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Skinamarink ist ein Film, der einige gute Aspekte hat, aber durch eine fehlende Vision oder Kohärenz jegliches Potential verschenkt, und meiner Meinung nach sogar aktiv kaputt macht.
Skinamarink ist kein typischer Horror Film, es ist nicht mal ein typischer Film an sich. Man hat quasi keine Charaktere, keine wirkliche Geschichte und Szenen, sondern viel mehr eindrückliche Bilder, die ständig aus der Peripherie lugen. Man bekommt eigentlich nie direkt etwas zu Gesicht, weder Charaktere noch Vorgänge. Eine sehr mutige Herangehensweise, die es dem Zuschauer schwer macht, aber dafür etwas Besonderes bieten kann. Die Bild und Tonqualität ist auch etwas Herausragendes an diesem Film. Anstatt eines klaren Bildes, bekommt man den Effekt einer alten Filmaufnahme, an der man jeder der Frames spüre, kann. Selbst wenn man für eine Minute auf dasselbe Bild starrt, beginnt das Gehirn zu wandern, und die ständig bewegenden Punkte im statischen Bild zaubern dabei eine ganz besondere Qualität, die noch mehr die Assoziation des Zuschauers fordert. Auch der Ton besticht aus solchen Aufnahmeartefakten. Von der ersten Minute bis zur letzten, hört man das ständige Kratzen eines alten Tonbandes oder einer Vinylscheibe. Des weiteren klingt alles Dumpf und/oder überspitzt. Die Töne, die dann beim Zuschauer ankommen wirken sind dann auch wieder sehr assoziativ. Durch die unbekannte Geschichte, dem nie klaren Blick, der Länge der Einstellungen und der doch sehr anstrengenden Qualität, hat der Film in mir ein Effekt den ich so noch nie in einem Film gesehen habe. Man hatte das Gefühl, in einen Albtraum hineingezogen zu werden, der schleichend immer schlimmer wird.
Das war in den ersten zwanzig bis dreißig Minuten. Da ich den Film in der Sneak gesehen habe, wusste ich überhaupt nicht was auf mich zukommt. Und am Anfang war ich auch sehr begeistert davon, den man hat gemerkt das der Regisseur eine eigene Erzählweise gewählt hat, und sich dieser auch ganz hingeben möchte. Aber umso länger man den Film anschaut, um so mehr merkt man, dass nichts dahintersteckt. Nehmen wir als Vergleich Begotten, ein großartiger Kunst-Horror Film, bei dem mein Gehirn non stop gerannt ist: Was will der Film mir sagen? Was seh ich da gerade? Was könnte das bedeuten, in Bezug auf diese andere Szene? Skinamarink versucht so etwas ähnliches zu machen, nur das es überhaupt nicht aufgeht. Den das, was dem Film fehlt, ist eine Narrative. Eine Geschichte oder Intention des Filmemachers, über die stilistischen Entscheidungen hinaus. Der ständige, starre Blick vorbei an den Geschehnissen ist interessant, aber nur so lange auch etwas Interessantes passiert. Hat man das am Anfang noch so auslegen können, merkt man gegen später, dass dahinter keine wirkliche Intention dahintersteckt. Ganz aufgeregt hat es mich, als die Kamera plötzlich die Perspektive der Kinder darstellen soll, was aus dem nichts kommt und selbst dann nicht wirklich gut gelungen ist. Hier wird ein Spagat versucht, bei dem der Film seine eigene Ideale verrät, für nichts und wieder nichts. Der Film hat auch keine Geschichte, die er erzählen möchte, was man super in einem Kurzfilm machen kann, wenn man nur ein Atmosphären Bild schaffen möchte… aber über 99 Minuten ist dann schon ein starkes Stück. Ich kam mir auch mehrmals übelst verarscht vor, die plötzliche POV ist nur ein Beispiel. Als plötzlich die Schwester verschwunden ist und uns dann ein BUUUUH Gesicht von ihr aufgetischt wurde, musst ich einfach nur laut loslachen, worauf die gesamte Sneak (zumindest die, die noch da waren) mitgelacht hat. Es war einfach nur lächerlich! Auch die positiven Aspekte, die ich am Anfang angesprochen habe, verfliegen mit der Zeit, da man irgendwann weiß, dass der Regisseur nichts zu sagen hat. Das Ganze wurde dann gegen Ende auf die Spitze getrieben, mit einer arbiträren Zahl, die gar nichts zu sagen hat, kleinen Schritten voran und weite würfe zurück. Ständig habe ich gedacht, endlich ist es jetzt vorbei, nur das dann nochmal eine belanglose Szene hinterhergeschickt wurde. Das Wesen, welche die Welt kontrolliert, wirkte auch äußerst lächerlich. Ich gebe zu, die Einstellung am Schluss, mit dem sonderbaren Gesicht war noch visuell ein Highlight, aber das Wesen selbst, wurde im Film selbst zur Lächerlichkeit zugrunde gerichtet. Es hilft auch nicht, dass das Verschwinden von Fenster, Tür und Klo mit einem sonderbare Soundeffekt verziert wird.
Der Film erinnert mich sehr an alle möglichen itchio Horror Spielen. Durch Verzerrung von Klang und Bild, durch einen aufgeklatschten Filter soll Grusel erzeugt werden, ohne wirklich wissen was Horror ausmacht. Klar kann man sich vor gruseligen Szenen oder lauten Geräuschen erschrecken, aber wahrer Horror geht tiefer. Dabei muss es auch nicht explizit sein, man kann durch Andeutungen viel Spannung und Angst erzeugen. Es ist spooky wenn die Eltern sich nicht normal verhalten und sagen, man soll unter dem Bett nachschauen. Das unbekannte und andersartige ist verstörend. Aber ohne Kontext oder irgendwelchen Konsequenzen ist es eben nur eine Szene, die einem kurz Angst macht und dann wieder loslässt. Und so fühlt sich der ganze Film an. Er hat eine interessante Art und Weise gefunden, ein unangenehmes Gefühl zu erzeugen, und nutzt dieses auch ganz gut. Aber mehr steckt da nicht dahinter. Und auch das leckerste Essen geht einem irgendwann auf dem Sack, wenn damit gefüttert wird, bis zum zehnten Erbrechen. Ähnlich wie die Horror Spiele, halten die meisten sich nur für zwanzig Minuten, da ihr Gimmick dann aufgebraucht ist, und sie nicht mehr zu erzählen haben. Währe Skinamarink ein Kurzfilm, von 20 -30 Minuten, mit noch etwas mehr Fokus, dann wäre er großartig! Oder von mir aus auch als Analoghorror, aufgeteilt und mit etwas narrative drum rum ausgeschmückt. Aber so funktioniert der Film einfach nicht.
Ich habe eine dicke Haut, was anstrengende und langwierige Filme angeht. Selbst wenn sie mir nicht so sehr gefallen, kann ich immerhin die Kunst und das Handwerk dahinter auf einer anderen Ebene verstehen und genießen. Ich habe auch nichts gegen Filme, die eher vage sind, die eher assoziativ funktionieren und dem Zuschauer auch einiges abverlangen. Aber Skinamarink gibt einem wirklich nichts. Und nicht nur das, es verspielt auch viele interessante Aspekte, die diesen Film hätte, besser machen können. Durch die Gefangenschaft, und der klaren Raumteilung, hätte man interessante Sachen machen können. Auch das Sounddesign fällt leider flach. Man gewöhnt sich so sehr an das Geräusch von Kinderfüßen auf dem sonderbaren Boden (es klingt ein bisschen wie Schritt Geräusche aus der PS1/N64 Ära), dass man vielleicht damit etwas machen könnte. Aber nein…
Wenn jemanden der Film gefallen hat, dann freut mich das! Aber für mich ist Skinamarink eine pure Zeitverschwendung. Ich denke mir das Kyle Edward Ball die Zuschauer in den Albtraum der Kindheit hineinziehen wollte, bestechend aus der Angst aus dem dunklen. Ich denke er wollte auch dass man die vergehenden Tage, das ziehen im flimmernden Raum, selbst spüren soll. Aber das geht eben nur bis zu einem gewissen Grad. So macht sich Langweile beim Zuschauer breit, alle möglichen Versuche den Zuschauer zu schockieren (Kind ohne Gesicht, Bilder mit verzerrten Gesichter, Stimmen aus dem Nichts) fallen dabei auf taube Ohren. Und wenn dann tatsächlich „The End“ auf der Leinwand flimmert, merkt man das dieser Film als Gesamtwerk keine wirklichen Qualitäten besitzt. Es wird keine Geschichte erzählt, es wird nichts mit den Charakteren gemacht, es ist einfach nur da. Und um das gesammelte Unterbewusstsein aufzugreifen und anzusprechen, ist der Film dann doch zu flach und dröge. Tut euch einen gefallen und spart euch die Zeit und Nerven! Wenn ihr aber den Film toll fandet, bitte kommentiert warum. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
Der neue Horrorfilm aus dem Hause A24. Filme wie The VVitch, Midsommar, Lamb, etc, gehören für mich zu dem fantastischen Genre des Art-Horrors. Etwas sperriger als der 0815 Horrorfilm von Blumhouse, dafür aber auch tiefgreifender und interessanter. Oberflächlich würde man Talk to Me eher zu den Standard Horror zählen. Zu Filmen über Übernatürliches, wie Truth or Dare, La Illorna, Hellraiser (2022), etc. Und das stimmt bis zu einem gewissen grad auch, den Talk to Me ist etwas Magenfreundlicher. Aber das heißt nicht, dass hinter dem Titel keine Wucht steckt. Talk To Me ist ein astreiner, fantastisch inszenierter Horrorfilm, der gerne zum neuen Goldstandard für diese Art von Filmen werden kann.
Es ist kaum zu glauben, dass es der erste Spielfilm des Brüder Duos Philippou ist. Sie beweisen ein wirklich geschicktes Händchen was Inszenierung, Storytelling, Pacing und Drive des Filmes angeht. Von der ersten Szene an hat Talk to Me eine richtig ansteckende Energie. Wenn das plötzliche Ende des Prologs kommt, wenn furchtbare Dinge passieren und es sich anfühlt, als ob die Welt zusammenfallen würde oder Mia immer weiter getrieben wird, spürt man das. Die Charaktere sind auch allesamt toll inszeniert, und fühlen sich wie echte Leute an, anstatt einfach nur Statisten in dem Horror Trip der Protagonist:innen. Auch dass gerade von den Außenstehenden wie Hayley und Joss das Richtige gemacht wird, anstatt noch mehr Drama durch Verschleierung hervorzurufen, war überraschend erfrischend. Der Fokus auf der Geschichte, die sie erzählen möchte, geht nie verloren. Die Schauspieler machen auch allesamt ein fantastischen Job, mit einer herausragenden Leistung von Sophie Wilde, die für mich, Oscar reif war.
Ich bin auch Gott froh, dass das Drehbuch sich nicht an ausgelutschten Tropes entlanghangelt, wie es so viele mittelmäßige Horrorfilme machen. Zwar wird hier das übernatürliche ebenso spielerisch wie in Truth or Dare eingeführt, teilweise sogar richtig zelebriert. Aber es geht dann nicht darum das Mia mehr über die Hand herausfinden möchte, dabei ein abstecher in ein Gefängnis/Irrenanstalt/Altenheim/Schloß oder was auch immer machen muss, um dann der Lösung so nah zu sein, und mit einem letzten Twist nochmal eins übergebraten bekommt. Zwar sucht sie auch nach einer Wahrheit, aber diese Suche ist eher nach Innen gerichtet, verbunden durch den Limbo, welchen man durch die Hand erreicht. Es war ein kleiner, aber cleverer Schachzug, die Motivation für die Rettung von Riley durch die Hülle von Mias Mutter zu mimen. Es ist auch schön, wie ambig das ganze dargestellt ist. Spätestens als sie auftaucht, trennt sich die überlagerten Sichtweise von Mia und dem Zuschauer und der Zweifel macht sich breit. Ein Zweifel den man immer wieder bestätigt fühlt, man aber dann doch machtlos zusehen muss, wie Mia weiter auf die falsche Mutter reinfällt.
Bei Horrorfilmen ist es mir wichtig, dass die Welt in sich kohärent ist. Ich hasse es, wenn zum Beispiel Geister oder Dämonen mal jemanden wild durch ein Zimmer werfen und in der nächsten Szene in gruseliger Stimme irgendwelche leeren Drohungen aussprechen. Die Hand und die Limbo-Welt sind genügend ausgebaut, dass man alles in dem Film gerne und klar wahrnimmt, aber noch genügend Raum zum Spekulieren lässt. Was können die Geister? Welche Wirkung haben sie? Und was hat da von Riley und Mia besitzt ergriffen? Mehrere Geister oder doch nur eine Entität? Was sind diese Geister und was wollen sie? Geht es ihnen darum, einfach wieder für Momente das Leben in ihrem Körper zu spüren? Wollen sie einfach nur Leid verbreiten? Oder versuchen sie einfach nur weitere Seelen in denselben Limbo zu ziehen? Suchen sie sich spezielle Opfer heraus, wie zum Beispiel Riley? Wie viel von dem Ritual hat eine wirkliche Funktion, oder ist es einfach nur schnödes Beiwerk? Da denkt man, man weiß viel über die Hand und wie sie funktioniert, da wird man in den astralen Körper eines Mädchens gezogen, um die Hölle zu erleben. Ich mochte auch sehr, wie ernst und verstörend die erste Besessenheit von Mia dargestellt wird, aber gleich danach durch Euphorie gebrochen wird. Es ist auch nie wirklich klar, wie viel von dem, das wir durch die Augen von Mia sehen, wirklich echt ist. Dass es das Phänomen gibt, ist klar. Aber dass Mia sie auch außerhalb wahrnehmen und sogar angegriffen werden kann, ist dann schon sehr interessant. So könnte es auch sein, dass vieles von denen, was sie vor allem in der zweiten Hälfte sieht und erlebt, genauso gut auch eine Psychose sein kann. Nicht unbedingt abwegig, vor allem mit einer Mutter, die selbst an heftigen Depressionen litt, wie man es aus dem Abschiedsbrief herauslesen kann. So bietet das Konzept natürlich auch außerhalb von seiner intradiegetischen Wirkung Interpretationsraum. Der Kontakt durch die Hand könnte für Drogen dastehen, für gefährliches und wahnsinnig machendes Gedankengut, oder ähnliches.
Ich bin auch ein großer Fan davon, wie mit Horror in dem Film umgegangen wird. Statt einem Jumpscare nach dem nächsten, wird der Horror hier eher langsam, morbide und ambigue inszeniert. Das funktioniert wunderbar, vor allem weil man als Zuschauer auch auf den Blickwinkel von Mia angewiesen ist. Es tut auch gut, dass der Film zur Horrorgeschichte ein starkes persönliches Drama als Fundament hat. So wirkt der Horror viel tiefgreifender, vor allem wenn mit den Charakterlichen Schwächen gespielt wird. Mia ist eine gebrochene Person, die nach dem Tod ihrer Mutter nicht mehr wirklich Fuß fassen konnte. In der kleinen Zuflucht, ihrer quasi zieh Familie, macht sie mit ihrem Handeln bald alles kaputt. Der Scherbenhaufen wirkt von Tag zu Tag größer, und das macht die tröstenden Worte ihrer Mutter dann auch so viel effektiver. Und dann noch das grandiose Ende. Im selben Krankenhaus wacht Mia auf, allen um ihr geht es besser. Doch sie hat kein Spiegelbild mehr und keiner reagiert. Das schlurfende Känguruh hüpft von dannen, als einen bezeichnenden Wendepunkt der Geschichte und von Mia als Charakter. In meiner Interpretation wird so gezeigt, dass vieles davon, was sie durch die Hand gesehen und erlebt hat, ein Konstrukt aus ihren Erfahrungen ist.
Seht ihr Blumhouse, so macht man Mainstream Horror! Mit einer klaren Prämisse, gutem Handwerk, super Flow und genügend Platz zum eigenen Erkunden und Interpretieren der Welt und deren Regeln. Danny und Michael Philippou haben mit ihrem ersten Spielfilm einen glatten Homerun getroffen. Bitte mehr davon!
Ich lese gerade Tomie und bin leider nur so mäßig begeistert. Ganz interessant, aber dann doch etwas eintönig. Uzumaki war schon eine interessante Verfilmung eines Junji Ito Werkes, und so wollte ich sehen, wie sie Tomie umsetzt, das niemals wirklich eine übergreifende Geschichte annimmt, sondern immer nur kleine Episoden erzählt wird.
Der Film macht es dabei sehr ähnlich. Es werden mehrere kleine Geschichten aus dem Manga aufgenommen und in einer neuen verarbeitet. Anstatt dass Tomie einfach in eine Situation hineingeworfen wird und Chaos stiftet, gibt es hier tatsächlich etwas mehr Tiefe über ein Trauma der Vergangenheit. Auch das Drama zwischen den Charakteren ist ganz gut gelungen. Der Konflikt zwischen Tsukiko und Tomie war dann auch sehr gut, und in einer typischen Tomie Art und Weise gelöst.
Der Film nimmt wirklich viel Zeit, was teilweise etwas am Pacing zerrt, aber den Film nie wirklich schlecht macht. Der Fokus auf die Charaktere hat mir gut gefallen, dabei fällt aber die titelgebende Figur etwas zu kurz. Man hätte gerne noch mehr mit ihrer Anziehungskraft, dem Wahn der dem einhergeht und immer in Mord mit stückelung endet. Aber dafür ist ihre Inszenierung sehr gut. Vor allem durch den obsessiven Polizisten, dessen Verhalten erst am Ende wirklich klar wird. Auch dass man ihr Gesicht nie wirklich sieht, hat das erste richtige Auftauchen von Tomie gut gehyped. Leider ist sie, meiner Meinung nach, nicht so gut gecastet. Miho Kanno ist nicht die Tomie, wie sie im Manga beschrieben wird. Es fehlen ihr die Gravitas, Schönheit und Boshaftigkeit. Ich hätte mir auch gewünscht, dass sie mehr mit ihrer Stimme spielt, gerade wenn es darum geht, andere zu manipulieren. Auch das markante Muttermal war etwas zu versteckt. Ich verstehe auch nicht, warum ihre Haare so strohig sind. Im Manga wird immer wieder Fokus darauf gelegt, wie perfekt ihre Haare sind und wie allein diese Menschen den Wahnsinn treiben können. Das mögen vielleicht Kleinigkeiten sein, aber gerade bei der titelgebenden Figur hätte ich mir etwas mehr Mühe gewünscht. Es wäre so, als ob Myke Meyers plötzlich eine Hasenmaske auf hätte und von einem dürren kleinen Typ gespielt werden würde. Aber als ersten Umsetzung seiner Werke in Form eines Filmes, macht der Film schon vieles richtig, kratzt aber leider an etwas Großartigem vorbei.
Zur Vorbereitung für eine Folge meines Podcasts schaue ich aktuell verschiedene Filme von Ridley Scott an, die ich noch nicht gesehen habe. The Counselor war trotz Starbesetzung komplett an mir vorbei gegangen und ich bin sehr froh, ihn jetzt nachgeholt zu haben.
Meiner Meinung nach funktioniert Ridley Scotts Regie am besten mit einem starken Drehbuch, an welches er selbst niemals Hand angelegt hat. The Counselor-Autor Cormac McCarthy ist nicht umsonst eine Drehbuch-Legende. The Road und No Country For Old Men liefern durch die bestechenden Charaktere, die großartig inszenierte Welt und die großartigen Dialoge brillante Vorlagen für moderne Filmklassiker. Hier kann sich The Counselor nicht nur mit einreihen, sondern (für mich persönlich) sogar ganz nach vorne stellen. Und das ist ein hohes Lob.
Der Film ist kein klassischer Thriller. Dafür sind die Charaktere und Dialoge viel zu sonderbar, aber genau das hat mir so gut gefallen. Gerade der titelgebende Counselor (Michael Fassbender), welcher sich Hals über Kopf verschätzt und bitter dafür bezahlen muss, hat mich sehr fasziniert. Statt eine konkrete Geschichte mit den entsprechenden Konflikten zu erzählen, ist The Counselor eher eine Art Proto-Thriller, der die einzelnen narrativen Elemente sehr abstrahiert präsentiert und somit Raum für Interpretationsspielräume lässt. Es hat schon seinen Grund, dass der Protagonist nur als “The Counselor” angesprochen wird. Er ist, genau wie all die anderen Charaktere, ein gewisser Archetyp, anhand dessen Schicksal der Film seine Geschichte erzählt. Die verschiedenen Facetten seiner Motive erarbeitet der Film dann anhand der weiteren Charaktere. Reiner (Javier Bardem) ist ein alter Hase im Geschäft und genießt die luxuriösen Früchte seiner dubiosen Machenschaften. Westray (Brad Pitt) ist sogar noch abgebrühter und jederzeit bereit, alle Zelte abzubrechen und irgendwo ein neues Leben anzufangen. Unter seinem Cowboyhut versteckt sich neben eindrücklichen Warnungen an den Counselor vor allem eine ordentliche Portion Zynismus. Die absolute Psycho-Queen ist aber Reiners Frau Malkina (großartig: Cameron Diaz), deren Motive neben Langeweile auch pure Lust an Zerstörung und Machtgier sind. Das Gegenstück zu diesen Figuren ist die liebevolle, naive und unschuldige Frau des Protagonisten, Laura (Penélope Cruz), die schließlich als tragisches Opfer seiner unüberlegten Handlungen endet.
Der Film geht auch sehr interessant mit der Frage um, was Erfolg bedeutet. Klar ist Reiner ein reicher Pimp mit einem Haufen Clubs und teurer Autos und auch Westray nagt bestimmt nicht gerade am Hungertuch. Aber so richtig erfüllt oder glücklich sind sie mit all dem Reichtum nie, weshalb sie eben weitermachen - wissend, dass es nie genug sein wird. Anders als der unbedarfte Counselor wissen sie jedoch auch um die unaufhaltsame Zerstörungskraft des Kartells und die Spur der Verwüstung, die seine Schergen hinterlassen. Die fast absurd wirkende Grausamkeit des Kartells wird meist eher indirekt dargestellt, die wenigen expliziten Szenen wie der ewige Passagier in dem Fass wirken dafür umso verstörender. Die Charaktere (inklusive “des Kartells” als Gegenspieler) sind jedoch so unglaublich gut und vielschichtig ausgearbeitet, dass die narrativen Motive etwas sehr Universelles entwickeln. Ähnlich wie bei Solaris oder Stalker sind die Charaktere nicht nur innerdiegetische Figuren, sondern stehen für eine gewisse Philosophie oder Lebensanschauung, welche durch die brillianten Dialoge erörtert werden. In jeder Szene sind die Reibungen der verschiedenen Weltanschauungen richtig spürbar, während hinter manchen sorgfältig ausgewählten Worten die düsteren Abgründe zu erahnen sind, die hinter der Fassade lauern. Das gibt dem Zuschauer auch viel Interpretationsspielraum. Man kann die Geschichte einfach für bare Münze nehmen, die für (fast) alle Beteiligten tragisch endet. Oder man sieht den Spießrutenlauf des Protagonisten als eine Art Fegefeuer, das seine Sünden läutert - ein brutales Zeugnis von unabwendbaren Konsequenzen seines Handelns. Allein dieser Aspekt macht The Counselor zu einem herausragenden und sehr besonderen Vertreter seines Genres.
Zusätzlich sind die Charaktere auch noch weitaus mehr als flache Archetypen. Javier Bardem spielt hier etwa eine seiner besten Rollen, mit hochgegelten Haaren und dem coolen Style eines 14-jährigen Skaterboys. Wirkt er meist verspielt und optimistisch (cocaine is one hell of a drug), scheint aber auch manchmal eine tiefe Traurigkeit durch die Maske. Reiner ist sich bewusst, auf was er sich eingelassen hat und stirbt letztendlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Brad Pitt zeigt als Westray ein sehr glaubhaftes Ausmaß an gesunder Paranoia, die ihn jedoch am Ende auch nicht schützen kann.
Einzig die aalglatte Malkina (meine neue persönliche Lieblingsrolle von Cameron Diaz) kalkuliert
Es ist auch meine persönliche lieblings leistung von Cameron Diaz, bei der man nie wirklich weiß woran man ist. Auch Reiner weiß, das er es besser wissen sollte, was ihn aber nicht daran hindert mit einem lächeln auf dem gesicht zu sterben. Und allen voran der Counselor selbst. Man sollte meinen das ein Anwalt, vor allem wenn er sich in diesem Milleu herumschlägt, selbst sehr clever und schlagfertig sein sollte. Aber das ist nicht der Fall. Man merkt schnell das er nicht gerade der hellste ist, wenn er mit einem falschen lächeln auf den Lippen die klipp und klaren Warnungen nicht wahrnimmt und dann am Ende an den Konsequenzen zerschellt.
Doch selbst neben dem grandiosen Drehbuch und den herausragenden schauspielerischen Leistung aller Beteiligten, ist das noch lange nicht alles. Rein handwerklich muss sich der Film nicht hinter einem No Country For Old Men oder einem Fincher Projekt verstecken. Sie übertreiben es etwas mit dem Color-Coding, aber das ist auch die einzige Kritik, die ich hier finden kann. Das Pacing ist großartig, mit ganz wohl gewählten Pausen und absichtlichen Lücken in der Narrative, um die Charaktere und Geschichte ständig spannend zu halten. Gewalt wird nicht sehr oft eingesetzt, wenn es aber mal zu einem Schusswechsel oder Draht Action kommt, hat es richtig Wucht. Die kleine Schießerei um den LKW war eine der besten, die ich seit langem gesehen habe, vor allem mit der sehr geerdeten Darstellung.
The Counselor ist ein absoluter Überraschungshit für mich, der es, nach nur einmal anschauen, zu einer meiner Lieblings- Thriller geschafft hat. Die universelle Geschichte und Charaktere, die schon fast philosophische Herangehensweise und gnadenlose Konsequenzen, erschaffen etwas, das ich so noch nie gesehen habe.
Der erste Indiana Jones ist nicht umsonst ein legendärer Kultfilm. Die Zusammenarbeiten von Film Schwergewichten George Lucas und Steven Spielberg, nehmen die Pulp Action Romane ihrer Kindheit und fassen es in einem neuen Trope zusammen, welche die Kulturlandschaft langanhaltend prägen wird.
Die Prolog-Szene ist nicht umsonst legendär, zeigt sich doch schon auf allen erdenklichen Mittel mit was für einem Film man es zu tun hat. Gestalten schlagen sich durch den Jungle zu einem Tempel, die meisten von ihnen sehr nervös. Der Anführer der Gruppe wird nicht gezeigt, bis einer seiner Kumpanen ihm in den Rücken schießen möchte, was Indie mit einem Peitschenhieb mit einem verschmitzten Lächeln und drohenden Bläsern verhindert. Im Verlauf der Szene erfährt man, das Indie sich auskennt, und geschickt die Falle umgeht. Er weiß scheinbar auch von der Falle um das goldene Idol, das schnell durch etwas ähnlich schweres ausgetauscht werden muss. Der Triumphierende Blick hält nicht lange, als der Tempel droht zusammen zu stürzen und er, nach einem weiteren Verrat, gerade noch so mit Hut, Peitsche und Artefakt entkommt. Doch draußen wartet schon sein widersacher, der ihm mit einem breiten Lächeln das Idol abnimmt und die Einheimischen auf ihn hetzt. Gerade noch so schafft er es zu dem Flugzeug und muss sich leider ein Versagen eingestehen. Dabei wird so vieles über unseren Protagonisten ausgesagt, ohne groß Worte zu verlieren. Er ist mutig, clever, etwas überheblich und weiß wann es Zeit zum Kämpfen und wann es Zeit zum Flüchten ist.
Die Geschichte ist dabei denkbar einfach. Man hat eine Jagd nach einem McGuffin, mit klar gekennzeichneten Charakteren und einer sehr dichotomen Einteilung von Gut und Böse. Dabei macht der Film das Clever, dass er sich die Nazis im Jahr 1936 herausgepickt hat. Innerdiegetisch sind sie zu der Zeit noch nicht die Monster, die sie in den Kriegsjahren und durch den Holocaust werden, aber wir als Zuschauer wissen das was passieren wird, und kann sie gleich direkter hassen. Dabei liegt das Böse hier eher in dem Potential, denn um wirkliche Gräueltaten auszuführen, gibt Indie ihnen keine Chance. Es ist auch so schön anzuhören, dass sie tatsächlich Deutsche genommen haben, um die Nazis zu spielen. Dabei merkt man auch, dass viele von ihnen keine wirklichen Schauspieler sind, sondern einfach nur frei Schnauze was raushauen. "Müde? Warum schläfst du? Wo ist dein Hemd? Wasch dich mal, damit du nicht aussiehst wie ein Schwein bei deinem Standgericht.” Einfach herrlich! Auch die Inszenierung des Spiegelbildes von Jones, Dr Belloq ist sehr gut gelungen: mit einer herrlichen Arroganz und Amoralität, Toht, der Wachsgesichtige Nazischerge, der mit einem einfachen Kleiderhänger die Leute in Angst versetzen kann und Marion, die jeden unter den Tisch trinken, und auch kräftig Arsch treten kann, wenn es der Film zulässt. Aber allen voran natürlich Indie! Ich war jetzt beim Ansehen tatsächlich überrascht, wie grau dieser Charakter irgendwie ist. Es ist ja klar, dass er kein richtiger Archäologie ist, wenn er ganze Tempel in Schutt und Asche legt, er ist nunmal eher ein Grabräuber mit einem Doktortitel. Eine Rolle, die nicht so wirklich zu ihm passt, denn Fedora und Peitsche stehen ihm doch besser als eine Brille und Kreide. Arrogant und fokussiert, geht er auch gerne mal weniger strahlende Pfade, um sein Ziel zu erreichen. Hier ist Belloq noch ein wunderbares Beispiel dafür, was aus Indie werden kann, wenn er nicht die Kurve bekommt. In der Prolog-Szene wird auch toll gezeigt, dass ‘Fake It Till You Make It’ nur so weit bringt, wenn ein gigantischer Stein hinter einem her rollt. Das wird auch toll in der Beziehung mit Marion erzählt. Dass er ein Womanizer ist, sieht man ja vor allem in der Unterrichtsstunde, bei der die jungen Mädchen um seine Gunst kämpfen. Trifft er aber auf jemanden, die schon engeren Kontakt mit ihm hatte, fängt er sich gleich eine Ohrfeige. Hier zeigt Indie auch etwas Entwicklung, als er Marion erst einmal gefesselt zurücklässt, um sein Ziel zu erreichen und später das Ziel komplett aufgibt, um sie zu retten. Besonders interessant finde ich auch die Inszenierung von Indie. Ähnlich wie in einem Comic, haben Lucas und Spielberg ein sofort wiedererkennbares Design gezaubert, das Indie auch schon früh als eine Art Ironie inszeniert. Als er die Bar von Marion betritt, sieht man sein Gesicht nicht, sondern einen übergroßen Schatten mit klassischem Hut und Pose. Sie haben es wirklich geschafft, all den Abenteuergeschichten eine Form zu geben, die heute noch als Standard genutzt wird. Sobald man einen Abenteurer im Jungle sieht, sagt man “Das ist wie Indiana Jones”. Für mich liegt das vor allem an der starken und etwas differenzierten Inszenierung unseres Helden. Er hat nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen. Er fliegt auch gerne mal aufs Maul oder sieht sich zu großen Aufgaben gegenüber. Aber durch cleveres und teilweise sehr selbstmörderisches Vorgehen schafft er es dann am Ende doch zu triumphieren.
Ich denke aber auch, dass Harrison Ford nicht unschuldig an dem Erfolg von Indie ist. Es ist kein Zufall, dass zwei der markantesten Charaktere: Han Solo und Indiana Jones, von ihm gemimt werden. Der Mann hat einfach Charm und bringt solche arrogante wie auch lieblichen Charaktere toll zum Leben.
Handwerklich ist der Film herausragend. Gerade die Kamera muss man hier hervorheben. Jede Einstellung ist sorgfältig gewählt, mit guter Mis-en-scene die dem Zuschauer weitere wertvolle Informationen bietet. Das Spiel von Licht und Schatten wird gerne genutzt, um gewisse Erwartungen aufzubauen oder wichtige Charaktere Momente herauszukristallisieren. Durch tolle Set-Pieces, vollgestopft mit Extras oder interessanten Objekten, mit denen gerne auch etwas gespielt wird. Das Pacing ist richtig gut und lässt nie einen wirklich langweiligen Moment aufkommen. Und die Special-Effekte sind für 1981 herausragend. Das ganze wird dann noch durch das klar fokussierte Drehbuch gesetzt, um ein rundes Erlebnis zu bieten.
Indiana Jones ist nicht umsonst Indiana Jones. Auch wenn ich nicht glaube, dass die Marke so viel Zugkraft hat, stehen doch vor allem die ersten drei Filme für ein ganzes Genre, das oft und gerne kopiert wird. Etwas das wahrscheinlich nie soweit gekommen wäre, hätten die Filmschaffenden sich nicht so viel Mühe in allen Bereichen gemacht. Jäger des Verlorenen Schatzes ist nach wie vor ein großartiger Film, der vor allem ALS Film, sehr viel hermacht.
PS: Ich habe auch über den Film in meinem Podcast gesprochen. Den Link zu der Folge findet ihr hier:
https://spotifyanchor-web.app.link/e/szwHCTAQRCb
Ich bin eigentlich kein Slasher Fan, aber ich bin sehr froh über solche Meta/Komödien Slasher wie ‘Behind the Mask’, ‘Happy Deathday’ und nun auch ‘The Final Girls’. Es wird herzlich mit allen möglichen Tropes aus dem Genre gespielt und mit einem neuen Twist versehen.
Anstatt dem Killer mit einer Kamera zu folgen wie bei ‘Behind the Mask’, werden hier unsere Charaktere direkt in einen Slasher hineingezogen. Camp Bloodbath ist ganz klar auf Freitag der 13te angelegt und hat dementsprechend auch eine große Kult-Fangemeinde. In einem Kino sollen die zwei Teile der Serie als Event laufen, und als Sondergast soll Max dem ganzen beiwohnen. Ihre Mutter war eine der Darstellerinnen und ist leider vor kurzem verstorben. In typischer Slasher Manier wird durch Drogenkonsum alsbald ein mächtiges Feuer ausgelöst, bei dem unsere Charaktere gerade noch so Zuflucht hinter der Leinwand finden.
Ab hier zieht das Konzept des Filmes. Sie finden sich auf einer Wiese wieder, ein gelber VW Bus kommt über die Straße gerollt, in dem Wagen sitzen die Protagonisten des Filmes Camp Bloodbath. Sind sie erst verdutzt, fahren sie einfach weiter, kommen aber etwa 90 Minuten wieder an gedüst, mit derselben Frage. Sie stecken im Film fest, und zwar so, dass sich alles wiederholt, wenn sie nichts machen. Jetzt könnte man hier ein ‘Täglich grüßt das Murmeltier’ erwarten, aber es ist dann doch etwas geradliniger. Aber der Film nutzt das Gimmick in großartiger Art und Weise. Backflashes haben einen aktiven Effekt auf die Welt. Wenn Gefahr auf sie zukommt, wird man durch einen bekannten Stinger gewarnt. Die Protagonisten von Camp Bloodbath sind genau wie man sie sich vorstellt. Der dämliche Jock, der nur so mit dämlichen Innuendos um sich herum wirft. Das sexy Mädchen, das ihre Brüste und Libido kaum im Zaum halten kann. Ein etwas sonderbarer, aber herzlicher Typ und die Rolle, die von Maxs Mutter verkörpert wurde, der naiven Clipboard-Trägerin. Es ist richtig schön, dass die Filmemacher den Comedians Raum zum Improvisieren gelassen haben, denn die Charaktere sind durch die Bank und in ihren Rollen großartig. Allen voran die Dauer horny Tina, die dann an Adderal herankommt und eine zum Wegwerfen komische Performance abliefert.
Und wie es viele solche Meta Komödien über das Slasher Genre machen, kommt man trotz all dem Augenzwinkern und metagaming, trotzdem in den Genuss des Genres. Ein paar Fallen und Tötungsarten waren schon echt übel (im positiven Sinne) und der finale Kampf könnte genau so aus einem Anime herausgesprungen sein. Das Pacing ist auch richtig gut, inklusive ein paar richtig tollen Charakter Momente die ich so nicht erwartet hätte. Die verstorbene Mutter als ein Charakter in einem Film wiederzutreffen ist ganz interessant. Vor allem als Trauerverarbeitung und dann auch als lebensbejahende Projektionsfläche für Max. Gerade die letzte Szene mit Nancy hatte schon echt wucht, war es in dem Moment auch egal ob das was gerade passiert, wirklich passiert oder sich doch nur im Kopf von Max sich abspielt.
The Final Girls ist ein Film, der genau weiß was er möchte und das mit Bravour umsetzt. Die Geschichte, mit all ihrem Gimmick und die Charaktere entwickeln sich toll im Verlauf des Filmes weiter. Auch handwerklich bietet der Film einiges, mit großartigen Kameraeinstellungen und einem sehr guten Händchen von Slasher Inszenierung. Auch die Sets, in ihren kräftigen Farben und Formen, waren ein wirklicher Augenschmaus. Für alle Fans des Genres ist der Film ein Muss. Aber auch sonst kann man wirklich viel Spaß mit dem Film haben.
Searching war schon ein interessanter Film. Es hat sich das Stilmittel (böse Zungen mögen auch Gimmick sagen) der Bildschirm Bezogenheit angenommen und es gnadenlos durchgezogen. Missing ist jetzt quasi der Nachfolger und macht all das, was Searching gemacht hat, noch ein Stückchen besser.
Es ist toll, wie sich Missing auch voll und ganz auf das Konzept einlässt. Selbst wenn man das Gefühl hat, dass sie den Blick über den Bildschirm irgendwie brechen, wird es schnell neu kontextualisiert. Dabei wird auch geschickt mit verschiedenen Bildschirmen gespielt und sich auch manchmal die Freiheit genommen, nicht nur karg den ganzen Desktop darzustellen. Als Purist könnte man sich darüber aufregen, aber es soll ja immer noch ein unterhaltsames Medium sein. Und das schafft der Film! Nicht nur durch das Schauspiel in der Spiegelung der Kamera, sondern auch im Umgang mit dem Computer und den verschiedenen Programmen. Es ist auch schön, dass die Technologien dabei nicht nur schnödes Beiwerk sind, sondern integral für die Erweiterung der Narrative ist. Ob es nun Kommentarspalten oder geheime Videoaufnahmen sind.
Die Geschichte an sich ist auch gut gelungen. Die störrische Teenagerin June lebt in Abwesenheit ihrer Mutter ihre Rebellische Phase aus, bis die Mutter nicht am Flughafen erscheint. Ab hier entwickelt sich ein spannender Thriller, der mit wirklich einigen effektiven Twists die Geschichte ständig frisch hält. Klar sind manche Aspekte vielleicht etwas übertrieben, aber das stört die Suspension of Disbelief kein Stückchen.
Wenn man Konzept Filme mag und/oder auf Thriller steht, kann man mit Missing nicht viel falsch machen. Auf eine immer noch erfrischende Art und Weise wird eine sehr spannende Geschichte erzählt, die gerne mal alles Kopf stehen lässt.
Searching ist ein aufregender Film! Vor allem für jemand wie mich, der sehr darauf steht, wenn sich Künstler eine Richtung verschreiben oder mit Absicht limitieren, um die Kreativität zu fördern. Das Gimmick hier ist, dass alles aus der Perspektive des Bildschirms stattfindet. Ein Thriller in Zeiten von Google und Co.
Und das geht überraschend gut. Nicht nur werden hier echte Programme und Seiten genutzt, um den Zuschauer an der Investigation teilhaben zu lassen. Es wird auch geschickt mit verschiedenen Betriebssystemen eine Reise durch die Zeit geboten, die mit XP anfängt und mit einem Mac aufhört. In solchen Momenten wird auch schön mit der gewissen Nostalgie der Zuschauer gespielt. Das Spiel der Mise-en-scene ist wirklich gut gelungen, wo mit einer einfachen Norton Warnung unzählige Gefühle und Erinnerungen innerdiegetisch wie auch außerhalb davon hervorgerufen werden.. Es ist auch toll, dass Film seinem Stilmittel treu bleibt, und selbst Nachrichten in einem Browserfenster abspielen und dann halt auch abgebrochen werden, wenn man nichts hören möchte. Auch die Reaktion der Gesellschaft, sobald der Fall publik wurde, ist sehr interessant. Zwischen mitleid, clout-chasing und brutaler gleichgültigkeit. Etwas, das man selbst live verfolgen kann, wenn man ähnliche Tragödien auf Twitter oder sonst wo folgt.
Aber warum dann die schlechte Bewertung? Ich mag den Film konzeptuell sehr, und er holt auch viel aus dem Konzept heraus. Aber, die Geschichte an sich ist leider nicht sehr gut. Der Anfang ist toll aufgebaut und man fühlt richtig mit dem Vater mit. Das langsame suche nach Indizien ist auch toll gemacht. Aber irgendwann verstrickt der Film sich selbst in seinen Twists. Die Geschichte mit dem Bruder hätte man ruhig weglassen können, vor allem weil sie eh nicht sehr weit führt und eigentlich nur ein roter Hering ist. Und das ist eine Krux, die mir in diesem Film negativ aufgestoßen ist. Natürlich werfen Thriller oder WhoDunIt gerne mal mit roten Heringen um sich, um den Pfad zur Wahrheit zu verschleiern. Aber hier fand ich es etwas viel, und auch bevormundend/herablassend. Vor allem als der Vater herausfindet dass das Mädchen aus dem Chat nur das Bild eines Fotomodels ist, haben sie wirklich etwas zu dick aufgetragen. Man folgt dieser wilden Gänsejagd und am Ende ist es etwas ganz anderes aus einer komplett anderen Richtung. Und auch das Happy Ending, auch wenn ich es an sich gut finde, fühlt sich sehr hart ermogelt an. Und leider bekommt man im Verlauf des Filmes leider auch kein besseres Gespür für irgendeine der Charaktere, was sehr schade ist. Ich denke mir das gerade Margot sehr interessant hätte sein können. Introvertiert, ohne Freunde, findet sie im Netz halt und lebt ein Leben von dem der Vater keine Ahnung hatte.
Aber das was den Film bei mir noch mal ein paar Punkte gekostet hat, ist die Inszenierung. Mit dem Stilmittel wird toll und geschick umgegangen. Aber oftmals waren mir die Szenen zu kitschig. Ob es nun die ersten Minuten sind, die sich ein wenig im Drehbuch von Up inspirieren lassen haben, oder ob es eine heftige Auseinandersetzung zwischen zwei Brüdern ist, alles fühlt sich sehr kitschig an. Daran ist vor allem die Musik schuld, die sich manchmal wie von einer Free Sound Library zusammengeworfen anhört. Das ist natürlich nicht ganz fair dem Composer gegenüber, aber gerade bei mir war die Songauswahl ein total ausfall.
We Are What We Are macht handwerklich alles richtig und auch die Geschichte ist an sich interessant. Leider raubt aber der fehlende Fokus dem Film das solide Fundament.
Der Hauptfokus des Films ist das mysteriöse Verhalten der Familie. Warum leben sie so zurückgezogen? Warum hat die Mutter schleimige schwarze Klumpen erbrochen, bevor sie gestorben ist? Warum zittern die Eltern so? Was hat es mit dem Keller auf sich und wie hängt das alles mit der Familiengeschichte zusammen? Dann gibt es noch ein geheimnisvolles Ritual und die beiden Töchter. Die rebellische Rose will am liebsten vor dem Geheimnis und der Zeremonie wegrennen, während die frischgebackene Hausherrin Iris selbst nicht weiß was sie möchte und außerhalb ihrer Familie nur Augen für den örtlichen Deputy (Wyatt Russell) hat. Diese Handlungsstränge werden aber immer nur vage angerissen, sodass deren Auflösung im Verlauf des Films sich leider auch nicht wirklich lohnend anfühlt.
Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um den Dorfarzt (Michael Parks), dessen Tochter vor vielen Jahren verschwunden ist. Nun entfachen zufällig gefundene Knochenreste seine längst erloschene Hoffnung, wenigstens ihre sterblichen Überreste bestatten zu können. Persönlich fand ich diesen Aspekt am interessantesten. Man spürt, wie sehr er immer noch unter dem Verlust seiner Tochter leidet und tatsächlich hofft, dass sie tot ist - alles ist besser als die quälende Ungewissheit. Aber auch seine Geschichte bleibt eher peripher, was sehr schade ist. Der größte Fokus wird in We Are What We Are stattdessen auf den strengen Patriarchen der Familie gelegt, der leider im Verlauf des Films wenig Entwicklung oder andere Facetten zeigt.
Handwerklich ist der Film gut. Die Kamera fängt die Stimmung im Raum gut ein, etwa indem der Vater als übergroß dargestellt wird. Pacing, Schnitt, Storytelling und Schauspieler sind auch alle gut… bis auf Wyatt Russell. Ich verstehe nicht, warum er immer wieder Rollen bekommt. Ich kann mir natürlich denken, dass es an Papa Kurt liegt, aber der hat leider auch allen Charme und jegliches Talent behalten. Russell Jr. hat bisher noch keine einzige Rolle gespielt, die mich begeistert hat und auch in We Are What We Are ist sein Charakter eher schwach. Ein charismatischer Schauspieler, mit dem die Chemie mit Iris stimmt, hätte da noch etwas mehr herausholen können.
Letztendlich fehlt dem Film aber einfach der Fokus. Der Sonntag kommt und geht und mit ihm das Ritual. Der Film geht weiter und bleibt dabei gefühlt einfach in der Luft hängen. Im Finale wurde dann versucht, noch möglichst viele Handlungsstränge zusammenzuführen, aber gerade das Verhalten der Schwestern wirkt trotzdem nicht wirklich logisch aufgebaut. Durch die sonderbare Struktur verliert We Are What We Are viel Potential. Die Kerngeschichte ist leider viel zu früh abgeschlossen, während mehrere Nebenhandlungen im Finale ein Ende finden, ohne zuvor genügend Raum zum Atmen bekommen zu haben.
Behind the Mask ist ein Film von Horror-Fans für Horror-Fans. Eine herrliche Erörterung von Horror-Slasher, die einem das Genre mal von einer anderen Seite zeigen.
In der Mockumentary folgen wir dem Alltag eines übernatürlichen Slasher Killers. Man sieht, wie er sorgsam seine Opfer aussucht, wie er die Umgebung und alles drum herum feinfühlig für die große Nacht vorbereitet, und was so ein Killer sonst noch so in seiner Freizeit macht. Man merkt, dass die Filmemacher Slasher Filmen lieben. Es werden gekonnt alle möglichen Tropes und Plothole-Fallen aufgegriffen und clever damit gespielt. Von dem Urban Myth, zu einer erfundenen Geschichte welche das Opfer mit dem Täter verbinden soll, bis hin zum genauen Ablauf der großen Hatz. Das alles ist so herrlich inszeniert, mit einem schönen Spiel aus grottiger Fernsehdokumentation, einer meta Narrative mit der Crew, die dann allesamt in einem klassischen Slasher endet. Und das ist auch das Schöne dabei! Wenn man Bock auf Slasher hat, bekommt man trotz all dem Behind The Scenes und Relativierung von Charakteren und deren Motivation, am Ende doch einen guten, klassischen Slasher zu sehen.
Behind the Mask ist ein Film, der sich ein Konzept annimmt und dabei auf herrliche Art und Weise damit spielt. Selbst wenn man eigentlich kein Fan von Slasher Horror ist (wie zum Beispiel ich), wird man sehr viel Spaß in diesem Film haben.
The Strangers hat ein fantastisch einfaches Konzept, das äußerst effektiv eingesetzt wird. Mehrere Unbekannte brechen in das Haus von Menschen ein, um sie psychisch wie physisch zu foltern. Ihr Ziel ist dabei genau das: Zermürbung um den Zerstörung Wille. Das macht die Prämisse auch so gruselig, denn es ist vollkommen egal, wer ihre Opfer sind, oder was sie getan haben. Sie waren da, abgeschieden von dem Rest der Welt und das hat schon gereicht.
Man wird sofort in eine unangenehme Situation hineingeworfen, bei der man nicht genau weiß was vor sich geht. Ein Heiratsantrag ist scheinbar schief gelaufen und wir betrachten die betretene Nachwirkung davon. Alles ist voller Rosen und Kerzen. Es hätte ein schöner, romantischer Moment werden sollen, und nun muss man sich in diesem Scherbenhaufen Gedanken um die Zukunft machen. Das ist an sich schon eine interessante Prämisse, aber alles dreht sich noch einmal als ein fremdes Mädchen an die Tür klopft. Zuerst fühlt sich unsere Protagonistin noch sicher, doch das ändert sich schnell. Die Einstellung als sie einfach nur dasteht und eine Figur sie im Hintergrund beobachtet ist gruselig. Und es wird auch nicht besser als sie endlich merkt was los ist. Sie ruft ihren fast Verlobten und alles scheint okay zu sein, bis sich das Chaos immer weiter ausbreitet. Mit kruden Mitteln wird verhindert, dass sie entkommen können, geschweige denn um Hilfe rufen. Die einzige Hilfe, die noch kommt, wird dabei auf brutale Art und Weise ausgeschaltet. Es geht nun um das Überleben und Überlisten. Dabei ist eigentlich schnell klar, das es kein wirkliches Entkommen gibt. Ohne großen Plan und Strategie (außer die Vorbereitung) laufen die Peiniger einfach nur umher und schlagen zu wenn es gerade passt. Über die ganze Laufzeit sieht man unsere zwei Protagonisten immer wieder versuchen und scheitern, bis zum bitteren und zynischen ende.
Der Film hat mich sehr an Funny Games von Michael Haneke erinnert, mit einer ähnlichen Prämisse, leider nur etwas plumper umgesetzt. Aber das macht nichts, da die Herangehensweise eine andere ist (In The Strangers wollen die Peiniger nicht auch noch die Zuschauer quälen) und diese den Film recht gut hinbekommt. Was den Film gut hinbekommt, ist die dichte Atmosphäre. Alles, was passiert, wirkt sehr nah und erfahrbar. Auch wie sich die Protagonisten verhalten ist nicht dumm, aber dennoch wirkungslos. Es gibt auch einige Einstellungen, die einem im Gedächtnis bleiben. Hervorheben muss ich nochmal die Szene mit Howard Glenn, die mich wirklich eiskalt erwischt hat und ich so schnell nicht wieder vergessen werde. Es ist auch toll, wie die Filmemacher die angespannte Atmosphäre des fehlgeschlagenen Antrags nutzen, um dann geschickt in den Horror überzuleiten.
The Strangers ist ein recht guter Horrorfilm, der das Home Invasion Genre nicht neu erfindet, aber in seiner Art und Weise sehr gut umsetzt.
Overlord ist ein sonderbarer Film. Oberflächlich macht er alles richtig. Es hat eine interessante Situation, gut genuge Schauspieler, ein bizarres Mysterium und ein Drehbuch, das Szene um Szene den Plot voran bringt. Aber am Ende wollte es bei mir einfach nicht aufgehen.
Es könnte daran liegen, das man vieles in Overlord woanders schon besser gesehen hat. Klar ist der Vergleich etwas unfair, aber wenn man eben die Luft Invasion auf die Normandie zeigt und tatsächlich auch mit der 101 Airborn Division, dann muss es sich eben mit Band of Brothers messen. Durch unzählige Kriegsfilme, hat man auch die Dynamik zwischen den Soldaten schon besser und interessanter erlebt. Im Allgemeinen fehlt es den Charakteren etwas an Persönlichkeit. Allen voran unser Protagonist, der dann auch teilweise sehr fragwürdige Entscheidungen trifft. Es hilft auch nicht, dass das fade Weißbrot Hollywoods, Wyatt Russel, eine wichtige Rolle spielt. Ich versteh nicht wie er immer wieder an neue Rollen in Hollywood kommen kann. Es muss an seinem Vater liegen, den durch Talent oder besonders gutes Schauspiel hat er sich meiner Meinung nach noch nie geglänzt. So ist er auch hier ein stoischer, cooler Typ, und mehr nicht.
Immerhin nimmt der Film an Fahrt an, als sie eine junge Französin finden und bei ihr unterkommen, mit dem Ziel, einen Radio Störsender zu zerstören. Sie, ihr Bruder und die sonderbar kranke Tante bringen dann zum ersten Mal frischen Wind in den Film. Auch der SS Hauptsturmführer Wafner ist dann ein eigentlich ganz interessanter Charakter. Menschenverachtend, bösartig und einfallsreich, ist er selbst festgebunden noch eine ernstzunehmende Gefahr. Und dann kommt man in das Labor, in dem perfide Experimente durchgeführt werden. Hier glänzt der Film mit verstörenden Bildern und großartigem Set-Design. Tatsächlich ist der daraus resultierende Konflikt, wie man jetzt den Störsender angehen soll, auch ganz gut gemacht. Das kulminiert dann in einem abgedrehten Finale, bei dem Supersoldaten sich feucht fröhlich eins aufs Fressbrett geben.
Handwerklich ist der Film voll in Ordnung. Die Kamera macht einen guten Job, der Schnitt hält das pacing gut am Leben. Die Sets schwanken von billigen CGI zu wirklich beeindruckenden und grotesken Szenen. Ich hab nur das Gefühl, das man noch mehr aus dem Film hätte herausholen können. Gerade der erste Besuch im Labor, beflügelt die Fantasie. Man erwartet vielleicht ähnliche Kreaturen wie in The Thing. Aber am Ende sind es dann doch einfach nur zwei Testo Typen mit kaputten Gesichtern. Es ist schade das der Horror so kurz kommt. Denn das Konzept hinter dem Serum ist interessant und perfide. Auch die Mutanten, allen voran der Kopf, der um Hilfe schreit, hat was wirklich Verstörendes. Aber leider geht der Film nie tiefer in diese Richtung.
Wenn man auf diese Art Film steht, hat man sicherlich ne gute Zeit. Wenn nicht, dann kann es leicht passieren, dass man etwas enttäuscht wird.
Wayne's World ist ein interessanter Film für mich, weil ich erst viel später gelernt habe, dass die Charaktere eigentlich aus Saturday Night Live stammen. Ohne diesen Kontext schaut man den Film (denke ich) ganz anders, als wenn man die Figuren schon aus diversen Sketchen kennt. Als Kind und Jugendlicher hat mir der Film gut gefallen, aber ich war mir nicht sicher, ob eine so schrullige Komödie sich über all die Jahre gehalten hat. Tatsächlich war der Film dann sogar noch besser, als ich ihn in Erinnerung hatte!
Wayne's World ist Geek-Klamauk vom Feinsten. Mike Meyers, Dana Carvey, Rob Lowe, Tia Carrera und selbst Alice Cooper liefern allesamt sehr unterhaltsame Performances. Die Geschichte ist dabei denkbar einfach: Die Amateur-Show Wayne’s World soll den Sprung ins große Fernsehen machen. Ein aalglatter Geschäftsmann zieht dafür einen altmodischen, naiven Sponsor an Land und versucht, Wayne und Garth auf Spur zu bringen. Außerdem gibt es da noch Rockerin Cassandra, ein staatlich zertifiziertes Babe und Waynes Freundin… Der Film ist dabei aus eher locker aneinander geknüpften Sketch-artigen Szenen zusammengestellt. Die Rahmenhandlung bleibt daher eher weniger hängen, was aber auch nicht weiter schlimm ist. Es sind auch nicht alle Sketche gleich lustig, aber manche Momente (z. B. die Autofahrt mit der Bohemian Rhapsody Performance) sind schon zu Recht absolut ikonisch. Darüber hinaus sind auch einige der Figuren überraschend hintergründig, z. B. Rob Lowe als eloquenter Berufspsychopath. Auch Dana Carveys Darstellung von Garth hat mich ziemlich beeindruckt. Seine Schrulligkeit kommt zwar oft seltsam rüber, aber es wird sich nie wirklich bösartig darüber lustig gemacht. Stattdessen ist Garth einfach Garth, a neurodivergent icon.
Wayne’s World ist ein richtiger Feelgood-Film, den man immer wieder anschauen und sich berieseln lassen kann. Und wenn einem das Ende nicht passt, gibt es sogar eine Auswahl an alternativen Enden! Ach, und noch ein letzter Satz: Lassie mit der Frise von Garth ist eine unterschätzte Szene!!
Nimona ist zu Recht in aller Munde! Der Film geht großartig mit seinem ernsten Kernthema um und ist gleichzeitig ein toller Fantasy-Spaß für Groß und Klein, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Die oberflächlich recht simple Geschichte spielt in einer Welt, deren Gesellschaftsordnung stark von einem mittelalterlichen Heldenmythos geprägt ist. Doch nach tausend Jahren haben manche Traditionen einfach ausgedient und so hat es Ballister (Riz Ahmed) trotz seiner niederen Herkunft tatsächlich zum Ritter geschafft. Eine düstere Intrige lässt es jedoch schon bald so aussehen, als hätte er die Königin auf dem Gewissen. Nun steht Ballister unfreiwillig als Bösewicht da und muss noch dazu das Chaos in den Griff bekommen, das sein selbsternannter Sidekick Nimona verursacht. Legenden, Identität, Menschlichkeit, Pragmatismus und Freundschaft werden in Nimona sehr feinfühlig zu sympathischen Figuren verwoben. Dank der klaren Regie und des dynamischen Schnitts ist das Pacing sehr leichtfüßig und die Laufzeit schmilzt nur so dahin. Das Drehbuch punktet mit witzigen und herzerweichend Dialogen, unterstützt vom ausdrucksstarken Character Design. Die Animationen sind großartig, auch wenn mir persönlich leider manche Hintergründe oder Gegenstände nicht so gut gefallen haben. Gerade Nimonas zahllose shenanigans dürfen (fantastisch vertont von Chloe Grace Moretz) richtig glänzen. Das cartoonishe Sounddesign und der spaßige Soundtrack runden Nimona zu einem durchweg unterhaltsamen Werk ab. Alle Situationen werden mit einer Leichtigkeit getragen, die einen auch in düsteren Momenten den Humor nicht vergessen lässt. Dazu hat der Film auch noch ein tolles Finale, das die Motive genau auf den Punkt bringt und garantiert kein Auge trocken lässt.
Genau das macht Nimona auch über all die anderen guten Aspekte hinaus herausragend. Nimona wirkt erst einmal wie ein sehr einseitiger Charakter, doch hinter der quirligen Fassade steckt viel mehr. I’m not a girl. I’m Nimona!, beharrt Nimona. Das sture Beharren auf dieser Andersartigkeit mag auf den ersten Blick kindisch erscheinen, macht Nimona aber zur ehrlichen Heldin all jener, die sich von anderen nicht in eine Schublade stecken lassen wollen. Das muss man symbolisch auch nicht unbedingt auf das Thema Gender übertragen, wie es der Film nahelegt. In Nimona können sich alle wiederfinden, deren Andersartigkeit auf gesellschaftliche Ausgrenzung stößt. Auch die Konflikte zwischen Bal, Ambrosius und der Direktorin sind sehr gelungen. Die Liebe und Loyalität der zwei Ritter wird durch die politischen Intrigen brutal auf die Probe gestellt. Auch den Einblick in die Zusammenhänge mit der Gründungslegende habe ich nicht erwartet, aber sehr genossen. Wer sich der eigenen Tradition und Geschichte bewusst sein will, muss diese im Wandel der Zeit auch stets kritisch reflektieren. Sonst bleibt nichts mehr von der großen Ritterin Gloreth übrig als eine leere Hülle.
Leider findet in Nimona die Welt außerhalb der Stadtmauern wenig Zeit zum Atmen. Es wird zwar kurz mal angekratzt, aber bis die Welt am Ende dann plötzlich offen ist, wird nie wirklich darauf eingegangen. Das hätte man sich dann irgendwie auch gleich sparen können, selbst wenn es nur eine symbolische Bedeutung haben sollte. Das ist aber auch wirklich mein einziger kleiner Kritikpunkt an dem Film, den ich sonst uneingeschränkt wärmstens empfehle!
Wieder ein Horrorfilm aus Australien. Und beim Überfliegen des Inhalts kann man sich natürlich den Vergleich zu Babadook nicht verkneifen. Aber der Film geht dann doch seinen eigenen Weg, der weniger Interpretationsspielraum lässt, aber dafür seine ganz eigene Geschichte erzählen möchte.
Am siebten Geburtstag von Mia, verändert sich etwas. Aus dem aufgeweckten und offenen Mädchen, wird etwas sonderbares und verschrobenes. Sie wird ausfälliger gegen andere Kinder, und spricht über Dinge die sie nicht wissen sollte. Ihre Mutter hat an sich schon genügend Stress, mit dem verstorbenen Vater, der entfremdeten Mutter und den voranschreiten des Ex-Mannes. Das es ihr zu viel ist, lässt sie auch ihre Tochter spüren, auch wenn nicht mit absicht. So stellt sie sich natürlich die Frage, als das komische Verhalten anfängt, wie sie daran schuld ist und was sie machen kann. Etwas scheint auch in ihr zu Pochen und möchte an die Oberfläche, was sie mit aller gewalt unterdrückt. Mia möchte unbedingt zu ihrer Großmutter, die mit Demenz im Altenheim ihre letzten Tage verbringen. Dort gibt sie sich als die verlorene Schwester der Protagonistin zu erkennen und löst dabei nur noch mehr Chaos aus. Die Sturheit der Mutter trifft auf die Sturheit der Tochter und sie reiben sich immer weiter gegenseitig auf. Die Visionen von vergangenen Tagen häufen sich und wirken immer Realer, bis sich die Tragödie wiederholt, abermals mit zermürbenden Konsequenzen.
Der Film lebt hauptsächlich von der Performance von Sarah Snook, und sie macht einen fantastischen Job. Leider einen schon zu guten Job, da man eigentlich nie wirklich mit Sarah so richtig mitfühlen möchte. Man hat das Gefühl, sie hat eine Neutrale, eine furchtbare und eine noch grausamere Seite an sich, sodass man selten etwas wirklich Gutes an ihr sieht. Der Verfall ist toll dargestellt und auch an sich gut inszeniert, aber es fehlt der Bezug. Auch das Mysterium, warum gerade das jetzt passiert, was passiert, ist für mich dann doch etwas zu vage gehalten. Man hat das Bild des Hasens, die Hasenmaske und das ab und an wechseln von Mia und Alice. Aber es wird nie wirklich klar, was jetzt dort passiert ist. Hat Babadook ähnliche Vagheit in seinem Drehbuch, kann man sich aber besser und klarer in die Situation und deren Interpretation hineinversetzen. Das fehlt hier leider. Ich fand tatsächlich die Beziehung zwischen der Mutter von Sarah und der Darstellung von Demenz sehr interessant. Vor allem wenn es darum ging, dass der tiefe Hass gegen Sarah irgendwann wieder herausgekrochen ist. Aber sonst ist mir vieles leider doch zu flach gefallen. Die Beziehung zwischen Sarah und ihrem Ex-Mann und mit ihrem Vater hätte man gerne noch etwas ausfeilen können.
Nichtsdestotrotz ist Run Rabbit Run ein interessanter Film, der ein Drama mit Horror Elementen verbindet. Über vergangene Sünden und ob man diese Heilen oder davor wegrennen kann und inwiefern diese eine Person definieren.
Extraction 2 ist ein astreiner Action Film, mit einer Actionsequenz wie man sie so noch nie auf der Leinwand gesehen hat.
Der Film beginnt etwas sonderbar für ein Actionfilm. Unser Held Tyler hat das Ende des letzten Filmes gerade noch so überlebt und muss jetzt durch eine langwierige und schmerzhafte Reha. Es wirkt so, als ob er wohl nie wieder in Aktion treten kann. Aber genau wie es ein guter Action-Held handhaben sollte, braucht er nur wieder etwas Motivation. Er soll die Schwester seiner Ex-Frau aus einem Gefängnis und gleichzeitig aus einer toxischen Beziehung herausholen. Und hier beginnt die Sequenz, von der ich am Anfang gesprochen habe. Ein Longshot, der in einem Truck beginnt, über den Ausbruch, in eine wilde Verfolgungsjagd, durch ein Metallwerk geht und dann in einer brutalen Flucht in einem Zug endet. Wenn man aufmerksam zuschaut, erkennt man natürlich die Momente, in denen man einen Schnitt hätte verstecken können, aber das ändert nichts an der Grandiosität der Szene, die den Charakteren sowie den Zuschauer kaum Luft zum Atmen lässt. Die Action ist, wie im Vorgänger auch schon, grandios inszeniert. Es ist so schön das endlich Actionfilme von denen Leuten gemacht werden, die Action am besten verstehen. Denn auch wenn die späteren Actionsequenzen nicht ganz an die Genialität des Ausbruchs rankommen, sind sie dennoch großartig gemacht. Wilde Explosionen und schießereien rund um ein Hochhaus in Wien, die dann mit einem atemberaubenden Kampf auf einem Glasdach mündet, das wohlige erinnerungen an den finalen Kampf in MI: Fallout hervorrufen. Und dann noch der letzte Kampf, bei dem die kriminelle Familie endgültig und mit mächtiger Wucht ausgeschaltet wird.
Hier auch nochmal ein Lob an alle Schauspieler. Allen voran natürlich Chris Hemsworth und Golshifteh Farahani, die beide die Action auf ihre eigene Art und Weise brachial und überzeugend rüberbringen. Story Wise ist der Film etwas dünn. Die Motivationen sind alle klar und es gibt tatsächlich auch nicht viele interessante Twists. Aber das ist okay, denn die Geschichte, die Extraction 2 erzählen möchte, erzählt sie gut. Das Spiel zwischen Tyler und seiner Ex-Frau war überraschend wirkungsvoll, vor allem gegen Ende, als endlich mal gesagt wurde, was gesagt werden musste. Aber auch die erweiterte Familie des Bösewichtes und die Dynamik innerhalb der kleinen, geretteten Familie ist gut gelungen. Vor allem von dem ältesten, dessen Identitätsfindung ihn ständig schwanken lässt. Hier muss ich auch Andro Japaridze loben, er hat die Rolle mit Bravour gespielt und vor allem am Ende eine wirklich grandiose Leistung gebracht.
Extraction 2 ist ein Film der genau weiß was er sein möchte und das mit bravour schafft. Selbst die Aspekte, die mir normalerweise eher schlecht aufstoßen, hat sich so gut in den rest eingereiht, das es mich nie wirklich gestört hat. Für alle Action-Fans kann man den Film nur wärmstens ans Herz legen, denn allein für die Ausbruch Sequenz lohnt sich der Film!
Aus irgendeinem Grund war ich als Teenager ganz vernarrt in diesen Film. Alle paar Monate hab ich den Film reingehauen und mich dabei köstlich amüsiert. So war ich jetzt natürlich etwas nervös, als ich den Film meiner Frau zeigen wollte. Gerade Komödien, die etwas raunchy sind, altern teilweise sehr schlecht… und ja, er ist nicht so gut gealtert und der Film hat auch viele Schwächen. Aber dennoch hat Jay und Silent Bob Schlagen Zurück nach wie vor einen gewissen Charme.
Dass die Prämisse und der Plot des Filmes schwachsinnig ist, ist allen Beteiligten bekannt. Ein Film über einen zwei Drogendealer, einer, der das Maul nicht auf, und einer, der es nicht zu bekommt. Zusammen machen sie sich auf den Weg nach Hollywood, um einen Film über sie zu verhindern. Das ist es im Grunde! Denn wie bei vielen McGuffin Filmen: der Weg ist das Ziel! Sie werden in lauter wahnwitzigen Situationen geworfen, aus denen sie sich dann oftmals auf ähnlich absurde Art und Weise wieder raus boxen.
Der Humor ist dabei etwas Hit and Miss. Einiges, was ich als Teenager super lustig fand, bekommt heute nur noch ein müdes Lächeln von mir. Der Film ist teilweise auch eher schlecht gealtert, wofür er eigentlich nichts kann. Aber alleine der Fokus auf Miramax lässt bei einem ein unangenehmes Gefühl aufkommen. Auch die homophoben Witze, auch wenn tatsächlich auch innerdiegetisch ganz gut damit umgegangen wird, sind einfach nicht lustig. Aber viele Dinge funktionieren nach wie vor: Die CLIT, der Möchtegern FBI Agent, Good Will Hunting 2 und natürlich das Verprügeln von Hatern. Etwas das ich überraschend fand, war wie viel ich von dem Film noch zitieren konnte. Schön das ich teilweise probleme habe mir Namen zu merken, aber wenn es um den Fuck Song von Jay und Silent Bob Schlagen Zurück geht, hab ich den Text, Rhytmus und Noten sofort im Kopf.
Wenn man den Film damals gemocht hat, wird man gut unterhalten. Aber ich stecke eindeutig zu tief drin, mit meiner dicken Nostalgie Brille, um den Film ernsthaft weiterempfehlen zu können.
Wer mich kennt oder schon länger meine Kritiken liest weiß, dass ich Kammerspiele liebe. Ich bin auch ein großer SciFi-Fan und mag vor allem High Concept Geschichten, die ihre Charaktere gut entwickeln. Coherence ist daher für mich ein wahr gewordener Traum.
Wer den Film noch nicht gesehen hat: Nicht weiterlesen! Schaut erst den Film und lasst euch ganz unvoreingenommen darauf ein!
Der Film beginnt mit einem fröhlichen Abendessen im Freundeskreis, während am Himmel ein Komet vorbeizieht, der die Erde alle hundert Jahre passiert. Beiläufig erzählt Em eine Anekdote über sonderbare Ereignisse während der letzten Passage des Kometen. Die Geschichte hat mir tatsächlich die Haare zu Berge stehen lassen: Eine Frau alarmiert die Polizei, da ihr Mann nach Hause gekommen ist. Sie wisse aber, dass das unmöglich sei, da sie ihren Mann gestern umgebracht habe. Wer ist also der Mann in ihrem Haus? Der Gedanke, den Halt in der Realität so zu verlieren (wie es z. B. auch beim Capgras-Syndrom der Fall sein kann), ist für mich unfassbar verstörend. Nach einem Stromausfall entwickelt die Situation auch für die Dinner-Gäste immer komplexere und bizarrere Züge. Schließlich begreifen sie (und die Zuschauer), dass die sogenannte Discoherence der Realität durch den Kometen aufgelöst zu sein scheint. Normalerweise führt eine Entscheidung zu einer Realität, in der sich die entsprechenden Konsequenzen (Aktionen, Reaktionen, Zustände) manifestieren. Getrennt davon existieren zahllose weitere Realitäten (quasi multiple Paralleluniversen), in denen sich entsprechende Konsequenzen anderer Entscheidungen manifestieren. Schrödingers Katze ist sowohl lebendig als auch tot, bis sich diese Realität durch das Öffnen der Box in zwei separate Universen spaltet: eins, in dem die Katze lebendig ist, und eins, in dem die Katze tot ist. Unter dem Einfluss des Kometen verschwimmt jedoch die Grenze zwischen diesen separaten Realitäten - in Schrödingers Box würden analog zwei Katzen liegen, eine tote und eine lebende. In “Coherence” gibt es folglich nicht nur eine Dinner-Gesellschaft, sondern mehrere (deren Anzahl im Verlauf der Handlung natürlich exponentiell steigt, da jede einzelne Entscheidung jeder Person weitere Realitäten kreiert). Diese Erkenntnis kommt für die Charaktere jedoch viel zu spät, da gleich zu Beginn des Stromausfalls mehrere Personen das Haus verlassen und Kontakt mit einer anderen Realität haben. Der Film illustriert dieses Konzept brillant anhand kleinster Unterschiede wie Boxen mit roten, grünen und blauen Knicklichtern, unterschiedlich farbige Stifte oder ein zufällig ausgewähltes Objekt als Token zur Identifikation. Großartig dargestellt ist auch, wie die Angst vor den Anderen auf grausam ironische Weise zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird. Nur wenn man reinen Herzens ist und anderen gegenüber niemals feindselige Gedanken hat, ist man auch vor sich selbst sicher. Doch sobald sich auch nur ein Funke des Zweifels breitmacht, hat man schon verloren. Fatalismus: Mike weiß, wozu er fähig ist, wenn er trinkt. Diese Angst vor sich selbst bekämpft er alsbald am Küchenboden sitzend, Weinflasche in der Hand. Wieviel freien Willen haben die Charaktere noch und können sie die Situation überhaupt beeinflussen? Bei jeder Entscheidung spürt man als Zuschauer richtig das Gewicht der Konsequenzen. Dabei ist auch toll, wie vage der Film endet, da man nicht weiß, inwiefern sich die Realität auflöst.
Der Film packt das komplexe Konzept der Discoherence bei den Hörnern und landet damit bei mir einen glatten Homerun. Das Paradox wird innerdiegetisch mit großem Geschick aufgebaut, erklärt und aus vielen interessanten Perspektiven betrachtet und durchleuchtet, genial dargestellt etwa durch die Box mit den Würfelzahlen und dem zufälligen Gegenstand. Das Ausmaß der Machtlosigkeit angesichts der ungeheuerlichen Situation wird gegen Ende sehr gut verdeutlicht und zeigt auch nochmal das menschliche Bedürfnis nach Beständigkeit, inklusive Angst vor allem Fremden.
Handwerklich ist der Film herausragend, vor allem, wenn man die Produktionsumstände betrachtet. Coherence ist ein Beweis, dass man nicht Millionen von Dollar braucht, um einen guten Film zu machen. Natürlich gehört viel Arbeit und auch Glück dazu, aber manchmal reicht einfach die stringente Umsetzung eines großartigen Drehbuchs. Autor und Regisseur J. W. Byrkit hat diesbezüglich mit Coherence einen derart unerwarteten Geniestreich gelandet, dass mich beim Nachlesen über die Produktion des Films fast der Schlag getroffen hätte: Der Film ist zum großen Teil improvisiert! Statt eines Drehbuchs erhielten die Schauspieler:innen nur Informationen über die Charaktere sowie vor jeder Szene Zettel mit stichpunktartigen Anweisungen. Außerdem schleuste Byrkit seinen Co-Autor Alex Manugian als “Maulwurf” ein, indem er ihn die Rolle des Amir mimen ließ. Die beiden hatten über ein Jahr an dem Szenario und den Charakteren gefeilt, um die grobe Struktur des Films herauszuarbeiten. Alle weiteren Schauspieler:innen hatten jedoch keine Ahnung, wohin die Reise gehen würde. Überraschung und Verwirrung der Charaktere z. B. nach dem plötzlichen Stromausfall sind folglich echt, aber auch Gespräche, Strategien und Szenen allgemein entwickeln sich sehr organisch. Aufgeregt platzen Charaktere mit ihren Gedanken heraus und unterbrechen andere. Jemand denkt laut und gewisse Erkenntnisse werfen plötzlich ein ganz anderes Licht auf die bisherigen Ereignisse. Das Konzept ist wirklich brillant umgesetzt, sodass wie durch ein Wunder am Ende tatsächlich eine komplexe, aber kohärente Geschichte erzählt wird. Auch das Pacing des Films ist herausragend; beim Schnitt hatte wirklich jemand ein verdammt gutes Feingefühl. Wenn jeder Dialog vorgeschrieben gewesen wäre, hätte man die Szenen einfach aneinander klatschen können. Aber die besten Bilder von zwei Kameras herauszusuchen, die wichtigen Aspekte der Szene und der Charaktere einzufangen und dann noch so tight zu schneiden, ist eine wahnsinnige Leistung. Und dabei kommt das Ganze so leichtfüßig daher, dass man es noch nicht mal merkt! Die Schauspieler:innen sind ebenfalls alle großartig und stellen die wachsende Panik und Paranoia sehr gut dar. Was mit einem gemeinsamen Abendessen im Freundeskreis begonnen hat, führt die Figuren an die Grenzen der Realität und ihres Verstandes.
Wes Anderson Filme sind so eine Sache. So einzigartig sie jeweils auch sind, so ähnlich sind sie doch meistens untereinander. Jede neue Geschichte kommt mit anderen erzählerischen und gestalterischen Kniffen daher, aber ein Wes Anderson Film ist eben ein Wes Anderson Film. Mir gefallen viele seiner Filme, daher finde ich das auch gar nicht schlimm. Das Problem ist eher, dass ich automatisch recht hohe Erwartungen habe und wenn mich der Film nicht ganz so packt, landet er eben härter als manch andere.
Wenige Filmschaffende haben einen so unverwechselbaren visuellen und erzählerischen Stil wie Wes Anderson. Asteroid City ist dabei keine Ausnahme, ein kleiner cleverer Kniff lässt den Stil sogar noch kohärenter wirken.
Was uns als Asteroid City präsentiert wird, ist innerdiegetisch ein Theaterstück. Ein Erzähler (Bryan Cranston) führt durch die kreativen und persönlichen Schwierigkeiten des Autors (Edward Norton), des Regisseurs (Adrien Brody) und seines Hauptdarstellers (Jason Schwartzman). Ich sehe die Narrative immer gerne auf interessante Art und Weise mit der Inszenierung verknüpft, da es die Charaktere und die Handlung so interessant und vielschichtig macht. Andersons notorisch überdrehte Charaktere bekommen durch dieses Rollen-Spiel auch nochmals einen etwas anderen Farbton. In dieser Hinsicht ist der Film ein Hochgenuss, aber leider hat mir dann trotzdem etwas gefehlt, weshalb ich den Film nicht uneingeschränkt empfehlen würde. Die Vielschichtigkeit des Films ist kreativ und interessant, aber ich habe einen roten Faden oder ein erkennbares zentrales Thema vermisst. Die vielen Charaktere und Ebenen sind eben doch auch etwas verwirrend, somit konnte ich für mich kein Motiv klar herauslesen. Mir gefällt die Auslegung meiner Frau, dass vor allem anhand von Jason Schwartzmans Charakter(en) Trauer und Trauma erörtert werden. Es gibt auch sicherlich noch viele weitere Interpretationsmöglichkeiten, aber für mich ist der Film insgesamt zu vage.
Für Anderson-Fans ist Asteroid City eine klare Empfehlung. Ansonsten bekommt man einen visuell großartigen und narrativ interessantesten Film mit einigem Verwirrungspotenzial.
2012 ist die Antwort auf die Frage: Was, wenn das Musikvideo zu Californication einfach weiterlaufen würde?
Eigentlich wollten wir 2012 nur anschauen, um uns darüber lustig zu machen. Roland Emmerich hat als Regisseur durch Filme wie Moonfall und The Day After Tomorrow nicht gerade einen hohen Stellenwert bei mir. Zumindest oberflächlich wirkt auch die Prämisse “Apokalypse durch Ende des Maya-Kalenders” wie eine Steilvorlage für eine weitere filmische Vollkatastrophe (pun intended). Somit war ich mehr als überrascht, dass der Film tatsächlich irgendwie… gut ist. Und auf gewisse Weise bis zum Ende genau das abliefert, was er verspricht.
Von Wissenschaftler:innen nicht vorhergesehene Sonneneruptionen erhitzen in kürzester Zeit den Kern der Erde massiv und die tektonischen Platten fangen an, auf der sich verflüssigenden Erdkruste umher zu schwimmen wie riesige Bojen. Die Handlung folgt mehreren Charakteren, darunter ein verzweifelter Wissenschaftler, ein pragmatischer Politiker und ein mit sich ringender Autor/Familienvater. Um deren Überlebenskampf während der Apokalypse zu erzählen, braucht 2012 keine dramatischen Twists oder eine verwickelte Handlung. Die Prämisse ist einerseits überraschend gut ausgearbeitet, aber auch mit der nötigen Selbstironie umgesetzt. Keiner der Charaktere besticht durch eine komplexe, vielschichtige Persönlichkeit, aber ihr jeweiliges Verhalten ist glaubhaft und konsistent. Der Verschwörungstheoretiker (Woody Harrelson) zelebriert die Apokalypse (im wahrsten Sinne des Wortes) lieber mit einem phänomenalen Abgang, anstatt wie bei anderen Filmen als überflüssiger Comedic Relief Character mitzukommen. Der extreme Pragmatismus des Politikers lässt ihn leicht als Bösewicht erscheinen, macht ihn im Ernst der Situation aber tatsächlich zum stillen Helden. Der gnadenlose Opportunismus des russischen Oligarchen ist nicht gerade überraschend, aber clever immer im passenden Moment eingesetzt. Man weiß einfach, woran man mit den Charakteren ist, und das ist sehr angenehm. So mag man am Ende des Filmes alle Charaktere irgendwie. Keiner von ihnen ist perfekt. Die meisten sind eigentlich eher nervig, aber auch extrem menschlich und damit sympathisch. Auch die weniger prominenten Nebencharaktere sind in diesem Kontext sehr gut eingesetzt, um den Film um weitere Facetten zu bereichern.
Der Film profitiert aber auch davon, dass er sich gleichzeitig an den richtigen Stellen nicht zu ernst nimmt. So machen auch Szenen Spaß, in denen Charaktere mit ihrem Propellerflugzeug haarscharf herabstürzenden Trümmern und durch die Luft segelnden U-Bahnen ausweichen, als wären sie in einem Uncharted Spiel. Der Film schafft für mich tatsächlich den Spagat zwischen spektakulärer Unterhaltung und emotionalen, genuin verstörenden Szenen. Das Drehbuch steckt im Allgemeinen voller herrlich übertriebener Momente und dummer Witze, die aber zum Charme des Filmes beitragen.
Trotz der buchstäblichen Weltuntergangsstimmung hat 2012 letztlich aber auch etwas sehr Optimistisches an sich. Die Figuren zeigen Heldenmut, Aufopferungsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, inneren Frieden und vor allem unbeugsame Hoffnung. Die Sintflut-Symbolik hätte mich eigentlich darauf vorbereiten sollen, aber als dann die Tiere in die Arche geladen werden, hatte ich tatsächlich Pipi in den Augen. Ich lege 2012 wirklich jedem ans Herz, der sich nicht von der oberflächlich bescheuerten Prämisse abschrecken lässt. Roland Emmerich kann es zu meiner Überraschung doch, wenn er möchte.
Der neue Hellraiser Film hat mich eigentlich hauptsächlich wegen dem Creature Design des genialen Keith Thompson (The Ritual, No One Gets Out Alive) interessiert. Ich habe bis jetzt noch keine Clive Barker Verfilmung gesehen, nur einmal vor vielen Jahren etwas Clive Barkers Jericho gespielt. Mit dem Regisseur- und Autorenduo, die auch für den großartigen Film „The House at Night“ verantwortlich waren, hatte ich auf jeden Fall hohe Erwartungen.
Für einen Hellraiser Neuling ist der Anfang des Films mit der mysteriösen Box und dem Menschenopfer für eine fremde Gottheit auch recht vielversprechend. Nach dem kleinen Vorgeschmack bekommt man aber erstmal die Protagonistin des Filmes vorgestellt, Riley. Diese will endlich von den Drogen loskommen und nicht mehr bei ihrem stets besorgten großen Bruder wohnen müssen. Ihr Freund Trevor bringt sie aber auf dumme Gedanken und die beiden stehlen bei einem gemeinsamen Einbruch in ein Lagerhaus das sonderbare Artefakt vom Anfang. Obwohl sie nichts damit anzufangen weiß, behält Riley das Objekt und aktiviert es schließlich durch das Lösen des Puzzles. Versehentlich verletzt sie mit der erschienenen Klinge jedoch ihren Bruder Matt und markiert ihn damit als Opfer für die nächste Stufe. Ihn zu retten ist fortan ihre Hauptmotivation.
Da Horror zu meinen Lieblingsgenres gehört, habe ich sicher hunderte mal gute und mal weniger gute Horrorfilme gesehen. Aber was ich gar nicht mehr ab kann, ist die Struktur vieler vor allem mittelmäßiger bis schlechter Horrorfilme. Es gibt ein mysteriöses Vorkommen oder Artefakt - nennen wir es mal ETWAS - das langsam Menschen verschwinden oder sterben lässt. Auf der Suche nach mehr Informationen finden die Protagonist:innen in irgendeiner Anstalt/Krankenhaus/Bibliothek Düsteres über ETWAS heraus. Währenddessen fordert ETWAS weitere Opfer und die Zeit wird langsam knapp. In letzter Sekunde wird eine Lösung gefunden, aber es ist schon zu spät - und am Ende kriegen die Charaktere doch noch die Kurve und der Film ein Happy End. Oder auch nicht, wenn der Film erfolgreich ist, muss es ja ein Sequel geben. Ich kann es einfach nicht mehr sehen, vor allem wenn keine wirkliche Tiefe dahintersteckt. Das ist auch die ganz große Krux an Hellraiser (2022). Die Narrative ist so austauschbar, dass sich durch ein Ersetzen der Hellraiser-Elemente mit einem beliebigen anderen Dämon/Fluch/Geist nichts ändern würde. Am Anfang hält einen noch das Mysterium um die Box und deren Konfigurationen bei der Stange, die Regeln um das Puzzle und die Cenobites werden aber im Laufe des Films nicht gut ausgearbeitet. Sich an der Klinge zu schneiden bedeutet manchmal instant death, manchmal nicht. Voight ruft am Ende das Mutterschiff, während Colin und Riley noch leben. Ist das Versklaven der Opfer nur ein Bonus für die Cenobites, oder reicht einfach nur Blut? Warum braucht Voight so einen verworrenen Plan - hätte er das Experiment nicht mit irgendwelchen Obdachlosen als Opfer beliebig oft wiederholen können? Die Wahl der Opfer sowie die Tötungsart scheinen wirklich komplett arbiträr, was die entsprechenden Szenen nicht wirklich spannend macht. Klar lassen die Cenobites ihrer Fantasie freien Lauf, aber an sich ist es immer das gleiche Schema.
Das ist wirklich ärgerlich, vor allem weil der Film handwerklich nicht schlecht ist. Keith Thompsons Creature Design ist fantastisch und auch die visuellen Effekte sind großartig. Das Sound Design und der Soundtrack sind ebenfalls gut, aber das verschenkte Potenzial von Geschichte und Charakteren machen den Film leider kaputt. Der Film traut sich am Ende leider nicht, etwas Neues oder Interessantes zu erzählen und versinkt so im Morast der enttäuschenden Mittelmäßigkeit.
Kann der zehnte Teil einer Filmserie eigentlich überhaupt noch irgendwen überzeugen? Die Fast and Furious Filme haben ihre Höhen und Tiefen. Wenn man Glück hat, bekommt man zwei Stunden hirnlose, aber spaßige und mitreißende Action. Hat man Pech, wird diese Action von der Story überwuchert, die schon lange nicht mehr weiß, was sie erzählen möchte.
Fast X beginnt überraschenderweise mit einem Rückblick auf die Handlung von Fast Five: Toretto & Co. stehlen auf spektakuläre Weise den Tresorraum eines Gangsterbosses und legen bei der anschließenden Verfolgungsjagd halb Rio in Schutt und Asche. So weit, so bekannt. Jetzt neu: Der Sohn des damaligen Bösewichts hat im Gegensatz zu seinem Vater die wilde Jagd überlebt und ist nun auf Rache aus. Als Story für einen Fast and Furious Film sollte das eigentlich ausreichen. Fast X ist aber obendrein vollgestopft mit halbgaren Handlungssträngen und wird dabei keinem der Charaktere (von denen es eindeutig zu viele gibt) gerecht. Roman und die Gang gehen dem Bösewicht auf den Leim und müssen nun irgendwie überleben. Bei der Rettungsmission wird Letty (oh nein, nicht Letty!) von der Agency festgenommen und findet sich in einem sonderbaren SciFi-Gefängnis in alter Bekanntschaft wieder. Währenddessen gehen Onkel Jacob und Little B auf ihr eigenes lustiges Spy Kids Abenteuer und Dom stolpert alleine der Spur von Dante Reyes (Jason Momoa) nach. Scheint ein bisschen viel zu sein? Korrekt. Es ist nicht nur zu viel, sondern die einzelnen Handlungsstränge passen auch hinten und vorne nicht zusammen. Während das Spy Kids Abenteuer eigentlich immer Spaß gemacht hat, waren die Gefängnis-Geschichte und alles rund um die Gang nicht sehr spannend gemacht. Vor allem die einzelnen Szenen mit der Gang haben quasi nichts miteinander zu tun und fühlen sich eher wie Zeitverschwendung an, weil die Figuren am Ende genauso dumm dastehen wie zuvor. Dante als Charakter ist zwar großartig, sein hinterhältiger Masterplan ist aber mehr hole als plot. Die stärkste Geschichte ist die um Dom, aber auch sie wird von allem, was keine Action ist, brutal ausgebremst. Emotionen kann Regisseur Louis Leterrier einfach gar nicht gut. In Fast X bekommt man Beziehungs-Cringe aufgetischt, wie man ihn schon lange nicht mehr gesehen hat. Furchtbare Dialoge, oh so dramatische Twists und schwülstige musikalische Untermalung machen das Anschauen teilweise schon echt anstrengend. Fast drei Stunden Laufzeit münden am Schluss noch nicht mal in ein Happy End: der Film ist nur Teil 1.
Handwerklich ist der Film in Ordnung. Die Verfolgungsjagden und großen Explosionen sind toll inszeniert, Schießereien und Kämpfe hingegen eher subpar. Man merkt auch, dass teilweise beim CGI gespart wurde. Gerade bei einem Shot gegen Ende, als Dom einen Knopf drückt und man mitverfolgen kann, wie das NOZ dem Auto nochmal Schub gibt, musste ich tatsächlich laut lachen. Für einige Lacher (aber im guten Sinne) sorgt auch Jason Momoa, der Dante Reyes herrlich unhinged mit viel Charme und Witz spielt. Ein wirklich brillanter Bösewicht in einem anderweitig enttäuschenden Film, der mich an Raúl Julias Verkörperung von M. Bison in der Street Fighter Verfilmung erinnert.
Wenn man ein großer Fan von Fast and Furious ist, kann man sicherlich Spaß mit dem Film haben. Ich bekomme aber schon länger das Gefühl, dass den Machern die Ideen ausgehen und finde es deswegen ganz gut, dass die Serie bald ein Ende findet.
Der Actionfilm “Sisu” ist recht interessant und hat eine wirkliche tolle Struktur, ist aber letztendlich bei mir an seiner Vagheit gescheitert.
Die Geschichte ist simpel: Der Protagonist hat genug vom Krieg gegen die deutschen Besatzer und versucht sein Glück als Goldgräber in der finnischen Tundra. Er wird auch tatsächlich fündig, läuft jedoch kurz darauf einer Nazi-Patrouille in die Arme und muss folglich sich und seinen Schatz verteidigen. Ich mag geradlinige Actionfilme, die sich ganz auf das Wesentliche konzentrieren. Mad Max: Fury Road, The Raid, Dredd und die ganze John Wick Serie sind sehr geradlinig aufgebaut und profitieren extrem davon. Eine minimalistische Story braucht aber Charaktere mit einer klaren Motivation. Bei Korpi ist das nicht der Fall, was auch nicht zwingend daran liegt, dass er nichts sagt. Man bekommt einfach kein Gefühl dafür, was er möchte und wofür er kämpft. Warum will er überhaupt Gold? Er wirkt nicht wirklich so, als ob er sich viel aus Geld macht. Vor allem wenn man die Vorgeschichte erfährt, verstehe ich noch viel weniger, was sein Ziel ist. Er hat keine Familie, zu der er zurückkehren kann. Er wurde von Land und Leuten quasi ins Mörder-Exil geschickt, wo er seit vielen Jahren in der Wildnis lebt. Was möchte er mit dem Geld machen? Wenn er es am Ende des Filmes seiner Familie vorgesetzt hätte, oder irgendwie seine Freiheit von den Finnen gekauft hätte, hätte das alles mehr Sinn ergeben. Natürlich ist später auch Rache eine Motivation, aber der Ausgangspunkt der Handlung leuchtet mir nicht so richtig ein. Vielleicht mache ich mir dabei auch zu viele Gedanken, aber das Ganze hat es auch nicht leicht gemacht, mit ihm mitzufühlen. Seine scheinbare Unsterblichkeit soll badass wirken, wird aber irgendwann eher langweilig. Er kann quasi unendlich lange die Luft anhalten und döst höchstens mal kurz, während er am Galgen hängt. Wenn er schon all diese wahnwitzigen Situationen überlebt hat, warum soll es dann spannend sein, wenn er sich an einem abhebenden Flugzeug festklammert? Zugegebenermaßen ist gerade John Wick da sehr ähnlich, das Pacing des Filmes hält einen aber bei der Stange. Bei John Wick hat man eigentlich nonstop Action mit etwas Hintergrund-Story dazwischen, um das Interesse hoch zu halten. Sisu auf der anderen Seite nimmt sich viel zu viel Zeit zwischen den Actionszenen und entwickelt dabei leider rein gar nichts.
Warum vergleiche ich den Film überhaupt die ganze Zeit mit John Wick? Es könnte daran liegen, dass der Trailer einem weismachen wollte, dass man genau das zu sehen bekommt. Die gezeigten Ausschnitte versprechen nonstop Action, coole Charaktere und eine mitreißende Handlung, was einen sehr gespannt auf den Film macht. Am Ende bekommt man nichts davon, weshalb der Film bei mir auch nur so mittelmäßig ausgefallen ist. Die Charaktere sind extrem blass und entwickeln sich im Verlauf der Handlung kaum. Zuerst wirkte der SS-Kommandant als Bösewicht sehr interessant. Ganz klar genießt er seine Aufgabe, in Finnland nur verbrannte Erde zurückzulassen. Als er dann das Gold erspäht, sieht er nicht nur schnellen Reichtum, sondern er denkt noch weiter. Falls Deutschland den Krieg verlieren sollte, könnte das Gold ihm den Kopf retten. Im Verlauf der Handlung hätte ich mir aber noch mehr gewünscht; von mir aus auch gerne, dass er sich als Übermensch sieht und seine wirre Vorstellung vom Wikingerkrieg im Kampf gegen Korpi beweisen möchte. Sisu nimmt sich aber leider auch viel zu ernst, weshalb die etwas abgedrehteren Szenen (von denen viele schon im Trailer verbraten wurden) letztendlich fehl am Platz wirken. An sich ist Sisu schon recht unterhaltsam, mich hat der Film aber eher enttäuscht.
Ich bin ein großer Fan von Mike Flanagan und deshalb war ich natürlich auch an seinem über Kickstarter finanzierten ersten Filmprojekt “Absentia” interessiert. Der Film lässt Flanagans Erzählweise und in welche Richtung er sich mit späteren Projekten noch entwickeln wird schon erahnen. Trotzdem fehlt Absentia noch etwas das Feingefühl, das ein Markenzeichen von Flanagans späteren Filmen ist.
Die Prämisse ist schonmal sehr interessant. Nachdem der Mann von Tricia seit sieben Jahren verschwunden ist, soll er endgültig für tot erklärt werden. Dieser Schritt mag vielleicht klein und bürokratisch wirken, aber der Unterschied zwischen verschwunden, aber möglicherweise noch am Leben und urkundlich bescheinigt tot ist doch gewaltig. In dieser schweren Zeit steht Tricia ihre weltenbummelnde Schwester Callie bei, die dank eines Twelve Step Programs endlich clean ist und mit einem Kreuz in der Tasche Beistand leisten möchte. Dieses Szenario ist Flanagan, wie man ihn kennt und liebt. Hinter dem Horror steht ein grundsolides Drama, welches die Gruselmomente nur noch verstärkt. Die Vorstellung, einen geliebten Menschen plötzlich zu verlieren, ist verstörend. Wie Tricia noch dazu das eigene Leben für Jahre auf Eis zu legen, ist zermürbend. Bereits der erste Shot des Films zeigt, wie sie die vergilbten Gesucht-Poster von den Laternen nimmt und neue aufhängt. Ein Bild, das einfach weh tut. Die geisterhaften Erscheinungen, die sie heimsuchen, kann man auch sehr gut als Trauma auslegen, geschürt von der ständigen Angst, einen geliebten Menschen zu enttäuschen. Das passt auch gut zu Tricias Vorstellungen möglicher Szenarien, z.B. dass ihr Mann das Gedächtnis verloren hat und in einem neuen Leben glücklich ist, oder dass er als NSA-Agent untertauchen musste. Der Schritt, ihn endlich für tot erklären zu lassen, ist hart, aber auch wichtig für die Verarbeitung ihres eigenen Traumas. Aber gerade als sie einen Schritt nach vorne wagt, gerät alles wieder ins Wanken. Eine Szene, in der ihre Schwiegereltern voller Vorfreude im Türrahmen stehen und dann mit gebrochenen und versteinerten Gesichtern eine unfassbare Nachricht verarbeiten, ist schon echt hart. In solchen Momenten glänzt der Film.
Aber warum dann nur eine 4? So gut das Drama auch ist und so toll es auch am Anfang mit den Horrorelementen verbunden ist, machen Callies Charakter und der Handlungsstrang mit der Unterführung letztlich alles kaputt. Prinzipiell ist die Idee einer Art Pforte zwischen den Welten ganz spannend, aber insgesamt war die Geschichte dann doch einfach zu unausgereift. Die Regeln sind viel zu unklar, ebenso geht der Film kaum darauf ein, was dieses Wesen ist und was es mit der Zwischenwelt auf sich hat. Unbekannte Elemente sind toll für Horror, aber wenn sie zu vage sind, dann kann es eben alles und nichts sein - und das ist hier der Fall. Auch Callies Nachforschungen und die auf den Tisch geknallten “Beweise” passen nicht so recht zum Rest des Films. Dadurch wird zu viel Lore aufgebaut, die nirgendwo hinführt und deshalb ziemlich fehl am Platz wirkt. Auch die angedeutete Tausch Mechanik wird inkonsequent umgesetzt: bei Callie hat sie eine große Wirkung, bei dem Sohn des verschwundenen Nachbarn überhaupt nicht. Spätestens das Ende verstrickt sich so sehr in diesen Wirrungen, dass die interessanten dramatischen Aspekte etwas kaputt gehen. Der Film ist auch sehr langatmig und bietet über lange Strecken wenig Neues. Man merkt, dass Flanagan auf die 90 Minuten kommen wollte, aber die Geschichte gibt das nicht ganz her.
Der Film nimmt sich eines interessanten Themas an und geht auf der psychologischen Ebene auch sehr gut und interessant damit um. Leider verwässert er aber die eigenen Ideale mit eher miesen Horror-Aspekten und einer unausgegorenen Welt. Flanagan hätte entweder das Drehbuch noch etwas ausarbeiten sollen, oder lieber einen Kurzfilm drehen.
X war für mich ein Überraschung Hit. Den rein vom Klappentext, ist es nicht wirklich ein Film für mich. Aber die Machart, Erzählweise und den großartigen Blick fürs Detail, haben den Film dann wirklich herausragend für mich gemacht hat. So war die Vorfreude auf Pearl natürlich groß, vor allem mit dem touch der Surrealität, welche man ja schon in den Trailern gesehen hat. Wenn man X nicht gesehen hat, kann man den Film genauso genießen. Man erkennt halt viele Orte und Kleinigkeiten wieder, aber das wars dann auch. Der Film geht auch in eine ganz andere Richtung als X. Er ist viel verspielter, bricht gerne mal die Grenze zwischen der Traumwelt von Pearl und der Realität. Und der Film ist auch sehr auf die Titelgebende Figur fokussiert, sodass man selten ein Blick vorbei, an ihrer Wahrnehmung erhaschen kann.
Pearl ist unglücklich. Sie fühlt sich zu etwas größerem Bestimmt. Einst wollte sie mit ihrem reichen Mann flüchten, doch dann kam der Krieg dazwischen. Jetzt hängt sie fest, wartend auf jemanden, der sie im Stich gelassen hat, mit ihrer strengen Mutter und dem pflegebedürftigen Vater. Selbst der kleine Eskapismus, das Kino, bei dem sie sich am liebsten selbst auf der Leinwand sehen möchte, wird von der strikten Mutter madig gemacht. Sie flüchtet sich immer weiter in ihre eigene Fantasie, begleitet von einem Orchester und knallenden Farben. Der Bogen kann aber nur so lange gespannt werden, bis er zu zerbersten droht. Missverstanden von der Welt, macht sie alsbald ihren Frust deutend. Die kleine Flucht nach vorne, mit dem Projektor-Mann führt nirgendwo hin, genauso auch wie ein Vortanzen. Für seinen Traum muss man alles geben, und das macht Pearl dann, auf eine brutale und eindeutige Art und Weise.
Man merkt das der Film nicht einfach nur daraus entstanden ist, dass man das Franchise ausschlachten möchte. Es ist ein Passion Projekt, das nicht umsonst Mia Goth als Co-Autorin und Produzentin mit aufführt. Die groteske, alte Schrulle aus X wird hier auf fantastische und magische Art und Weise beleuchtet. Die kolossale Diskrepanz die Pearl verspürt wird hier fantastisch in Szene gesetzt, von einer Protagonistin die selber nicht genau weiß was sie möchte. Der Film scheut dabei auch nicht davor zurück, etwas anders zu sein. Ob es nun eine lange Sex-Szene zwischen Pearl und einer Vogelscheuche ist, oder dem langen und großartigen Monolog von Pearl gegen Ende. Der Film nimmt sich die Zeit die er brauch um das zu erzählen, was er erzählen möchte.
Pearl ist ein tolles Drama, das auch gerne in das bizarre und brutale abtaucht. Ein faszinierender Einblick in eine sich schälende Protagonistin, die aus der unmögliche Flucht, sich tief in sich selbst, und den eigenen Mikrokosmos vergräbt.