Sigmund - Kommentare
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Alle Kommentare von Sigmund
Unter all den Unzulänglichkeiten, die einen Film zu einem schlechten machen können, ist Oberflächlichkeit vielleicht die deprimierendste.
Wenn es um wichtige Themen geht – seien sie politisch oder privat – dann sind Neugier und die leidenschaftliche Suche nach einer tieferen Schicht von Wahrheit die Grundvoraussetzung für jeden ernstzunehmenden Erzähler. Sonst kann auch die handwerkliche Kunst der anderen Gewerke nicht mehr viel ausrichten.
DAS WOCHENENDE versucht es mit dem großen Blumenstrauß: hier ein Hauch von RAF, dort Vater-Sohn-Gewalt, und drumherum eine Melange aus Eifersucht, zerplatzten Träumen und Verrat. Für sich genommen steckte in jedem dieser Ansätze der nötige Zündstoff. Doch als wäre da die Angst sich zu verbrennen, berührt man alles nur mit Handschuhen.
Er ist zwar da, der Anstrich eines anspruchsvollen Films, doch durch die Risse der Fassade quillt biedere Gefälligkeit: Wie eine brave Schülerin, die kein anderes Ziel hat als es ihren Lehrern (oder Sendern, oder Zuschauern) recht zu machen, bringt Autorin/Regisseurin Nina Grosse nur längst Erprobtes, Klischees und Konsens-Langeweile. Alles wie aus zweiter Hand, nicht innerlich durchdrungen.
Warum überhaupt ein Terroristen-Kontext, wenn Sprengkraft doch um jeden Preis vermieden wird? Weil mit den Schlink-Rechten die Fördergelder fast schon sicher waren? Zugegeben, ich kenne den Grund nicht, deshalb höre ich hier auf zu spekulieren.
Was leider bleibt, ist ein hinfälliger Film.
Guter Artikel, der die Winkelzüge der Filmpolitik und die Beweggründe hinter den Kulissen auf anschauliche Art offenlegt und hinterfragt.
Private Filmgeschichtchen, Folge 16:
Vor vier, fünf Jahren arbeitete ich im Zuge eines albernen Werbejobs für einen halben Tag mit der äußerst sympathischen Petra Barthel zusammen. Ungefähr niemand hat die Dame je gesehen. Gehört aber haben wir sie alle schon, denn sie ist u.a. die Synchronstimme von Nicole Kidman – obwohl sie fast 20 Jahre älter ist als diese.
Gestern zappte ich zum ersten Mal seit langem wieder in den Anfang von PULP FICTION hinein und blieb bis zum Ende an diesem fast schon totgerittenen „Kultfilm“ und verdammten Meisterwerrrk kleben. Was mir dabei auffiel – mal abgesehen davon, dass der Film nicht gealtert ist obwohl er aus einer Zeit stammt als Mobiltelefone ca. 14 Kilo wogen und das Internet noch nicht im Lexikon stand – was mir also erstmals auffiel: Petra Barthel ist nicht nur die deutsche Stimme von Nicole Kidman sondern auch die von Uma Thurman. Die Stimme von Mrs Mia Wallace. Heute ist Petra Barthel weit über 60, aber ihre jugendliche Stimme wird man noch in vielen, vielen Jahren hören.
Denn selbst Kulturpessimisten wie ich es zur Zeit leider bin, werden kaum bestreiten können, dass PULP FICTION trotz all seiner Qualitäten so unglaublich populär geworden ist, dass dieser zeitlose Film wohl bis zum letzten Atemzug der Menschheit – wann immer der auch sein mag – von irgendwem gesehen werden wird.
Und zwar vermutlich nicht nur wegen seiner comicartigen Gewalt und vordergründigen Coolness, sondern wegen seiner schwindelerregenden Virtuosität und Leinwandpräsenz, wegen seiner Klugheit, Menschenkenntnis und Zärtlichkeit, und natürlich auch wegen seiner jede Sekunde durchdringenden Liebe zum Kino.
Wodurch übrigens nicht nur Quentin Tarantino, sondern auch solche kaum bekannten Menschen wie Petra Barthel in gewisser Weise unsterblich geworden sind.
Ist der Sturm und Drang der Jugend erstmal verflogen, wird es offenbar immer schwieriger das zu erschaffen, was ich mal als „Poesie mit Wucht“ bezeichnen möchte.
Während Terrence Malick schon nach seinen ersten beiden Werken BADLANDS und DAYS OF HEAVEN zurecht als „Der große amerikanische Poet“ gefeiert wurde, muss man inzwischen konstatieren, dass künstlerische Arriviertheit und ein Leben im Elfenbeinturm auch ihm und seiner Inspiration nicht gerade als Kraftfutter taugten.
So wirkt der meditative Fluss von TO THE WONDER fast durchgehend seicht und die Charaktere zahnlos. Die Lubezki-Bilder sind zwar wie immer hübsch anzusehen, und auch die Musik ist dezent und geschmackvoll – aber inhaltlich streift der Film alle seine Themen nur ganz am Rande. Er durchdringt sie nie, so dass man das Gefühl nicht los wird, es handele sich um einen überlangen Edel-Werbespot für alles oder nichts.
Die Modellhaftigkeit, mit der Malick sein blendend aussehendes Ensemble als Archetypen unserer Spezies zeichnet, ist dermaßen glatt, dass mich im Laufe des Films selbst die Schönheit der ukrainisch-französischen Hauptdarstellerin nur noch anödete.
Kaum zu fassen, dass ein Regisseur von Malicks (ehemaligem) Rang obendrein in die Klischeefalle tappt, die Dame fast pausenlos herumtänzeln zu lassen. Hätte sich für ihre Sinnlichkeit etc. nicht ein originelleres Motiv finden können? Irgendwann habe ich mich bei dem Wunsch ertappt, sie möge stolpern und sich böse den Knöchel verstauchen.
Zwischen Poesie und Trivialem liegt eben oft nur ein schmaler Grat.
Sollte ich mal eine Liste aufstellen mit dem Titel "Meine Lieblings-Listen auf MP", dann wird diese hier bestimmt in den TopTen landen. :-)
Nicht wegklickbare, bildfüllende Werbung?
Wer macht denn sowas.
Wie unangenehm!
Zwar sollte man erfahrungsgemäß keine hohen Erwartungen an die Oscars knüpfen, doch die Verleihung von Hollywoods beliebtem Goldburschen an ARGO ist selbst für Academy-Verhältnisse ein denkbar unschönes Zeichen. Ausgerechnet in der Hauptkategorie einen Film zu prämieren, dessen inhaltliche Leere sich mithilfe seines pseudo-dokumentarischen Gehabes aufbläht wie Kohlgemüse in der Darmregion. Der in Wahrheit mit falschen Fakten aber nur so wuchert.
Und damit nicht genug. Besonders übelriechend ist dieser filmische Furz weil man zuletzt doch hoffen durfte, dass Patrioten-Pathos selbst in den Staaten zumindest unter Filmschaffenden nicht mehr zum guten Ton gehöre.
Aber wo sich beispielsweise ZERO DARK THIRTY allzu schlichten Vorurteilen angenehm entzog und den Zuschauer einer gewissen Selbstverantwortlichkeit überließ – da lässt Afflecks einfältiger Iranbasher in seinen manipulativen Bildern keinen Zweifel aufkommen am Weltbild einer haushohen, amerikanischen Überlegenheit.
Wie in alten Tagen.
Pfffffffffff.
Fein geschrieben. Nachvollziehbar, fundiert und liebenswert. :)
Wer sich zuerst den Trailer angesehen hat, wird während dieses Films lange Zeit überrascht sein, wie treffend seine Charaktere sind. Die psychisch gebeutelten Hauptfiguren scheinen tatsächlich wie aus dem Leben gegriffen, und selbst Bradley Cooper, der bisher nur für anspruchslose Massenkonfektionsware stand, schwingt sich zum ernstzunehmenden Darsteller auf. Beachtlich auch, dass viele Momente des Films sich nicht ganz so reflexhaft in die bequemen Standard-Schublädchen schieben lassen wie bei vergleichbaren Produktionen.
Umso enttäuschender ist es dann, *Spoiler* wenn im letzten Drittel von SILVER LININGS so gut wie jede seiner Qualitäten an die Wand gefahren wird. Die lange Showdown Sequenz ist nämlich so beschämend verlogen, dass es nur erste Anzeichen von Altersmilde sein können, die mich von einer weit niedrigeren Wertung abhalten.
Was hier an ausgewrungenen Feelgood Klischees rausgehauen wird, habe ich schon seit Jahren nicht mehr so gebündelt in einem einzigen Film ertragen müssen. Das schlimmste daran: Die gewollte Aussage wird dadurch wie so oft ins Gegenteil verkehrt. Alles Lebensbejahende kippt dann um ins Zynische - denn wo derart viele falsche Töne den angestrebten Hauruck-Optimismus begleiten müssen, da scheint es wohl keinen echten mehr zu geben.
Warum, liebe Feelgood-Produzenten, immer gleich so ein Riesenhaufen klebrigen Geschleims? Ein dezenter Silberstreif wäre weitaus stärker gewesen.
Schön zu lesen, dass Dich DAS FEST ähnlich umgehauen hat wie mich. Habe diesen in vielfacher Hinsicht ungeheuerlichen Film vor ein paar Wochen mal wieder gesehen – und er hat rein gar nichts von seiner atemberaubenden Wucht und Einzigartigkeit eingebüßt.
Auch immer schön, wenn jemand für BROKEBACK eine Lanze bricht. :-)
Unglaublich, wie glatt und leblos diese Trailerbilder wirken. Trotz Tolstoi kein Interesse.
Auch Bernd Eichinger hat bei seinen Filmen die Massenkompatibilität immer im Auge gehabt - aber ich bin überzeugt, er hätte bei dem Kampuschthema weit mehr Sensibilität in die Produktion einfließen lassen als es diese deplatziert reißerische und zugleich schwülstig-plumpe Peinlichkeit hier verspricht.
Ich habe es geahnt: 1A Liste, super Kommentare. "MH = Lynchs SB" ist kaum zu toppen.
Nur Platz 1, ausgerechnet, ist mir echt ein Rätsel. Fand den ja ziemlich mäßig.
Vielleicht geb ich dem noch mal ne zweite Chance... dann können wir über die Pros und Cons scharmützeln, wie einst bei MATCH POINT :-)
Wer hier für Trash wie Shutter Island oder Hugo Cabret gevotet hat, der hat wohl noch keinen anderen Scorsese-Film gesehen! :-)
Wenn ein Regisseur so richtig was kann, dann kommt es manchmal einem Wunder nahe wie glaubwürdig seine Geschichten erzählt sind. Bei Jacques Audiard ist die Fähigkeit auch die haarsträubendsten Momente völlig natürlich und echt wirken zu lassen so ausgeprägt, dass im Vergleich die Werke der meisten anderen Filmemacher daherkommen wie grob gehauene Holzklötze.
Was mich besonders fasziniert: Trotz (oder auch wegen) seiner so lebensnahen Charaktere gelingen dem Franzosen immer wieder Filme von fast beispielloser Wucht. Es ist die seltene Verbindung von kraftvollen, zugespitzten Geschichten mit der besagten, nie aufgesetzten Authentizität. So war ich nach den beeindruckenden UN PROPHÈTE und DER WILDE SCHLAG MEINES HERZENS sehr gespannt auf Audiards neuen Film, zumal dieser nach seinem gelungenen Frühwerk REGARDE LES HOMMES TOMBER wieder eine Liebesgeschichte in den Mittelpunkt rückte.
Und zu meiner großen Freude gelingt es Audiard erneut, diesem denkbar ausgewrungenen Sujet frisches Blut durch die Adern zu pumpen. Die Geschichte um eine beinamputierte Wal-Dompteuse (mal wieder ‚oscarreif’: Marion Cotillard) und einen mal harten, mal zarten Türsteher (auch stark: Matthias Schoenaerts) wäre in den Händen der allermeisten Regisseure wohl zu triefendem Sentiment verurteilt – hier allerdings bemerkte ich die Kitschgefahr erst beim späteren Nachlesen im Presseheft.
Wie beiläufig Audiard Stephanies Unfall inszeniert, wie glaubhaft ihre Entwicklung danach, und wie frei von platten Beurteilungen und Schubladisierungen generell jede Handlung der Protagonisten bleibt, das ist auf eine ganz unspektakuläre Art schlichtweg meisterlich.
Die einzigen beiden Momente, in denen meiner Meinung nach ein Tick zu dick aufgetragen wurde (Stichworte mit dezenten Spoileranteilen: der Kampf mit dem bulligen Schwarzen, die Befreiung aus dem Eis), konnten das grandiose Gesamtbild kaum schmälern.
Nur der deutsche Verleihtitel... der zwickt mich ein wenig in der Magengegend.
Da sich der deutsche Film in letzter Zeit mit einer Reihe von interessanten kleinen Preziosen zu beachtlicher Form aufschwingt, nutze ich die Gelegenheit um auch mal auf dieses kaum bekannte Juwel hier aufmerksam zu machen.
SIE HABEN KNUT gehört zum Intelligentesten, was nicht nur hierzulande jemals die Leinwand erblickt hat. Nein, keine Übertreibung. Und ja, der Film ist auch noch unterhaltsam, und witzig obendrein. Die Pärchendialoge, aber auch die Gruppendynamik auf der Hütte sind so schneidend geistreich und auf den Punkt beobachtet, dass man am liebsten abschreiben würde um seine Mitmenschen beizeiten mit Ähnlichem zu beglücken.
Nicht verschweigen will ich, dass manche der Charaktere allerdings so kühl und manipulativ daherkommen, dass die winterliche Umgebung vergleichsweise kuschelig wirkt. Großartigerweise kippen die Figuren trotz solcher Zuspitzungen aber nie in Gut-Böse-Klischees, sondern bleiben ein lebendiger Ausdruck nicht nur der porträtierten Zeit, sondern auch des heutigen, ultrasouveränen Egozentrikers schlechthin.
Bin überzeugt, dass die Entscheider der Berlinalegremien mittlerweile die Hände über den Köpfen zusammenschlagen, weil sie diesem seltenen Schmuckstück 2003 die Teilnahme am Wettbewerb verwehrten.
Klar, der Rommelfilm war kein großes Highlight. Was mich aber positiv überrascht hat, war die eher unspektakuläre Herangehensweise, die für Teamworx-TV-Produktionen denkbar ungewöhnlich ist. Man durfte sich als Zuschauer gemächlich in den Zwischentönen umsehen und wurde nicht wie üblich mit plattem Gut-Böse-Schema oder albernem Kleinejungs-Pengpeng vergrault. Angenehm unaufgeregt, das Ganze.
<3!!!
Trotz seiner Jugend schon ein richtig Großer in dem vielleicht schwierigsten Genre von allen: der intelligenten Komödie!
Ein ebenso wichtiger wie sinnvoller offener Brief!
Jedem, dem bewusst ist dass Qualität und Gefälligkeit oft nicht miteinander vereinbar sind, wird die oben angesprochene Problematik schnell einleuchten: Anders als in früheren Jahrgängen des Deutschen Filmpreises wird von der Filmakademie nur großkonsensfähiges prämiert – und damit reich bezuschusst! Innovative, mutige, subtile oder sonstwie kantige Projekte (SCHLAFKRANKHEIT ist hier ein gutes Beispiel, es gibt Dutzende mehr, z.B. PINGPONG, DIE UNERZOGENEN, ÜBER UNS DAS ALL, BERGFEST, LITTLE THIRTEEN, SEHNSUCHT, DIE LIEBE DER KINDER, DAS ROTE ZIMMER etc.) bekommen von diesem großen Kuchen also kein Stück.
Die Folge ist, dass man anstelle von lebendiger, inspirierter, anspruchsvoller Filmkultur in erster Linie etwas ganz anderes kultiviert: nämlich gesichtsloses Konfektionshandwerk ohne eigene Vision.
Witzige Liste, mit so mancher Pappnase die auch bei mir auftauchen würde.
Leone allerdings ist ein Kracher. Habe ihn in diesem Jahrhundert noch nicht rückbesichtigt, aber eine Frauenhasser-Komponente wäre mir doch bestimmt aufgefallen. Wandelst Du da nicht auf demselben Holzweg wie die LvT-Hater-Fraktion? :P
Quizfrage: Wie kann sich ein Regisseur am übelsten blamieren?
Antwort: Es gibt 1000 Wege, aber dieser hier ist nicht zu toppen: Man nehme einen meisterlichen Filmklassiker mit etlichen legendären Szenen und filme diese Szenen einfach nach. Ist man so talentiert oder wenigstens sorgfältig wie Gus van Sant, wird man dem Original vielleicht recht nahe kommen, zumindest als Kopie. Ist man Oskar Roehler, wird es peinlich.
Was hat der Mann sich bloß dabei gedacht eine deutsche Version von WILD AT HEART zu drehen?! Konnte er sich nicht an einer Hand abzählen, dass er dem Vergleich mit David Lynch niemals gewachsen ist?? Stellt sich hin und sagt: Ihr kennt doch Lynch – und jetzt seht her wie ich das gleiche noch mal bringe! Mit Bobby Peru und fiesen Müttern und nächtlichen Highwaybegegnungen... Nicht mal ein Himalaya aus Kokain könnte diesen Größenwahn plausibel machen.
Bleibt die Frage: Warum tut er das? Für eine Verneigung oder echte Hommage ist LULU UND JIMI viel zu lieblos heruntergekurbelt. Jeder Amateur hätte hier mehr Charme reinbringen können. Was aber mag ihn sonst dazu bewogen haben? Vielleicht eine Art bizarres Selbstkasteiungsritual? Dann, lieber Oskar, zieh doch nächstes Mal bitte nicht die Zuschauer mit rein!
Was mag ich eigentlich so sehr an diesem Film?
Obwohl ich ihn vielleicht ein halbes Dutzend mal gesehen habe, erinnere ich mich immer schon nach kurzer Zeit nur noch an wenig. Dabei gibt es gar nicht so viel zu vergessen, denn die Handlung dieser etwas unübersichtlichen Dreiecksgeschichte ist eher dünn.
Was aber hängen bleibt und mich jedesmal aufs Neue begeistert ist das einzigartige F l a i r von JULES ET JIM – jene Mischung aus Lebenslust, Melancholie und Feinsinn, die hier jede Filmminute durchweht und an unserem Innersten rührt.
Wie liebevoll und scheinbar kopflos der intellektuelle Truffaut seine Geschichte doch erzählt! Es ist die Lebensklugheit eines kinovisionären Philantropen, der auch die Schwächen, Widersprüche, Egoismen seiner Charaktere nicht ausspart weil er weiß, dass Schönheit dann am schönsten ist wenn keine Lügen stören. Auch das wunderbare Voiceover des Films bleibt (ähnlich wie in Malicks DAYS OF HEAVEN) immer sachlich und erstaunlich distanziert – seine Kostbarkeiten streut Truffaut so feinsandig, dass man sie leicht übersieht.
Fast schwebend gleiten die Figuren durch den Film, und doch täuscht die luftige Inszenierung nie darüber hinweg, dass die Schatten von Schmerz und Leid so gegenwärtig sind wie das dunkle Charisma von Jeanne Moreau.
Etwas enttäuscht bin ich schon von Kim Ki-duks neuestem Werk. Hatte seine kraftvolle Mythologie in FRÜHLING, SOMMER, HERBST... mich noch schwer begeistert und auch sein Sühne-Reißer SAMARIA durch Ideenreichtum und Einzigartigkeit beeindruckt, war mein Interesse an dem südkoreanischen Regie-Wunder zwar durch die recht konzeptuellen BIN-JIP und HWAL etwas gesunken – der Goldene Löwe für PIETA versprach nun aber eine Rückkehr in Meistergefilde, und die überlebensgroße Madonnengeschichte schien einiges an Wucht zu bieten.
Leider kam mir aber kein Moment des Filmes wirklich glaubhaft vor.
Und das lag weder an dem ungewöhnlich flauen HD-Look des Films noch an seiner Zuspitzung. Ja, Kim Ki-duk zieht wirklich sämtliche Register an Dramatik. Vielleicht tut er es aber zu ruhelos. Vielleicht zu abgeklärt. Die Folge ist, dass nie spürbares Leben in die Figuren dringt.
Nun ist der Protagonist natürlich kein Sympath, doch dieser Umstand hat mich eigentlich noch nie davon abgehalten in eine interessante Geschichte einzutauchen. Hier ließen mich das zynische Verstümmeln seiner Schuldner oder auch die anfänglichen Zurückweisungen der angeblichen Mutter erstaunlich kalt. Lag es daran, dass sich der sonst so originelle Regisseur und Autor diesmal allzu durchsichtig einer abgegriffenen Dramaturgie-Schablone bedient?
Auch die derzeit modische Kapitalismuskritik gerät in PIETA überraschend plump, so dass ich mir nicht ganz erklären mag, wie es zu dem Hauptpreis in Venedig kommen konnte.
Weil in den besten Momenten des Films aber ein Hauch von wahrer menschlicher Tragik und Schönheit durchschimmert, finde ich ihn trotz seiner vielen Mängel sehenswert.
Einer der wenigen Regisseure, dessen Werken man einen originären Blick anmerkt und eine spielerische Experimentierfreude, die sich der gängigen Konventionsstarre entzieht. Trotz seiner Genrevorliebe gelingt es Dominik Graf wie kaum einem anderen, die Schubladen der Vereindeutigung zu meiden - was ihn zum vielleicht größten Lichtblick der deutschen TV-Landschaft macht.