Punsha - Kommentare

Alle Kommentare von Punsha

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    Die Zerstörung eines Radiosenders mitten in einer Piano-Aufnahme - Damit beginnt Roman Polanskis preisgekröntes Holocaust-Drama "Der Pianist" und symbolisiert sogleich die nahende Destruktion jeglicher Kultur. In Zeiten des Krieges braucht man schließlich keine Musiker wie Władysław Szpilman, der in diesem erschreckenden Moment noch nicht einmal ahnt, was auf ihn und seine Familie zukommt und zu welchen Untaten der Krieg fähig ist. Wie eindringlich Polanski anfänglich den herannahenden Schrecken, die soziale Ausgrenzung der Juden und die fassungslosen Reaktionen aus der Sicht einer gewöhnlichen Familie schildert, ist schlichtweg herausragend. Erst sind es nur erniedrigende Verbote, dann sterben die ersten Menschen auf offener Straße. Der Zuschauer ist, wie soll es auch anders sein, fassungslos - von den Gräueltaten der Nazis, aber auch von der Illoyalität einflussreicherer Juden. Ohne die Verbrechen des Nationalsozialismus in irgendeiner Weise zu verharmlosen, verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Gut und Böse. Klare Feindbilder, und das macht diesen Film so ehrlich, existieren nicht. Verstört von schonungsloser Brutalität und ergriffen vom unausweichlichen Schicksal der Juden gleitet der Zuschauer langsam in die zweite Hälfte des Films in der sich seine zweieinhalbstündige Länge hin und wieder bemerkbar macht, denn sie ist bestimmt vom großen Warten: Warten auf das Ende des Krieges, auf Befreiung, vielleicht aber auch nur das Warten auf den Tod. Die vorangegangene Grausamkeit der Nazis rückt wieder etwas in den Hintergrund, allerdings ohne die ständige Angst und Bedrohung zu verharmlosen. Stattdessen widmet sich Polanski in der unabwendbaren Isolation nun ungehindert der Person Władysław Szpilman und seinem unbändigen Überlebenswillen, bestärkt in der Hoffnung endlich wieder Klavier spielen zu können. Dass es schließlich so weit kam, hat er nichtsdestotrotz ausgerechnet einem Deutschen zu verdanken, dessen Wohltat den letztlichen Sieg durch die Alliierten zur Nebensache degradiert und stattdessen das Wesentliche auf den kleinen Menschen lenkt: Die Güte und Vernunft eines Einzelnen kann durch keine noch so starke Ideologie gebrochen werden. Die Geburt eines Helden in einer Zeit, die keine Helden braucht.

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    • Schön, dass du so viel Rückgrat zeigst wenigstens ehrlich zu sagen, dass diese Staffel wirklich nicht das Gelbe vom Ei ist, anstatt das ganze Dschungelcamp ein weiteres Mal, einfach nur um anzuecken, in den Himmel zu loben. So gern ich das Dschungelcamp auch bisher hatte: Diese siebte Staffel ist wirklich nichts, auch wegen der Moderation, aber vor allem wegen der Kandidaten, auch wenn ich (gerade deshalb) weniger als sonst reingeschaut habe. Gestern war dann der Tiefpunkt angelangt, sodass mich sogar (erstmalig) Fremdscham überkam. Man kann nur hoffen, dass die nächstes Jahr ein glücklicheres Händchen mit den Kandidaten haben. Wie wärs mit Rolf Eden? Oder wo steckt eigentlich Jörg Kachelmann? ^^

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      • "Zwar biete Stoker wieder eine gewohnt überragende optische Pracht, die hier jedoch zum Selbstzweck verkommt und absolut nichts hinter der Fassade zu verbergen scheint."
        Also genau wie bei Oldboy sozusagen.

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        • 5
          Punsha 21.01.2013, 17:15 Geändert 25.10.2015, 21:17

          Inmitten einer Zeit des Aufbruchs und der Auflehnung verankert William Friedkin mit "Der Exorzist" den Teufel in die neuorientierende, nach Befreiung strebende Gesellschaft und strebt ihre Bestrafung an. Als Antwort auf ihr sündhaftes Treiben, vermehrter Sittenlosigkeit und einer neuen Sexualmoral muss nun ein unschuldiges 12-jähriges Mädchen herhalten, das das Böse wortwörtlich in sich trägt. Ob diese Tatsache nun als metaphorischen Ausdruck einer beunruhigenden Entwicklung der Jugend, ihre steigende Neigung zu Ungehorsam, Hyperaktivität und vulgärer Sprache zu sehen ist oder aber (was wesentlich bedenklicher wäre) eine Allegorie auf die natürlichen Eigenheiten der Pubertät darstellt, die hier nicht als eine harmlose Phase betrachtet werden würde, sondern als ein unheilvoller Zustand, den es durch religiöse Züchtigung auszutreiben gilt, ist beinahe nebensächlicher Natur. Tatsache ist, dass Friedkin eine Besinnung auf die Ursprünge, insbesondere den Katholizismus, als Erlösung vor dem (menschlichen wie gesellschaftlichen) Fortschritt sieht. Es ist zumindest grundsätzlich nichts verwerflich daran, ältere Methoden zu befürworten und im gleichen Atemzug den rasenden Fortschritt, vor allem dem der Wissenschaft, kritisch unter die Lupe zu nehmen. Man mag diese förmliche Gottesanbetung als ehrlich, konsequent und direkt ansehen, man mag es aber auch, bei aller formaler Virtuosität, als einen plumpen und penetranten Versuch interpretieren, der Gesellschaft fantastischen Unsinn aufzutischen und den Zeitgeist wieder ins Mittelalter zu bugsieren. Nicht zuletzt kann auch die eigene ideologische Überzeugung bei der Einschätzung des Films eine gewaltige Rolle spielen. Vielleicht ist "Der Exorzist", wenn man ihm mit derselben Engstirnigkeit entgegenkommt, die er selbst an den Tag legt, ein unzeitgemäßer, reaktionärer Angriff, dem keinerlei Bedeutung beigemessen werden sollte; vielleicht ist "Der Exorzist" aber auch, bei wesentlich toleranterer Betrachtung, ein in höchstem Maße freches, bewusst provokantes, mutiges Meisterstück. Wir wissen es nicht. Das weiß nur der liebe Gott. Zwinker.

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          • 5

            Natürlich ist "Beasts of the Southern Wild" ein stark manipulativer Film, der, zusätzlich verkitscht durch den naiven Blickwinkel eines Kindes, Mitleid und Betroffenheit in uns allen hervorrufen will und tatsächlich erweist es sich als verdammt schwer auf die suggestiven Taschenspielertricks nicht hereinzufallen. Doch dann frage ich mich: Was ist so falsch daran, sich in die süßen Kulleraugen Hushpuppys zu verlieben, wenn doch hinter jener emotionalen Beeinflussung eine moralisch einwandfreie Intension steckt? Aber auch diese Frage darf man nicht falsch verstehen: Trotz der überraschend gelungenen Leistung des Regiedebütanten Zeitlin und des beachtlichen Schauspiels aller Laiendarsteller bleibt "Beasts of the Southern Wild" ein qualitativ durchschnittlicher Film (dafür werden einfach zu viele mitleiderregende Klischees bedient), bei dem man sich allerdings nicht schämen muss, ihn gern zu haben oder gar zu lieben.

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            • Sieht hübsch aus. Du scheinst dir auch nur gute Filme zu kaufen. :)
              Aber du magst "Hangover"?! Ihh, das denkt man gar nicht.

              • Wie ist denn so die derzeitige Staffel, Herr Vega? Ich schau dieses Jahr erstmalig kaum noch rein, weil ich erstens bei keinem der "Promis" diesmal das Bedürfnis habe, ihm wohlwollend bei der Selbstzerfleischung zuzugucken; zweitens ohne Bach die ironischen Spitzen nicht mehr ganz so witzig scheinen und ich drittens eigentlich aufhören wollte, ein schadenfroher Voyeur zu sein.

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                • Ich glaub ich hab dieses Jahr ein gutes Gefühl und kann mich im Vergleich zum letzten Jahr sogar verbessern ... wenn ich nur nicht so verdammt geizig wär. ;)

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                  • Größtenteils stimme ich da gern zu. Dass "TDKR", "Der Hobbit" und "Ziemlich beste Freunde" (größtenteils) ignoriert wurden, hat mich auch sehr freudig überrascht und obwohl ich "Liebe" nicht ganz so viel abgewinnen konnte, wie einige andere, haben mich die fünf Nominierungen trotzdem sehr gefreut. Bei dir scheint das ja ähnlich (Ein Review zu "Liebe" wäre nicht schlecht. ;) ). "Beasts of the Southern Wild" hab ich noch nicht gesehen, aber ich glaube auch nicht, dass Benh Zeitlins erste echte Regiearbeit über renommierte Größen herausragt und dass eine 9-Jährige zu den fünf besten Hauptdarstellerinnen des Jahres gehören soll, kann ganz unabhängig vom Talent nur absoluter Quatsch sein. Einzig die Auslassung von "Cloud Atlas" finde ich etwas schade. Klar hat er bei den besten Filmen nichts zu suchen, aber ich fand ihn in seinem naiven Größenwahn immerhin ziemlich süß und wenn selbst ein Film wie "Snow White and the Huntsman" in den technischen Kategorien zweimal nominiert wird, dann hab ich mit den Machern von "Cloud Atlas" schon etwas Mitleid.

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                      Schon als Kind kein echter Mensch gewesen und in der Nervenheilanstalt nie gereift, ist Michael Myers eine faszinierende Figur, die stets unausgeleuchtet bleibt und aus dieser allgemeinen Rätselhaftigkeit das Interesse seines Publikums weckt, das selbst nach unzähligen Nachfolgern noch nicht genug von ihm hat. Carpenter tut gut daran, die Rolle seines Mörders knapp zu schreiben und einige Hintergründe im Dunkeln zu lassen, denn die Finsternis ist bekanntermaßen bedrohlicher. So ganz kann "Halloween" heutzutage aber trotzdem nicht fesseln. Zu oft wurden einzelne Schemata kopiert, sodass sie heute nur noch als nervtötende Klischees wahrgenommen werden. Dafür kann der Film freilich nichts. Im Gegenteil: Erst dadurch wird seine filmgeschichtliche Bedeutung deutlich. Wovon man Carpenter allerdings nicht freisprechen kann, ist die gestrig-prüde Sexualmoral, die er mithilfe seines Richters Michael Myers durchsetzt und die sich über Jahrzehnte als ein heiliges Gesetz des Slashers etablierte: Die Spaßgesellschaft, die Sünder, müssen sterben, die Spießbürger dürfen leben. Der Beginn meiner Horrorphase. Ich hab schon jetzt keine Lust mehr.

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                        Locker, verständnisvoll, ehrlich - Die Basis für einen guten Film über Neurotiker. Niemand will sehen, wie Bradley Cooper für uns auf die Tränendrüse drückt, Mitleid in uns hervorruft. Niemand will sehen, wie Jennifer Lawrence sich als Nymphomanin lächerlich macht. Wir wollen Aufrichtigkeit, wir wollen Hoffnung, wir wollen die kleinen Freuden und Sorgen des Lebens erkennen und uns in ihnen wiederfinden und das bekommen wir von "Silver Linings Playbook" auch. Doch was macht diesen Film nun so viel besser als all die anderen vor Toleranz- und Andersartigkeit nur so strotzenden (Indie-)Filme? Genau kann ich das auch nicht sagen, doch ich denke David O. Russell zieht unheimliche Kraft aus der Familie. Wie schon in "The Fighter" verleiht er dem familiären Zusammenhalt einen besonderen Ausdruck und schafft Lebenssituationen, die wir alle nur zu gut kennen und nachvollziehen können. Niemand vermag es zurzeit, aus einem Vater-Sohn-Gespräch so viel ehrliche Emotionen zu schöpfen, wie der amerikanische Regisseur und Drehbuchautor. Wenn der im Februar die Goldjungen abräumt, ich würde mich nicht beschweren.

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                        • Eine wirklich süße Verteidigung, die sich aber für meinen Geschmack leider zu einseitig mit dem Thema auseinandersetzt. Der "Hass", wie du es nennst, resultiert (viele haben es bereits angesprochen) aus dem Hype, der um die Person gemacht wird. Bei "Ziemlich beste Freunde" war das genauso. Erst kam der Hype und jetzt streifen die Fans mit eingezogenen Kopf durch Moviepilot. Zwar ist der Film kaum so schlecht, wie er gemacht wird, aber er bietet auch eine große Angriffsfläche, die voll ausgeschöpft wird, um dem Hype entgegenzuwirken und die Balance zu halten. So ist das auch bei Nolan. Ich steh auch nicht auf Leute, die mit Hasstiraden kommen, obwohl sie ihn hier durchschnittlich mit 7 Punkten bewertet haben. Das ergibt keinen Sinn. Aber so funktioniert eben Grüppchenbildung. Das betrifft aber bei weitem nicht so viele, wie man denkt. Es sind nur immer wieder dieselben, die ihre Position unter jedem Nolan-Artikel noch einmal verdeutlichen wollen ... vielleicht um tatsächlich jedes Mal auf Neue den Hype zu dämmen, zu zeigen, dass Nolan nicht perfekt ist; vielleicht aber auch nur, um Vega in den Arsch zu kriechen. ;) Aber gut: Ich halte "Inception" auch nur für gehobenen Durchschnitt und "TDKR" ist einfach nur ein schlechter Film, bei dem ich mir nicht vorstellen kann, wie man den mögen kann. Da stelle ich mir auch manchmal die Frage, ob das blinder Fanatismus ist. Trotzdem stört mich der Hype nicht (ich hab ihn ja selbst mal gehypt) und verfolge vergötternde Kommentare mit einem ironisch-verschmitzten Lächeln, weil es keinen Sinn macht die Fans anzumachen und zu verärgern. So verhärten sich nur die Fronten. Als ich hier bei Moviepilot ankam und meine naiven Kommentare auf die Community losließ - was bin ich froh, dass damals niemand kam und mich angemacht hat. Sonst hätte ich mich hier von Anfang an nicht wohl gefühlt und mich nie so sehr mit Filmen beschäftigt, wie ich es jetzt tue. Es ist für mich also schon legitim bei all dem Hype ein wenig entgegenzuwirken, aber Fans bewusst und direkt zu provozieren, ist ein absolutes Unding. Doch auch da muss man wieder anmerken, dass man auf ein wenig Kritik auch nicht zu allergisch sein sollte.

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                          • War eine sehr schöne Veranstaltung mit zumeist verdienten Gewinnern. Schade nur, dass bei dieser Konkurrenz ausgerechnet "Argo" am Ende gewinnen musste. Hat mir die Laune ein bisschen getrübt.

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                            • Schade für DiCaprio. Vielleicht muss ich da ja meine Erwartungen doch zurückschrauben, wobei sie ihn für den ollen Arkin schon hätten mit reinnehmen können.

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                              • Wenn ich jetzt daran denke, wie viel User hier eine Zeit lang mit Stolz sein Gesicht trugen...

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                                • Konntet ihr nicht irgendwie ein Pflaster oder sowas quer über das Titelbild kleben?

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                                      • Wehe mein Dashboard ist heute nicht mit 8en, 9en und 10en überflutet.

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                                        • Vielleicht lieber morgen? Auf wen ist hier eigentlich überhaupt noch Verlass? :(

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                                          • Ungesünder hätte bei mir das neue Jahr wohl kaum anfangen können. Trotzdem danke und gleichfalls. :)

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                                                Ach, was war ich gespannt auf diesen Film. Ausgerechnet ein Mann der kühlen Distanz und des nüchternen Röntgenblicks dreht einen Film, der „Liebe“ heißt. Und tatsächlich ist hier das leidvolle Altern und Sterben in schmucklos-tristen Bildern bewegend nachgestellt, das Ehepaar (Jean-Louis Trintignant und Emmanuelle Riva) im Mittelpunkt der Geschichte wirkt zumindest menschlicher als jede Figur anderer Haneke-Filme, der Authentizität wird höchste Priorität eingeräumt. Hier passiert wahrlich nicht viel und wenn etwas passiert, dann ist es umso schockierender. Es ist nicht nur Liebe, sondern Leiden aus Liebe, bis Liebe zu Leid wird, was Haneke vordergründig zu erklären versucht. Manche mögen das. Ich hingegen sehe Hanekes Unfähigkeit zu positiven Emotionen als Schwäche des Films. Mal davon abgesehen, dass Trintignant über das traurige Schicksal seiner Frau keine einzige Träne vergießen darf, stellt der Österreicher lediglich die unzumutbaren Lebensumstände des Ehepaares in den Mittelpunkt und schafft Angst vor dem Altern, wenn Einsamkeit mit Versagensängsten einhergehen und der liebste Mensch zur untragbaren Last wird. So wirkt das bewegende Finale als ein Akt der Ausweglosigkeit (und nicht der Liebe) und der Titel stellt sich als Lüge bloß: „Liebe“ ist kein Film über Liebe, sondern über das Versagen ebendieser. Sterben ist grausam. Scheiße.

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