smartbo - Kommentare

Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 09.05.2024, 19:32 Geändert 09.05.2024, 19:44

    Jedes Jahr werden in Boston zahlreiche Banküberfälle begangen. Und die meisten Täter leben in Charlestown. Einer von ihnen ist Doug MacCray (Ben Affleck). Er hatte eine Chance, nicht in die kriminellen Fußstapfen seines Vaters zu treten. Dennoch wurde er Mitglied einer Bande rücksichtsloser Bankräuber, die stolz darauf sind, alles mögliche klauen zu können und ungeschoren davonzukommen. Die einzige Familie, die Doug hat, sind seine kriminellen Freunde. Trotz seiner gefährlichen und leicht reizbaren Natur ist Jem (Jeremy Renner), sein Kumpel, für Doug wie ein Bruder. Doch während eines Raubüberfalls ändert sich alles, als Jem kurzzeitig die Bankmitarbeiterin Claire Keesey (Rebecca Hall) als Geisel nimmt. Als sie erfahren, dass sie in Charlestown lebt, wird Jem nervös und möchte herausfinden, was sie gesehen hat. Zu allem Überdruss hat sich auch noch der verbissene Special Agent Adam Frawley (John Hamm) an die Fersen der Bande geheftet …

    „The Town - Stadt ohne Gnade“ ist ein guter Krimi. Regisseur, der Hauptdarsteller und Drehbuch-Co-Autor Ben Affleck hat einen beeindruckenden Film geschaffen, der die Grenzen zwischen Gut und Böse sowie zwischen Loyalität und Illoyalität auslotet. Die Geschichte ist nicht gerade komplex, aber eingängig und einnehmend. Der Schauplatz ist Boston und genauer gesagt der Bezirk Charlestown. Ein Viertel, in dem die Zukunftsperspektiven der Jugend nicht über eine Karriere in der Kriminalität hinausgehen. Ein Schicksal, das vom Vater an den Sohn weitergereicht wird. Ein Erbe, das nur schwerlich vermieden werden kann. Wer das versucht, gilt als Außenseiter.

    Der Film konzentriert sich auf McCrays Bande und lässt Gut und Böse gegeneinander antreten. Was oder wer ist aber Gut und Böse. Es ist relativ. Die Bande begeht Banküberfälle und tut dies maskiert. Auch der FBI-Agent Frawley, der die Aufgabe hat, die Bande aufzuspüren, trägt eine imaginäre Maske. Er trägt die Maske des Gesetzes, verhält sich aber wie ein manipulativer Zyniker, der ebenso skrupellos ist wie MacCray. Die Masken verdecken die klare Sicht, die Grenzen sind verwischt. Ja, was ist böse und was ist gut. Die Wahrheit versteckt sich und ist hinter der Maske verborgen.

    Der Plot klingt nach einem rasanten Actioner. Aber das ist der Film nicht. Es ist ein Film, der natürlich die nötigen Actionszenen enthält, aber der Fokus liegt viel mehr auf den Charakteren und die Beziehungen der Charaktere untereinander. Die Figur MacCray wird vorzüglich gezeichnet: die Beziehung zu seinem Vater, sein erfolgloses Bemühen, das kriminelle Milieu zu verlassen und die Loyalität gegenüber seiner Bande. Ben Affleck spielt überzeugend, aber vor allem Jeremy Renner in der Rolle des Jem weiß zu gefallen. Gekonnt verkörpert er den eiskalten und aggressiven Kriminellen. Die Atmosphäre ist eher kalt und rau. Bemerkenswert ist daher das Finale, das sicherlich nicht frei von Spannung ist, aber plötzlich auch sentimentale Wohlfühlaspekte präsentiert. Offenbar musste der Zuschauer hier mit sanften Akzentuierungen gefüttert werden, um zu verhindern, dass der Film zu hart wirkt. Der insgesamt gelungenen Atmosphäre hat dies jedoch nicht geschadet. Und auch der Soundtrack kann sich sehen/hören lassen.

    Fazit: Für eine top Bewertung fehlen die Highlights. Dennoch ein absolut solider Action-Krimi-Hingucker, der mit gut gezeichneten Charakteren, authentischer Atmosphäre und guten Darstellern aufwartet. Langweilig wird es nicht. Alles in allem gelingt es dem Film, einen guten und sehenswerten Ben Affleck zu präsentieren, ohne jedoch das top Level der Bewertungsskala zu erklimmen.

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    • 8 .5
      smartbo 07.05.2024, 09:25 Geändert 07.05.2024, 09:33

      Ich habe nach einer Zweitsichtung meinen 9 Jahre alten Kommentar wie folgt erweitert und die Wertung von 7,5, auf 8,5 verbessert. Und es wurde langsam Zeit, denn der Film ist top. Um das schon mal vorwegzunehmen: ja, ein alter Schwarzweißfilm, aber wieder mal ein Billy Wilder, der absolut sehenswert ist.

      Worum geht es? Rechtsanwalt Sir Wilfrid Robarts (Charles Laughton) ist gerade nach einem Herzinfarkt in sein Büro zurückgekehrt. Die Ärzte raten ihm, mit der Arbeit aufzuhören. Als er jedoch vom Fall des wegen Mordes angeklagten Leonard Vole (Tyron Power) hört, kann er nicht widerstehen.

      Der Film beginnt fröhlich und unbeschwert, und der Anfang wirkt eher mehr wie der Beginn einer Komödie als der Auftakt zu einem spannenden Krimidrama. Die bissigen Dialoge zwischen dem Anwalt Sir Wilfrid und seiner Krankenschwester Miss Plimpsoll (Elsa Lanchester/im echten Leben die Ehefrau von Charles Laughton) sind sarkastisch und lustig. Die witzigen Szenen, in denen Sir Wilfrid heimlich und gierig nach Alkohol oder Zigarren greift und daraufhin von der nervtötenden Miss Plimpsoll erwischt und zurechtgewiesen wird sind köstlich. Die Hauptfigur Sir Wilfrid, vorzüglich von Charles Laughton gespielt, gewinnt schon in den ersten Szenen die Sympathie des Zuschauers. Der Humor bleibt den ganzen Film über präsent und fügt sich ganz natürlich in das Gerichtsdrama ein. Das Humorige lenkt aber nicht ab und trübt zu keinem Zeitpunkt die Spannung. Es ist bemerkenswert, wie Wilder es schafft, sowohl die heiteren und auch die ernsteren Töne zu treffen und die Balance sorgfältig zu wahren.

      Der Film versteht es sehr gut, mit den Erwartungen des Zuschauers zu spielen. Sobald man glaubt, sich sicher zu sein, zaubert der Film eine überraschende Wendung nach der anderen hervor und erneut gerät man in Zweifel. Im Film vollziehen sich alle Ereignisse sehr behutsam. Die Geheimnisse werden nicht zu früh aufgeklärt, der Film lässt sie vielmehr vor sich hin brodeln und enthüllt sie dann plötzlich auf eine raffinierte und unerwartete Art und Weise.

      Der Film wartet mit guten Schauspielern auf. Der bereits erwähnte Charles Laughton ist großartig. Tyrone Power (der Vater von Romina Power/ sie war in den 80er Jahren Teil des erfolgreichen Pop-Duos Al Bano & Romina Power) spielt den angeklagten Leonard Vole routiniert. Marlene Dietrich als rätselhafte und undurchsichtige Ehefrau des Angeklagten meistert ihre Rolle großartig. Tolle Leistung. Gut gespielt sind auch die kleineren Rollen u.a. die von Elsa Lanchester als Krankenschwester. Ein hervorragender Cast. Und last but not least: das fabelhafte Filmende ist völlig unerwartet und grandios.

      Fazit: Ein Klassiker, in schwarz-weiß gedreht, über 65 Jahr alt, der ohne Blut, Sex, kalten CGI-Effekten, bombastischen Geräuschkulissen, fulminanter Action, Prügelorgien, sinnfreier Dialogflut auskommt und dennoch einen gelungenen Mix aus einer fesselnden und witzigen Unterhaltung bietet. Davon können sich die meisten heute produzierten Filme eine Scheibe abschneiden. Top. Absolut sehenswert.

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      • 7 .5
        smartbo 05.05.2024, 16:33 Geändert 05.05.2024, 17:36

        Lagerkommandant Rudolf Höss (Christian Friedel), seine Frau Hedwig (Sandra Hüller) und ihre Kinder wohnen neben dem Konzentrationslager Auschwitz. Sie streben danach, ihr schönes, sorgenfreies und ganz normales Leben zu führen, und Hedwig kümmert sich hauptsächlich um die Familie und um die Pflege ihres Gartens. Ein Jobwechsel droht diesen Plan zunichte zu machen. Doch Hedwig möchte nicht umziehen.

        Es ist fast unmöglich, das schreckliche Phänomen des Holocaust sachlich zu betrachten und zu beschreiben. Der Film blickt auf diesen brutalen Bruch mit der Zivilisation, indem er die Kamera auf den normalen Alltag des Lagerkommandanten Rudolf Höss richtet, der bequem mit seiner Familie in einem Haus mit großem Garten lebt, das direkt an den Mauern des Vernichtungslagers Auschwitz angrenzt. Mit dieser Konstellation erreicht der Film eine starke Wirkung. Der Kontrast führt dazu, dass die Schrecken, die sich hinter der hohen Mauer abspielen, für den Zuschauer zwangsläufig in jedem Winkel der idyllischen Welt der Familie sichtbar werden.

        Doch die hohe, mit Stacheldraht verstärkte Mauer bietet der Familie einen Schutz vor dem Eindringen der Grausamkeiten in ihre eigene schöne Welt. Sie können ungestört ihr normales und unbeschwertes Leben führen. Und sie haben sich an den ständigen Lärm der Nachbarn gewöhnt. Sie ignorieren die Schreie, die Schüsse und die bellenden Hunde. Der Garten ist ein harmonisch stilisiertes Paradies, in dem alles wächst und blüht. Der Tisch ist reichlich mit Lebensmitteln gedeckt. Die Kinder haben Spaß und sind gut in der Schule. Gäste sind herzlich willkommen. Es ist oberflächlich betrachtet eigentlich eine wundervolles und friedliches Leben. Real ist es aber eine höchst obszöne und perverse Welt.

        Mit der Darstellung des schönen Lebens und des Glücks der Familie hält sich der Film zurück. Durch die Distanz, die die Bilder ausstrahlen, wird der Zuschauer sicherlich nicht dazu angeregt, diese Idylle schön zu finden. Die Kamera zeichnet nüchtern und kalt die Bilder auf, als wäre es eine Überwachungskamera. Der Film schildert diese monströse Welt, die sich im Lager abspielt, nicht explizit, sondern lässt die Obszönität und Kaltblütigkeit der Situation für sich sprechen. Die Bilder sind kraftvoll in ihrer impliziten Darstellung des Horrors. So sind beispielsweise regelmäßig die rauchenden Schornsteine des Lagers im Hintergrund zu sehen und der Zuschauer erhält immer wieder einen Blick auf die bedrohlichen Konturen der Wachtürme, die das Lager umgeben.

        Der Alltag der Familie ist wenig spektakulär. Höss und seine Frau sind Kleinbürger, die stolz auf ihre gesellschaftliche Stellung sind. Höss ist ein pedantischer Mann mit Organisationstalent, der Karriere machen will. Er wirkt gar nicht wie ein Monster oder die Inkarnation des Bösen, sondern wie ein normaler Mensch, wie du und ich. Seine Frau Hedwig ist eine strenge Frau, die ihre Privilegien genießt. Eigentlich passiert in diesem Film sehr wenig. Der Film zeigt die Monotonie des pastoralen Alltags der Familie und unterbricht die Eintönigkeit gelegentlich durch einige banale Spannungen, die in jeder Familie vorkommen. Also, alles normal. Dennoch gibt es viel zu sehen, denn unterhalb dieser trivialen Ebene gibt es viel zu sehen, und der Film hat eine ganze Menge zu sagen, worauf ich im nächsten Abschnitt näher eingehen möchte. Unter der scheinbaren Unschuld verbirgt sich eine Menge Subtext. Die audiovisuelle Wirkung ist großartig. Dies führt beim Zuschauen zwangsläufig zu Unbehagen.

        Der Film verdeutlicht, wie schnell es auch heute noch zu solchen Katastrophen kommen kann. Die Antwort liegt verborgen in Strukturen, medialen Narrativen und Regelungen, die unkritisch und unterwürfig von den Menschen hingenommen werden. Das ist alles, was man braucht. Und am Ende tritt eine schleichende Normalisierung ein, alles wird hingenommen und ist normal, obwohl es nicht ist. Man muss nur an die Corona-Zeit zurückdenken, als man sich statt mit Händeschütteln am Ellbogen berührte und eine Ausgangssperre herrschte. Dass man im Sterben liegende Verwandte in Altersheimen nicht besuchen durfte und dass man kleinen Kindern nachweislich unwirksame Masken aufgezwungen hatte, wurde normal. Die Menschen, die skeptisch waren und sich kritisch über eine Corona-Impfung äußerten, wurden verfolgt, beschimpft und diskreditiert. Die Bezeichnung Querdenker als einen unkonventionell denkenden, kritischen Freigeist wandelte sich plötzlich vom Positiven zum Schimpfwort. Es gab Narrative über Corona und eine Regierung, die sagte, das alles sei gut und normal. Die meisten haben sich weggeduckt und alles brav mitgemacht. Und wie gehabt haben alle gesellschaftlich relevanten Gruppierungen ihren „obligatorischen“ Beitrag zu der neuen Normalität gleistet: die Politiker, die Juristen, die Wissenschaftler, die Mediziner, die Kirche, die Gewerkschaften, die Medien, insbesondere der ÖRR, ja, und auch die weit überwiegende Mehrheit der Mitläufer, die den Mund gehalten und alles mitgetragen haben. Das ist eben alles, was nötig ist, um die Menschen zu dem zu bewegen, was man möchte. Im Prinzip ist es ganz leicht, wie es der Film und wie es auch die jüngsten Ereignisse in der Corona-Zeit zeigen. Es braucht wirklich nicht viel, um eine neue Normalität herbeizuführen, die von den davon profitierenden Eliten sodann als gut und eben normal apostrophieren wird.

        Fazit: Der Kern des Filmes lässt sich kurz und bündig zusammenfassen: er zeigt das banale, ganz normale Familienleben eines Nazi-Henkers, während sich abseits dieser heilen Welt Schrecken ereignen. Positiv zu werten ist, dass der Film nicht mit überzogener Dramatik aufwartet und explizit die Gräueltaten des Holocaust zeigt. Er trichtert seine Botschaft dem Zuschauer nicht ein, sondern präsentiert sie dem Zuschauer suggestiv und subtil. Das Statement des Filmes wird aber dadurch nicht schwächer, sondern gestärkt. Die Parallelen zu der heutigen Zeit sind unverkennbar. Im Prinzip haben die Menschen aus der Nazi-Zeit nichts dazugelernt, denn Ähnlichkeiten mit der heutigen Zeit im Hinblick auf die gesellschaftlich und politisch relevanten Mechanismen sind unübersehbar.

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        • 7
          smartbo 14.04.2024, 09:11 Geändert 17.04.2024, 14:09

          Die Killerinstinkte des ehemaligen Auftragsmörders John Wick (Keanu Reeves) werden neu entfacht, als der Kriminelle Iosef Tarasov (Alfie Allen), der Sohn des gefährlichen Gangsterbosses Viggo (Michael Nyqvist), seinen Ford Mustang stiehlt und dabei den Hund tötet, den ihm seine verstorbene Frau geschenkt hat. Doch der Typ hat sich mit dem Falschen angelegt. John schwört Rache und folgt dem Mann nach New York, wo der Gangsterboss Viggo die Eliminierung von John Wick anordnet. Der Kampf beginnt ...

          Der Erfolg des Films wird sicherlich nicht an der hauchdünnen Story liegen. Der Rachethriller mit deutlichen Akzentuierungen, die darauf hindeuten, dass man den Film im positiven Sinne nicht zu ernst nehmen sollte, bietet inhaltlich nicht viel. Der Film lebt von der Übertreibung an allen Ecken und Enden. Das gilt nicht nur für die enorme Zahl der Todesfälle, die auf das Konto des Titelhelden gehen. Das Gleiche gilt für die vielen skurrilen Charaktere im Film, für das Schauspiel des Protagonisten John und auch für die bizarre Welt, in der die Gangster leben. Eine Welt, in der die Menschen mit eigenen Goldmünzen bezahlen und in der ein Hotel als Treffpunkt und Zufluchtsort für die Kriminellen fungiert. Und schließlich gilt die Übertreibung auch für die Unverletzlichkeit von John Wick. Er übersteht jede lebensgefährliche Situation. Jede Situation.

          Für gewöhnlich halte ich nicht viel von Filmen, die voller Klischees sind. Aber das Spiel mit den Klischees in diesem Film macht Spaß. Es ist unterhaltsam, weil die Optik, die Action und die Umsetzung der Geschichte so gut sind. Anstatt den Film mit spektakulären Effekten zu überladen, sind die Actionszenen gekonnt unterkühlt und erzielen dennoch ihre Wirkung. Die Kamera ist emsig und hat vor allem die Action und die Figuren im Blick, die ihre Aggressionen mit asiatischen Kampfkünsten oder mit Waffen aller Art ausleben. Der unterkühlte und nüchterne Auftritt von Reeves, der vorzüglich den John darstellt, und die passende Filmmusik runden das coole Bild ab.

          Fazit: ein rasanter Actioner. Die Geschichte über eine Racheaktion bietet nicht gerade viel. Allerdings ist die Inszenierung gut und die Actionszenen partiell spektakulär umgesetzt. Ja, die skurrilen Charaktere sind maßlos überzeichnet und stereotyp, es wirkt aber eher amüsant, deshalb kommt auch der Humor nicht zu kurz. Unter dem Strich ist es ein sehenswerter und unterhaltsamer Film.

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          • 7 .5
            smartbo 12.04.2024, 09:36 Geändert 13.04.2024, 09:57

            Thelonious „Monk" Ellison (Jeffrey Wright) ist ein frustrierter Schriftsteller und Universitätsdozent. Er ist schwarz, kümmert sich aber nicht um seine Hautfarbe und findet es störend, wenn andere dies permanent in den Vordergrund stellen. Sein Verlag wirf ihm vor, dass seine erfolgslosen Bücher zu wenig "schwarz" sind. Die Verleger vermissen die typischen Klischees in seinen Büchern, die in zahlreichen anderen erfolgreichen Büchern vorhanden sind. Als ihm der Kragen platzt, schreibt er scherzhaft ein Buch mit dem Titel „Fuck“ und einem lächerlich stereotypen schwarzen Unterton. Es erweist sich jedoch als erfolgreich. Ihm wird eine so große Geldsumme angeboten, dass Thelonious nicht widerstehen kann. Dies führt ihn unbeabsichtigt zum Kern der Heuchelei, die er so verachtet.

            „Amerikanische Fiktion“ ist sehr subtil und behandelt das eigentlich ernste Thema Rassismus und den gesellschaftlichen Umgang mit ihm auf allen möglichen Seiten erfreulicherweise unbeschwert und partiell lustig. Der Film nimmt vor allem gekonnt die vielen überkorrekten heuchlerischen Weißen auf die Schippe, die von Schuldgefühlen geplagt sind und die sich überall aus geringstem Anlass über Rassismus empören, nur um sich danach moralisch überlegen zu fühlen. Paradoxerweise erwartet die Gesellschaft dann aber, dass die Schwarzen in Büchern und Filmen bestimmten lächerlichen Klischees entsprechen, die die Vorurteile stärken. Brillant zeichnet Jeffrey Wright in der Rolle des Thelonious in seinen Dialogen und in seinem Schauspiel peu a peu bis zum Schluss dieses Bild. Im nächsten Abschnitt schildere ich Szenen aus dem Film, die diese ambivalente gesellschaftliche Haltung widerspiegeln.

            In diesem Film lernt man Jeffrey Wright auf eine Art und Weise kennen, wie er sich noch nicht gezeigt hat: teils zynisch, aber meistens locker und humorig. Für einen Film wie diesen braucht man einen guten Schauspieler, der die Rolle gut beherrscht, und Wright schafft es vorzüglich. Er spielt seine Hauptrolle, für die er auch seine erste Oscar-Nominierung erhielt, sehr stark. Schon in der Eröffnungsszene, in der er in kurzer Zeit von unbeteiligt zu Weißglut wechselt, als ein weißes Mädchen in seiner Vorlesung von ihm verlangt, dass er sich über das „N-Wort“, das auf der Tafel steht, empören sollte, zeigt er, was er kann. Voller Ironie entgegnet er ihr wütend, dass er an dem Wort „Nigger“ nichts Schlimmes findet und dass es ja grammatikalisch absolut korrekt mit zwei G geschrieben ist. Eine wahrlich gelungene bittere Ironie. Weitere Kostprobe: als sein satirisches Buch ein Erfolg wurde, muss Thelonious das Spiel, das er so verachtet hat, mitmachen. So muss er sich am Telefon plötzlich als ehemaliger Gangster ausgeben, so wie die Klischees es vorgeben und was die Gesellschaft von ihm erwartet. Die Art und Weise, wie Wright es umsetzt und seine Rolle spielt, ist vortrefflich. Top Schauspiel.

            Der Film funktioniert sowohl als Familiendrama als auch als gesellschaftskritische Satire, auch wenn die beiden Handlungsstränge nicht immer harmonisch verlaufen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die beiden Handlungsstränge ihre Botschaften gut vermitteln. Bemerkenswert ist, dass der Film in den Vordergrund stellt, dass es schwarze Amerikaner gibt, die sich nicht in eine Schublade stecken lassen. Thelonious wuchs in einer wohlhabenden schwarzen Familie auf. Seine Schwester wurde Ärztin, sein Bruder plastischer Chirurg. „Amerikanische Fiktion“ bietet einige Überraschungen, etwa was den Verlauf von Thelonious‘ Familienbesuch angeht. Und dann ist da noch Coraline (Erika Alexander), Monks neue Freundin, eine Anwältin, mit der er beginnt, auszugehen. Der andere Handlungsstrang, die Gesellschaftskritik, kommt zum Glück nicht mit erhobenem moralischen Zeigefinger oder einer Axt daher. Sie ist vielmehr subtil in einer humoristischen Verpackung verarbeitet und somit vielleicht wirkungsvoller, als eine lautstarke und direkte. „Amerikanische Fiktion“ hat eine hervorragende Balance zwischen Humor, Drama, Kritik und Melancholie.

            Fazit: „Amerikanische Fiktion" ist eine klasse inszenierte Satire, die zweifellos hier und da für Lacher sorgt, aber nie den sensiblen Kern, nämlich die gesellschaftskritischen Untertöne, aus den Augen verliert. Auch als Familiendrama funktioniert der Film prima. Ein unterhaltsamer Film mit erstklassiger schauspielerischer Leistung des Protagonisten Jeffrey Wright.

            * Danke an @Framolf für den sehenswerten Tipp.

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              Der Schwarzweiß-Film basiert auf einer Kurzgeschichte von Elmore Leonard. Er beginnt mit einer zufälligen und unheilvollen Begegnung zweier Männer, die konträrer nicht sein könnten. Es ist auf der einen Seite der anständige und arme Rancher, Dan Evans, gespielt von Van Heflin. Der andere ist der rücksichtslose Bandit und Bandenführer Ben Wade, dargestellt von Glenn Ford. Als der Bandit einen Kutscher erschießt und später verhaftet wird, ist Rancher Evans bereit, ihn gegen Entlohnung zu bewachen und ihn in den Zug um 15:10 Uhr nach Yuma zu setzen, damit er dort vor Gericht gestellt wird. Evans tut dies im Wissen, dass die Mitglieder der Bande alles tun werden, um zu verhindern, dass Wade vor Gericht gestellt wird …

              Es entfaltet sich eine spannende, geradlinige Geschichte über einen tugendhaften Helden und einen skrupellosen Bösewicht. So scheint es, oberflächlich betrachtet. Der Film ist aber mehr. Die beiden Männer erhalten eine Hintergrundgeschichte und ein runderes Profil, was den Ereignissen im Film mehr Tiefe verleiht. Es entsteht ein Film mit interessanten und gut ausgearbeiteten Charakteren, mit beeindruckender Optik und einer Geschichte, die moralische Grenzen sprengt. Die Licht- und Schattenspiele kommen gut zur Geltung ebenso die schönen Aufnahmen in dieser einladenden, weiten Landschaft. Pluspunkte sammelt der Film bei den Kulissen, z.B. bei dem stimmungsvollen Saloon und dem kleinen Hotelzimmer.

              Spannend ist insbesondere das psychologische Duell, das die beiden Männer austragen. Glen Ford und Van Heflin spielen vorzüglich ihre Rollen. Dan Evans ist geprägt von verletztem Stolz, unerschütterlicher Loyalität und existenzieller Not. Der skrupellose und intelligente Wade erkennt Evans‘ Schwächen schon nach kurzer Zeit und versucht, ihn zu beeinflussen. Und so entwickelt sich „Zähl bis drei und bete“ rasch zu einem beeindruckenden Mix aus Psychothriller, Charakterdrama und Western. Und auch der Zeitfaktor spielt im Film eine Rolle und erzeugt Spannung, denn alles muss schnell gehen.

              Das Original aus dem Jahr 1957 wurde 2007 mit dem Titel „Todeszug nach Yuma" (im englischen Original „3:10 to Yuma“) unter der Regie von James Mangold verfilmt. Die Hauptrollen spielen Russell Crowe und Christian Bale. Der steht bei mir noch aus.

              Fazit: Die Geschichte ist fesselnd und gut umgesetzt. Der Film enthält wenig Action. Es handelt sich eher um ein Psychodrama im Westerndesign. Die größten Pluspunkte sind die gelungene Inszenierung, die Atmosphäre und der Cast, der gut abschneidet, insbesondere Glenn Ford, der als Ben Wade einen wirklich tollen Bösewicht spielt. Ja, ein alter, aber ein guter Film, der absolut sehenswert ist.

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                smartbo 05.04.2024, 09:48 Geändert 05.04.2024, 09:56

                Wir sind auf den Philippinen. Nach acht Jahren im Gefängnis wird der ehemalige Elitesoldat Emon (Brandon Vera) freigelassen und kann endlich seine Frau (MJ Lastimosa) und seine kleine Tochter (Freya Fury Montierro) wiedersehen. Er kehrt jedoch in eine Zivilisation zurück, die von einem gefährlichen Virus heimgesucht wurde. Verfolgt von den lebenden Bestien rast Emon durch die gefährliche Stadtlandschaft in einem letzten verzweifelten Versuch, sich und seine Familie zu retten …

                Es ist ein Zombiefilm mit dem philippinisch-amerikanischen Schauspieler Brandon Vera in der Hauptrolle, der stark an Dwayne Johnson erinnert. Vera war ein Cage-Fighter, der nun seine Kampfkünste in Filmen unter Beweis stellen kann. „Day Zero“ enthält logischerweise die obligatorischen Kampfsportszenen. Die Geschichte selbst ist nicht sehr kompliziert, aber sie erfordert von einem Schauspieler etwas mehr, als nur die Gegner niederzukämpfen. Und das gelingt Brandon Vera weniger gut, da er kein guter Schauspieler ist. Dennoch schafft er es, sich einfühlsam zu präsentieren, so dass es ihm leicht gelingt, die Sympathie des Zuschauers zu gewinnen.

                Die Handlung ist ziemlich simpel und die Umsetzung auch nicht gerade die beste. So ist der Plot nicht besonders tief ausgearbeitet. Es geht im Film um eine Zombie-Plage, die die Menschheit ergriffen hat. Der Film erzählt aber nichts darüber, wie es dazu kam. Der Zuschauer wird fast sofort in die Zombie-Gewalt hineingezogen. Wer sich mehr Hintergrundinformationen wünscht oder mehr Einblick in die Charaktere gewinnen möchte, der wird enttäuscht. Der Kampf ums Überleben findet im kleinen Rahmen statt. Der Grund dafür wird vermutlich an dem begrenzten Budget liegen. Diese minimale Kulisse funktioniert aber ganz gut. Lange graue Flure, stickige Räume und ein halbbeleuchtetes Treppenhaus wirken bedrückend und stärken die düstere Atmosphäre. Auf diesem kleinen Spielfeld verbirgt sich hinter jeder Ecke und jeder Biegung eine Bedrohung. Der Zombie-Mob ist wachsam und bestraft jede Unaufmerksamkeit, was die Dynamik im Film stärkt. Pluspunkte sammelt der Film bei den Kampfszenen. Die Effekte sind teilweise spektakulär umgesetzt.

                Fazit: Kein origineller Film. Eine solche Geschichte, die hier eher mittelmäßig umgesetzt wurde, hat man schon x-mal gesehen. Mit guten Schauspielern und hochwertigen Dialogen kann der Film ebenfalls nicht punkten. Was auf der positiven Seite bleibt, sind die düstere Atmosphäre, das gelungene Setting und die unterhaltsamen Kampfszenen. Unter dem Strich: für Filmfreunde die Horrorfilme und Filme mit Kampfsportszenen mögen, ist der Film sicherlich einer Empfehlung wert. Bei mir hat es allerdings nur zu einem mageren „uninteressant“ gereicht.

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                • 7 .5
                  smartbo 03.04.2024, 00:32 Geändert 03.04.2024, 00:38

                  Der Film spielt in den USA in der Nachkriegszeit. Im harten Westgate-Gefängnis ist Gewalt alltäglich. Die Macht liegt in den Händen des sadistischen Gefängniswärters Munsey (Hume Cronyn). Joe Collins (Burt Lancaster) kann es nicht länger ertragen und plant einen Ausbruch. Er versucht, die Hilfe einiger Kumpels zu bekommen, doch diese sind von dem gefährlichen Plan nicht wirklich begeistert. Als Munsey jedoch einen von ihnen in den Selbstmord treibt, haben die anderen genug …

                  „Zelle R 17“ ist ein typischer Film Noir mit einer äußerst düsteren Atmosphäre. Ein Schwarzweißfilm, der authentisch wirkt, er ist roh und brutal. Er spielt in einem Gefängnis, in dem die Gefängnisaufsicht sadistisch und die Lebensbedingungen unmenschlich sind. Die Zelle spiegelt die alltäglichen Realität wider. Es gibt keine Freude, kein Vertrauen, keine Hoffnung. Dafür gibt es aber die Solidarität des gemeinsamen Schicksals.

                  Die Inszenierung ist vorzüglich. Bereits in den ersten Szenen zeigt der Film die scheinbar unüberbrückbare Grenze zwischen Innen und Außen. Während ein höllischer Regensturm gegen die Gefängnismauern prasselt, macht die Kamera einen Rundgang durch die Hindernisse, die die Gefangenen von der Außenwelt trennen. Die Kamera gleitet vorbei an dicken Mauern, Wachtürmen, Scheinwerfern und Wachposten und bleibt im Gefängnishof stehen, wo ein vor Erschöpfung gestorbener Häftling gerade in einem Leichenwagen liegt, um durch das offene Gefängnistor in die Freiheit gefahren zu werden. Die Kamera fängt einen sichtlich verbitterten und verärgerten Joe Collins ein, der sehnsüchtig durch das offene Gefängnistor in die Freiheit blickt, die dahinter so verlockend winkt.

                  Die Rückblenden sind die einzigen Momente, die in Freiheit spielen. In diesen Szenen zeigt der Film die Ereignisse, die zu der Haft führten. Durch die Rückblenden erfährt der Zuschauer, dass das Leben der inhaftierten Charaktere, genau wie im Gefängnis, von Lügen und Verrat bestimmt war. Dennoch sind die Erinnerungen schön und lösen bei den Insassen Sehnsucht aus. Es ist einfach die Freiheit, die lockt. Die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese vielleicht ins Elend führen. In jedem Fall sind es aber die eigenen Entscheidungen und keine Befehle, die das strenge und sadistische Gefängnissystem den Gefangenen auferlegt.

                  Obwohl die Figur Joe Collins im Mittelpunkt der Geschichte steht und diejenige ist, mit der sich der Zuschauer identifiziert, werden auch die weiteren Charaktere vorzüglich präsentiert. Es sind Täter, Opfer und Mitläufer: sowohl bei den Gefangenen als auch bei den Wärtern. Halt so, wie im richtigen Leben. Es sind vielfältige menschliche Charaktere. Der Film ist viel mehr als ein Film über Gefangene und ihre Flucht. Er ist eine Charakterstudie und zeigt die physischen und vor allem die psychischen Auswirkungen des Gefängnisaufenthalts.

                  Die Figur Munsey verkörpert den Sadisten, der im Gefängnis dominieren will und nicht davor zurückschreckt, alles und jeden, der sich ihm in den Weg stellt, zu vernichten. Munsey, exzellent gespielt von Hume Cronyn, ist der klassische Bösewicht. Er ist ein hinterhältiger Teufel, der die Menschen manipuliert und seinen Willen durchsetzt. Jemand, der Freude daran hat, Gewalt gegen die Gefangenen anzuwenden. Es fällt dem Zuschauer nicht schwer, ihn nicht zu mögen.

                  Der Film stammt aus dem Jahr 1947. Daher finden sich Spuren des Krieges im Film und jeder der Gefangenen hatte kürzlich im Krieg gekämpft. Es sind erfahrene Veteranen, erfahrene Experten, die ihre Fähigkeiten zur Planung eines Ausbruchs einsetzen können. Sie führen immer noch einen Krieg im Gefängnis. Einen Freiheitskrieg, der das gleiche psychische und physische gewalttätige Elend hervorbringt, wie der reale Krieg. Es gibt immer und überall Gewalt, die niemals aufhört.

                  Fazit: Aus meiner Sicht einer der besten Gefängnisfilme. Dem Zuschauer wird authentisch das brutale Leben hinter den Gittern präsentiert: verbitterte und gequälte Gefangene treten gegen einen teuflischen Gefängniswärter an. Alle Gefangenen sind hier gut dargestellt, die Charaktere sind sehr unterschiedlich und die Charakterzeichnung vorzüglich. Die dichte, düstere Atmosphäre ist einzigartig und einnehmend, etwas, was man in den heutigen Filmen so vermisst. Rückblenden reichen die Qualität des Filmes an. Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist gut. Und Lancaster sehen wir hier in einer seiner besten Rollen. Top Performance in einem top Film.

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                  • 6 .5
                    smartbo 31.03.2024, 14:22 Geändert 31.03.2024, 18:32

                    Die Freunde Julie (Jennifer Love Hewitt), Helen (Sarah Michelle Gellar), Barry (Ryan Philippe) und Ray (Freddie Prinze Jr.) haben am Strand gefeiert. Am Abend fahren sie zurück nach Hause, doch dann passiert etwas, das sie noch lange verfolgen wird. In einem Moment der Unaufmerksamkeit überfahren sie etwas und es stellt sich bald heraus, dass es sich um einen Mann handelt. Sie wissen nicht, was sie tun sollen, und beschließen, den Mann ins Meer zu werfen, um Ärger mit der Polizei zu vermeiden. Sie schwören, nie wieder darüber zu reden, nicht einmal untereinander. Gelingt es ihnen, das Geheimnis zu wahren ?

                    1996 erschien der Horrorhit "Scream", bei dem Wes Craven Regie führte. Der Film prägte ein neues Horror-Genre, den sogenannten Teen-Horror. „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“ kann als ein erfolgreicher Film aus diesem Genre angesehen werden. Die Geschichte bietet nicht wirklich viel, aber auch das entspricht durchaus den Filmen dieses Genres. Ein mysteriöser Mörder bedroht mehrere Teenager. Die Charaktere sind nicht sehr intelligent und machen die gleichen Fehler, die sie in vielen anderen Horrorfilmen auch machen. Der große Unterschied zu echten Horrorfilmen besteht darin, dass Teenage-Horrors nie wirklich beängstigend gruselig und schon gar nicht blutig sind. Auf die Zielgruppe Teenies wird klar aus kommerziellen Erwägungen Rücksicht genommen und so entsteht in der Regel ein recht zahmer Film.

                    Dennoch gibt es hier einige spannende Momente und gruselige Szenen. Einige Horror-Experten werden Vieles schon im Vorfeld sehen, was passiert. Der Handlungsablauf wird von standardmäßiger spannungsaufbauender Musik untermalt. Die Geschichte ist einfach, aber gut geschrieben und gut umgesetzt, so dass sich der Unterhaltungswert durchaus sehen lässt. Die Hauptrollen sind zwar nicht top, aber gut besetzt. Die Protagonisten müssen ja eigentlich nicht viel tun und gut spielen, außer erschrocken zu reagieren. Auch die Nebenrollen, darunter Anne Heche, wissen zu überzeugen.

                    Fazit: „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“ ist ein durchaus unterhaltsamer, aber ziemlich vorhersehbarer Film. So richtig gruselig wird es nicht und dreckig oder blutig ist es auch nicht, vor allem im direkten Vergleich mit vielen anderen Horrorfilmen. Im Großen und Ganzen kein Hammer, aber aus meiner Sicht für eine einmalige Sichtung ist er okay.

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                      smartbo 29.03.2024, 09:57 Geändert 30.03.2024, 05:32

                      Joe Gillis, (William Holden) ein verarmter Drehbuchautor, versteckt sich vor seinen Gläubigern in einem Anwesen in Los Angeles. Es ist das Zuhause von Norma Desmond (Gloria Swanson), einer längst vergessenen Filmdiva. Joe zieht bei ihr ein und versucht gleichzeitig, Normas hoffnungsloses „Comeback“-Drehbuch neu zu schreiben. Wochen vergehen und Joe isoliert sich zunehmend von der Außenwelt ...

                      Sunset Boulevard, inszeniert von Billy Wilder, bietet einen zynischen Blick hinter die Kulissen der Hollywood-Traumfabrik. Hinter der Glitzerwelt verbirgt sich eine Welt tiefer Abgründe. Eine dunkle Welt, in der abgehalfterte Filmstars leben. In Hollywood kann jemand heute ein gefeierter Filmstar und morgen schon ein vergessenes Relikt werden. Es ist eine Welt, mit der man lieber nicht konfrontiert werden möchte. Hollywood steht vordergründig seit jeher für Glanz und Glamour und für erfolgreiche Blockbuster. Der Film entführt den Zuschauer in die hässliche Welt hinter den Kulissen und zeigt das deprimierende Leben der alten Filmstars.

                      Norma Desmond, großartig gespielt von Gloria Swanson, ist ein ehemaliger Star aus der Stummfilmära. Sie lebt in einer heruntergekommenen Villa und verbringt ihre Tage mit melancholischen Grübeleien über ihre glorreiche Vergangenheit sowie mit der Erwartung, dass der Regisseur Cecil. B. DeMille sie für eine Filmrolle anruft. Dann trifft sie Joe Gillis, einen aus der modernen Tonfilmära, einen jungen erfolglosen Drehbuchautor und hoch verschuldet. Zwei unterschiedliche Hintergründe und zwei Welten, die aufeinanderprallen, sich aber auch anziehen. Erich von Stroheim spielt den Diener von Norma und war einst der erfolgreiche Regisseur Max von Mayerling, der bei den Filmen von Norma Desmond Regie führte. Die Dialoge zwischen den Protagonisten sind pfiffig, meistens ironisch und intelligent. Die Drehbuchautoren Charles Brackett und Billy Wilder haben eine wahrlich vorzügliche Arbeit geleistet.

                      Sunset Boulevard ist ein typischer Film Noir mit einer Atmosphäre, die gleichzeitig ein wenig magisch, düster und geheimnisvoll ist. Aufstieg und Fall, Erfolg und Misserfolg liegen in Hollywood nah beieinander. Norma Desmond hat alles erlebt. Sie wird als Opfer des technischen Wandels und des launischen Geschmacks von Filmemachern und des Publikums präsentiert. Aber auch Joe Gilles und Von Mayerling sind Opfer der Veränderungen. Alle drei sind tragische Figuren. Von Mayerling, der eine enge Verbindung mit Nora Desmond hatte, ist vielleicht die tragischste Figur.

                      Fazit: Der Film schildert satirisch-zynisch die Traumfabrik Hollywood. Die Kritik an der schnellen Vergänglichkeit der Hollywood-Trends und der Oberflächlichkeit der Filmwelt im Allgemeinen spiegelt sich gut in der einfühlsamen Geschichte, den beeindruckenden Darstellern, in den vorzüglichen Dialogen und den beeindruckenden Bildern wider. Kurz und bündig: der Film ist eine gelungene bissig-satirische Abrechnung Billy Wilders mit Hollywood mit zeitlosen Charakteren und einer bis in die heutige Zeit aktuellen Geschichte.

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                        smartbo 27.03.2024, 09:28 Geändert 27.03.2024, 10:09

                        J.R. (zuerst im Kindes-/Jugendalter von Daniel Ranieri, dann von Tye Sheridan gespielt) ist ein junger Mann, der ohne seinen Vater auf Long Island aufgewachsen ist. Als er klein war, verließ ihn sein Vater, ein alkoholkranker Discjockey in New York. Er lebt mit seiner Mutter Dorothy (Lily Rabe) bei den Großeltern (Christopher Lloyd, Sondra James). Sie schlägt sich mit schlecht bezahlten Jobs mehr schlecht als recht durch. Die Großeltern bieten noch mehr Familienmitgliedern ein Zuhause, wodurch es ziemlich laut wird. Um all diesen Menschen zu entkommen und auf der Suche nach einer Vaterfigur verbringt J.R. die meiste Zeit in der Bar "Dickens" seines Lieblingsonkels Charlie (Ben Affleck) … .

                        Der Film, der auf den Memoiren des Journalisten J.R. Moehringer basiert, fängt mit dem rasanten Song „Radar Love“ von Golden Earing an, schaltet dann aber rasch ein paar Gänge zurück. Die Geschichte fließt von Anfang bis Ende ziemlich eintönig und das Gleiche gilt für JRs Leben, in dem wenig passiert. Was an der Geschichte erzählenswert sein soll, wird nie ganz klar. Es werden große erzählerische Schritte unternommen, als wäre man auf der Suche nach etwas Interessantem, jedoch ohne großem Erfolg. Ziemlich irritierend ist dabei, das Hin- und Herspringen in den Zeitschienen, was den Film nicht gerade besser macht. Gut, dass der Film einen schönen Soundtrack hat, der dem Handlungsverlauf wenigstens etwas Farbe einbringt.

                        J.R. entwickelt sich kaum, eine Charakterentwicklung ist nicht zu sehen: er läuft immer wieder denselben für ihn unerreichbaren Mädchen hinterher, er hofft weiterhin auf die Rückkehr seines Vaters und er bemüht sich weiterhin nicht, einen guten Job zu finden. So gesehen ist dieser Comming-of-Age-Film weniger eine Geschichte eines Jungen, der versucht, etwas aus seinem Leben zu machen, als vielmehr die Geschichte eines Mannes, der auf sein Scheitern zurückblickt. Der große Lichtblick in „The Tender Bar“ ist Ben Affleck als Charlie. In seiner Rolle zeigt Ben Affleck, dass er ein guter Schauspieler ist.

                        Fazit: Alles in allem ist „The Tender Bar“ von George Clooney ein wenig überzeugender „Coming-of-Age“-Film, in dem zu wenig passiert und zu viel geredet wird. Es ist sogar ein völlig unnötiger Voice-Over zu hören. Ja, es gibt ein paar emotional berührende Szenen, jedoch wirklich fesselnd wird es nicht. Unter dem Strich ein netter Film, aber auch nicht mehr. Ben Affleck mit seiner guten Performance und die gute musikalische Untermalung sorgen dafür, dass meine Wertung einigermaßen erträglich und nicht noch schlechter ausfällt.

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                          smartbo 24.03.2024, 10:19 Geändert 24.03.2024, 10:22

                          Frank Wiecek (Richard Conte) und Tomek Zaleska (George Tyne) sind im Jahr 1932 wegen Mordes an dem Polizisten Bundy zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Verurteilten behaupten, sie seien unschuldig. Elf Jahre später erscheint eine Anzeige in der Zeitung Chicago Times: „5.000 US-Dollar für jeden, der Informationen über den Mord an Officer Bundy liefert. Rufen Sie Northside 777 an.“ Aufgegeben wurde die Annonce von Frank Wieceks Mutter, einer Putzfrau. Auf diese Anzeige meldet sich der Reporter McNeal (James Stewart), der den Fall untersucht. McNeal hat anfangs kein Interesse an dem Fall, setzt sich aber allmählich vehement für einen Freispruch der verurteilen Männer ein. Dabei stößt er auf Widerstand der Polizei und des Staatsapparates. Der Kampf um Gerechtigkeit beginnt …

                          Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit. Es ist ein in Schwarzweiß gedrehter Noir-Film mit semidokumentarischen Charakter, der durch Erläuterungen aus einem Voice-Over noch verstärkt wird. Die Stimmung ist durchgehend düster-dunkel. James Stewart spielt vorzüglich den Journalisten McNeal, der einige Mängel im Gerichtsverfahren entdeckt. Der Film spielt in der Zeit der Prohibition. Die Zeit, als die Herstellung und der Verkauf von Alkohol verboten waren. Es war auch die Zeit, in der in Chicago unzählige Morde begangen wurden und die Polizei sowie die Gerichte gezwungen waren, durchzugreifen, um der Öffentlichkeit ein starkes Bild vorzugaukeln. Dieses harte Vorgehen führte aber oft zu vorschnellen Verhaftungen und Verurteilungen. Justizirrtümer waren an der Tagesordnung.

                          „Kennwort 777“ ist ein sehr guter Film, der bodenständig und teilweise etwas distanziert eine spannende Kriminalgeschichte erzählt und sich dabei kritisch mit der Rolle der Justiz und der Polizei auseinandersetzt. Auch die mitunter stimmungsbildende Rolle der Printmedien wird kritisch beleuchtet. Damals waren Zeitungen so mächtig, dass sie über Erfolg oder Misserfolg entscheiden und als wichtige Nachrichtenquelle die öffentliche Meinung erheblich beeinflussen konnten. Und diese heizten die Stimmung an und machten Druck, so dass für eine sorgfältige Ermittlung kaum Zeit blieb.

                          „Call Northside 777“ hat einen straffen Erzählstil und verzichtet auf filmische Schnörkel. Starke Schauspieler wie James Stewart und Lee J. Cobb sorgen für Sehvergnügen. Um die Spannung zu erhöhen, hätte der Film leicht zu einem Film voller Twists werden können. Dafür eignet sich die Geschichte bestens. Allerdings entscheidet sich der Film für einen nüchternen und schlichen Erzählstil. Und das ist auch so in Ordnung, denn die Story für sich ist interessant und aufregend genug.

                          Fazit: Ein spannender Kriminalfilm, der keine Langeweile kennt und den Zuschauer trotz des sachlichen Erzählstils schnell in seinen Bann zieht. Er ist wenig bekannt, aber auf jeden Fall empfehlenswert für Fans von Justiz-, Krimi- und Noir-Filmen. Der eigentlich auf Komödien, Romanzen und Western spezialisierte James Stewart brilliert hier in der Rolles des investigativen Reporters. Trotz des hohen Alters von 76 Jahren (!) hat der Film die Einstufung „sehenswert“ absolut verdient.

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                            smartbo 22.03.2024, 09:53 Geändert 22.03.2024, 10:56

                            *** Der folgende Kommentar-Abschnitt enthält leichte SPOILER ***

                            Wir sind in Australien. Im Mittelpunkt der Handlung steht die junge Mia. Nachdem ihre eigene Mutter plötzlich verstorben ist, lebt sie bei ihrer besten Freundin Jade (Alexandra Jensen), Jades jüngerem Bruder Riley (Joe Bird) und Jades Mutter Sue (Miranda Otto). Mit ihrem Vater (Marcus Johnson) kommt sie seit dem Tod der Mutter nicht besonders gut aus. Um auf andere Gedanken zu kommen, nimmt sie eines Tages gemeinsam mit Jade und Jades Freund, Daniel (Otis Dhanji) an einer Séance teil, um die Geister der Toten heraufzubeschwören. Mia will so den Kontakt zu ihrer toten Mutter aufnehmen. Doch diese Geisterbeschwörung hat verheerende Folgen …

                            *** SPOILER Ende ***

                            Das Pacing des Films ist rasant, der Horror stark, brutal und blutig. Die Atmosphäre ist fast durchgehend düster. Dies ist zunächst auf Mias Trauer zurückzuführen. Aber auch die gelungenen Geisterbeschwörungen, die einen gruseligen Charakter haben, stärken das finstere Ambiente. Schließlich ist da noch die allgemeine Stimmung unter den Teenagern, die wenig Optimismus und Lebensfreude ausstrahlt. Sie lachen und zeigen Freude, aber unter dieser oberflächlichen Hülle verbergen sich Langeweile und Gleichgültigkeit. Die Suche nach schnellen, sensationellen Kicks ist der Weg, Langeweile zu vertreiben und negative Gefühle zu vertreiben.

                            Mia wird vorzüglich von Sophie Wilde gespielt. Sie verleiht ihrer Figur Verletzlichkeit und Unsicherheit, versteht es aber trotz dieser Eigenschaften, ihrem Charakter auch einen starken Willen einzuhauchen. Mia steht zwar im Mittelpunkt, doch auch die Charakterzeichnungen der anderen Figuren sind recht facettenreich. Die mal guten, mal schlechten gegenseitigen Beziehungen untereinander strahlen ein hohes Maß an Authentizität aus. Die schauspielere Leistung der Darsteller ist mehr als ordentlich.

                            Der Film ist nicht frei von Klischees. Zusammengemixt mit den Jump Scares, den finsteren Gestalten im Dunkeln und dem etwas grotesk aufgetragenen Make-up funktionieren sie aber recht gut. Die Atmosphäre wird angereichert von einem psychologischen Horror: Traumata, Verlustangst, Trauer, Seelenschmerz und Ängste bei den Begegnungen mit der Geisterwelt werden an die Oberfläche gebracht und entfalten ihre gruselige Wirkung. Die Kombination aus akustischem, visuellem und psychologischem Horror macht „Talk to Me“ zu einem gelungenen Horrorfilm.

                            Fazit: Für mich eine positive Überraschung. Es ist alles in allem ein guter Horrorfilm unter all dem Schrott, der heutzutage produziert wird. Die Schauspieler sind gut und spielen sehr natürlich. Die heutige Jugend ist authentisch dargestellt: gelangweilt, empathielos und ständig am Handy. Die Spezialeffekte sind gelungen, das Make-up ist okay. Es herrscht eine düstere Atmosphäre. Das macht den Film spannend und gruselig. Bei so viel positiver Einschätzung bleibt abschließend festzustellen: ein Film, der gut unterhält und einer Empfehlung wert ist.

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                              smartbo 18.03.2024, 15:12 Geändert 19.03.2024, 15:14

                              Vorab sorry an all diejenigen, die darauf achten, dass hier alles korrekt abläuft und dass die richtige Wortwahl Anwendung findet, damit niemand in seinen Gefühlen verletzt wird. Jawoll, es geht um das Wort Männer im Filmtitel. Ja, schon klar, entsprechend den neusten Erkenntnissen, gibt es ja keine Männer mehr. Es sind nunmehr Lebewesen mit einem Rohr zwischen den Beinen, das dazu dient, Urin abfließen zu lassen. Man sollte deshalb den Filmtitel schleunigst umbenennen in: „DIE LEBEWESEN MIT DEM ROHR ZWISCHEN DEN BEINEN“. Ich denke, das wäre der korrekte und richtige Titel. Nun ist der Film aber aus dem Jahr 1950 und damals gab es noch Männer. Deshalb verwende ich in meinem Kommentar den furchtbaren Begriff "Männer" und bitte um Verständnis. 😁

                              Ken (Marlon Brando) wurde im Koreakrieg verwundet und ist seitdem querschnittsgelähmt. Nach der Rückkehr in die USA wird er im Krankenhaus von Dr. Brocks ( Everett Sloane) behandelt. Der gelähmte Veteran, im Zivilleben sehr sportlich, kann sich mit seiner Behinderung nicht abfinden und ist verbittert. Trotz allem möchte seine Verlobte Elly (Teresa Wright) ihn immer noch heiraten und hofft, dass die Ehe ein Heilmittel für ihn sein wird. Doch beide müssen rasch feststellen, dass es auf diesem Wege viele Hindernisse zu überwinden gilt.

                              „Die Männer“ ist der erste Film, in dem Marlon Brando eine Hauptrolle spielt. Er spielt einen verkrüppelten Kriegsveteranen und hält sich in einem Veteranenkrankenhaus auf, das auch den wichtigsten Schauplatz des Films darstellt. Im Krankenhaus herrscht eine Atmosphäre, die von den rauen und humorvollen Umgangsformen der verletzten Veteranen untereinander geprägt ist. Eine Atmosphäre der Kameradschaft und eine offene Atmosphäre ohne Sentimentalität. Eine Atmosphäre, die vom Chefarzt Dr. Brock unterstützt wird, der offen und direkt ist und ablehnt, seinen Patienten falsche Hoffnungen auf eine vollständige Genesung zu machen. Stattdessen arbeitet er daran, dass die Veteranen ihr Schicksal akzeptieren und sich auf ein neues Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Es ist eine Strategie, die bei vielen Veteranen zu erheblichen psychologischen Fortschritten und neuem Lebensmut führt. Bei vielen wirkt die Strategie aber nicht. Dr. Brocks Philosophie und ihre positiven und negativen Auswirkungen bilden den Kern des Films.

                              „Die Männer “ ist ein Antikriegsfilm. Die Szenen finden oft auf engstem Raum statt. Der Fokus liegt stark auf den Charakteren und dem psychischen und physischen Elend der Veteranen. Dramatische Dialoge oder Gefühlsausbrüche sind selten. Es sind das zynische und mitfühlende Miteinander der Männer, die kraftvollen Schwarzweiß-Bilder und das starke Schauspiel, die in der rauen und humorvollen Atmosphäre eine höchst emotionale Wirkung erzeugen. Der Teil der Handlung, der die Beziehung zwischen Brando und seiner Verlobten beleuchtet, ist das andere Herzstück des Films. Im Gegensatz zum Rest des Films ist das romantische Element recht melodramatisch.

                              Fazit: Marlon Brando, der an den Rollstuhl gefesselt ist, verhält sich in seinem Filmdebüt so, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Eine wahrlich exzellente schauspielerische Leistung. Aber auch Teresa Wright in der Rolle der Ellen ist großartig. Neben der vorzüglichen Inszenierung von Fred Zinnemann und dem starken Statement als Antikriegsfilme trägt ganz besonders das exzellente Schauspiel der Protagonisten zu der starken Qualität des Filmes bei.  

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                                smartbo 17.03.2024, 10:47 Geändert 17.03.2024, 14:02

                                Lars (Aksel Hennie) und Lisa (Noomi Rapace) sind ein zerstrittenes Paar, das für ein Wochenende in eine abgelegene Blockhütte zieht, um sich wieder zu versöhnen. Das ist aber nur der Vorwand, denn in Wirklichkeit plant jeder, den anderen umzubringen. Bevor sie ihre Pläne in die Tat umsetzen können, tauchen jedoch unerwartet Gäste auf und stellen eine größere Bedrohung für sie dar …

                                Der Humor, der im Film dominiert, ist trocken und pechschwarz. Diese Akzentuierung gelingt dem Film prima. Die beiden Hauptdarsteller Noomi Rapace und Aksel Hennie spielen ihre Rollen stark, wobei insbesondere Noomi Rapace zu gefallen weiß. Sie spielen ein Ehepaar aus der Filmwelt, das in einer Ehekrise steckt. Die mit ihrem Starstatus verbundenen Klischees werden gut umgesetzt: Eitelkeiten und Arroganz greifen um sich. So wie die beiden miteinander umgehen ist gut gespielt und lustig anzusehen. In Zeiten der obligatorischen Korrektheit, in der wir als Zuschauer mit einer Bandbreite an austauschbaren und politisch korrekten Filmen bombardiert werden, ist es erfrischend, diesen andersartigen und humorvollen Film zu sehen.

                                Der Auftritt von drei weiteren Charakteren bringt den Film in eine etwas andere Einfärbung. Zunächst scheint es zwischen den beiden Hauptprotagonisten ein Katz-und-Maus-Spiel zu geben, doch schon bald merken sie, dass sie einander noch brauchen. Was folgt, ist eine Reihe von Mordszenarien, die blutig und voller schwarzen Humors sind.

                                Der größte Mangel des Films ist die lange Laufzeit und der unnötige Einsatz von Rückblenden. Es ist, als wolle der Regisseur, Wirkola, seinem Film mit den Rückblenden eine Komplexität verleihen, die der Film eigentlich nicht besitzt. Die Handlung ist einfach und hat keine Subebenen. Daran ändern auch Rückblenden nichts. 90 Minuten dürfte die perfekte Laufzeit sein, um den Plot zu präsentieren. Aber der Zuschauer sieht eine langwierige Reihe sich wiederholender Szenen, die dazu führen, dass der Film allmählich an Stärke verliert und immer schwächer wird.

                                Fazit: Der Film ist eine durchaus unterhaltsame Mischung aus Action und Comedy. Das Unterhaltungsniveau gerät aber nach einer Weile durch die hineingepresste Vielschichtigkeit, welche die Handlung eigentlich nicht bietet, ins Wanken. Die lange Laufzeit ist ebenfalls ein Minuspunkt und jedenfalls nicht notwendig, um die ganze Geschichte zu schildern. Alles in allem kein Film den man unbedingt sehen muss. Er ist aber auch nicht schlecht. Für eine einmalige Sichtung reicht es trotz der geschilderten Schwächen aus meiner Sicht aus.

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                                  Ein junger, naiver Lehrer (Gary Bond), der im ländlichen Australien unterrichtet, ist in den Ferien auf dem Weg nach Sydney, landet aber in einem verkommenen Outback-Kaff Yabba voller betrunkener und verrückter Männer, denen es nur um Bier, Sex, Glücksspiel und Jagd geht. Nach einem Glücksspiel erkennt der in Geldnot geratene Lehrer, dass er den skurrilen Hinterwäldlern völlig ausgeliefert ist …

                                  Alles beginnt mit beeindruckenden und einnehmenden 360° Bildern der endlosen Leere des australischen Outbacks: nichts als Sand, Staub, Hitze. Bilder, die eine Atmosphäre der Einsamkeit und Trostlosigkeit hervorrufen. Noch hat der Zuschauer keine Ahnung davon, dass diese Poesie der Bilder bald gegen ein Elend eingetauscht wird. Wir sind in Yabba, mitten in der Hölle und bei den Menschen, die dort leben. Lehrer John bleibt zunächst etwas distanziert und betrachtet Menschen in Yabba und die einfache Art und Weise, wie sie leben, mit einiger Verachtung.

                                  Das dauert nicht lange. Er entdeckt, dass es befreiend ist, die fesselnden Ketten des Anstands und des menschlichen Verhaltens abzuwerfen. Der intellektuelle John, der glaubte, der einfachen Versuchung zu widerstehen, trinkt plötzlich hemmungslos mit völlig Fremden und verliert alle seine Hemmungen. Ein Exzess jagt das andere, bis ihn ein schlimmes Erlebnis, festgehalten in einer besonders schockierenden Szene, wachrüttelt. Ein Gefühl des Ekels schleicht sich beim Zuschauen ein. Für John ist die Wirkung noch schlimmer. Innerhalb weniger Stunden hat er etwas getan, das nicht wiedergutzumachen ist. Er wird diese Last für immer mit sich herumtragen müssen.

                                  Eine simple und unkomplizierte Handlung, Bier-Saufgelage bis zum Umfallen, eine dichte Atmosphäre und ein authentisches Setting kennzeichnen den Film, der von Anfang bis zum Ende fesselt und neugierig macht. Er wirkt gar nicht gestellt, sondern sehr real. Sogar die ständig herumschwirrenden und nervigen Fliegen tragen zur Authentizität bei. Der anarchische Plot ist originell und vor allem wegen der schrägen Charaktere und der eigenwilligen Story keine Alltagskost.

                                  Fazit: Ein Film aus der Kategorie „Australisches 70er-Jahre-Kino“. „Ferien in der Hölle“ ist ein intensiver, verstörender Film mit einer giftigen, rauen Atmosphäre, vielen skurrilen Charakteren und bizarren Szenen. Ein Film über Selbstzerstörung und den moralischen Verfall eines Menschen. Es gibt paar Kritikpunkte, vor allem die brutale Jagd auf die Kängurus. Dafür gibt es bei mir Punkteabzug. Kein Meisterwerk, aber er ist sehr originell und einer Sichtung wert.

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                                    smartbo 13.03.2024, 14:53 Geändert 13.03.2024, 14:58

                                    Die Geschichte handelt von der erfolgreichen politischen Strategin Elizabeth Sloane (Jessica Chastain). Elizabeth setzt sich für eine strengere Gesetzgebung zum Waffenbesitz in den USA ein. Die neuen Gesetze sollen dafür sorgen, dass der Waffenbesitz durch eine Hintergrundüberprüfung der Waffenbesitzer strenger kontrolliert wird …

                                    Schon am Anfang wird man mit einer Flut von Fachausdrücken konfrontiert, die von trockenem Business-Humor durchsetzt sind. Und all das in einem mörderischen Tempo. Gerade dadurch, dass er den Zuschauer nicht an die Hand nimmt, sondern ihn mitten in die streitenden Lobbyisten wirft, gelingt es dem Film, ein authentisches Bild dieser etwas abstrakten und unbekannten Welt zu zeichnen.

                                    Die Handlung hat einen realen Hintergrund, doch der Film handelt von fiktiven Ereignissen. Im Zusammenhang mit der Lobbyarbeit steht ein umstrittener Gesetzentwurf namens Heaton-Harris im Mittelpunkt, der eine strengere Waffenregulierung fordert. Dann kommt Elizabeth Sloane ins Spiel. Sie ist der Typ Geschäftsfrau, die sich nicht leicht überrumpeln lässt, selbstbewusst ist und bei Bedarf auch rücksichtslos agiert. Nach einem Treffen mit den Topmanagern einer mächtigen Lobbyfirma, die Waffen für Frauen attraktiv machen will, wendet sich Sloane gegen sie. Sie zieht mit einem kleinen, recht unerfahrenen Team unter ihrer Aufsicht in den Krieg und missachtet dabei schnell die moralischen und rechtlichen Regeln.

                                    Warum sie sich so heftig in die politischen Auseinandersetzungen einmischt, bleibt im gesamten Film unklar. Nirgends rückt eine schwierige Kindheit in den Vordergrund oder ein vergangenes Ereignis, das ihr extremes persönliches Engagement für das Thema erklären könnte. Bemerkenswerterweise ist es gerade das Fehlen dieser Informationen, das Elizabeth Sloane zu einer so schwer fassbaren und unberechenbaren Figur macht. Zum Glück bleibt sie immer noch ein Mensch. Permanent hat man beim Zuschauen das Gefühl, dass sich hinter ihrem distanzierten Gesicht noch mehr verbirgt. Zum Beispiel beim nächtlichen Besuch eines männlichen Escorts, der ihre schwachen Stellen anzusprechen weiß. Oder wenn Sloane nach einem schweren Rückschlag in gewaltige Wut gerät und den ganzen Kram von ihrem Schreibtisch wischt.

                                    Die Stärke des Filmes liegt in der Kombination aus einer cleveren Handlung und der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Jessica Chastain. Die Handlung schafft es, das Potenzial des Lobbythemas kritisch auszuschöpfen, was zu einem spannenden, intelligenten und unterhaltsamen Film führt. Gelegentlich übertreibt der Film, z.B. mit den Abhörsendern auf den Kakerlaken, aber die Authentizität geht nie verloren.

                                    Auch hier hat der Verfallsprozess der amerikanischen Politik von innen heraus begonnen, und evident wird, dass Richter und Politiker in vielen Fällen korrupt sind. Das macht es sehr einfach, den realen und aktuellen Gehalt des Filmes explizit zu betonen, was aber eigentlich unnötig sein dürfte, weil es so evident ist. Und egal, ob Kennedy, Nixon, Bush, Obama, Trump oder Biden: in Washington sind sie alle (auch im weiteren Sinne) korrumpierbar, sie lügen und betrügen das Volk, und waren/sind von der gefährlichsten Sucht befallen: dem süßen Gift der Macht. Und es wäre nur allzu naiv zu glauben, dass das Gesagte nicht für die jetzige Regierung in Deutschland gilt.

                                    Fazit: Der Film ist ein intelligenter Politthriller, der den Zuschauer rasch in die Materie hineinzieht und einen Blick in das harte politische Spiel hinter den Kulissen bietet. Jessica Chastain spielt ihre Rolle wahrlich exzellent. Trotz ihrer kalt wirkenden Rolle schafft sie es, den Film im Alleingang zu tragen und Sympathie zu erzeugen. Der Film dauert mehr als zwei Stunden, wird aber keine Sekunde langweilig. Man muss allerdings immer voll konzentriert sein, um der Story zu folgen. Für alle, die Politthriller mögen, ist der Film ein absolutes Muss.

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                                      smartbo 10.03.2024, 09:54 Geändert 10.03.2024, 10:22
                                      über Viy

                                      Im Jahr 1835 hat der russisch-ukrainische Dichter Nikolai Gogol seine mystische Novelle „Viy“ (auch Wij, Vij, russisch : Вий ) veröffentlicht. Der Film basiert auf dieser Geschichte. Die titelgebende Figur Viy ist in der russischen Mythologie ein dämonisches Monster aus der Unterwelt, der „beste Freund“ der Hexen und der Anführer der Geister. Er sieht alles, und wenn ihm jemand in die Augen sieht, stirbt er.

                                      *** Der nachfolgende Abschnitt enthält Spoiler ***

                                      Wir sind in Russland im 18.Jahrhundert (meine eigene Schätzung). Der Klosterschüler Khoma (Leonid Kuravlyov) ist mit zwei Kommilitonen unterwegs. Sie verirren sich und übernachten bei einer alten Frau (Nikolay Kutuzov) auf ihrem Hof. Doch Khoma muss schnell feststellen, dass die Alte eine Hexe ist, die es auf Seelen der drei Schüler abgesehen hat. Er schlägt sie beinahe tot und flüchtet. Die dämonische Hexe liegt im Sterben und verwandelt sich eine wunderschöne junge Frau. Khoma flüchtet in die Klosterschule in Kiew und kehrt in sein normales Leben zurück. Dort bekommt er den Auftrag, für die schwer verletzte Tochter (Natalya Varley) eines Gutsherrn das Totengebet zu sprechen. Als er ankommt ist sie aber bereits tot. Khoma stellt zu seinem Entsetzten fest, dass es die Hexe ist, die er halbtot geschlagen hat. Aber auch die Hexe erkennt ihn und will sich rächen, in dem sie Dämonen und böse Geister beschwört, die ihn angreifen.

                                      *** Spoiler Ende***

                                      Viy ist ein gruseliges Volksmärchen. Und wie in viele Märchen ist die Handlung voller Metaphern. Der Film handelt nicht nur vom Kampf eines Priesters gegen eine dämonische Hexe und gegen die Geister. Im Mittelpunkt des Filmes steht die Religion, und es geht primär um den Widerstand gegen Versuchungen und die schwindende Frömmigkeit des Priesterschülers Khoma. Er ist feige und verstößt permanent gegen seine Priesterpflichten. Er raucht und säuft, sogar während der heiligen Messe. Er ist auch ein Frauenheld, und wenn er das leugnet, dann lügt er. „Möge Gott mich töten, wenn ich lüge“, sagt er und behauptet, dass er die Tochter des Gutsherrn noch nie zuvor getroffen hat. Aber er weiß, dass er sie tatsächlich erst ein paar Nächte zuvor getroffen und beinahe totgeschlagen hat. Khoma schlägt sich mit Ängsten herum und kämpft darum, dass sein perverses Innenleben unbemerkt bleibt. Doch Viy, das höllische Monster mit seinen großen, runden Augen sieht alles. Er ist gruselig, und sogar die einheimischen Vampire und Geister haben Angst vor ihm.

                                      Der Film beginnt ruhig und vermittelt in der ersten Hälfte ein gelungenes Bild der Versuche des Bösen, das Gute zu überwältigen. Eine atmosphärische Akzentuierung, die letztlich zum wichtigsten Setting führt: ein altes und prächtiges Kirchengebäude, das eine düstere Atmosphäre ausstrahlt. Ein idealer Ort und perfekte Atmosphäre für den Kampf zwischen den Armeen der Finsternis und dem Priesterschüler. Die Kirche ist prächtig ausgestaltet, mit Ikonen, die aus dem Schatten herabblicken. Ein Strom von Katzen und Vögeln jagen dem armen Khoma Angst ein. Es tauchen allerlei Kobolde und Dämonen auf, einige von ihnen kriechen die Wände der Kirche hinunter. Das Finale in der Kirche ist gruselig und bildet das Highlight des Filmes. Dann erscheint der König der Unterwelt Viy.

                                      Die Kirche ist nicht der einzige beeindruckende Schauplatz. Die Kulissen sind im gesamten Film außergewöhnlich aufgebaut und authentisch. Das Set-Design ist für die damalige Zeit einzigartig. Die gelungenen Schatten- und Lichteffekte und die emsige Kamera verleihen dem Film große Dynamik und verstärken das finstere Ambiente. Begleitet wird das schaurige Geschehen von einem effektvollen gruseligen Sound.

                                      Die im Film verwendeten Spezialeffekte sind etwas veraltet, aber tricktechnisch hat der Film einiges auf Lager, auch wenn das aus heutiger Sicht altmodisch wirkt. Die Filmemacher bedienten sich aller Tricks, um die Leinwand mit gruselig-grotesken Bildern zu überfluten. Es gibt eine Menge Untote, Vampire, einen fliegenden Sarg, eine fliegende Hexe und eine Menge andere Monster. Besonders das Make-up der Vampire und der Untoten lässt sich im Film sehen. Doch es gibt auch eine kleine Schattenseite. Der Viy selbst – das alles beherrschende Monster und der ultimative Geist des Bösen – ist eher eine enttäuschende Figur, als er endlich auftaucht.

                                      Fazit: Ein nostalgischer schauriger Grusel-Film, der eine düstere und märchenartige Atmosphäre bietet. Für seine Zeit handwerklich gut umgesetzt. Ein obskurer und sehenswerter Film, der eines Blickes absolut wert ist und auf jeden Fall mehr Beachtung verdient hätte. Bestens für alle Filmfreunde geeignet, die ab und an auch mal abseits des dominierenden Mainstreams unterwegs sind.

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                                        smartbo 08.03.2024, 09:46 Geändert 08.03.2024, 09:53

                                        Es ist das Jahr 1955. Wir befinden uns in den USA in der staubigen fiktiven Wüstenstadt namens Asteroid City. Der Kriegsfotograf Augie Steenbeck, (Jason Schwartzman), seine Kinder, die Schauspielerin Midge Campbell (Scarlett Johansson) und ein paar Astronomie-Freaks treffen sich hier, um an dem „Junior Stargazer Kongress“ teilzunehmen, in dessen Mittelpunkt die Erforschung des Weltraums und die Astronomie stehen. Zunächst läuft alles reibungslos, doch dann tritt ein Ereignis ein, das alle und alles verändert …

                                        In „Asteroid City“ zeigt der Regisseur Wes Anderson seine anarchisch surreale Welt, wie sie in seinen Filmen zu sehen ist. Der bizarre Mikrokosmos besteht hauptsächlich aus einer kleinen Stadt mitten in der Wüste, wo sich eine Reihe von Nerds und ihre Eltern zu einem Wissenschaftswettbewerb treffen. Eine absurde Kulisse, in der ausgesprochen exzentrische und skurrile Charaktere zu sehen sind. Der Film vermittelt den Eindruck, als ob die surreale Atmosphäre, in der der Film angesiedelt ist, etwas ganz Normales wäre.

                                        Der Film ist in einer einnehmenden Optik und in schönen hellen Pastellfarben gedreht. Inszeniert ist er als Theaterstück, was man in den dazwischengeschalteten Schwarzweiß-Passagen erfährt. Der Zuschauer sieht am Anfang eine leuchtende kaugummifarbene Umgebung und den Wüstenkaff „Astroid City“, wo die Handlung spielt. Die einzelnen Bauten, das Cafe, ein Motel, eine Tankstelle, das Forschungszentrum mit großen Satellitenschüsseln und einem Planetarium sind wie in einem Theater aufgebaut. Anderson erschafft eine bizarre Welt mit einer künstlichen und theatralischen Atmosphäre. Die Kamera ist gut und fängt jedes absurde Ereignis und jede auftretende Situation geschickt ein. Der Film zeigt eine ganze Reihe bekannter Namen in kleinen Rollen und oft nur für kurze Zeit. So sind Tilda Swinton, Willem Dafoe und Tom Hanks zu sehen. Und es gibt auch weitere prominente Gesichter: Edward Norton, Adrien Brody, Margot Robbie, Bryan Cranston und Jason Schwartzman. Eine besonders bemerkenswerte Rolle spielt Scarlett Johansson, die vorzüglich eine Filmdiva verkörpert.

                                        Und ich könnte jetzt über die Starbesetzung und Kinematographie noch weiter schreiben. Aber ich komme nun zu den kritischen Punkten. Genau wie in seinem anderen Filmen versucht Wes Andersons, verschiedene persönliche Geschichtchen und einzelne skurrile Szenen zu einem Ganzen zu verbinden. Das gelingt ihm aber nur mäßig. Es ist alles ziemlich komplex und kompliziert. Ein roter Faden ist wahrlich schwer zu erkennen, denn der Szenenwechsel ist ziemlich sprunghaft und kaum ineinander fließend. Der Film wechselt zwischen den einzelnen Metaebenen. Reales und Unwirkliches sind zu sehen. Ich denke, dass Wes Anderson in seinen Filmen die Bildung eines klaren Plots vernachlässigt und zu wenig bemüht ist, eine gut verständliche Geschichte zu präsentieren.

                                        Ein weiterer kritischer Punkt: „Asteroid City“ bietet nichts Neues oder Überraschendens. Man hat den Eindruck, dass Wes Anderson während seiner Karriere immer nur die gleiche Art von Filmen präsentiert, die von folgenden Merkmalen gekennzeichnet sind: 1.) die Optik ist grell, bunt, pastellfarben. 2.) die Inszenierung ist theaterartig 3.) der Plot setzt sich aus einzelnen erzählerischen Puzzleteilen zusammen 4.) es gibt ein großes Starensemble und 5.) skurrile Charaktere, schwarzhumorige Dialoge und das Retro-Design sind die weiteren Elemente. Immer nur dieselbe Soße, serviert zu einer dünnen Story. Sicher, der Film ist schön anzusehen, aber es sieht so aus, als ob Wes Anderson auf dem gleichen Level geblieben ist , ohne sich zu entwickeln. Er ist für seinen charakteristischen Stil bekannt, aber etwas Innovatives oder Anderes hat er mit „Asteroid City“ nicht auf den Tisch gebracht.

                                        Fazit: „Asteroid City“ stellt eine absurde, surreale, künstliche Welt dar, in der exzentrische Charaktere leben, die die bizarrsten Dinge verrichten. Ja, die Kulissen, der Cast, die Atmosphäre und die Optik lassen sich durchaus sehen. Aber ansonsten bietet der Film nichts Außergewöhnliches oder Bemerkenswertes. Alles in den vorherigen Anderson-Filmen schon x-mal gesehen. Der Plot ist nach meinem Geschmack zu mosaikhaft, die Geschichte als Ganzes deshalb nicht ganz einfach zu erkennen. Sehenswert dürfte er vor allem für Fans von Wes Anderson und Filmfreunde sein, die noch keinen „Wes Anderson“ gesehen haben und bei denen der Reiz des nicht Alltäglichen funktionieren könnte. Mich hat der Film enttäuscht.


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                                          smartbo 06.03.2024, 11:19 Geändert 06.03.2024, 15:49

                                          Sailor Ripley (Nicolas Cage) wird aus dem Gefängnis entlassen und will mit seiner Freundin Lula (Laura Dern) nach Kalifornien. Ihre Mutter Marietta (Diane Ladd) ist strikt dagegen und schickt einen Attentäter auf sie los, um Sailor loszuwerden. Nicht nur, weil er ihr ihre Tochter wegnimmt, sondern auch und vor allem, weil Sailor mehr über etwas weiß, das in der Vergangenheit passiert ist.

                                          Es ist ein abenteuerliches und romantisches Roadmovie, das aus einer Sammlung von Episoden der ziellosen Reise besteht, die die Protagonisten Sailor und Lula gemeinsam unternehmen. Hier und da wird die Geschichte zum besseren Verständnis mit einigen Rückblenden ausgeschmückt und mit Anspielungen auf den „Zauberer von Oz“ verknüpft, dem Film aus dem Jahr 1939. Im Mittelpunkt der Handlung steht die unverbrüchliche Liebe von Sailor und Lula zueinander, die sich immer wieder in heißem Sex und in geflüsterten oder laut ausgesprochenen Liebeserklärungen ausdrückt.

                                          Es läuft aber nicht alles reibungslos. Die böse Schwiegermutter ist ihnen dicht auf den Fersen, getrieben von Eifersucht und der Angst, dass ihre schmutzigen Geheimnisse ans Licht kommen. Diane Ladd spielt die fiese Schwiegermutter und stellt gekonnt ein hervorragendes Porträt dieser Figur dar. Doch sie ist unter den Bösen nicht alleine: es taucht der Teufel Bobby Peru auf, gekonnt gespielt von Willem Dafoe, gekleidet in eine Lederjacke, die ihm das Aussehen eines Zuhälters verleiht. Ein teuflischer Blick und ein teuflisches Lächeln, das faule Zähne enthüllt, runden das böse Bild ab. Er nutzt all seine Überredungskünste und versucht, Sailor von seiner geliebten Lula weg und in den Tod zu führen. Wie es sich für ein Märchen gehört, ist der Kampf zwischen Gut und Böse nicht so einfach. Denn was wäre ein Märchen ohne eine gute Fee, die Sailor erscheint? Und es stellt sich die brennende Frage, ob der Song „Love me Tender“ von Elvis Presley letztendlich etwas bewirken kann?

                                          Im Film sind abwechslungsreiche Kulissen zu sehen: trostlose Landschaften, ein romantischer Abendhimmel, eine laute Kneipe, ein Foyer aus Marmor, eine stinkende Toilette. Orte, an denen Blut fließt, aufregender Sex stattfindet, getanzt wird, heftig gestritten und Pläne ausgeheckt werden. Orte, an denen Freiheit gefeiert und Leben gelebt wird. Alles, was die beide Helden Sailor und Lula charakterisiert. Zwei Menschen werden unfreiwillig zu Helden, und alles, was sie wirklich wollen, ist, einander zu lieben. Im Kontrast dazu gibt es viele bizarre Bilder voller Gewalt, die obszön und düster sind und die die hässliche Welt zeigen.

                                          Nicolas Cage spielt den Sailor vortrefflich als äußerst sympathischen Menschen, dem man selbst die schlimmsten Missetaten verzeiht. Ein bemerkenswerter Charakter, dieser Seemann. Er macht seinem Namen alle Ehre, denn er navigiert gekonnt durch das Leben. Freiheit ist für ihn von größter Bedeutung. Seine Partnerin Laura Dern, die die Lula darstellt, ist die etwas unbedarfte Klischee-Blondine mit leuchtend roten Lippen, die von ihrem Ritter Cage aus den Fängen des Drachen und des Teufels gerettet werden soll. Und wie so oft in vielen Filmen ist der Ritter auf sich allein gestellt. Kann es da ein Happy End geben?

                                          Fazit: aus meiner Sicht ein gelungenes und originelles Werk von David Lynch. Ja, ein 90er, ein Film aus einem Jahrzehnt, in dem so viele tolle Filme gedreht wurden. Die Handlung ist nicht von Anfang bis zum Ende durchweg fesselnd, nein, aber der Film hat genügend von diesen typischen bizarren Lynch-Macken, die dies zu kompensieren vermögen. Im Vergleich zu seinen anderen Filmen ist dieser Lynch zugänglich, weil die Handlung relativ einfach verfolgt werden kann. Ein Lynch bei dem man sich einfach zurücklehnen und genießen kann.

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                                            Der Film ist das Prequel des Horror-Slashers „X“ von Ti West. Die Geschichte spielt im ländlichen Texas im Jahr 1918, Jahrzehnte vor den Ereignissen von „X“. Eine sehr junge Pearl (Mia Goth) lebt auf einer Farm mit ihrer strengen Mutter und dem gelähmten Vater. Ihr Mann kämpft im 1.Weltkrieg. Die Spanische Grippe wütet, und da sie ansteckend und tödlich ist, ist Pearl quasi auf dem Bauernhof eingesperrt. Pearl möchte jedoch dem Ort entfliehen und träumt von einem Leben als Filmstar. Um dies zu erreichen, ist sie zu allem fähig …

                                            Im Film dreht sich alles um die gleichnamige Titelfigur. Während ihr Mann in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs kämpft, bleibt sie bei ihren Eltern zurück. Sie hat kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Pearls völlig gelähmter Vater kann weder sprechen noch sich bewegen und ist auf ständige Pflege angewiesen. Er ist ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Die Mutter der Titelheldin ist eine verbitterte Frau, die ihren Frust an ihrer Tochter auslässt. Pearl ist einsam. Sie hat eine „Bindung“ zur Kuh Charly, Schaf Mary, Ziege Frances und Krokodil Theda. Pearl ist eine verträumte junge Frau auf der Suche nach Abenteuern in einer Welt, in der es Frauen nicht erlaubt ist, unabhängig zu sein. Dennoch beschließt Pearl, ihre Träume zu verwirklichen und an einem Tanzvorwettbewerb teilzunehmen. Doch ihre Mutter ist dagegen. Die Folgen sind katastrophal. Die inszenierten Morde sind gut aufgebaut und schlagen aufgrund ihrer Brutalität hart ein. Das Finale ist wirkungsvoll und bleibt noch Tage nach der Sichtung im Gedächtnis haften.

                                            „Pearl“ ist weniger ein Horrorfilm als vielmehr eine Charakterstudie. Es ist ein Film über Einsamkeit und familiäre Bindungen. Der Film ist vor allem ein Film von Mia Goth. Die Schauspielerin trägt diesen Film mit Überzeugung und porträtiert einen äußerst vielschichtigen Charakter. Pearl ist naiv, aber auch gefährlich und unberechenbar. Sie ist verletzlich, aber auch rücksichtslos und hart. Es macht Spaß, Mia Goth zuzuschauen, wie vorzüglich sie den komplexen Charakter der Figur Pearl porträtiert. Ihr Charakter ist ambivalent und weist mehrere Facetten auf. Pearl ist nicht nur schlecht und auch nicht nur gut. Bei ihr ist immer mit einer Überraschung zu rechnen.

                                            Fazit: Pearl ist kein typischer Horrorfilm. Es ist eher ein straff inszeniertes Drama und das Psychogramm einer Psychopathin. Positiv bewerte ich die authentischen Kulissen, die überzeugende Atmosphäre, die handwerklich gut ausgearbeitete Inszenierung sowie insbesondere die gute schauspielerische Performance. Die Handlung ist mittelmäßig, aber eine Sichtung lohnt sich allein schon wegen des tollen Schauspiels von Mia Goth.

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                                              smartbo 28.02.2024, 10:34 Geändert 28.02.2024, 10:38
                                              über X

                                              Es ist der erste Film aus der Horror-Trilogie des Regisseurs Ti West. Die Filmreihe lässt sich im Großen und Ganzen in das Genre Horror/Slaher/Drama einordnen. Der zweite Teil „Pearl“, (Kommentar von mir folgt in Kürze), der im Jahr 1918 spielt, ist das Prequel und schildert das Leben der jungen Pearl, die in dem von mir hier kommentierten 1. Teil „X“ eine alte, 80jährige Frau ist und die Gastgeberin auf der Ranch spielt. Der dritte Teil, das Sequel „Maxxxine“, ist in den 1980er Jahren angesiedelt und erzählt das weitere Leben von Maxine in Los Angeles. In allen drei Teilen spielt Mia Goth die Hauptrolle. „Maxxxine“ ist per dato noch nicht auf dem Markt. Einen offiziellen Veröffentlichungstermin gibt es nicht, aber der Film soll im Jahr 2024 erscheinen.

                                              Worum geht es? Wir sind im Jahr 1979 in den USA. Ein Filmteam, das aus Amateuren besteht, kommt auf einer abgelegenen Ranch in Texas an, um einen Pornofilm zu drehen. Ihre Gastgeber sind ein zurückgezogen lebendes älteres Ehepaar. Als die Nacht hereinbricht, nimmt das Interesse der Gastgeber an den jungen Menschen ungewöhnliche Züge an …

                                              „X“ ist ein Mix aus Horror und Slasher mit dramaturgischen Akzenten. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe von Filmschaffenden, die einen Pornofilm drehen. Es gibt also einige Sexszenen zu sehen, die allerdings nicht besonders bemerkenswert oder gar erotisch sind. Im Kern erzählt der Film eine einfache Geschichte, wie sie in vielen anderen Filmen geschildert wird: eine Gruppe von Menschen ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Es ist viel blutige und brutale Gewalt zu sehen. Also, nichts Besonderes. Das hat man ja schon in zahlreichen anderen Filmen gesehen.

                                              Der Film verrät bereits zu Beginn, dass die Geschichte nicht für alle Charaktere gut enden wird. Der Handlungsverlauf erweckt dennoch von Anfang an Neugier. Es dauert aber einfach sehr lange, und zwar fast eine Stunde, bis es zu den ersten spannenden Szenen kommt. Das ist bei neueren Slashern ungewöhnlich. Bis dahin nimmt sich der Film in der Einführung die Zeit mit der Skizzierung der uninteressanten Charaktere und der Schaffung einer düsteren, bedrohlichen und unheilvollen Atmosphäre.

                                              „X“ ist stilistisch durchaus gut gelungen. Die Bilder entsprechen den 1970er Jahren, einer Zeit, in der die Geschichte spielt. Die Kameraperspektiven sind sehr variabel und tragen sicherlich zu der verstörenden Atmosphäre bei. Audiovisuell ist der Film durchaus interessant und spannend, storytechnisch jedoch weniger. Die schauspielerische Leistung ist insgesamt in Ordnung. Mia Goth, (die Ehefrau von Shia LaBeouf,) in der Rolle der Maxine und der alten Pearl sticht mit ihrer top Performance hervor. Die Maskierung der alten Pearl ist im Film vortrefflich gelungen. Dass eine junge Frau hinter der Maske steckt, ist gar nicht erkennbar.

                                              Fazit Der Film hat eine durchaus gelungene bedrohliche Atmosphäre, lässt den Zuschauer aber sehr lange auf die fesselnden Momente warten. Unter dem Strich ist der Film für mich durchschnittliche Stangenware. Nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut. Er bietet nichts Innovatives oder Außergewöhnliches, denn eine solche Geschichte hat man schon eben „X“-mal (Wortspielchen) gesehen. Für ein „Geht so“ reicht es bei mir aus. Den 3. Teil der Trilogie „Maxxxine“ werde ich mir aus Neugier aber auf jeden Fall anschauen.

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                                                *** SPOILER Anfang ***
                                                Ben (Jeremy Irvine) ist Deputy und arbeitet auch als Jagdführer in der Mojave-Wüste im Südwesten der USA. Hier trifft er Madec, (Michael Douglas) einen wohlhabenden, zum Kotzen arroganten Kunden und unsympathischen Fiesling, der eine Erlaubnis zur Jagd auf geschützte Schafe hat. Er ist ein reicher Geschäftsmann, der es gewohnt ist, kaufen zu können, was er will. Während der Jagd macht Madec jedoch einen großen Fehler und erschießt versehentlich einen Mann. Er setzt alles daran, Ben davon zu überzeugen, den Unfall zu verheimlichen. Als Ben damit nicht einverstanden ist, muss er vor Madec fliehen …
                                                *** SPOILER Ende ***

                                                Der Film beginnt gut, liefert aber schnell viele unglaubwürdige Szenen, was am Ende des Filmes seinen Höhepunkt erreicht. Als Zuschauer ist man etwas irritiert und fragt sich, was man da eigentlich Unpassendes gesehen hat. Überwiegend herrscht hier Langeweile und die Handlung ist voller unrealistischer Klischees. Aber nicht alles an dem Film ist schlecht. Die Wüste ist ein großartiger Ort für das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Ben und Madec und es werden auch originelle Orte erdacht, an denen Ben sich verstecken kann. Stellenweise ist der Film spannend. Leider folgt oft ein weiteres unglaubwürdiges Ereignis, das die Spannung und vor allem die Authentizität zerstört. So schön und einnehmenden die Kulissen und die starke schauspielerische Leistung von Michael Douglas auch sind, das kann leider nicht verhindern, dass der Film sehr mittelmäßig ist.

                                                Fun-FACT:… ähhh,…hmmm,… der Protagonist Madec fährt doch im Film einen protzigen SUT (Sport-Utility-Truck- Geländewagen) von Mercedes. Oder ? Ja, das stimmt. War der Film jetzt ein Mercedes-Spot für den Mercedes G63 AMG 6x6? Und auch noch mit einem echten Stuttgarter Kennzeichen S und dem Länderkennzeichen D ? Ja, das stimmt auch. Neee, neee, diese Schleichwerbung hätte man aber ruhig etwas unauffälliger präsentieren können. :-D

                                                Fazit: Mittelmäßiges Katz- und Mausspiel, das weitgehend unrealistisch ist. Für Fans von Michael Douglas ist der Film einer Empfehlung wert. Allzu hohe Erwartungen sollte man aber nicht haben. Bei mir reicht es für eine gute Wertung nicht aus.

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                                                  smartbo 18.02.2024, 11:01 Geändert 18.02.2024, 13:50

                                                  In Österreich, um das Jahr 1700, reist der fanatische Hexenjäger Graf Cumberland (Herbert Lom) von Dorf zu Dorf auf der Suche nach Menschen, die der Hexerei oder Teufelsanbetung verdächtigt werden. Oftmals werden unschuldige Menschen brutal gefoltert, bis sie den Schmerz und die Demütigung nicht mehr ertragen können und schließlich ein „Geständnis“ ablegen. Sein junger Lehrling Christian (Udo Kier) beginnt allmählich an der Gerechtigkeit der Hexenjagd zu zweifeln, doch als er versucht, gegen seinen Meister zu rebellieren, ist es bereits zu spät ...

                                                  Zu Beginn des Films erscheint der Hinweis, dass der Film auf wahren Begebenheiten basiert. Es ist eine Behauptung, die weder bewiesen noch geleugnet werden kann, aber beim Zuschauen setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass man diese Aussage mit Vorsicht genießen sollte. Der Film ist eindeutig ein Exploitation-Film, der nur der Sensation dient. Es geht um Gewalt, Folter und Mord. Die historische Authentizität ist hier minimal.

                                                  Der Film beginnt idyllisch mit schönen Landschaftsbildern, begleitet von passenden musikalischen Klängen. Doch das dauert nur kurz. Die friedliche Atmosphäre ändert sich und eine einfache Handlung beginnt, die lediglich als Füllmaterial fungiert und die Gewaltszenen zusammenhält. Keine einzige Raffinesse in Sicht und die Exzesse fliegen nur so über den Bildschirm. Hier und da erlebt man situative Spannungsmomente, und partiell sind die Folter- und Gewaltszenen durchaus überzeugend umgesetzt.

                                                  Aber es ist der pure Voyeurismus. Dennoch sieht man im Film einige wenige kritische Töne. Das ist aber sehr subtil, denn es sind nur kurze Bemerkungen, die nicht tiefgründig ausgearbeitet sind. So werden die totalitären Machtverhältnisse, die einseitige Justiz und die Rolle der Kirche als Teil der Gewaltspirale kritisch angedeutet. Naja, in jedem Fall ist es positiv, solche Dinge anzusprechen, auch wenn es mit der stumpfen Axt geschieht.

                                                  Fazit: Bei meiner Kritik geht es mir nicht darum, einseitig nur die Gewalt im Film anzuprangern. Nein, keineswegs. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Gewalt in Filmen, denn sie ist ein Teil der Menschheitsgeschichte und der gesellschaftlichen Realität. Sie sollte jedoch eingebettet sein in eine gut ausgearbeitete und glaubwürdige Handlung. Oder der Film sollte ansonsten andere Vorzüge bieten, die die Wertung positiv beeinflussen können. Dies ist hier nicht der Fall, denn davon ist der Film Lichtjahre entfernt. „Hexen bis aufs Blut gequält“ ist vielmehr ein einseitig gewalttätiger, banaler und schmuddeliger mit der Intention inszenierter Film, voyeuristische Gewaltorgien zu präsentieren. Das ist mir zu billig.

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                                                    smartbo 16.02.2024, 10:41 Geändert 19.02.2024, 18:47

                                                    Wir sind in England im Jahr 2006. Der schüchterne Student Oliver Quick (Barry Keoghan) studiert an der Oxford-Universität, hat jedoch Probleme, sich dort einzuleben. Er freundet sich mit dem Kommilitonen Felix Catton (Jacob Elordi) , einem Aristokraten, an, der ihn einlädt, seine Familie in Saltburn zu besuchen. Hier entpuppt sich Olivers wahrer Charakter, der manipulativer und intriganter sein kann, als man es vermuten könnte. Was folgt, ist ein ereignisreicher Sommer auf dem riesigen Anwesen dieser exzentrischen Familie …

                                                    „Saltburn“ , inszeniert von der Regisseurin Emerald Fennell, ist eine Mischung aus Psycho-Thriller und pechschwarzer Komödie. So wechseln sich düstere Szenen mit humorigen Szenen ab. Im Grunde genommen dreht sich die Geschichte um die Beziehung zwischen zwei sozialen Klassen. Oliver, der aus einfachen sozialen Verhältnissen stammt, passt nicht gut in die Elite von Oxford und er passt auch nicht gut in die Umgebung der wohlhabenden Familie. Er wird geduldet, gehört aber nicht wirklich zu der Schickeria. Daraus könnte man folgen, dass es ein Sozialdrama ist. Das ist der Film jedoch nicht. „Saltburn“ erinnert viel mehr an den koranischen Film „Parasite“, in dem eine arme Laus zufällig in das Haus reicher Leute eindringt.

                                                    Der Film baut die Geschichte auf einer impliziten Frage auf: Wer nutzt eigentlich wen aus? Ist Oliver ein Parasit oder ist es die Familie, die Geld verdient, ohne sich die Hände schmutzig zu machen, und andere für sich arbeiten lässt ? Diese Frage ergibt einen ziemlich unterhaltsamen Film. Der Film erlaubt sich hier und da ein paar einfache Wendungen einzubauen, die allerdings leicht vorhersehbar sind, was vor allem für das Ende gilt.

                                                    Barry Keoghan in der Rolle des Oliver leistet einen super Job. Sein Charakter ist komplex. An einigen Stellen empfindet man als Zuschauer Sympathie für ihn und an anderen Stellen ruft er Unbehagen hervor. Mir hat er schon in "The Banshees of Inisherin" und in "The Killing of a Sacred Deer" sehr gut gefallen. Eine weitere bemerkenswerte Rolle ist die von Richard E. Grant als Familienoberhaupt. Der Kopf der Familie ist eine lustige Figur, die von Grant prima gestaltet wird. Auch die anderen Haupt- und Nebenrollen sind okay. Tolle Charaktere, in einer guten Geschichte. Das Einzige, was man an dem Film bemängeln könnte, ist die etwas lange Laufzeit von 130 Minuten, die zu teils sehr langen Szenen einlädt und etwas kompakter hätte entwickelt werden können. Ca. 30 Minuten weniger hätten dem Film wirklich gut getan.

                                                    Fazit: Die Meinungen über den Film gehen auseinander. Nun, wie sehe ich ihn in der Zusammenfassung? Der Film fängt gut an, flacht dann aber zum Ende hin etwas ab. Kein Meisterwerk, aber sicherlich eines Blickes Wert, was primär den guten Schauspielern, der interessanten Storyline und dem guten Unterhaltungswert zu verdanken ist. Vor allem Barry Keoghan in der Hauptrolle zeigt mal wieder, dass er ein erstklassige Schauspieler ist.

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