smartbo - Kommentare

Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 24.03.2024, 10:19 Geändert 24.03.2024, 10:22

    Frank Wiecek (Richard Conte) und Tomek Zaleska (George Tyne) sind im Jahr 1932 wegen Mordes an dem Polizisten Bundy zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Verurteilten behaupten, sie seien unschuldig. Elf Jahre später erscheint eine Anzeige in der Zeitung Chicago Times: „5.000 US-Dollar für jeden, der Informationen über den Mord an Officer Bundy liefert. Rufen Sie Northside 777 an.“ Aufgegeben wurde die Annonce von Frank Wieceks Mutter, einer Putzfrau. Auf diese Anzeige meldet sich der Reporter McNeal (James Stewart), der den Fall untersucht. McNeal hat anfangs kein Interesse an dem Fall, setzt sich aber allmählich vehement für einen Freispruch der verurteilen Männer ein. Dabei stößt er auf Widerstand der Polizei und des Staatsapparates. Der Kampf um Gerechtigkeit beginnt …

    Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit. Es ist ein in Schwarzweiß gedrehter Noir-Film mit semidokumentarischen Charakter, der durch Erläuterungen aus einem Voice-Over noch verstärkt wird. Die Stimmung ist durchgehend düster-dunkel. James Stewart spielt vorzüglich den Journalisten McNeal, der einige Mängel im Gerichtsverfahren entdeckt. Der Film spielt in der Zeit der Prohibition. Die Zeit, als die Herstellung und der Verkauf von Alkohol verboten waren. Es war auch die Zeit, in der in Chicago unzählige Morde begangen wurden und die Polizei sowie die Gerichte gezwungen waren, durchzugreifen, um der Öffentlichkeit ein starkes Bild vorzugaukeln. Dieses harte Vorgehen führte aber oft zu vorschnellen Verhaftungen und Verurteilungen. Justizirrtümer waren an der Tagesordnung.

    „Kennwort 777“ ist ein sehr guter Film, der bodenständig und teilweise etwas distanziert eine spannende Kriminalgeschichte erzählt und sich dabei kritisch mit der Rolle der Justiz und der Polizei auseinandersetzt. Auch die mitunter stimmungsbildende Rolle der Printmedien wird kritisch beleuchtet. Damals waren Zeitungen so mächtig, dass sie über Erfolg oder Misserfolg entscheiden und als wichtige Nachrichtenquelle die öffentliche Meinung erheblich beeinflussen konnten. Und diese heizten die Stimmung an und machten Druck, so dass für eine sorgfältige Ermittlung kaum Zeit blieb.

    „Call Northside 777“ hat einen straffen Erzählstil und verzichtet auf filmische Schnörkel. Starke Schauspieler wie James Stewart und Lee J. Cobb sorgen für Sehvergnügen. Um die Spannung zu erhöhen, hätte der Film leicht zu einem Film voller Twists werden können. Dafür eignet sich die Geschichte bestens. Allerdings entscheidet sich der Film für einen nüchternen und schlichen Erzählstil. Und das ist auch so in Ordnung, denn die Story für sich ist interessant und aufregend genug.

    Fazit: Ein spannender Kriminalfilm, der keine Langeweile kennt und den Zuschauer trotz des sachlichen Erzählstils schnell in seinen Bann zieht. Er ist wenig bekannt, aber auf jeden Fall empfehlenswert für Fans von Justiz-, Krimi- und Noir-Filmen. Der eigentlich auf Komödien, Romanzen und Western spezialisierte James Stewart brilliert hier in der Rolles des investigativen Reporters. Trotz des hohen Alters von 76 Jahren (!) hat der Film die Einstufung „sehenswert“ absolut verdient.

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      smartbo 22.03.2024, 09:53 Geändert 22.03.2024, 10:56

      *** Der folgende Kommentar-Abschnitt enthält leichte SPOILER ***

      Wir sind in Australien. Im Mittelpunkt der Handlung steht die junge Mia. Nachdem ihre eigene Mutter plötzlich verstorben ist, lebt sie bei ihrer besten Freundin Jade (Alexandra Jensen), Jades jüngerem Bruder Riley (Joe Bird) und Jades Mutter Sue (Miranda Otto). Mit ihrem Vater (Marcus Johnson) kommt sie seit dem Tod der Mutter nicht besonders gut aus. Um auf andere Gedanken zu kommen, nimmt sie eines Tages gemeinsam mit Jade und Jades Freund, Daniel (Otis Dhanji) an einer Séance teil, um die Geister der Toten heraufzubeschwören. Mia will so den Kontakt zu ihrer toten Mutter aufnehmen. Doch diese Geisterbeschwörung hat verheerende Folgen …

      *** SPOILER Ende ***

      Das Pacing des Films ist rasant, der Horror stark, brutal und blutig. Die Atmosphäre ist fast durchgehend düster. Dies ist zunächst auf Mias Trauer zurückzuführen. Aber auch die gelungenen Geisterbeschwörungen, die einen gruseligen Charakter haben, stärken das finstere Ambiente. Schließlich ist da noch die allgemeine Stimmung unter den Teenagern, die wenig Optimismus und Lebensfreude ausstrahlt. Sie lachen und zeigen Freude, aber unter dieser oberflächlichen Hülle verbergen sich Langeweile und Gleichgültigkeit. Die Suche nach schnellen, sensationellen Kicks ist der Weg, Langeweile zu vertreiben und negative Gefühle zu vertreiben.

      Mia wird vorzüglich von Sophie Wilde gespielt. Sie verleiht ihrer Figur Verletzlichkeit und Unsicherheit, versteht es aber trotz dieser Eigenschaften, ihrem Charakter auch einen starken Willen einzuhauchen. Mia steht zwar im Mittelpunkt, doch auch die Charakterzeichnungen der anderen Figuren sind recht facettenreich. Die mal guten, mal schlechten gegenseitigen Beziehungen untereinander strahlen ein hohes Maß an Authentizität aus. Die schauspielere Leistung der Darsteller ist mehr als ordentlich.

      Der Film ist nicht frei von Klischees. Zusammengemixt mit den Jump Scares, den finsteren Gestalten im Dunkeln und dem etwas grotesk aufgetragenen Make-up funktionieren sie aber recht gut. Die Atmosphäre wird angereichert von einem psychologischen Horror: Traumata, Verlustangst, Trauer, Seelenschmerz und Ängste bei den Begegnungen mit der Geisterwelt werden an die Oberfläche gebracht und entfalten ihre gruselige Wirkung. Die Kombination aus akustischem, visuellem und psychologischem Horror macht „Talk to Me“ zu einem gelungenen Horrorfilm.

      Fazit: Für mich eine positive Überraschung. Es ist alles in allem ein guter Horrorfilm unter all dem Schrott, der heutzutage produziert wird. Die Schauspieler sind gut und spielen sehr natürlich. Die heutige Jugend ist authentisch dargestellt: gelangweilt, empathielos und ständig am Handy. Die Spezialeffekte sind gelungen, das Make-up ist okay. Es herrscht eine düstere Atmosphäre. Das macht den Film spannend und gruselig. Bei so viel positiver Einschätzung bleibt abschließend festzustellen: ein Film, der gut unterhält und einer Empfehlung wert ist.

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        smartbo 18.03.2024, 15:12 Geändert 19.03.2024, 15:14

        Vorab sorry an all diejenigen, die darauf achten, dass hier alles korrekt abläuft und dass die richtige Wortwahl Anwendung findet, damit niemand in seinen Gefühlen verletzt wird. Jawoll, es geht um das Wort Männer im Filmtitel. Ja, schon klar, entsprechend den neusten Erkenntnissen, gibt es ja keine Männer mehr. Es sind nunmehr Lebewesen mit einem Rohr zwischen den Beinen, das dazu dient, Urin abfließen zu lassen. Man sollte deshalb den Filmtitel schleunigst umbenennen in: „DIE LEBEWESEN MIT DEM ROHR ZWISCHEN DEN BEINEN“. Ich denke, das wäre der korrekte und richtige Titel. Nun ist der Film aber aus dem Jahr 1950 und damals gab es noch Männer. Deshalb verwende ich in meinem Kommentar den furchtbaren Begriff "Männer" und bitte um Verständnis. 😁

        Ken (Marlon Brando) wurde im Koreakrieg verwundet und ist seitdem querschnittsgelähmt. Nach der Rückkehr in die USA wird er im Krankenhaus von Dr. Brocks ( Everett Sloane) behandelt. Der gelähmte Veteran, im Zivilleben sehr sportlich, kann sich mit seiner Behinderung nicht abfinden und ist verbittert. Trotz allem möchte seine Verlobte Elly (Teresa Wright) ihn immer noch heiraten und hofft, dass die Ehe ein Heilmittel für ihn sein wird. Doch beide müssen rasch feststellen, dass es auf diesem Wege viele Hindernisse zu überwinden gilt.

        „Die Männer“ ist der erste Film, in dem Marlon Brando eine Hauptrolle spielt. Er spielt einen verkrüppelten Kriegsveteranen und hält sich in einem Veteranenkrankenhaus auf, das auch den wichtigsten Schauplatz des Films darstellt. Im Krankenhaus herrscht eine Atmosphäre, die von den rauen und humorvollen Umgangsformen der verletzten Veteranen untereinander geprägt ist. Eine Atmosphäre der Kameradschaft und eine offene Atmosphäre ohne Sentimentalität. Eine Atmosphäre, die vom Chefarzt Dr. Brock unterstützt wird, der offen und direkt ist und ablehnt, seinen Patienten falsche Hoffnungen auf eine vollständige Genesung zu machen. Stattdessen arbeitet er daran, dass die Veteranen ihr Schicksal akzeptieren und sich auf ein neues Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Es ist eine Strategie, die bei vielen Veteranen zu erheblichen psychologischen Fortschritten und neuem Lebensmut führt. Bei vielen wirkt die Strategie aber nicht. Dr. Brocks Philosophie und ihre positiven und negativen Auswirkungen bilden den Kern des Films.

        „Die Männer “ ist ein Antikriegsfilm. Die Szenen finden oft auf engstem Raum statt. Der Fokus liegt stark auf den Charakteren und dem psychischen und physischen Elend der Veteranen. Dramatische Dialoge oder Gefühlsausbrüche sind selten. Es sind das zynische und mitfühlende Miteinander der Männer, die kraftvollen Schwarzweiß-Bilder und das starke Schauspiel, die in der rauen und humorvollen Atmosphäre eine höchst emotionale Wirkung erzeugen. Der Teil der Handlung, der die Beziehung zwischen Brando und seiner Verlobten beleuchtet, ist das andere Herzstück des Films. Im Gegensatz zum Rest des Films ist das romantische Element recht melodramatisch.

        Fazit: Marlon Brando, der an den Rollstuhl gefesselt ist, verhält sich in seinem Filmdebüt so, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Eine wahrlich exzellente schauspielerische Leistung. Aber auch Teresa Wright in der Rolle der Ellen ist großartig. Neben der vorzüglichen Inszenierung von Fred Zinnemann und dem starken Statement als Antikriegsfilme trägt ganz besonders das exzellente Schauspiel der Protagonisten zu der starken Qualität des Filmes bei.  

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          smartbo 17.03.2024, 10:47 Geändert 17.03.2024, 14:02

          Lars (Aksel Hennie) und Lisa (Noomi Rapace) sind ein zerstrittenes Paar, das für ein Wochenende in eine abgelegene Blockhütte zieht, um sich wieder zu versöhnen. Das ist aber nur der Vorwand, denn in Wirklichkeit plant jeder, den anderen umzubringen. Bevor sie ihre Pläne in die Tat umsetzen können, tauchen jedoch unerwartet Gäste auf und stellen eine größere Bedrohung für sie dar …

          Der Humor, der im Film dominiert, ist trocken und pechschwarz. Diese Akzentuierung gelingt dem Film prima. Die beiden Hauptdarsteller Noomi Rapace und Aksel Hennie spielen ihre Rollen stark, wobei insbesondere Noomi Rapace zu gefallen weiß. Sie spielen ein Ehepaar aus der Filmwelt, das in einer Ehekrise steckt. Die mit ihrem Starstatus verbundenen Klischees werden gut umgesetzt: Eitelkeiten und Arroganz greifen um sich. So wie die beiden miteinander umgehen ist gut gespielt und lustig anzusehen. In Zeiten der obligatorischen Korrektheit, in der wir als Zuschauer mit einer Bandbreite an austauschbaren und politisch korrekten Filmen bombardiert werden, ist es erfrischend, diesen andersartigen und humorvollen Film zu sehen.

          Der Auftritt von drei weiteren Charakteren bringt den Film in eine etwas andere Einfärbung. Zunächst scheint es zwischen den beiden Hauptprotagonisten ein Katz-und-Maus-Spiel zu geben, doch schon bald merken sie, dass sie einander noch brauchen. Was folgt, ist eine Reihe von Mordszenarien, die blutig und voller schwarzen Humors sind.

          Der größte Mangel des Films ist die lange Laufzeit und der unnötige Einsatz von Rückblenden. Es ist, als wolle der Regisseur, Wirkola, seinem Film mit den Rückblenden eine Komplexität verleihen, die der Film eigentlich nicht besitzt. Die Handlung ist einfach und hat keine Subebenen. Daran ändern auch Rückblenden nichts. 90 Minuten dürfte die perfekte Laufzeit sein, um den Plot zu präsentieren. Aber der Zuschauer sieht eine langwierige Reihe sich wiederholender Szenen, die dazu führen, dass der Film allmählich an Stärke verliert und immer schwächer wird.

          Fazit: Der Film ist eine durchaus unterhaltsame Mischung aus Action und Comedy. Das Unterhaltungsniveau gerät aber nach einer Weile durch die hineingepresste Vielschichtigkeit, welche die Handlung eigentlich nicht bietet, ins Wanken. Die lange Laufzeit ist ebenfalls ein Minuspunkt und jedenfalls nicht notwendig, um die ganze Geschichte zu schildern. Alles in allem kein Film den man unbedingt sehen muss. Er ist aber auch nicht schlecht. Für eine einmalige Sichtung reicht es trotz der geschilderten Schwächen aus meiner Sicht aus.

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            *** Der Kommentar enthält SPOILER ***

            Ein junger, naiver Lehrer (Gary Bond), der im ländlichen Australien unterrichtet, ist in den Ferien auf dem Weg nach Sydney, landet aber in einem verkommenen Outback-Kaff Yabba voller betrunkener und verrückter Männer, denen es nur um Bier, Sex, Glücksspiel und Jagd geht. Nach einem Glücksspiel erkennt der in Geldnot geratene Lehrer, dass er den skurrilen Hinterwäldlern völlig ausgeliefert ist …

            Alles beginnt mit beeindruckenden und einnehmenden 360° Bildern der endlosen Leere des australischen Outbacks: nichts als Sand, Staub, Hitze. Bilder, die eine Atmosphäre der Einsamkeit und Trostlosigkeit hervorrufen. Noch hat der Zuschauer keine Ahnung davon, dass diese Poesie der Bilder bald gegen ein Elend eingetauscht wird. Wir sind in Yabba, mitten in der Hölle und bei den Menschen, die dort leben. Lehrer John bleibt zunächst etwas distanziert und betrachtet Menschen in Yabba und die einfache Art und Weise, wie sie leben, mit einiger Verachtung.

            Das dauert nicht lange. Er entdeckt, dass es befreiend ist, die fesselnden Ketten des Anstands und des menschlichen Verhaltens abzuwerfen. Der intellektuelle John, der glaubte, der einfachen Versuchung zu widerstehen, trinkt plötzlich hemmungslos mit völlig Fremden und verliert alle seine Hemmungen. Ein Exzess jagt das andere, bis ihn ein schlimmes Erlebnis, festgehalten in einer besonders schockierenden Szene, wachrüttelt. Ein Gefühl des Ekels schleicht sich beim Zuschauen ein. Für John ist die Wirkung noch schlimmer. Innerhalb weniger Stunden hat er etwas getan, das nicht wiedergutzumachen ist. Er wird diese Last für immer mit sich herumtragen müssen.

            Eine simple und unkomplizierte Handlung, Bier-Saufgelage bis zum Umfallen, eine dichte Atmosphäre und ein authentisches Setting kennzeichnen den Film, der von Anfang bis zum Ende fesselt und neugierig macht. Er wirkt gar nicht gestellt, sondern sehr real. Sogar die ständig herumschwirrenden und nervigen Fliegen tragen zur Authentizität bei. Der anarchische Plot ist originell und vor allem wegen der schrägen Charaktere und der eigenwilligen Story keine Alltagskost.

            Fazit: Ein Film aus der Kategorie „Australisches 70er-Jahre-Kino“. „Ferien in der Hölle“ ist ein intensiver, verstörender Film mit einer giftigen, rauen Atmosphäre, vielen skurrilen Charakteren und bizarren Szenen. Ein Film über Selbstzerstörung und den moralischen Verfall eines Menschen. Es gibt paar Kritikpunkte, vor allem die brutale Jagd auf die Kängurus. Dafür gibt es bei mir Punkteabzug. Kein Meisterwerk, aber er ist sehr originell und einer Sichtung wert.

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            • 7 .5
              smartbo 13.03.2024, 14:53 Geändert 13.03.2024, 14:58

              Die Geschichte handelt von der erfolgreichen politischen Strategin Elizabeth Sloane (Jessica Chastain). Elizabeth setzt sich für eine strengere Gesetzgebung zum Waffenbesitz in den USA ein. Die neuen Gesetze sollen dafür sorgen, dass der Waffenbesitz durch eine Hintergrundüberprüfung der Waffenbesitzer strenger kontrolliert wird …

              Schon am Anfang wird man mit einer Flut von Fachausdrücken konfrontiert, die von trockenem Business-Humor durchsetzt sind. Und all das in einem mörderischen Tempo. Gerade dadurch, dass er den Zuschauer nicht an die Hand nimmt, sondern ihn mitten in die streitenden Lobbyisten wirft, gelingt es dem Film, ein authentisches Bild dieser etwas abstrakten und unbekannten Welt zu zeichnen.

              Die Handlung hat einen realen Hintergrund, doch der Film handelt von fiktiven Ereignissen. Im Zusammenhang mit der Lobbyarbeit steht ein umstrittener Gesetzentwurf namens Heaton-Harris im Mittelpunkt, der eine strengere Waffenregulierung fordert. Dann kommt Elizabeth Sloane ins Spiel. Sie ist der Typ Geschäftsfrau, die sich nicht leicht überrumpeln lässt, selbstbewusst ist und bei Bedarf auch rücksichtslos agiert. Nach einem Treffen mit den Topmanagern einer mächtigen Lobbyfirma, die Waffen für Frauen attraktiv machen will, wendet sich Sloane gegen sie. Sie zieht mit einem kleinen, recht unerfahrenen Team unter ihrer Aufsicht in den Krieg und missachtet dabei schnell die moralischen und rechtlichen Regeln.

              Warum sie sich so heftig in die politischen Auseinandersetzungen einmischt, bleibt im gesamten Film unklar. Nirgends rückt eine schwierige Kindheit in den Vordergrund oder ein vergangenes Ereignis, das ihr extremes persönliches Engagement für das Thema erklären könnte. Bemerkenswerterweise ist es gerade das Fehlen dieser Informationen, das Elizabeth Sloane zu einer so schwer fassbaren und unberechenbaren Figur macht. Zum Glück bleibt sie immer noch ein Mensch. Permanent hat man beim Zuschauen das Gefühl, dass sich hinter ihrem distanzierten Gesicht noch mehr verbirgt. Zum Beispiel beim nächtlichen Besuch eines männlichen Escorts, der ihre schwachen Stellen anzusprechen weiß. Oder wenn Sloane nach einem schweren Rückschlag in gewaltige Wut gerät und den ganzen Kram von ihrem Schreibtisch wischt.

              Die Stärke des Filmes liegt in der Kombination aus einer cleveren Handlung und der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Jessica Chastain. Die Handlung schafft es, das Potenzial des Lobbythemas kritisch auszuschöpfen, was zu einem spannenden, intelligenten und unterhaltsamen Film führt. Gelegentlich übertreibt der Film, z.B. mit den Abhörsendern auf den Kakerlaken, aber die Authentizität geht nie verloren.

              Auch hier hat der Verfallsprozess der amerikanischen Politik von innen heraus begonnen, und evident wird, dass Richter und Politiker in vielen Fällen korrupt sind. Das macht es sehr einfach, den realen und aktuellen Gehalt des Filmes explizit zu betonen, was aber eigentlich unnötig sein dürfte, weil es so evident ist. Und egal, ob Kennedy, Nixon, Bush, Obama, Trump oder Biden: in Washington sind sie alle (auch im weiteren Sinne) korrumpierbar, sie lügen und betrügen das Volk, und waren/sind von der gefährlichsten Sucht befallen: dem süßen Gift der Macht. Und es wäre nur allzu naiv zu glauben, dass das Gesagte nicht für die jetzige Regierung in Deutschland gilt.

              Fazit: Der Film ist ein intelligenter Politthriller, der den Zuschauer rasch in die Materie hineinzieht und einen Blick in das harte politische Spiel hinter den Kulissen bietet. Jessica Chastain spielt ihre Rolle wahrlich exzellent. Trotz ihrer kalt wirkenden Rolle schafft sie es, den Film im Alleingang zu tragen und Sympathie zu erzeugen. Der Film dauert mehr als zwei Stunden, wird aber keine Sekunde langweilig. Man muss allerdings immer voll konzentriert sein, um der Story zu folgen. Für alle, die Politthriller mögen, ist der Film ein absolutes Muss.

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                smartbo 10.03.2024, 09:54 Geändert 10.03.2024, 10:22
                über Viy

                Im Jahr 1835 hat der russisch-ukrainische Dichter Nikolai Gogol seine mystische Novelle „Viy“ (auch Wij, Vij, russisch : Вий ) veröffentlicht. Der Film basiert auf dieser Geschichte. Die titelgebende Figur Viy ist in der russischen Mythologie ein dämonisches Monster aus der Unterwelt, der „beste Freund“ der Hexen und der Anführer der Geister. Er sieht alles, und wenn ihm jemand in die Augen sieht, stirbt er.

                *** Der nachfolgende Abschnitt enthält Spoiler ***

                Wir sind in Russland im 18.Jahrhundert (meine eigene Schätzung). Der Klosterschüler Khoma (Leonid Kuravlyov) ist mit zwei Kommilitonen unterwegs. Sie verirren sich und übernachten bei einer alten Frau (Nikolay Kutuzov) auf ihrem Hof. Doch Khoma muss schnell feststellen, dass die Alte eine Hexe ist, die es auf Seelen der drei Schüler abgesehen hat. Er schlägt sie beinahe tot und flüchtet. Die dämonische Hexe liegt im Sterben und verwandelt sich eine wunderschöne junge Frau. Khoma flüchtet in die Klosterschule in Kiew und kehrt in sein normales Leben zurück. Dort bekommt er den Auftrag, für die schwer verletzte Tochter (Natalya Varley) eines Gutsherrn das Totengebet zu sprechen. Als er ankommt ist sie aber bereits tot. Khoma stellt zu seinem Entsetzten fest, dass es die Hexe ist, die er halbtot geschlagen hat. Aber auch die Hexe erkennt ihn und will sich rächen, in dem sie Dämonen und böse Geister beschwört, die ihn angreifen.

                *** Spoiler Ende***

                Viy ist ein gruseliges Volksmärchen. Und wie in viele Märchen ist die Handlung voller Metaphern. Der Film handelt nicht nur vom Kampf eines Priesters gegen eine dämonische Hexe und gegen die Geister. Im Mittelpunkt des Filmes steht die Religion, und es geht primär um den Widerstand gegen Versuchungen und die schwindende Frömmigkeit des Priesterschülers Khoma. Er ist feige und verstößt permanent gegen seine Priesterpflichten. Er raucht und säuft, sogar während der heiligen Messe. Er ist auch ein Frauenheld, und wenn er das leugnet, dann lügt er. „Möge Gott mich töten, wenn ich lüge“, sagt er und behauptet, dass er die Tochter des Gutsherrn noch nie zuvor getroffen hat. Aber er weiß, dass er sie tatsächlich erst ein paar Nächte zuvor getroffen und beinahe totgeschlagen hat. Khoma schlägt sich mit Ängsten herum und kämpft darum, dass sein perverses Innenleben unbemerkt bleibt. Doch Viy, das höllische Monster mit seinen großen, runden Augen sieht alles. Er ist gruselig, und sogar die einheimischen Vampire und Geister haben Angst vor ihm.

                Der Film beginnt ruhig und vermittelt in der ersten Hälfte ein gelungenes Bild der Versuche des Bösen, das Gute zu überwältigen. Eine atmosphärische Akzentuierung, die letztlich zum wichtigsten Setting führt: ein altes und prächtiges Kirchengebäude, das eine düstere Atmosphäre ausstrahlt. Ein idealer Ort und perfekte Atmosphäre für den Kampf zwischen den Armeen der Finsternis und dem Priesterschüler. Die Kirche ist prächtig ausgestaltet, mit Ikonen, die aus dem Schatten herabblicken. Ein Strom von Katzen und Vögeln jagen dem armen Khoma Angst ein. Es tauchen allerlei Kobolde und Dämonen auf, einige von ihnen kriechen die Wände der Kirche hinunter. Das Finale in der Kirche ist gruselig und bildet das Highlight des Filmes. Dann erscheint der König der Unterwelt Viy.

                Die Kirche ist nicht der einzige beeindruckende Schauplatz. Die Kulissen sind im gesamten Film außergewöhnlich aufgebaut und authentisch. Das Set-Design ist für die damalige Zeit einzigartig. Die gelungenen Schatten- und Lichteffekte und die emsige Kamera verleihen dem Film große Dynamik und verstärken das finstere Ambiente. Begleitet wird das schaurige Geschehen von einem effektvollen gruseligen Sound.

                Die im Film verwendeten Spezialeffekte sind etwas veraltet, aber tricktechnisch hat der Film einiges auf Lager, auch wenn das aus heutiger Sicht altmodisch wirkt. Die Filmemacher bedienten sich aller Tricks, um die Leinwand mit gruselig-grotesken Bildern zu überfluten. Es gibt eine Menge Untote, Vampire, einen fliegenden Sarg, eine fliegende Hexe und eine Menge andere Monster. Besonders das Make-up der Vampire und der Untoten lässt sich im Film sehen. Doch es gibt auch eine kleine Schattenseite. Der Viy selbst – das alles beherrschende Monster und der ultimative Geist des Bösen – ist eher eine enttäuschende Figur, als er endlich auftaucht.

                Fazit: Ein nostalgischer schauriger Grusel-Film, der eine düstere und märchenartige Atmosphäre bietet. Für seine Zeit handwerklich gut umgesetzt. Ein obskurer und sehenswerter Film, der eines Blickes absolut wert ist und auf jeden Fall mehr Beachtung verdient hätte. Bestens für alle Filmfreunde geeignet, die ab und an auch mal abseits des dominierenden Mainstreams unterwegs sind.

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                  smartbo 08.03.2024, 09:46 Geändert 08.03.2024, 09:53

                  Es ist das Jahr 1955. Wir befinden uns in den USA in der staubigen fiktiven Wüstenstadt namens Asteroid City. Der Kriegsfotograf Augie Steenbeck, (Jason Schwartzman), seine Kinder, die Schauspielerin Midge Campbell (Scarlett Johansson) und ein paar Astronomie-Freaks treffen sich hier, um an dem „Junior Stargazer Kongress“ teilzunehmen, in dessen Mittelpunkt die Erforschung des Weltraums und die Astronomie stehen. Zunächst läuft alles reibungslos, doch dann tritt ein Ereignis ein, das alle und alles verändert …

                  In „Asteroid City“ zeigt der Regisseur Wes Anderson seine anarchisch surreale Welt, wie sie in seinen Filmen zu sehen ist. Der bizarre Mikrokosmos besteht hauptsächlich aus einer kleinen Stadt mitten in der Wüste, wo sich eine Reihe von Nerds und ihre Eltern zu einem Wissenschaftswettbewerb treffen. Eine absurde Kulisse, in der ausgesprochen exzentrische und skurrile Charaktere zu sehen sind. Der Film vermittelt den Eindruck, als ob die surreale Atmosphäre, in der der Film angesiedelt ist, etwas ganz Normales wäre.

                  Der Film ist in einer einnehmenden Optik und in schönen hellen Pastellfarben gedreht. Inszeniert ist er als Theaterstück, was man in den dazwischengeschalteten Schwarzweiß-Passagen erfährt. Der Zuschauer sieht am Anfang eine leuchtende kaugummifarbene Umgebung und den Wüstenkaff „Astroid City“, wo die Handlung spielt. Die einzelnen Bauten, das Cafe, ein Motel, eine Tankstelle, das Forschungszentrum mit großen Satellitenschüsseln und einem Planetarium sind wie in einem Theater aufgebaut. Anderson erschafft eine bizarre Welt mit einer künstlichen und theatralischen Atmosphäre. Die Kamera ist gut und fängt jedes absurde Ereignis und jede auftretende Situation geschickt ein. Der Film zeigt eine ganze Reihe bekannter Namen in kleinen Rollen und oft nur für kurze Zeit. So sind Tilda Swinton, Willem Dafoe und Tom Hanks zu sehen. Und es gibt auch weitere prominente Gesichter: Edward Norton, Adrien Brody, Margot Robbie, Bryan Cranston und Jason Schwartzman. Eine besonders bemerkenswerte Rolle spielt Scarlett Johansson, die vorzüglich eine Filmdiva verkörpert.

                  Und ich könnte jetzt über die Starbesetzung und Kinematographie noch weiter schreiben. Aber ich komme nun zu den kritischen Punkten. Genau wie in seinem anderen Filmen versucht Wes Andersons, verschiedene persönliche Geschichtchen und einzelne skurrile Szenen zu einem Ganzen zu verbinden. Das gelingt ihm aber nur mäßig. Es ist alles ziemlich komplex und kompliziert. Ein roter Faden ist wahrlich schwer zu erkennen, denn der Szenenwechsel ist ziemlich sprunghaft und kaum ineinander fließend. Der Film wechselt zwischen den einzelnen Metaebenen. Reales und Unwirkliches sind zu sehen. Ich denke, dass Wes Anderson in seinen Filmen die Bildung eines klaren Plots vernachlässigt und zu wenig bemüht ist, eine gut verständliche Geschichte zu präsentieren.

                  Ein weiterer kritischer Punkt: „Asteroid City“ bietet nichts Neues oder Überraschendens. Man hat den Eindruck, dass Wes Anderson während seiner Karriere immer nur die gleiche Art von Filmen präsentiert, die von folgenden Merkmalen gekennzeichnet sind: 1.) die Optik ist grell, bunt, pastellfarben. 2.) die Inszenierung ist theaterartig 3.) der Plot setzt sich aus einzelnen erzählerischen Puzzleteilen zusammen 4.) es gibt ein großes Starensemble und 5.) skurrile Charaktere, schwarzhumorige Dialoge und das Retro-Design sind die weiteren Elemente. Immer nur dieselbe Soße, serviert zu einer dünnen Story. Sicher, der Film ist schön anzusehen, aber es sieht so aus, als ob Wes Anderson auf dem gleichen Level geblieben ist , ohne sich zu entwickeln. Er ist für seinen charakteristischen Stil bekannt, aber etwas Innovatives oder Anderes hat er mit „Asteroid City“ nicht auf den Tisch gebracht.

                  Fazit: „Asteroid City“ stellt eine absurde, surreale, künstliche Welt dar, in der exzentrische Charaktere leben, die die bizarrsten Dinge verrichten. Ja, die Kulissen, der Cast, die Atmosphäre und die Optik lassen sich durchaus sehen. Aber ansonsten bietet der Film nichts Außergewöhnliches oder Bemerkenswertes. Alles in den vorherigen Anderson-Filmen schon x-mal gesehen. Der Plot ist nach meinem Geschmack zu mosaikhaft, die Geschichte als Ganzes deshalb nicht ganz einfach zu erkennen. Sehenswert dürfte er vor allem für Fans von Wes Anderson und Filmfreunde sein, die noch keinen „Wes Anderson“ gesehen haben und bei denen der Reiz des nicht Alltäglichen funktionieren könnte. Mich hat der Film enttäuscht.


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                    smartbo 06.03.2024, 11:19 Geändert 06.03.2024, 15:49

                    Sailor Ripley (Nicolas Cage) wird aus dem Gefängnis entlassen und will mit seiner Freundin Lula (Laura Dern) nach Kalifornien. Ihre Mutter Marietta (Diane Ladd) ist strikt dagegen und schickt einen Attentäter auf sie los, um Sailor loszuwerden. Nicht nur, weil er ihr ihre Tochter wegnimmt, sondern auch und vor allem, weil Sailor mehr über etwas weiß, das in der Vergangenheit passiert ist.

                    Es ist ein abenteuerliches und romantisches Roadmovie, das aus einer Sammlung von Episoden der ziellosen Reise besteht, die die Protagonisten Sailor und Lula gemeinsam unternehmen. Hier und da wird die Geschichte zum besseren Verständnis mit einigen Rückblenden ausgeschmückt und mit Anspielungen auf den „Zauberer von Oz“ verknüpft, dem Film aus dem Jahr 1939. Im Mittelpunkt der Handlung steht die unverbrüchliche Liebe von Sailor und Lula zueinander, die sich immer wieder in heißem Sex und in geflüsterten oder laut ausgesprochenen Liebeserklärungen ausdrückt.

                    Es läuft aber nicht alles reibungslos. Die böse Schwiegermutter ist ihnen dicht auf den Fersen, getrieben von Eifersucht und der Angst, dass ihre schmutzigen Geheimnisse ans Licht kommen. Diane Ladd spielt die fiese Schwiegermutter und stellt gekonnt ein hervorragendes Porträt dieser Figur dar. Doch sie ist unter den Bösen nicht alleine: es taucht der Teufel Bobby Peru auf, gekonnt gespielt von Willem Dafoe, gekleidet in eine Lederjacke, die ihm das Aussehen eines Zuhälters verleiht. Ein teuflischer Blick und ein teuflisches Lächeln, das faule Zähne enthüllt, runden das böse Bild ab. Er nutzt all seine Überredungskünste und versucht, Sailor von seiner geliebten Lula weg und in den Tod zu führen. Wie es sich für ein Märchen gehört, ist der Kampf zwischen Gut und Böse nicht so einfach. Denn was wäre ein Märchen ohne eine gute Fee, die Sailor erscheint? Und es stellt sich die brennende Frage, ob der Song „Love me Tender“ von Elvis Presley letztendlich etwas bewirken kann?

                    Im Film sind abwechslungsreiche Kulissen zu sehen: trostlose Landschaften, ein romantischer Abendhimmel, eine laute Kneipe, ein Foyer aus Marmor, eine stinkende Toilette. Orte, an denen Blut fließt, aufregender Sex stattfindet, getanzt wird, heftig gestritten und Pläne ausgeheckt werden. Orte, an denen Freiheit gefeiert und Leben gelebt wird. Alles, was die beide Helden Sailor und Lula charakterisiert. Zwei Menschen werden unfreiwillig zu Helden, und alles, was sie wirklich wollen, ist, einander zu lieben. Im Kontrast dazu gibt es viele bizarre Bilder voller Gewalt, die obszön und düster sind und die die hässliche Welt zeigen.

                    Nicolas Cage spielt den Sailor vortrefflich als äußerst sympathischen Menschen, dem man selbst die schlimmsten Missetaten verzeiht. Ein bemerkenswerter Charakter, dieser Seemann. Er macht seinem Namen alle Ehre, denn er navigiert gekonnt durch das Leben. Freiheit ist für ihn von größter Bedeutung. Seine Partnerin Laura Dern, die die Lula darstellt, ist die etwas unbedarfte Klischee-Blondine mit leuchtend roten Lippen, die von ihrem Ritter Cage aus den Fängen des Drachen und des Teufels gerettet werden soll. Und wie so oft in vielen Filmen ist der Ritter auf sich allein gestellt. Kann es da ein Happy End geben?

                    Fazit: aus meiner Sicht ein gelungenes und originelles Werk von David Lynch. Ja, ein 90er, ein Film aus einem Jahrzehnt, in dem so viele tolle Filme gedreht wurden. Die Handlung ist nicht von Anfang bis zum Ende durchweg fesselnd, nein, aber der Film hat genügend von diesen typischen bizarren Lynch-Macken, die dies zu kompensieren vermögen. Im Vergleich zu seinen anderen Filmen ist dieser Lynch zugänglich, weil die Handlung relativ einfach verfolgt werden kann. Ein Lynch bei dem man sich einfach zurücklehnen und genießen kann.

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                      über Pearl

                      Der Film ist das Prequel des Horror-Slashers „X“ von Ti West. Die Geschichte spielt im ländlichen Texas im Jahr 1918, Jahrzehnte vor den Ereignissen von „X“. Eine sehr junge Pearl (Mia Goth) lebt auf einer Farm mit ihrer strengen Mutter und dem gelähmten Vater. Ihr Mann kämpft im 1.Weltkrieg. Die Spanische Grippe wütet, und da sie ansteckend und tödlich ist, ist Pearl quasi auf dem Bauernhof eingesperrt. Pearl möchte jedoch dem Ort entfliehen und träumt von einem Leben als Filmstar. Um dies zu erreichen, ist sie zu allem fähig …

                      Im Film dreht sich alles um die gleichnamige Titelfigur. Während ihr Mann in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs kämpft, bleibt sie bei ihren Eltern zurück. Sie hat kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Pearls völlig gelähmter Vater kann weder sprechen noch sich bewegen und ist auf ständige Pflege angewiesen. Er ist ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Die Mutter der Titelheldin ist eine verbitterte Frau, die ihren Frust an ihrer Tochter auslässt. Pearl ist einsam. Sie hat eine „Bindung“ zur Kuh Charly, Schaf Mary, Ziege Frances und Krokodil Theda. Pearl ist eine verträumte junge Frau auf der Suche nach Abenteuern in einer Welt, in der es Frauen nicht erlaubt ist, unabhängig zu sein. Dennoch beschließt Pearl, ihre Träume zu verwirklichen und an einem Tanzvorwettbewerb teilzunehmen. Doch ihre Mutter ist dagegen. Die Folgen sind katastrophal. Die inszenierten Morde sind gut aufgebaut und schlagen aufgrund ihrer Brutalität hart ein. Das Finale ist wirkungsvoll und bleibt noch Tage nach der Sichtung im Gedächtnis haften.

                      „Pearl“ ist weniger ein Horrorfilm als vielmehr eine Charakterstudie. Es ist ein Film über Einsamkeit und familiäre Bindungen. Der Film ist vor allem ein Film von Mia Goth. Die Schauspielerin trägt diesen Film mit Überzeugung und porträtiert einen äußerst vielschichtigen Charakter. Pearl ist naiv, aber auch gefährlich und unberechenbar. Sie ist verletzlich, aber auch rücksichtslos und hart. Es macht Spaß, Mia Goth zuzuschauen, wie vorzüglich sie den komplexen Charakter der Figur Pearl porträtiert. Ihr Charakter ist ambivalent und weist mehrere Facetten auf. Pearl ist nicht nur schlecht und auch nicht nur gut. Bei ihr ist immer mit einer Überraschung zu rechnen.

                      Fazit: Pearl ist kein typischer Horrorfilm. Es ist eher ein straff inszeniertes Drama und das Psychogramm einer Psychopathin. Positiv bewerte ich die authentischen Kulissen, die überzeugende Atmosphäre, die handwerklich gut ausgearbeitete Inszenierung sowie insbesondere die gute schauspielerische Performance. Die Handlung ist mittelmäßig, aber eine Sichtung lohnt sich allein schon wegen des tollen Schauspiels von Mia Goth.

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                        smartbo 28.02.2024, 10:34 Geändert 28.02.2024, 10:38
                        über X

                        Es ist der erste Film aus der Horror-Trilogie des Regisseurs Ti West. Die Filmreihe lässt sich im Großen und Ganzen in das Genre Horror/Slaher/Drama einordnen. Der zweite Teil „Pearl“, (Kommentar von mir folgt in Kürze), der im Jahr 1918 spielt, ist das Prequel und schildert das Leben der jungen Pearl, die in dem von mir hier kommentierten 1. Teil „X“ eine alte, 80jährige Frau ist und die Gastgeberin auf der Ranch spielt. Der dritte Teil, das Sequel „Maxxxine“, ist in den 1980er Jahren angesiedelt und erzählt das weitere Leben von Maxine in Los Angeles. In allen drei Teilen spielt Mia Goth die Hauptrolle. „Maxxxine“ ist per dato noch nicht auf dem Markt. Einen offiziellen Veröffentlichungstermin gibt es nicht, aber der Film soll im Jahr 2024 erscheinen.

                        Worum geht es? Wir sind im Jahr 1979 in den USA. Ein Filmteam, das aus Amateuren besteht, kommt auf einer abgelegenen Ranch in Texas an, um einen Pornofilm zu drehen. Ihre Gastgeber sind ein zurückgezogen lebendes älteres Ehepaar. Als die Nacht hereinbricht, nimmt das Interesse der Gastgeber an den jungen Menschen ungewöhnliche Züge an …

                        „X“ ist ein Mix aus Horror und Slasher mit dramaturgischen Akzenten. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe von Filmschaffenden, die einen Pornofilm drehen. Es gibt also einige Sexszenen zu sehen, die allerdings nicht besonders bemerkenswert oder gar erotisch sind. Im Kern erzählt der Film eine einfache Geschichte, wie sie in vielen anderen Filmen geschildert wird: eine Gruppe von Menschen ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Es ist viel blutige und brutale Gewalt zu sehen. Also, nichts Besonderes. Das hat man ja schon in zahlreichen anderen Filmen gesehen.

                        Der Film verrät bereits zu Beginn, dass die Geschichte nicht für alle Charaktere gut enden wird. Der Handlungsverlauf erweckt dennoch von Anfang an Neugier. Es dauert aber einfach sehr lange, und zwar fast eine Stunde, bis es zu den ersten spannenden Szenen kommt. Das ist bei neueren Slashern ungewöhnlich. Bis dahin nimmt sich der Film in der Einführung die Zeit mit der Skizzierung der uninteressanten Charaktere und der Schaffung einer düsteren, bedrohlichen und unheilvollen Atmosphäre.

                        „X“ ist stilistisch durchaus gut gelungen. Die Bilder entsprechen den 1970er Jahren, einer Zeit, in der die Geschichte spielt. Die Kameraperspektiven sind sehr variabel und tragen sicherlich zu der verstörenden Atmosphäre bei. Audiovisuell ist der Film durchaus interessant und spannend, storytechnisch jedoch weniger. Die schauspielerische Leistung ist insgesamt in Ordnung. Mia Goth, (die Ehefrau von Shia LaBeouf,) in der Rolle der Maxine und der alten Pearl sticht mit ihrer top Performance hervor. Die Maskierung der alten Pearl ist im Film vortrefflich gelungen. Dass eine junge Frau hinter der Maske steckt, ist gar nicht erkennbar.

                        Fazit Der Film hat eine durchaus gelungene bedrohliche Atmosphäre, lässt den Zuschauer aber sehr lange auf die fesselnden Momente warten. Unter dem Strich ist der Film für mich durchschnittliche Stangenware. Nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut. Er bietet nichts Innovatives oder Außergewöhnliches, denn eine solche Geschichte hat man schon eben „X“-mal (Wortspielchen) gesehen. Für ein „Geht so“ reicht es bei mir aus. Den 3. Teil der Trilogie „Maxxxine“ werde ich mir aus Neugier aber auf jeden Fall anschauen.

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                          smartbo 21.02.2024, 10:44 Geändert 21.02.2024, 10:57

                          *** SPOILER Anfang ***
                          Ben (Jeremy Irvine) ist Deputy und arbeitet auch als Jagdführer in der Mojave-Wüste im Südwesten der USA. Hier trifft er Madec, (Michael Douglas) einen wohlhabenden, zum Kotzen arroganten Kunden und unsympathischen Fiesling, der eine Erlaubnis zur Jagd auf geschützte Schafe hat. Er ist ein reicher Geschäftsmann, der es gewohnt ist, kaufen zu können, was er will. Während der Jagd macht Madec jedoch einen großen Fehler und erschießt versehentlich einen Mann. Er setzt alles daran, Ben davon zu überzeugen, den Unfall zu verheimlichen. Als Ben damit nicht einverstanden ist, muss er vor Madec fliehen …
                          *** SPOILER Ende ***

                          Der Film beginnt gut, liefert aber schnell viele unglaubwürdige Szenen, was am Ende des Filmes seinen Höhepunkt erreicht. Als Zuschauer ist man etwas irritiert und fragt sich, was man da eigentlich Unpassendes gesehen hat. Überwiegend herrscht hier Langeweile und die Handlung ist voller unrealistischer Klischees. Aber nicht alles an dem Film ist schlecht. Die Wüste ist ein großartiger Ort für das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Ben und Madec und es werden auch originelle Orte erdacht, an denen Ben sich verstecken kann. Stellenweise ist der Film spannend. Leider folgt oft ein weiteres unglaubwürdiges Ereignis, das die Spannung und vor allem die Authentizität zerstört. So schön und einnehmenden die Kulissen und die starke schauspielerische Leistung von Michael Douglas auch sind, das kann leider nicht verhindern, dass der Film sehr mittelmäßig ist.

                          Fun-FACT:… ähhh,…hmmm,… der Protagonist Madec fährt doch im Film einen protzigen SUT (Sport-Utility-Truck- Geländewagen) von Mercedes. Oder ? Ja, das stimmt. War der Film jetzt ein Mercedes-Spot für den Mercedes G63 AMG 6x6? Und auch noch mit einem echten Stuttgarter Kennzeichen S und dem Länderkennzeichen D ? Ja, das stimmt auch. Neee, neee, diese Schleichwerbung hätte man aber ruhig etwas unauffälliger präsentieren können. :-D

                          Fazit: Mittelmäßiges Katz- und Mausspiel, das weitgehend unrealistisch ist. Für Fans von Michael Douglas ist der Film einer Empfehlung wert. Allzu hohe Erwartungen sollte man aber nicht haben. Bei mir reicht es für eine gute Wertung nicht aus.

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                            smartbo 18.02.2024, 11:01 Geändert 18.02.2024, 13:50

                            In Österreich, um das Jahr 1700, reist der fanatische Hexenjäger Graf Cumberland (Herbert Lom) von Dorf zu Dorf auf der Suche nach Menschen, die der Hexerei oder Teufelsanbetung verdächtigt werden. Oftmals werden unschuldige Menschen brutal gefoltert, bis sie den Schmerz und die Demütigung nicht mehr ertragen können und schließlich ein „Geständnis“ ablegen. Sein junger Lehrling Christian (Udo Kier) beginnt allmählich an der Gerechtigkeit der Hexenjagd zu zweifeln, doch als er versucht, gegen seinen Meister zu rebellieren, ist es bereits zu spät ...

                            Zu Beginn des Films erscheint der Hinweis, dass der Film auf wahren Begebenheiten basiert. Es ist eine Behauptung, die weder bewiesen noch geleugnet werden kann, aber beim Zuschauen setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass man diese Aussage mit Vorsicht genießen sollte. Der Film ist eindeutig ein Exploitation-Film, der nur der Sensation dient. Es geht um Gewalt, Folter und Mord. Die historische Authentizität ist hier minimal.

                            Der Film beginnt idyllisch mit schönen Landschaftsbildern, begleitet von passenden musikalischen Klängen. Doch das dauert nur kurz. Die friedliche Atmosphäre ändert sich und eine einfache Handlung beginnt, die lediglich als Füllmaterial fungiert und die Gewaltszenen zusammenhält. Keine einzige Raffinesse in Sicht und die Exzesse fliegen nur so über den Bildschirm. Hier und da erlebt man situative Spannungsmomente, und partiell sind die Folter- und Gewaltszenen durchaus überzeugend umgesetzt.

                            Aber es ist der pure Voyeurismus. Dennoch sieht man im Film einige wenige kritische Töne. Das ist aber sehr subtil, denn es sind nur kurze Bemerkungen, die nicht tiefgründig ausgearbeitet sind. So werden die totalitären Machtverhältnisse, die einseitige Justiz und die Rolle der Kirche als Teil der Gewaltspirale kritisch angedeutet. Naja, in jedem Fall ist es positiv, solche Dinge anzusprechen, auch wenn es mit der stumpfen Axt geschieht.

                            Fazit: Bei meiner Kritik geht es mir nicht darum, einseitig nur die Gewalt im Film anzuprangern. Nein, keineswegs. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Gewalt in Filmen, denn sie ist ein Teil der Menschheitsgeschichte und der gesellschaftlichen Realität. Sie sollte jedoch eingebettet sein in eine gut ausgearbeitete und glaubwürdige Handlung. Oder der Film sollte ansonsten andere Vorzüge bieten, die die Wertung positiv beeinflussen können. Dies ist hier nicht der Fall, denn davon ist der Film Lichtjahre entfernt. „Hexen bis aufs Blut gequält“ ist vielmehr ein einseitig gewalttätiger, banaler und schmuddeliger mit der Intention inszenierter Film, voyeuristische Gewaltorgien zu präsentieren. Das ist mir zu billig.

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                              smartbo 16.02.2024, 10:41 Geändert 19.02.2024, 18:47

                              Wir sind in England im Jahr 2006. Der schüchterne Student Oliver Quick (Barry Keoghan) studiert an der Oxford-Universität, hat jedoch Probleme, sich dort einzuleben. Er freundet sich mit dem Kommilitonen Felix Catton (Jacob Elordi) , einem Aristokraten, an, der ihn einlädt, seine Familie in Saltburn zu besuchen. Hier entpuppt sich Olivers wahrer Charakter, der manipulativer und intriganter sein kann, als man es vermuten könnte. Was folgt, ist ein ereignisreicher Sommer auf dem riesigen Anwesen dieser exzentrischen Familie …

                              „Saltburn“ , inszeniert von der Regisseurin Emerald Fennell, ist eine Mischung aus Psycho-Thriller und pechschwarzer Komödie. So wechseln sich düstere Szenen mit humorigen Szenen ab. Im Grunde genommen dreht sich die Geschichte um die Beziehung zwischen zwei sozialen Klassen. Oliver, der aus einfachen sozialen Verhältnissen stammt, passt nicht gut in die Elite von Oxford und er passt auch nicht gut in die Umgebung der wohlhabenden Familie. Er wird geduldet, gehört aber nicht wirklich zu der Schickeria. Daraus könnte man folgen, dass es ein Sozialdrama ist. Das ist der Film jedoch nicht. „Saltburn“ erinnert viel mehr an den koranischen Film „Parasite“, in dem eine arme Laus zufällig in das Haus reicher Leute eindringt.

                              Der Film baut die Geschichte auf einer impliziten Frage auf: Wer nutzt eigentlich wen aus? Ist Oliver ein Parasit oder ist es die Familie, die Geld verdient, ohne sich die Hände schmutzig zu machen, und andere für sich arbeiten lässt ? Diese Frage ergibt einen ziemlich unterhaltsamen Film. Der Film erlaubt sich hier und da ein paar einfache Wendungen einzubauen, die allerdings leicht vorhersehbar sind, was vor allem für das Ende gilt.

                              Barry Keoghan in der Rolle des Oliver leistet einen super Job. Sein Charakter ist komplex. An einigen Stellen empfindet man als Zuschauer Sympathie für ihn und an anderen Stellen ruft er Unbehagen hervor. Mir hat er schon in "The Banshees of Inisherin" und in "The Killing of a Sacred Deer" sehr gut gefallen. Eine weitere bemerkenswerte Rolle ist die von Richard E. Grant als Familienoberhaupt. Der Kopf der Familie ist eine lustige Figur, die von Grant prima gestaltet wird. Auch die anderen Haupt- und Nebenrollen sind okay. Tolle Charaktere, in einer guten Geschichte. Das Einzige, was man an dem Film bemängeln könnte, ist die etwas lange Laufzeit von 130 Minuten, die zu teils sehr langen Szenen einlädt und etwas kompakter hätte entwickelt werden können. Ca. 30 Minuten weniger hätten dem Film wirklich gut getan.

                              Fazit: Die Meinungen über den Film gehen auseinander. Nun, wie sehe ich ihn in der Zusammenfassung? Der Film fängt gut an, flacht dann aber zum Ende hin etwas ab. Kein Meisterwerk, aber sicherlich eines Blickes Wert, was primär den guten Schauspielern, der interessanten Storyline und dem guten Unterhaltungswert zu verdanken ist. Vor allem Barry Keoghan in der Hauptrolle zeigt mal wieder, dass er ein erstklassige Schauspieler ist.

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                                smartbo 14.02.2024, 10:30 Geändert 14.02.2024, 10:32

                                Der Anwalt Atticus Finch (Gregory Peck) lebt mit seinen beiden Kindern Jem (Philip Alford) und Scout (Mary Badham) in den 1930er Jahren in einer Kleinstadt im rassistischen Alabama. Die Kinder leben in einer umsorgten Idylle, doch der intolerante und hässliche Rassismus ist alltäglich. Atticus wird gebeten, Tom Robinson (Brock Peters) zu verteidigen, einen Schwarzen, der verdächtigt wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben. Alle haben ihn bereits verurteilt, aber Atticus glaubt an die Unschuld des Mannes. Dass er einen Schwarzen verteidigt, wird nicht von allen in der Stadt geschätzt und besonders seine Kinder leiden darunter. Wird sich die Gerechtigkeit durchsetzen? Oder bestimmt das rassistische Denken eines großen Teils der Bevölkerung das Schicksal von Tom Robinson?

                                „Wer die Nachtigall stört“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Harper Lee, das 1960 erschien. Das Buch wurde mehreren Filmstudios zur Verfilmung angeboten, doch kein Studio wollte die Rechte erwerben, weil sie einfach Angst vor dem brisanten Thema der Geschichte, dem Rassismus, hatten. Die Verteidigung eines schwarzen Mannes durch einen weißen Anwalt war damals sicherlich ein heißes Eisen. Schließlich stimmte das Studio Universal zu, den Film zu drehen. Dies war ein Glücksfall, denn der Film kann mittlerweile als einer der besten Filmklassiker gelten, der sich klar gegen Rassismus wendet. Kurze Zeit später nach dem Dreh erfolgte im Jahr 1964 der Civil Rights Act von Präsident Johnson, der die gleiche Rechte für alle verordnete.

                                Der Film ist vorzüglich inszeniert. Die Südstaaten-Atmosphäre mit den damit verbundenen Akzenten, den Lebensstilen und ideologischen Konflikten, in deren Mittelpunkt der Rassismus gegen die Schwarzen steht, wird authentisch dargestellt. Die Schatten der Bäume und das Zirpen der Grillen erzeugen die Stimmung eines schwülen Sommerabends. Schöne kindliche Verspieltheit und die hässliche Realität des üblen Rassismus stehen sich gegenüber. Die schwarz-weißen Klischees (Wortspielchen) sind an einigen Stellen zu überzeichnet, aber das schmälert nicht den insgesamt guten Eindruck, den der Film vermittelt.

                                Gregory Peck ist die Idealbesetzung des weißen Anwaltes Atticus Finch, der sich für die schwarze Bevölkerung einsetzt, obwohl er und seine Familie wegen der Vorurteile in Schwierigkeiten geraten könnten. Gregory Peck versteht es, in jeder Szene den richtigen Ton zu treffen. Er befolgt vortrefflich die Regel „Weniger ist mehr“, wie zum Beispiel vor Gericht, als er ein verhaltenes, aber intensives und sehr wirkungsvolles Schlussplädoyer vorbringt. Das ist eine der stärksten Szenen des Filmes.

                                Die Klasse des Films spiegelt sich nicht nur in der brillanten schauspielerischen Leistung von Gregory Peck wider, der dafür einen Oscar erhielt, auch die restliche Besetzung leistet einen hervorragenden Job. Die beiden kleinen Kinder Mary Badham als Scout und Phillip Alford als Jem zeichnen sich durch ihre super Leistungen aus. Wir sehen auch einen jungen Robert Duvall in einer kleinen Nebenrolle, der ebenfalls zu überzeugen weiß. Aber auch Brock Peters in der Rolle des schwarzen Tom Robinson bietet zweifelsohne eine gute schauspielerische Leistung.

                                Fazit: ein großartiger zeitloser Klassiker, dessen Stärke in dem klaren Statement gegen Rassismus liegt, ein Statement, das partiell leider bis heute noch seine Relevanz nicht verloren hat. Ja, ein alter Film, aber ein Film, der gerade heute immer noch aktuell ist, was insbesondere für die perfiden, eng mit dem Rassismus verwandten Abarten gilt: dem Ruf nach einer kollektiven Ausgrenzung, der Verleumdung und der Diskriminierung von Menschen. Es gibt zahlreiche hässliche Diskriminierungsformen. Alle zu erwähnen würde hier den Rahmen sprengen. Eine, die im Kontext zu der Meinungsfreiheit und Meinungsdiversität steht und derzeit sehr „beliebt“ ist, möchte ich explizit erwähnen: sie richtet sich gegen Menschen, die eine andere unerwünschte Meinung vertreten. Das Postulat, dass ALLE Menschen die gleichen Rechte haben und alle Menschen den gleichen Respekt und Toleranz verdient haben, gilt daher derzeit mehr denn je. Und eben diese gesellschaftlichen Diskriminierungsmechanismen werden in diesem Film so vortrefflich veranschaulicht. Die überzeugende Atmosphäre, das super Schauspiel der Darsteller und die unübertreffliche Botschaft machen den Film zu einem sehenswerten Erlebnis. Aus meiner Sicht eine klare Empfehlung.

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                                  smartbo 21.01.2024, 15:05 Geändert 21.01.2024, 15:12

                                  Ende des 19. Jahrhunderts, in New Mexiko. Jimmy Ringo (Gregory Peck) ist ein bekannter und gefürchteter Schütze, doch er möchte ein normales Leben führen und seine Frau Peggy (Helen Westcott) zurückgewinnen. Doch in einer Bar in Santa Fé wird er in eine Schießerei verwickelt und erschießt jemanden in Notwehr. Da die Brüder des Opfers auf Rache aus sind, muss Jimmy fliehen …

                                  „Der Scharfschütze“ spielt zu einer Zeit, in der der Wilde Westen langsam weniger wild wird. Es gibt noch keinen Rechtsstaat, aber die Gesellschaft hat gelernt, sich an bestimmte Regeln zu halten. Mord und Totschlag werden nicht länger einfach toleriert. Revolverhelden werden angesichts des anbrechenden neuen Zeitalters obsolet. Jimmy Ringo ist einer dieser Revolverhelden. Überall, wo Ringo auftaucht, trifft er auf jemanden, der glaubt, er könne seinen Revolver schneller ziehen als er. Davon hat Ringo genug. Tatsächlich würde er sich am liebsten von dieser Welt verabschieden und einfach wie alle anderen eine Familie gründen, ein Stück Land bewirtschaften und Vieh halten können. Aber nein, seine Vergangenheit kommt ihm in die Quere.

                                  Der Film zeigt eine Gesellschaft an einem Wendepunkt. Eine Gesellschaft, die sich immer noch neu organisiert. Zu viele Menschen haben sich noch nicht darauf eingestellt und haben zu wenige konkrete Ziele. Nicht umsonst versammelt sich vor dem Saloon, in dem Ringo ein Steak und ein Glas Whiskey genießt, eine Menschenmenge, die offenbar nichts besseres zu tun hat, als einem Revolverhelden zuzusehen.

                                  „Der Scharfschütze“ ist ein Western mit mehr Dramaelementen als Action. Jimmy Ringo (frei nach dem Banditen Johnny Ringo (1850-1882)) wird beeindruckend gut von Gregory Peck gespielt. Ringo ist ein desillusionierter Revolverheld. Er schießt schneller als jeder andere. Eigentlich ist das das Einzige, was er gut kann. Er ist einsam. Seine Freunde aus der Vergangenheit sind tot oder haben sich von ihm abgewandt. Er versucht, sich in die normale Gesellschaft einzufügen, doch der Mythos, der ihn umgibt, verhindert dies. Er hat seinen Stolz und ist verbal aggressiv, tut aber alles, um niemanden zu provozieren. Gregory Peck spielt seine Rolle authentisch und strahlt einen melancholischen Schmerz aus. Neben Peck sind auch die Nebenrollen gut besetzt, wobei vor allem Karl Malden als sympathischer Barkeeper positiv hervorsticht.

                                  Der Schwerpunkt des Films liegt auf den Charakteren. Die typischen Charaktere, die in einem Western immer irgendwo auftauchen. Der Revolvermann, der Barkeeper, der Sheriff, der Unruhestifter, der Schurke, der Gute, die anständige Ehefrau usw. Sie sind alle auf der Suche. Sie symbolisieren eine Welt, die das Ende des Wilden Westens ankündigt. Eine Welt, die einen Wendepunkt zwischen Gesetzlosigkeit und Rechtmäßigkeit erreicht hat. Der Schaftschütze ist eigentlich eine tragische Figur mit einem unerfüllbaren Wunsch. Und er ist einfach nur müde.

                                  Fazit: Ein authentischer, dramatischer und für 1950 stilistisch sicherlich innovativer psychologischer Charakter-Western über einen legendären Revolverhelden, der ein neues Leben beginnen wollte. Das Highlight ist Gregory Peck, der wahrlich eine beeindruckende Leistung liefert. Ein etwas anderer Western, dennoch für alle Westernfans einer Empfehlung wert.

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                                    smartbo 19.01.2024, 10:03 Geändert 19.01.2024, 16:45

                                    Der Film schildert unter der Regie von Ridley Scott das Leben von Napoleon Bonaparte. Während der Französischen Revolution steigt Napoleon Bonaparte ( Joaquin Phoenix) schnell in den militärischen Rängen auf. Als General ergreift er 1799 durch einen Putsch die Macht und lässt sich im Jahr 1804 zum Kaiser der Franzosen krönen. Er beschließt, Kriege gegen europäische Nationen zu führen, um sein Reich zu erweitern. Unterdessen versucht er auch, seine ehebrecherische Frau Joséphine (Vanessa Kirby) zu beeindrucken, mit der er eine brisante Beziehung pflegt …

                                    Was Action und Spektakel angeht, verlässt sich Hollywood heutzutage auf den Computer, was oft zu einem Wirrwarr an Effekten führt. Der Film verzichtet darauf. Die Armeen, die zu sehen sind, bestehen nicht aus digital kopierten Menschen. Von der Schlacht in Austerlitz bis zur Schlacht von Waterloo stürmen hier tatsächlich Tausende von Statisten zu Pferd aufeinander los. Und man spürt den Unterschied. Es sterben keine Marionetten, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Es ist lange her, dass ein historischer Film in diesen Szenen so viel Authentizität ausstrahlte. Das ist das Positive an dem Film.

                                    Mit einem mehr als zweieinhalb stündigen Film über eine mythische und komplexe historische Figur hofft man auf eine emotionale Reise und eine Charakterstudie, die dem Zuschauer einen Einblick in Napoleons Beweggründe gibt. Warum war er sowohl ein verrückter Tyrann als auch ein hoffnungsloser Romantiker? Und gibt es da vielleicht einen Zusammenhang? Der Film zeigt den Mythos, fängt ihn aber nie emotional ein, weil es an Charaktertiefe fehlt. Im Nachhinein kann man allenfalls den Schluss ziehen, dass Bonaparte ein recht bemerkenswerter Mensch war. Psychologisch interessanter ist seine Ehe mit der ehebrecherischen Joséphine. Sie kriegen sich ständig in die Haare, aber sie können auch nicht ohne einander leben. Die Dynamik zwischen diesen beiden Menschen ist das schlagende Herz des Films. Als sie die Scheidungspapiere unterschreiben, schleicht sich ein Funke Emotion in die Geschichte ein. Das war es dann aber auch schon alles an Emotionalität.

                                    Wie kann man das gesamte Leben Napoleons in einem 2 ½ -stündigen Film unterbringen? Der Film möchte Napoleon und seiner Josephine Tiefe verleihen, aber auch seiner gesamten Karriere vom Aufstieg in der Französischen Revolution bis zum Sturz in Waterloo. Darin scheitert der Film. Er ist zu fragmentarisch, da er zwischen ausgewählten Höhepunkten seines Lebens hin und her springt. Von A bis Z funktioniert der Film chronologisch nach dem Schema: die Eroberung der Stadt Toulon, daraufhin ein Treffen mit Josephine, dann wurde er gekrönt, sodann wieder Josephine, daraufhin der Feldzug nach Russland, nachher wieder Josephine, dann nach Elba verbannt und daraufhin kam er zurück und da war da noch die gescheiterte Schlacht bei Waterloo und anschließend die Verbannung nach Helena und schon wieder nichts als Josephine im Kopf... Der Film huscht hastig von Kapitel zu Kapitel. Die Fakten stimmen großteils, aber es gibt keine Tiefe, keinen Handlungsaufbau, keine fesselnden Momente, keinen Raum für das genaue Wie und Warum.

                                    Es ist schade, dass dem Film die Tiefe fehlt, sonst wäre es wahrlich ein Top-Film geworden. Er übernimmt viel zu viel und möchte praktisch die Geschichte von Napoleons gesamtem Leben erzählen. Für eine Serie mit mehreren Staffeln wäre das in Ordnung, aber das kann man nicht in einen Film schaffen, nicht einmal in einem sehr langen Film. Es ist zu viel, deshalb gibt es meistens auch keinen roten Faden. Beispiel: In einer Szene freundet sich Napoleon mit dem russischen Zaren an und eine Minute später sind sie plötzlich in einen Krieg verwickelt. Das wirkt zusammenhangslos, denn eine verbindende und erklärende Szene fehlt. Der Film kommt auf diese Weise nie zum Atmen und erwacht daher nicht wirklich zum Leben. Optisch ist „Napoleon“ wirklich ein beeindruckender Film, und zwar nicht nur in den Schlachten, sondern auch in den Kulissen, den Kostümen, den Umgebungen, den Requisiten. Aber das ist zu wenig.

                                    Negativ auf die Wertung wirkt sich aus meiner Sicht aus, dass einige historisch wichtige Ereignisse fehlen, z.B. die Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813, die für ihn mit einer vernichtenden Niederlage endete, im Film aber noch nicht einmal erwähnt wird, obwohl sie für seinen Werdegang so wichtig war und seinen Niedergang einläutete. Seine Kindheit und Jugend auf Korsika werden im Film ebenfalls völlig ausgeklammert. Dies dient zwar der Laufzeitökonomie, damit fehlt aber der entscheidende Lebensabschnitt, der wichtig für eine tiefe Charakterzeichnung wäre. Interessant wäre auch zu vermitteln, dass Napoleon, dessen Geburtsname Napoleone di Bonaparte war, italienische Vorfahren hatte, seine Muttersprache italienisch war und er erst später seine Französischkenntnisse verbesserte. Deswegen wurde er in der Schule gemobbt und auch später während seiner Laufbahn verspottet, weil er ständig Worte verwechselte. Mit seiner Mutter hatte er ein enges Verhältnis, mit der er Zeit seines Lebens regelmäßig italienisch kommunizierte.

                                    Fazit: Der große Wurf ist Ridley Scott mit diesem Film meiner Meinung nach nicht gelungen. Er ähnelt manchmal einer Dokumentation, allerdings mit einem Budget von 200 Millionen Dollar. Ein sehr teurer „Napoleon“, der in seinem seelenlosen Handlungsablauf zu sehr schwankt und von Ereignis zum Ereignis zu sehr dahinhuscht, um eine gut erzählte Geschichte zu sein. Dem Film mangelt es einfach an Gründlichkeit und Tiefgang, und das kann durch die wirklich beeindruckende Optik, die gut inszenierten Schlachten, die Kulissen, die Requisiten, die Kostümierung und die schönen Bilder nicht wettgemacht werden. Joaquin Phoenix gibt sein Bestes, kann den Film aber leider nicht retten. Für mich war der Film eine große Enttäuschung.

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                                      smartbo 16.01.2024, 11:25 Geändert 16.01.2024, 18:58

                                      *** Der Kommentar enthält SPOILER ***

                                      Während einer Patrouille in der Wüste von New Mexico, wo im Jahr1945 die ersten amerikanischen Atombomben getestet wurden, finden zwei Polizisten ein Mädchen. Sie trägt eine Pupe unter dem Arm und steht unter Schock, weil sie gerade Schreckliches gesehen hat. Später werden die Leichen der Eltern des Mädchens gefunden. Das FBI und ein Team aus Wissenschaftlern untersuchen die Ursache für die Todesfälle. Eine Ameisensäurespur führt dann zu einem radioaktiv verseuchten Ameisennest, in dem die Ameisen durch die Strahlung zu riesigen Monstern herangewachsen sind. Es dauert nicht lange, bis Panik ausbricht …

                                      Auffallend ist, dass der Film stark beginnt, indem er die Ursache der Katastrophe lange Zeit nicht verrät, sondern nur die Folgen schildert: Zerstörung, Opfer und verschiedene unerklärliche Anzeichen dafür, dass in der Wüste etwas sehr Seltsames vorgeht. Der Handlungsaufbau ist sehr subtil und gelungen. Irgendwelche Monster sind offenbar unterwegs. Selbst als man in der Nähe die kreischenden, unheimlichen und hohen Geräusche deutlich hört, sind sie immer noch außer Sicht. Das schafft eine bedrückendere und bedrohliche Atmosphäre. Und auch bei den Angriffen sind nur ihre kreischenden Schreie und die Schüsse und Schreie ihrer Opfer zu hören.

                                      Doch dann offenbart der Film allmählich das Geheimnis: durch die Atombombenexplosionen sind nukleare Strahlungen entstanden, wodurch Ameisen zu riesengroßen Monstern mutiert sind. Durch die schrittweisen Erklärungen über die Natur und Eigenschaften der Ameisen und ihr anschließendes tatsächliches Auftreten entsteht in dem ersten Teil des Films eine entsprechend bedrückende Atmosphäre, in der die Bedrohung durch die Ameisen-Monster ständig spürbar ist. Um das Bedrohungsszenario zu stärken, ist im Film von einem Insektenforscher zu hören, dass die Ameisen neben den Menschen die einzigen Geschöpfe sind, die systematisch Krieg führen. Sie töten ihre Feinde oder versklaven sie. Auch wenn die Ameisen nur gelegentlich auftauchen, wird die Spannung schön aufgebaut und mit jeder Szene mit dem unheimlichen Geräusch der Ameisen die Spannung noch weiter gesteigert.

                                      Allerdings verliert der Film allmählich an Schwung. Mit der Zeit stellt sich aber die düstere Atmosphäre wieder ein, als man feststellt, dass die Ameisen ihr Nest in den Abwasserkanälen von Los Angeles gebaut haben und die Stadt daher auf einer biologischen Bombe lebt, die jeden Moment explodieren kann. Die Tatsache, dass die Ameisen lange Zweit unbemerkt in Abwasserkanälen gelebt haben sollen, nagt etwas an der Glaubwürdigkeit. Doch das Finale des Films mit den gelungenen diversen Konfrontationen mit den Ameisen macht diesen Punkt wieder wett.

                                      Die Spezialeffekte, mit denen die Ameisen-Monster dargestellt werden, sind zwar typisch für die damalige Zeit handgemacht, sie entfalten jedoch eine verblüffend gute Wirkung. Die Ameisen sind zwar nur teilweise sichtbar und nicht in großer Zahl, aber die coolen Spezialeffekte funktionieren zusammen mit den nerventötenden Geräuschen bestens. Daran gibt es nichts auszusetzen.

                                      Fazit: Ein Film aus den 1950er-Jahren, in dem die Angst vor den Folgen des Atomzeitalters deutlich zum Ausdruck kommt. Die bedrückende und düstere Atmosphäre, die im Großteil des Films auf mehreren Ebenen vorhanden ist, und die gut inszenierten Kämpfe mit den Ameisen machen diesen Film zu einem der besseren Horrorfilme der 1950er Jahre. Für Fans von Horrorfilmen in jedem Fall zu empfehlen.

                                      P.S.: Für alle, die ein Sky-Abo haben: ist auf "Sky Cinema Classics" on Demand im Abo verfügbar. Der Sendehinweis fehlt wieder mal hier auf mp. ;-)

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                                        smartbo 14.01.2024, 10:23 Geändert 14.01.2024, 13:38

                                        *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                                        Sean Falco (Robert Sheehan ) und Derek Sandoval (Carlito Olivero) sind in einem schicken Restaurant angestellt, wo sie am Eingang den Parkplatzservice organisieren. Während die Gäste zu Abend essen, nutzen Sean und Derek die Gelegenheit, um in die Häuser der Gäste auszurauben. Die Dinge laufen gut, bis sie ihre Aufmerksamkeit einem falschen Gast ( David Tennant) und seinem Zuhause widmen. Sean entdeckt in einem der Räume seines Hauses eine angekettete junge Frau. Wird Sean dies der Polizei melden oder wird er den Entführer des Mädchens verfolgen?

                                        Die stärksten Momente des Films liegen in der ersten Hälfte. Es ist die Hälfte des spannenden Aufbaus, der Fragezeichen und der tollen bedrückenden Atmosphäre. Indem der Film jedoch nach einiger Zeit die Welt der Geheimnisse und des Mysteriums verlässt und Enthüllungen und Action mehr Raum gibt, lässt die bedrückende Stimmung nach und nach etwas ab. Das hängt sicherlich mit dem Mörder zusammen. Die Faszination, die sich von der ersten Minute an für diesen Charakter entwickelt, hat vor allem mit seiner kalten, unmenschlichen, autistischen und exzentrischen Art zu tun. Sobald aber diese Schicht aufgedeckt ist und das Geheimnis um den Mörder gelüftet wird, lassen die fesselnden Momente etwas nach. Der Mörder verliert seine Attraktivität. Er verhält sich wie der übliche Killer aus so vielen anderen Filmen und wird sogar zur Karikatur. Vielleicht ist er etwas absurder als der durchschnittliche Mörder, aber auf jeden Fall hat sein Schauspiel nicht mehr wie am Anfang die beeindruckende, durchdringende und verstörende Wirkung. Mit der Entwicklung verändert sich auch der Charakter des Films und der Film wird mehr und mehr zu einem actiongeladenen Film.

                                        Die Veränderung der Atmosphäre erfolgt recht heftig. Anfangs sieht man einen düsteren Film. Im nächsten Moment findet man sich in einem Film mit Action, einfacher Handlung und vielen Cliffhangern wieder. Daran ist überhaupt nichts auszusetzen, aber der rapide Trendbruch hat mir weniger gut gefallen.

                                        Fazit: „Bad Samaritan -Im Visier des Killers“ ist kein schlechter Film. Besonders in der ersten Hälfte ist die interessante, geheimnisvolle Handlung (jemand bricht ein und sieht Dinge, die er nicht sehen sollte) mit viel (psychologischer) Spannung gefüllt. In der zweiten Hälfte kommt es zu abrupten Rissen in der sorgfältig konstruierten Atmosphäre, als sich der Film für mehr Sensation und mehr Action in der Geschichte entscheidet. Der Film bleibt unterhaltsam, aber nach der starken ersten Halbzeit verflacht die Handlung. Trotz der Einschränkung reicht es aber bei mir für ein solides „Gut“ in jedem Fall aus.

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                                          smartbo 12.01.2024, 13:28 Geändert 12.01.2024, 15:03

                                          Das Ehepaar Amanda Sandford (Julia Roberts) und Clay Sandford (Ethan Hawke) machen mit ihren beiden Kindern Archie (Charlie Evans) und Rose (Farrah Mackenzie) einen Wochenendausflug und begeben sich in ein gemietetes Haus auf Long Island in New York. Strom, Internet, TV, Radio und Telefon scheinen dort nicht zu funktionieren. Spät in der Nacht klingeln ein Vater und eine Tochter an der Tür und behaupten, dass das Haus ihnen gehört und dass sie gerade Zeuge eines großen Stromausfalls geworden sind. Sie sagen, dass sie nur hierher kommen könnten. Vater GH Scott (Mahershala Ali) und seine Tochter Ruth (Myha'la) sind schwarz und ihre Geschichte erregt großes Misstrauen, insbesondere bei Amanda, die nicht gerade scharf darauf ist, dass jemand ihren Urlaub stört ...

                                          Ob dies eine glaubhafte Darstellung der Endzeit ist, das ist eine offene Frage. Im Film bliebt ja so Vieles unbeantwortet. Wenn einem beim Anschauen eines Filmes so viele Fragen durch den Kopf gehen, ist das meist kein gutes Zeichen. Der kritische Punkt ist, dass sowohl die Charaktere als auch die Geschichte einfach zu wenig bringen. Die Handlung verläuft ohne Höhen und Tiefen flach und oberflächlich. Optisch sieht alles gut aus, und die Kamera scheint mit allerlei Blickwinkeln beeindrucken zu wollen. Aber schon nach kurzer Zeit tritt Langeweile ein. Man wartet ständig darauf, dass jetzt endlich etwas passiert. Es kommt aber kaum etwas. Und so wartet man auf den Abspann. Die schlechte Nachricht ist aber, dass er erst nach zwei Stunden und fünfzehn Minuten kommt. Und dann das Filmende, das schlicht und einfach schlecht ist. Es beschränkt sich darauf, dass der Film mitten in der Geschichte plötzlich aufhört. Filme mit offenem Ende müssen ja nicht unbedingt schlecht sein, der schafft es aber.

                                          Der Film ist voller pseudophilosophischer Dialoge, die kaum einen Sinn ergeben. Hinzukommen die Holprigkeiten in der Geschichte. Bin keiner, der in Filmen ständig nach Logiklöchern sucht. Für mich geht die Kunstfreiheit vor und bei Logiklöchern drücke ich meistens ein Auge zu. Aber hier ist es auffällig: ich fragte mich während der Sichtung, warum im ganzen Haus Licht brennt, wenn der Strom ausgefallen sein soll? Es gibt noch eine ganze Fülle von Ungereimtheiten, das soll aber genügen.

                                          Der Film ist eine Metapher für das heutige Amerika: die Menschen leben unbekümmert in den Tag hinein, während die Welt drumherum langsam zugrunde geht. Das vermittelt zumindest der Plot. Inwieweit dies real ist, sei mal dahingestellt. Aber bedarf es hierfür einer solch oberflächlichen Story, die sich wie ein Kaugummi hinzieht? Sowohl beim Plot als auch bei den Charakteren fehlt es an Tiefe. Es gibt keinerlei Sympathie für irgendeinen der Charaktere. Julia Roberts und Ethan Hawke spielen stereotype Figuren: sie misstrauisch, immer auf Zack, er der Gutmütige, der nichts begreift und eine zeitgemäße Parodie auf den selbstzufriedenen tumben Mann ist. Zeitgemäß ist ebenso die Darstellung der woken Tochter von Scott Ruth: sie ist schwarz, jung, weiblich und hat stets den vollen Durchblick. Eine derzeit wohl allgegenwärtige Akzentuierung, die dem Zeitgeist entspricht. Und auch bei den Charakteren ist man neugierig darauf, was mit ihnen am Ende passiert. Aber eben das abrupte Filmende lässt den Zuschauer auch bei dieser Frage allein. Übertreibungen liegen mir nicht, aber bei diesem Film bin ich fast geneigt zu sagen, dass der Film einen der größten Cliffhänger aller Zeiten zu bieten hat. (Ironie)

                                          Fazit: den Film fand ich anfangs interessant, am Ende ist es aber eine Enttäuschung geworden. Eine kernige Charakterisierung dürfe lauten: die Geschichte beginnt in irgendwo und endet in nirgendwo. Das grundlegende Konzept ist eigentlich nicht schlecht und hat Potential, das aber bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Und auch die bekannten Schauspieler konnten den Film nicht retten. Bei so viel Kritik kommt am Ende halt keine gute Wertung zustande. Das war mir zu wenig und zu defizitär. Schade, ich habe mehr erwartet.

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                                            smartbo 09.01.2024, 11:12 Geändert 09.01.2024, 22:49

                                            Inspiriert, einen Kommentar zu dem komplexen Thema „Bedeutung der Wölfe für die Natur“ zu schreiben, hat mich unser geschätzter Buddy @Chionati, der sich in seinen Beiträgen so vehement und mit so viel Herzblut für den Schutz der Tiere einsetzt.

                                            Worum geht es in der Doku? Was die Natur, ihre Komplexität und ihre Zerbrechlichkeit angeht, verhalten sich die Menschen manchmal wie kleine Kinder. Beispiel: Yellowstone-Nationalpark, in den Rocky Mountains gelegen, im Nordwesten der USA, ca. 9000 Quadratkilometer groß, die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt ca. 100 Kilometer, die Ost-West-Ausdehnung ca 90 Kilometer, im Jahr 1872 eingeweiht. 1) Die Politiker wollten damals nicht, dass „böse Tiere“, also Raubtiere, dieses idyllische Reiseziel für Familien stören. Deshalb wurden Wölfe, Kojoten, Pumas und Luchse gnadenlos ausgerottet … und die Katastrophe begann, die Natur geriet aus den Fugen.

                                            Denn ein Ökosystem ist sehr sensibel, das nicht gestört werden will. Da es keine Wölfe gab (der letzte wurde 1926 im Yellowstone-Nationalpark getötet), hatten Wapitis 2), Elche und Bisons reichlich Zeit, sich zu vermehren. Gut so für den Nationalpark und die Pflanzenfresser ? Auf keinen Fall. Sie knabberten nämlich maßlos an all dem Grün, das in Reichweite war, und verwandelten innerhalb weniger Jahrzehnte die üppige Flora des Yellowstone-Nationalparks in eine karge Steppe. Es kam zu Erosionen, die Flüsse sackten ein, das Leben in den Flüssen wurde zerstört, Fische gab es kaum noch.

                                            Mitte der 1990er Jahre vertraten einige wenige Wissenschaftler die Meinung, dass die Rettung des Parks in der Wiederansiedlung von Wölfen liegen würde. Sie waren sich nicht wirklich sicher, was das bewirken würde. Zwischen 1995 und 1997 wurden 41 Wölfe gegen massiven Widerstand in den Park angesiedelt. Sie vermehrten sich und sie taten, was man von Ihnen erwartete. Seitdem gibt es aktuell ca. 10 Rudel mit ca. 108 Wölfen 3) und im Yellowstone ist alles besser.

                                            Denn auch wenn der Wolf entgegen der landläufigen Meinung ein schlechter Jäger ist und oft „mit leeren Händen“ zurückkehrt, haben Wapitis, Elche und Bisons aufgehört, sich ungehemmt zu vermehren, und die Pflanzenwelt erwachte langsam wieder zum Leben. Im Nationalpark hat seit der Rückkehr des großen bösen Wolfes eine unerwartete Kettenreaktion stattgefunden: die gesamte Flora, die Pappeln, die Weidensträucher und die Bäume erobern allmählich wieder den Boden.

                                            Die Wölfe sorgen aber auch bei den Tieren für den Anstieg der Artenvielfalt, alleine dadurch, dass sie Kojoten jagen, die sich ja von kleinen Nagetiere ernähren. Durch den Rückgang des Kojotenbestandes kam es zur Vermehrung von kleinen Nagetieren und zur Rückkehr von Adlern und anderen Greifvögeln. Der Anstieg der Nagetiere war auch ein Gewinn für die Füchse, die sich zunehmend vermehren konnten. Die Flüsse konnten sich wieder erholen, dadurch hatten die Fische mehr Nachwuchs, was dazu führte, dass sich unzählige Wasservögel wieder im Park ansiedelten. Und es gibt Nischen mit einer extrem hohen Biodiversität, die unzählige Tierarten beherbergen, so gibt es u.a. mehr Biber zu sehen. Ich könnte jetzt so weitermachen, aber am besten ist es, wenn man sich den Film selbst anschaut und ein Bild macht.

                                            Handwerklich ist die Naturdokumentation gut gemacht. Sie nimmt den Zuschauer mit in den Yellowstone Nationalpark und punktet mit wunderbaren, hochwertigen Aufnahmen und einem wahren optischen Genuss. Die Bilder werden aus den unterschiedlichsten Perspektiven gezeigt, mal von ganz oben aus der Luft, mal vom Boden aus. Ergänzt werden die Aufnahmen mit zahlreichen Interwiews mit Experten. Der Sprecher reichert mit seinen zahlreichen interessanten Informationen die großartige optische Atmosphäre noch zusätzlich an. Der Informationsgehalt ist fundiert und hoch. Die meisten, vor allem deutschen Dokus, zu solchen Themen sind oft reine Propaganda, oft auch von politischen Interessen determiniert. Diese Doku ist anders: sie ist erfrischend sachlich, ausgewogen, glaubwürdig und wissenschaftlich untermauert.

                                            Fazit: Prima Doku, in der verständlich und anschaulich das Ökosystem und die vielfältigen Zusammenhänge erklärt werden. Sie zeigt wieder einmal eindrucksvoll, wie perfekt der Kreislauf in der Natur funktioniert, wenn die Natur sich selbst überlassen wird und der Mensch sich nicht einmischt. Ich selbst bin vom Hause aus kein Naturwissenschaftler, deshalb war die Sichtung für mich sehr interessant und lehrreich. Mein Gesamteindruck fällt positiv aus. Ich kann diese deutsche Top-Naturdokumentation nicht nur Naturliebhabern als sehenswert empfehlen. Daumen hoch.
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                                            1) Quelle siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Yellowstone-Nationalpark

                                            2) Interessantes: Wapitis gehören zu der Hirschfamilie, sind aber deutlich größer als Hirsche. Der Wapiti ist überwiegend in Nordamerika heimisch. Die Bezeichnung Wapiti stammt von den Indianern. In Nordamerika wird aber dieser Name nicht verwendet, sondern Elk, also Elch. Die Hirschart, die bei uns als Elch bekannt und größter als der Wapiti ist, wird in Nordamerika moose genannt.
                                            Quelle : https://de.wikipedia.org/wiki/Wapiti

                                            3) Stand Januar 2023 / Quelle https://www.nps.gov/yell/learn/nature/wolves.htm
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                                            >>> Die Dokumentation ist bis zum 23.1.2024 auf Arte verfügbar

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                                              *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                                              Nicholas Van Orton (Michael Douglas) ist ein Mann, von dem man auf den ersten Blick nicht gerade annimmt, dass er mit seiner Familie Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielt. Er ist ein erfolgreicher und daher wohlhabender Geschäftsmann, der allein in einem riesigen Haus lebt. Er ist geschieden und scheint nur für seine Arbeit zu leben.

                                              Zu seinem 48. Geburtstag erhält er von seinem Bruder Conrad (Sean Penn) eine Art Game-Geschenkgutschein. Um das Zertifikat einzulösen, muss er sich an CRS (Consumer Recreation Services) wenden. Er stattet der Firma einen Besuch ab. CRS-Chef Jim Feingold (James Rebhorn) versucht Nicholas zu erklären, was „The Game“ beinhaltet, bleibt dabei aber sehr vage. Nicholas ahnt zunächst nicht, dass das Spiel längst begonnen hat. Er wird in dem Spiel zusammen mit Christine (Deborah Kara Unger), der er als Kellnerin begegnet, in zunehmend gefährliche Situationen gebracht, und von diesem Moment an werden die Ereignisse in seinem ansonsten wohlgeordneten Leben immer seltsamer …

                                              Die erste Stunde von „The Game“ baut sich langsam auf, aber der Film versteht es dennoch, Neugier und Spannung zu erzeugen. Die Atmosphäre ist bedrohlich, was auch der guten Musik und den schönen nächtlichen Kulissen von San Francisco zu verdanken ist. Die Geschichte hat den nötigen Schwung, so dass von Langeweile keine Rede sein kann. Der Zuschauer wird permanent in die Irre geführt. Unter der Regie von David Fincher weiß der Film mit seiner vortrefflichen Inszenierung zu gefallen. Das Hauptthema des Filmes ist, wie sich ein normaler Mensch verhält, der plötzlich in einer Extremsituation gebracht wird.

                                              Der gesamte Cast ist stark besetzt. Michael Douglas liefert als Van Orton eine gute Leistung. Er spielt den harten Geschäftsmann. Eine etwas klischeehafte Rolle, aber es ist eine Rolle, die auf ihn gut zugeschnitten ist und durchaus zu ihm passt. Die Charakterentwicklung, die seine Figur durchläuft, ist überzeugend, vom kalten, berechnenden Geschäftsmann zum am Boden zerstörten und hilflosen Opfer. Sean Penns Rolle ist zeitlich beschränkt, aber wenn er auf der Leinwand ist, beeindruckt er mit einer super Leistung. Auch Deborah Kara Unger versteht es, den Zuschauer mit ihrer geheimnisvollen Art zu spielen, zu fesseln und ist die zentrale Figur, die dafür sorgt, den Zuschauer in die Irre zu führen

                                              Fazit: „The Game“ ist ein sehr unterhaltsamer und spannender Thriller, der auf die Atmosphäre setzt und einige Überraschungen und unerwartete Wendungen -vor allem am Ende des Filmes - zu bieten hat. Der Zuschauer wird ständig in die Irre geführt und hat keine Ahnung, wem man vertrauen kann und wem nicht. De Film ist über 25 Jahre alt, aber typisch für einen 90er-Jahre-Film, hat er nichts an seiner Stärke eingebüßt und ist bis heute noch sehenswert.

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                                              • 7 .5
                                                smartbo 29.12.2023, 10:13 Geändert 29.12.2023, 13:10

                                                Auf der Suche nach einem Film mit Bezug zum bevorstehenden Silvester habe ich diese Komödie aus dem Jahr 1960 von Billy Wilder gefunden, in der sich das Finale am Silvesterabend abspielt und mit einem Knall des Sektkorkens endet. Die Inszenierung ist etwas Oldschool, optisch nicht der Hit, in schwarzweiß gedreht, von einer tief ausgearbeiteten, raffinierten Geschichte kann hier keine Rede sein, und eine romantische Komödie ist ja nicht gerade mein bevorzugtes Genre, dennoch hat mir der Film gut gefallen, um das schon mal vorwegzuschicken.

                                                Der kleine Angestellte Bud Baxter (Jack Lemmon) arbeitet in einem riesigen Großraumbüro eines Versicherungskonzerns und weiß, was man tun muss, um aufzusteigen. Er stellt sein eigenes Appartement für die außerehelichen Eskapaden der Bosse des Versicherungsgesellschaft zur Verfügung. Als Bud seinem Chef Sheldrake (MacMurray) den Schlüssel leiht, gelingt ihm eine Beförderung. Aber das hat Einfluss auf sein eigenes Liebesleben. Denn Bud verliebt sich Hals über Kopf in die süße Aufzugsführerin Fran Kubelik (Shirley MacLaine). Bud steht vor einer wichtigen Entscheidung in seiner Karriere: Entscheidet er sich für seinen Job oder entscheidet er sich für die Frau seiner Träume?

                                                Es ist eine Freude, diesem Schwarzweißfilm zwei Stunden lang zuzuschauen. Er sackt in der Mitte etwas ab, macht das aber schnell wieder wett und endet sehr stark. Nicht nur Jack Lemmon ist gut, auch die anderen Schauspieler wie MacLaine und MacMurray schneiden prima ab. Shirley McLaine spielt eine berührende Rolle, während Jack Lemmon seiner Figur eine komödiantische Note verleiht. Beide stellen sympathische, wenn auch naive, einsame Charaktere dar, die von derselben Person manipuliert werden. Und Fred MacMurray spielt wieder mal vorzüglich den Schurken. Neben den Hauptprotagonisten fallen vor allem Buds Nachbarn auf, der jüdische Arzt Dr.Dreyfuss und seiner Frau Mildred, die in witzigen Szenen Bud für einen Frauenhelden und Feierheini halten. Beide spielen ihre Rollen sehr gut. Die Atmosphäre ist großartig. Der Film weist eine gute Balance zwischen Humor und Drama auf. Es wird nie zu kitschig oder zu albern, aber zum Glück auch nie zu dramatisch.

                                                Aber der Film bietet noch mehr: es ist auch eine düster-komische Satire auf den beruflichen Büroalltag, die einen bitteren Blick auf die Arbeitswelt wirft, die hierarchisch geordnet ist und in der nach unten getreten und nach oben gebuckelt wird. Und dann die Angestellten in dem riesigen Großraumbüro mit den unzähligen Schreibtischen, Baxer am Tisch Nummer 861: es wirkt wie ein großes Gefängnis, in dem die Angestellten gefangen sind und ihre stupide, monotone Arbeit verrichten. Freigelassen werden sie, wenn die große Uhr an der Wand um Punkt 17:20 Uhr schrillt und Feierabend einläutet. Ein subtiler Seitenhieb auf die Wirtschaftswelt ist hier ohne Weiteres erkennbar.

                                                Das Frauenbild ist im Film nicht gerade schmeichelhaft. Sie werden hier als naive Dümmchen dargestellt. Der Film meint es aber nicht ernst. Nein. Es ist vielmehr eine bissig-satirische Überspitzung, die sich in die allgegenwärtige Ironie des Filmes einfügt und sicherlich nicht überbewertet werden sollte. Im Film wird ja so ziemlich alles und jeder auf die Schippe genommen. Und auch die Männer kriegen ihr Fett weg. So werden die Bosse des Versicherungskonzerns als alte, arrogante, einfach gestrickte, egoistische Machos dargestellt.

                                                Fazit: Ein Klassiker, der Spaß macht, mit all seinen lustigen Szenen, eigebettet in einer schönen Geschichte. Der Film hat zahlreiche Auszeichnungen (Oscar, Golden Globe usw.) erhalten.*). Komödie, Romantik, Wohlfühlatmosphäre und ein bisschen Drama: wer danach sucht, der ist hier genau richtig. Alles funktioniert bestens, und leider werden gegenwärtig zu wenige Filme, wie dieser hier, gedreht. Das Genre Liebeskomödie ist eigentlich nicht so meine Kragenweite, aber dieser Film hat mich gut unterhalten und ich habe ihn wirklich genossen. Daumen hoch.

                                                *) https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Appartement#Auszeichnungen

                                                >>> Kann mit Werbung kostenlos auf "freevee" geschaut werden. <<<

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                                                • smartbo 24.12.2023, 10:46 Geändert 24.12.2023, 14:05

                                                  Wünsche Euch ein tolles Weihnachtsfest sowie ein gutes und gesundes Neues Jahr 2024. Kommt gut rein. Freue mich jetzt schon auf die neuen Filme/Serien sowie auf Eure vielfältigen und originellen Ideen bei der Kommentierung im kommenden Jahr. Hoffentlich bleiben wir alle hier auf MP am Ball und lesen uns auch am nächsten Weihnachtsfest 2024. Bleibt gesund.

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                                                    smartbo 22.12.2023, 16:16 Geändert 22.12.2023, 17:35

                                                    *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                                                    Die Geschichte basiert auf dem Buch „A Christmas Carol“ von Charles Dickens, der in England im 19. Jahrhundert lebte. Dickens war nicht nur ein erfolgreicher Schriftsteller. Er hat in seinen Büchern subtil aber deutlich die sozialen Missstände in England kritisiert und sich für soziale Reformen eingesetzt. Ob Manchester-Kapitalismus, Kinderarbeit, Korruption oder Ungleichheit vor Gericht: das sind die Leitthemen in seinen Romanen. Dieser Film wurde 1999 gedreht und ist eine britischen TV-Produktion. Im Mittelpunkt steht der grantige Geizhals Ebenezer Scrooge, der die Menschen hasst und das Weihnachtsfest verachtet. Der Film fängt die Geschichte gut ein und vermittelt gleichzeitig eine beeindruckend glaubhafte Atmosphäre. Dies schon mal vorweg.

                                                    London, Heiligabend 1843. Der geizige und herzlose Ebenezer Scrooge (Patrick Stewart) hat immer schlechte Laune. Sein treuer Angestellter Bob Cratchit ( Richard E. Grant) ist immer das Ziel seiner Wutreden. Er hält wenig von Weihnachten und seinen Bräuchen Am Heiligabend sitzt er allein in seinem Wohnzimmer. Unter dem Rasseln der Ketten erscheint plötzlich der Geist seines verstorbenen Freundes Marley. Er kommt, um ihn zu warnen, dass er für alles Böse, das er anderen antut, bezahlen muss. Er kündigt den Besuch von weiteren Geistern an. Die Weihnachtsgeister nehmen ihn mit auf eine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf der sich der alte und verbitterte Scrooge widerwillig der Wahrheit stellen muss …

                                                    Die Bilder, die dem Zuschauer präsentiert werden, sind klar, lebendig und einnehmend: man sieht die schneebedeckten Dächer Londons; das Kreuz, das die christlichen Werte der Liebe symbolisiert; den Schnee, der auf die Zuschauer zu fallen scheint; die Kostüme, die Kulissen, die Kutschen auf den Straßen. Alles führt uns in die Viktorianische Zeit Londons. Die Atmosphäre des viktorianischen Englands ist stark und die Auswirkungen der Industrialisierung sind allgegenwärtig. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, und überall sind arme Menschen zu sehen. Für eine düstere Stimmung sorgen die Kulissen und die Beleuchtung, die von Anfang an gut eingesetzt sind. Dieses nasse, winterliche Ambiente fühlt sich so trostlos an und spiegelt das kalte Herz von Scrooge wider. Es funktioniert so gut im Kontrast zu dem hellen, verschneiten Look am Ende, als Scrooge erlöst wird. Was den Cast angeht, leisten alle beteiligten Schauspieler einen guten Job. Herausragend ist natürlich die Leistung von Patrick Stewart, der Scrooge mit Überzeugung und Aufrichtigkeit zum Leben erweckt.

                                                    Die Spezialeffekte sind etwas in die Jahre gekommen, aber ganz passabel. So ist die Inszenierung der drei Weihnachtsgeister Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schon alleine wegen des geringen Budgets zwar einfach ausgefallen, aber ganz gut gelungen. Am besten hat mir der Blick auf die Vergangenheit gefallen, weil in dieser Passage geschildert wird, was zu Strooges herzloser Haltung geführt hat. Der Verlust von Belle, seiner Verlobten, hat dabei sicherlich eine entscheiden Rolle gespielt. Der Geist der Gegenwart nimmt ihn mit zu der Familie seines Angestellten Bob Cratchit. Die Familie ist arm, der Sohn ist schwerbehindert. Ungeachtet dessen feiern sie glücklich und fröhlich das Weihnachtsfest. Der Geist der Zukunft warnt ihn vor seiner düsteren Zukunft, wenn er sich nicht ändert. Er zeigt ihm, dass er bald sterben würde, und dass keiner um ihn trauern wird. Dieser Geist ist meines Erachtens weniger gut gelungen. Insgesamt okay, aber man hätte z.B. gut und gerne auf die leuchtenden Augen des Geistes und auf seinen menschlichen Zeigefinger verzichten können.

                                                    Fazit: Der Film spielt im 19. Jahrhundert. Ja, eine andere Zeit, weit weg von unserem Alltag, aber eigentlich mit den gleichen Problemen. Und genau das ist der Grund, warum der Weihnachtsfilm auch heute noch so real ist und so gut funktioniert. Er schildert, wie für diejenigen, die alles haben, es schwierig ist, diejenigen zu verstehen, die wenig oder nichts haben, und es für manche noch komplizierter ist, etwas aufzugeben, um es anderen zu geben. Ein sehenswerter Weihnachtsfilm für jung und alt mit einer wahrlich schönen Botschaft, die bestens zum Weihnachtsfest passt.

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