Roldur - Kommentare
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Alle Kommentare von Roldur
Christian Alvart. Vor ein paar Jahren lieferte er mit „Pandorum“ noch solides Genre-Kino und blieb seiner Linie auch weiterhin treu. Alvart ist kein Intellektueller, macht Kino für die Masse und ist stolz drauf. Das ist auch okay. Aber muss man dafür „Tschiller: Off Duty“ mögen? „Steig. Nicht. Aus!“ ist sein neuestes Werk und ja, Luftsprünge sind erlaubt.
Als Karl Brendt (Wotan Wilke Möhring), seines Zeichens erfolgreich im Immobiliengeschäft tätig, eines schönen Morgens seine Kinder zur Schule fahren möchte staunt er nicht schlecht. Unter den Sitzen ist eine Bombe platziert. Das Handy klingelt, der Tag ist gelaufen.
Ganz in der Tradition von Klassiker wie „Speed“ oder neueren Ergüssen wie „Unstoppable“, bringt Alvart mit „Steig. Nicht. Aus!“ auch endlich bombige Stimmung in die deutschen Lichtspielhäuser. Also Hose auf, Hirn aus und rein in den Spaß.
Wer dachte, dass Nicolas Cage der Meister des grimassierenden Wahnsinns sei, der kennt Wotan Wilke Möhring aber schlecht. Was Möhring hier abzieht, das geht auf keine Kuhhaut. Möhring schluchzt, krächzt, kreischt und brüllt sich durch die Berliner Straßen und lässt dabei kein Auge trocken. Hannah Herzsprung dürfte der einzige Lichtblick in diesem Kasperletheater sein. Dabei sind die Darsteller mit aller Mühe dabei, aus diesem wendungsreichen Drehbuch einen Sinn zu erschließen.
„Steig. Nicht. Aus!“ ist unberechenbar. Grundsätze von Logik, Spannungsaufbau und grundlegendes Pacing werden massiv in den Sand gesetzt und fortan ignoriert. So kann schon einmal ein plötzlich in die Szenerie brechender Helikopter für heiseres Gelächter sorgen. Alvarts Film ist laut, schrill und unendlich blöd. Der Film fühlt sich an wie die entfernte Idee einen Michael Bay Film nach Deutschland zu importieren aber dabei selbst dessen Blödheit nicht verstanden zu haben. Aber scheiß auf Logik, wenn der Film wenigstens Spaß machen würden. Und ja, irgendwie tut er das.
„Steig. Nicht. Aus!“ ist eine dermaßene filmische Beleidigung, dass man es kaum glauben kann. Technisch einwandfrei aber in jeder anderen Hinsicht komplett verhauen. Ein Konglomerat aus den schlechtesten Eigenschaften deutscher Unterhaltung und sichtlich selbstzufrieden. Wer gerne wieder erinnert werden will, dass deutsches Kino auch ausgesprochene Hundekacke sein kann, dem sei „Steig. Nicht. Aus!“ ans Herz gelegt. Alle anderen sollten einen gewissen Sicherheitsabstand einhalten.
Während sich viele am Ende von „10 Cloverfield Lane“ gestört haben, ging ich mit gemischten Gefühlen aus dem Film. Dem Kammerspiel war es gelungen mein Interesse über fast die gesamte Laufzeit zu halten und eine der besten Leistungen John Goodmans zu liefern, die ich bisher sah. Die überraschende Veröffentlichung von „The Cloverfield Paradox“ oder vormals auch „God Particle“, machte mich also sehr gespannt.
Die Erde hat es endlich geschafft. Die Energie reicht nicht mehr aus, es gibt ständige Blackout und mehrere Länder sind bereits im Krieg. Die einzige Chance, die Erde wieder zu einen, scheint die „Shepard“ zu sein, die im Orbit auf ihren Einsatz wartet. Das kann nur heiter werden.
Man sollte wohl mit möglichst wenig Vorwissen in den Film gehen, um die volle Bandbreite an Spannung zu bekommen. So funktioniert zumindest die Theorie. „The Cloverfield Paradox“ bietet sogar auch eine ganze Menge an Überraschungen:
Wer sich bereits in „Interstellar“ an übermäßig vielen erklärenden Dialogen störte, der wird hier Dinge sehen, die er nie wieder ungesehen machen kann. Wer „Life“ bereits für ein mäßiges Alien-RipOff hielt, der wird ebenfalls sein blaues Wunder erleben und wer tatsächlich dachte, dass der beachtliche Cast das Drehbuch retten konnte, der sollte dringend seine Erwartungen etwas anpassen.
Ich bin unvoreingenommen in diese Filmerfahrung gegangen und habe es nicht bereut. Ich habe viel gelacht, viel den Kopf geschüttelt und fühlte mich wohlig in trashige 80er Sci-Fi-Produktionen zurückversetzt. Nur halt ohne Charme, viel weniger Witz und vor allem ohne schleimige Effekte. Was in meinem Buch als großer Minuspunkt daherkommt. Das größte Problem von „The Cloverfield Paradox“ dürfte wohl sein, dass der Film davon ausgeht hier etwas wirklich großes zu erzählen. Higgs-Teilchen, Dimensionen und Gyroskope. „The Cloverfield Paradox“ bombardiert den Zuschauer ständig mit einer ganzen Breitseite an Twists sowie Erklärungen für die Twists und lässt dennoch locker die Hälfte der Handlungsstränge in der Hemisphäre baumeln.
Aber bevor selbst der letzte kapiert hat, dass hier viel Wirbel um wenig Substanz gemacht wird, geht auch schon was in die Luft oder jemand haut sich aufs Maul oder der unerträglich aufdringliche Soundtrack plärrt unmissverständliche Hinweise auf drohende Gefahr aus jedem Lautsprecher.
„The Cloverfield Paradox“ ist mittelmäßig produziertes B-Kino, welches durch einen genialen Marketingstreich jetzt wohl sehr erfolgreich werden wird. Ganz klar kein würdiger Nachfolger des gelungenen zweiten Teils und ohnehin kaum damit verknüpft. Eine seltsame Mischung aus steifem Expositions-Kino und lautstarker B-Horror-Action, die einfach nie funktionieren will. „The Cloverfield Paradox“ ist unerträglich lautstark, gehetzt, mies geschrieben und letztendlich total egal. Chris O' Dowd und sein Arm dürften einer der wenigen Lichtblicke im Film bleiben. Wenn man mal ordentlich lachen möchte, kann ich den Film ab ca. 2 Promille sehr empfehlen.
„Logic doesn't apply to any of this.“
Die Welt staunt nicht schlecht, als „The Room“ 2003 das Licht der Welt erblickt. Beziehungsweise staunt sie zunächst nicht wirklich, denn „The Room“ entwickelte erst mit der Zeit eine beträchtliche Fangemeinde. Wie es aber zum angeblich schlechtesten Film aller Zeiten kam, das will uns James Franco jetzt endlich zeigen.
Greg Sestero (Dave Franco) ist jung, motiviert, gutaussehend und sehr schüchtern. Als er in seinem Schauspielkurs den untalentierten aber furchtlosen Tommy Wiseau (James Franco) kennenlernt, ist der Grundstein für „The Room“ und eine äußerst ungewöhnliche Freundschaft gelegt.
Man muss zunächst loswerden, dass sich James Francos Adaption des bekannten Buches „The Disaster Artist“ ein paar Freiheiten nimmt, die eher in ein klassisches Filmkonzept passen. Den Film dafür als mutlos zu bezeichnen, halte ich für zu kurz gedacht. Oder wie Tommy Wiseau sagen würde: „He got it 99,9 % right.“
Nach diversen experimentellen Auswüchsen im Bereich des Independent-Films, ist „The Disaster Artist“ ungewöhnlich groß für ein Franco-Projekt. Denn Franco wagt sich trotz seiner großen Popularität als Regisseur an äußerst obskure Stoffe heran. „The Disaster Artist“ profitiert ganz klar von Francos Erfahrungen abseits großer Hollywood-Produktionen, denn trotz großer Namen gelingt dem Film eine leichtherzig-tollpatschige Atmosphäre, die man sonst eher aus gelungenen Debut-Filmen wie z.B. „Clerks“ kennt.
Das mag ein seltsamer Vergleich sein, kommt aber meinem Gefühl zum Film recht nahe. „The Disaster Artist“ hat immer wieder große Pacing-Probleme, verfängt sich etwas zu sehr in Comedy oder überspringt wichtige Abschnitte des Buches aber als Gesamtwerk beißt sich der Film an den richtigen Stellen fest. Franco interessiert sich für die Tragik in Wiseaus Figur und lässt ihn nicht zur bloßen Lachnummer verkommen. „The Disaster Artist“ nimmt seine Charaktere und ihre Träume ernst und schafft in seinen besten Momenten eine rührende Darstellung zweier Menschen, die ihren eigenen Weg gegangen sind.
Francos Wiseau ist mysteriös, optimistisch, lustig und auch irgendwie furchteinflößend. Wenn man über den ersten Schock hinweggekommen ist, bestimmt seine Präsenz den Film. Ebenso kann der Rest des Casts sich sehen lassen. So ist zum Beispiel Dave Franco großartig in seiner leicht beschämten, vielleicht etwas zu schmeichelhaften Darstellung Sesteros und das obwohl er dem Original in kaum einem Aspekt ähnelt. Die gesamte Riege an Schauspielern wirkt motiviert und gibt dem Film hin und wieder sogar den Charakter eines Theaterstücks.
Man muss es auf die obskure Welle von „The Room“ schaffen, um „The Disaster Artist“ wirklich vollends fassen zu können. Aber auch ohne Vorkenntnisse ist der Film eine wunderbare Underdog-Story, die es zwar nicht ganz mit Tim Burtons Meisterwerk „Ed Wood“ aufnehmen kann aber überraschend oft in eine ähnliche Kerbe schlägt. „The Disaster Artist“ ist angenehm tollpatschiges und respektvolles Kino, welches ich jedem ans Herz legen kann, der vom durchgestylten Einerlei Hollywoods manchmal die Schnauze voll hat.
„Just because you want it doesn't mean it can happen.“
Als Katja Sekerci (Diane Kruger) sich plötzlich vor den Trümmern ihres Lebens wiederfindet, steht ihre Welt still. In einem Atemzug wurden Ehemann und Sohn brutal ermordet, von Motivation und Tätern gibt es zunächst keine Spur.
Nach seinem kindlich-unbeholfenen Ausflug in die Sparte der Jugendbuch-Verfilmung mit „Tschick“ findet Fatih Akin wieder zu seinen Ursprüngen zurück und liefert rohes, dramatisches Kino. Mit Diane Kruger hat er diesmal sogar einen richtigen Hollywoodstar in der Hauptrolle.
Gleich zu Beginn macht sich Akins intimer Blick auf die schrecklichen Ereignisse rund um den Anschlag auf Katja Sekercis Familie bezahlt. Statt den Film durchgängig auf eine politische Ebene zu heben, bleibt „Aus dem Nichts“ nah bei seiner Protagonistin und teilt ihren Leidensweg in drei Teile. Typisch für Akin ist „Aus dem Nichts“ nicht besonders subtil geraten, setzt aber gekonnt Schläge in die Magengrube und bietet mit Diane Kruger und Denis Moschitto hervorragende Hauptcharaktere, die den Film mehr als tragen. Vor allem Kruger beweist gerade in stillen Szenen eine emotionale Bandbreite, die ich von ihr nie erwartet hätte.
Natürlich möchte „Aus dem Nichts“ auch politisch sein. Nicht umsonst wählt Akin bewusst rechten Terror als Thema. Dennoch bewerkstelligt „Aus dem Nichts“ eine Funktion als Modellbeispiel. Ganz egal aus welcher Motivation heraus, der Anschlag lässt Katja zur Hülle werden und infiziert ihr Leben mit unfassbarer Trauer. Neben seiner Funktion als Gerichtsdrama und Rachefilm, ist „Aus dem Nichts“ eben auch eine waschechte Tragödie. Fokussiert, nicht zu ausschweifend und auf das emotionale Konstrukt um die Protagonistin konzentriert.
„Aus dem Nichts“ fasst glücklicherweise viele der Stärken Akins zusammen. Auch wenn man auf die rohe Wucht eines „Gegen die Wand“ verzichten muss, dringt „Aus dem Nichts“ tief in die finsteren Folgen des Terrors ein und ist in seinen besten Momenten äußerst schmerzvoll. Wo Licht ist, ist aber natürlich auch Schatten und so krankt „Aus dem Nichts“ gelegentlich an Akins Drang eine Geschichte möglichst spannungsgeladen zu erzählen und gönnt Katja zwischen all' dem Unheil selten Ruhe. Dabei sind es die ruhigsten Momente des Films, die Diane Kruger wirklich glänzen lassen.
Oscarhoffnung, Golden Globe-Preisträger, Cannes-Preisträger und Thema politischer Diskussionen. „Aus dem Nichts“ hat auf jeden Fall Wellen geschlagen. Ob man jetzt hinter Akins Film politische Agenda sehen will, das sei dahingestellt. Auch ohne alle Hintergründe, ist Akin erneut ein mitreißender und tieftrauriger Film gelungen, der sicher immer mal wieder zu plakativ geraten ist, aber locker zu den besten deutschen Filmen des letzten Jahres gehören dürfte.
Man kann kaum glauben, was Dorota Kobiela und Hugh Welchman hier auf die Leinwand bringen. In 56.800 Frames ist „Loving Vincent“ ein komplett handgemalter Film geworden, der sich auf eine visuell vollkommen neuartige Weise dem Künstler nähert.
Armand Roulin (Douglas Booth) ist der Sohn eines Postmanns (Chris O'Dowd), der Zeit seines Lebens die zahlreichen Briefe des Vincent Van Gogh (Robert Gulaczyk) zustellte. Nach dem Tod des berühmten Malers ist ein einziger Brief übrig, den der Postmann seinem Sohn übergibt, um ihn dem Bruder Van Goghs zuzustellen. Eine Reise in Van Goghs Vergangenheit beginnt.
Was hier audiovisuell geliefert wird macht „Loving Vincent“ gleich zu Beginn zu einem Film, den man gesehen haben sollte. Verbunden mit Clint Mansells („Pi“) fantastischem Soundtrack, werden Van Goghs Bilder zu einer flirrenden, fast betäubenden Erfahrung. Künstlerisch zwar nicht durchgängig auf gleich hoher Qualität, werden seine Bekanntesten Gemälde lebendig und überfordern das Auge schon fast mit Detailreichtum und Respekt vor dem Werk des Malers. Die Bilder sind zugleich Rettung und Verhängnis von „Loving Vincent“.
Und da beginnen die Probleme. Mit Armand Roulin eine Hauptfigur zu wählen, die persönlich kaum mit Van Gogh verbunden war, entpuppt sich schnell als eine weniger kluge Entscheidung. Bereits zu Beginn fehlt Motivation für den Charakter, während Booth mäßiges Schauspiel auch im finalen Akt kaum Gründe bietet, warum man Armand Roulins Faszination für Van Gogh Glauben schenken solle. Durch den gewählten Zeitraum, wird Van Goghs Leben auch bewusst in Rückblenden gedrängt, was für qualitativ sehr hochwertige Rückblenden sorgt, die Gegenwart aber zu einem mühseligen, mäßig erzähltem Krimi werden lässt. Robert Gulaczyk spielt Van Gogh sehr überzeugend, wird aber mit viel zu wenig Screentime beschenkt, als dass man den inneren Konflikt seiner Figur irgendwie tiefer zu spüren bekäme. Durch die seltsam-distanzierte Erzählweise als eine Art Procedural, entfernt sich „Loving Vincent“ viel zu sehr von seiner Figur und hangelt sich mit fortlaufender Laufzeit merklich von Gemälde zu Gemälde.
Mir ist bewusst, dass Dorota Kobiela und Hugh Welchman eine Geschichte vom Hörensagen erzählen wollen. Einem missverstandenen Charakter, der in seinen Briefen viel mehr darlegte, als er es in Realität jemals konnte. Eine tragische Geschichte, die weit über Selbstverstümmelung hinausgeht. Eine Geschichte über Mobbing, Liebe und Sucht. Eine Geschichte, die in den richtigen Händen zu einem Meisterwerk geworden wäre, hier aber abseits der audiovisuellen Pracht viel zu stiefmütterlich behandelt wird. Respektvoll, fleißig am Ende aber doch überraschend mutlos.
„Loving Vincent“ ist definitiv eine Erfahrung. Zu gleichen Teilen Meilenstein wie Fehlschlag. Ein Film der Neues wagt und dann vor anderen Dingen zurückschreckt. Wer visuell weggeblasen werden will, der sollte dringend sein Ticket lösen, wer jedoch irgendetwas Neues von Van Gogh erfahren möchte, der sollte lieber seine Erwartungen dämpfen.
„Days seem like weeks to me. Days are weeks.“
Dass das koreanische Kino kaum noch aus den Bestenlisten diverser Filmfans weltweit wegzudenken ist, ist spätestens seit „Oldboy“ klar. Südkoreanische Filme bildeten für mich einen idealen Einstieg ins asiatische Kino und sparten sich größere Verrücktheiten, wie im japanischen Kino. Die perfekte Mischung aus beiden Tugenden kommt nun mit „The Villainess“.
Wie im Wahn schlachtet Sook-Hee (Ok-bin Kim) zu Anfang des Films eine komplette Gang ab. In wilder Kombination aus POV-Shots und frei schwingender Kamera, wird gleich die Anfangssequenz zu einem Meilenstein. Inmitten vieler Tugenden, dürften die Actionszenen aus „the Villainess“ der Hauptgrund sein, warum der Film kurzzeitig in aller Munde war. Was Regisseur Byung-gil Jung („Confessions of Murder“) hier mitsamt Kameramännern und Choreographen leistet, ist atemberaubend. Wenn man einen festen Magen hat, dann sieht man hier einen der Kameratechnisch innovativsten Filme der letzten Jahre. Was „The Raid 2“ in Sachen Martial-Arts leistete, leistet hier die wahnsinnige Kameraarbeit. Von schöner, ruhiger Inszenierung bis hin zum grandiosen Motorrad-Fight, hat „The Villainess“ in Sachen Cinematographie klar einen Meilenstein geschaffen. Das ist zwar nicht immer konsistent, nicht immer nachvollziehbar aber durchgängig originell und experimentierfreudig.
Ähnlich sieht es mit der Handlung aus. In einer zersplitterten Erzählweise, bombardiert uns der Film mit Rückblenden, Gegenwart und Zukunft, ohne Rücksicht auf Verluste. Wer aus den Wirrungen der ersten 30 Minuten entkommt, der kann hier aber einiges mitnehmen. Fast schon wie in Filmen des japanischen Regisseurs Sion Sono („Tokyo Tribe“) erzählt der Film nämlich zusätzlich zum Agenten-Thriller noch eine herzlich-kitschige Liebesgeschichte und wird so zu einem Kraftakt zwischen zwei Genres der überraschend gut funktioniert. Das kann manchmal grell und übertrieben dramatisch werden, Byung-gil Jung weiß aber letztlich doch wo es hingehen soll.
Es ist schwer die Vorzüge von „The Villainess“ in Worte zu fassen, denn der Film wird ganz klar kontrovers aufgenommen. Viele werden die ungewöhnlich verwirrende Erzählstruktur nicht mögen, manchen wird die Action zu rar gesät sein und wieder Andere werden die seltsam-surreale Liebesgeschichte nicht mögen. Wer sich aber auf diese Achterbahnfahrt aus Emotionen, Blut, Action und Kitsch einlässt, der kann hier richtig Spaß haben. „The Villainess“ ist energiegeladenes ,herzliches Kino mit Mut zur Andersartigkeit und unglaublichem Stilbewusstsein.
Ein Haus, umgeben von undurchdringlichem Waldgebiet. In diesem Haus wohnt Pauls (Joel Edgerton) Familie. Mit genügend Essen, Wasser und Waffen flüchteten die Drei vor Krankheit und Tod.
In Trey Edward Shults Film ist die Welt dahingerafft von einer Art Abwandlung der Pest. Der Zuschauer wird mitten in diese Zeit geworfen und sofort den klaffenden seelischen Wunden der Protagonisten ausgesetzt. „It Comes at Night“ ist kein Vergnügen. Das Horrordrama erlaubt keine ironische Distanz, bietet kaum Action, sondern widmet sich vielmehr dem menschlichen Drama in dieser Situation.
Als Pauls Familie mit Will (Christopher Abbott) Bekanntschaft macht, wird das innerfamiliäre Konstrukt in Gefahr gebracht. Pauls Welt ist rund ums Überleben gestrickt und erlaubt keine Fehltritte. Mit zwei Familien im Haus wird das strenge Regelwerk nach und nach brüchiger. Mit viel Fingerspitzengefühl entwirft Trey Edward Shults seine Charaktere als moralische Grauzonen, stellt immer die Frage, ob hier Zwischenmenschlichkeit überhaupt noch Möglich ist.
Statt seine Thematik als purer Horrorfilm zu nutzen, porträtiert „It Comes at Night“ vielmehr die Dynamik zwischen seinen Protagonisten, nimmt sich dem altbewährten Leitsatz „Der Mensch ist des Menschen Wolf.“ an und entwirft ein hoffnungslos düsteres Charakterdrama. „It Comes at Night“ ist bedrückend, klaustrophobisch und unendlich konsequent. Der Film ist wie eine realistische, detailgetreuere Version der frühen Folgen „The Walking Dead“ nur eben ohne Zombies. Gestützt wird das Ganze natürlich durch großartige Performances vor allem von Joel Edgerton als Paul und Kelvin Harris Jr. als Travis.
Wer sich mit andersartigem Horror abfinden kann und auch gerne mal mit deprimierter Stimmung aus dem Kino geht, dem sei „It Comes at Night“ ans Herz gelegt. Trey Edward Shults wagt sich in Abgründe, die man selten zu sehen bekommt und bleibt dabei durchgängig glaubwürdig und angenehm zurückhaltend. „It Comes at Night“ erfordert Sitzfleisch, Aufmerksamkeit und schlägt in eine ganz ähnliche Kerbe wie der letztjährige „The Witch“. Ein großartiger Film.
„Why is your mask on? Nobody's sick here.“
Man könnte mich als glühenden Verteidiger von „Das Erwachen der Macht“ bezeichnen. Der von vielen als unoriginell und überraschungsarm angesehene Film, war für mich eine wunderschöne Heimkehr in das „Star Wars“-Universum. Die Zeichen dürften für „Episode VIII“ also gut stehen, oder?
Während hier sonst ein kurzer Handlungsabriss stehen sollte, werde ich diese Kritik vollkommen spoilerfrei halten und nur meine persönlichen Eindrücke schildern.
Mit Rian Johnson („Looper“) ist endlich ein Charakterkopf am Zug, dachten sich die Meisten. Gleich zu Beginn merkt man, dass Johnson eine andere Vision für diese Trilogie hat. Optisch ist „Die letzten Jedi“ erfrischend anders und auch inhaltlich wagt der zweite Teil einige Dinge, die man gemeinhin als „originell“ bezeichnen könnte. Die große Frage ist: Wie viel Originalität möchte ich in einem „Star Wars“-Film haben?
Spätestens seit den Prequels sollten sich viele Fans bewusst sein, dass „Star Wars“ auch immer mit Erwartungshaltungen einhergeht. Manche Fans möchten gerne mit althergebrachten Dingen umschmeichelt werden, manche wollen mehr über intergalaktische Politik erfahren und manche sind so tief in der Materie, dass sie endlich die „Yuuzhan Vong“ auf der Leinwand sehen wollen. Und so ist diese Kritik auch tief mit meiner Erwartungshaltung verbunden, die ich als großer Freund des siebten Teils hatte.
Trotz der merklich kopierten Handlung, habe ich „Episode VII“ der kleinen Momente wegen geliebt. Abrahms hat für mich perfekt das Gefühl eingefangen, welches ich als kleiner Junge mit „Star Wars“ hatte. Mit Kylo Ren wurde ein hochinteressanter Bösewicht eingeführt, der Tiefgang hatte und das Franchise sinnvoll erweiterte. Teil 7 warf Mysterien auf und hatte eine kohärente, nachvollziehbare Struktur, die zwar nichts wirklich Neues bot aber gekonnt in eine neue Trilogie führte. All' das wirft Johnson auf eine große, intergalaktische Müllhalde. Ähnlich wie Ridley Scott in „Alien: Covenant“ jeglichen interessanten Handlungsstrang verwarf, geht Johnson hier vor.
Zugunsten einer leichtfüßigen „Space Opera“, nähert sich „Die letzten Jedi“ mit unangenehm großen Schritten dem kindlichen Slapstick-Humor der allseits beliebten „Marvel“-Filme. Ja, „Star Wars“ hatte immer Humor. Dieser war aber meist charakterlich bedingt oder eher beiläufig vorhanden. Der Humor in „Die letzten Jedi“ ist plump, simpel und raubt wichtigen Szenen jegliche Intensität. Man muss „Star Wars“ nicht als bierernste Weltraumsaga inszenieren, auch Teil 7 war schon lockerer, man sollte dabei aber nicht die Antagonisten zu weit entmystifizieren. General Hux (Domnhall Gleeson) zum Beispiel wird in dieser Episode zur absoluten Witzfigur degradiert.
Dann wäre da noch der Zeitfaktor. Um bloß nicht die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege zu gefährden, ist „Episode VIII“ trotz 150 Minuten ein enorm hektischer Film geworden. Johnson gönnt dem Zuschauer keinerlei ruhige Momente und feuert durchgängig aus allen Rohren. Durch seine vielen, ineinander verwobenen Handlungsstränge wird der Film so zu einem tonalen Desaster, das wirkt, als hätte man mehrfach den Regisseur gewechselt. „Die letzten Jedi“ verwechselt zahlreiche Twists mit spannender Handlung und treibt die Trilogie so zwar in unerwartete Ecken, vergisst dabei aber vollkommen die innere Logik der Saga.
Als Bindeglied hat es der mittlere Teil einer Trilogie immer schwer. Er muss auf eine Exposition weitgehend verzichten, darf die Handlung aber nicht zu Ende erzählen. Wichtig ist es hier, neue Impulse zu geben. Irvin Kershner zeigte 1980 mit „Das Imperium schlägt zurück“ wie das funktionieren kann. 2017 zeigt Rian Johnson wie man ebenjene Aufgabe versemmeln kann. Neue Impulse werden hier vor allem durch faule Zufälle gegeben und bereits bestehende Charaktere werden höchst fragwürdig weitergeführt. Johnson streicht jegliches Mysterium aus der Handlung und steuert seinen Film in eine Richtung, die Lucas zuvor mit „Die dunkle Bedrohung“ versuchte. Nur noch in Teilen ist zu erkennen, was man sich vielleicht nach „Teil 7“ erhoffen konnte.
Am Ende bleibt „Episode VIII“ ein technisch brillanter Film, der einige der besten Kampfszenen des Franchises zu bieten hat und … verdammt, das wars? „Die letzten Jedi“ lässt Fragen offen, die man besser beantwortet hätte, wirft Fragen auf, die niemand wissen wollte und entmystifiziert die komplette „First Order“ für billige Lacher. Nach fast 3 Stunden bleibt eine degradierte Bedrohung, eine absolut inkohärente Nutzung der „Macht“ und ein ganzer Haufen Kalauer, die direkt aus Joss Whedons Feder stammen könnten und plottechnisch steht alles an einem Punkt, der mir wenig Lust auf „Episode 9“ macht. Ein schwer enttäuschender Film, der in Momenten zu Glänzen weiß, als Gesamtwerk aber ein buntes, lautes Flickwerk bleibt.
„Let the past die. Kill it, if you have to. That's the only way to become what you are meant to be.“
Hat jemand nach einer verspäteten Fortsetzung des 90er-Klassikers „Jumanji“ gefragt? Eigentlich nicht. Mit „The Rock“, Jack Black, Kevin Hart und Karen Gillan im Gepäck, geht nun aber trotzdem in das verfluchte Land namens „Jumanji“.
Die Zeit rennt. War „Jumanji“ vor knapp 20 Jahren noch ein Brettspiel, wird das sagenumwobene Spiel heute auf der Konsole gezockt. Als Spencer, Fridge, Bethany und Martha beim Nachsitzen auf eine grün leuchtende Konsole stoßen, landen sie schneller als gedacht im tiefsten Dschungel. Mit dicken Muskeln, großem Rucksack, beeindruckend knappen Kleidern und ungewohnt stämmigem Auftreten ausgestattet, müssen die vier Jugendlichen nun „Jumanji“ vor Bösewicht Van Pelt retten.
Dass man von „Jumanji: Willkommen im Dschungel“ keine sonderlich intelligente Unterhaltung erwarten sollte, das sollte jedem klar sein. Vielmehr ist Jake Kasdans modernisierte Variante von „Jumanji“ eine bloße Nummernrevue lustiger Abenteuer-Blockbuster. Der Film vermischt eine äußerst simple Handlung mit Slapstick und Situationskomik und fertig ist die bunte Familienunterhaltung. Das tut nicht weh, hat aber einen äußerst faden Beigeschmack.
Erschreckend ist aber dennoch, dass „Jumanji: Willkommen im Dschungel“ Videospiel-Logik besser zu verstehen scheint als manch andere Blockbuster (siehe „Pixels“). Positiv zu erwähnen ist außerdem Jack Blacks herrlich schräge Performance als Instagram-Girlie Bethany. Eher blass bleiben dabei vor allem „The Rock“ und Kevin Hart, die hier eher auf Autopilot zu spielen scheinen.
Abgesehen von kleineren Lichtmomenten ist Jake Kasdans Film eben einfach simples Film-Fastfood. Das muss man dem Film nicht übel nehmen. Wer nach einer durchzechten Samstagnacht Lust auf anspruchsloses Spektakel hat, der liegt hier nicht falsch. Einige Lacher sind dabei, es kracht hier und da, doch am Ende bleibt sehr wenig hängen. Weder geht der Film besonders kreativ mit seinem Setting um, noch hat er der Thematik des Originals viele neue Aspekte hinzuzufügen. Letztlich muss man auch einsehen, dass das Original mit Robin Williams auch schon in den 90ern einfache Kinderunterhaltung war. Dessen Tradition bleibt auch dieser Film treu, langweilt nicht, ist aber letztlich dümmliche, unoriginelle Action-Unterhaltung. Aber nicht falsch verstehen: Ich hatte meinen Spaß und es gibt Momente, welche genau solche Filme verlangen. Sonntagnachmittage zum Beispiel. Für solche Momente ist „Jumanji: Willkommen im Dschungel“ gemacht.
„NO! I'm an over-weight middle-aged man. Wait a second. Where's my phone?“
Schon wieder verlasse ich das Kino mit feuchten Augen und voll mit Euphorie. Zuletzt hat „Pixar“ das 2015 mit „Alles steht Kopf“ geschafft und einen der besten Filme des Jahres abgeliefert.
Miguel wächst in einer mexikanischen Kleinstadt in einer Schuhmacher-Familie auf. Miguel will unbedingt Musiker werden wie sein Ururgroßvater, es gibt aber ein großes Problem. In seiner Familie herrscht totales Musikverbot, weil ebenjener Ururgroßvater einst seine Familie verließ um Musiker zu werden. Von der Familie verhasst, wird nicht einmal sein Bild am Tag der Toten aufgestellt. Unverhofft landet Miguel in der Welt der Toten und hat nun endlich die Möglichkeit, das Geheimnis um seinen Ururgroßvater zu lösen.
Beschäftigte sich „Alles steht Kopf“ vor zwei Jahren noch mit dem Thema Depression, nimmt Pixars „Coco“ sich dem Thema Tod an. Es ist eine wahre Freude zu sehen, wie viel manche Filme ihrem kindlichen Publikum zutrauen. Wie „Oben“, „Toy Story 3“ oder „Alles steht Kopf“ darf sich „Coco“ in die Reihe der Pixar-Filme einordnen, die Erwachsene wie Kinder gleichsam berühren. Hier kann ich die Ähnlichkeit zur angeblichen Vorlage „Book of Life“ leider nicht berücksichtigen, da ich diesen Film nicht gesehen habe.
Eigentlich braucht man zur Qualität der Animationen kaum etwas zu sagen, da hier ohnehin hohes Niveau erwartet wird. Trotzdem sollten die wundervollen Details in der Welt der Toten nicht unerwähnt bleiben. Das originelle Bewegungskonzept der Skelette, der reichhaltig gefüllte Hintergrund der Stadt oder die herzallerliebste Tollpatschigkeit des Hundes Dante. Alles Faktoren, die man zwar von Pixar erwartet, die aber gerade in kleinen Momenten für große Freude sorgen können.
Im Kern erzählt „Coco“ nicht die originellste aller Geschichten. Wir haben einen Bösewicht, eine Wendung und einen jungen Helden. Vielmehr wird „Coco“ durch den gefühlvollen Umgang mit seinen Grundthemen zu einem echten Kraftakt. Innerhalb seiner Handlung kreiert „Coco“ Momente, die tief an die Substanz gehen und deutlich mehr zu sagen haben, als man es in einem Kinderfilm erwarten würde. „Coco“ schafft die perfekte Mischung aus leichtfüßiger Unterhaltung und herzzerreißendem Drama. „Coco“ scheut sich nicht vor großem Pathos und Kitsch und nutzt diese Elemente zu seinem Vorteil. Dadurch schafft der Film große, klassische Kinomomente, die das Medium voll ausnutzen und mir noch lange im Kopf bleiben werden.
Dass „Coco“ so wunderbar funktioniert, liegt auch an den starken Charakteren, die der Film einführt. Hauptfigur Miguel ist ein getriebener und trotzdem zutiefst sympathischer Held, der für seinen Traum alles geben würde und sich auf seiner Reise mit starken Veränderungen arrangieren muss. Veränderungen treffen auch Hector, der wohl der stärkste Charakter des Films ist und bisher zu den vielschichtigsten Charakteren der Pixar-Filme gehören dürfte. Mit Frida Kahlo, Ernesto de la Cruz und Miguels Familie bietet der Film im Allgemeinen ein vielfältiges und äußerst rundes Emsemble.
„Coco“ dürfte der Film sein, der selbst Pixar-Verdrossene wieder an die Leinwand fesselt. Er hält sich an gängige Mechanismen und traut sich dabei trotzdem viel Neues, er kann glücklich machen aber auch todtraurig. „Coco“ ist ein optisch wunderschöner, traumtänzerisch-leichtfüßiger Film, der zum Besten gehört, was Pixar bisher hervorgebracht hat und sich nur wenige Schnitzer erlaubt.
„I think it is one of those made up things adults tell kids, like vitamins.“
Spätestens seit „Taxi Driver“ wissen wir: Aus Einsamkeit kann Gewalt folgen. Nun schickt „Netlix“ also mit Frank Castle den einsamsten Menschen des „Marvel“-Universums in Serie. Das kann ja nur heiter werden.
Als Mörder verurteilt, frisch aus dem Gefängnis geflohen und noch immer ist Frank Castles Familie tot. Kein toter irischer, russischer oder italienischer Mobster hat daran etwas geändert. Wütend auf einer Baustelle arbeitend, muss Frank nun aber feststellen, dass sein Rachefeldzug deutlich mehr Lücken aufweist, als er es jemals vermutet hätte.
Was gab es doch ein hin- und her mit der neuen „Punisher“-Serie. Zunächst Ewigkeiten ohne Release-Datum, dann wegen des Las-Vegas-Attentats verschoben, fand die Serie am 17.11.2017 endlich ihren Weg auf „Netflix“. Und löste sofort die nächsten Kontroversen aus.
Frank Castle ist eine schwierige Figur. Die pure Konzeption seiner Figur als waschechter Mörder unter den „Superhelden“, lässt jedwede Verfilmung deutlich politischer werden als andere Vertreter des Genres. Dass man hier den schweren Weg gegangen ist und sich der Figur des Frank Castle auf eine ungewöhnlich erwachsene Weise nähert, kam für mich unerwartet.
Man kann kaum glauben, dass „Captain America“ und „Punisher“ im gleichen Universum stattfinden. Steve Lightfoots („Hannibal“) Serie erzählt eine zunächst undurchsichtige Geschichte rund um Amokläufer, Verschwörungen und Kriegstraumata, die sich Zeit lässt und sich als Erwachsenenunterhaltung versteht. Dieser „Punisher“ ist finster, weitgehend freudlos und absolut nicht zimperlich.
Gewalt ist ein großes Thema im „Punisher“-Universum. Natürlich in der Vorlage aber auch hier. Lightfoots Serie geht einen schweren Weg und zeichnet Frank nicht durchgängig als Identifikationsfigur. Die horrenden Gewalttaten, die immer wieder von ihm ausgehen können einerseits als kathartische Erfahrung gesehen werden, andererseits aber auch äußerst abstoßend wirken. Die Bösewichte in „The Punisher“ wirken schwach, weil Frank so ziemlich der größte Bösewicht in der Serie ist. Besonders deutlich macht das auch Franks Verhältnis zu Lewis Walcott (Daniel Webber), welcher sich auf seine Weise auch für einen Freiheitskämpfer hält. Über weite Strecken wird „The Punisher“ so zu einem moralischen Kraftakt, der es dem Zuschauer nicht leicht macht. Gegen Ende büßt die Serie zwar etwas von ihrer Ambivalenz für eine etwas klassischere Comichandlung ein, bleibt dem Kerngedanken aber treu.
Dass ich Jon Bernthal sehr mag, half natürlich auf die Serie aufmerksam zu werden. Sein Frank Castle ist animalisch und verletzlich zugleich. Sein Verhalten verbunden mit der rohen, unangenehmen Gewalt lässt diesen Castle irgendwo zwischen Amokläufer und einsamem Rächer schwanken. „The Punisher“ entwirft einen komplexen Charakter, der seiner Vorlage absolut gerecht wird. Hier dürfte sich selbst Ray Stevenson („Punisher: War Zone) warm anziehen.
Auch der restliche Cast darf immer wieder glänzen. Vor allem Ebon Moss-Bachrach als „Micro“ und Daniel Webber als Lewis Walcott bilden einen hochinteressanten Gegenpol zu Frank und haben einige der stärksten Szenen der Serie. Ben Barnes als Billy Russo und Amber Rose Revah als Dinah Madani leisten auch gute Arbeit, bleiben aber durchgängig recht eindimensional. Gerade als Kontrast zu den anderen Protagonisten. Da darf eine zweite Staffel gerne mehr liefern.
Man kann über „The Punisher“ kaum sprechen ohne signifikante Details über die Handlung preiszugeben. Letztlich kann man sagen, dass „The Punisher“ viele schwierige Themen anreißt und einige davon intelligent abhandelt. Manchmal etwas zu kurz und manchmal ohne eindeutige Position aber mit deutlich dickeren Eiern als ich sie „Marvel“ jemals zugetraut hätte. „The Punisher“ ist eine exzellent gespielte, hochspannende und extrem gewalttätige Serie. Dazu dürfte das Ding die bisher edelste Cinematographie haben, die bisher aus der „Marvel“-Ecke kam. Ja, „The Punisher“ hat keine ganz reine Weste und hat trotz intensiver Auseinandersetzung mit verschiedensten Formen von Selbstjustiz ihre fragwürdigen Momente. Wer aber darüber hinwegsehen kann, bekommt hier die bis dato stärkste Serie aus dem Hause „Marvel“.
„I'm not gonna let you die today. Dying's easy. You're gonna learn about pain. You're gonna learn about loss.“
Nachdem die Safdie-Brüder mich schon mit „Heaven Knows What“ vom Hocker gehauen haben, war ich umso gespannter auf „Good Time“. Spätestens seit David Cronenbergs „Cosmopolis“ halte ich den ehemaligen Twilight-Star für ein schauspielerisches Ausnahmetalent.
Als Nick (Benny Safide) und Connie Nikas (Rober Pattinson) einen Bankraub planen, ist ihr Tag gelaufen. Der geistig eher langsame Nick begeht einen massiven Fehler und bringt so eine ganze Reihe von unglücklichen Ereignissen ins Rollen. Jetzt liegt es an Connie, diese Situation wieder geradezubiegen.
Der dreckige, halb-dokumentarische Look und der treibende Soundtrack von Oneohtrix schließen nahtlos an „Heaven Knows What“ an. Während die audiovisuellen Entscheidungen der Regisseure in „Heaven Knows What“ eher ein Gehirn in Flammen porträtierten, spielen ähnliche Elemente hier auf einer anderen Ebene. „Good Time“ ist purer Stress, Adrenalin und komplette Abwesenheit von Moral. Robert Pattinson hetzt durch die Straßen wie einst Kim Bodnia in Nicolas Winding Refns Erstlingswerk „Pusher“, sprich „Good Time“ ist eine echte Achterbahnfahrt. Der Film schlägt Haken, hat einen ungemeinen Mut zu tiefen Abgründen und schafft durch seine Optik eine außergewöhnlich real wirkende sensorische Erfahrung.
Aber abseits der technischen Aspekte, bietet „Good Time“ im Kern auch einige glorreiche Casting-Entscheidungen. So erweist sich zum Beispiel Robert Pattinsons Casting als Volltreffer. Es ist unfassbar mit welcher Grandezza der ehemalige Glitzer-Vampir hier einen rücksichtslosen Kleinkriminellen darstellt, der alles tun würde, um seinem Bruder zu helfen. Auch der Rest des Casts gibt immer wieder abstoßend-schöne Leistungen ab: Von Regisseur Benny Safide selbst als Connies bemitleidenswerter Bruder, bis hin zu Jennifer Jason Leigh, die erneut ihr Können beweisen darf. Alle passen in die finstere Welt von „Good Time“ hinein und bilden einen durch und durch glaubwürdigen Mikrokosmos.
„Good Time“ reiht sich, trotz geringer Pacing-Probleme, nahtlos in eine Reihe großartig-atemloser Crime-Thriller ein. Zu „Crank“, „Pusher“ und zuletzt auch der französische „Dealer“, gehört jetzt auch unweigerlich „Good Time“ dazu. Die Gebrüder Safdie haben mich erneut überzeugt und beweisen, dass sie mit ihrem eigenwilligen Stil auch andere Geschichten erzählen können als in „Heaven Knows What“. Ich bin gespannt auf das,was da noch kommen mag und kann „Good Time“ nur jedem Thriller-Fan oder Pattinson-Skeptiker empfehlen.
„This place where we are now, it can be a lot of fun if you let it. You're gonna have a good time.“
Wer auch immer einst sagte, dass man die „Saw“-Reihe nur weiterführen wird, wenn man ein adäquates, hochwertiges Drehbuch findet, der gehört geohrfeigt. Nach der Verpflichtung der durchaus talentierten Spierig-Brothers („Daybreakers“) war ich tatsächlich gespannt auf die neue Installation des „Saw“-Franchise. Ob sich die sieben Jahre Wartezeit gelohnt haben?
John Kramer ist zurück! Mal wieder! Der krebskranke 75-jährige ist einfach nicht totzukriegen. Anscheinend. Oder war es wieder ein Nachahmer? Wer steigt da überhaupt noch durch? Nach dem Twist-Clusterfuck, den die vorigen sieben Teile hinterlassen haben, schaffen die Spierig-Brothers jetzt einen Neuanfang und räumen nahezu alle Charaktere der Vorgänger vom Tisch. Mal wieder befinden sich mehrere, nicht ganz unschuldige, Menschen in den Fängen diabolischer Fallen. Mehr muss man nicht wissen.
Was unterscheidet das „Saw-Franchise“ von den meisten anderen Horror-Franchises? Es nimmt sich verdammt ernst. „Saw“ verkam nach dem Original stufenweise zur blutigen Selbstjustiz-Fantasie diverser, recht unbegabter Regisseure. Wahlweise versehen mit müden, komplett stupiden Wendungen, die den Anschein einer Rechtfertigung für die gezeigte Gewalt erwecken sollten. Zusammenfassend war „Saw“ später eher eine Mutprobe für Minderjährige meiner Generation. Und ganz egal wie groß meine Liebe zu dämlichen, ewig anhaltenden Horror-Fortsetzungen ist, „Saw“ war im Kern immer eine zutiefst verachtenswerte Verherrlichung von Selbstjustiz. Aber irgendwie hat das teilweise Spaß gemacht. Auf diesen Spaß hatte ich gestern wieder Lust. Ich wollte mich ekeln, die vertrackten Fallen bewundern und hatte sogar Hoffnung, dass die Handlung vielleicht neue Wege geht. Pustekuchen.
Nach dem absolut vergessenswerten siebten Teil der Reihe, schafft es „Jigsaw“ so zu wirken, als wären keine sieben Jahre vergangen. Nach schönen Promobildern, interessanter Regie und mäßigen Trailer bietet der Film nichts Neues. Nicht einmal besonders viel Altbewährtes. „Jigsaw“ bietet ein paar attraktive 20-30 Jährige, einen Comic-Relief und mit die langweiligsten Fallen der Franchise-Geschichte. Wer auf Magenkino wie noch in „Saw III“ hofft, der ist komplett fehl am Platz. Es könnte sein, dass im Heimkino eine Unrated-Fassung erscheint aber in diesem Zustand ist „Jigsaw“ nicht einmal Gore-Bauern zu empfehlen. Das einzige „für“ in „Jigsaw“ ist ein kurzer, intensiver Auftritt von John Kramer (Tobin Bell) himself und ein ungewöhnlich flottes Tempo für ein sonst eher lahmarschiges Franchise.
„Jigsaw“ fühlt sich nicht an wie ein neuer Anfang, sondern viel eher wie ein müder, schnell produzierter Lückenfüller, den man schnell auf den Markt kotzen wollte. Dennoch: Ich habe viel gelacht. „Jigsaw“ ist tatsächlich derart dämlich, dass man viel Spaß haben kann. Logiklöcher werden hier auf eine ganze neue Ebene gehoben und die „Ermittlungsarbeiten“ um Detective Halloran spotten jeder Beschreibung. Nein, „Saw“ ist leider noch immer kein gekonntes Franchise wie z.B. das von mir heiß geliebte „Final Destination“. „Jigsaw“ ist am Ende einfach ein beschissener Film. Schade.
„What? He came back from the dead?“
„Und es gibt uns, die beim Anblick dieser Trümmer aufrichtig glauben, der Rassenwahn sei' darunter für immer begraben. Uns, die wir tun, als schöpften wir neue Hoffnung, als glaubten wir wirklich, dass all' das nur einer Zeit und nur einem Lande angehört. Uns, die wir vorbei sehen an den Dingen neben uns und nicht hören, dass der Schrei nicht verstummt.“
Was Alain Resnais 1956 mit „Nacht und Nebel“ schuf, gehört bis heute zu den wichtigsten Werken der Filmgeschichte. Nicht nur wegen der großen Kontroverse um seine Veröffentlichung, sondern auch der immensen politischen Wirkung, die der Film nach sich zog. In 32 Minuten zeigt „Nacht und Nebel“ das pure Grauen.
Die Zeit des Nationalsozialismus gehört wohl heute zur Schulbildung jedes deutschen Kindes. Wir kennen die Geschichte, die Bilder und die Namen. Schon bei der Erwähnung einer „Weltkriegs-Doku“ winken viele müde ab. Zu viele hat man angeblich gesehen auf „Phoenix“ oder dem „History Channel“. Was im oben zitierten Text von Paul Celan beschrieben ist, wirkt heute nahezu prophetisch. „Nacht und Nebel“ ist aber bis heute ein Film, der noch immer die Macht hat, besagten Schrei nicht verstummen zu lassen.
Resnais Film ist keine Dokumentation im klassischen Sinne, vielmehr eine Art Bestandsaufnahme. Man könnte auch von einem Essay sprechen. „Nacht und Nebel“ seziert in 32 Minuten die Funktionsweise des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau und liefert eine sehr persönliche Perspektive. In wunderschön formulierten prosaischen Texten, spricht (in der deutschen Fassung) Paul Celan von unvorstellbarem Schrecken. Dabei umfasst Resnais Film Bilder von der Befreiung Auschwitz, die wenigen aus dem Lager geschmuggelten Aufnahmen, Propagandamaterial der Nationalsozialisten und 1955 gefilmte Farbfilm-Aufnahmen im verlassenen Auschwitz.
Das dritte Reich kommt uns heute irgendwie weit entfernt vor. In der Popkultur millionenfach verwurstet, wirkt diese Zeit heute unwirklich. „Nacht und Nebel“ hat keine Distanz. Gerade einmal 11 Jahre nach dem Krieg, traf der Film direkt ins schwarze Herz des dritten Reiches. Man kann die Wut, die Trauer spüren und letztlich auch die große Angst vor einer Wiederholung. „Nacht und Nebel“ reißt den Zuschauer mit einem unangenehmen Ruck zurück in die Realität. Die Frage ist hier nicht, wie es dazu gekommen ist, sondern, dass es dazu gekommen ist. Dass die Menschheit fähig war, und ist, ein derartiges Grauen zuzulassen.
„Nacht und Nebel“ kann man nicht vergessen. Der Film macht sprachlos, ist nahezu unvergleichbar bedrückend und hat bis heute nichts von seiner Wirkung verloren. Alain Resnais Film ist es nach wie vor Wert gesehen zu werden. Vielleicht heute noch mehr als zuvor. Wir müssen uns erinnern und wir dürfen nicht zulassen, dass dieser Schrei vielleicht irgendwann ganz verstummt.
Ich schätze Denis Villeneuve sehr. Als vor einiger Zeit angekündigt wurde, dass Villeneuve den neuen „Blade Runner“ inszenieren würde, war ich Feuer und Flamme. Nach Ridley Scotts letzten Auswürfen, bin ich auch erfreut, dass er hier den Regiestuhl abgegeben hat.
K (Ryan Gosling) ist Polizist. Ähnlich wie Deckard (Harrison Ford) im Vorgänger, versetzt er abtrünnige Replikanten-Modelle in den „Ruhestand“. Seinem Tagwerk nachgehend, entdeckt er eines Tages ein großes Kuriosum, welches sein Selbstverständnis stark ins Wanken bringt.
„Blade Runner 2049“ taucht seine Handlung in große Bilder. Roger Deakins („Sicario“, „No Country for Old Men“) entfernt sich von der überfüllten, dampfenden Stadt und zeigt eine kalte, traurige Welt. Während Ridley Scotts Vorgänger vieles aus der menschlichen Perspektive erzählt, ist „Blade Runner 2049“ eher das Gegenteil. Villeneuve widmet sich weiterhin den Fragen des Vorgängers, stellt aber die Einsamkeit und Leere des Protagonisten in den Vordergrund.
K ist ein Produkt seiner Umgebung. Eine leere Hülle, die Aufträge erfüllt und sein Privatleben auf einem Minimum hält. Auf seine Art noch deutlich effizienter als Deckard. K's Leben ist eine Abfolge an Gewohnheiten, ohne große Überraschungen. Er ist zur bloßen Waffe verkommen, ohne ein Recht auf Eigenständigkeit. Die Welt von „Blade Runner“ ist unmenschlicher geworden und damit auch deutlich effizienter für Konzerne wie Wallace Corporation. Klimawandel und Rationalisierung haben jeden Rest organischen Wachstums zerstört. Das gilt für Los Angeles wie für die Lebensmittelindustrie. K entdeckt als Replikant seine menschliche Seite inmitten einer zutiefst unmenschlichen Welt.
Man kennt mittlerweile Goslings stoischen Blick. Spätestens seit „Drive“ ist Gosling prädestiniert für die Rolle des mysteriösen Einzelgängers. Villeneuve dreht das gekonnt um und kreiert eine tragische, von der Welt abgekapselte Figur, die sich auf eine Sinnsuche begibt. Dabei ist auch die Handlung eher irrelevant. Diese ist im neuen „Blade Runner“ sogar zu großen Teilen eher banal geraten. Das tut aber dem Film kaum einen Abbruch. Villeneuve inszeniert an der Oberfläche, während er den Subtext zu gleichen Teilen beachtet. Der eigentliche Kern des Films ist Goslings innerer Kampf, der Deckards Kampf ähnelt aber von einem anderen Startpunkt ausgetragen wird. In seinen besten Momenten ist „Blade Runner 2049“ tieftraurig und strahlt eine Kälte aus, wie sie nur selten im Kino übertragen wurde. Offensichtlich stand für die nebligen, abstrakten Bildwelten kein geringerer als Andrei Tarkowski Pate. Umgebung, Sound und Pacing sind alles kleine Einblicke in K's artifizielle Psyche, die durch die neuen Gegebenheiten zu zerbrechen droht.
„Blade Runner 2049“ widmet sich der Menschwerdung einer artifiziellen Persönlichkeit auf eine äußerst beeindruckende Weise. Villeneuve behält seinen großen Respekt vor dem Genre bei und inszeniert einen Film, der dem Vorgänger gleicht und sich dennoch gänzlich unterscheidet. Die dröhnenden, fast unangenehmen Sounds erinnern fern an den ätherischen Vangelis-Soundtrack und die zerfallene, staubige Welt erinnert entfernt an den brodelnden Moloch aus Teil 1. „Blade Runner 2049“ ist ein Film, der alle Facetten des Mediums nutzt, um eine Geschichte über Einsamkeit zu erzählen, die tief unter die Haut geht. Ein verkopfter aber dennoch zugänglicher Film, der seine Agenda nicht durch die Gegend posaunt sondern leisen Zwischentönen die Möglichkeit gibt, sich langsam zu etwas Größerem zu entwickeln.
„There is an order to things. That's what we do here. We keep order.“
Der Neo-Western scheint in den letzten Jahren eine kleine Blüte erlebt zu haben. Nach großen Produktionen wie „The Hateful Eight“, haben mich auch kleinere Filme beeindruckt, wie zum Beispiel zuletzt S. Craig Zahlers „Bone Tomahawk“. Der niederländische Regisseur Martin Koolhoven versucht sich also nun an einem fast dreistündigen Epos.
Als der junge Mutter Liz (Dakota Fanning) zu Anfang von Brimstone ein kalter Schauer über den Rücken läuft, als sie ihren alten Reverend (Guy Pearce) erblickt, hat der Zuschauer noch keine Ahnung was diese Reaktion auslösen könnte. Die folgenden nahezu drei Stunden an Rückblicken entfalten eine Geschichte aus Gewalt, Missbrauch und Fanatismus.
Koolhoven wählt mit „Brimstone“ gleich eine ganze Palette an äußerst unangenehmen Themen aus. So wurde z.B. die explizite Gewalt (vor allem gegen Frauen) kritisiert. Im Kern aber ist die unbarmherzige Herangehensweise an sein düsteres Thema, eine mit äußerst willkommene Entscheidung. Guy Pearces Reverend ist eine Schreckensgestalt, die Liz über ihren gesamten Werdegang verfolgt. Sein Fanatismus formt Liz Leben und bringt eine ganze Lawine an Leid mit sich. Koolhoven verpackt das Ganze zusätzlich in formschöne, wenn auch bodenständige, Bilder und inszeniert eine schwerfälligen, deprimierenden Western, der gleich mehrere Zeitstränge verstrickt.
Ich mag Filme mit Ambitionen. So ist mir „Brimstone“ in seinem Anliegen sehr sympathisch, patzt aber nur sehr stark in seiner Umsetzung. Was kann ein toller Cast an einem banalen Drehbuch ändern, welches sich während der gesamten Laufzeit im Kreis dreht.
„Brimstone“ krankt stark an seiner erzwungenen Ernsthaftigkeit und der dümmlichen, groben Geschichte dahinter. Ich habe kein Problem mit Filmen, die sich sehr ernst nehmen, es sollte nur einen Hintergrund geben, der diese Ernsthaftigkeit rechtfertigt. „Brimstone“ erzählt im Prinzip eine sehr flache Lebensgeschichte über Liz und die Geister ihrer Vergangenheit, die leider nicht durch Charaktere angereichert werden kann. „Brimstone“ kennt nur Schwarz und Weiß, nahezu keinerlei Graustufen. Selbst Kit Harringtons Charakter, welcher offensichtlich als Graustufe angelegt wurde, kann sich letztlich kaum entfalten und verkommt zum bloßen Meilenstein in einer Handlung die zu keinem Ziel führt. Zumindest zu keinem Ziel, welches mich berühren konnte. Im Kopf bleibt eine zeitweise angsteinflößende Leistung von Guy Pearce und eine beständig hochwertige Performance von Dakota Fanning.
„Brimstone“ ist ein ambitionierter, in meinen Augen, aber ebenso gescheiterter Film. In großen Gesten und Bildern, erzählt Koolhoven eine simple Handlung, die an allen Ecken und Enden schnauft und ächzt, nur um am Ende komplett an Prätention und peinlichem Overacting zu zerbrechen. „Brimstone“ ist zähneknirschend brutal, religiös und finster, hat aber weit weniger zu erzählen, als es Koolhoven wohl lieb gewesen wäre. Da wäre sehr viel Potenzial drin gewesen.
„I threw away the right to go to Heaven. But you made me do it.“
Nach dem kontrovers diskutierten „Zero Dark Thirty“ im Jahre 2012, ist Kathryn Bigelow und trifft mit „Detroit“ genau den Nerv der Zeit.
1967. Die Rassenkonflikte brodeln letztlich über und stürzen die Stadt Detroit über fünf Tage in einen Zustand purer Gewalt. Mittendrin befinden sich ein Security-Officer namens Dismukes (John Boyega) und ein gewisser Deputy Krauss (Will Poulter). Als mutmaßliche Schüsse aus dem Motel Algier dringen, nimmt eine verstörende Geschichte ihren Lauf...
Wenn Kathryn Bigelow etwas schafft, dann ist es Spannung. Durch den Pseudo-Dokumentarischen Stil, gemischt mit echten Aufnahmen der Aufstände, einsteht ein unangenehm direktes Gefühl. „Detroit“ fühlt sich nicht wirklich an wie ein Spielfilm, wirkt eher wie eine äußerst intime Dokumentation. Bestärkt wird das Ganze noch durch das herausragende Schauspiel des Casts, angeführt durch John Boyega und Will Poulter. Poulter verkörpert die wohl finsterste Rolle seiner Karriere mit einer wahrhaft angsteinflößenden Brillianz. Dennoch schafft es Bigelow auch bei diesem Charakter eine Art Ambivalenz herauszuarbeiten.
Eingeschränkt auf das Motel Algier, ist „Detroit“ ein kammerspielartiger Film, der weniger Wert auf die Darstellung der kompletten Aufstände und mehr Wert auf die Erklärung der Missstände innerhalb eines Mikrokosmos legt. Die Algier-Situation spiegelt in all' ihrer Brutalität nach wie vor unangenehme Realitäten wieder, die auch jetzt, 50 Jahre später, wieder äußerst dringlich erscheinen. Eskalation durch Rassenhass, offensichtliche Unterdrückung und vor allem, zu sehen in Poulters Rolle, puren Neid. Bigelow sucht mit ihrem Drehbuchautor Mark Boal die Ursprünge der Gewalt in den niedersten menschlichen Gefühlen und Verfehlungen und wird dort fündig. Krauss ist ein zu gleichen Teilen bemitleidenswert wie purer Verachtung würdig.
„Detroit“ ist vermutlich Bigelows bedrückenster Film. Durch die Beschränkung des Handlungsorts und den durchgängig schwelenden Hass, wird „Detroit“ zum Kraftakt für den Zuschauer. Wir lernen hier weniger über Geschichte als über Hass und das ist gut so. Ein wütender, brutaler Film, der weit entfernt ist vom schmierigen Betroffenheitskino, welches man hier hätte inszenieren können. In Zeiten der allgegenwärtigen Angst und damit verbundenem Hass eine dringende Empfehlung.
„I'm just gonna assume you're all criminals.“
Der neueste Spross des „Texas Chainsaw Massacre“-Franchise, steckte jetzt nun fast schon so lange im Giftschrank wie einst Eli Roth „Green Inferno“. Zu schwer zu vermarkten, probleme bei der Finanzierung, zu kantig. Den wahren Grund werde ich wohl erst einmal nicht herausfinden. Da ich aber bekennender Fan der Reihe bin, musste ich natürlich einen Blick wagen.
Was ging eigentlich bei den Sawyers ab, als „Leatherface“ noch klein war. Wann bekam er seine erste Kettensäge, wann ist Opa dement geworden und wann ist die eklige Sippe zum Kannibalismus übergegangen? Fragen über Fragen, die sich eigentlich keiner gestellt hat, auf die wir jetzt aber eine Antwort bekommen.
Ich bin bekennender Fan des gnadenlos sadistischen Prequel zum ebenfalls spaßigen Remake. Die Neuverfilmungen verfehlen zwar alle den Horror des Originals, bieten aber zähneknirschende, widerwärtige Unterhaltung. Nach ihrem Splatter-Meisterwerk „Inside“, war ich sehr gespannt auf Julien Maury und Alexandre Bustillos „Texas Chainsaw“-Ableger.
Man darf sich gleich vom handelsüblichen Ablauf des klassischen „Texas Chainsaw“-Films verabschieden. „Leatherface“ orientiert sich stark an Rob Zombies „Halloween“ und verbringt große Teile innerhalb einer psychiatrischen Klinik. Wir sehen letztlich Jed Sawyers Weg zum grunzenden Monstrum. So löst sich „Leatherface“ von einigen Genre-Fesseln, bringt durch die neugewonnene Freiheit aber auch einiges an Leerlauf ins Spiel. Die seltsame Mischung aus „Natural Born Killers“ und „Einer flog übers Kuckucksnest“ dreht zwar gelegentlich richtig frei, ächzt aber dennoch an allen Ecken und Enden, was vor allem dem mäßigen Drehbuch zu verdanken ist.
Getragen wird der Film vor allem Sam Strikes Performance als Jackson, der Krankenschwester Tammy (Nicole Andrews) aus den Fängen der ungleichen Gruppe befreien möchte. Die Dynamik innerhalb der Gruppe aus mutmaßlichen „irren“ Flüchtigen, ist zwar durchaus gut gespielt, bleibt aber über weite Strecken relativ flach. Wie schon in „Among the Living“ zeigen Maury und Bustillo ihr Gespür für verstörende Bildhaftigkeit und die fehlende Fähigkeit interessante Charaktere zu schaffen. „Leatherface“ krankt stark an dem Fehlen eines R. Lee Ermey, der die Platinum Dunes Version auf ein anderes Niveau hob.
Wir sind weit weg vom zerstörten Amerika des Tobe Hooper-Originals, weit weg vom politischen Ursprung der Reihe. Längst ist das Franchise ein dunkles Moor aus zerstörten Persönlichkeiten und Litern von Blut. „Leatherface“ transportiert diese finstere Ausrichtung in eine Art Road-Movie und schafft es damit tatsächlich der Reihe ein paar neue Aspekte abzugewinnen. Auch hier entfachen Maury und Bustillo wieder einen obskuren Charme, der sich vor allem in den verstörenden Szenen bemerkbar macht. „Leatherface“ ist sicher der schwächste Film des französischen Regie-Gespanns, beweist aber erneut, dass die Beiden sich immer wieder erfolgreich in menschliche Abgründe hinabbegeben und das Terrorfilm-Genre durchaus bereichern können. Kein Film für Fans von subtilem Horror, kein Film für Franchise-verdrossene und kein Film für schwache Mägen.
Verdammt, ich liebe Matthew Vaughn. Trotz überstilisierter Gewalt, häufigem Einsatz von CGI und ungerechtfertigter Überlänge. Seine Filme haben Energie, Humor und sind herrlich respektlos. Was war mit „Kingsman 2“?
Die Welt ist erneut in Gefahr. Eggsy (Taron Egerton), frisch verliebt in die schwedische Prinzessin Tilde (Hanna Alström), muss er feststellen, dass die Welt erneut in großer Gefahr schwebt. Ausgelöst durch Drogenbaronin Poppy (Juliane Moore), infiziert eine tödliche Krankheit die Weltbevölkerung, die nur durch das entsprechende Gegenmittel gestoppt werden kann. Ein Job für die „Kingsman“!
Wer dachte schon immer: Meine Güte, die finale Szene aus „Kingsman“ hätte ich gerne über 20 Minuten gestreckt. Wer auch immer das gedacht hat, der sei beglückwünscht. „Kingsman 2“ ist primitiver, länger und sieht schlechter aus als Teil 1. Man möchte fast meinen, wie im Falle von „Kick-Ass 2“, man hätte den Regisseur gewechselt. Aber nein, Vaughn ist tatsächlich für diesen Film verantwortlich.
„Kingsman 2“ versteht seinen ursprünglichen Reiz nicht mehr und bietet statt überdreht-brutaler Action nur noch überdreht-mäßiges CGI. Von der kontrovers aufgenommenen Kirchenszene aus Teil 1 keine Spur mehr, stattdessen erinnern die Kämpfen mit den Statesman eher an Superhelden-Fights.
Ich habe kein Problem mit der Verrücktheit, die Teil 2 zelebriert. Mechanische Hunde, 50s Nostalgie und Fabriken in Form einer riesigen Whiskeyflasche. Was mich aber stört, das ist der Umgang damit. „Kingsman 2“ fühlt sich an wie ein loses Sammelsurium an Ideen, welches nicht zusammenpassen möchte. Vaughn Stilmittel wirken hier gewollt, der Humor aufgesetzt und das Pacing ist komplett missraten. Durch einen seltsam getakteten Spannungsaufbau, fühlt sich „Kingsman 2“ deutlich länger an, als er eigentlich ist. Und er ist beileibe lang genug.
Auch im Cast tut sich leider nicht viel. Taron Egerton ist nach wie vor eine perfekte Besetzung für Eggsy und füllt diese Rolle auch in Teil 2 tadellos aus. Colin Firth, Jeff Bridges und Channing Tatum werden alle drei weitgehend verschenkt. Tatum und Bridges könnte man sogar eher als Cameo-Auftritt bezeichnen. Hinzu kommt die unglaublich seltsame Performance von Juliane Moore als Poppy, die mit ihrer komplett überdrehten Affektiertheit eher Fremdscham auslöst. Der Cast verschenkt dermaßen viel Potential, dass es fast körperlich schmerzt.
Am Ende steht die Frage: Was lief schief? „Kingsman 2“ hat frische Ideen, immer mal wieder gute Action und einen tollen Cast. Ein Film, der wirkt als wäre er schlecht zusammengeflickt, ein Film der mit seiner Festival-Szene wohl den Preis für Cringe des Jahres erhalten wird und ein Film, der, trotz seines genialen Regisseurs, seinen Vorgänger um Lichtjahre unterbietet. „Kingsman 2“ wirkt wie der billige Aufguss eines Nachfolge Regisseurs. Die bisher wohl größte Enttäuschung des Jahres.
Darren Aronofskys neuer Film „mother!“ sucht die Kinos heim. Nur echt mit kleinem „m“ und Ausrufezeichen am Ende. Um ein Stück über den Publikumsspalter „Noah“ hinwegzukommen, hat er eine ganze Prise Roman Polanski geschnupft und schuf infolgedessen „mother!“.
Des Künstlers Leben ist hart. So hat auch „Er“ (Javier Bardem) eine Schreibblockade und hofft diese in einem einsamen Landhaus zu bekämpfen. Dass das nicht gut gehen kann, hat uns bereits vor einiger Zeit „The Shining“ gezeigt. Aber zum Glück gibt es ja „Sie“ (Jennifer Lawrence), die als seine Muse fungiert und nach und nach ihr gemeinsames Haus renoviert. Als „Er“ aber plötzlich die Bude mit unbekannten Menschen füllt, scheint die Stimmung zu kippen.
Es ist nicht immer leicht Inspiration zu finden. Ein Thema, welches Film und Fernsehen schon seit Jahren beschäftigt. Inspiration scheint Aronofsky aber gefunden zu haben, vor allem bei Polanskis „Ekel“ und allgemein dessen Beschäftigung mit Paranoia. Während Polanski sich aber oftmals in subtilen Zwischentönen ausdrückt, kommt „mother!“ gleich mit einer ganzen Blaskapelle um die Ecke.
Man muss die audiovisuelle Raffinesse von „mother!“ loben. Was der Film in seinen ersten ca. 60 Minuten aufbaut, ist atmosphärisch ein wirkliches Highlight. Die losgelöste, fast wirre Kamera erinnert stark an sein Erstlingswerk „Pi“ und braucht sich vor dessen filmischer Gewalt kaum zu verstecken. Zu meiner großen Überraschung trägt Jennifer Lawrence ihre Rolle anfangs auch geradezu mühelos. Der Horror kommt aus der zwischenmenschlichen Kälte, der verstörenden Geräuschkulisse und der subjektiven Kamera. In seiner ersten Stunde ist „mother!“ pure, filmgewordene Gewalt. Die in ihrer Metaphorik zwar äußerst plump agiert, auf einer sensorischen Ebene aber fabelhaft unterhält.
Und dann ist irgendwas zerbrochen. Wer Chaos in Filmen wie „High-Rise“ mag, der kann sich hier auf etwas gefasst machen. Statt aber komplett entfesselt zu funktionieren, wie in Ben Wheatleys Film, springt „mother!“ dem Zuschauer mit nacktem Arsch ins Gesicht. Aronofsky wirft mit schmierig-pseudointellektueller Metaphorik um sich wie Michael Bay mit Explosionen und wird zunehmend derart aufdringlich, dass ich ernsthaft genervt war. Man hat fast das Gefühl, dass der Regisseur hier ernsthaft von Neuland ausging. In seinem, zugegebenermaßen interessantem wenn auch total misslungenen, Finale, wird „mother“ dermaßen prätentiös, dass man es kaum glauben kann. Zudem unterbricht der Film seine Geschichte nach ca. 60 Minuten kurz, was den Pacing ebenfalls unheimlich schadet.
Am Ende ist „mother!“ ein Fehlschlag aber dennoch ein interessanter Fehlschlag. Offensichtlich hat Aronofsky sein Quellmaterial nicht verstanden und war der Überzeugung, dass „Ekel“ dringend eine plakative, unangenehm religiöse Metaebene bräuchte. Wer aber über Aronofkys extrem nervige Agenda hinwegsehen kann, der hat hier zumindest eine großartige sensorische Erfahrung vor sich, die wohl im Kino besonders gut wirken dürfte.
„You give, and you give, and you give. It's just never enough.“
Mitte der 2010er scheint ja das große 80er Revival zu sein. Vor ein paar Jahren noch mit altmodischem Synth-Geholze und exzentrischer Beleuchtung („The Guest“) und spätestens seit „Stranger Things“ auch wieder klassische Abenteuerfilme im Stile der „Goonies“. Und warum klappt das so gut? Weil es eben auch damals gut funktioniert hat. Nicht umsonst ist „Stand By Me“ bis heute eine der besten Stephen King Verfilmungen.
Das Grauen sucht Derry Heim. Eines Sommers im Jahre 1988 verschwinden plötzlich zahlreiche Kinder in der beschaulichen Stadt. Als Bills (Jaeden Lieberher) Bruder Georgie (Jackson Robert Scott) verschwindet, macht sich der Club der „Loser“ auf den Weg, um das Geheimnis der verschwundenen Kinder von Derry zu lösen. Doch haben die „Loser“ nicht nur mit der unheimlichen Entität „Pennywise“ (Bill Skarsgard) zu kämpfen, sondern auch mit den lokalen Mobbern um Henry Bowers (Nicholas Hamilton)
Als „Es“ 1990 bereits die TV-Bildschirme heimsuchte, verursachte Stephen Kings Opus Magnum neben „The Dark Tower“ schon zahlreiche Traumata in Kinderstuben. Es war also höchste Zeit, dass Pennywise der Clown auch endlich im Kino landet. Nach zahlreichen Streitereien um Cary Fukanagas („True Detective“) Regiestuhl, übernahm nun Andy Muschetti, dessen durchwachsener Film „Mama“ nicht auf das Beste hoffen ließ. Zum Glück wurde ich eines Besseren belehrt. Denn, und das muss so früh raus, ich empfinde „Es“ als eines der größten Meisterwerke des modernen Mainstream-Horrors.
In einer Welt in der schundige Geisterbahnfahrten wie „Annabelle 2“ und diverse andere „BlumHouse“-Produktionen dicken Erfolg verzeichnen können, ist „Es“ eine echte Wohltat. Ja, auch Muschettis Film unterwirft sich manchen Gegebenheiten des modernen Horrorkinos, spielt aber mit diesen Eigenschaften wie auf einer Klaviatur.
Muschettis „Es“ ist grundsympathisch. Ganz offensichtlich steckte man beim Casting und Drehbuch viel Mühe in die Glaubhaftigkeit der Kinderdarsteller und hat hier einen mindestens genauso guten Coup gestartet, wie vor einem Jahr mit „Stranger Things“. „Es“ fühlt sich nicht an als würde er eine Welle reiten, er verinnerlicht die positiven Eigenschaften der 80er-Abenteuerfilme und feuert eine wahre Sympathieoffensive ab. Vom schüchternen Bill bis hin zur draufgängerischen Beverly (Sophia Lillis), ist wirklich kein Charakter misslungen. Es wird zwar nicht die ganze Gruppe gleich detailreich ausformuliert (dafür reicht die Laufzeit auch nicht), dennoch wächst einem der Club der „Loser“ sehr schnell ans Herz. Statt auf den nächsten gruseligen Moment zu warten, habe ich gerne Zeit mit dieser Truppe verbracht und zugleich einen fantastischen Horrorfilm, wie auch eine sehr gelungenes Coming-Of-Age Drama gesehen.
„Es“ nimmt seine Zuschauer ernst. Statt sich komplett auf Spuk zu verlassen, entwirft „Es“ nach Kings Vorbild eine Stadt voller Gewalt. Viele der Kinder haben einen äußerst dramatischen Hintergrund und werden nach und nach Opfer von Mobbing. Henry Bowers ist eine ähnlich reale Bedrohung wie Pennywise. Statt Bowers aber als bloße Bedrohung darzustellen, wird auch ihm eine Doppelbödigkeit verliehen, die seinen Charakter nachvollziehbar, wenn auch gelegentlich leicht überzogen erscheinen lässt. Allgegenwärtig ist die Angst der Kinder/Teenager. Die Angst erwachsen zu werden, verwoben mit der kindlichen Angst vor dem „Unheil unter dem Bett“. Horror und Drama sind hier so gut ineinander verzahnt, wie zuletzt bei „The Babadook“.
Der größte Angstfaktor vieler Fans des Romans oder der TV-Verfilmung war vor knapp einem Jahr aber Bill Skarsgard als Pennywise. Die ersten Promobilder lösten Unmut, fast schon Ärger aus. Betrachtet euch als entwarnt. Skarsgards Pennywise ist anders, kann es jedoch locker mit Tim Curry aufnehmen. War Curry noch der bösartige Verrückte, wirkt Skarsgard eher wie eine Art Alien. Bewegungsabläufe und Art zu sprechen, sind ein ganz anderer Ansatz und lösten bei mir mehrfach größtes Unbehagen aus. Im Grunde funktioniert Pennywise noch gleich, wird aber durch Detailänderungen erfolgreich ins 21ste Jahrhundert übertragen. Sein Verhalten und die damit verbundenen Scares sind vom Aufbau her zwar oft eher modern und laut, wissen aber durch verstörende Bildsprache zu beeindrucken. Einige Szenen haben sich tiefer in meine Netzhaut gebrannt, als ich es jemals vermutet hätte. Ich werde Flötenspieler nie wieder mit den gleichen Augen sehen können.
Wer das Erzähltempo eines „Stranger Things“ erwartet der ist hier falsch. „Es“ ist ein langer aber dennoch recht schneller Film. Ein Film der nicht gehetzt wirkt aber dennoch ein flottes Pacing innehat. Muschettis Film übertrifft die TV-Fassung um Längen, auch indem er die gute Entscheidung traf, dass man die zweite Hälfte in einem weiteren Film erzählen würde. Am Ende ist „Es“ ein wundervoller Film geworden. Ein Film der gleichermaßen gekonnt die Nostalgie-Schiene bedient, wie auch seine modernen Aspekte gekonnt integriert. Atmosphärisch, schauspielerisch und im Horrorbereich ist hier alles auf höchstem Niveau und ich habe mich über 2 Stunden durchgängig prächtig unterhalten gefühlt. Ob ich als „Gänsehaut“, „Stand By Me“ und „Stranger Things“-Fan leicht zu befriedigen war, das kann hier jetzt jeder vermuten. Da ist vielleicht auch was dran. Dennoch halte ich „Es“ für die wohl größte Errungenschaft des Mainstream-Horrors seit längerer Zeit und einen durchweg atmosphärischen, sehr gruseligen und allgemein überaus gelungenen Film.
„When you're a kid, you think that you'll always be... protected, and cared for. Then, one day, you realize that's not true. If you open your eyes, you will see what we're going through. 'Cause when you're alone as a kid, the monsters see you as weaker. You don't even know they're getting closer. Until it's too late.“
Der Winter ist da! Nachtkönig, Dothraki und Drachen stehn vor der Tür, Westeros droht zu zerfallen. Die ganze Welt wartet auf ein episches Finale, welches nun in 7 Folgen vorbereitet wurde und nächstes Jahr (vielleicht übernächstes) beendet wird. Aber macht das noch Spaß?
Bereits Staffel 6 fühlte sich tonal sehr uneben an. Nach einer äußerst langsamen fünften Staffel, war es an der Zeit für „Game of Thrones“ wieder das Tempo zu steigern. Das zahlte sich vor allem gegen Ende aus, brachte jedoch auch einige Probleme mit sich. Man merkt den zunehmenden Vorlagenverlust durch George R. R. Martin sehr stark und ich habe mich nicht selten nach der Qualitätsoffensive, die noch in den Staffeln 1-4 herrschte gesehnt.
Die aktuelle Staffel schafft epische Bilder, ist bisher aber der absolute Tiefpunkt der Serie. Zwischen wilder Fan-Befriedigung und zerfahrenem Pacing, setzt sich Staffel 7 zwischen alle Stühle und reiht Spektakel an Spektakel, ohne sich auf die eigentlichen Tugenden von „Game of Thrones“ zu verlassen. Hat das viele Budget eher geschadet? Ich möchte kaum glauben, dass ich vor 3 Jahren noch Tyrions Gerichtsverhandlung als Spannungshöhepunkt der vierten Staffel empfand. Heute ist „Game of Thrones“ weit entfernt von interessanten Dialogzeilen, versucht sich lieber in hoch budgetierter Fan-Fiction.
Es fühlt sich irgendwie falsch an. Während ich früher einmal das Gefühl hatte, dass Westeros ein interessanter Ort voller Geheimnisse ist, schnurrt der Kontinent in Staffel 7 dermaßen zusammen, dass ich es kaum glauben konnte. Seit Drachen, weiße Wanderer und Riesen das Schlachtfeld in schieren Massen heimsuchen, verfliegt der Zauber jeder einzelnen Kreatur aufs Neue. Kann sich hier noch jemand an den ersten Riesen in „Game of Thrones“ erinnern? Das war ein denkwürdiger Moment.
Von politischem Intrigenspiel zum wöchentlichen Fantasy-Schocker. Dieses Prinzip hat auch schon „The Walking Dead“ vollkommen verinnerlicht. Man verzichtet auf durchdachtes Storytelling und bietet lediglich hohle Spannungsmomente sowie einen gesalzenen Cliffhanger am Ende. Ganz egal wie viel Sinn das jetzt ergibt, die Leute werden dranbleiben. Man hat die Charaktere ja schließlich vorher etabliert. In Staffel 7 herrscht die totale Willkür. Es werden Fantheorien bestätigt, Charaktereigenschaften drastisch reduziert und treibende Faktoren (z.B. Varys und Littlefinger) zur bloßen Fußnote reduziert.
Es ist ein Wunder, dass die aktuelle Staffel so wenig Kritik erfährt. Ich empfand „Game of Thrones“ vor ein paar Jahren als die beste Fantasy-Serie, die man momentan bekommen konnte. Ich hätte sogar Vergleiche zu Herr der Ringe gezogen. Offensichtlich war der Zeitdruck aber größer als die Raffinesse der Autoren und „Game of Thrones“ wurde zur hohlen Massenbefriedigung mit gelegentlichen lichten Momenten. Hier ruht ein mehr oder minder ausgefuchstes, brutales Intrigenspiel mit durchdachten Wendungen und Gespür für Mystery, zum Vorschein tritt das neue „Game of Thrones“. Ein optisch perfekt inszenierter, polierter Koloss, der kaum noch Rhythmus besitzt und auf den letzten Metern zum Finale pfeift wie Reiner Calmund auf einer Wendeltreppe.
Losgetreten durch James Wans Überraschungserfolg „Insidious“, geht das Universum rund um Dämonen, Poltergeister und Besessene nun bereits zum x-ten Mal in Serie. Wer schon immer eine Fortsetzung zum „Conjuring“-Spin-Off „Annabelle“ wollte, dessen Träume wurden nun erhört.
Irgendwo in der texanischen Prärie, da wohnt ein Puppenhersteller. Er hat eine wunderschöne Frau, ein wunderschönes Kind und ein wunderschönes Leben. Kacke, dass dann die Tochter überfahren wird. Zum Glück schlüpft ihre gepeinigte Seele dann aber in eine der zahlreichen Puppen und alle sind glücklich. Oder nicht?
David F. Sandberg bewies ja bereits mit „Lights Out“, dass er dem Horror-Genre nichts hinzuzufügen hat. In „Annebelle 2“ wird er seinem Namen erneut gerecht und spult in erschreckend langen 109 Minuten einen Film ab, der uninspirierter kaum sein könnte.
„Annabelle 2“ ist Fast-Food. Aber nicht die Sorte, die kurzfristig schmeckt und satt macht, sondern die versiffte Tankstellen-Kacke, die erst schick aussieht aber dann nach Wellpappe schmeckt. Ein oberflächlich polierter, fürchterlich kalkulierter Film, der selbst die letzten Marvel-Produktionen originell wirken lässt.
Wenn die besessene Puppe „Annabelle“ das Haus zum rumpeln bringt, Vogelscheuchen bewegt oder Kinder wild durch die Luft wirft, dann bleibt kein Auge trocken. Wer James Wans sonstige Produktionen bereits für eine laute Geisterbahnfahrt hielt, der wird hier keinen Spaß haben. Die Jumpscares sind billigste Jahrmarktsbespaßung und stinken bereits Minuten vorher zum Himmel. Wer noch nie im Leben eine Horrorfilm gesehen hat, der könnte hier seinen Spaß haben.
Das Problem von „Annabelle 2“ ist nicht das Produktionsniveau. Sandbergs Film hat eine sehr solide Optik zu bieten und weiß auch im Schauspiel zu überzeugen. Die allgegenwärtige Abgedroschenheit jedoch amcht den Film für mich ungenießbar. Sandberg zieht seine Nullnummer von Plot auf eine unangenehme Länge und schafft es in den seltensten Momenten Spannung aufzubauen. Wenn ich Lust darauf habe, dass mich jemand pausenlos anschreit und hofft, dass ich mich irgendwie erschrecke, dann schaue ich mir keinen Horrorfilm an.
„Annabelle 2“ zeigt ein gravierendes Problem des Blockbuster-Horrorfilms auf. Billige Schreckmomente werden mit echtem Grusel verwechselt und machen das Kino zur Mutprobe für Teenager. Das scheint die Zielgruppe zu sein, macht „Annabelle 2“ aber nicht weniger ärgerlich.
David Leitch, seines Zeichens einer der Regisseure des Überraschungserfolgs „John Wick“, liefert nun also seinen nächsten Film. Dieses Mal mit Charlize Theron statt Keanu Reeves und dieses Mal in Berlin statt in New York.
Als Lorraine Broughton (Charlize Theron) nach Berlin geschickt wird um den Mord an einem Kollegen zu untersuchen, ahnt sie noch nicht die Verwicklungen, in welche sie sich hier verstricken wird. Eingeführt von ihrem Kollegen David (James McAvoy), gerät sie immer tiefer in die Irrungen und Wirrungen des kalten Krieges. Zum Glück ist aber auch Lorraine nicht unerfahren an der Waffe.
„Atomic Blonde“ ist ein doofer Film. Er hat ein seltsames Erzähltempo, dümmliche Twists und ist letztlich kein Stück schlauer als die grenzdebile Handlung eines „John Wick“. Aber verdammt, warum hatte ich so viel Spaß im Kino?
Zunächst einmal Charlize Theron. Die gebürtige Südafrikanerin bewies ja schon in „Mad Max: Fury Road“, dass sie ein außerordentliches Action-Talent besitzt und darf hier mit schneeweißer Perücke ebenfalls glänzen. Auch wenn ihr Charakter kaum Tiefe besitzt, man nimmt ihr die eiskalte Agentin zu jeder Sekunde ab.
Style und Sound sind dann aber nochmal eine ganz andere Hausnummer. Wer immer noch Bock auf die 80er-Nostalgie Welle hat, der hat hier richtig Spaß. In exzentrischer Beleuchtung und zum Best Of der „Neuen Deutschen Welle“, kämpft es sich doch gleich ein gutes Stück besser. Hier kommt Song auf Song und im Gegensatz zu „Suicide Squad“ hat das irgendwie bei mir funktioniert. „Atomic Blonde“ ist hier eher ein hochenergetisches Musikvideo als ein klassischer Actionfilm. Wenn auch nicht so devot der Musik gegenüber wie z.B. vor ein paar Wochen „Baby Driver“. Chad Stahelski legt hier in Sachen Optik einfach noch eine ganze Schippe drauf, im Gegensatz zum eher nüchtern inszenierten „John Wick“. Hier standen ganz klar die aktuelleren Filme von Nicolas Winding Refn („The Neon Demon“) Pate.
Unerwähnt, darf man natürlich auch nicht die Action lassen. Als Stunt-Koordinator, ist David Leitch natürlich im Action-Genre ziemlich bewandert und auch hier wird wieder geschossen, dass die Fetzen fliegen. Jedoch ist die Action in „Atomic Blonde“ weniger gestriegelt und direkter als noch in „John Wick“. Eine fantastische Plansequenz in der Mitte des Films beweist auch Therons Talent in diesem Bereich und dürfte selbst Hasser des Films atemlos zurücklassen. Zudem wird das Berlin kurz vor der Wende hervorragend als Kulisse genutzt.
„Atomic Blonde“ ist ein wahrer Vertreter des Vorwurfs „Style over Substance“. Der Film gibt vor schlauer zu sein als er ist, weiß nicht ganz wo er enden soll und erlaubt sich das politische Klima kurz vor der Ende sträflich unangetastet zu lassen. Er nutzt sein Setting als Taktgeber und feiert ein Action-Meisterwerk ab, welches den diesjährigen „John Wick 2“ alt aussehen lässt. Wer über offensichtliche Fehler hinwegsehen kann und selbst heute noch seine Füße zu „Major Tom“ wippen lässt, der ist hier genau richtig. Genial inszeniertes, wundervoll choreographiertes Actionkino.
„You can't un-fuck what's been fucked.“
Juhu, Luc Besson macht wieder Sci-Fi. Juhu, Luc Besson hat wieder ein krasses Budget. Juhu, „Valerian“ basiert auf einem franco-belgischen Comic und: Juhu? Cara Delivingne ist dabei.
Man stelle sich vor, dass die Erde eine Raumstation planen würde, die irgendwann zum Dreh- und Angelpunkt des intergalaktischen Austauschs wird. So eine Station benötigt natürlich eine Regierung und bei knapp 30 Millionen Bewohnern verschiedenster Zivilisationen auch eine Exekutive. Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delivingne) sind also im Prinzip Space-Cops. Ihr Auftrag: Eines der seltensten Wesen des Universums sicherstellen und zum General (Clive Owen) bringe.
Wie auch schon einst in „Das fünfte Element“ merkt man Luc Bessons Herkunft in der Science-Fiction am ehesten. Wer auch nur ansatzweise mit franco-belgischen Comics in Berührung kam, der wird diese Verwandtschaft sofort merken. „Valerian“ ist verspielt, kitschig, kreativ und gnadenlos bunt. Eine wahrhaft erfrischende Erfahrung im großen Wust der gleichgeschalteten Comicverfilmungen.
„Valerian“ entwirft Welten. Vom interdimensionalen Markt bis zur Futtergrippe des Froschkönigs, sehen wir Räume, die ich mir nie hätte vorstellen können. Gerade als Nichtkenner der Vorlage. Hinzu kommt, dass Valerians Abenteuer uns durch die ganze Station trägt und somit eine Setvielfalt bietet, die man so selten zu Gesicht bekommt. Ja, hauptsächlich CGI aber das tatsächlich im Besten Sinne. Das Ganze ist auch gesprenkelt mit äußerst gut funktionierenden Cameo-Auftritten von Ethan Hawke als Jolly the Pimp bis Rihanna als Bubble, die Formwandlerin. Rihanna bietet vielleicht sogar die beste Szene des Films. In seiner quietschbunten Verrücktheit, geht „Valerian“ voll auf und bietet so mehr als eine handvoll von wirklich memorablen Momenten.
Was „Valerian“ aber an ungewöhnlich guten Elementen mitbringt, das gleicht er auch auf der anderen Seite wieder aus. So stellt sich zum Beispiel das Kamikaze-Casting von Dane DeHaan las großer Fehler heraus. DeHaan ist ein exzellenter Schauspieler, trägt die Rolle des abgebrühten Valerian aber keineswegs. Er wirkt wie ein Fremdkörper in Bessons abgedrehter Kitschoffensive. Da passt Delivingne deutlich besser, die ich sonst eigentlich nicht wirklich schätze. Sie macht aus ihren wenigen Charakterzügen das Beste und verinnerlicht den Trash mit einer irren Mischung aus „Barbarella“ und einer Art Ripley. Da die Beiden aber als Liebespaar angelegt sind, zerstört das die Chemie komplett und lässt das Casting äußerst uneben wirken.
Bessons übersteuerter Fokus auf die Romanze und die Bewohner des Planeten Mül, feuert dann auch noch eine ganze Breitseite an Pacing-Problemen in den Film, die gerade das finale unangenehm rattern lassen. Hier ist Geduld angesagt. Aber keine Angst: Die Geduld lohnt sich.
Nein, „Valerian“ ist kein Meisterwerk geworden. Sein Gerüst bröckelt an einigen Ecken und Enden und legt immer wieder unschöne, marode Mauern frei. Aber verdammt, hier steckt viel Liebe zum Detail drin und eine Passion, die in diesen Budgetausmaßen sonst ihresgleichen sucht. „Valerian“ ist hemmungsloser Eskapismus mit Kitsch, Abenteuer und einem Haufen dümmlicher Dialoge. Wer sich mit Blödsinn anfreunden kann und auch mal über kleine Fehler hinwegsieht, der wird mit „Valerian“ sicherlich seinen Spaß haben.