Sigmund - Kommentare

Alle Kommentare von Sigmund

  • Lieben Dank für die schöne Idee und die Einladung, mariega.
    Mein momentaner Spiegelfilm ist definitiv MANHATTAN.

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    • Sehr schöne Liste! Bresson ist wirklich ein Genie.
      DIE SANFTE und VIER NÄCHTE EINES TRÄUMERS sind allerdings tatsächlich kaum zu bekommen – ich habe mir einige Monate lang bei dem Versuch die Zähne ausgebissen, national und international.
      Irgendwann aber – ja, hier kommt die entscheidende Wendung – hat die gute Jenny (von T) zwei youtube-Links aufgetrieben, mit beiden Filmen in voller Länge! Kein Witz!!
      Leider habe ich die Links inzwischen nicht mehr, und auch die Filme habe ich in untertitelter Fassung gerade nicht gleich finden können... aber ich glaube, wenn Du Jen lieb fragst, kann sie da was machen... Bestell ihr doch ganz liebe Grüße von mir.

      • Starker Artikel, der gut aufzeigt was man in und an Grafs sperrigem Tatort-Ungetüm so alles finden kann - vorausgesetzt man löst sich ein wenig von den gängigen, schablonenhaften Erwartungskonventionen.

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        • 9 .5

          Manchmal dauert es Jahre und viele hundert vergebliche Versuche, bis man eine filmische Perle findet wie diese. Kein Film der 10er Jahre konnte mich bisher so sehr begeistern wie L’INCONNU DU LAC, der in Cannes 2013 den Regiepreis der Reihe Un Certain Regard und die Queer Palme bekam.
          Zwar bin ich nicht schwul, aber der Film wäre nicht das was er ist, wenn er im Kern nicht von universellen Dingen handelte. Auf ein einziges Setting beschränkt – einem Badestrand am See und dem Wald dahinter – gelingt es Regisseur Guiraudie anhand von drei tragenden Charakteren Wesentliches über den modernen Menschen zu erzählen.
          Im Zentrum stehen der hübsche, gutmütige Franck, der dickliche, etwas verzagte Henri und der virile, undurchsichtige Michel. Alle drei werden von ihren bislang unbekannten Darstellern mit einer so faszinierend selbstverständlichen Natürlichkeit gespielt, wie sie beispielsweise im Hollywoodkino meines Wissens bis heute noch nicht vorgekommen ist.
          Trotzdem zerfasert der Film nie in dokumentarischer Anmutung, im Gegenteil: Bei aller Natürlichkeit ist er aufs Kunstvollste verdichtet und erzählt hochkonzentriert von einem spannenden Widerspruch. Auf der einen Seite ist da die fast unbeweglich ruhige Außenwirkung der Protagonisten, eben jene Gelassenheit und Souveränität, die so gut wie jeder Mensch – mehr als noch vor wenigen Jahrzehnten – bemüht ist durchweg vorzugeben. Auf der anderen Seite steht dazu im maximalen Kontrast die innere Bewegtheit, die archaischen Emotionen und das Züngeln einer Urkraft und unabwendbaren Leidenschaft, die dennoch in jedem lodert – obwohl sie nur in ganz wenigen, meist sorgsam kaschierten Momenten je nach außen dringt.
          Wie brillant der Film diese äußere Scheinruhe in gemächliche Strandtotalen fasst um sie dann mit aufgewühlten Innenwelten zu kontrastieren, hätte den Autor dieser Zeilen im Kinosaal beinahe zu lautstarkem Jubel veranlasst.
          Auch die Charaktere selbst beobachten einander unablässig und ziehen immer wieder falsche oder arg verkürzte Schlüsse aus den kargen Bildern, die ihnen am Strand zur Einschätzung der Lage genügen müssen. Welch großartiges Gleichnis auf die Beschränktheit des Sichtbaren – gespiegelt in der riesigen, oft aber unsichtbaren Welt auch der stärksten Empfindungen!
          Wahrscheinlich stimmt es, dass der Mensch sich weniger auf das verlassen kann was er sieht oder hört, als auf das was er spürt – immer vorausgesetzt, man hat die feinen Antennen der atmosphärischen Wahrnehmung noch nicht um gewisser Selbstlügen willen abgeknickt. Aber selbst dann wird uns wohl oder übel ein Großteil dessen verborgen bleiben was jeder Mensch, wenn er es will, in sich verschließen kann – und sei es auch nur aus der alten Angst, sich verletzbar zu machen.
          Für mich steckt in L’INCONNU DU LAC all das, was Kino zu seiner vollen Größe und Schönheit erheben kann. Einige der Wahrheiten, die sich hinter seinen Bildern verbergen, sind zwar nicht gerade bequem, aber nur ganz selten ist ein Film so wuchtig, erhellend und kompromisslos ehrlich wie dieser hier.

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          • Entlarvend und interessant. Danke für den Text!

              • Guter Text. Der Hass, der FEUCHTGEBIETE von vielen Seiten entgegenschlägt, scheint u.a. ein Symptom zu sein für eine Gesellschaft, die allem Septischen mit einem bis ins krankhafte übersteigerten Reinheits- und Waschzwang begegnet - als wolle sie einen Großteil der eigenen, nun mal auch "schmutzigen" Natur nicht wahrhaben.

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                • Wow! So eine kurze Liste und doch so viele große Filme.

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                    Habe mir SP angesehen, weil ihn auch Leute hier zu schätzen scheinen, die alles andere als auf den Kopf gefallen sind. Und dann das.
                    Auf den sterilen Snyder-PC-Game-Look hatte ich mich ja schon eingestellt, aber auch sonst: Leblose Klischeehaftigkeit pur, Nullfiguren von A bis Z, darstellerisches Schmierentheater mit billigstem Rührseligkeits-Kalkül, kontrastiert mit ideenlosem, 1000mal gesehenem B-Movie-Sadismus.
                    Wer sich mit Drehbüchern auseinandersetzt, findet hier neben einer unnötig verschachtelten Level-Dramaturgie übrigens auch Anschauungsmaterial für selbst unter Blockbustern erschreckend armselige Dialoge – und zwar durchweg!
                    Inszenatorisch bewegt sich SP ohnehin auf plumpem Muckibuden-Niveau, serviert allerdings mit der großspurigen Attitüde, die mehr als dürftige "Mythologie" hätte etwas Substanzielles oder gar Lebenskluges zu erzählen. Auweia!
                    Wie könnte selbst die genialste Meta-Ebenen-Symbolik aller Zeiten – die mir allerdings entgangen wäre – diese Symphonie der falschen Töne aufwiegen?!
                    Würde mich trotzdem freuen, wenn einer der Fans dieses Films mir in nicht zu ausschweifenden Worten seine vermeintlichen Qualitäten darlegen würde – denn ich habe sie auch in den Kommentaren hier nicht gefunden.

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                    • Sehr interessanter Text. Hier macht sich jemand frei von den omnipräsenten Bewertungsreflexen. Echte Neugier fürs Tiefergehende, gerade in den unbequemeren Gefilden, kommt ja eher selten vor. Respekt!

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                      • 4

                        SCHERBENPARK ist über weite Strecken durchsichtiges Pädagogenkino, das Verständnis vorgibt, aber nur selten auf Augenhöhe mit seiner jugendlichen Protagonistin ist, die wahlweise als "drollig-schroff" oder "anrührend arm dran" skizziert wird.
                        Gönnerhaft sozialmitleidig blickt der Film auf ein Milieu, mit dem augenscheinlich keiner der Filmschaffenden bislang Berührungspunkte hatte. Dazu süßlich-beliebige Gitarrenklänge und biederer Guck-mal-wir-sind-irgendwie-auch-niedlich-Humor, der so aufgesetzt wirkt als ginge es vor allem darum das "schwierige Thema" mit besser goutierbarer „Leichtigkeit“ zu servieren. Beispielhaft misslungen ist hierbei das ERSTE MAL der beiden fast volljährigen Protagonisten, deren Dialog über die körperliche Liebe so unbeholfen wirkt als wären sie noch in der Grundschule. Selbst die an sich nicht untalentierte Hauptdarstellerin Jasna Fritzi Bauer vermag es in fast keinem Moment ihrer Figur jenseits von pittoresker Kamera-Koketterie glaubhafte Innerlichkeit zu verleihen.
                        Immerhin gelingt es dem Drehbuch in der zweiten Hälfte des Films, viele gängige Klischeefallen auszulassen und beispielsweise die Näherungsversuche und -hindernisse in ihrer vorübergehenden Ersatzfamilie nicht überdeutlich auszuformulieren (von einer Ausnahme mal abgesehen).
                        Hinter einem inhaltlich vergleichbaren Werk wie FISH TANK steht SCHERBENPARK dennoch in jeglicher künstlerischen Hinsicht weit zurück. Zu begrenzt scheint hier die Beobachtungsgabe und/oder das Interesse, tiefer in die Wahrheiten des Menschseins vorzudringen.

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                        • Bitte diesen Film nicht mit Schweiger/Schweighöfer oder vergleichbaren Pups&Kaka Klamotten verwechseln. Es gibt einiges was darauf hindeutet, dass FEUCHTGEBIETE vielleicht gar nicht schlecht ist:
                          1. Der Regisseur ist kein Idiot.
                          2. Der Film läuft im Wettbewerb des A-Festivals Locarno.
                          3. Die Buchvorlage setzt dem mehr oder weniger krankhaften Reinheitswahn unserer Zeit auf mitunter hochintelligente Weise etwas nun mal sehr Menschliches entgegen.

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                          • Faszinierend, wie unangenehm J. Bruckheimer schon in den kurzen Momenten seiner Interviewausschnitte rüberkommt. Kein Wunder, dass seine Filme das sind, was sie sind.

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                              Man mag von Til Schweiger halten, was man will. Hier gelingt dem oft geschmähten, aber seit Jahren mit großem Abstand erfolgreichsten deutschen Regisseur und Schauspieler etwas ganz Besonderes. Während er in Werken wie KEINOHRHASEN, ZWEIOHRKÜKEN, KOKOWÄÄH, KOKOWÄÄH II sowie KEINOHRHASE UND ZWEIOHRKÜKEN, bei aller handwerklichen Könnerschaft doch immer auch ein Auge auf das Massenpublikum geworfen hatte, ist der Boden nun bereitet um Millionen Stammzuschauer auch an Inhalte von höchstem Anspruch heran zu führen. Der kluge Til holt endlich aus, zu seinem von langer Hand geplanten Coup: in DREIARMNAZIS, der erstmals vor zwei Jahren durch eine clever-nebulöse PR-Kampagne angekündigt wurde, baut Schweiger ganz auf lebensnahe, vielschichtige Charaktere.
                              Zur Überraschung manchen Kritikers nähert er sich dem schwierigen Thema dabei mit einer nuancierten Feinheit, die selbst dem Schaffen der sublimsten Künstler und Kulturschaffenden durchaus ebenbürtig ist. Insbesondere aus der tiefen Traurigkeit seines Sujets vermag Schweiger – ähnlich wie schon Goethe oder Lessing – jenes poetische Gespür zu ziehen, das er hier in jeder Sekunde, in jedem Bild mit großer Wachsamkeit durchdringt. Fast demütig widmet sich der Medienstar ganz der innerlichsten Substanz seiner Geschichte, offenbart Einsichten von singulärer, humanistischer Qualität und verhilft so auch der Filmkunst selbst zu einer neuen Blütephase.
                              Es sind diese Beseeltheit und die Originalität seiner dramaturgischen Vision, die dem neuen Schweiger nicht weniger als eine gewisse spirituelle Dimension, ja, einen filigranen Tastsinn für alles Höhere verleihen, der in unserer agnostischen Zeit gar ein Fanal von Sinnstiftung für die gesamte westliche Welt bedeuten dürfte.
                              Möge er auch in seinen kommenden Werken der Verantwortung gerecht werden, die eine ganze Kulturnation nun in ihn setzt. Lieber Til, mach bitte weiter so!

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                              • 8 .5

                                Einer der spannendsten Filme seit der Jahrhundertwende – doch nur ein winziger Bruchteil der Moviepiloten hat BUNGALOW überhaupt gesehen. Warum bloß? Wenigstens unter Filmfreunden hoffe ich ja immer, dass Qualität sich durchsetzt.
                                Zur Ursachensuche: Der gefürchtete Stempel „Berliner Schule“ und der schlichte Titel dürften bei so manchem Filmegucker eine gewisse Unnahbarkeit signalisieren. Und doch bin ich nach wie vor überzeugt, dass echte Filmliebhaber ganz unabhängig von Genrevorlieben jedes Werk zu schätzen wissen, das dicht erzählt ist und weit mehr draufhat als Wiedergekäutes wiederzukäuen. BUNGALOW schafft sogar das Kunststück, sagenhaft authentisch und zugleich sehr speziell zu sein.
                                Ganz wunderbar gelungen ist zum Beispiel die ständige, subversive Aggression, die in der Hauptfigur Paul hinter seiner äußerlichen Ruhe schwelt. Ob er nun den Badeanzug der Freundin seines Bruders anprobiert oder sagt, er sei „aus Gewissensgründen“ zum Bund gegangen – eigentlich jede seiner Szenen hinterfragt die bürgerliche Konvention.
                                Auch die dänische Dogma-Ikone Trine Dyrholm spielt ihre Ambivalenz und knisternde Erotik (vielleicht finden sich an dieser Stelle noch ein paar Interessenten:-) so natürlich wie man es selbst unter den Besten des Weltkinos nicht alle Tage findet.
                                Kurz: Wer sich für Menschen interessiert, findet in Ulrich Köhlers BUNGALOW einen meisterlichen Film.

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                                • Ich lese immer wieder, dass Niedrigwertungen (0-3 Punkte) für einen Film wie diesen außer Acht lassen würden, dass doch etliche Filme so viel mäßiger seien. Naja, dass in über 100 Jahren Filmgeschichte auch diverse Machwerke gekurbelt wurden, die noch schlechter sind als TDKR, macht diesen leider trotzdem nicht zu einem guten Film.
                                  Ich würde sogar sagen, TDKR als "Müll" zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung aller Bananenschalen und Kaugummipapierchen, die einen ja wenigstens mit peinlichen Sprüchen, pubertären Muskelspielchen und reaktionären Weltbildern verschonen.

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                                    Almodovars Neuer ist in eigentlich kein guter Film: erzählt er doch weder eine nennenswerte Geschichte noch vielschichtige Figuren. Seine Bilder samt steril-gefälligem Lichtkonzept erinnern an amerikanische TV-Serien, und die musikalische Untermalung lässt sich bestenfalls als routiniert bezeichnen.
                                    Trotzdem hat mir FLIEGENDE LIEBENDE erstaunlich gut gefallen. Auch wenn der Film im Gesamtwerk des spanischen Meisters wohl nur eine Miniatur bleiben wird, so hat er doch ein ganz spezielles, typisches Almodovar-Talent zu bieten, nach dem man sonst sehr lange suchen muss: diese ganz und gar unverkrampfte Sexualität.
                                    Nicht zu verwechseln übrigens mit dem genauen Gegenteil: den bis ins Mark verklemmten Sex-Jokes aus HANGOVER, KILL THE BOSS und ähnlichem Trash. Während letztgenannte hinter aller Derbheit nie ihren Standpunkt des ebenso triebfeindlichen wie scheinheiligen Moralisierens in Frage stellen würden, regiert bei Almodovar echte Freude an der Lust.
                                    Ohne auch nur den Anflug von Prätention wird es geradezu satirisch, wenn Flugkapitän, Co-Pilot, Crew und eigentlich auch alle Passagiere mal so gut wie unverstellt in jene Geilheit driften, die jeder von uns im Alltag normalerweise sorgfältig kaschiert.
                                    Wie angenehm befreit, dass ein Film mal auf den angelernten Zirkus pfeift, ganz ohne zu verurteilen! Und nicht zuletzt: Es braucht Mut, sich als Regisseur einem Thema zu widmen, das Viele ganz reflexhaft als anspruchslos abtun.

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                                    • Bitte weiter so, lieber Vince. Gegen die Windmühlen solcher Auswüchse des öffentlich-rechtlichen Grauens anzuschreiben wird zwar mittelfristig wohl vergeblich bleiben, aber es kann auch nicht der richtige Weg sein vor der Quotenmacht jener obszön reaktionären, unendlichen Biederkeit zu resignieren und sie kommentarlos gewähren zu lassen.
                                      Es finden sich zwar nicht unbedingt viele "Don Quixotes", die diesem Stumpfsinn noch trotzen, und dennoch streut jeder einzelne von ihnen einen Rest an Hoffnung, dass die Mühlräder der Verblödung und Hässlichkeit noch nicht gänzlich triumphiert haben. :-D

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                                      • Trefflicher Text! Dass gut gemeinte Fernsehfilme wie dieser gerne mit einer Überdosis an fädenziehendem Geschleim serviert werden, führt weder Macher noch Zuschauer zu wirklichem Erkenntnisgewinn – und ist in seiner klischeehaften Verkitschung letztlich nur eine weitere Variante von Diskriminierung.
                                        Gerade Optimismus und Menschenwürde lassen sich nur glaubhaft vermitteln, wenn man aufrichtig bleibt.

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                                        • Der Trailer hat ein bisschen wenig zu erzählen, scheint mir.
                                          Hoffe, der Film selbst ist dichter – und nach dem mäßigen TO ROME wieder ein würdiger Allen. :-)

                                          • Sehr schöne Liste! :-)
                                            Bin übrigens mal mit Danny Boyle im Fahrstuhl gefahren und hätte ihn fast gefragt ob er SLUMDOG nicht selbst ein bisschen misslungen findet. Aber dann habe ich doch den Mund gehalten und ihn heimlich mit dem Handy fotografiert – wie der letzte Fanboy. :D

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                                            • Die Zuschauerzahlen von F&F 6 und HANGOVER 3 weisen darauf hin, dass die Erde auch im Jahr 2013 noch von einer bemerkenswert großen Anzahl an Steinzeit-Primaten bevölkert wird. :-)

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                                                    Wie sehr ich Filme wie diesen liebe!
                                                    Auch wenn es einen traurig machen kann und das Ende mancher Illusion bedeutet, ist kaum etwas so wohltuend und würdevoll wie ein unverstellter Blick auf die Unvereinbarkeit der menschlichen Belange.
                                                    Dabei mag L’AVVENTURA ein denkbar unbequemer Brocken sein, in seiner Überlänge und vor allem in seiner Essenz, die unser Begehren als eine Urgewalt beschreibt, die alle Sicherheitsnetze durchreißt und so zerstörerisch wie rücksichtslos jede Sehnsucht nach monogamer Liebe und Schwanen-Treue zunichte macht.
                                                    Völlig falsch ist in diesem Zusammenhang der deutsche Titel gewählt, der es dem Publikum damals wohl leichter machen sollte: Denn DIE MIT DER LIEBE SPIELEN suggeriert ja ein aktives, selbstgewähltes Handeln – das der hellsichtige Film seinen Charakteren aber gerade nicht zugesteht. Hier werden die Figuren vielmehr VON der Liebe gespielt und haben auf schmerzlich nachvollziehbare Weise letztlich keine Wahl.
                                                    Wer hier widersprechen möchte um zu behaupten, man habe immer eine Wahl, dem würde ich nur allzu gerne glauben. Aber ich fürchte, der große Antonioni kannte das Leben gut genug um zu wissen: Jede Frau und jeder Mann begehren Tag für Tag etliche Anderen, und oft fehlt nur ein kleiner Anstoß um Ehepartner zu betrügen, Familien zu verlassen und jede Form von Konvention oder Moral zu brechen.
                                                    Wer z.B. wiederholt die entsprechenden Signale von einem (dem eigenen Empfinden nach) SEHR attraktiven Gegenüber empfangen hat – jenen beidseitigen Magnetismus also – der weiß: Solange noch Blut durch seine Adern pulst, wird er der Versuchung kaum widerstehen. Auch wenn er es mit aller Willenskraft versucht.
                                                    Nur ändert diese Machtlosigkeit nichts daran, dass man trotz allem für sein Tun verantwortlich ist und damit irgendwie leben muss. Auch das gehört wohl zu den ungezählten Widersprüchen der faszinierendsten aller Spezies.

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