smartbo - Kommentare

Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 23.04.2023, 09:13 Geändert 23.04.2023, 11:02

    Wir sind in den 1960er Jahren in einer wohlhabenden Kleinstadt in Connecticut. Als Ned Merrill, ein alternder Junggeselle, an einem hellen Sommertag bei gutsituierten Freunden zu Hause auf einer Party auftaucht, hat er plötzlich eine verrückte Idee. Er will in Etappen durch die Schwimmbecken der umliegenden Häuser zu seinem weit entfernten Zuhause schwimmen. Seine Reise von Schwimmbad zu Schwimmbad macht den Film zu einer Art Roadmovie, in dem der Protagonist viele mit einem Swimmingpool ausgestattete Gärten besucht und in dem er Begegnungen mit alle möglichen Leuten hat, die ihn alle kennen. Überall, wo er anhält, trifft er auf ein Ereignis aus seiner Vergangenheit …

    In der ersten ½ Stunde sieht der Film wie ein durchschnittlicher Hollywood-Klassiker aus. Sonnendurchflutete Bilder und wunderschön angelegte Gärten in Villen mit Swimmingpools, umgeben von Angehörigen der Oberschicht, die den American Dream erreicht haben, lassen die heuchlerische und verlogene Scheinwelt im Glanz erscheinen, die sich jedoch als Fassade entpuppt. Allmählich wird der sonniger Tag immer trüber und die Menschen immer unfreundlicher. Subtil entlarvt der Film die Dekadenz der wohlhabenden Oberschicht. Und was anfangs nach einem harmlosen und lustigen Film aussieht, entwickelt sich rasch zu einem tieftraurigen Drama.

    Die Heimreise ist eine Reise durch die Vergangenheit. Der Protagonist, Ned Merrill, ist während des gesamten Films nur mit Badehose bekleidet. Er begegnet Menschen aus seiner Vergangenheit, die ihm trotz seines überschwänglichen und offenen Charakters überrascht, distanziert oder sogar feindselig begegnen. Der Kontrast zwischen Neds Erfahrungen und der Erfahrung der Menschen, denen er begegnet, enthüllt eine verborgene Vergangenheit. Es ist etwas Geheimnisvolles, das dem Film langsam die Leichtigkeit nimmt und sie durch Düsterkeit ersetzt. Die Tragik der Geschichte drückt sich in der Unschuld von Merrill aus, der nicht merkt, wie unbequem er bei seinen Begegnungen ist und nicht erkennt, dass sich sein ideales Weltbild geändert hat. Der Film erzeugt zunehmend eine Atmosphäre von Spannung und Unruhe.

    Nicht nur die Handlung des Films ist besonders. Gleiches gilt für das brillante Schauspiel des Protagonisten. Lancaster spielt seinen Charakter als aufgeregtes Kind. Auffallend ist auch der Einsatz des Sounds, der passend eingesetzt wird, auch wenn er teilweise etwas aufdringlich wirkt. Und da sind noch die Locations, die an dekadente Römerzeiten erinnern. Es fühlt sich alles sehr unwirklich, exzentrisch und surreal an. Das Fundament diese Filmes bildet die hervorragende Besetzung. Lancaster ist hier natürlich ganz vorne. Auch die Nebencharaktere sind sehr gut. Positiv ist mir auch die emsige Kamera aufgefallen, die durch viele Drehungen und Zooms überzeugend dazu beiträgt, die zunehmend beunruhigende und düstere Atmosphäre zu vermitteln.

    Der Film ist auch eine Allegorie. So ist z.B. der Swimmingpool das Statussymbol für den amerikanischen Traum und steht für die egoistische wohlhabende Gesellschaft, die frei von moralischen Werten und Empathie ist, und die auf Probleme von anderen Menschen mit Abwehr und Interesselosigkeit reagiert. Primär ist es ein Drama. Aber es ist auch ein Stück politischer Film, der das reiche amerikanische Bürgertum persifliert und eine Entmythologisierung des American Way of Life verfolgt.

    Fazit: Es ist ein außergewöhnlicher Film, der -weit von Hollywood entfernt- insbesondere mit seiner originellen und andersartigen Geschichte auffällt. Wer nur auf Unterhaltung, Action oder Spannung steht, ist hier falsch. Wer aber offen für nicht alltägliche Filme ist, die dann noch mit einer subtilen Gesellschaftskritik angehaucht sind, der kann ruhig mal einen Blick riskieren. Aus meiner Sicht lohnt es sich.

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      smartbo 21.04.2023, 11:08 Geändert 21.04.2023, 13:29

      Wir schreiben das Jahr 1866. Der ehemalige Bürgerkriegsveteran Benjamin Trane (Gary Cooper) und der Outlaw Joe Erin ( Burt Lancaster) schließen sich zusammen und bieten ihre Dienste den Meistbietenden an. Sie werden in Mexico von Kaiser Maximilian beauftragt, die Herzogin Marie Duvarre durch aufständisches Gebiet in die Hafenstadt Vera Cruz zu eskortieren. Doch dann erfahren Trane und Erin, dass die Herzogin in ihrer Postkutsche eine Ladung Gold im Wert von drei Millionen Dollar transportiert. Aber nicht nur die beiden wissen, dass sich in der Postkutsche viel Gold befindet ….

      Der amerikanische Bürgerkrieg ist vorbei. Zeit für Glücksritter, in anderen Gegenden Zuflucht zu suchen. In Mexiko zum Beispiel, wo es politisch brodelt. Der Anfang des Films schildert, wie Trane und Joe sich zufällig begegnen. Sie testen sich, beobachten sich gegenseitig und entscheiden unabhängig voneinander, dass sie ein gutes Team abgeben. Diese Einführung ist gut inszeniert und von Gary Cooper und Burt Lancaster super gespielt. Und das setzt sich im Rest des Films fort. Der Film ist ein Abenteuerfilm, aber nicht von der eindimensionalen Sorte. Allmählich schleichen sich Aspekte wie Moral, Egoismus und Pragmatismus in den Film ein. Der Zuschauer ist gezwungen, seine Haltung gegenüber Cooper und Lancaster ständig anzupassen, denn sie kämpfen nicht für eine gute Sache. Ihnen geht es primär darum, schnelles Geld zu machen.

      Die beiden Protagonisten bieten ein brillantes Schauspiel. Lancasters zynisches Grinsen dominiert im Film. Manchmal verrät das Grinsen ein unbändiges Selbstbewusstsein und manchmal ist es eine teuflische Hinterlist. Und manchmal entdeckt man auch einen soziopathischen Charakterzug. Das Grinsen unterstreicht den Blick eines Mannes, der seine Freude am Betrug, Gewalt und Tod hat, solange er nicht selbst das Opfer wird. Gegenüber Lancaster steht der stattliche Gary Cooper mit seinen guten Manieren. Die moralische Ambivalenz ist ihm deutlich anzusehen. Wie Lancaster ist er weder gut noch schlecht. Er drückt es nur anders aus. Beim Anblick von Cooper besteht Hoffnung auf mehr Güte und weniger Gleichgültigkeit. Diese Hoffnung fehlt beim Blick auf Lancaster. Lancasters Charakter sagt es, warum. In Nebenrollen sieht man Ernest Borgnine und Charles Bronson, die hier allerdings nicht besonders auffällig sind.

      Fazit: ein schöner Klassiker, der mir viel Vergnügen bereitet hat. Die ziemlich einfache, aber gut ausgearbeitete und kurzweilige Geschichte, der top Cast, die prima Inszenierung sowie die schönen mexikanischen Landschaftsbilder machen den Film zu einem sehenswerten Filmerlebnis. Trotz seines hohen Alters ist er einer Empfehlung wert.

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        smartbo 18.04.2023, 11:42 Geändert 18.04.2023, 19:05

        Vier Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren wohnen in einer norwegischen Hochhaussiedlung und spielen in den Sommermonaten oft zusammen. Eines Tages geschehen geheimnisvolle Dinge und die Kinder entfalten mysteriöse Kräfte. Es ist, als würde sich ihnen eine geheime, neue Welt eröffnen, in der unerklärliche und erschreckende Ereignisse geschehen …

        In diesem norwegischen Film besitzen die Kinder übernatürliche Eigenschaften. Die Existenz dieser Kräfte wird von den Kindern nicht als ungewöhnlich empfunden, sondern eher wie eine lustige und feststehende Tatsache. Die Fähigkeiten bleiben den Erwachsenen verborgen, die in diesem Film kaum eine nennenswerte Rolle spielen. Der Film geht daher nicht auf die Suche nach einer Antwort auf die Frage ein, woher diese verborgenen Fähigkeiten kommen. In der Welt des Horrors und Mysteriums gibt es z.B. oft entweder eine alte Schrift oder einen alten Exzentriker, die mehr Licht ins Dunkel bringen kann. Das passiert hier nicht.

        Der Film hat es nicht eilig, die Geschichte zu erzählen. Er nimmt sich viel Zeit, um die Familie der jungen Protagonistin Ida zunächst näher heranzuzoomen. Eine Familie, in der das Hauptaugenmerk auf Idas autistischer Schwester Anna liegt. Die dezente Einführung in die Familie verursacht beim Zuschauen ein ungutes Gefühl. Im Film wird die Atmosphäre mit jeder neuen Szene beklemmender und bedrohlicher. Und diese bedrohliche Stimmung steigt bis zum Ende, in dem sich die Spannung entlädt. Ein Showdown, der ruhig und alles andere als spektakulär abläuft. Und das ist charakteristisch für den Film, der seine Atmosphäre mit farblos coolen Bildern, einem düsteren Sounddesign, hier und da einem Spezialeffekt und mit dem guten Schauspiel der vier jungen Darsteller einfängt. Das ist dem Film vorzüglich gelungen.

        Die Balance zwischen Unschuld und Abgrund der Kinder ist perfekt dosiert und erinnert daran, dass Kinder unter ihrer unschuldigen Oberfläche ziemlich brutal sein können. Der Film zeigt, dass ein Horrorfilm nicht immer eine düstere gruselige Kulisse und ein beißendes blutiges Monster braucht, um dem Betrachter Schauer über den Rücken zu jagen. Dies kann auch mit minimalen Mitteln erfolgen. Subtil zeigt der Film, wie dicht das Gute und das Böses beieinander liegen.

        Fazit: ein subkutaner und böser Horror-Thriller, der es versteht, mit einfachen Stilmitteln, den Zuschauer zu fesseln. Der düstere Soundtrack, die unheimliche Stille, die unschuldig wirkenden und gruseligen Kinder, der Verlauf der fiesen Geschichte sorgen fast zwei Stunden für Spannung und Unbehagen. Das Grauen wird mit der ständigen Bedrohungsatmosphäre und dem Schauspiel der Kinder erzeugt, die eine prima Performance bieten. Daumen hoch. Top Film.

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          smartbo 09.04.2023, 10:46 Geändert 09.04.2023, 14:11

          Es ist das Jahr der Wahl zum Amt des Bürgermeisters in Gotham City. Ein Serienkiller (Paul Danno), der Riddler, ist in Gotham unterwegs. Erst stirbt der Bürgermeister, dann noch einige prominente Bürger aus Gotham-City. Einer nach dem anderen werden von der mysteriösen Gestalt getötet. Dabei lässt der Killer bei jedem Mord ein an Batman (Robert Pattinson) gerichtetes Rätsel zurück. So wird es Batmans Mission, zusammen mit dem Polizisten Lt. James Gordon (Jeffrey Wright), herauszufinden, wer dieser Bösewicht ist ….

          Eine der Stärken des Filmes ist der Cast. Robert Pattinson spielt seine Rolle top und ist DER Batman. Ein Mann, der materiell alles hat, was die Welt zu bieten hat, aber gleichzeitig jemand, der sich in derselben Welt eher unbeholfen verhält. Colin Farrell, -so maskiert, dass man ihn man kaum erkennen kann,- als Penguin und Paul Dano als Riddler bieten ebenfalls eine starke Leistung. Auch große Namen wie John Turturro und Zoe Kravitz als Catwoman sind dabei und dürfen nicht unerwähnt bleiben, da sie ebenso eine starke Performance liefern.

          „The Batman“ ist kein gewöhnlicher Superhelden-Actionfilm. Der Film ist vielmehr ein Mix aus Action und Krimi mit Thrillerelementen. Batman übernimmt die Rolle eines Superdetektivs, der mit Lt. James Gordon einen geistesgestörten Serienmörder jagt. Das Ambiente des Films ist finster. Schon mit der prima inszenierten bedrückenden Batman-Atmosphäre, den top Actionszenen, gelungenen CGI-Effekten und den vortrefflichen Charakterzeichnungen ist das Unterhaltungsniveau des Filmes hoch.

          Die Detektivarbeit, die einen großen Teil der Handlung ausmacht, ist leider etwas enttäuschend. Die Rätsel des Riddlers sind sehr schnell gelöst und hätten durchaus mehr Spannung erzeugen können. Und so wird die etwas zu geringe Ausarbeitung der Rätsel mit zu viel Aufwand für andere Dinge verwendet. Gemeint ist der Sound, der permanent sehr präsent, manchmal zu aufdringlich und teilweise unpassend wirkt. Warum z.B. bei einem harmlosen und nicht gerade beeindruckendem Dialog im Hintergrund das wunderbare Piano Concert No. 5 von Beethoven läuft, erschließt sich mir nicht. Naja, ich möchte zwar diesen Punkt nicht zu einem Problem stilisieren, aber mein 100%iges Gefallen hat die musikalische Ausgestaltung im Film nicht gefunden. Das Finale ist gut, aber meines Erachtens wurde es zu sehr gestreckt. In der Gesamteinschätzung hat der Film aber trotz der paar kritischen Worte bei mir insgesamt einen guten Eindruck hinterlassen.

          Fazit: „The Batman“ ist eine interessante und eine etwas andere Interpretation der bekannten Geschichte. So ist neben der obligatorischen Action deutlich eine Krimi-Akzentuierung zu erkennen. Die starke Besetzung, die Jagd nach einem Serienmörder, die Action und die überzeugende düstere Atmosphäre sorgen unter dem Strich für eine spannende Unterhaltung. Ein guter Batman, aber ein super Batman-Film ist es jedoch nicht. An die herausragende Batman- Trilogie von Nolan kommt er qualitativ nicht ganz heran.

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            smartbo 07.04.2023, 10:20 Geändert 25.06.2023, 16:55

            Der britischer Abenteurer Ed Stafford begibt sich in dieser aus 3 Staffeln bestehenden Reality-Survival-Serie auf gefährliche Expeditionen und Überlebenstrips, bei denen er immer wieder sein Leben riskiert. Seine Aufgabe besteht darin, zehn Tage lang an einem extremen und abgelegenen Ort der Welt, ohne Werkzeug, Wasser und ohne Nahrung nicht nur zu überleben, sondern auch darin, sich ein gutes Leben aufzubauen.

            Ed Stafford reist ganz alleine und, -ausgestattet mit kleinen Kameras-, filmt sein Abenteuer selbst, ohne Kameraleute. Es ist stets eine große physische, mentale und psychische Herausforderung. Im Ernstfall bleibt nur zu hoffen, dass er den „Erste- Hilfe-Koffer“ und das Satellitentelefon nicht benötigt, mit dem er ein Rettungsteam rufen kann, wenn es lebensbedrohlich wird. Aber immer dann, wenn etwas schief geht, versucht er, selbst eine Lösung zu finden und riskiert lieber sein Leben.

            Man muss nicht gerade Fan von Survival-Serien sein, um Gefallen an seinen Abenteuern zu finden und Respekt für Stafford zu entwickeln. Mit seinen Überlebensfähigkeiten, die er sich angeeignet hat, versucht er immer als erstes, Wasser und Nahrung zu finden. Und das erweist sich in den Gebieten, in denen er abgesetzt wird, oft als sehr schwierig. Von dem Überlebenskampf in der Sonora-Wüste in Arizona, Trekking durch trockenes, ausgedörrtes Buschland in Namibias, oder der Eroberung der zerklüfteten Bergkette bei Minusgraden in der Mongolei, dies sind nur einige Orte, an denen er seine Überlebenskünste bewiesen hat.

            Sein größtes und härtestes Abenteuer war aber zweifellos der 60-tägige Aufenthalt auf der winzig kleinen, unbewohnten Fidschi-Insel Olorua, auf der er ganz alleine, ohne Werkzeug, Kleidung, Wasser, Nahrung, nur mit Kameras ausgestattet, abgesetzt wurde. Er hat es geschafft, die 60 Tage nicht nur zu überleben, sondern mit bloßen Händen sich auch ein gutes Leben aufzubauen. Das Notendige zu verschaffen, um zu überleben, war für Stafford schon sehr hart. Was allerdings vorhanden war, war Plastikabfall, der sich mit der Strömung auf einer Seite der Insel zuhauf angesammelt hat. Die erste Staffel mit 3 Episoden zeigt, wie er es geschafft hat, dort zu überleben.

            Stafford kann eine Angelschnur aus Pflanzen herstellen, mit bloßen Händen, nur mit dem, was die Natur zu bieten hat, ohne Werkzeuge, eine Unterkunft bauen, eine Falle aus Stöcken und Steinen aufstellen, und ohne Hilfsmittel, wie die Steinzeitmenschen, Feuer machen. Und was die Nahrung anbetrifft, ist er nicht wählerisch. Zur Not, wenn es nichts anderes gibt, isst er lebende Käfer, Würmer, Mäuse, Kaulquappen, einen Skorpion oder sogar eine hochgiftige Vogelspinne hat er auch schon verputzt. Er hat von der Geografie seines Ablageortes keine Ahnung, so dass eine Vorbereitung nicht möglich ist.

            Ed Staffords Reisen sind nicht nur gute Unterhaltung, sie sind auch dazu geeignet, das Bewusstsein der Menschen für Umweltprobleme zu schärfen. So sehen wir z.B. in allen Folgen, dass Stafford stets mit dem wichtigsten Problem konfrontiert wird: wo gibt es hier Wasser. Das gleiche gilt für die Nahrung. Die Serie zeigt sehr deutlich, wie wertvoll natürliche Ressourcen sind, die für uns so selbstverständlich geworden sind. Wir drehen ja ganz einfach den Hahn auf, um Wasser zu bekommen. Wie wertvoll und gar nicht so selbstverständlich Wasser ist, das haben wir längst verlernt. Und die Serie zeigt auch, wie klein wir Menschen im Angesicht der übermächtigen Natur sind.

            Offenbar haben wir den Bezug zur Natur und unserer Umgebung verloren. Dem modernen Menschen fehlt diese Fähigkeit, weil die Zivilisation es vorschreibt, dass wir einen Beruf erlernen, arbeiten, Geld und materielle Dinge anhäufen, und uns mit unserem Laptop beschäftigen. Respekt vor der Natur haben wir, von der Zivilisation verwöhnten und verhätschelten Menschen, schon längst nicht mehr.

            Fazit: Eine prima Serie mit tollen Bildern und authentischen Szenen, die den Zuschauer in die abgelegenste Wildnis mitnimmt und top Unterhaltung bietet. Empfehlenswert nicht nur für alle Outdoor-, Survival- und Wildnis-Freunde.
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            Für alle, die Interesse haben, der Sendehinweis: die 3 Folgen, die den 60-tägigen Aufenthalt von Ed Stafford auf der Fidschi-Insel Olorua schildern, werden auf dem Sender Discovery am 10.4.23 gesendet. Diese drei Episoden sowie einige seiner Abenteuer sind auch auf YouTube verfügbar, teilweise jedoch in gekürzter Fassung.

            YouTube: Ed Stafford 60 Tage lang auf der unbewohnten Fidschi-Insel Olorua
            Folge 1: https://www.youtube.com/watch?v=9dAKLZiBhiE&t=913s
            Folge 2: https://www.youtube.com/watch?v=N9j1ClGbcdc&t=969s
            Folge 3: https://www.youtube.com/watch?v=loruZyMQB1Q&t=97s

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            • smartbo 04.04.2023, 12:30 Geändert 04.04.2023, 16:44

              Danke an die Organisatoren für die Mühe. Solche Aktionen bereichern das Leben hier auf MP, und sind immer gerne gesehen, auch wenn nicht jeder seine Nominierungen in den Endergebnissen finden wird. Aber so ist das, die Geschmäcker sind halt verschieden. Gut so. :)

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              • 5 .5
                smartbo 04.04.2023, 10:53 Geändert 04.04.2023, 10:56

                Bei meinen Sehgewohnheiten ist Genrevielfalt für mich wichtig. Von daher habe ich mir diesen berühmten Klassiker hier vorgenommen. Nach all den positiven Stimmen war dieser von Rossellini im neorealistischen Stil gedrehter schwarz-weiß Film für mich aber etwas enttäuschend. Ich habe mehr erwartet. Dies schon mal vorweg.

                Worum geht es ? Die Litauerin Karin (Ingrid Bergmann) lebt nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Flüchtilingslager in Italien. Ihr einziger Ausweg aus der Misere rauszukommen, ist die Heirat mit dem italienischen Soldaten Antonio, der in sie verliebt ist. Antonio lebt jedoch auf der Insel Stromboli, wo es für Karin schwierig ist, sich anzupassen. Sie fühlt sich aufgrund des Sprachproblems einsam und auch ständig vom Vulkan auf der Insel bedroht …

                Gut gefallen hat mir der neorealistische Look dieses schwarz-weiß Filmes. Die Art und Weise, wie dieses einsame Fischerdorf dargestellt wird, die Armut und das harte Leben, die Engstirnigkeit der Bewohner. Ihre gegenseitige Solidarität und ihr Gemeinschaftsgefühl sind filmisch perfekt im realistischen Stil eingefangen. Beeindruckt haben mich die Aufnahmen, die die Thunfischfangszenen (genannt Mattanza) zeigen. Eine wahrlich prima Inszenierung. Was aber Mattanza angeht, sind es hier historische Bilder, die Dokumentationscharakter haben, weil es den Thunfisch im Mittelmeer wegen Überfischung durch internationale Fischfangflotten längst nicht mehr gibt. Nur ein Beispiel von unzähligen anderen für den allmählichen Overkill der Ozeane durch den Menschen. Absolut top sind ebenso die Szenen, die den Vulkanausbruch schildern und den realen Stil des Filmes so eindrucksvoll unterstreichen.

                Abgesehen davon dreht sich der ganze Film fast ausschließlich um die Figur von Ingrid Bergman. Schön die Szene, wie sie wie eine verlorene Seele durch das Fischerdorf geht. Sie ist zu neunzig Prozent der Zeit im Bild zu sehen und spielt eine etwas verwöhnte Frau mit einer zwielichtigen Vergangenheit, die gelernt hat, die Männer um sie herum mit ihrem guten Aussehen zu beeindrucken. So hat sie in der Welt überlebt, und so versucht sie auch im Dorf zu überleben. Nun wird sie aber durch die Heirat mit Antonio mit voller Wucht in diese archaische und konservative Welt hineingeworfen mit all den Problemen, die sich daraus ergeben. Dieser Teil der Rolle kommt durchaus gut an. Ich finde Ingrid Bergman aber weniger überzeugend, wenn sie anfängt, negative Emotionen zu zeigen, zu jammern, zu fluchen und zu klagen.. Auch am Ende des Films wird geweint, aber aus irgendeinem Grund schaffte sie es nicht, mich damit zu überzeugen. Vielleicht lag es daran, dass sie während der Dreharbeiten mit Rossellini, dem Regisseur, eine ernsthafte Beziehung hatte und es ihr insofern nicht ganz leicht fiel, solch negative Emotionen zu spielen.

                Fazit: Alles in allem hat er mich nicht überzeugt. Es ist eine ziemlich einfache Geschichte und aus meiner Sicht ist es insgesamt sicherlich kein schlechter Film. Positiv zu erwähnen ist der realistische Stil, der ohne Klischees und ohne des einfachen Schemas Gut-Böse auskommt. Ansonsten hat mich die Story aber nicht besonders gefesselt. Mit Rossellini und Bergman sind große Namen am Film beteiligt. Das spielt aber bei mir keine Rolle, denn entscheidend bei der Wertung ist immer meine eigene Einschätzung. So reicht es leider nur zu einem „geht so“. Aus dem italienischen Nachkriegskino des Neorealismus hat mir Vittorio De Sicas Film „Fahrraddiebe“ schon viel besser gefallen.

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                  smartbo 02.04.2023, 11:14 Geändert 02.04.2023, 18:11
                  über Kolya

                  Der Film spielt Ende der 1980er Jahre in der damaligen Tschechoslowakei. František Louka ist ein begnadeter Cellist, wurde aber wegen seiner Beteiligung am Prager Frühling 1968 aus politischen Gründen aus der Tschechischen Philharmonie ausgeschlossen. Er verdient nunmehr sein Geld mit dem Spielen auf Beerdigungen und dem Restaurieren von Grabsteinen. Louka hängt sehr an seinem Junggesellenleben, aber er liebt Frauen und hat mehrere Freundinnen. Er ist immer chronisch knapp bei Kasse. Deshalb entschließt er sich, aus Geldmangel zu heiraten. Er geht eine Scheinehe mit einer schönen Russin ein, die tschechische Papiere braucht, um in den Westen zu gelangen. Nach der Hochzeit fährt sie nach Deutschland und lässt ihren Sohn Kolya bei einer Tante zurück. Doch als die Tante plötzlich stirbt, taucht der 5jährige Junge plötzlich bei Louka auf, und er muss sich, anfangs widerwillig, um ihn kümmern …

                  Ein herzerwärmender und emotional berührender Film, der mehrere Preise gewonnen hat, darunter 1997 einen Oscar und einen Golden Globe, jeweils für den besten fremdsprachigen Film. Und das völlig zurecht, denn er punktet in den Kriterien Handlung, Atmosphäre, Regie und Schauspiel vorzüglich. Es ist ein Film mit zwei Teilen. In der ersten Hälfte lernen wir Loukas Leben in der Tschechoslowakei kennen, das nach dem Prager Frühling in eine Abwärtsspirale geriet. Das Land ist von der Sowjetarmee besetzt und die Bevölkerung muss mit der Besatzung durch die sowjetische Armee leben. Die russischen Soldaten und auch alle Russen sind unbeliebt. Dank ihnen verlor er seinen Job. Mit der Scheinehe, ausgerechnet mit einer Russin, beginnt der zweiter Teil des Filmes, der den Ausgangspunkt für eine herzliche Tragikomödie bildet, die trotz der zahlreichen humoristischen Szenen ihren Realitätssinn nicht verliert. Auffallen gut sind die Dialoge, die intelligent, witzig und oft mehrdeutig sind.

                  Getragen wird der Film von Zdeněk Svěrák in der Rolle des Louka, der wahrlich ein hervorragendes Schauspiel liefert. Auch Andrei Chalimon als der kleine Junge Kolya bietet eine gute Figur. Eine Szene von ihm, die zugleich eine der stärksten des Films ist, sticht hervor, als er in der Badewanne sitzt und durch den Duschkopf mit seiner kurz verstorbenen Babuschka telefoniert. Diese und ähnliche, emotional akzentuierten Szenen machen aus dem Film ein berührendes Filmerlebnis. Zum Ende hin wird die Handlung nach meinem Geschmack aber dann doch etwas zu kitschig und zu rührselig. Das tut aber meiner guten Gesamteinschätzung keinen Abbruch.

                  Der Film hat einen aktuellen Bezug, denn er setzt ein subtiles, aber ein deutliches Zeichen gegen eine pauschale und plumpe Russophobie, eine Form des Rassismus, die genau so funktioniert und in einer liebaralen Demokratie im gleichen Ausmaß nichts zu suchen hat, wie jeder andere primitiver und schändlicher Rassismus auch.

                  Fazit: ein Film mit einem gelungenen Mix aus Drama, Humor und Tragik, der eine prima Unterhaltung bietet. Kein großer Hit, aber ein schönes und sehenswertes Drama, das speziell für alle mit einer Affinität zu emotionalen Filmen einer Empfehlung wert ist.

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                    smartbo 31.03.2023, 10:31 Geändert 02.04.2023, 14:02
                    über Memoria

                    Die in Medellin, Kolumbien, lebende Britin Jessica (brillant gespielt von Tilda Swinton) besucht ihre kranke Schwester in Bogota. Sie freundet sich dort mit einer französischen Archäologin an und lernt den jungen Ton-Musiker Hernan kennen. Sie quält ein dauerhaftes Problem: nachts wird ihr Schlaf auf mysteriöse Weise von einem lauten Geräusch unterbrochen, das sie schon länger hat und sie immer wieder verfolgt. Jessica versucht die Ursache des lauten Geräusches zu finden, das ihre Ohren quält. Sie durchstreift rätselhafte Räume in urbanen und ländlichen Gegenden. Räume, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart, Leben und Tod treffen. …

                    "Memoria" des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul ist ein geheimnisvoller, abstrakter und kein einfacher Film. Gesprochen wird wenig, dafür bestimmt überwiegend das Surreale die Atmosphäre, die zwischen dem Rationalen und dem Mystischen schwankt. Der Handlungsverlauf schreitet nur sehr langsam voran. Ungestört von einer dramatischen Partitur, die Höhen und Tiefen betont, wird der gemächlicher Rhythmus manchmal unsanft von einem lauten metallischen Knall unterbrochen, der einen ähnlichen Effekt wie ein Jumpscare in einem Horrorfilm erzeugt. Der schreckliche Ton erweckt etwas in Jessica, das seit Jahren in ihr brodelt. Erinnerungen werden freigesetzt. Geister der Vergangenheit schweben und die stark verstörende Atmosphäre ist allgegenwärtig.

                    Jessica wird von der französischen Archäologin zu einer Ausgrabung eingeladen, in dem ein Knochenhaufen entdeckt wird. Die Knochen sind vom Zahn der Zeit angegriffen und nicht vollständig. Sie sind Fragmente und erzählen archäologisch eine rätselhafte Geschichte, die teilweise verborgen bleibt. “Memoria“ besteht auch aus Fragmenten, die sorgfältig zusammengeklebt werden müssen und selbst dann noch ein schwer durchschaubares Bild ergeben.

                    *** Der Abschnitt enthält SPOILER ***

                    Gegen Ende begegnen sich in der Stille der Natur an einem Bach Jessica und ein alter Fischer, der sich, ebenfalls wie der Tonmusiker, Hernan nennt. Kann er ihr bei der Suche nach Ursache für das Geräusch helfen ? Er scheint eine höhere Bewusstseinsstufe erreicht zu haben, denn er behauptet, alles über sie, sich selbst und alle vergangenen und gegenwärtigen Leben zu wissen. Eine Begegnung, die den bisher angedeuteten Informationen und vagen Gefühlen eine gewisse Form gibt. Aber auch das skurril anmutende Ende mit einer Art Raumschiff verhindert schlussendlich nicht, dass das Gefühl des Rätselhaften trotzdem bleibt, und „Memoria“ vieles der Interpretation des Zuschauers überlässt.

                    *** SPOILER Ende ***

                    Der auf mich experimentell wirkende Film ist alles andere als eine leichte Unterhaltung und teilweise anstrengend zu sichten. Die Handlung ist abstakt-surreal und nicht ganz einfach zu durchschauen. Es ist ein echter Mindfuck, der auf den Zuschauer hinabprasselt. Der Handlungsverlauf, ausgedehnt auf 130 Minuten Spielzeit, ist meines Erachtens zu lang und zu zäh. Ein Film, der eigentlich gar nicht so meine Kragenweite ist. Dennoch sehe ich auch einige positive Seiten. So haben mir die düstere und einnehmende geheimnisvolle Atmosphäre, die optisch schön eingefangenen Bilder, sowie – ganz klar- die exzellent aufspielende Tilda Swinton gefallen. Ein top Schauspiel.

                    Fazit: Wer auf abstrakte Bilder a la David-Lynch steht, der wird an dem Film Gefallen finden. Nach Abwägung aller Pro- und Contra-Punkte reicht es aus meiner Sicht aber nur für ein „geht so“.

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                      smartbo 28.03.2023, 11:10 Geändert 28.03.2023, 11:15
                      über Manila

                      *** Der Kommentar enthält SPOILER ***

                      Der Filmempfehlung von @EudoraFletcher68 komme ich gerne nach und hinterlasse hier, wie versprochen, meinen Kommentar. Danke, @Eudora, für den lohnenswerten Tipp. Neugierig haben mich aber ebenso die beachtlichen Bewertungen, 7,5 auf IMDb und eine 7,7 hier auf MP, gemacht, die gleichermaßen den Grund lieferten, mir den Film näher anzuschauen und meinen Eindruck zu schildern.

                      Worum geht es? Im Mittelpunkt der Handlung steht Julio (Bembol Roco), ein junger Fischer, der sich auf die Suche nach seiner vermissten Geliebten Ligaya (gespielt von der auf den Philippinen sehr populären Schauspielerin Hilda Koronel) in die Metropole Manila begibt. Ligaya wurde in die Stadt mit dem falschen Versprechen nach einem besseren Leben und einer guten Ausbildung gelockt, landete aber in der Prostitution. Julio ist entschlossen, sie aus Manila herauszuholen …

                      Der neorealistische Einfluss des italienischen Nachkriegskinos ist im Film unverkennbar. Inszeniert wurde der Film von Lino Brocka, der als einer der größten Filmregisseure der Philippinen gilt. Brocka bietet einen ungeschönten Blick auf die Hauptstadt. Die Bilder zeigen die Hektik des Molochs Manila und werden von einem unruhigen Soundmix aus Großstadtgeplapper und melodramatischen Klängen begleitet. Die düsteren Szenen scheuen sich nicht, einen Blick auf die Verwahrlosung der Straßen und auf die Slums zu werfen, wodurch ein dezenter sozialkritischer Ansatz erkennbar wird, den man auch in Brockas Film „Das Mädchen Insiang“ beobachten kann. Angesichts dessen, dass 1975 der Diktator Marcos das Land beherrschte und Sozialkritik nicht gern gesehen war, war ein solcher Film schon ein mutiger Schritt. Abwechslung bieten im Handlungsverlauf die schnellen Rückblenden aus der Provinz, in der Julio und Ligaya lebten. Sie erinnern mit ihrer vielfältigen Farbpalette an die Schönheit der Natur und vermitteln ein Gefühl der Melancholie.

                      Besonders beeindruckend waren für mich die Szenen, in denen sich das Großstadtelend in all seinen Formen auf den Protagonisten Julio regelrecht ergießt: Ausbeutung, Menschenhandel, Prostitution, Obdachlosigkeit, Brutalität, Korruption, Einsamkeit, Kriminalität, Gewalt. Julio ist bei seiner Suche nach Ligaya allmählich desillusioniert, und nach und nach wird sein kleiner Hoffnungsschimmer von einer tiefen Bitterkeit zerstört. Dass der Film von der Geschichte von Orpheus' Suche nach Eurydike in der Unterwelt inspiriert ist, ist spätestens hier unverkennbar.

                      Aber im Film herrscht nicht nur Untergangsstimmung. In Julios Job auf dem Bau findet er Solidarität bei Kollegen, die ihm auf Augenhöhe begegnen und ihren Frust wegen ihres miesen Chefs teilen. Doch die positive Stimmung endet bald, und Julio muss sich prostituieren, um zu überleben. Die Illusion, mit der er in die Stadt gekommen war, ist immer mehr einer bitteren Ernüchterung gewichen. Julio wird hin und her gerissen zwischen Mitleid und Rebellion. Wird er Mitleid mit sich und seiner Geliebten haben oder wird er zur Rebellion greifen, um sich aus dem erstickenden Kreislauf zu befreien, den Manila darstellt?

                      Fazit: Der Film lässt sich aus den unterschiedlichsten Perspektiven betrachten. Auch wenn er primär als Drama kredenzt wird, halte ich ihn für höchst politisch. Schaut man genauer hin, sind die allgegenwärtigen Allegorien und die symbolischen Anspielungen in der Handlung deutlich sichtbar. Die Sozial- und Gesellschaftskritik sind dezent verpackt, aber deutlich und unverkennbar. Eben dies ist der Aspekt, der mich im Film interessiert und zu der insgesamt guten Benotung geführt hat. Die Liebesgeschichte selbst mit ihrer dramaturgischen Ausprägung halte ich eher für mittelmäßig. Unter dem Strich ist es ein guter philippinischer Film. Für Filmfans, für die Genrevielfalt wichtig ist und die nicht nur auf pure Hollywood-Unterhaltung stehen, ist der Film sicherlich einer Empfehlung und eines Blickes wert.

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                        smartbo 24.03.2023, 19:02 Geändert 28.03.2023, 16:55

                        In der Dokumentation geht es, wie der Titel schon sagt, um den ehemaligen Spiegel-Journalisten Claas Relotius. Er begeisterte die Leser, seine Kollegen und die Öffentlichkeit mit seinen gefakten Berichten, die sich aber später, im Jahr 2018, meistens als frei erfunden entlarven sollten. Fast alle, sowohl sein Arbeitgeber, der "Spiegel", als auch die Leserschaft, glaubten ihm unkritisch alles, worüber er berichtete, weil es der eigenen politischen Ideologie entsprach. Er wusste genau, was seine Leser lesen wollten. So schrieb er hollywoodreif über einen amerikanischen Grenzschutzbeamten an der mexikanischen Grenze: „…Er trägt eine schusssichere Weste, automatisches Gewehr, Nachtsichtgerät, irgendwann drückt er ab…“ Der ehemalige Starreporter Claas Relotius wusste, was in einer schönen Reportage, die politisch korrekt sein musste, nicht nur über Amerikaner stehen muss. Und das lieferte er. Besonders prekär ist darüber hinaus, dass er mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft wurde. Hinweise, dass Relotius ein Betrüger ist, hat es zuhauf gegeben. Doch die meisten fühlten sich in ihrem eigenen politischen Glauben bestätigt und waren zu besoffen, um seine Arbeit kritisch zu hinterfragen.

                        In der Dokumentation kommen neben Journalisten von anderen Blättern u.a. der heutige Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann und der Spiegel-Journalist Juan Moreno zu Wort, der bei der Aufklärung des Falles eine entscheidende Rolle spielte, als Relotius der Hochstapelei überführt werden konnte.

                        Nicht nur für den "Spiegel" war/und ist der Fall Relotius eine Katastrophe, sondern auch ein Gau für die Glaubwürdigkeit der gesamten Medien. Er zeigt wieder mal, wie fragwürdig so manche Berichterstattung in den Medien sein kann und wie wichtig ein kritisches politisches Bewußtsein ist. Laut einer Umfrage des britischen Reuters Institute hatten 2022 nur noch die Hälfte der Deutschen Vertrauen in die Medien. Diese Zahlen sagen schon eigentlich alles. „Für einen gesellschaftlichen Diskurs und um freie Entscheidungen treffen zu können, brauchen wir unverfälschte Informationen. Das ist die Aufgabe des unabhängigen Journalismus. Wenn
                        dessen Glaubwürdigkeit beschädigt wird, ist nichts weniger als die Demokratie in Gefahr. “, sagte der Regisseur der Dokumentation Daniel Sager. Und wie recht er damit hat.

                        Ab heute, 24.3.2023, auf Sky verfügbar.

                        Fazit: für alle politisch Interessierten eine sehenswerte Doku und ein Must-See.

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                          smartbo 24.03.2023, 09:31 Geändert 24.03.2023, 11:02

                          *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                          Der Schüler Alex Browning (Devon Sawa) und seine Klasse warten in einer Boeing 747 auf den Start. Plötzlich sieht Alex voraus, dass das Flugzeug explodieren wird. Er gerät in Panik und wird mit ein paar Schulkameraden und der Lehrerin aus dem Flugzeug verwiesen. Wenige Augenblicke später sehen sie „ihr“ Flugzeug vom Boden abheben und sich in einen Feuerball verwandeln. Kurz darauf nach dem Unglück stirbt einer der Überlebenden. Als danach der nächste der Überlebenden stirbt, beginnt Alex zu ahnen, dass alle Überlebenden dazu bestimmt sind, einen furchtbaren schrecklichen Tod zu sterben. Kann dagegen nichts getan werden, oder kann Alex den „Tod“ überlisten? Nun wird er auch noch selbst verdächtig, in die Todesfälle verwickelt zu sein ...

                          Im Mittelpunkt des Films steht das spannende Prinzip „Zehn kleine Jägermeister“, in dem nacheinander alle verschwinden. Die jugendlichen Charaktere, deren Tod durch ein zufälliges Ereignis verhindert wurde, sollen einer nach dem anderen vom Tod getroffen werden. Die Motive des Todes, der hier als unsichtbares Energiefeld dargestellt wird, werden im Film nicht thematisiert. Auch die Hintergründe und Motive einer mysteriösen Gegenmacht, die Hauptfigur Alex mit Erkenntnissen und Warnungen versorgt, sind nicht näher ausgearbeitet und deshalb unklar. Eine tiefergehende Erklärung des Mysteriums des Todes erfolgt erst in einer Szene am Ende des Filmes. Es wirkt aber ein bisschen hineingepresst. Eine bessere Ausarbeitung wäre bei diesem Schwerpunkt des Filmes wünschenswert.

                          Der Film hat aber weit überwiegend positive Seiten zu bieten, die ihn sehenswert machen. Es gibt Nervenkitzel zuhauf, viel Action und partiell ist es auch ziemlich lustig. Die skurrilen Morde, die einen makabren Hintergrund haben, sind originell inszeniert und verbreiten eine morbide Atmosphäre. Das Pacing ist passend und die Spannung stimmt ebenfalls. Zu den lobenswerten Aspekten des Filmes zählt ein sympathischer Protagonist umgeben von überwiegend ziemlich stereotypen Randfiguren, die aber nicht störend wirken. Inmitten einer guten Inszenierung passt dieses Konzept wunderbar und bereichert den Film qualitativ.

                          Fazit: habe nach langer Zeit den Film wieder mal gesehen, und auch nach der Zweitsichtung hat er bei mir einen überzeugende Eindruck hinterlassen. Ja, die Punktewertung fällt nicht schwer und ist schnell gefällt: der Film wirkt vielleicht ein bißchen veraltet, aber in der Gesamtsicht ist es ein gutes Popcorn-Kino, das eine kurzweilige und unbeschwerte Unterhaltung bietet. Was will man mehr? Ein sehenswerter Film, der sich seine gute Wertung redlich verdient hat.

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                            smartbo 21.03.2023, 10:20 Geändert 21.03.2023, 12:22

                            Den Film habe ich schon vor paar Wochen geschaut, allerdings die Sichtung nach einer halben Stunde abgebrochen, weil mir die Handlung zu wirr erschien. Dass der Film aktuell mehrere Oscars erhielt, hat mich verwundert und ist für mich ein Rätsel. Und die Wertungen in meiner FL driften krass auseinander. Da ist alles dabei, zwischen einer 1 und einer 8,5. Das hat meine Neugier gesteigert. Deshalb wollte ich mir selbst eine Meinung bilden und habe eine komplette Sichtung vorgenommen. Das Ergebnis ist allerdings sehr schwach, um das schon mal vorwegzunehmen.

                            Worum geht es? Die aus China stammende Einwanderin Evelyn (Michelle Yeoh) betreibt mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in den Vereinigten Staaten einen Waschsaloon. Als sie versucht, ihre Steuern vor der Steuerfahnderin Deirdre Beaubeirdra ( Jamie Lee Curtiz) in Ordnung zu bringen, begibt sie sich auf ein verrücktes Abenteuer. Die Welt scheint in Gefahr zu sein und sie soll den Planeten retten. Mit der ihr neu verliehenen Kraft erforscht sie das Universum und entdeckt in anderen Parallelwelten sich selbst und ihre eigenen Leben. Wird ihre Mission im endlosen Multiuniversum erfolgreich sein ? ...

                            Der Film fällt vor allem mit seinem diffusen Genremix auf. Was ist der Schwerpunkt? Schwierig zu sagen. Nun, so etwas wie eine Mischung aus Sci-Fi, Fantasy, Humor, Familiendrama, Martial Arts und Action. Naja, es soll auch eine Komödie sein. Aber für eine Komödie gibt es wenig zu lachen. Da ist -wie schon der Titel des Filmes sagt – von allem überall etwas dabei. Von einer runden Handlung und gut ausgearbeiteten Story kann hier kaum die Rede sein. Das Pacing ist rasant und vermittelt den Eindruck, als ob allerhand geschehen würde. Aber im Kern der Geschichte passiert nicht viel, und es geht im Grunde genommen um nichts. Die gesamte Story ist ziemlich spleenig. Überzogen wird die Atmosphäre von einer visuellen Pracht und einem Optikgewitter, die die Defizite hinsichtlich eines fundierten und gut ausgearbeiteten Plots übertünchen.

                            Nach einer entspannten Einführung geht es wild zur Sache und es wird richtig chaotisch. Der Film ist ein wahres Feuerwerk an Szenen, ein Trommelfeuer von wechselnden Sets und Salven von blitzenden Bildern, so dass einem regelrecht schwindelig wird. Die hyperaktive Kameraführung und das Übermaß an Effekten tun ihr übriges. Ein hektischer Wechsel von Szenarien und Orten folgt den anderen, was ich als ziemlich konfus empfand. Und dann das überbordende Overacting der Schauspieler: dass die Akteure vor lauter Hektik nicht aus meinem TV rausgesprungen sind, spricht für die Zähigkeit meines Bildschirms. Der Film deckt unzählige Akzentuierungen ab und macht seinem Namen alle Ehre. Es wurde mir einfach zu viel. Erfreulicherweise kann man sich hin und wieder an einer schönen Szene erfreuen. Das war es dann aber schon.

                            Fazit: Der Film scheint intensiv mit allem und mit jeder Figur zu experimentieren. Ich hatte den Eindruck, dass die Macher des Filmes wirklich jeden Gedanken, der ihnen gerade so in den Sinn kam, in den Film gesteckt haben. „Everything Everywhere All at Once“ bringt dem Zuschauer viel von allem. Für meinen Geschmack von allem zu viel. Klar, wem der Film gefällt, prima. Darauf kommt es ja an. Ich allerdings fand ihn nervig, abstrus, chaotisch und noch nicht einmal lustig. Kurz und bündig: nicht mein Geschmack.

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                              smartbo 19.03.2023, 11:13 Geändert 19.03.2023, 15:33

                              Der frisch promovierte Franz Walter (Lars Eidinger) erhält nach seinem Studium an der Humboldt-Universität, Ost-Berlin, ein vielversprechendes Angebot des DDR-Auslandsgeheimdienstes, der HVA (Hauptverwaltung Aufklärung). Er wird beauftragt, die DDR bei den Vorbereitungen auf die kommende Fußballweltmeisterschaft 1974 zu unterstützen. Im Gegenzug wird ihm eine Professur angeboten. Franz nimmt das Angebot an und verspricht, dem System treu zu dienen. In seinem Führungsoffizier Dirk Hartmann (Devid Striesow) findet er einen wohlmeinenden Mentor, der ihm bei seinen Einsätzen in der Bundesrepublik Deutschland zur Seite steht. Zunächst muss Franz nur Informationen weitergeben, doch schon bald wird mehr von ihm verlangt …

                              „Nahschuss“, beeindruckend gut inszeniert von Franziska Stünkel, basiert auf dem Fall des Stasi-Mitarbeiters Dr. Werner Teske, der 1981 vom Geheimdienst der DDR rekrutiert wurde. Auch ohne Kenntnisse des Falls wird dem Zuschauer klar, dass aus einer Verbindung mit dem DDR-Geheimdienst nichts Gutes entstehen kann. Entweder wird man zum Täter oder zum Opfer. Oder man wird beides. Was hier nach einem gewöhnlichen 08/15-Stasi-Film aussieht, den man schon x-mal gesehen hat, entwickelt sich trotz einiger anfänglicher Längen allmählich zu einer fesselnden und dramatischen Geschichte, die am Ende wohl keinen emotional kalt lässt.

                              Für Hauptdarsteller Franz Walter fängt alles ganz harmlos an. Als Wissenschaftler sammelt er Informationen. Obwohl er zahlreiche Einschüchterungen und dreckige Machenschaften des Geheimdienstes miterlebt, kann er sich moralisch hinter seiner Arbeit verstecken. Deshalb ist es für ihn leicht, wegzusehen. Hinzu kommt das allgegenwärtige Dogma, die DDR stehe für eine gute Sache und es sei eine edle Pflicht, Staatsfeinde zu neutralisieren. Das Wegsehen fällt noch leichter, als Walter Vorteile wie eine komfortabel ausgestattete Wohnung in Ost-Berlin oder Reisen in die BRD nutzen kann.

                              Der Film zeigt fortan zwei Welten. Er tut es nicht subtil, sondern explizit und sehr wirkungsvoll. Die Szenen, die in der DDR spielen, sind alle in grauer Farbe gehüllt. Die Atmosphäre ist klaustrophobisch und paranoid. Die Atmosphäre im Westen ist bunter, ohne jedoch den Westen zu idealisieren. Die zwei so verschiedenen Welten verursachen beim Walter Zweifel, die langsam Besitz von ihm ergreifen. Von diesem Moment an liegt der Fokus des Filmes auf seinem inneren Kampf, um sein Tun moralisch zu rechtfertigen. Die Gewissenskonflikte sind beim Walter deutlich zu erkennen und nagen an ihm, worunter auch seine Ehe leidet.

                              Neben den emotional geprägten Bildern ist es vor allem der Kampf eines Menschen gegen den übermächtigen Staatsapparat, der den Film so sehenswert macht. Der Kampf wird in den Gestalten der Figur Franz Walter und der Figur Dirk Hartmann filmisch gut ausgearbeitet. Lars Eidinger als Walter zeigt mit Überzeugung die Verletzlichkeit eines Mannes, der weder Held noch Bösewicht ist. Eidinger gelingt es vortrefflich, den inneren Zwiespalt, der an ihm nagt, sichtbar zu machen. Auf der anderen Seite wird das System dämonisch von Devid Striesow in der Rolle des Dirk Hartmann verkörpert, der gekonnt seinem Charakter einen aufgesetzt wirkenden Charme und Kameradschaft verleiht, um seine wahre innere Kälte zu kaschieren.

                              Fazit: „Nahschuss“ ist eine gute deutsche Filmproduktion und ein beklemmendes Psychodrama, das mit einer dichten Atmosphäre, den gut ausgearbeiteten Charakteren und der morbiden Geschichte zu fesseln weiß. Der Film ist eine laute Anklage gegen politische Ideologien jeglicher Couleur, die die Menschen verführen, belügen und an der Naser rumführen. Unter dem Vorwand, Gutes zu tun oder gar um die Welt zu retten, werden die Menschen für die eigene Ideologische Zwecke vor den Karren gespannt. Das Thema, das der Film behandelt, ist zeitlos, deshalb sicherlich auch aktuell. Daumen hoch, ein sehenswerter Film.

                              Bis zum 08/04/2023 in der Arte-Mediathek verfügbar.

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                                smartbo 17.03.2023, 10:30 Geändert 27.03.2023, 20:14

                                Das Paar Margot (Anya Taylor-Joy) und Tyler (Mark Mylod) reist auf eine entlegene Insel. Dort können sie in einem exklusiven Restaurant unter der Leitung des Starkochs Slowik (Ralph Fiennes) ausgiebig speisen. Während des Urlaubs hält der Küchenchef aber ziemlich schockierende Überraschungen für seine Gäste bereit ...

                                Es ist ein food orientierter Film, von daher nimmt man an, der Film handelt von der Freude am Essen. Doch „The Menu“ ist eine andere Art von Film. Das merkt man schon früh. Der Film beginnt mit schönen Bildern der idyllischen Insel, aber das Grundgefühl der Paradiesbilder beim Zuschauen ist etwas verstörend. Der Film hat es nicht eilig die Ursachen für diese Gefühl näher zu erklären. Er beginnt in einer relativ entspannten Atmosphäre und steigert seine Intensität ganz langsam durch kleine Zwischenfälle. Spannungen und Irritationen zwischen den Gästen werden sichtbar. Ja, die Spannungen und Irritationen werden auch durch die autoritäre Haltung des Kochs und der strengen Gastgeberin geschürt, die zwar korrekt und gastfreundlich ist, dies aber mit einem besonders kalten Auftreten tut.

                                Das Restaurant genießt Prestige. Der Gast, der dort diniert, hat es auch und nutzt das Restaurant, um seinen Status zu demonstrieren. In einer solchen Atmosphäre macht der Koch, was er will. Mit der Ausübung seiner Künste nimmt Slovik seinen Gästen den Realitätssinn. Der Gast bewundert ihn und ist ihm dankbar. Der Geschmack wird bestimmt von den Spielregeln, wie sie bei den Eliten gelten. Es sind keine Regeln, die die Kritikfähigkeit anregen, sondern Regeln, die dazu dienen, den eigenen Status quo aufrechtzuerhalten. Der Esser in Slovik's Restaurant würde sogar einen schön dekorierten Teller mit schlechtem Essen für ein kulinarisches Highlight halten und es mit Genugtuung essen.

                                Inmitten dieser überheblichen Genießer gibt es aber Margot, die die Rolle der Außenseiterin einnimmt. Sie spielt jemanden, der die Regeln nicht kennt und die Dinge aufmischt. Sie ist die Figur im Film , mit der sich der Zuschauer identifiziert. Margot hat einen kritischen Blick. Sie ist die bodenständige Figur, die aus einer unteren sozialen Schicht stammt, die sich nicht sklavisch an Protokolle hält. Sie ist für den Status quo der Gäste bedrohlich und steht im Gegensatz zu den riesigen Egos voller Selbstgefälligkeit, Heuchelei und schlechtem Geschmack. Margots Haltung erzeugt konfrontative und spannende Szenen. Und Anya Taylor-Joy spielt ihre Rolle vorzüglich. Es ist einfach nur höchst amüsant, diesen lustigen Filmpassagen zuzuschauen.

                                Fazit: ein köstlicher Film, der sich als Mischung aus Komödie und Thriller präsentiert und gemächlich auf ein großes Finale hinarbeitet. Er ist spannend, komisch, geheimnisvoll, atmosphärisch stark und mit guten Schauspielern besetzt. Für mich ein Genuss und sehenswert. Top.

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                                  smartbo 14.03.2023, 11:02 Geändert 14.03.2023, 11:11

                                  Paul und Henry treffen sich in einem Fernbus, der Richtung West-Australien fährt, und verstehen sich auf Anhieb sehr gut. Sie freunden sich an, verbringen danach viel Zeit miteinander und helfen sich genseitig. Paul besorgt Henry einen Job bei seinem Bekannten Mark, mit dem Henry von nun an unterwegs ist. Doch das Zusammentreffen im Bus war kein Zufall. Warum, das wird nach und nach im Film verraten ….

                                  „The Stranger“ ist ein Film, der gemächlich und in aller Ruhe seine Geschichte erzählt. Der australischer Film ist ein Mix aus Thriller und Drama und dauert fast zwei Stunden. In dieser Zeit passiert nicht viel. Wer einen Film voller Actionszenen oder knisternder Spannung erwartet, ist hier falsch. Der Film spielt zwar in einem kriminellen Umfeld, konzentriert sich aber weniger auf die kriminellen Begebenheiten als vielmehr auf die beiden Protagonisten, Henry und Mark, und auf den Einfluss, den dieses Umfeld auf ihre Charakterentwicklung hatte.

                                  Trotz seines langsamen Tempos ist der Film nicht langweilig und strahlt eine bemerkenswerte Intensität aus. Ganz langsam enträtselt die Geschichte die Identität der beiden Hauptfiguren und enthüllt nach und nach, worum es geht. Der Fremde ist der Titel, was etwas Geheimnisvolles impliziert. Die beiden Männer, die beide mit auffälligem Bartwuchs ausgestattet und wenig gesprächig sind, tragen jeweils irgendwelche Geheimnisse mit sich. Der Schleier wird nur schrittweise gelüftet, was vom Zuschauer Sitzfleisch und etwas Geduld verlangt. Der Film hat eine bedrohliche und beklemmende Atmosphäre. Die Geschichte hat surrealistische Züge, die die düstere Stimmung verstärken. Positiv herauszustellen ist auch die schauspielerische Leistung der beiden Protagonisten Joel Edgerton und Sean Harris.

                                  Eine kleine Einschränkung habe ich jedoch: der Film hätte doch etwas mehr Suspense aufbauen können. Potential dafür bietet die Story allemal. Stattdessen konzentriert sich der Film schwerpunktmäßig eher auf seine dramaturgische Akzentuierung. Das ist auch insoweit okay, aber mehr Spannung würde die fesselnde Ausstrahlung sicherlich noch weiter verstärken. Auch finde ich, dass der Film etwas zu lang ist. Eine Kürzung um ca, eine ½ Stunde hätte dem Film sicherlich gut getan. Auf meine insgesamt gute Wertung hat diese Einschätzung allerdings nur einen marginalen Einfluss.

                                  Fazit: Der Film ist keine Alltagskost und sehr speziell. Wer genügend Sitzfleisch hat und Geduld bis zum Ende aufbringen kann, der wird mit einem guten und sehenswerten Film belohnt.

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                                  • smartbo 12.03.2023, 09:39 Geändert 12.03.2023, 18:35

                                    Einige Kategorien habe ich ganz ausgelassen, weil ich mich als Film-Laie in manchen speziellen Kategorien nicht in allen Einzelheiten auskenne. Und etwas mit Halbwissen auszufüllen, nur damit da etwas steht, macht keinen Sinn und würde die Gesamtwertung verfälschen. Aber ich mache in jedem Fall in den aufgeführten Hauptkategorien mit, denn wichtig ist, dass sich viele an der Abstimmung beteiligen. Das stärkt die Validität der Gesamtergebnisse. Also, los geht's:

                                    * Bester Film*
                                    George Carlin's American Dream, USA
                                    The Northman, USA
                                    The Innocents, Norwegen, GB ..
                                    Im Westen nichts Neues, Deutschland/USA
                                    Der denkwürdige Fall des Mr Poe, USA
                                    Die Einöde, Spanien
                                    Gladbeck: Das Geiseldrama, Deutschland
                                    Dave-Chappelle: What’s in a Name? USA

                                    * Beste Regie*
                                    Robert Eggers, The Northman
                                    Eskil Vogt, The Innocents
                                    Thomas M. Wright, The Stranger

                                    * Bester Darsteller*
                                    Alexander Skarsgård, The Northman
                                    Harry Melling, Der denkwürdige Fall des Mr Poe
                                    Joel Edgerton, The Stranger

                                    * Beste Darstellerin*
                                    Inma Cuesta, Die Einöde
                                    Jessey Buckley, Men
                                    Margot Robbie, Amsterdam

                                    * Bester Song*
                                    Gimme Some Lovin‘,The Spence Davis Group,The Adam Project

                                    * Beste Serie*
                                    Dahmer-Monster:Die Geschichte von Jeff. Dahmer
                                    Absolutes Fiasako: Woodstock 99 USA 2022
                                    Die schwarzen Schmetterlinge · 2022
                                    The Staircase USA · 2022

                                    * Bester Seriendarsteller*
                                    Evan Peters,Dahmer-Monster:Die Geschichte v. J.Dahmer

                                    * Beste Seriendarstellerin*
                                    Naomi Watts, The Watcher
                                    Toni Collette, The Staircase
                                    Alyzee Costes, Die schwarzen Schmetterlinge

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                                      smartbo 11.03.2023, 11:30 Geändert 12.03.2023, 10:06

                                      Der kleine Sammy Fabelman (Gabriel LaBelle) wächst in den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zuerst in New Jersey und danach in Arizona auf. Später zieht die Familie nach Kalifornien um. Bereits in seiner Kindheit hat er großes Interesse für das Kino entdeckt und dreht mit seinen Freunden Filme. Unterstützt wird er dabei von seiner Mutter Mitzi (Michelle Williams) , einer gelernten Pianistin. Sein Vater Burt (Paul Dano) ist Informatiker und beruflich sehr beschäftigt. Dessen Kollege Benny (Seth Rogen) übernimmt die Rolle des Onkels von Sammy. Er gehört praktisch zu Familie, was im Handlungsverlauf eine gewisse Rolle spielen wird. Allmählich entwickelt sich Sammys Begeisterung zum Film zur Leidenschaft, die sein Leben bestimmen wird, was endlich auch sein Vater verstanden hat, der bisher die Liebe seines Sohnes zum Film nur als harmloses Hobby ansah ….

                                      „Die Fabelmans“ ist ein semi-autobiografisch geprägter Film über Steven Spielbergs Kindheit und seine Liebe zum Kino. Neben der Liebe zum Film, die der junge Protagonist entwickelt, zeigt der Film, wie die Erfahrungen des Erwachsenwerdens das weitere Leben bestimmen. Genauso, wie man es von einem Feel-Good- und Coming-of-Age-Film erwartet. Denn so lässt sich der Film richtig einordnen. Man darf hier nichts Spektakuläres erwarten. Die Lebenserfahrungen und Beobachtungen im Film sind ziemlich allgemein und werden jedem bekannt sein.

                                      Der Film erzählt von Sammys Kindheit und wie er seine Liebe zum Film entwickelt, während die Familie ständig mit Veränderungen und dem damit verbundenen Stress konfrontiert ist. Die Einzelheiten sind nicht sehr tiefgründig oder weltbewegend, und eben einfach und angenehm anzuschauen. Die Wirkung ist nostalgisch, ohne sentimental zu sein. Die Geschichte wird ziemlich oberflächlich und unbeschwert mit einem Hauch von Melancholie erzählt.

                                      Die psychologische Ausarbeitung der Charaktere ist einfach gehalten. Es sind vor allem sympathische Charaktere, die im Film auftreten. Ok, sie haben oft ihre lästigen Eigenheiten oder Angewohnheiten, die die anderen Familienmitglieder nerven, aber ihre Absichten sind immer gut und aufrichtig. Unsympathische Charaktere sind weniger vertreten, aber sie sind präsent und dem Zuschauer wird es leicht gemacht, die Mobber und Peiniger nicht zu mögen.

                                      Spielbergs Liebe zum Film wird nicht nur emotional, sondern im Film auch praktisch genutzt. Sammys Kamera fungiert gewissermaßen als zusätzliches Augenpaar, das die Geschehnisse aufzeichnet und einen versteckten Einblick in die Fabelman-Familie gewährt. Film und seine Magie sind eindeutig die roten Fäden, entlang derer die Geschichte verläuft.

                                      Fazit: Große Namen sind bei mir keine Garantie für eine gute Wertung. Und so schneidet dieser Spielberg-Film nicht gerade herausragend ab. Okay, der Film bietet insgesamt eine akzeptable Unterhaltung, die sicherlich eines Blickes wert ist. Und von einem schlechten Film zu sprechen, wäre natürlich aus meiner Sicht inakzeptabel. Davon ist er weit entfernt. Aber die Handlung verläuft ziemlich glatt und flach, ohne Ecken und Kanten. Es gibt kaum dramaturgisch ausgeprägte Höhen und Tiefen. Und man vermisst im Handlungsverlauf auch etwas Interessantes oder Überraschendes, das einen Wow-Effekt auslösen könnte. Mich hat der Film gänzlich nicht abgeholt, so dass es nach meinem Geschmack für eine sehr gute Bewertung nicht ausreicht. Schade, denn ich habe mehr erwartet.

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                                        smartbo 10.03.2023, 10:50 Geändert 10.03.2023, 13:29

                                        Ghost Dog (Forest Whitaker) lebt zusammen mit seinen Tauben in einer selbstgebauten Behausung auf dem Dach eines verlassenen Gebäudes. Ghost Dog, Killer von Beruf, wird von dem alten Samurai-Ehrencodex Hagakure geleitet und „arbeitet“ für die italienische Mafia. Die Tauben benutzt er für Nachrichtenübermittlungen, da er kein Telefon, kein Handy und auch keinen Briefkasten besitzt. Nachdem er eines Tages pflichtgemäß seinen Mafia-Auftrag erledigt hat und den Mafiosi Frank erschießt, weil dieser sich mit der Tochter des Bosses eingelassen hat, wird Ghost Dog nunmehr selbst von der Mafia bedroht und verfolgt. Er reagiert darauf wie ein echter Samurai, wie es der strenge Ehrencodex verlangt ...

                                        Die Stärke des Films ist seine legere Atmosphäre. Die bizarre und irreale Geschichte entwickelt sich langsam und leise vor sich hin. Aber es wird nie langweilig, und Hektik ist hier sowieso nicht zu sehen. Whitakers lässiger Look passt perfekt zu seiner Rolle. Die Kamera folgt dem Tagesablauf des Killers. Viel spektakuläre Action muss man hier nicht erwarten, dafür stehen aber skurriler Humor und unbeschwertes Storytelling auf der Speisekarte. Die Hip-Hop-Musik spielt eine wichtige Rolle. Der Soundtrack fügt die einzelnen Passagen der Geschichte prima zusammen. Verantwortlich dafür zeichnet der Rapper RZA, Mitglied der berühmten Rap-Band Wu Tang Clan. Gekonnt wird alte japanische Volksmusik mit modernem Hip Hop und Rap gesampelt. Diese ungewöhnliche Kombination verstärkt die ohnehin schon intensive und originelle Atmosphäre des Films.

                                        Der Film nimmt sich selbst nicht zu ernst und bietet viel Raum für verrückte Situationen und skurrile Charaktere. Besonders die Rolle von Cliff Gorman als Sonny Valerio ist komisch. Er ist die rechte Hand des Bosses der heruntergekommenen italienisch-amerikanischen Mafiosi. Besonders witzig ist die Szene, in der er im Badezimmer vor dem Spiegel mit einem wirren Akzent einen Hip-Hop-Song rappt, plötzlich einen Laserstrahl im Abfluss des Waschbeckens bemerkt und erschossen wird. Die Charaktere sind schon arg überzeichnet, die Gangster im Film sehr karikiert. Fette, alte Männer, die nicht gerade mit hoher Intelligenz gesegnet sind. Und ihr Anführer ist die inkompetenteste Person der gesamten Bande. Diese Überspitzung der Figuren ist aber okay, denn sie reichert das eigenwillige und spleenige Ambiente des Filmes an.

                                        Diese Stereotypisierung passt gut zur lockeren Atmosphäre des Filmes. Der Charakter von Ghost Dog wird charismatisch von Forest Whitaker dargestellt, der perfekt seinen Job meistert. Dieser meines Erachtens unterschätzte Schauspieler zeigt in diesem Film sein ganzes Können. Sein Schauspiel ist sehr dezent und zurückhaltend. Die meisten Emotionen von Ghost Dog kommen von seiner Körpersprache und den Voiceovers, die aus Zitaten aus der Hagakure bestehen. Diese alten japanischen Sprüche beziehen sich auf die Handlungen und Motivationen von Ghost Dog. Im Verlaufe der Geschichte trifft Ghost Dog ein kleines Mädchen, die Mafioso-Tochter, den Samurai-Bruder (gespielt von RZA) und den französischsprechenden Eismann, alles Figuren die die kauzig-bizarre Ausstrahlung und die verschrobene Note des Filmes verstärken.

                                        Fazit: „Ghost Dog: Der Weg des Samurai“ bildet ein eigenes Subgenre. Ihn in ein bestimmtes Standardgenre hineinzupressen ist schier unmöglich. Dazu ist der Film zu originell. Er wird sicherlich nicht jeden Filmfan ansprechen. Das entspannte, gemächliche Tempo und der skurrile Humor werden vielleicht nicht jedem gefallen. Für Filmfans, die jedoch Genrevielfalt mögen und gerne auch mal einen Blick auf nicht alltägliche Filme wagen, ist der Film aus meiner Sicht absolut einer Empfehlung wert. Mir hat er jedenfalls super gefallen. Daumen hoch. Top.

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                                          smartbo 07.03.2023, 10:50 Geändert 07.03.2023, 10:53

                                          Nach dem Zusammenbruch des Ökosystems hat sich die Erde in einen postapokalyptischen Planeten verwandelt. Die 13-jährige Vesper (Raffiella Chapman) nutzt ihre Überlebensfähigkeiten, um mit ihrem kranken Vater Darius in dieser Welt zu leben. Eines Tages begegnet sie Camelia ( Rosy Mcewen) , einer Frau, die einen Flugzeugabsturz überlebt hat. Die Frauen machen einen Deal: Wenn Vesper sich der Suche nach ihrem vermissten Begleiter anschließt, wird Camelia sie zur Zitadelle bringen. Dort befindet sich Herz der Oligarchen, denen es sehr gut geht und die Technologien einsetzen, um die Welt und die Menschheit zu beherrschen. Die Menschen außerhalb der Zitadelle müssen um ihr Überleben kämpfen …

                                          Die Welt ist nach der Katastrophe öde. Die Wälder sind ohne sichtbaren Tierlebens, die Felder liegen brach, die schlammigen Landschaften sind kahl. Das Wetter ist grau und wolkig. Dementsprechend grau ist die Farbgebung im Film. Eine depressive Stimmung bestimmt den Film. Gibt es noch Hoffnung? Für die Protagonistin Vesper, eine Autodidaktin im Anbau von fruchtbaren Pflanzen, gibt es sie. Die Zitadelle ist ein Ort mit einer magischen Anziehungskraft für die Menschen. Vesper hat die Hoffnung, dass ihre Experimente eines Tages Früchte tragen und ihr Zugang zur glückseligen Zitadelle gewährt wird.

                                          Das Setting ist sehr gut inszeniert und erzeugt beim Zuschauen eine wahrlich bedrückende Stimmung. Ein heruntergekommenes Dorf und skurril gekleidete Schrottsammler bestimmen darüber hinaus das Erscheinungsbild dieser Welt, die in einem herbstlichen Dauerzustand gestürzt zu sein scheint. Die dystopischen Kulissen sind dem Film richtig gut gelungen und bieten einen sehr traurigen Anblick. Inmitten dieser zugegeben optisch starken Umgebung passiert aber kaum etwas. Der Film dauert 2 Stunden, das Pacing und der Erzählstil sind zäh und es gibt nur wenige Spannungsmomente. Die Handlung ist dünn, einfach nur hauchdünn. Die Charaktere sind ebenfalls schwach ausgearbeitet. Demensprechend sind auch die Dialoge uninteressant.

                                          Fazit: Ja, eine gute Idee und ein guter Ansatz, aber die Umsetzung ist weniger gut. Was soll man sagen? Kurz und bündig: die Atmosphäre und die Kulissen haben mir gut gefallen. Der Rest des Filmes hat mich aber nicht wirklich gefesselt. Dazu ist der Handlungsablauf schlicht und einfach zu zäh und zu eintönig inszeniert. Das reicht bei mir für eine gute Punktewertung nicht aus.

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                                            smartbo 04.03.2023, 12:43 Geändert 04.03.2023, 16:45

                                            Das Biopic beruht auf wahren Begebenheiten und schildert das Leben des irischen Künstlers Christy Brown. Er wurde am 5. Juni 1932 in Dublin geboren und starb am 6. September 1981. Christy ist eines von 13 Kindern einer armen irischen Familie und seit seiner Geburt fast vollständig gelähmt. Seine Mutter erkennt seine Intelligenz und seine Menschlichkeit, während andere ihn für geistesgestört halten. Christy hat nur die Kontrolle über seinen linken Fuß. Und das nutzt er aus. Mit viel Ausdauer, Talent und Ehrgeiz wird er schließlich zu einem geschätzten Maler, Dichter und Schriftsteller.

                                            Christy ist aufgrund einer Zerebralparese (von lat. cerebrum „Gehirn“ und griech. parese „Lähmung“) schwer behindert, aber als man zunächst dachte, dass er geistig und körperlich behindert ist, stellt sich schnell heraus, dass er in Wirklichkeit ein wahres Genie ist. Der junge Christy (Hugh O'Connor) benutzt seinen linken Fuß – der einzige Körperteil, über den er Kontrolle hat – um ein Stück Kreide von seiner Schwester zu nehmen und die Buchstaben MOTHER auf den Boden zu schreiben. Seiner Mutter (Brenda Fricker) war schon viel früher klar, dass Christy mehr kann, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

                                            Christy wächst behütet in einer warmherzigen Familie auf und seine vielen Brüder und Schwestern beziehen ihn so weit wie möglich in ihr Leben ein. Als Christy jedoch älter wird (den erwachsenen Christy spielt Daniel Day-Lewis), wächst die Frustration in ihm. Wegen seiner Behinderung muss er auf vieles verzichten. Frauen lieben ihn mehr aus Mitleid, sehen ihn aber nicht als potenziellen Partner. Seine Bewegungsunfähigkeit treibt ihn manchmal in Wut und Verzweiflung. Während er sich zunehmend als talentierter Künstler profiliert, ertränkt er seinen Frust mit Whisky.

                                            Obwohl der Film etwas düster wirkt, gibt es viele fröhliche und unbeschwerte Momente. So sieht man den jungen Christy, der von seinen Brüdern in einer Schubkarre die Straße entlang gefahren wird. Für lustige Momente sorgt auch die einfallsreiche Art, mit der er bei einem Fußballspiel auf der Straße mitspielen kann. Aber der Film scheut nicht davor zurück, Christys Schattenseiten zu zeigen. Sein Alkoholismus, seine manchmal verletzende Art, seine Frustrationen und Forderungen. So gelingt es dem Film, ihn authentische zu zeigen, ohne ihn jedoch unsympathisch zu machen.

                                            Daniel Day-Lewis geht völlig in dieser anspruchsvollen Rolle auf. Es ist nicht einfach, einen schwerbehinderten Mann überzeugend darzustellen, aber Day-Lewis gelingt es vorzüglich. Eine wahrlich starke schauspielerische Leistung. Dafür gab es verdientermaßen den Oscar. Auch dem jungen Hugh O'Connor gebührt ein großes Kompliment. Top Schauspiel. Aber ebenso Brenda Fricker in der Rolle der liebevollen Mutter verdient ein großes Lob. Und auch sie erhielt einen Oscar. Neben der mehr als überzeugenden schauspielerischen Leistung ist auch die Geschichte gut. Christy Brown war kein Engel, er war manchmal unerträglich. Gerade deshalb kann sich dieses irische Biopic von amerikanischen Filmen deutlich abheben, in denen die weniger schönen Seiten der Porträtierten mit viel Kitsch verhüllt werden. „Mein linker Fuß“ ist im Vergleich zu solchen Filmen sehr real.

                                            Fazit: Daniel Day-Lewis ist in diesem Film wahrlich brillant. Trotz des traurigen Themas wirkt der Film gar nicht deprimierend, weil er mit viel Humor angereichert wird. Das Prädikat sehenswert hat er in jedem Fall verdient.

                                            Bis zum 27/04/2023 in der ARTE-Mediathek zu sehen.

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                                              smartbo 14.02.2023, 10:12 Geändert 14.02.2023, 11:25

                                              Der ehemalige Secret-Service-Agent Frank Horrigan (Clint Eastwood) wird von seinem Versagen bei der Ermordung des Präsidenten John. F. Kennedy verfolgt. Es war bei der Reise des Präsidenten durch Texas seine Aufgabe, ihn zu beschützen. Dreißig Jahre später bedroht ein Mann, der sich „Booth“ nennt (John Malkowich), den derzeitigen Präsidenten. Dies bringt Horrigan dazu, in zu seinen alten Beruf zurückzukehren, um sein damaliges Versagen gutzumachen und mit der unsäglichen Vergangenheit abzuschließen …

                                              „In the Line of Fire“ ist ein düsterer Thriller, in dem Clint Eastwood mal wieder den eisernen Actionhelden spielt. Die unter der Regie von Wolfgang Petersen inszenierte Geschichte ist geradlinig und schnörkellos. Die nervenaufreibende musikalische Untermalung stammt von Ennio Morricones. Alles große Namen also, die vielversprechend sind. Kann der Film den Erwartungen gerecht werden? Ja, um das schon mal vorwegzunehmen.

                                              Der Film gibt Eastwood in seiner Rolle reichlich Gelegenheit, seine körperliche Fitness zu zeigen. Er ist 63, rennt und klettert aber wie ein junger Spund, schlägt mit harter Faust zu, wie in seinen besten Jahren. (Ja, genau, Eastwood wird am 31.5.2023 93!) Die Handlung schildert aber nicht nur die harte Physis des Protagonisten, sondern verleiht ihm auch eine weichere Seite. Wenn Eastwood nicht als hartgesottener Bodyguard für den US-Präsidenten tätig ist, spielt er einfühlsam auf dem Klavier. Und als wäre das noch nicht genug, darf er sogar Emotionen zeigen. Für Eastwood ist die Rolle wie geschaffen.

                                              Im Film darf Eastwood seine Angst zeigen und Gefühle haben. Er kann ein Mensch sein. Das ist eine Stärke des Filmes inmitten der spannenden und eher obligatorischen Action-Szenen. Der verletzliche Teil seines Charakters wirkt sich positiv auf die Geschichte aus. Die Authentizität seiner Figur unterstützt die Glaubwürdigkeit der gesamten Geschichte und erhöht die Spannung. Die andere perfekte Rolle ist die von John Malkovich. Er spielt einen wahnsinnigen Psychopathen und stellt ihn kontrolliert und teuflisch dar. Er ist furchteinflößend und kaltblütig, wie es nur Malkovich sein kann. Eastwood findet in ihm einen würdigen Gegner. Das vor allem psychologisch akzentuierte Katz-und-Maus-Duell zwischen Eastwood und Malkovich erzeugt eine verstörende Note und gibt dem Film einen zusätzlichen Kick.

                                              „In the Line of fire“ ist ein intelligenter Action-Thriller, der viel Spannung bietet. Ein bisschen Liebeskummer, Schuldgefühle und viele emotionale Akzentuierungen bereichern den Handlungsablauf des Filmes. Die Atmosphäre der 90er Jahr ist gut eingefangen und authentisch. Wenn man zu den bereits erwähnten positiven Aspekten noch die gute Geschichte hinzuzählt, dann ergibt das im Gesamtergebnis eben einen guten Film.

                                              Fazit: ein fetziger und unterhaltsamer Action-Thriller, der den Begriff Langeweile nicht kennt. Ja, er ist 30 Jahr alt, aber der Klassiker lässt sich immer noch sehen und ist bis heute noch absolut einer Empfehlung wert.

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                                                smartbo 12.02.2023, 09:13 Geändert 12.02.2023, 21:24

                                                Bei der Erstsichtung hat der Film bei mir ein „ganz gut“ erzielt. Als der Film aktuell auf Syfy gesendet wurde, habe ich Lust auf eine Zweitsichtung bekommen. Und wie sieht das Ergebnis aus? Also, es hat sich gelohnt, denn ich habe meine Punktewertung verbessert. Grund genug, dieses Mal ein paar Zeilen zu verfassen, um den Film zu würdigen. Ja, er ist gut und von einer albernen Handlung, wie man es verschiedentlich liest, kann meines Erachtens keine Rede sein. Und ich komme auch nicht dahinter, warum er von vielen als Trash im negativen Sinne bezeichnet wird. Denn dafür ist der Film einfach zu gut. Diese Vorbemerkungen sollen genügen, um schon mal vorab meinen positiven Eindruck vom Film herauszustellen.

                                                Nun, worum geht es. Das kleine Wüstendorf Perfection wird von riesigen stinkenden Sandwürmern aufgeschreckt, die sich durch die Erde graben, die Menschen angreifen und sie verschlingen. Val (Kevin Bacon) und Earl (Fred Ward) und die Seismologin Rhonda LeBeck (Finn Carter) gehen der Sache nach und finden heraus, dass sich die riesigen Raketen-Würmer mühelos durch den Wüstensand bewegen können und von den Vibrationen der Dorfbewohner angezogen werden. Als die Monsterwürmer die Bewohner des Kaffs angreifen, beginnt der actiongeladene Kampf Tier gegen Mensch …

                                                Der Film beginnt etwas zäh, und ich habe mich schon gefragt, ob sich die Zweitsichtung lohnen würde. Aber der Film nimmt schnell Fahrt auf. Mit dem Auftauchen der Sandwürmer kann der Spaß beginnen. Kevin Bacon und Fred Ward geben ein lustiges Duo ab und auch der Rest der Besetzung macht einen guten Job. Die Rolle der Seismologin, gespielt von Finn Carter, ist wichtig, denn sie ist nicht so komödienhaft, wie die des Duos. Sie verleiht dem Film einen Hauch Ernsthaftigkeit und verhindert damit, dass die Handlung zu einem albernen Klamauk verkommt. Und auch sie liefert eine prima Performance ab.

                                                Die Spezialeffekte, insbesondere die Darstellung der Raketenwürmer, sind gut inszeniert. Die schleimigen Monster mit ihren weit geöffneten Mäulern und meterlangen, um sich schlagenden Tentakeln wirken real und bedrohlich. Das ist lobend zu erwähnen, denn es wurden keine Computertechniken verwendet. Die Art und Weise, wie sich die Riesenmonster bewegen, ist sehr wirkungsvoll. Wenn sie in Fahrt sind, wird die Erde über ihnen aufgewühlt, und mit dem Sand, den sie auswerfen, hinterlassen sie eine Spur. Eine Inszenierung, welche die Szenen mit den Raketenwürmern gekonnt echt wirken lässt. Hinzu kommt noch die düstere Atmosphäre eines trostlosen und abgelegenen Kaffs in der Wüste, wo keine Hilfe zu erwarten ist. Ja, das ist eben die perfekte Kulisse für diese Geschichte.

                                                Der Film ist eine unterhaltsame und effektive Mischung aus verschiedenen Genres. So sieht man Elemente aus Science-Fiction, Comedy, Action und Horror. Auffallend ist, dass keine von diesen Akzentuierungen zu kurz kommt. Es gibt eine feine Balance, die den Film nicht nur spannend, sondern auch unbeschwert schwarzhumorig zugleich macht. Wäre es eine reine Komödie, oder Science Fiction oder Action oder Horror, würde der Film nicht funktionieren. Der perfekt dosierte Mix macht es. “Im Land der Raketenwürmer“ ist ein kurzweiliger Film mit hohem Unterhaltungswert. Und man kann es schon gut verstehen, warum er den Kultstatus erlangt hat.

                                                Fazit: „Im Land der Raketenwürmer“ ist ein Film, der zeigt, dass der darin präsentierte Humor nicht auf Kosten der Spannung, der Action und des Horrors gehen muss. Der witzige Kultfilm bietet eine super Unterhaltung und ist in jedem Fall auch für Mehrfachsichtungen empfehlenswert.

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                                                  smartbo 10.02.2023, 10:21 Geändert 11.02.2023, 19:12

                                                  Paul Conroy (Ryan Reynolds) ist Lastwagenfahrer aus den Vereinigten Staaten, der im Irak arbeitet. Nach einem Angriff einer Gruppe von Terroristen wacht Paul in einem Sarg im Untergrund auf. Er wurde lebendig begraben. Nur mit einem Feuerzeug und einem Handy muss Paul versuchen, dieser klaustrophobischen Falle zu entkommen...

                                                  Ein Film, der den Aktionsradius des Protagonisten Paul Conroy klein hält. Die Kamera liegt zusammen mit dem Protagonisten in einem Sarg. „Buried“ thematisiert seine beklemmend klaustrophobische Situation und erzählt von den zahlreichen emotionalen Stationen, die Conroy durchläuft. In Zeiten, in denen viele Mainstream-Hollywood-Produktionen glauben, ein Übermaß an Spektakel und Sensationen bieten zu müssen, ist es wohltuend, diesen ruhigen Film in angenehm authentischer Optik zu sehen.

                                                  Die Inszenierung reduziert in „Buried“ alles auf ein Minimum. Der Film nutzt die Möglichkeiten, die ein begrenzter Raum und ein begrenzter Zeitrahmen bieten, maximal aus. Er verwehrt dem Zuschauer den Blick auf die Außenwelt. Die Kamera bleibt konsequent im Sarg vergraben und ist nah an der einzig sichtbaren Figur des Films. Die beklemmende, verstörende und beängstigende Isolation dringt erbarmungslos durch. Das Gefühl der Klaustrophobie macht sich beim Zuschauen breit. Die Verzweiflung und Panik, die Conroy erfassen, sind unangenehm greifbar.

                                                  Ryan Reynolds Schauspiel ist vorzüglich. Seine Rolle erfordert die Darstellung nahezu des gesamten Spektrums vorstellbarer Emotionen. Er versteht es, die Lücke zwischen Momenten der Verzweiflung und Momenten der Hoffnung zu füllen. Die Akustik spielt dabei eine große Rolle. Da der Gesichtsausdruck von Reynolds im schummrigen Licht eines Feuerzeugs oder eines Handys nicht immer gut zu erkennen ist, erfolgt die Übertragung der Emotionen oft über die Stimme. Das gelingt Reynolds vorzüglich.

                                                  Die räumliche Begrenzung birgt die Gefahr, dass der Film langweilig wird. Davon kann aber keine Rede sein. Die emsige Kamera, die Reynolds umkreist und ungewöhnliche Perspektiven wählt, erzeugt Dynamik und Spannung. Außerdem passiert Einiges, das Aufmerksamkeit verlangt. Die Gespräche mit der Außenwelt, die über das Handy laufen, sorgen schon für genügend fesselnder Momente. Ja, auch das unerwartete Finale ist sehr spannend. Immer wieder prima zu sehen, wenn es einem Film gelingt, einen Thriller mit einem ungewöhnlichen Ausrufezeichen zu beenden.

                                                  Fazit: trotz der minimalistischen Umgebung, erzeugt der Film eine tiefgreifende düstere Wirkung, die auch noch nach der Sichtung anhält. Der Film ist kurzweilig. Dafür sorgen schon die gute Inszenierung und die gelunge One-Man -Show von Ryan Reynolds. Meine Empfehlung.  

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                                                  • smartbo 08.02.2023, 15:04 Geändert 08.02.2023, 16:29
                                                    über Forum

                                                    MP scheint sich ja zu einem knallig bunten Reklame-Prospekt zu entwickeln in dem nur die Werbung im Mittelpunkt steht. Wer liest aber bitte Prospekte ? Kein Mensch. Das Herzstück dieser Seite sind immer noch die User-Kommentare und sonst nix. Wer sich für einen bestimmten Film interessiert und eine Meinung zu ihm einholen möchte, wofür MP primär auch da ist, der liest doch nicht die Artikel, sondern nur die Kommentare von den Usern. So sieht es aus. Mit der Abschaffung der Kommentarfunktion unter den Artikeln und der Abschaltung des Gästebuch-Funktion ist MP fleißig dabei, am eigenem Ast zu sägen. Sollte MP die User-Kommis oder die Unter-Kommis auch noch kappen oder einschränken, dann ist das Ende dieser Seite sicher.

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