fan freue ich mich natürlich, wenn neue, interessante Geschichten und Konzepte erzählt werden, auch wenn das Track Record von Benioff und Weiss mich natürlich eher vorsichtig stimmen. Die Review enthält Spoilers.
                                      Viele Aspekte von 3 Body Problem sind faszinierend. Sonderbare Vorkommnisse, die sich jeder Erklärung widersetzen. Ob es der Countdown ist, der bei manchen Leuten erscheint, ein sonderbar immersives VR-Erlebnis oder das Aussetzen von physikalischen Regeln. Damit kann man richtig viel machen, und das machen sie auch.. Aber das alles wird in so ein enges Korsett um die Charaktere gespannt, dass es sich teilweise weniger als eine globale, menschliche Geschichte anfühlt, als vielmehr etwas, das genau diese Freundesgruppe betrifft. Ich verstehe nicht, warum sie alles so engmaschig miteinander verbinden. Wenn es verschiedene Menschen auf dem Planeten wären, die nur peripher miteinander zu tun haben, wäre das alles glaubhafter und hätte eine viel bessere Gravitas. Es ergibt auch keinen Sinn, dass die Charaktere teilweise nicht miteinander reden oder nur passiv aggressive Kommentare zuwerfen. Es wird auch nicht besser durch die flachen Charaktere. Mir kam die Charakterisierung schon in der ersten Folge sonderbar vor und ich habe gehofft, dass es einfach nur etwas holprig ist, um einen Schnellstart loszulegen. Aber wenn eines der ersten Sachen, die man über Saul erfährt, dass er von sich enttäuscht ist, dass er die Physik nicht revolutioniert hat, und nun schon über 30 Jahre alt ist, fühlt sich das, wie dieser Satz, sonderbar aufgesetzt an. Aber noch viel Schlimmer ist es mit Auggie. Sie ist von Anfang an gestresst, was man auch nachvollziehen kann, aber ihr Charakter entwickelt sich niemals darüber hinaus. Und gerade die Beziehung der beiden hat für mich so gar keinen Sinn gemacht und vor allem in der passiv aggressiven Art und Weise auch eher genervt. Sagt halt einfach was los ist, anstatt irgendwelche Vorwürfe durch die Blume zu schreien.
                                      Und das muss nicht heißen, dass die Charaktere immer super deep sein müssen. Man kann auch mit flachen Charakteren arbeiten, die dann eben nur ein Medium und Vehikel für die Geschichte sind. Aber in dieser Show wird so viel Wert auf die Charaktere und ihre Beziehungen gelegt, dass man sie einfach nicht ignorieren kann. So viel Zeit wird durch nerviges Melodrama gefüllt, was weder interessant noch spaßig ist. Es erinnert mich an Sense8, das auch ein interessantes Konzept hatte, aber dann komplett daran gescheitert ist, da es im Kern eine Seifenoper sein wollte. So schlimm ist es hier noch lange nicht, aber mit jedem weiteren Melodrama Konflikt hat sich mein Interesse an der Geschichte und an den Charakteren verloren, sodass ich am Ende eigentlich nur drei der unzähligen Charaktere mochte. Die Charaktere und Beziehungen werden auch nicht genutzt, um etwas über den Mensch Sein zu erörtern, dafür ist alles gleichzeitig zu flach und zu spezifisch. Vielleicht reagiere ich da auch einfach etwas allergisch, aber ich komme einfach nicht mehr so gut mit Serien zurecht, die mich als Zuschauer nicht respektieren und meine Zeit liebend gerne verschwenden, für irgendwelche billigen Taschenspielertricks.
                                      Die Geschichte an sich hat schon einiges, das für sich spricht. Aber im Verlauf der Serie fühlt sich manches etwas befremdlich an. Im Allgemeinen bin ich mir bis zum Schluss nicht sicher, was die Organisation erreichen wollte. Sie wollen Leute rekrutieren, um die Wissenschaft zum Stehen zu bringen, damit die San-Ti es hier schön haben? Wozu? Was will die ETO eigentlich? Was ist ihr Ziel? Es ergibt noch Sinn, als sie die San-Ti als LORD (was ich übrigens sehr schön fand, da genau so Gott in der Bibel immer genannt wird) und als Heilsversprecher. Aber warum? Gerade Yen Wenjie hat sie damals gerufen, in einem verzweifelten Akt, die Menschheit vor sich selbst zu retten, auch wenn es vielleicht einhergehend mit der absoluten Zerstörung. Eine Frau, die hart von der Kulturrevolution gebeutelt wurde, und in fernen Wesen eine Absolution erhofft. In welche Richtung sie gehen soll, verstehe ich bis jetzt noch nicht. Wollte sie, dass die Menschen von den San-Ti ausgerottet werden? Oder dass sie die Zügel der Menschheit in die Hand nehmen? Ich verstehe auch nicht das massive Gottvertrauen, dass sie und die Organisation und ihre Anhänger haben. Woher kommt dieses Grenzenlose Vertrauen? Auch aus Evans seinen Motivationen werde ich nicht ganz schlau. Ich bin auch kein Fan davon, wie die Organisation mitten in der Staffel zerschlagen wird. So fühlen sich so viele Aspekte, die vor allem am Anfang der Serie viel Aufmerksamkeit genossen, plötzlich überholt an. Und auch wenn die Szene mit den Nano Strängen sehr beeindruckend war, lässt es ein sonderbar, befremdliches Vakuum zurück,
                                      The Last Starfighter ist zwar kein cineastischer Triumph, aber das Konzept mag ich nach wie vor. Deswegen finde ich in den Grundzügen die Idee mit der immersiven virtuellen Erfahrung ganz interessant. Es ist halt alles andere als sneaky, dass man solch komplexe Technologie einfach an alle möglichen Leute verschenkt. Es würde viel mehr Sinn ergeben, wenn die Rekrutierung einfacher funktionieren würde, und erst ab einem bestimmten Punkt die Headsets ins Spiel kommen würde, um die begeisterten Anhänger dann endgültig zu überzeugen. Ich werde auch immer noch nicht ganz Schlau daraus, was das Ziel des Spieles ist. Wollen sie die cleversten Menschen um sich herum scharen, um ein Problem zu lösen? Aber warum möchte sie manche klugen Köpfe und andere werden via Countdown ausgeschaltet? Oder einfach nur, um verstanden zu werden? Auch versteh ich die Hierarchie der Level nicht ganz. Ich hab angenommen das das Ziel von Anfang an war, die Leute zu retten, und nicht nur etwas, das man später erst herausfinden muss. Es wird auch viel zu wenig auf andere Lösungsansätze geschaut. Es gibt eine Holzhammerlösung die mit einer erkenntnis einhergeht. Aber ist das wirklich immer die beste Lösung? Wie wäre es damit, eine Zivilisation aufzubauen, welche vielleicht sicherer von den Kataklysmen ist. Von mir aus in der Erde oder sowas. Ich bin mir auch immer noch nicht wirklich sicher, was der Zweck der ganzen Aktion war. Es ging den San-Ti doch darum, den Wissenschaftlichen Fortschritt zu sabotieren. Warum rekrutieren sie dann wissenschaftler? Was sollen sie denn machen? Mir waren auch viele Aspekte der Organisation nicht wirklich ersichtlich. Auch das sie Jack umgebracht haben, war einer der Hauptgründe, warum alles so sehr aus dem Ruder geraten ist. Das ganze wird bis zum schluss nicht klar, und lässt auch die ganze Erfahrung noch viel stärker vom Rest der Show getrennt anfühlen.
                                      Dann gehen wir mal zur San-Ti über. Sie haben zwei Deus Ex-Machina Maschinen zur Erde geschickt, die alles machen können. Sie können alles überwachen, alles sehen und alles verstehen. Bis auf die Gedanken im Kopf. So weit so gut. Es stößt nur leider Tür und Tor auf, für unzählige Plotholes. Sie können im grunde alles machen! Was hält sie davon ab, die Wallfacer einfach via einem Schock im Hirn oder das verschieben von Molekülen zu manipulieren. Sie können ja überall sein und alles sehen, und auch krasse Wahnvorstellungen hervorrufen. Wahrscheinlich ist es im Buch limitierter, aber hier habe ich keinen Zweifel, das sie einfach alles machen könnten, wenn sie wollten. Und damit geht auch noch etwas anderes einher, wie ist ihnen nicht aufgefallen das Menschen lügen können? Gehört zum gewissen abstrahieren auch die Lüge? Steckt nicht ihr VR-Erlebnis voller Metaphern oder eben versteckten Wahrheiten. Sollte das auch nicht unmöglich für sie sein? Wie kann es sein, das es eine Iteration von Rotkäppchen gebraucht hat, bis sie das endlich verstanden haben? Und warum gibt es dann den großen Umschwung? Was ist überhaupt ihr Ziel? Wenn sie wirklich die Entwicklung der Menschheit stoppen wollen, können Sie das doch ohne Probleme machen, sie haben eine Deus Ex Machina Maschine. Klar ist ein Vertrauensbruch da, und das bringt Zweifel mit sich, aber was war die erste Motivation von ihnen? Wollten sie wirklich eine friedliche Koexistenz? Das wird ja nie wirklich angesprochen, aber sie können ja auch nicht Planen oder Lügen… Vielleicht wird das später noch aufgeklärt. Ich mag das Konzept der Wallfacer. Ich bin mir nur noch nicht sicher, wie sie das in den nächsten Staffel interessant umsetzen können. Denn sobald eine Idee den Kopf verlässt, ist es kein Geheimnis mehr.
                                      Handwerklich ist die Serie okay. Manche Szenen, wie die zur Kulturrevolution, die Teilchenbeschleuniger, virtuelle Welt oder die zuvor schon angesprochene Schiffszene, sind herausragend. Der Soundtrack und die Klangkulisse sind ebenfalls gut. Aber teilweise verliert sich etwas der Fokus. Wenn man in die Virtuelle Welt eintaucht, welche sich anfühlt, wie das echte Leben, kommen einem Kamerafahrten oder Einstellungen die nicht aus der Perspektive des Heimträgers stammen, besonders befremdlich und Immersion Brechend an. Das Drehbuch und die Schauspieler hingegen sind etwas durchwachsen. Ich hatte oft das Gefühl, das sie nicht genau wissen, worauf sie den Fokus legen wollen. Das die Show an allen Ecken und Enden von überschüssigen Fett nur zu stotz. Und das die interessanten Konzepte und Konflikte darin leider ab und zu untergehen. Solche Aspekte, das Auggie von dem Schiff traumatisiert ist, ist an sich toll, aber ihr Charakter ist schon von Anfang an so einseitig, das ich die veränderung nicht wirklich als solche wahrgenommen habe. Die Schauspieler versuchen auch allesamt das mittelmäßige Drehbuch zum Leben zu erwecken, aber scheiterte leider daran. Nicht das die Schauspieler schlecht sind, ihre Rollen geben einfach nichts her. Da stechen aber eben die, die etwas besser sind, besonders heraus. Gerade Zine Tseng macht einen fantastischen Job, als geniale aber brutal desillusionierte Wissenschaftlerin Je Wenije. Aber solche vielschichtigen und interessanten Darstellungen gibt es leider nur selten in der Serie, was sehr schade ist. Aber leider gehen die gute Aspekte in dem Rest unter, was zumindest die erste Staffel der Serie nicht empfehlenswert macht.

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                                        Cool Runnings ist ein Film den ich meiner Kindheit sehr gerne angeschaut habe. Das Konzept der Underdogs, die sich gegen jegliche Widrigkeiten stellen und dann am Ende doch oben herauskommen, funktioniert bei mir einfach und ich denke, damit bin ich auch nicht allein.
                                        Die Atmosphäre des Films ist wirklich toll. Jamaika fühlt sich an wie man es sich vorstellt und die kalte aber aufregende Stimmung in Kanada ist ansteckend. Auch wenn natürlich alles etwas vereinfacht und teilweise dramatisiert wurde. Denn im Vergleich zur wahren Geschichte mussten die Jungs sich nicht ihr Reisegeld an einer Kussbude verdienen. Auch wurden von dem Olympischen Komitee nicht ständig irgendwelche Steine in den Weg gelegt. Aber das ist auch nicht schlimm, denn niemand erwartet hier eine akkurate Nacherzählung und das Drama, das dort aufgemacht wird, funktioniert einfach richtig gut. Die ständigen Rückschläge, die sie dann allesamt gemeinsam überwinden, geben dem Film einen richtig guten Flow. Ich liebe auch, dass fast alle Charaktere kleine Nebengeschichten haben, die im Verlauf des Filmes abgearbeitet werden. Derice, der in die Fußstapfen seines Vaters treten möchte und alles geben wird, um aus sich und seinem Team das meiste herauszuholen. Junior, der im Konflikt mit Yul und vor allem seinem Vater steht, und während des Films an Selbstvertrauen und Stärke gewinnt. Yul, der einfach nur aus Jamaika weg möchte, auch wenn er nicht der hellste ist und dann einen starken neuen Bund schließt, den man am Anfang nicht erwartet hätte. Blitzer als alter Meister, der unehrenvoll aus dem Sport geworfen wurde, der ihm alles bedeutet hatte, und der mit den Underdogs eine neue Chance dafür sieht, auch dieses dunkle Kapitel abzuschließen. Besonders als er das Komitee anspricht, merkt man das er sich im Verlauf des Filmes wirklich gewandelt hat. Nur Sanka ist und bleibt ein Comic Relief Charakter, der aber vor allem mit seiner Motivation und charm punktet. So wachsen alle Charaktere an den Herausforderungen des Filmes und zeigen, was harte Arbeit und gutes Teamwork alles erreichen kann. Das alles kumuliert in einem richtig schönen Ende, bei dem ich auch diesmal wieder eine Träne verdrücken musste. Wenn sie auch nicht Olympische Champions geworden sind, haben sie sich doch mit dem Tragen des Bobs tief in das Gedächtnis und das Herz des Zuschauers geschlossen.
                                        Handwerklich ist der Film auch gut. Die meisten Aufnahmen sind ja klar vor Ort, und da wird auch Jamaika und Kanada schön zum Leben erweckt. Der Soundtrack ist ebenfalls spaßig und das Sounddesign trifft genau die richtigen Punkte, wenn es mal Dramatisch oder Lustig sein soll. Die Schauspieler machen auch allesamt eine gute Figur und punkten durch ihre eigene Art und Weise. Aber auch die Kamera und der Schnitt sind sehr gut gelungen. Zum Beispiel die Szene, als man die Schweizer zum ersten Mal durch die Bobbahn fahren sieht. Alles ist in ein schönes Slowmo aufgenommen, von einem eingespielten Team, das elegant den Kurs absolviert, als ob sie ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht haben. Dagegen sind die ersten Fahrten der Jamaikaner, die zeigen, wie unfassbar schnell und auch irgendwie gewaltig dieser Sport ist. Und dann natürlich noch das Drehbuch, das durch ulkige Dialoge und spannende Konflikte auftrumpft. Das alles wird toll von Jon Turteltaub zusammengebracht, das Cool Runnings zu so einer schönen und zeitlosen Geschichte macht, die nach wie vor funktioniert!

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                                          Ich bin schon seit frühester Kindheit fasziniert von Japan. Eine Faszination, die mich dann auch zu einem Japanologie Studium geführt hat. Und es gab einen Kurs, der leider während meines Studiums nie zustande kam, da der Dozent die Universität gewechselt hat: “Yakuza, Vergleich zwischen Realität und der Darstellung in der japanischen Popkultur”. Spätestens seitdem ich Kitano Takeshi für mich entdeckt habe, war mein Interesse um das Thema entfacht. Auch heute liebe ich Filme, Bücher oder auch Spiele, die sich um die Yakuza drehen. Ich habe auch in meiner Jugend Sachbücher über die Yakuza verschlungen, bei dem die Rolle der kriminellen Organisation und deren Einfluss auf die japanische Gesellschaft erörtert wird. Was ich sagen will ist, ich habe relativ viel Ahnung, wenn es um die Yakuza geht und ich bin super glücklich über diese Dokumentation. Innerhalb von zwei Teilen wird ein sehr rundes und auch tiefgehendes Bild der kriminellen Organisation geschaffen. Von den schon fast mystischen Anfängen, zu der rapiden Entwicklung innerhalb des 20ten Jahrhunderts. Über die Faszination, die diese mit sich bringt, von einem Ehrenkodex und Konflikten, die meistens innerhalb der Organisationen ausgetragen werden. Von den größten Konflikten innerhalb der Banden, die alsbald so groß wurden, dass selbst die oberen Nutznießer der Gruppe einen Riegel vorschieben mussten. Man interviewt mehrere Mitglieder der Yakuza und Menschen, die sich ihr ganzes Leben mit der Gruppierung auseinandergesetzt haben.
                                          Man hätte sehr gerne an manchen Stellen noch tiefer in die Materie eintauchen können, aber das hätte wahrscheinlich den Rahmen gesprengt, wenn man auf die einzelnen Probleme der japanischen Gesellschaft eingegangen wäre. Es ist nunmal eine sehr stringente und festgefahrene Struktur. Man geht zur Schule, und am besten gleichzeitig in Juku (eine spezielle Schule zum Pauken), um sich auf die Aufnahme einer der große Unis vorzubereiten. Und wenn man das geschafft hat, liegt einem der Rest zu Füßen. Man beginnt in einer Firma, stolpert durch Seniorität immer weiter nach oben, bis man dann eines Tages seine Rente genießen kann. Aber was ist mit denen, die in dieses Schema nicht passen? Was ist mit den Menschen, die keine Lust auf diesen Weg haben oder ihn einfach nicht bestreiten können. Die vielleicht in einer Rebellischen Phase auf die falsche Seite des Gesetzes abgerutscht sind. Oder die aus anderen Gründen nicht in dies Korsett passen. Da bietet die Yakuza eine attraktive Alternative. Auch sie hat ein starkes Fundament und eine lebenslange Abhängigkeit, eine familiäre Ordnung, die einem zur Seite steht. Sonst bleibt einem nicht viel übrig, es sei denn man möchte ein harsches Leben als Tagelöhner oder gar als Obdachloser fristen. Schön fand ich, dass die Doku auch die sehr ausgegrenzte Koreanische Minderheit angesprochen hat, die dann eben bei den Yakuza eine Zuflucht und Zukunft finden kann, wenn sie vom Rest der Gesellschaft ausgesperrt werden. Ich hätte es auch noch sehr interessant gefunden, wenn man noch mehr Fokus auf die Frauen gelegt hätte. Besonders mit einem Einblick in das Hostessen und Soapland Geschäft. Man bekommt zwar ein Interview mit einer ausländischen Hostesse, aber allein das keine Japanerin wirklich darüber reden wollte, zeigt wie sehr sie unterdrückt werden.
                                          Und da ist es ganz interessant, welche Rolle die Yakuza in der japanischen Gesellschaft erfüllen. Sie sind eng mit dem Eisernen Dreieck verbunden (Politik - Wirtschaft - Bürokratie) und nehmen dabei eine bestimmte Rolle ein, die viel Geld und Macht mit sich bringt. Es war faszinierend zu sehen, wie tief die Yakuza mit der Politik verbunden waren/sind. Aber gerade im wirtschaftlichen Bereich hätte ich gerne noch mehr gesehen. Denn etwas, was die Yakuza so groß und reich gemacht hat, sind Monopole und Übernahmen von ganzen Wirtschaftssektoren. Das geht auch über das Glücksspiel und Schutzgelderpressungen hinaus. Die größten Bauunternehmen Japans standen den Yakuza immer sehr nahe. Mit den Fingern in der Politik und der Bürokratie können so manche Firmen große Aufträge und damit auch das ganz große Geld an Land ziehen. Aber selbst Kleinigkeiten, wie zum Beispiel die Getränkelieferungen an Bars und Restaurants, lagen teilweise fast komplett in den Händen der Yakuza. Eine direkte Verbindung mit der Polizei hätte ich auch schön gefunden. Japan ist ein sehr sicherer Ort, vor allem für Touristen. Aber das ändert nichts daran, dass die Polizei teilweise sehr korrupt ist. Denn anstatt einen Fall ungelöst zu lassen, nimmt man sich gerne jemanden, der ins Profil passt (und wahrscheinlich nicht in das Schema der japanischen Gesellschaft) und schiebt sie ins Gefängnis, um die Statistik sauber zu halten. An oberster Stelle steht ein gewisses Harmoniebedürfnis und die Wichtigkeit, das Gesicht nicht zu verlieren. Ein gutes Beispiel sind z.B. auch die Drogen, die die Yakuza verticken, um das Land auch “sauber” zu halten. Und auch wenn sie Drogen vertickt haben, haben sich die Yakuza immer damit gerühmt, das Land sauber zu halten, ähnlich wie es die italienische Mafia gemacht hat und die dreckigen Drogen eher an ein “ungewolltes Cliente” verkauft haben. So ist es kein Wunder, dass z.B. Mariuana oder härtere Drogen selten in Japan zu finden sind, da die Schmuggler das Land von dieser “gefährlichen Droge” sicher halten wollten. So sehen sie sich auch als ein wichtigen Aspekt der Gesellschaft, das sie vor allem am Ende der Doku beleuchtet wird, als besseres Übel als die auftauchende Hangure. Ohne Kodex und ohne Regeln sehen sie sich eher als die Helden der Geschichte, statt als andere Bösewichte. Mich würde eine Nachfolge-Doku sehr interessieren, wie es mit den Yakuza in 10 oder 20 Jahren aussehen wird.
                                          Für jeden den das Thema interessiert ist die Doku sehr empfehlenswert, da sie vor allem mit den Interview Partnern einen sehr intimen Einblick in das Themengebiet gibt.

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                                            Ich mag Ana Lily Amirpour. A Girl Walks Home Alone At Night war ein richtig schöner Indie-Film, der in die Fußstapfen von Regisseuren wie Jim Jarmusch gestiegen ist, aber dabei etwas ganz eigenes erschaffen hat. Auch ihre Episode in Guillermo Del toro's Cabinet of Curiosities war herausragend. So hatte ich große Hoffnung das mir auch The Bad Batch gefallen wird. Und ich hab gewartet, und gewartet, bis der Film nach zwei Stunden vorbei war, wollte der Funke einfach nicht überspringen. Und ich muss ehrlich sagen, wenn der Film von einem Regisseur gewesen wäre, den ich nicht leiden kann, hätte ich ihn schon viel früher und mit Freude auseinander genommen.
                                            Fangen wir aber erst mal mit den guten Aspekten an. Der Film sieht fantastisch aus! Shot für Shot ist eine wahre Augenweide. Dafür, wie kaputt und trostlos alles ist, schafft der Film auf bildlicher Ebene wirklich viel und zaubert Szene um Szene beeindruckende Bilder. Ob es die Rave von Dream ist, die unwirtliche Wüste oder Venice Beach auf Crack via Comfort oder Bridge. Alles ist wirklich grandios in Szene gesetzt und wird durch das tolle Set Design, Kostüme und Charaktere erst richtig zum Leben erweckt. Das Sounddesign ist ebenfalls fantastisch und der Soundtrack ist abermals grandios und erinnert in guten Zügen an die Soundtracks und den besonderen Umgang mit Musik von Quentin Tarantino. Selten hat hat man so einen schönen Film über so hässliche und traurige Dinge gesehen. Auch die Schauspieler machen an sich eine gute Figur. Jason Momoa als Miami Man, Keanu Reeves als Dream, Suki Waterhouse als Protagonistin und vor allem Jim Carrey als Hermit bringen ihre Figuren und die Welt wirklich toll zum Leben.
                                            Aber das sind nur die Oberflächlichkeiten. Sobald die Narrative ins Spiel kommt, oder man nur etwas unter die Oberfläche blicken möchte, wird es schwierig den Film zu mögen. Das Konzept des Bad Batch, einem neuen und viel brutaleren Wilden Westen an der Grenze von Texas ist eine gute Idee. Das Thema von Ausgestoßenen, Zweckbindung außerhalb der etablierten Gesellschaft und anarchisches Chaos bieten viel Raum für eine interessante Geschichte. Dabei können die Charaktere und sich neu bildenden Gesellschaften auch geschickt als Metaphern oder tiefgründiges Erkunden der Menschlichkeit an den Grenzen fungieren. Das ist ein Grund, warum ich nach wie vor postapokalyptische und Science Fiction Geschichten mag, es bietet einfach viel Raum und Nährboden für extreme Erzählungen, auf den man den Kern der Menschlichkeit erörtern kann. Aber hier hat Amirpour für mich den Film in den Sand gesetzt, da weder die Charaktere noch die Gesellschaften wirklich interessant sind und auch nicht über ganz flache Bilder hinauswachsen. Ich versteh, was sie machen möchte. Es ist kein Zufall, dass Comfort von einem abgehobenen Typen regiert wird, der die Masse mit Drogen versorgt. Ein Bild von Obdachlosen, verlassenen Seelen, die in diesem groben Konstrukt sich irgendwie festhalten. Dagegen The Bridge, welche aus dem Drang zum Überleben sich alles herausnehmen. Und dazwischen der Hermit, der Geld verbrennt um das Feuer am Leben zu erhalten. Wenn das alles etwas flach klingt, dann weil es einfach flach ist. An einer Stelle sagt Dream quasi “Träume nicht dein Leben, sondern lebe deine Träume”. Hab ich am Anfang noch gedacht, dass der flache Symbolismus irgendwo hinführt, war ich am Ende des Filmes einfach nur enttäuscht. Statt einer tiefer menschlichen Introspektive wird sich ein ramschiger Spiegel der amerikanischen Gesellschaft vorgeführt, die keinerlei tiefe oder Aussagekraft hat. Teilweise bin ich aus dem Augenrollen nicht mehr rausgekommen. Es erinnerte mich stark an “The Dead Don’t Die” von Jarmusch, ein Film der auch so aggressiv flach und leer war, das es einen fast in den Wahnsinn getrieben hat. Es hilft auch nicht das die Protagonistin, an der man sich hauptsächlich entlang hangelt, die tiefe eines vollgekrizelten Tisches in einem Nachsitz Zimmer hat. Man weiß selber nicht, was sie will und es ist auch ziemlich klar, das sie selbst auch keine Ahnung hat. Das könnte man natürlich auch geschickt nutzen und als eine Art Aussage auslegen, aber dafür ist sie mir einfach nicht introspektiv genug. Man bekommt das Gefühl, dass in dem Film nicht mehr drin steckt, als ein paar Bilder, die man auf die Leinwand zimmern wollte und alles andere darum nur notwillig dabei ist.
                                            Ich muss den Film irgendwann nochmal anschauen. Vielleicht habe ich was essentielles übersehen. Vielleicht steckt hier doch noch eine Ebene, die mir entgangen ist. Aber ich habe mir wirklich Mühe gegeben, bin voller Zuversicht und hundert zweiten Chancen ran gegangen, aber am Ende bietet der Film einen gar nichts, außer eine äußerst flache und dröge Kritik mit richtig schönen Bildern.

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                                              Power of the Dog ist ein sehr zärtliches, brutales und langsam vor sich hin simmerndes psychologisches Drama, das trotz der Weite der Natur sich tatsächlich eher wie ein Kammerspiel anfühlt.
                                              Ich kann verstehen, dass der Film nicht bei jedermann zieht. Auch ich hab am Anfang nicht wirklich ein Zugang gefunden. Ich denke das liegt vor allem daran das der Film ‘Show don’t tell’ als Maxim nimmt. Es werden wenige Dinge gerade aus gesagt, und wenn das der Fall ist, dann nur weil man die unausgesprochene Worte nicht mehr ausreichen. Wenn man aufmerksam zuschaut wird man dafür belohnt, aber der Film macht es teilweise nicht einfach. Die Situation im Amerikanischen Westen 1925, von den zwei Brüdern die eine recht erfolgreiche Farm führen, aber unterschiedlicher nicht sein können. Phil ist ein harscher Typ, dem es eine Freude macht, sich ständig zu profilieren und die Menschen in seiner Umgebung gerne über die Schmerzgrenze triezen. George ist sein Bruder und das genaue Gegenteil von Phil. Das erste mal als man ihn trifft, liegt er in einer Badewanne, wogegen sein Bruder teilweise Wochenlang kein Wasser sieht. Während George sich schick macht und ein treffen mit dem Senator einfädelt, geht es bei Phil eher um die Praktikabilität und ein geradlinigen Fokus auf nur die Dinge die ihm liegen. Man merkt auch, dass George am liebsten gar nichts mit seinem Bruder zu tun haben möchte, da er mit einer schmerzhaften Höflichkeit auf alles, was Phil sagt, auf eine indirekte Ablehnung reagiert. Die diskrepanz wird nur noch größer, als George eine Frau mit einem Sohn findet. Solange Phil in seiner kleinen Welt ist, fühlt er sich wie ein Gott. Doch George reißt mit der Heirat risse in die Blase.
                                              Zuerst habe ich gedacht, dass Phil einfach nur ein jämmerlicher Mann ist, der nur in seiner eigen kreierten Welt brillieren kann, und deswegen Angst vor allem Fremden hat. Und das stimmt auch bis zu einem gewissen Grad, aber es ist dann doch etwas komplexer als es erst den Anschein gibt. Auch hab ich gedacht dass George der klügere von den beiden ist, einfach nur durch seine gewisse Weltoffenheit und immerhin der Fähigkeit, diplomatisch oder verletzlich zu sein. Doch über den Film hinweg, wandelt sich das. Phil bleibt bis zum letzten Atemzug ein Arschloch, der sich in seiner kleinen Blase am wohlsten fühlt und alles außerhalb davon kritisch und aggressiv betrachtet. Aber das liegt nicht daran, das er ein Mensch mit kleinem Verstand und Verständnis ist, der außerhalb der Bubble nicht überleben könnte, sondern eher daran, dass er kein Interesse daran hat. Er hat Studiert im Gegensatz zu seinem Bruder. Er ist auch clever und geschickt, fernab von Lasso und Pferd, was er auf eine sehr perfide Art und Weise beweise, als Rose den Flügel ausprobieren möchte. Auch die Weltoffenheit von George zeichnet sich im Verlauf des Filmes nach einem jämmerlichen Lechzen nach oben aus, der mit seinem gepflegten äußeren etwas darstellen möchte, das er an sich nicht ist. Auch Rose, die am Anfang wohlwollende Mitleid bekommen hat, hat sich im Verlauf des Filmes immer weiter ausgefranst. Natürlich ist Phil ein Hauptschuldiger daran, da er immer weiter brutal an ihr nagt, bis sie sich der Last hingibt, die einst ihren Mann geraubt hat. Das Problem der beiden liegt daran, das sie beide nicht wissen was oder wer sie sind. Vernarbte Wesen, welche ihren eigenen Platz und Wert nicht kennen. Und das ist was, was Phil sieht und versteht und auf grausame Art und Weise ausnutzt. Doch da gibt es noch den Sohn dazwischen, Peter, ein sehr zurückgezogener junger Mann, der komplett in seinen Studien aufgeht. Er passt weder vom aussehen, noch vom Wesen auf die Farm, aber das ist ihm egal. Etwas, das auch Phil bemerkt, in einer sehr schönen Szene, bei dem der Familienzweig von Rose als Cowboys Cosplayen und Peter jegliche verletzende Rufe ignoriert, da das Interessante, das er gesehen hat, das topt.. Der letzte Schritt, den Phil überzeugt, ist der Schatten des Hundes in der Landschaft, etwas, das er bis jetzt nur mit Bronco geteilt hatte, und Peter schon von Anfang an aufgefallen ist. Die Beziehung, die sich zwischen den beiden entwickelt, ist eine wirklich schöne. Außen könnten die beiden nicht unterschiedlicher sein, aber tief im Inneren sind es zwei verwandte Seelen. Und dabei spreche ich nicht einmal von der angedeuteten Sexualität, sondern von der Klarheit, die sie von sich selbst haben, und den Mut, diesen Weg ohne Zweifel zu gehen. Etwas, das Peter dann auch ausnutzt, um den Schutzschild von Phil zu deaktivieren und die grausame Tat aus Liebe zu seiner Mutter zu vollführen. Denn was mit Phil passiert, würde sonst nie geschehen, dazu ist er viel zu clever und vorsichtig.
                                              Handwerklich ist der Film großartig. Die Kamera weiß es die Menschen und die Landschaft toll in Szene zu setzen. Das ganze wird dann noch von dem herausragenden Sound Design und dem Soundtrack gestützt. Die Direktion, das Drehbuch und das Schauspiel haben den Film zurecht einen Oscar gewinnen lassen und sie hätten meiner Meinung nach auch noch mehr verdient. Alle Schauspieler bringen ihre Charaktere mit so viel Feingefühl, so viel Stärken und Schwächen zum Leben, wie man es selten erlebt. Deswegen habe ich den Film am Anfang auch mit einem Kammerspiel verglichen. Auch wenn der Film über unfassbare Weiten geht und auch zeitlich nicht beschränkt ist, ist der Film doch grandios auf die wichtigste Aspekte destilliert. Die Beziehungen und die Handlungen sind die wichtigsten Akteure in dem Werk, bei dem der Zuschauer die wichtige Rolle des Mediums übernimmt. Und das macht den Film so besonders. Es nimmt den Zuschauer ernst und wenn dieser sich die Zeit und Mühe gibt, wird man reich entlohnt. Meine Auslegung von oben ist nur eine. Man kann den Film auch ganz anders sehen und hat ebenfalls recht damit und das liebe ich einfach!

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                                                Ich habe von Jodorowsky's Dune in flüsternden Stimmen gehört. Von einem Werk, das jegliche Restriktionen sprengen sollte. Von einem Künstler mit einer grandiosen Vision und der Weisheit, die besten der besten, um sich zu scharren. Von einem Werk, das zu groß und mutig war und deshalb nie umgesetzt wurde. Eine Legende, die allerlei Leute zum Träumen angeregt haben soll.
                                                Tatsächlich hatte ich keine Ahnung das es eine Dokumentation darüber gab, mit Interviews von den Künstlern die daran mitgearbeitet haben und einem durchweg Kommentar von Jodorowsky selbst. Man erfährt von seinem Werdegang des Theaters, hin zum Film, bis zu dem Film der niemals werden sollte. Und ich muss sagen, ich habe noch nie ein Film von ihm gesehen, aber ich bin interessiert. Ich mag Avant Garde Kunst und bizarre Bilder, die etwas Tieferes ansprechen sollen. Aber allein, dass der Film mit Refn beginnt, hat mich gleich vorsichtig gestimmt. Nicolas Winding Refn ist ein Regisseur, der meiner Meinung nach mehr auf sich und seine Status als Künstler hält, als das er das irgendwie in der Kunst umsetzt. Dabei will ich nicht sagen, dass seine Filme immer schlecht sind, aber er wandelt immer auf den schmalen Grad zwischen Kunst oder Selbstbeweihräucherung, um der Selbstbeweihräucherung willens. Anstatt mit der Kunst in den Filmen zu punkten, profiliert er sich lieber über seinen eigenen Status als Künstler. Ähnlich wie Andy Warhol, ein Künstler, den ich überhaupt nicht ausstehen kann. Und so haben sich gleich Sorgen in mir aufgetan, dass wenn Jodorowsky sich Refn schon so sehr eröffnet, dass er wahrscheinlich zum selben Schlag gehört. Und leider fühlt es sich auch so an. Er ist ein Mann mit großen Ideen, dem dann vielleicht einfach das Sitzfleisch fehlt. Wenn man eine Buchverfilmung macht, und davor nicht mal das Buch liest, ist das kein besonders guter Start. Er nimmt sich auch einfach alle möglichen Charaktere und Bilder aus dem Roman heraus und stülpt sein eigenes Ego dem ganzen über. Warum muss es dann Dune sein? Warum kann man nicht einfach etwas eigenes Erschaffen? Das ist auch ein Gefühl, das ich durch die Dokumentation bekommen habe, dass er sich die ganze Zeit nur an vorherigen Bildern bedient, ohne ein tieferes Verständnis davon oder einer tieferen Aussage. Sein Establishing Shot, bei dem man durch die Galaxie reist, sah zwar durch Moebius, seine Zeichnungen und das lebendig werdenden Film sehr nett aus, aber es fehlte jegliche Tiefe oder Inhalt dahinter. Und das ist ein Gefühl das sich durch die ganzen Dokumentation gezogen hat. Es werden neue Strukturen gebildet und auf Papier verwirklicht, einfach nur für eine flache Allegorie. Das beste was Jodorowskys Dune passieren konnte, ist das es niemals herausgekommen ist. Als Traum, als nie verwirklichtes Projekt ist es so viel Potenter, als es als vollständiger Film jemals werden könnte. Den ich bin mir sicher das er selbst keine Ahnung hatte wie er das umsetzen will, auch wenn er das Drehbuch geschrieben hat und fest bei dem Storyboard dabei war. Die ganze Geschichte in 1 ½ Stunden zu packen ist natürlich lächerlich, aber wäre das Werk wirklich besser, wenn es 12 oder 20 Stunden lang wäre?
                                                Mir ist Jodorowsky auch immer unsympathischer geworden. Gegen Ende fühlt er sich eher wie ein Trickbetrüger an, der auf den Schultern von viel talentierten Künstler geritten ist, und sie dann aufgrund seines eigenen Egos und seiner fehlenden Vision brutal fallen lassen hat. Es ist schön, dass er erzählt, wie respektlos und aufgeplustert Douglas Trumbull war, als er ihn getroffen hat, und blickt dann selber nicht, dass er sich genauso arrogant und beschissen bei Pink Floyd verhalten hat, als sie nicht vor seine Füße gefallen sind. Er erinnert mich in vielerlei Hinsicht an Jared Leto, der denkt, nur weil man als Joker seinen Schauspielern tote Tiere zusendet, ist das plötzlich Kunst und etwas ganz Großes. Auch all die Versprechen, mit denen er freizügig umgegangen ist, um auch irgendwelche Ego Streitereien zu gewinnen, haben ihm am Ende das Genick gebrochen. Auch der Umgang mit seinem Sohn oder anderen Künstlern an sich ist einfach widerwärtig. Und auch wenn seine Filme vielleicht große Kunst sind (ich werde sie auf jeden Fall nachholen), ist es die Frage, ob es das Wert war, oder ob es vielleicht nicht nur ein Versehen eines reaktionären Künstlers ist.
                                                Die Dokumentation an sich ist gut gemacht. Mit vielen Stimmen innerhalb und außerhalb des Prozesses. Man wird auch sehr gut mit Jodorowsky mitgerissen und dem Potential, das dieser Film hätte werden können. Es ist nur Schade das irgendwie nie erwähnt wird, das es vielleicht mehr daran Lag das Jodorowsky unfähig war, so ein großes Projekt zu stemmen, anstatt das er zu kreativ oder zu krass war. Den die Filme davor hat er ja auch hinbekommen. Ich hab das Drehbuch natürlich nicht gelesen und ich bin auch kein verfechter davon, das man sich sklavisch an die Vorlage klammern muss, aber mir fehlt dem ganzen Projekt eine Künstlerische Linie und Vision, die über Plattitüden wie “das wird das tollste” oder “wir werden die Welt verändern” hinausgehen.

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                                                  Die Equalizer Filme ist eine Serie, die nie wirklich abheben wollte. McCall gehört zu den modernen Actionhelden, die sich gerne zurückhalten, aber wenn sie Gewalt wählen, diese dann kaltblütig und effizient ausführen. Er führt ein ruhiges Leben und möchte den Menschen um sich herum helfen, bis er aufgrund von himmelschreienden Ungerechtigkeiten so weit gepusht wird, dass sich alles in einem Gewaltexzess entlädt. Die Filme an sich sind schon besonders, da Antoine Fuqua normalerweise keine Fortsetzungen macht. Ähnlich wie Takashi Miike übernimmt er gerne alle möglichen Projekte, sucht sich dann aber auch schnell wieder etwas neues. Aber an McCall scheint sein Herz irgendwie besonders zu hängen. Und ich kann auch verstehen warum. Denzel Washington bringt diesen Charakter wirklich herausragend zum Leben. Man könnte die Equalizer Reihe mit effektiven und unterhaltsamen Groschenromanen vergleichen, wo alle paar Monate ein neuer rauskommt und man diese schnell noch am Bahnhof oder Flughafen abgreifen kann. Immer unterhaltsam und spaßig, aber niemals wirklich tiefgehend.
                                                  Anstatt im zweifelten Frieden, startet der dritte Teil sofort mit einem Gewaltexzess. Er ist in Italien auf einem Anwesen, das von Blut und Leichen überströmt ist. Im Zentrum sitzt McCall und wartet, während Waffen auf ihn gerichtet sind, auf den Boss des ganzen Unternehmens. Als dieser auftaucht beendet er in bekannter und schneller Art und Weise den Konflikt. Einzig das unterschätzen eines verzweifelten Junges lässt ihn dann mit einer Wunde zurück, die er in einem kleinen Italienischen Ort auskurieren muss. Über die Zeit freundet sich der sympathische Killer mit den Einwohnern an, und sieht auch die Gefahren von irgendwelchen Kriminellen Banden, die sie ausgesetzt sind. Eines Abends wird es ihm zu bunt und er tötet auf gewohnt effektive Weise ein paar der Gangster. Statt der erhofften, abschreckenden Wirkung zieht die Handlung aber weitere Gewalt mit sich. Und hier habe ich gedacht, dass Fuqua vielleicht einen neuen Ansatz startet. Denn hier spürt man die Freude, die McCall an der Gewalt und das brutale Töten der Männer empfindet. Es wäre super interessant gewesen, wenn das alles wirklich heftige negative Konsequenzen mit sich bringen würde. So heftig, das sich vielleicht auch das Dorf gegen ihn stellt. Dieser Konflikt schlummert schon die ganze Zeit in der Serie, kam aber niemals wirklich zu tage. Gewalt ist seine Lösung, und auch für ihn die einfachste, aber es muss nicht die beste oder richtige sein. Aber nein, die Dorfbewohner finden es richtig toll, dass er das gemacht hat. Und sie finden es auch okay, dass dieser gewaltsame Akt das kleine Örtchen zu einem potentiellen Schlachtfeld mutieren lässt. Das wird halt auch nicht besser, indem die Bösewichte auf das absolute Maximum hochgedreht werden. Sie sind nicht nur krasse Mafiosis, sie erhängen auch unschuldige alte Männer, wenn es ihnen in den Kram passt. Sie handeln auch mit Terroristen, wenn es sie nur ein bisschen näher an ihr Ziel bringt. Das macht die Rachegeschichte und auch z.B. das letzte Massaker so unterhaltsam, aber es ist doch irgendwie sehr flach.
                                                  Im allgemeinen ist der Plot etwas überladen. Man hat die Mafia, Intrigen innerhalb der Mafia, die CIA welche sich einmischt und noch Terroristen oben drauf. Ich verstehe, was sie mit dem Drogen-Plot aussagen wollen, vor allem wenn sich selbst Mafia davon schämt. Den auch wenn sie gerne ihre eigenen Landsleute ausschlachten, haben solche Kriminellen Organisationen auch immer eine starke nationalistisch, rechte Flügel und ein Ehrgefühl. Es soll zeigen, das sie trotz alledem irgendein Kern gutes in sich haben, das dann von dem Cartoonischen Bösewicht nochmal komplett überrollt wird, damit man auch ja nichts falsches denkt. Es fehlt einfach der Fokus, bzw. es wird versucht viel zu viel auf einmal zu erzählen. So vieles fühlt sich einfach zu erzwungen an. Dazu ist der Film an vielen Stellen auch sehr Melodramatisch, was mir persönlich gar nicht gefallen hat.
                                                  Handwerklich ist der Film aber gut. Italien wird sehr schön in Szene gesetzt, und auch die Atmosphäre des kleinen Ortes kommt gut rüber. Die Schauspieler machen allesamt eine gute Figur, vor allem wieder Denzel. Die Action ist abermals ausgezeichnet. Schön, dass es diesmal bei dem Finale statt eines gewaltigen Shootouts eine brutale Sneaky Aktion von McCall gibt, wie ein Racheengel, der die Strafe Gottes vollführt. Aber der Film fühlt sich leider zu unfokussiert an und viele der Aspekte, wie zum Beispiel das Melodrama, haben bei mir einfach nicht funktioniert.

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                                                    über Argylle

                                                    Ich habe das ganze Promotion Zeug um Argylle nur so am Rande mitbekommen. Ein neuer Spionage Roman, der selbst Ian Fleming übertrumpfen, und ein neues goldenes Zeitalter für Spionagethriller einläuten soll. Mit einer Autorin, die niemand kennt und aus dem nichts kam (was zu so abstrusen Verschwörungstheorien führte, wie das Taylor Swift die Autorin des Buches ist). Ein Mysterium, das sich dann auch in die Narrative des Filmes zieht. Wer ist eigentlich Argylle? Von den Plakaten und Trailern her, ein Star besetzter Actionfilm, mit Namen wie Henry Cavill, John Cena, Sam Rockwell und selbst Popsternchen Dua Lipa. Gedreht von einem Mann, der sich vor allem durch die Kingsman Filme einen Namen gemacht hat. Und mit einem heftigen Budget von 200 Millionen Dollar, das zeigt, dass nicht nur der Regisseur an das Projekt glaubt, sondern vor allem auch die Geldgeber den Gürtel nicht zu eng schnallen. Und an sich habe ich nichts dagegen. Die Kingsman Filme bauen zwar von Titel zu Titel ab, aber spaßig sind sie dennoch. Selbst wenn die Geschichte jetzt nicht so tief, kann man mit der richtigen Action und Tempo auch einen tollen Style over Substance Film machen. Aber all das ist bei Argylle leider überhaupt nicht der Fall. Statt sich entweder auf eine spannende Geschichte einzulassen, oder eine einfache, klare Geschichte zu erzählen, versuchen sie hier einen Spagat, der einem beim Anblick schon weh tut. Es gibt eine pseudo komplexe Geschichte, die sich von Twist nach Twist weiter verfranzt, bis am Ende nur eine bunte Matsche zurück bleibt.

                                                    Die Kritik enthält Spoiler! Aber ganz ehrlich, tut euch den Film nicht an.
                                                    Der Film fängt schon sehr sonderbar an. Nichts fühlt sich echt an. Weder die furchtbare Frisur und Fit von Henry Cavill, noch der Raum in dem sie stehen oder die Stadt in Griechenland, inder eine heiße Verfolgungsjagd stattfindet. immerhin wird schnell klar, warum alles so furchtbar aussieht, es ist nicht echt! Ein Glück! Ein ganzer Film in diesem Stil würde auch keiner ertragen. Es ist nur das Finale eines Buches, das durch die Worte der Autorin Elly Conway zu dieser schlonzigen Inszenierung wurde. In der Realität sieht alles etwas anders aus, oder? Leider nein! Sie nehmen sich den Cheatcode heraus, das man die Geschichte durch die Linse von Elly sieht, und so eben beide Welten immer wieder verschwimmen. Das kann man auch gerne machen, das kann auch interessant sein, aber hier wird der Geduldsfaden immer weiter gereizt, bis er irgendwann reißen muss. Der Film macht einfach was er möchte, ohne Kohärenz. Man soll die Aspekte in der Realität irgendwie ernst nehmen, aber dann auch lachen, wenn eine von Angstzuständen zerrüttete Frau keinen Schädel zum Spaß zerschmettern möchte. Der Ton passt einfach hinten und vorne nicht, und es wird auch im Verlauf des Filmes immer schlimmer. Es entwickelt sich ein immer stärkeres Gefühl der Befremdlichkeit, dem in ein paar Szenen am Ende noch mit einer dicken Prise Fremschahm die Krone aufgesetzt wird. Die Kür auf Öl und die farbenfrohe Schießerei gehören zu den cringysten Szenen, die ich je gesehen habe. Und das ganze nicht mal mit einem Augenzwinkern das sich die Macher und die Charaktere bewusst darüber sind wie scheiße das gerade ist. Es soll ernst genommen werden und begeisterung hervorrufen. Genau so auch die ganzen Twists, mit denen man etwas richtig Cooles hätte machen können. Aber die unzähligen Twists machen das Anschauen nur frustrierender. Manche davon werfen einfach alles, was zuvor aufgebaut wurde, komplett über den Haufen, oder geben verzweifelt irgendwelche hanebüchenen Erklärungen. Aber damit eine Überraschung wirkt, muss sie auf irgendetwas fußen, und gerade am Ende hat sich alles von innen nach außen und zurück gestülpt, sodass wahrscheinlich nicht mal die Filmemacher mehr wissen, wo oben und unten ist. Was hat die böse Organisation vor? Warum töten sie Rachel nicht einfach? Warum pflanzen sie neue Erinnerungen ein, wenn sie eh auf ihrer Seite steht? Und wer bitte kam auf die Idee, dass man jemanden ins Herz schießt und diese Person dann überlebt… und nutzt diesen Twists ZWEI MAL IM SELBEN FILM? Wenn man sich den Film antut, muss man sein Gehirn komplett abschalten, das die Dummheit des Skriptes einen sonst in den Wahnsinn treibt.
                                                    Handwerklich ist der Film leider auch nicht besser. GCI kann vieles und sieht teilweise auch sehr beeindruckend aus. Aber ist in dem 200 millionen Dollar Budget wirklich kein Raum für irgendwelche Sets? Alles fühlt sich falsch und befremdlich an. Von den Örtlichkeiten, der Action bis hin zur Katze. Der Schnitt macht es auch nicht besser, gerade bei den Gimmicks vom ständigen Wechsel zwischen Phantasie und Realität. Sowas kann man gerne mal einwerfen, aber der Film treibt es einfach zu weit. Und auch wenn viele gute Schauspieler dabei sind, kann niemand dieses furchtbare Drehbuch retten. Sie verhalten sich genau wie beschrieben. Die flachsten und dümmsten Cartoonfiguren, in dieser Welt die nicht weiß ob sie Looney Tunes oder James Bond sein möchte.
                                                    Ich habe nicht viel von Argylle erwartet, aber was ich bekommen habe, fand ich schockierend. Der Spionage-Thriller funktioniert auf keiner Ebene und bringt dabei ein paar Szenen hervor, die vor Fremdscham nur so strotzen und einem als Filmfan im Herzen weh tun.

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