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Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 14.02.2024, 10:30 Geändert 14.02.2024, 10:32

    Der Anwalt Atticus Finch (Gregory Peck) lebt mit seinen beiden Kindern Jem (Philip Alford) und Scout (Mary Badham) in den 1930er Jahren in einer Kleinstadt im rassistischen Alabama. Die Kinder leben in einer umsorgten Idylle, doch der intolerante und hässliche Rassismus ist alltäglich. Atticus wird gebeten, Tom Robinson (Brock Peters) zu verteidigen, einen Schwarzen, der verdächtigt wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben. Alle haben ihn bereits verurteilt, aber Atticus glaubt an die Unschuld des Mannes. Dass er einen Schwarzen verteidigt, wird nicht von allen in der Stadt geschätzt und besonders seine Kinder leiden darunter. Wird sich die Gerechtigkeit durchsetzen? Oder bestimmt das rassistische Denken eines großen Teils der Bevölkerung das Schicksal von Tom Robinson?

    „Wer die Nachtigall stört“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Harper Lee, das 1960 erschien. Das Buch wurde mehreren Filmstudios zur Verfilmung angeboten, doch kein Studio wollte die Rechte erwerben, weil sie einfach Angst vor dem brisanten Thema der Geschichte, dem Rassismus, hatten. Die Verteidigung eines schwarzen Mannes durch einen weißen Anwalt war damals sicherlich ein heißes Eisen. Schließlich stimmte das Studio Universal zu, den Film zu drehen. Dies war ein Glücksfall, denn der Film kann mittlerweile als einer der besten Filmklassiker gelten, der sich klar gegen Rassismus wendet. Kurze Zeit später nach dem Dreh erfolgte im Jahr 1964 der Civil Rights Act von Präsident Johnson, der die gleiche Rechte für alle verordnete.

    Der Film ist vorzüglich inszeniert. Die Südstaaten-Atmosphäre mit den damit verbundenen Akzenten, den Lebensstilen und ideologischen Konflikten, in deren Mittelpunkt der Rassismus gegen die Schwarzen steht, wird authentisch dargestellt. Die Schatten der Bäume und das Zirpen der Grillen erzeugen die Stimmung eines schwülen Sommerabends. Schöne kindliche Verspieltheit und die hässliche Realität des üblen Rassismus stehen sich gegenüber. Die schwarz-weißen Klischees (Wortspielchen) sind an einigen Stellen zu überzeichnet, aber das schmälert nicht den insgesamt guten Eindruck, den der Film vermittelt.

    Gregory Peck ist die Idealbesetzung des weißen Anwaltes Atticus Finch, der sich für die schwarze Bevölkerung einsetzt, obwohl er und seine Familie wegen der Vorurteile in Schwierigkeiten geraten könnten. Gregory Peck versteht es, in jeder Szene den richtigen Ton zu treffen. Er befolgt vortrefflich die Regel „Weniger ist mehr“, wie zum Beispiel vor Gericht, als er ein verhaltenes, aber intensives und sehr wirkungsvolles Schlussplädoyer vorbringt. Das ist eine der stärksten Szenen des Filmes.

    Die Klasse des Films spiegelt sich nicht nur in der brillanten schauspielerischen Leistung von Gregory Peck wider, der dafür einen Oscar erhielt, auch die restliche Besetzung leistet einen hervorragenden Job. Die beiden kleinen Kinder Mary Badham als Scout und Phillip Alford als Jem zeichnen sich durch ihre super Leistungen aus. Wir sehen auch einen jungen Robert Duvall in einer kleinen Nebenrolle, der ebenfalls zu überzeugen weiß. Aber auch Brock Peters in der Rolle des schwarzen Tom Robinson bietet zweifelsohne eine gute schauspielerische Leistung.

    Fazit: ein großartiger zeitloser Klassiker, dessen Stärke in dem klaren Statement gegen Rassismus liegt, ein Statement, das partiell leider bis heute noch seine Relevanz nicht verloren hat. Ja, ein alter Film, aber ein Film, der gerade heute immer noch aktuell ist, was insbesondere für die perfiden, eng mit dem Rassismus verwandten Abarten gilt: dem Ruf nach einer kollektiven Ausgrenzung, der Verleumdung und der Diskriminierung von Menschen. Es gibt zahlreiche hässliche Diskriminierungsformen. Alle zu erwähnen würde hier den Rahmen sprengen. Eine, die im Kontext zu der Meinungsfreiheit und Meinungsdiversität steht und derzeit sehr „beliebt“ ist, möchte ich explizit erwähnen: sie richtet sich gegen Menschen, die eine andere unerwünschte Meinung vertreten. Das Postulat, dass ALLE Menschen die gleichen Rechte haben und alle Menschen den gleichen Respekt und Toleranz verdient haben, gilt daher derzeit mehr denn je. Und eben diese gesellschaftlichen Diskriminierungsmechanismen werden in diesem Film so vortrefflich veranschaulicht. Die überzeugende Atmosphäre, das super Schauspiel der Darsteller und die unübertreffliche Botschaft machen den Film zu einem sehenswerten Erlebnis. Aus meiner Sicht eine klare Empfehlung.

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      smartbo 21.01.2024, 15:05 Geändert 21.01.2024, 15:12

      Ende des 19. Jahrhunderts, in New Mexiko. Jimmy Ringo (Gregory Peck) ist ein bekannter und gefürchteter Schütze, doch er möchte ein normales Leben führen und seine Frau Peggy (Helen Westcott) zurückgewinnen. Doch in einer Bar in Santa Fé wird er in eine Schießerei verwickelt und erschießt jemanden in Notwehr. Da die Brüder des Opfers auf Rache aus sind, muss Jimmy fliehen …

      „Der Scharfschütze“ spielt zu einer Zeit, in der der Wilde Westen langsam weniger wild wird. Es gibt noch keinen Rechtsstaat, aber die Gesellschaft hat gelernt, sich an bestimmte Regeln zu halten. Mord und Totschlag werden nicht länger einfach toleriert. Revolverhelden werden angesichts des anbrechenden neuen Zeitalters obsolet. Jimmy Ringo ist einer dieser Revolverhelden. Überall, wo Ringo auftaucht, trifft er auf jemanden, der glaubt, er könne seinen Revolver schneller ziehen als er. Davon hat Ringo genug. Tatsächlich würde er sich am liebsten von dieser Welt verabschieden und einfach wie alle anderen eine Familie gründen, ein Stück Land bewirtschaften und Vieh halten können. Aber nein, seine Vergangenheit kommt ihm in die Quere.

      Der Film zeigt eine Gesellschaft an einem Wendepunkt. Eine Gesellschaft, die sich immer noch neu organisiert. Zu viele Menschen haben sich noch nicht darauf eingestellt und haben zu wenige konkrete Ziele. Nicht umsonst versammelt sich vor dem Saloon, in dem Ringo ein Steak und ein Glas Whiskey genießt, eine Menschenmenge, die offenbar nichts besseres zu tun hat, als einem Revolverhelden zuzusehen.

      „Der Scharfschütze“ ist ein Western mit mehr Dramaelementen als Action. Jimmy Ringo (frei nach dem Banditen Johnny Ringo (1850-1882)) wird beeindruckend gut von Gregory Peck gespielt. Ringo ist ein desillusionierter Revolverheld. Er schießt schneller als jeder andere. Eigentlich ist das das Einzige, was er gut kann. Er ist einsam. Seine Freunde aus der Vergangenheit sind tot oder haben sich von ihm abgewandt. Er versucht, sich in die normale Gesellschaft einzufügen, doch der Mythos, der ihn umgibt, verhindert dies. Er hat seinen Stolz und ist verbal aggressiv, tut aber alles, um niemanden zu provozieren. Gregory Peck spielt seine Rolle authentisch und strahlt einen melancholischen Schmerz aus. Neben Peck sind auch die Nebenrollen gut besetzt, wobei vor allem Karl Malden als sympathischer Barkeeper positiv hervorsticht.

      Der Schwerpunkt des Films liegt auf den Charakteren. Die typischen Charaktere, die in einem Western immer irgendwo auftauchen. Der Revolvermann, der Barkeeper, der Sheriff, der Unruhestifter, der Schurke, der Gute, die anständige Ehefrau usw. Sie sind alle auf der Suche. Sie symbolisieren eine Welt, die das Ende des Wilden Westens ankündigt. Eine Welt, die einen Wendepunkt zwischen Gesetzlosigkeit und Rechtmäßigkeit erreicht hat. Der Schaftschütze ist eigentlich eine tragische Figur mit einem unerfüllbaren Wunsch. Und er ist einfach nur müde.

      Fazit: Ein authentischer, dramatischer und für 1950 stilistisch sicherlich innovativer psychologischer Charakter-Western über einen legendären Revolverhelden, der ein neues Leben beginnen wollte. Das Highlight ist Gregory Peck, der wahrlich eine beeindruckende Leistung liefert. Ein etwas anderer Western, dennoch für alle Westernfans einer Empfehlung wert.

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        smartbo 19.01.2024, 10:03 Geändert 19.01.2024, 16:45

        Der Film schildert unter der Regie von Ridley Scott das Leben von Napoleon Bonaparte. Während der Französischen Revolution steigt Napoleon Bonaparte ( Joaquin Phoenix) schnell in den militärischen Rängen auf. Als General ergreift er 1799 durch einen Putsch die Macht und lässt sich im Jahr 1804 zum Kaiser der Franzosen krönen. Er beschließt, Kriege gegen europäische Nationen zu führen, um sein Reich zu erweitern. Unterdessen versucht er auch, seine ehebrecherische Frau Joséphine (Vanessa Kirby) zu beeindrucken, mit der er eine brisante Beziehung pflegt …

        Was Action und Spektakel angeht, verlässt sich Hollywood heutzutage auf den Computer, was oft zu einem Wirrwarr an Effekten führt. Der Film verzichtet darauf. Die Armeen, die zu sehen sind, bestehen nicht aus digital kopierten Menschen. Von der Schlacht in Austerlitz bis zur Schlacht von Waterloo stürmen hier tatsächlich Tausende von Statisten zu Pferd aufeinander los. Und man spürt den Unterschied. Es sterben keine Marionetten, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Es ist lange her, dass ein historischer Film in diesen Szenen so viel Authentizität ausstrahlte. Das ist das Positive an dem Film.

        Mit einem mehr als zweieinhalb stündigen Film über eine mythische und komplexe historische Figur hofft man auf eine emotionale Reise und eine Charakterstudie, die dem Zuschauer einen Einblick in Napoleons Beweggründe gibt. Warum war er sowohl ein verrückter Tyrann als auch ein hoffnungsloser Romantiker? Und gibt es da vielleicht einen Zusammenhang? Der Film zeigt den Mythos, fängt ihn aber nie emotional ein, weil es an Charaktertiefe fehlt. Im Nachhinein kann man allenfalls den Schluss ziehen, dass Bonaparte ein recht bemerkenswerter Mensch war. Psychologisch interessanter ist seine Ehe mit der ehebrecherischen Joséphine. Sie kriegen sich ständig in die Haare, aber sie können auch nicht ohne einander leben. Die Dynamik zwischen diesen beiden Menschen ist das schlagende Herz des Films. Als sie die Scheidungspapiere unterschreiben, schleicht sich ein Funke Emotion in die Geschichte ein. Das war es dann aber auch schon alles an Emotionalität.

        Wie kann man das gesamte Leben Napoleons in einem 2 ½ -stündigen Film unterbringen? Der Film möchte Napoleon und seiner Josephine Tiefe verleihen, aber auch seiner gesamten Karriere vom Aufstieg in der Französischen Revolution bis zum Sturz in Waterloo. Darin scheitert der Film. Er ist zu fragmentarisch, da er zwischen ausgewählten Höhepunkten seines Lebens hin und her springt. Von A bis Z funktioniert der Film chronologisch nach dem Schema: die Eroberung der Stadt Toulon, daraufhin ein Treffen mit Josephine, dann wurde er gekrönt, sodann wieder Josephine, daraufhin der Feldzug nach Russland, nachher wieder Josephine, dann nach Elba verbannt und daraufhin kam er zurück und da war da noch die gescheiterte Schlacht bei Waterloo und anschließend die Verbannung nach Helena und schon wieder nichts als Josephine im Kopf... Der Film huscht hastig von Kapitel zu Kapitel. Die Fakten stimmen großteils, aber es gibt keine Tiefe, keinen Handlungsaufbau, keine fesselnden Momente, keinen Raum für das genaue Wie und Warum.

        Es ist schade, dass dem Film die Tiefe fehlt, sonst wäre es wahrlich ein Top-Film geworden. Er übernimmt viel zu viel und möchte praktisch die Geschichte von Napoleons gesamtem Leben erzählen. Für eine Serie mit mehreren Staffeln wäre das in Ordnung, aber das kann man nicht in einen Film schaffen, nicht einmal in einem sehr langen Film. Es ist zu viel, deshalb gibt es meistens auch keinen roten Faden. Beispiel: In einer Szene freundet sich Napoleon mit dem russischen Zaren an und eine Minute später sind sie plötzlich in einen Krieg verwickelt. Das wirkt zusammenhangslos, denn eine verbindende und erklärende Szene fehlt. Der Film kommt auf diese Weise nie zum Atmen und erwacht daher nicht wirklich zum Leben. Optisch ist „Napoleon“ wirklich ein beeindruckender Film, und zwar nicht nur in den Schlachten, sondern auch in den Kulissen, den Kostümen, den Umgebungen, den Requisiten. Aber das ist zu wenig.

        Negativ auf die Wertung wirkt sich aus meiner Sicht aus, dass einige historisch wichtige Ereignisse fehlen, z.B. die Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813, die für ihn mit einer vernichtenden Niederlage endete, im Film aber noch nicht einmal erwähnt wird, obwohl sie für seinen Werdegang so wichtig war und seinen Niedergang einläutete. Seine Kindheit und Jugend auf Korsika werden im Film ebenfalls völlig ausgeklammert. Dies dient zwar der Laufzeitökonomie, damit fehlt aber der entscheidende Lebensabschnitt, der wichtig für eine tiefe Charakterzeichnung wäre. Interessant wäre auch zu vermitteln, dass Napoleon, dessen Geburtsname Napoleone di Bonaparte war, italienische Vorfahren hatte, seine Muttersprache italienisch war und er erst später seine Französischkenntnisse verbesserte. Deswegen wurde er in der Schule gemobbt und auch später während seiner Laufbahn verspottet, weil er ständig Worte verwechselte. Mit seiner Mutter hatte er ein enges Verhältnis, mit der er Zeit seines Lebens regelmäßig italienisch kommunizierte.

        Fazit: Der große Wurf ist Ridley Scott mit diesem Film meiner Meinung nach nicht gelungen. Er ähnelt manchmal einer Dokumentation, allerdings mit einem Budget von 200 Millionen Dollar. Ein sehr teurer „Napoleon“, der in seinem seelenlosen Handlungsablauf zu sehr schwankt und von Ereignis zum Ereignis zu sehr dahinhuscht, um eine gut erzählte Geschichte zu sein. Dem Film mangelt es einfach an Gründlichkeit und Tiefgang, und das kann durch die wirklich beeindruckende Optik, die gut inszenierten Schlachten, die Kulissen, die Requisiten, die Kostümierung und die schönen Bilder nicht wettgemacht werden. Joaquin Phoenix gibt sein Bestes, kann den Film aber leider nicht retten. Für mich war der Film eine große Enttäuschung.

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          smartbo 16.01.2024, 11:25 Geändert 16.01.2024, 18:58

          *** Der Kommentar enthält SPOILER ***

          Während einer Patrouille in der Wüste von New Mexico, wo im Jahr1945 die ersten amerikanischen Atombomben getestet wurden, finden zwei Polizisten ein Mädchen. Sie trägt eine Pupe unter dem Arm und steht unter Schock, weil sie gerade Schreckliches gesehen hat. Später werden die Leichen der Eltern des Mädchens gefunden. Das FBI und ein Team aus Wissenschaftlern untersuchen die Ursache für die Todesfälle. Eine Ameisensäurespur führt dann zu einem radioaktiv verseuchten Ameisennest, in dem die Ameisen durch die Strahlung zu riesigen Monstern herangewachsen sind. Es dauert nicht lange, bis Panik ausbricht …

          Auffallend ist, dass der Film stark beginnt, indem er die Ursache der Katastrophe lange Zeit nicht verrät, sondern nur die Folgen schildert: Zerstörung, Opfer und verschiedene unerklärliche Anzeichen dafür, dass in der Wüste etwas sehr Seltsames vorgeht. Der Handlungsaufbau ist sehr subtil und gelungen. Irgendwelche Monster sind offenbar unterwegs. Selbst als man in der Nähe die kreischenden, unheimlichen und hohen Geräusche deutlich hört, sind sie immer noch außer Sicht. Das schafft eine bedrückendere und bedrohliche Atmosphäre. Und auch bei den Angriffen sind nur ihre kreischenden Schreie und die Schüsse und Schreie ihrer Opfer zu hören.

          Doch dann offenbart der Film allmählich das Geheimnis: durch die Atombombenexplosionen sind nukleare Strahlungen entstanden, wodurch Ameisen zu riesengroßen Monstern mutiert sind. Durch die schrittweisen Erklärungen über die Natur und Eigenschaften der Ameisen und ihr anschließendes tatsächliches Auftreten entsteht in dem ersten Teil des Films eine entsprechend bedrückende Atmosphäre, in der die Bedrohung durch die Ameisen-Monster ständig spürbar ist. Um das Bedrohungsszenario zu stärken, ist im Film von einem Insektenforscher zu hören, dass die Ameisen neben den Menschen die einzigen Geschöpfe sind, die systematisch Krieg führen. Sie töten ihre Feinde oder versklaven sie. Auch wenn die Ameisen nur gelegentlich auftauchen, wird die Spannung schön aufgebaut und mit jeder Szene mit dem unheimlichen Geräusch der Ameisen die Spannung noch weiter gesteigert.

          Allerdings verliert der Film allmählich an Schwung. Mit der Zeit stellt sich aber die düstere Atmosphäre wieder ein, als man feststellt, dass die Ameisen ihr Nest in den Abwasserkanälen von Los Angeles gebaut haben und die Stadt daher auf einer biologischen Bombe lebt, die jeden Moment explodieren kann. Die Tatsache, dass die Ameisen lange Zweit unbemerkt in Abwasserkanälen gelebt haben sollen, nagt etwas an der Glaubwürdigkeit. Doch das Finale des Films mit den gelungenen diversen Konfrontationen mit den Ameisen macht diesen Punkt wieder wett.

          Die Spezialeffekte, mit denen die Ameisen-Monster dargestellt werden, sind zwar typisch für die damalige Zeit handgemacht, sie entfalten jedoch eine verblüffend gute Wirkung. Die Ameisen sind zwar nur teilweise sichtbar und nicht in großer Zahl, aber die coolen Spezialeffekte funktionieren zusammen mit den nerventötenden Geräuschen bestens. Daran gibt es nichts auszusetzen.

          Fazit: Ein Film aus den 1950er-Jahren, in dem die Angst vor den Folgen des Atomzeitalters deutlich zum Ausdruck kommt. Die bedrückende und düstere Atmosphäre, die im Großteil des Films auf mehreren Ebenen vorhanden ist, und die gut inszenierten Kämpfe mit den Ameisen machen diesen Film zu einem der besseren Horrorfilme der 1950er Jahre. Für Fans von Horrorfilmen in jedem Fall zu empfehlen.

          P.S.: Für alle, die ein Sky-Abo haben: ist auf "Sky Cinema Classics" on Demand im Abo verfügbar. Der Sendehinweis fehlt wieder mal hier auf mp. ;-)

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            smartbo 14.01.2024, 10:23 Geändert 14.01.2024, 13:38

            *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

            Sean Falco (Robert Sheehan ) und Derek Sandoval (Carlito Olivero) sind in einem schicken Restaurant angestellt, wo sie am Eingang den Parkplatzservice organisieren. Während die Gäste zu Abend essen, nutzen Sean und Derek die Gelegenheit, um in die Häuser der Gäste auszurauben. Die Dinge laufen gut, bis sie ihre Aufmerksamkeit einem falschen Gast ( David Tennant) und seinem Zuhause widmen. Sean entdeckt in einem der Räume seines Hauses eine angekettete junge Frau. Wird Sean dies der Polizei melden oder wird er den Entführer des Mädchens verfolgen?

            Die stärksten Momente des Films liegen in der ersten Hälfte. Es ist die Hälfte des spannenden Aufbaus, der Fragezeichen und der tollen bedrückenden Atmosphäre. Indem der Film jedoch nach einiger Zeit die Welt der Geheimnisse und des Mysteriums verlässt und Enthüllungen und Action mehr Raum gibt, lässt die bedrückende Stimmung nach und nach etwas ab. Das hängt sicherlich mit dem Mörder zusammen. Die Faszination, die sich von der ersten Minute an für diesen Charakter entwickelt, hat vor allem mit seiner kalten, unmenschlichen, autistischen und exzentrischen Art zu tun. Sobald aber diese Schicht aufgedeckt ist und das Geheimnis um den Mörder gelüftet wird, lassen die fesselnden Momente etwas nach. Der Mörder verliert seine Attraktivität. Er verhält sich wie der übliche Killer aus so vielen anderen Filmen und wird sogar zur Karikatur. Vielleicht ist er etwas absurder als der durchschnittliche Mörder, aber auf jeden Fall hat sein Schauspiel nicht mehr wie am Anfang die beeindruckende, durchdringende und verstörende Wirkung. Mit der Entwicklung verändert sich auch der Charakter des Films und der Film wird mehr und mehr zu einem actiongeladenen Film.

            Die Veränderung der Atmosphäre erfolgt recht heftig. Anfangs sieht man einen düsteren Film. Im nächsten Moment findet man sich in einem Film mit Action, einfacher Handlung und vielen Cliffhangern wieder. Daran ist überhaupt nichts auszusetzen, aber der rapide Trendbruch hat mir weniger gut gefallen.

            Fazit: „Bad Samaritan -Im Visier des Killers“ ist kein schlechter Film. Besonders in der ersten Hälfte ist die interessante, geheimnisvolle Handlung (jemand bricht ein und sieht Dinge, die er nicht sehen sollte) mit viel (psychologischer) Spannung gefüllt. In der zweiten Hälfte kommt es zu abrupten Rissen in der sorgfältig konstruierten Atmosphäre, als sich der Film für mehr Sensation und mehr Action in der Geschichte entscheidet. Der Film bleibt unterhaltsam, aber nach der starken ersten Halbzeit verflacht die Handlung. Trotz der Einschränkung reicht es aber bei mir für ein solides „Gut“ in jedem Fall aus.

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              smartbo 12.01.2024, 13:28 Geändert 12.01.2024, 15:03

              Das Ehepaar Amanda Sandford (Julia Roberts) und Clay Sandford (Ethan Hawke) machen mit ihren beiden Kindern Archie (Charlie Evans) und Rose (Farrah Mackenzie) einen Wochenendausflug und begeben sich in ein gemietetes Haus auf Long Island in New York. Strom, Internet, TV, Radio und Telefon scheinen dort nicht zu funktionieren. Spät in der Nacht klingeln ein Vater und eine Tochter an der Tür und behaupten, dass das Haus ihnen gehört und dass sie gerade Zeuge eines großen Stromausfalls geworden sind. Sie sagen, dass sie nur hierher kommen könnten. Vater GH Scott (Mahershala Ali) und seine Tochter Ruth (Myha'la) sind schwarz und ihre Geschichte erregt großes Misstrauen, insbesondere bei Amanda, die nicht gerade scharf darauf ist, dass jemand ihren Urlaub stört ...

              Ob dies eine glaubhafte Darstellung der Endzeit ist, das ist eine offene Frage. Im Film bliebt ja so Vieles unbeantwortet. Wenn einem beim Anschauen eines Filmes so viele Fragen durch den Kopf gehen, ist das meist kein gutes Zeichen. Der kritische Punkt ist, dass sowohl die Charaktere als auch die Geschichte einfach zu wenig bringen. Die Handlung verläuft ohne Höhen und Tiefen flach und oberflächlich. Optisch sieht alles gut aus, und die Kamera scheint mit allerlei Blickwinkeln beeindrucken zu wollen. Aber schon nach kurzer Zeit tritt Langeweile ein. Man wartet ständig darauf, dass jetzt endlich etwas passiert. Es kommt aber kaum etwas. Und so wartet man auf den Abspann. Die schlechte Nachricht ist aber, dass er erst nach zwei Stunden und fünfzehn Minuten kommt. Und dann das Filmende, das schlicht und einfach schlecht ist. Es beschränkt sich darauf, dass der Film mitten in der Geschichte plötzlich aufhört. Filme mit offenem Ende müssen ja nicht unbedingt schlecht sein, der schafft es aber.

              Der Film ist voller pseudophilosophischer Dialoge, die kaum einen Sinn ergeben. Hinzukommen die Holprigkeiten in der Geschichte. Bin keiner, der in Filmen ständig nach Logiklöchern sucht. Für mich geht die Kunstfreiheit vor und bei Logiklöchern drücke ich meistens ein Auge zu. Aber hier ist es auffällig: ich fragte mich während der Sichtung, warum im ganzen Haus Licht brennt, wenn der Strom ausgefallen sein soll? Es gibt noch eine ganze Fülle von Ungereimtheiten, das soll aber genügen.

              Der Film ist eine Metapher für das heutige Amerika: die Menschen leben unbekümmert in den Tag hinein, während die Welt drumherum langsam zugrunde geht. Das vermittelt zumindest der Plot. Inwieweit dies real ist, sei mal dahingestellt. Aber bedarf es hierfür einer solch oberflächlichen Story, die sich wie ein Kaugummi hinzieht? Sowohl beim Plot als auch bei den Charakteren fehlt es an Tiefe. Es gibt keinerlei Sympathie für irgendeinen der Charaktere. Julia Roberts und Ethan Hawke spielen stereotype Figuren: sie misstrauisch, immer auf Zack, er der Gutmütige, der nichts begreift und eine zeitgemäße Parodie auf den selbstzufriedenen tumben Mann ist. Zeitgemäß ist ebenso die Darstellung der woken Tochter von Scott Ruth: sie ist schwarz, jung, weiblich und hat stets den vollen Durchblick. Eine derzeit wohl allgegenwärtige Akzentuierung, die dem Zeitgeist entspricht. Und auch bei den Charakteren ist man neugierig darauf, was mit ihnen am Ende passiert. Aber eben das abrupte Filmende lässt den Zuschauer auch bei dieser Frage allein. Übertreibungen liegen mir nicht, aber bei diesem Film bin ich fast geneigt zu sagen, dass der Film einen der größten Cliffhänger aller Zeiten zu bieten hat. (Ironie)

              Fazit: den Film fand ich anfangs interessant, am Ende ist es aber eine Enttäuschung geworden. Eine kernige Charakterisierung dürfe lauten: die Geschichte beginnt in irgendwo und endet in nirgendwo. Das grundlegende Konzept ist eigentlich nicht schlecht und hat Potential, das aber bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Und auch die bekannten Schauspieler konnten den Film nicht retten. Bei so viel Kritik kommt am Ende halt keine gute Wertung zustande. Das war mir zu wenig und zu defizitär. Schade, ich habe mehr erwartet.

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                smartbo 09.01.2024, 11:12 Geändert 09.01.2024, 22:49

                Inspiriert, einen Kommentar zu dem komplexen Thema „Bedeutung der Wölfe für die Natur“ zu schreiben, hat mich unser geschätzter Buddy @Chionati, der sich in seinen Beiträgen so vehement und mit so viel Herzblut für den Schutz der Tiere einsetzt.

                Worum geht es in der Doku? Was die Natur, ihre Komplexität und ihre Zerbrechlichkeit angeht, verhalten sich die Menschen manchmal wie kleine Kinder. Beispiel: Yellowstone-Nationalpark, in den Rocky Mountains gelegen, im Nordwesten der USA, ca. 9000 Quadratkilometer groß, die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt ca. 100 Kilometer, die Ost-West-Ausdehnung ca 90 Kilometer, im Jahr 1872 eingeweiht. 1) Die Politiker wollten damals nicht, dass „böse Tiere“, also Raubtiere, dieses idyllische Reiseziel für Familien stören. Deshalb wurden Wölfe, Kojoten, Pumas und Luchse gnadenlos ausgerottet … und die Katastrophe begann, die Natur geriet aus den Fugen.

                Denn ein Ökosystem ist sehr sensibel, das nicht gestört werden will. Da es keine Wölfe gab (der letzte wurde 1926 im Yellowstone-Nationalpark getötet), hatten Wapitis 2), Elche und Bisons reichlich Zeit, sich zu vermehren. Gut so für den Nationalpark und die Pflanzenfresser ? Auf keinen Fall. Sie knabberten nämlich maßlos an all dem Grün, das in Reichweite war, und verwandelten innerhalb weniger Jahrzehnte die üppige Flora des Yellowstone-Nationalparks in eine karge Steppe. Es kam zu Erosionen, die Flüsse sackten ein, das Leben in den Flüssen wurde zerstört, Fische gab es kaum noch.

                Mitte der 1990er Jahre vertraten einige wenige Wissenschaftler die Meinung, dass die Rettung des Parks in der Wiederansiedlung von Wölfen liegen würde. Sie waren sich nicht wirklich sicher, was das bewirken würde. Zwischen 1995 und 1997 wurden 41 Wölfe gegen massiven Widerstand in den Park angesiedelt. Sie vermehrten sich und sie taten, was man von Ihnen erwartete. Seitdem gibt es aktuell ca. 10 Rudel mit ca. 108 Wölfen 3) und im Yellowstone ist alles besser.

                Denn auch wenn der Wolf entgegen der landläufigen Meinung ein schlechter Jäger ist und oft „mit leeren Händen“ zurückkehrt, haben Wapitis, Elche und Bisons aufgehört, sich ungehemmt zu vermehren, und die Pflanzenwelt erwachte langsam wieder zum Leben. Im Nationalpark hat seit der Rückkehr des großen bösen Wolfes eine unerwartete Kettenreaktion stattgefunden: die gesamte Flora, die Pappeln, die Weidensträucher und die Bäume erobern allmählich wieder den Boden.

                Die Wölfe sorgen aber auch bei den Tieren für den Anstieg der Artenvielfalt, alleine dadurch, dass sie Kojoten jagen, die sich ja von kleinen Nagetiere ernähren. Durch den Rückgang des Kojotenbestandes kam es zur Vermehrung von kleinen Nagetieren und zur Rückkehr von Adlern und anderen Greifvögeln. Der Anstieg der Nagetiere war auch ein Gewinn für die Füchse, die sich zunehmend vermehren konnten. Die Flüsse konnten sich wieder erholen, dadurch hatten die Fische mehr Nachwuchs, was dazu führte, dass sich unzählige Wasservögel wieder im Park ansiedelten. Und es gibt Nischen mit einer extrem hohen Biodiversität, die unzählige Tierarten beherbergen, so gibt es u.a. mehr Biber zu sehen. Ich könnte jetzt so weitermachen, aber am besten ist es, wenn man sich den Film selbst anschaut und ein Bild macht.

                Handwerklich ist die Naturdokumentation gut gemacht. Sie nimmt den Zuschauer mit in den Yellowstone Nationalpark und punktet mit wunderbaren, hochwertigen Aufnahmen und einem wahren optischen Genuss. Die Bilder werden aus den unterschiedlichsten Perspektiven gezeigt, mal von ganz oben aus der Luft, mal vom Boden aus. Ergänzt werden die Aufnahmen mit zahlreichen Interwiews mit Experten. Der Sprecher reichert mit seinen zahlreichen interessanten Informationen die großartige optische Atmosphäre noch zusätzlich an. Der Informationsgehalt ist fundiert und hoch. Die meisten, vor allem deutschen Dokus, zu solchen Themen sind oft reine Propaganda, oft auch von politischen Interessen determiniert. Diese Doku ist anders: sie ist erfrischend sachlich, ausgewogen, glaubwürdig und wissenschaftlich untermauert.

                Fazit: Prima Doku, in der verständlich und anschaulich das Ökosystem und die vielfältigen Zusammenhänge erklärt werden. Sie zeigt wieder einmal eindrucksvoll, wie perfekt der Kreislauf in der Natur funktioniert, wenn die Natur sich selbst überlassen wird und der Mensch sich nicht einmischt. Ich selbst bin vom Hause aus kein Naturwissenschaftler, deshalb war die Sichtung für mich sehr interessant und lehrreich. Mein Gesamteindruck fällt positiv aus. Ich kann diese deutsche Top-Naturdokumentation nicht nur Naturliebhabern als sehenswert empfehlen. Daumen hoch.
                _________________________________________________________
                1) Quelle siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Yellowstone-Nationalpark

                2) Interessantes: Wapitis gehören zu der Hirschfamilie, sind aber deutlich größer als Hirsche. Der Wapiti ist überwiegend in Nordamerika heimisch. Die Bezeichnung Wapiti stammt von den Indianern. In Nordamerika wird aber dieser Name nicht verwendet, sondern Elk, also Elch. Die Hirschart, die bei uns als Elch bekannt und größter als der Wapiti ist, wird in Nordamerika moose genannt.
                Quelle : https://de.wikipedia.org/wiki/Wapiti

                3) Stand Januar 2023 / Quelle https://www.nps.gov/yell/learn/nature/wolves.htm
                ____________________________________________________________

                >>> Die Dokumentation ist bis zum 23.1.2024 auf Arte verfügbar

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                  smartbo 07.01.2024, 10:50 Geändert 07.01.2024, 11:01

                  *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                  Nicholas Van Orton (Michael Douglas) ist ein Mann, von dem man auf den ersten Blick nicht gerade annimmt, dass er mit seiner Familie Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielt. Er ist ein erfolgreicher und daher wohlhabender Geschäftsmann, der allein in einem riesigen Haus lebt. Er ist geschieden und scheint nur für seine Arbeit zu leben.

                  Zu seinem 48. Geburtstag erhält er von seinem Bruder Conrad (Sean Penn) eine Art Game-Geschenkgutschein. Um das Zertifikat einzulösen, muss er sich an CRS (Consumer Recreation Services) wenden. Er stattet der Firma einen Besuch ab. CRS-Chef Jim Feingold (James Rebhorn) versucht Nicholas zu erklären, was „The Game“ beinhaltet, bleibt dabei aber sehr vage. Nicholas ahnt zunächst nicht, dass das Spiel längst begonnen hat. Er wird in dem Spiel zusammen mit Christine (Deborah Kara Unger), der er als Kellnerin begegnet, in zunehmend gefährliche Situationen gebracht, und von diesem Moment an werden die Ereignisse in seinem ansonsten wohlgeordneten Leben immer seltsamer …

                  Die erste Stunde von „The Game“ baut sich langsam auf, aber der Film versteht es dennoch, Neugier und Spannung zu erzeugen. Die Atmosphäre ist bedrohlich, was auch der guten Musik und den schönen nächtlichen Kulissen von San Francisco zu verdanken ist. Die Geschichte hat den nötigen Schwung, so dass von Langeweile keine Rede sein kann. Der Zuschauer wird permanent in die Irre geführt. Unter der Regie von David Fincher weiß der Film mit seiner vortrefflichen Inszenierung zu gefallen. Das Hauptthema des Filmes ist, wie sich ein normaler Mensch verhält, der plötzlich in einer Extremsituation gebracht wird.

                  Der gesamte Cast ist stark besetzt. Michael Douglas liefert als Van Orton eine gute Leistung. Er spielt den harten Geschäftsmann. Eine etwas klischeehafte Rolle, aber es ist eine Rolle, die auf ihn gut zugeschnitten ist und durchaus zu ihm passt. Die Charakterentwicklung, die seine Figur durchläuft, ist überzeugend, vom kalten, berechnenden Geschäftsmann zum am Boden zerstörten und hilflosen Opfer. Sean Penns Rolle ist zeitlich beschränkt, aber wenn er auf der Leinwand ist, beeindruckt er mit einer super Leistung. Auch Deborah Kara Unger versteht es, den Zuschauer mit ihrer geheimnisvollen Art zu spielen, zu fesseln und ist die zentrale Figur, die dafür sorgt, den Zuschauer in die Irre zu führen

                  Fazit: „The Game“ ist ein sehr unterhaltsamer und spannender Thriller, der auf die Atmosphäre setzt und einige Überraschungen und unerwartete Wendungen -vor allem am Ende des Filmes - zu bieten hat. Der Zuschauer wird ständig in die Irre geführt und hat keine Ahnung, wem man vertrauen kann und wem nicht. De Film ist über 25 Jahre alt, aber typisch für einen 90er-Jahre-Film, hat er nichts an seiner Stärke eingebüßt und ist bis heute noch sehenswert.

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                    smartbo 29.12.2023, 10:13 Geändert 29.12.2023, 13:10

                    Auf der Suche nach einem Film mit Bezug zum bevorstehenden Silvester habe ich diese Komödie aus dem Jahr 1960 von Billy Wilder gefunden, in der sich das Finale am Silvesterabend abspielt und mit einem Knall des Sektkorkens endet. Die Inszenierung ist etwas Oldschool, optisch nicht der Hit, in schwarzweiß gedreht, von einer tief ausgearbeiteten, raffinierten Geschichte kann hier keine Rede sein, und eine romantische Komödie ist ja nicht gerade mein bevorzugtes Genre, dennoch hat mir der Film gut gefallen, um das schon mal vorwegzuschicken.

                    Der kleine Angestellte Bud Baxter (Jack Lemmon) arbeitet in einem riesigen Großraumbüro eines Versicherungskonzerns und weiß, was man tun muss, um aufzusteigen. Er stellt sein eigenes Appartement für die außerehelichen Eskapaden der Bosse des Versicherungsgesellschaft zur Verfügung. Als Bud seinem Chef Sheldrake (MacMurray) den Schlüssel leiht, gelingt ihm eine Beförderung. Aber das hat Einfluss auf sein eigenes Liebesleben. Denn Bud verliebt sich Hals über Kopf in die süße Aufzugsführerin Fran Kubelik (Shirley MacLaine). Bud steht vor einer wichtigen Entscheidung in seiner Karriere: Entscheidet er sich für seinen Job oder entscheidet er sich für die Frau seiner Träume?

                    Es ist eine Freude, diesem Schwarzweißfilm zwei Stunden lang zuzuschauen. Er sackt in der Mitte etwas ab, macht das aber schnell wieder wett und endet sehr stark. Nicht nur Jack Lemmon ist gut, auch die anderen Schauspieler wie MacLaine und MacMurray schneiden prima ab. Shirley McLaine spielt eine berührende Rolle, während Jack Lemmon seiner Figur eine komödiantische Note verleiht. Beide stellen sympathische, wenn auch naive, einsame Charaktere dar, die von derselben Person manipuliert werden. Und Fred MacMurray spielt wieder mal vorzüglich den Schurken. Neben den Hauptprotagonisten fallen vor allem Buds Nachbarn auf, der jüdische Arzt Dr.Dreyfuss und seiner Frau Mildred, die in witzigen Szenen Bud für einen Frauenhelden und Feierheini halten. Beide spielen ihre Rollen sehr gut. Die Atmosphäre ist großartig. Der Film weist eine gute Balance zwischen Humor und Drama auf. Es wird nie zu kitschig oder zu albern, aber zum Glück auch nie zu dramatisch.

                    Aber der Film bietet noch mehr: es ist auch eine düster-komische Satire auf den beruflichen Büroalltag, die einen bitteren Blick auf die Arbeitswelt wirft, die hierarchisch geordnet ist und in der nach unten getreten und nach oben gebuckelt wird. Und dann die Angestellten in dem riesigen Großraumbüro mit den unzähligen Schreibtischen, Baxer am Tisch Nummer 861: es wirkt wie ein großes Gefängnis, in dem die Angestellten gefangen sind und ihre stupide, monotone Arbeit verrichten. Freigelassen werden sie, wenn die große Uhr an der Wand um Punkt 17:20 Uhr schrillt und Feierabend einläutet. Ein subtiler Seitenhieb auf die Wirtschaftswelt ist hier ohne Weiteres erkennbar.

                    Das Frauenbild ist im Film nicht gerade schmeichelhaft. Sie werden hier als naive Dümmchen dargestellt. Der Film meint es aber nicht ernst. Nein. Es ist vielmehr eine bissig-satirische Überspitzung, die sich in die allgegenwärtige Ironie des Filmes einfügt und sicherlich nicht überbewertet werden sollte. Im Film wird ja so ziemlich alles und jeder auf die Schippe genommen. Und auch die Männer kriegen ihr Fett weg. So werden die Bosse des Versicherungskonzerns als alte, arrogante, einfach gestrickte, egoistische Machos dargestellt.

                    Fazit: Ein Klassiker, der Spaß macht, mit all seinen lustigen Szenen, eigebettet in einer schönen Geschichte. Der Film hat zahlreiche Auszeichnungen (Oscar, Golden Globe usw.) erhalten.*). Komödie, Romantik, Wohlfühlatmosphäre und ein bisschen Drama: wer danach sucht, der ist hier genau richtig. Alles funktioniert bestens, und leider werden gegenwärtig zu wenige Filme, wie dieser hier, gedreht. Das Genre Liebeskomödie ist eigentlich nicht so meine Kragenweite, aber dieser Film hat mich gut unterhalten und ich habe ihn wirklich genossen. Daumen hoch.

                    *) https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Appartement#Auszeichnungen

                    >>> Kann mit Werbung kostenlos auf "freevee" geschaut werden. <<<

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                    • smartbo 24.12.2023, 10:46 Geändert 24.12.2023, 14:05

                      Wünsche Euch ein tolles Weihnachtsfest sowie ein gutes und gesundes Neues Jahr 2024. Kommt gut rein. Freue mich jetzt schon auf die neuen Filme/Serien sowie auf Eure vielfältigen und originellen Ideen bei der Kommentierung im kommenden Jahr. Hoffentlich bleiben wir alle hier auf MP am Ball und lesen uns auch am nächsten Weihnachtsfest 2024. Bleibt gesund.

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                        smartbo 22.12.2023, 16:16 Geändert 22.12.2023, 17:35

                        *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                        Die Geschichte basiert auf dem Buch „A Christmas Carol“ von Charles Dickens, der in England im 19. Jahrhundert lebte. Dickens war nicht nur ein erfolgreicher Schriftsteller. Er hat in seinen Büchern subtil aber deutlich die sozialen Missstände in England kritisiert und sich für soziale Reformen eingesetzt. Ob Manchester-Kapitalismus, Kinderarbeit, Korruption oder Ungleichheit vor Gericht: das sind die Leitthemen in seinen Romanen. Dieser Film wurde 1999 gedreht und ist eine britischen TV-Produktion. Im Mittelpunkt steht der grantige Geizhals Ebenezer Scrooge, der die Menschen hasst und das Weihnachtsfest verachtet. Der Film fängt die Geschichte gut ein und vermittelt gleichzeitig eine beeindruckend glaubhafte Atmosphäre. Dies schon mal vorweg.

                        London, Heiligabend 1843. Der geizige und herzlose Ebenezer Scrooge (Patrick Stewart) hat immer schlechte Laune. Sein treuer Angestellter Bob Cratchit ( Richard E. Grant) ist immer das Ziel seiner Wutreden. Er hält wenig von Weihnachten und seinen Bräuchen Am Heiligabend sitzt er allein in seinem Wohnzimmer. Unter dem Rasseln der Ketten erscheint plötzlich der Geist seines verstorbenen Freundes Marley. Er kommt, um ihn zu warnen, dass er für alles Böse, das er anderen antut, bezahlen muss. Er kündigt den Besuch von weiteren Geistern an. Die Weihnachtsgeister nehmen ihn mit auf eine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf der sich der alte und verbitterte Scrooge widerwillig der Wahrheit stellen muss …

                        Die Bilder, die dem Zuschauer präsentiert werden, sind klar, lebendig und einnehmend: man sieht die schneebedeckten Dächer Londons; das Kreuz, das die christlichen Werte der Liebe symbolisiert; den Schnee, der auf die Zuschauer zu fallen scheint; die Kostüme, die Kulissen, die Kutschen auf den Straßen. Alles führt uns in die Viktorianische Zeit Londons. Die Atmosphäre des viktorianischen Englands ist stark und die Auswirkungen der Industrialisierung sind allgegenwärtig. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, und überall sind arme Menschen zu sehen. Für eine düstere Stimmung sorgen die Kulissen und die Beleuchtung, die von Anfang an gut eingesetzt sind. Dieses nasse, winterliche Ambiente fühlt sich so trostlos an und spiegelt das kalte Herz von Scrooge wider. Es funktioniert so gut im Kontrast zu dem hellen, verschneiten Look am Ende, als Scrooge erlöst wird. Was den Cast angeht, leisten alle beteiligten Schauspieler einen guten Job. Herausragend ist natürlich die Leistung von Patrick Stewart, der Scrooge mit Überzeugung und Aufrichtigkeit zum Leben erweckt.

                        Die Spezialeffekte sind etwas in die Jahre gekommen, aber ganz passabel. So ist die Inszenierung der drei Weihnachtsgeister Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schon alleine wegen des geringen Budgets zwar einfach ausgefallen, aber ganz gut gelungen. Am besten hat mir der Blick auf die Vergangenheit gefallen, weil in dieser Passage geschildert wird, was zu Strooges herzloser Haltung geführt hat. Der Verlust von Belle, seiner Verlobten, hat dabei sicherlich eine entscheiden Rolle gespielt. Der Geist der Gegenwart nimmt ihn mit zu der Familie seines Angestellten Bob Cratchit. Die Familie ist arm, der Sohn ist schwerbehindert. Ungeachtet dessen feiern sie glücklich und fröhlich das Weihnachtsfest. Der Geist der Zukunft warnt ihn vor seiner düsteren Zukunft, wenn er sich nicht ändert. Er zeigt ihm, dass er bald sterben würde, und dass keiner um ihn trauern wird. Dieser Geist ist meines Erachtens weniger gut gelungen. Insgesamt okay, aber man hätte z.B. gut und gerne auf die leuchtenden Augen des Geistes und auf seinen menschlichen Zeigefinger verzichten können.

                        Fazit: Der Film spielt im 19. Jahrhundert. Ja, eine andere Zeit, weit weg von unserem Alltag, aber eigentlich mit den gleichen Problemen. Und genau das ist der Grund, warum der Weihnachtsfilm auch heute noch so real ist und so gut funktioniert. Er schildert, wie für diejenigen, die alles haben, es schwierig ist, diejenigen zu verstehen, die wenig oder nichts haben, und es für manche noch komplizierter ist, etwas aufzugeben, um es anderen zu geben. Ein sehenswerter Weihnachtsfilm für jung und alt mit einer wahrlich schönen Botschaft, die bestens zum Weihnachtsfest passt.

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                          smartbo 20.12.2023, 10:41 Geändert 21.12.2023, 09:40

                          Der Weihnachtsfilm spielt in den 1970er Jahren. Es ist dreißig Jahre her nach der ursprünglichen Geschichte aus dem im Jahr 1983 gedrehten Film „Fröhliche Weihnachten“. Der inzwischen erwachsene Ralphie kehrt als Ralph Parker (Peter Billingsley) mit seiner Frau Sandy (Erinn Hayes), seinem Sohn Mark (River Drosche) und seiner Tochter Julie (Julianna Layne) in sein ehemaliges Haus in der Cleveland Street, in Hohman/ Indiana, zurück, wo seine Mutter (Julie Hagerty) wohnt. Sein Vater ist vor Kurzem gestorben. Ralph hofft, seinen Kindern dort ein schönes und zauberhaftes Weihnachtsfest zu bereiten, so wie er es als Kind erlebt hat, als der Vater noch lebte. In Hohmann trifft er seine Freunde aus seiner Kindheit wieder. Dann beginnen in der Familie die Weihnachtsvorbereitungen und es gibt – wie kann es anders sein- viel Trubel und die typischen Tücken des Alltags. Doch die Vorweihnachtszeit ist auch voller Spannung und Vorfreude auf den Heiligen Abend …

                          Der Film ist eine späte Fortsetzung von „Fröhliche Weihnachten“ aus dem Jahr 1983. Ein Film, der damals recht erfolgreich war. Ralphie Parker ist wieder die Hauptfigur und hat sich zu einem erwachsenen Mann mit eigener Familie entwickelt. Die Rolle des Ralph wird, wie in dem Film aus 1983, von Peter Billingsley gespielt. Neben Billingsley kehren viele weitere bekannte Gesichter zurück. Wie sein Vorgängerfilm verzichtet der Film weitgehend auf Sentimentalität und Kitsch, bietet unterhaltsame Situationskomik und ist auch schwarzem Humor nicht abgeneigt. Die spaßige Akzentuierungen sind im Film so gesetzt, dass sich die Erwachsene wie Kinder benehmen und die Kinder, wie Erwachsene. Der Film ist auch satirisch. So ist eine köstliche Satire auf die Sternsinger zu sehen, die als eine lästige Plage präsentiert werden und vor denen man panisch fliehen muss, will man sie loswerden.

                          Das zügellose Kaufverhalten und der allgemeine Wahnsinn rund um die Weihnachtszeit werden auf humorige Weise beleuchtet. Selbstverständlich werden in einem Weihnachtsfilm auch Familienprobleme thematisiert. Aber eben nicht übertreiben. Denn alles wird mit Comedy angereichert und es gibt genügend verrücktes Familienchaos, um zu verhindern, dass der Film in aufgezwungene Wohlfühlatmosphäre verfällt. Dabei ist der Kitsch überschaubar. Der Film setzt auf 70er-Jahre-Nostalgie und das gelingt ihm gut: so sieht man die protzigen Ami-Schlitten, bunte Klamotten und die obligatorische Lametta auf dem Weihnachtsbaum.

                          Fazit: Man sollte vor der Sichtung schon die kritische Brille ablegen und sich auf den Film einlassen, will man Spaß und Unterhaltung bei der Sichtung haben. Anspruchsvolle Kost oder einen tiefsinnigen Plot darf man hier ohnehin nicht erwarten. Aber der Film hat mich unter dieser Prämisse gut unterhalten. Als Vorweihnachtsfilm ist er für eine Sichtung prima geeignet.

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                            smartbo 17.12.2023, 09:41 Geändert 17.12.2023, 14:03

                            Tomas (Viktor Klem) hatte im 1. Weltkrieg eine Nahtoderfahrung. Nach dem Krieg im strengen Winter 1918 landet Tomas, der beruflich Verstorbene fotografiert, in einem Dorf in Ungarn. Dort gibt es ungewöhnlich viele Sterbefälle. Der feindselige Empfang, die mysteriösen Todesfälle und die seltsamen Erscheinungen auf seinen Fotos scheinen Grund genug, das Dorf so schnell wie möglich zu verlassen. Doch stattdessen sucht Tomas zusammen mit der kleine Anna (Fruzsina Hais) nach einer Möglichkeit, die Geister, die das Dorf heimsuchen, zu vertreiben.

                            Der Protagonist Tomás ist ein Leichenfotograf, eine grausige Tätigkeit, die in dieser Zeit nicht ungewöhnlich war. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert war die Kindersterblichkeit hoch und ein Foto des verstorbenen Kindes war oft die einzige greifbare und erschwingliche Erinnerung. Auch Erwachsene wurden nach ihrem Tod fotografiert. Manchmal wurde der Verstorbene schlafend dargestellt, im Bett oder im Sarg. Der Leichnam wurde oft aufrecht aufgestellt und bildete so gemeinsam mit den zurückgelassenen Angehörigen ein Bild als Andenken. Ein gutes Beispiel ist das verstörende Foto vom toten, im Bett liegenden Bismarck, das im Sommer 1898 in seinem Haus in Friedrichsruh geschossen wurde.

                            Es ist ein guter Film mit einer morbiden Atmosphäre. Natürlich hervorgerufen durch den Beruf des Protagonisten, der in einigen Eröffnungsszenen damit beschäftigt ist, tote Menschen fotogen zu positionieren. Die Atmosphäre ist die Stärke des Films und in jeder Szene fest verankert, und er versteht es, das makabre Ambiente aufrechtzuerhalten.

                            „Post Mortem“ ist kein Film in dem Blut fließt und hinter jeder Ecke ein Bösewicht lauert. Er macht es subtil: mit Geräuschen auf dem Dachboden, mit einem bedrohlichen Schatten, mit einer Grimasse im toten Gesicht, mit ängstlichen und besorgten Dorfbewohnern. Und mit einer authentischen Kulisse eines rückständigen Dorfes, dessen abgeschiedene Lage durch die harten Winterbedingungen noch verstärkt wird. Schön und einnehmend sind die schneebedeckten winterlichen Kulissen. Die gute Kameraführung und die passende Musik runden das bedrohliche Bild ab.

                            Der lässige Umgang der Dorfbewohner mit der Anwesenheit von Geistern bildet einen seltsamen Kontrast zur bedrohlichen Atmosphäre. So sind die Bewohner nicht überrascht, dass Geister ihr Dorf besuchen. Sie sind nur erstaunt und später ängstlich über die extremen Formen, die dieser Besuch annimmt. Das Pacing ist gemächlich. Zum Ende hin sehen wir allerdings ein überraschend hektisches Finale, das mit einfachen Mitteln präsentiert wird und den Film teilweise sogar in die Richtung des Surrealen und Grotesken treibt. Die Ende-Sequenz passt irgendwie nicht zum Rest des Filmes, es ist eher so etwas wie ein Geisterfilm auf Speed. Das hat mich nicht überzeugt, und deshalb gibt es hier Punkteabzug.

                            Fazit: Es ist ein gut inszenierter Grusel-Film im Old-School-Stil, der etwas anders ist und der vor allem mit seinen skurrilen Szenen und der originellen Geschichte auffällt. Nicht schlecht, keineswegs, aber das Filmende mit dem überhasteten und chaotischen Finale hat eine bessere Bewertung vermasselt. Dennoch reicht bei mir für ein solides „Ganz gut“. 

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                              smartbo 13.12.2023, 11:01 Geändert 13.12.2023, 14:17

                              Auf der Suche nach nicht alltäglichen, originellen Filmen und Filmen aus Ländern, die noch nicht in meiner Filmauswahl vertreten sind, habe ich diesen chilenischen Stop-Motion Film gefunden. Der Film basiert lose auf der Geschichte der Colonia Dignidad, der 1967 von Paul Schäfer gegründeten Sekte. Ein Deutscher, der wegen Kindesmissbrauchsvorwürfen mit seinen Sektenmitgliedern aus Deutschland nach Chile geflohen ist. Innerhalb der Sekte passierten schreckliche Dinge. Die Mitglieder der Sekte wurden geschlagen, als Arbeitssklaven ausgenutzt, die Kinder misshandelt und vergewaltigt. Die Sekte wurde von dem chilenischen Diktator Pinochet toleriert und zur Inhaftierung und Folterung politischer Gegner genutzt. Die Colonia Dignidad fungierte als Staat im Staate. Sie wurde im Jahr 1997 auflöst.

                              Es ist ein geschickt und mit großem Aufwand gemachter Stop-Motion-Film, eine Filmtechnik bei der eine Bewegungen von einzeln fotografierten Objekten dadurch hergestellt wird, indem man sie geringfügig ändert und schnell hintereinander reiht. Damit entsteht die Illusion einer Bewegung. Im Stil eines Märchens und mit Pappmaché schildert „La Casa Lobo“ das Trauma rund um die Colonia Dignidad-Sekte.

                              Worum geht es im Film? . Nach den einleitenden Bildern der Kolonie verlässt der Film die Idylle und konzentriert sich auf die Hauptfigur Maria. Ein junges Mädchen, das bestraft wird, weil es in den Augen von Paul Schäfer, dem Führer der Sekte, fahrlässig gehandelt hat: sie vernachlässigt ihre Arbeit, woraufhin drei Schweine entfliehen. Sie flüchtet und landet in einem verwahrlosten Haus, wo sie zwei Schweine findet. Außerhalb des Hauses hört man den großen Wolf , der Maria und den Zuschauer mit seinem gelegentlich bedrohlichen Geheul auf seine Existenz aufmerksam macht und symbolisch als permanente Bedrohung fungiert.

                              Der Film vermittelt das allgegenwärtige Gefühl von Verfolgung und Kontrolle. „La Casa Lobo“ lebt hauptsächlich von seinem surrealistischen Ansatz. Dies verleiht dem Film eine verstörende Atmosphäre. In einer märchenhaften Umgebung wird Stop-Motion eingesetzt. Der Betrachter sieht, wie sich die Figuren immer wieder weiterentwickeln. Sie tauchen langsam aus einem Gemälde an der Wand auf oder formieren sich aus Pappmaché. In den Figuren ist immer Bewegung. Jeder kreative Akt und jede Szene, jeder Pinselstrich und jedes Stück Papier, mit dem die Figuren und Dekorationen geschaffen wurden, sind zumindest für einen kurzen Moment zu sehen.

                              Die Bilder sind einerseits kreativ und beeindruckend. Andererseits wirken die ständige Bewegungen, die auf dem Bildschirm stattfinden, partiell ziemlich nervig. Auch die Kamera ist während dieses sich wiederholenden Entstehungsprozesses ständig in Bewegung. Das ist sicherlich aufwendig und bewundernswert gemacht, vermittelt aber einen sehr unruhigen Eindruck. Außerdem sieht alles so aus, als wäre es von Kinderhand gemacht. Ästhetisch gesehen nicht gerade beeindruckend. Die kindlichen Zeichnungen an den Wänden, die Fenster und Türen oder ein Bücherregal darstellen, die Pappmaché-Figuren mit strähnigem Haar und Puppenteilen als Gliedmaßen, alles kommt wie ein chaotisches Durcheinander rüber. Dennoch gelingt es dem Film, das Auge des Betrachters zu verführen.

                              Die Geschichte, die anfangs in dieser Bewegungswelle prinzipiell noch einer klaren Linie folgt, unterliegt schnell dem Trubel und ist nicht leicht zu verfolgen. Alles ist fließend. Die Konturen von Räumen verwischen, Wände werden zu Leinwänden, auf denen Gedanken und Erfahrungen festgehalten werden. Überall tauchen Gegenstände aus dem Boden auf und bilden neue Darstellungen, die dann wieder zusammenfallen. Ja, es ist ein etwas zu überladener Wahnsinn. Irgendwann weiß man nicht mehr, wo man suchen soll. Der feste Boden wird dem Zuschauer während der Sichtung unter den Füßen weggezogen. Befinden wir uns noch in dem heruntergekommenen Haus oder befinden wir uns nun in der traumatischen Gedankenwelt des Flüchtlingsmädchens Maria? Oder waren wir die ganze Filmlänge dort?

                              Fazit: Der Film erhielt im Jahr 2018 auf der Berlinale den Caligari Filmpreis *). Natürlich ist die hier umgesetzte Stop-Motion-Technik künstlerisch und kreativ sehr beeindruckend. Und am Ende kann ich auch dem zustimmen, was uns der Film primär zeigen will: das Leben und die Tortour der unterdrückten und misshandelten Menschen in einer Sekte. Die Analogie zu Pinochets brutaler und blutiger Diktatur ist unverkennbar. Die Mission ist sicherlich erfolgreich, aber mir gefiel die etwas zu hektische und chaotische Art und Weise weniger, die sich insbesondere am Filmende bemerkbar macht. Aus diesem Grund reicht es bei mir nur zu einem „Geht so“.

                              * Mit dem Caligari Filmpreis wird jährlich ein besonders stilistischer und innovativer Film auf der Berlinale ausgezeichnet. Namensgeber ist der deutsche Filmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari.“

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                                smartbo 10.12.2023, 10:55 Geändert 10.12.2023, 17:15

                                Charlie (Brendan Fraser) ist Englischlehrer und lebt zurückgezogen. Er leidet an krankhafter Fettleibigkeit und isst sich langsam zu Tode. Der Titel bezieht sich natürlich auf den schwergewichtigen Protagonisten. Er ist aber mit sich selbst im Reinen, verfällt die meiste Zeit in Depressionen und Fatalismus. Dennoch versucht er, die Beziehungen zu seiner entfremdeten Teenager-Tochter Ellie (Sadie Sink) zu verbessern. Doch schaffen es die beiden, das schwierige Vater-Tochter-Verhältnis zu kitten?

                                Charlie wiegt 270 Kilogramm, leidet an Völlerei und lebt in einem dunklen Haus, von dem aus er Online-Unterricht gibt. Seine Schüler sehen ihn nicht, da er seine Kamera ausgeschaltet hat, weil er sich schämt. Ohne Rollator kann er sich kaum bewegen. Anhaltende Anfälle von Atemnot deuten auf einen unmittelbar bevorstehenden Tod hin. Eine Reihe von Charakteren, die damit in Verbindung stehen, warum seine Abwärtsspirale begonnen hat, besuchen ihn von Zeit zu Zeit.

                                Im ungewohnten 4:3-Format gedreht, setzt der Film zu Beginn seine starken Akzente und baut im Verlauf darauf auf. Gleich am Anfang wird Charlies Einsamkeit akzentuiert dargestellt und der Zuschauer wird mit einem selbstzerstörerischen Anfall von Völlerei und Charlies Verzweiflung konfrontiert. All das passiert in diesem bedrückend engen Rahmen, der mit schwach beleuchteten Bildern gefüllt ist, die effektiv eine düstere Atmosphäre hervorrufen. Der Film spielt in Charlies Wohnung und diese wenigen Quadratmeter Wohnfläche unterstreichen die Botschaft, dass Charlie ein bedrückendes Dasein führt.

                                Das Melodrama basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Samuel D. Hunter. Die Aufführung ist daher bühnenhaft. Und das bedeutet, es gibt viele Dialoge. Neben Literarischem gibt es auch religiös akzentuierte Gespräche. Der desillusionierte Charlie wird gelegentlich von dem fröhlichen Evangelisten Thomas (Ty Simpkins) besucht, der ihn auf den Weg zum Gott drängen will. Das bringt nicht viel, außer dass Charlie sich noch mehr seiner eigenen Philosophie anschließt, die besagt, dass jeder seines Glückes Schmied und jeder für sein Untergang selbst verantwortlich ist. Er sieht sich selbst im metaphorischen Sinne als den Wal aus dem Roman Moby Dick, der ständig gegen die Menschen um ihn herum anzukämpfen hat, die versuchen ihn einzufangen. Ob es sich um einen Evangelisten oder die befreundete Krankenschwester Liz (Hong Chau) oder sogar um seine eigene Tochter handelt, Charlie weist alle guten Absichten, ihm zu helfen, rigoros zurück und wälzt sich lieber in seiner eigenen Ohnmacht, Trauer und Selbstzerstörung.

                                Brendan Fraser spielt den Charlie wahrlich brillant. Er verleiht Charlie ein gewisses Maß an Emotionalität, die der Film als Ganzes aufgrund der Handlung nur wenig hervorrufen kann. Und auch die Dialoge, die eigentlich recht oberflächlich sind, tun dies nicht. Nein, die emotionale und menschliche Akzentuierung kommt von dem vorzüglichen Schauspiel Frasers, dem es beeindruckend gelingt, tief in die Gefühlswelt seiner Figur einzutauchen. Das Schauspiel in den Nebenrollen ist allerdings weniger überzeugend. Insbesondere Ellie, seine Tochter, und Mary (Samantha Morton), seine Ex-Frau, werden zu gezwungen und zu karikiert dargestellt. Das tut aber meiner insgesamt guten Einschätzung keinen Abbruch.

                                Fazit: „The Whale“ ist ein anspruchsvoller Film und inhaltlich nicht gerade eine leicht Kost. Ein Film, der in der Kategorie Arthouse-Drama gut aufgehoben ist, ohne es negativ zu meinen. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Wer Action, eine raffinierte Handlung oder Spannung sucht, der ist hier fehl am Platz. Brendan Fraser liefert die Rolle seines Lebens und schildert beeindruckend die emotionale Talfahrt, in welcher der gescheiterte Charlie gefangen ist. Er trägt im Alleingang den Film. Die Geschichte selbst ist nicht gerade der Hit. Unter dem Strich ist es aber ein beeindruckender und durchaus fesselnder Film, der aus meiner Sicht die Wertung sehenswert absolut verdient.
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                                  smartbo 09.12.2023, 11:49 Geändert 09.12.2023, 11:56

                                  Filmtipp von mir: "Angel Heart" läuft am Sonntag, 10.12.2023, um 21:55 auf Arte. Einer von meinen Lieblingsfilmen. Top Film und absolut sehenswert.

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                                    smartbo 05.12.2023, 10:33 Geändert 05.12.2023, 15:50

                                    Der Film beruht auf wahren Begebenheiten und auf dem Sachbuch „Killers of the Flower Moon: „The Osage Murders and the Birth of the FBI“ von David Brann. Zum besseren Verständnis stelle ich nachfolgend einen kurzen Abriss der historischen Geschehnisse voran. Aufgebaut ist die Handlung des Filmes auf dem Hintergrund der Ermordung von Indianern des Osage-Stammes im Osage-County, Oklahoma, in den 1920er Jahren. Das FBI wurde daraufhin mit den Ermittlungen beauftragt. Es ging dabei ums Geld, viel Geld. In den 1890er Jahren wurde im Osage-Territorium Öl entdeckt. Als der Ölmarkt in den 1920er Jahren boomte, wurden die Osage-Indianer so reich, dass sie kurzzeitig als die reichsten Menschen der Welt galten. Jeder Bewohner der Gegend erhielt das Anrecht auf Lizenzgebühren für die Ölförderung. Der Reichtum führte bei den Osage-Indianern allerdings zum Alkoholismus, Verfall der Sitten und der Traditionen, Gewaltverbrechen untereinander. Das viele Geld führte auch dazu, dass die weiße Bevölkerung Amerikas in die Gegend strömte, um auch etwas von dem Kuchen abzubekommen. Die Männer versuchten oft, die Osage-Frauen zu heiraten, um die gleichen Anrechte zu erhalten, wie die Indianer. In dieser Zeit ist es zu Betrügereien und Morden an den Osage-Indianern gekommen.

                                    Worum geht es im Film ? Einer der Männer, die auf der Suche nach Arbeit in die Gegend ziehen, ist der Kriegsveteran Ernest Burkhart, gespielt von Leonardo DiCaprio. Burkhart ist der Neffe von William K. Hale (Robert de Niro). Hale gibt sich als Freund des Osage Stammes aus und hat großen Einfluss innerhalb des Osage-Territoriums. Und er verdient viel Geld mit dem Osage-Stamm. Er spielt einen scheinbar freundlichen Mann, dem es gelingt, immer mehr Geld zu machen. Es ist bizarr zu sehen, womit er durchkommt. Zu Beginn des Films ermutigt Hale seinen Neffen Ernest, Molly Kyle (Lily Gladstone), ein Vollblutmitglied der Osage, zu heiraten, der viel Geld zusteht.

                                    Was den Rest der Geschichte betrifft, möchte ich nicht zu viel verraten, aber eines schon mal vorweg: der Film hat mich nicht überzeugt. Was primär auffällt, ist, dass die Geschichte endlos ausdehnt wurde, bis sie allmählich hauchdünn wird und nur noch Langeweile ausstrahlt. Aber anscheinend spielt es heute keine Rolle mehr, wenn die Hauptrollen mit großen Namen besetzt sind. Große Namen reichen mir aber für eine gute Wertung nicht aus. Da muss schon mehr kommen, und der Film bietet eben aus meier Sicht für eine gute Einschätzung halt zu wenig.

                                    Es ist noch nicht einmal die 3 ½ stündige Überlänge des Filmes, die ich kritisiere. Für mich ist die Laufzeit eigentlich nicht der Punkt. Es passiert ja immer etwas und es bleibt interessant genug. Inhaltlich habe ich auch nichts zu kritisieren. Dennoch fehlt es einfach an fesselnden Momenten. Jedes Mal ist man voller Hoffnung, dass es jetzt richtig spannend wird. Aber es kommt kaum etwas.

                                    Die emotionalen Akzentuierungen sind im Hinblick auf das Potential, das die Geschichte liefert, ebenfalls nicht vollständig ausgeschöpft. So werden beispielsweise mehrere Morde an Figuren begangen, die kaum oder gar keine Zeit auf der Leinwand hatten, so dass man keine Bindung zu ihnen aufbauen konnte. Die Morde wirken einfach nicht interessant genug, vielmehr wie in einem Dokumentarfilm als etwas ganz Normales. Das ist etwas, das eine gewisse Distanz zum Handlungsverlauf erzeugt. Hinzu kommt, dass die Charaktere der Protagonisten Burkhart und Hale, gespielt von Leonardo DiCaprio und Robert De Niro, klischeehaft und viel zu überzeichnet sind. Dass sie auf dem Hintergrund der Geschichte als Standard-Bösewichte dargestellt werden, ist mir zu einfach.

                                    Kommen wir zu den Hauptprotagonisten. Was sofort auffällt, ist DiCaprios überzeichnete Mimik. Er spielt ja den bösen, später von Gewissensbissen geplagten Mann und hat dementsprechend nur einen Gesichtsausdruck: fast die gesamte Zeit sieht der Zuschauer sein besorgt dreinblickendes aufgedunsenes Gesicht, stirnrunzelnd und mit herabhängenden Mundwinkeln. Es ist eine meines Erachtens überflüssige und phasenweise gar komisch wirkende Maskerade Für mich hat Leonardo DiCaprio seine Figur wenig authentisch dargestellt. So ist z.B. nicht klar, ob er nun seine Frau liebt oder nicht. Leo ist zweifellos ein super Schauspieler, klar, aber so wie er diese Rolle spielt, hat mir nicht gefallen. Ich denke, dass mit DiCaprio die Rolle nicht optimal besetzt ist. Er hätte besser den FBI-Agenten spielen sollen und Jesse Plemons, der den FBI-Agenten darstellt, den zwielichtigen Burkhart.

                                    Das gleiche gilt für Robert De Niro: ebenfalls ein absolut guter Schauspieler, aber seine Leistung hat mich nicht überzeugt. Er stellt klischeehaft die überzeichnete und überdrehte Karikatur eines hinterhältigen Bösewichts dar, die partiell wie eine Parodie wirkt. In diesem Film ist er längst nicht mehr der top Schauspieler, der mich mit seinem Schauspiel immer zu beeindrucken wusste. Ich denke, dass ein Daniel Day-Lewis z.B. (genial als gieriger Bösewicht in „There will be blood“) diese Rolle ohne plakativer Überspitzung besser gemeistert hätte.

                                    Auf der positiven Seite, was den Cast anbetrifft, sehe ich Lily Gladstone als Mollie Burkhart, die aus meiner Sicht im gesamten Film den größten Eindruck hinterlässt. Dass sie fast die Hälfte des Filmes krankheitshalber nur im Bett verbringt, ist eine reine Verschwendung ihres Schauspieltalentes. Ihre Rolle hätte besser und umfangreicher ausgearbeitet werden sollen. Überzeugend fand ich ebenso Jesse Plemons in der Rolle des FBI-Agenten, der -wie wir es von ihm gewohnt sind - eine gute und authentische Performance liefert.

                                    Fazit: Der Film hat ja zahlreiche hervorragende Kritiken erhalten und wird derzeit ganz ordentlich gehypt. Die Geschichte ist inhaltlich gut. Imponierend sind ebenfalls die aufwendigen Kulissen. Den positiven Wertungen kann ich mich aber gänzlich nicht anschließen. Kurz und bündig: die Geschichte ist zu monoton gestrickt, es ist zu langweilig, zu schwerfällig, es wird nie spannend. Die Charaktere der Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio und Robert De Niro werden zu klischeehaft und zu überzeichnet präsentiert. Meister Scorsese hat ja in seinen früheren Werken, wie z.B, in „Good Fellas“, zu Genüge bewiesen, dass er es kann. Bei diesem Film hapert es aber. Eine schlechte Wertung wäre jedoch anderseits nicht angemessen. Ja, die erste Stunde ist eigentlich die beste, man ist gespannt, voller Neugier und hofft auf einen kurzweiligen Film. Dann aber zerfällt alles und man sieht daraufhin bis zum Ende einer langweilig und eintönig erzählten Geschichte zu. Alles in allem reicht es aus meiner Sicht daher nur zu einem „geht so“. Mehr ist trotz der großen Namen bei mir nicht drin.

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                                      Den Film habe ich zum wiederholten Mal geschaut und die ursprüngliche Kommentierung neu verfasst.

                                      *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                                      Wir sind im Mittelalter im Jahr 1327. Der Franziskanermönch William von Baskerville (Sean Connery) und sein Schüler, der Novize Adson (Christian Slater), besuchen ein Benediktinerkloster in den italienischen Apenninen. Dort ereignen sich mysteriöse und grausame Morde. Obwohl William offiziell zu einer theologischen Debatte eingeladen wird, wird er vom Abt gebeten, Licht auf die finsteren Ereignisse zu werfen. William entdeckt bald, dass die Bibliothek des Klosters eine wichtige Rolle in dem Geschehen spielt und insbesondere ein mysteriöses griechisches Buch von Aristoteles …

                                      Dem Film gelingt es gut, den theologischen Hintergrund der Geschichte , in eine verständliche Form zu bringen. Themen, die damals viel Aufsehen erregten und über die es innerhalb der christlichen Welt keine Einigkeit gab, wechseln sich ab, mal geraten sie in den Vorder- und mal in den Hintergrund. So werden Themen wie Armut, Häresie, Inquisition und der wahre Glaube explizit beleuchtet. Sie schafften ein großartiges Hintergrundbild, das die gespannte Atmosphäre, die zwischen den verschiedenen Klosterorden und den Mönchen herrscht, gut einfängt.

                                      Von zentraler Bedeutung im Film ist ein verschollenes Werk von Aristoteles, das sich mit der Komödie beschäftigt. In diesem Werk betrachtete Aristoteles das Lachen zusätzlich zu Dingen wie Traurigkeit und Angst als ein Mittel zur emotionalen Reinigung. In diesem Zusammenhang spekulierten die Mönche ernsthaft darüber, ob Jesus jemals gelacht hat. Das wirkt aus heutiger Sicht ziemlich banal, aber in der damaligen Zeit und im Kontext zu der Handlung, waren solche Fragen unter den Geistlichen wichtig.

                                      Zentrale Rolle im Film spielt ein greiser, blinder und strenger Mönch namens Jorge de Burgos , gespielt von Feodor Chaliapin Jr., der mit seinen apokalyptischen Horrorvisionen seinen Mitbrüdern und dem Zuschauer Unbehagen einflößt. Jorge ist davon überzeugt, dass Angst und Glaube immer untrennbar miteinander verbunden sein müssen und das Buch von Aristoteles über das Lachen, das sich in der Bibliothek befindet, gefährlich sei, weil es die Angst beseitigt und somit die Existenz der Kirche gefährdet.

                                      Die Abtei bildet eine exzellente Kulisse *, die perfekt zum Plot passt: dicke Wände, hohe Gewölbe, eine prächtige Bibliothek mit einem gigantischen Treppensystem, spartanisch eingerichtete Zimmer. Der Innenraum wird nur spärlich mit flackernden Kerzen beleuchtet. Die trübe Sicht hat eine besonders düstere Wirkung. Optisch ist der Film ein wahrer Hingucker. Die Mönche, die in dieser ausgezeichnet inszenierten Umgebung zu sehen sind, sind fast ausnahmslos weltfremd und vermitteln den Eindruck von eigentümlichen, urigen und skurrilen Gestalten. Schauspielerisch weiß der Film fast ausnahmslos zu überzeugen, wobei insbesondere Sean Connery in der Rolle des William, Ron Perlman als der schwachsinnige Salvatore und F.Murray Abraham in der Rolle des Inquisitors Bernardo Gui besonders zu gefallen wissen.

                                      Fazit: „Der Name der Rose“ ist ein atmosphärisch dichter und spannender Thriller, der dem Zuschauer in kleinen Häppchen auch philosophische und theologische Fragestellungen präsentiert. Meiner Meinung nach ist es ein sehr starker Film, der meisterhaft inszeniert wurde und eine grandiose Kulisse sowie eine großartige Besetzung bietet. Der film ist sicherlich nicht nur für Fans des Mittelalters einer Empfehlung wert.

                                      * Die Innenaufnahmen des Filmes fanden im Kloster Eberbach ( in der Nähe von Wiesbaden) statt.

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                                        Der Wilde Westen wurde Ende des 19. Jahrhunderts großteils schon besiedelt. In New York entstehen die ersten Wolkenkratzer. Die Eisenbahn verbindet den riesigen Kontinent und das Land blüht auf. Die Ära der Gesetzlosigkeit ist aber nicht vorbei. Vor allem nicht im Norden. In dem abgelegenen Gebiet, in dem der Klondike-Goldrausch herrscht, gilt immer noch das Gesetz des Stärkeren. Schließlich ist Washington weit weg.

                                        Der korrupte Sheriff und Richter Gannon, perfekt zwielichtig und bösartig gespielt von John McIntire, beherrscht die Stadt. Eine prima Kulisse für einen einsamen Cowboy wie Jeff Webster, ebenfalls gut gespielt von James Steward, der ein Einzelgänger ist und sich nur um seine eigenen Interessen kümmert. Dabei gerät er in Konflikt mit Gannon. An seiner Seite kämpft das Plappermaul Ben Tatum (Walter Brennan) und Hilfe bekommt er von der Salonbesitzerin, Ronda Castle (Ruth Roman), die sich in den stoischen Jeff verliebt. Das Ergebnis ist eine gelungene Geschichte, die auf schlammigen Straßen, in rauen Saloons und in sehenswerten Berglandschaften spielt …

                                        Es ist eine ungewöhnliche Rolle von James Stewart. Er spielt nicht den sympathischen und pathetischen Helden, sondern einen, der moralischen Grundsätzen längst entsagt hat. Er ist gierig und nur um sein eigenes Wohlergehen besorgt. Selbst seinem treuen Begleiter Ben macht er mehrfach unmissverständlich klar, dass er ihn rauswirft, wenn er ihm nichts mehr nützt und er ihm zur Last wird. Jeff ist ein ambivalenter Held. „Ich brauche keine anderen Leute. Ich brauche keine Hilfe. Ich kann auf mich aufpassen.“ Er ist ein Antiheld, der viel von sich selbst in seinem Feind Gannon wiedererkennt. Der Film spielt in der eisigen und bergigen Landschaft. So kalt und unberechenbar wie die Landschaft, wägt Jeff seine Vorteile ab, ohne sich um die anderen zu kümmern. Doch am Ende zeigt er, dass er auch Verantwortung übernehmen kann.

                                        Es ist ein etwas anderer Western, weil er nicht auf schmalzigem Heldenepos aufgebaut ist, sondern den Protagonisten mit Ecken und Kanten und auch von der dunklen Seite zeigt. Auch die Kulissen sind für ein Western ungewohnt: er spielt nicht im sonnigem südlichen USA, sondern in der rauen Landschaft an der Grenze zwischen USA und Kanada. Aber ansonsten ist alles da, was ein Western braucht: Bösewichte, die Guten, Ungerechtigkeiten, Schießeisen, Rindertracks, Pferde, weite Landschaften, Saloons und natürlich auch eine Frau, die sich in den Protagonisten verliebt.

                                        Fazit: Im dem Western stechen insbesondere die prima Optik, die schönen Landschaftsaufnahmen sowie der etwas anderer Charakter des Protagonisten hervor. Er ist der Antiheld, der kaum Sympathie und Pathos ausstrahlt, wie in den meisten Westernfilmen. Die Geschichte ist einfach, aber sicherlich nicht schlecht und durchaus unterhaltsam. Es ist nicht der beste Western, aber er bietet Spaß und für eine einmalige Sichtung ist er in jedem Fall empfehlenswert.

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                                          smartbo 26.11.2023, 10:45 Geändert 27.11.2023, 15:05

                                          Die Zauberkünstler Robert Angier (Hugh Jackman) und Alfred Borden (Christian Bale) sind Rivalen schon seit der Zeit, als sie noch das Handwerk des Zauberers lernten. Um das Jahr 1900 sind beide versierte Illusionisten und ihre Rivalität hat bedrohliche Ausmaße angenommen. Sogar so große, dass alles und jeder im Umfeld der Erzrivalen in Gefahr ist …

                                          Von dem alten Illusionisten Johne Cutter (Michael Caine) erfährt der Zuschauer schon am Anfang, wie die Kunst des Zauberns funktioniert:
                                          Jeder gute Zaubertrick besteht aus drei Akten. 1) Der erste Akt heißt „Das Thema“: der Zauberer zeigt dem Publikum etwas ganz Gewöhnliches, z.B. einen Vogel. 2) Der zweite Akt wird „Der Effekt“ genannt: der Zauberer lässt aus der gewöhnlichen Sache etwas Besonderes werden. Also der Vogel verschwindet. Das Publikum ist verwirrt und sucht nach einer Erklärung. 3) Der dritte Akt „Das Prestige“ ist der schwierigste Teil: das ist der krönende Akt voller Überraschungen und Erstaunen, in dem man etwas Außergewöhnliches, Schockierendes sieht, z.B. der Vogel taucht wieder auf.

                                          Und genauso ist der Film aufgebaut, denn die Handlung läuft nach diesen Regeln ab. Der Film bietet eine spannende Geschichte über die beiden konkurrierenden Illusionisten. Er bietet auch einen schönen Einblick in die Welt der Magie, die in alten, illustren Theatern in London spielt. Besonders stimmungsvoll sind die einnehmenden nostalgischen Kulissen, die Kostümierung und die Ausstattung, die authentisch die viktorianische Zeit widerspiegeln.

                                          Der Pacing ist temporeich, der Erzählstil nicht-chronologisch und die Geschichte entpuppt sich schon rasch als ein imposantes und kompliziertes Rätsel. Ein Rätsel, das sehr komplex ist und schwer durchschaubar. Bei Angier und Borden dreht sich alles um Illusionismus. Alles andere, was das Leben zu bieten hat, z. B. die Liebe, ist zweitrangig. In ihrem Kampf, den anderen mit Magie zu übertreffen, überschreiten Angier und Borden ethische Grenzen. Es geht um viel, und der zu zahlende Preis ist hoch. Wie hoch, das verrät das wahrlich überraschende und kaum vorgehsehbare Ende.

                                          Mit „The Prestige- Die Meister der Magie“ inszenierte Christopher Nolan einen absolut guten Film. Der Plot ist spannend, im positiven Sinne diffizil, mysteriös. Die Hauptrollen werden großartig von Hugh Jackman und Christian Bale gespielt. Mit Jackman und Bale verfügt der Film über zwei top Schauspieler, die mit ihren Rollen die innere Zerrissenheit und Besessenheit der Protagonisten grandios zum Ausdruck bringen. Bale als Borden, ist der Zauberer ohne Charisma, einfach strukturiert und etwas schwer einzuschätzen. Jackman als Angier ist der Showman, der stets fein gekleidete Gentleman. Und auch Scarlett Johansson weiß in ihrer Rolle als Geliebte zweifellos zu gefallen. Doch Michael Caine, der die Rolle des klugen und bescheidenen Cutters spielt und für alle Zauberer arbeitet, stiehlt allen die Show. Er liefert eine wahrlich imponierende schauspielerische Leistung.

                                          Fazit: es ist ein sehr guter Film mit einer komplexen Handlung. Einer der wenigen Filme, die man sich am selben Abend zweimal hintereinander ansehen kann und jedes Mal -im positiven Sinne- ein anderes Seherlebnis hat. Wahrlich imponierend sind die authentischen Kulissen, die super Inszenierung von Christopher Nolan, das überwältigende Filmende und die beeindruckende schauspielerische Leistung der Protagonisten. Ein Film aus der Kategorie „herausragend“, den man bedenkenlos empfehlen kann. Top. Beide Daumen hoch.

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                                            smartbo 23.11.2023, 13:09 Geändert 23.11.2023, 15:51
                                            über Krabat

                                            Otfried Preußler schrieb 1971 das Kinderbuch „Krabat“, auf dem die Geschichte beruht. Krabat (David Kross) wird Diener des Meisters (Christian Redl) der schwarzen Mühle. Zusammen mit elf weiteren Bediensteten erlernt er nicht nur das Müllerhandwerk, sondern auch die schwarzen Künste. Darunter ist Tonda (Daniel Brühl), mit dem er sich anfreundet. Langsam aber sicher wird Krabat klar, dass schwarze Magie große Opfer erfordert. Als er sich verliebt, beschließt er wegzulaufen, doch der Müller hat nicht die Absicht, Krabat gehen zu lassen.

                                            Trotz der vielen magischen Momente, der schönen schneebedeckten Landschaftsaufnahmen und der beeindruckenden Kulissen kann der Film nicht überzeugen. Das liegt vor allem an der mangelnden Entwicklung der Charaktere und der wenig überzeugenden Inszenierung. Insbesondere geht es mir um Krabats persönlicher Entwicklung und wie er zu den wichtigen Entscheidungen kommt, die er treffen muss. Über die anderen Kameraden erfährt man fast nichts, wodurch alles künstlich wirkt. Weil die Umsetzung nicht gut ist, kommt der Film nie so richtig in Fahrt und wird trotz aller Versuche auch nie richtig spannend. Auch die Dramaturgie kann nicht überzeugen, obwohl sie in der Geschichte selbst reichlich vorhanden ist. Die winterlichen schneebedeckten Naturaufnahmen und die alten Dörfer hinterlassen einen großartigen Eindruck. Was ebenfalls gut ankommt, ist die authentische Location der alten Mühle, in der sich hauptsächlich die Handlung abspielt.

                                            Das Schauspiel von David Kross in der Rolle des Krabat ist mittelmäßig und kaum überzeugend. Daniel Brühls Leistung als Tonda ist hingegen aus meiner Sicht prima. Gut gefallen haben mir ebenso der Sound, die prima Optik und die düstere Atmosphäre. In diesen Kriterien gelingt es dem Film, Pluspunkte einzufahren.

                                            Fazit: ich mag solche Filme mit dem Schwerpunkt "Dark Fantasy" eigentlich ganz gerne. Dieser hier hat mir allerdings weniger gut gefallen. Wegen der Komplexität der Geschichte hätte man aus meiner Sicht besser eine Mini-Serie drehen sollen. Spezialeffekte sind ja bei dieser Handlung gar nicht nötig, und man hätte genügend Zeit, die Charaktere und ihre allmähliche Entwicklung besser auszuarbeiten, insbesondere die von Krabat. Mit einer Neuinszenierung bestünde darüber hinaus auch die Chance, der Handlung Spannung zu verleihen, etwas, was ich im Film ebenfalls vermisst habe. Denn Potential hat Preußlers Geschichte auf jeden Fall.

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                                            • smartbo 21.11.2023, 15:13 Geändert 21.11.2023, 18:23

                                              Danke Euch für die tolle Aktion. 👍

                                              BESTER FILM
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                                              * Tom Hardy (Warrior)
                                              * Joaquin Phoenix (Joker)
                                              * Daniel Day Lewis (Der seidene Faden)
                                              * Darren Criss (The Assassination of Gianni Versage)
                                              * Benicio del Toro (Sicario)

                                              BESTE SCHAUSPIELERIN
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                                              * Dakota Fanning (Brimstone)
                                              * Natalie Portman (Black Swan)
                                              * Noomi Rapace (What Happened to Monday?)
                                              * Tilda Swinton (Snowpiercer)
                                              * Emily Blunt (A quite Place)

                                              BESTER SOUNDTRACK
                                              ---------------------------------------------------------
                                              * Interstellar (Hans Zimmer)
                                              * The Dark Knight Rises (Hans Zimmer)
                                              * Breaking Bad (Dave Porter)
                                              * Joker (Hildur Gudnadottir)
                                              * Sicario (Johann Johannsson)

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                                                smartbo 19.11.2023, 10:47 Geändert 19.11.2023, 23:17

                                                Das Leben und Werk von J. Robert Oppenheimer, der als erster die Atombombe entwickelt hat, ist Gegenstand von Christopher Nolans Spielfilm. Die Handlung ist extrem komplex und bringt beim Zuschauen alle Gehirnzellen auf Trab. Um die Erwartungen in die richtige Richtung zu lenken: " Oppenheimer" ist mit Dialogen überladen, hat ein mörderisches Tempo und eine schier endlose Reihe von Charakteren, die von Top-Schauspielern gespielt werden. Es ist sehr viel, was da auf den Zuschauer herabprasselt, und das alles muss während der üppigen dreistündigen Laufzeit verdaut werden. Das brachte mich sogar dazu, dass ich mir während der Sichtung im Kino Notizen machte. Mit einer fesselnden Handlung, Spannung und Action, wie in Nolans Batman-Trilogie, kann der Film nicht dienen. Es ist ein Spielfilm, klar, aber Ähnlichkeiten mit einer trockenen Biografie, die fast schon historisch-dokumentarischen Charakter hat, sind unübersehbar. Dies schon mal vorweg.

                                                Worum geht es ? Der Wissenschaftler J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) leitet das streng geheime Manhattan-Projekt für die Entwicklung und Zündung der Atombombe in Los Alamos in der trostlosen Wüste von New Mexico. General Leslie Groves (Matt Damon) begleiten ihn bei seiner Arbeit. Oppenheimer ist mit Katherine (Emily Blunt) verheiratet, hat aber eine Affäre mit Jean Tatlock (Florence Pugh), die in der Kommunistischen Partei aktiv tätig ist. Die Regierung hält es für die Interessen der amerikanischen Sicherheit für bedenklich. Oppenheimer ist letztlich für die Erfindung der Atombombe verantwortlich. Am 16. Juli 1945 wurde die Atombombe in Los Alamos erfolgreich gezündet. Am 6. August 1945 wurde sie am gleichen Tag auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Das führte zum Tod von schätzungsweise 100.000 - 150.000 Zivilisten.

                                                Der Film ist in mehrere Handlungsstränge unterteilt. Wir sehen auf der ersten Ebene Oppenheimer, wie er sich als junger Student in Cambridge von Kollegen wie Albert Einstein (Tom Conti) und Nils Bohr (Kenneth Branagh) inspirieren ließ. Schnell stellt sich heraus, dass sich der junge Wissenschaftler mehr für die Theorie als für die Praxis interessiert. Er beschäftigt sich mit der Quantenmechanik, einem damals noch unerforschten Zweig der Physik. Er trifft sich in Deutschland mit dem Physiker Heisenberg, der von Mathias Schweighöfer gespielt wird. Im weiteren Verlauf wird seiner Arbeit in Los Alamos im Rahmen des Manhattan-Projekts geschildert.

                                                Parallel dazu sehen wir auf einer zweiten Zeitebene eine Flut von Fragen, die ein älterer Oppenheimer erhält, weil das FBI einen Hinweis hinsichtlich seiner politischen Ausrichtung erhalten hat. Diese Szenen spielen in der McCarthy-Ära. Dem Physiker werden kommunistische Gesinnungen vorgeworfen, weil er aufgrund seiner extremen Ansichten eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt.

                                                Der dritter, in schwarzweiß gedrehter Handlungsstrang, betrifft die Senatsanhörung im Jahr 1959. Der schwer zu erkennende Robert Downey Jr. spielt Lewis Strauss, den damaligen Mitglied der US-amerikanischen Atom-Energie-Kommission, der sich seinerzeit für den Bau der Wasserstoffbombe eingesetzt hatte und Oppenheimer, der dagegen war, als Spion der Sowjetunion diffamierte. Vor einem Senatsausschuss muss Strauss nunmehr bei einer Befragung seine Eignung als Wirtschaftsminister im Kabinett von Präsident Eisenhower nachweisen. Dabei wird er mit für ihn unangenehmen Fragen konfrontiert, die seine zurückliegende Zusammenarbeit mit Oppenheimer betreffen.

                                                Erst in der letzten Stunde wird klar, wie diese Dinge miteinander zusammenhängen. Ein gewisses Wissen über die McCarthy-Ära und seine Jagd auf vermeintliche Kommunisten ist hierbei sehr nützlich. Der Film bietet wenig bis gar keinen Kontext dazu und konzentriert sich ausschließlich auf seine Figuren. Oppenheimer und seine Kollegen vertreten die hoffnungsvolle, aber naive Haltung, dass Kriege mit der Detonation der Atombombe der Vergangenheit angehören werden. In Wirklichkeit hat der theoretische Physiker ein Monster erschaffen und die Tür zum Kalten Krieg geöffnet. Der Film erfordert viel Sitzfleisch bei dem man ständig einen klaren Kopf behalten muss, ansonsten verliert man den roten Faden. Er füttert den Zuschauer so sehr mit allerlei Details, dass alleine dies schon einen zweiten Blick rechtfertigt. Um die Zusammenhänge im Film besser nachvollziehen zu können, ist die Dokumentation „To End All War: Oppenheimer & The Atomic Bomb“ sehr hilfreich, in der auch Nolan zu Wort kommt.

                                                Der Film schildert den Weg zu der ersten Kernwaffenexplosion, den das US-Militär Trinity-Test nannte. Kriegspräsident Truman (eine Nebenrolle von Gary Oldman) nannte es das größte Experiment der Wissenschaft. Gekonnt erweckt der Film den Eindruck, als würden wir zum ersten Mal etwas darüber erfahren. Erst später wurde Oppenheimer klar, was er getan hatte. Nach dem Krieg wollte er die Entwicklung der Wasserstoffbombe, den Nachfolger der ersten Atombombe, verhindern. (siehe weiter oben Abschnitt 5 meines Kommentars).

                                                Die Hauptdarsteller Cillian Murphy und Downey Jr. leisten einen super Job. Top Schauspiel. Sie haben nicht nur die meiste Leinwandzeit, sondern hinterlassen auch den nachhaltigsten Eindruck. Das, was man dem Film vorwerfen kann, ist, dass er dem Zuschauer so viele Einrücke, so viele Dialoge und so viel Figuren vermittelt, aber die Emotionen etwas zu kurz kommen. Schade z.B., dass die weiblichen Charaktere und ihre Probleme, zu wenig beleuchtet werden. Beispielsweise Oppenheimers Frau Kitty: ihre Beziehung zu ihrem Mann, ihren Kindern und der Flasche werden angesprochen, aber nicht näher geschildert. Oder die brillante Psychiaterin Jean Tatlock: ich hätte gerne mehr darüber erfahren, wie ihr Lebensweg war, wie ihre politischen Ansichten waren und (*Spoiler*) was genau zu ihren frühen Tod führte. Hat das US-Militär den Mord an ihr begangen? (*Spoiler Ende*)

                                                Fazit: Der Film ist eine komplexe Mischung aus historischer Biografie, Drama und Politthriller. Es erfordert ständige Aufmerksamkeit, dem film zu folgen. Und es ist sicherlich schwer, auf Anhieb alles im Detail zu verstehen. Es sind im Prinzip drei Filme in einem, bei denen drei Stunden fast zu kurz sind. Von fesselnden Momenten oder Spannung im Film kann keine Rede sein. Und auch die emotionalen Aspekte kommen meines Erachtens zu kurz. Sicherlich kein Meisterwerk von Nolan, aber der Film ist primär wegen der aufwendigen Inszenierung, den beeindruckenden Kulissen, der authentischen Wiedergabe der historischen Ereignisse und des super Schauspiels der Darsteller sicherlich nicht schlecht. Zu einer sehr guten Wertung reicht es aber bei mir nicht aus.  

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                                                  smartbo 31.10.2023, 10:31 Geändert 31.10.2023, 12:15

                                                  *** Happy Halloween Euch allen, und hier mein Kommentar zu einem Halloween-Film ***

                                                  Boston im Jahr 1689. Der Hexenmeister Warlock (Julian Sands) wird zum Tode verurteilt, entkommt aber auf magische Weise durch ein Zyklon in die Zukunft in das Jahr 1989er. Warlock ist auf der Suche nach den drei Teilen der Teufelsbibel, mit welcher der Teufel die ganze Welt vernichten kann. Hexenjäger Giles Redferne ( Richard E. Grant) und Kassandra (Lori Singer), die als Kellnerin arbeitet, verfolgen ihn, um das zu verhindern. Es geht um viel, denn die Welt steht vor dem Untergang. Der Untertitel des Filmes sagt alles: „Es kommt aus der Vergangenheit, die Zukunft zu zerstören“ …

                                                  Warlock vereint Fantasy-Elemente mit einer leichten Horror-Atmosphäre. Wenn von Horror die Rede ist, dann sind damit keine blutigen Slasher-Szenen gemeint. Lediglich die Atmosphäre ist vom dezenten Horror geprägt. Es ist düster, unheimlich und bedrohlich. Aber primär dominieren hier vor allem Fantasy-Elemente, und im Fokus steht die Verfolgungsjagd.

                                                  Die Geschichte ist ziemlich einfach und hat wenig Tiefgang: eine Zeitreise führt in das Jahr 1989 zu einer Hexenjagd im ländlichen Amerika. Ein Hexenjäger macht Jagd auf eine männliche Hexe. Was folgt, ist ein recht unterhaltsames Katz-und-Maus-Spiel, das durchaus spannend ist. Das Pacing ist gemäßigt, aber es ist immer genug los, um eine gute Unterhaltung zu servieren. Damit die Spannung nicht zu ernst ausfällt, gönnt sich der Film ab und zu eine Prise Humor. Der Humor ist originell, denn er basiert hauptsächlich auf den Unterschieden zwischen der Welt des späten 17. Jahrhunderts und der Welt von 1989. Als Kassandra z.B. mit dem Auto unterwegs ist, wird sie von Redferne, der auf dem Beifahrersitz sitzt, aufgefordert, die Kutsche anzuhalten. Und als er sich in Kassandras Wohnung aufhält und Wasser sucht, fragt er nach dem Brunnen. Ja, nicht die Brüller, aber die humoristischen Einlagen sind sicherlich auch nicht schlecht.

                                                  Julian Sands spielt den gruseligen Bösewicht Warlock, und leistet hervorragende Arbeit. Sands' Gegner ist der Hexenjäger Redferne, der von Richard E. Grant überzeugend dargestellt wird. Ja und auch an der Leistung von Lori Singer als Kassandra gibt es nichts auszusetzen. Leider sind die Spezialeffekte nicht so gut, so dass die Action etwas hölzern und mager rüberkommt. Der Film versprüht einen gewissen nostalgischen 80er-Jahre-Charme, der mir ganz gut gefiel. In der Gesamtbetrachtung kann hier von Langeweile keine Rede sein.

                                                  Fazit: ein überragendes Werk aus der Hexenküche ist der Film sicherlich nicht. Bis heute genießt er aber einen legendären Ruf, und gerade jetzt zu Halloween gibt vor allem in den USA es zahlreichen Warlock-Verkleidungen zu sehen. Der 80er-Jahre-Flair, die leicht verdauliche Geschichte und die gut ausgearbeiteten Charaktere machen den netten Low-Budget-Film zu einem unterhaltsamen Seherlebnis. Die Sichtung hat mir Spaß bereitet. Einer Empfehlung für eine einmalige Sichtung zwischendurch ist der Film wert.

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                                                    smartbo 29.10.2023, 10:23 Geändert 29.10.2023, 16:04

                                                    Es sind 50 Jahre her, als im Jahr 1974 der Film (ORIGINALTITEL: THE TEXAS CHAIN SAW MASSACRE) in die Kinos kam. Viele Besucher waren damals geschockt, als sie den Film zum ersten Mal sahen. Dies führte dazu, dass er in mehreren Ländern verboten wurde. Natürlich löste dieses Verbot Neugier aus und war im Prinzip das beste Marketing, das sich der Low-Budget-Film hätte wünschen können. Die Verbote haben dem Film paradoxerweise sehr gut getan, denn bis heute noch hat er einen legendären Ruf als einer der härtesten Horror-Filme aller Zeiten. Den Film habe ich lange Zeit liegen lassen, weil es eigentlich nicht meine Kragenweite ist. Am Ende war ich doch positiv überrascht, denn er hat besser abgeschnitten, als ich es ursprünglich angenommen hatte. Noch ein Wort zu dem Filmtitel: den deutschen Filmtitel „Blutgericht in Texas“ finde ich missraten, und kaum einer kennt ihn. Man hätte es bei dem englischen Originaltitel „The Texas Chain Saw Massacre“ belassen sollen, mit dem die meisten auch etwas anfangen können.

                                                    *** Der Kommentar enthält leichte SPOILER ***

                                                    Worum geht es im Film ? Eine Gruppe von fünf Freunden unternimmt einen Roadtrip durch die schwüle texanische Landschaft. Es sind Sally (Marilyn Burns), ihr behinderter Bruder Franklin (Paul A. Partain), Jerry (Allen Danziger), Pam (Teri McMinn) und Kirk (William Vail). Bald entdecken sie, dass die Mentalität der Menschen auf dem Land eine ganz andere ist als in der Großstadt. Auf ihrer Reise kommen sie zu einem Bauernhof, auf dem eine geistesgestörte Kannibalenfamilie lebt. Sie zielen auf unschuldige Passanten ab. Einer nach dem anderen fallen die Jugendlichen in die Hände eines riesigen Kerls mit einer Kettensäge namens Leatherface (Gunnar Hansen). Kann jemand diesen Albtraum überleben?

                                                    Schon die Einführung ist bedrohlich. Das seltsame Verhalten und die bizarre Erscheinung eines Anhalters mit seinen Schlachthofgeschichten lassen drohendes Unheil vermuten, vor allem, wenn er sowohl ein Messer als auch ein Rasiermesser schwingt und damit nicht nur sich selbst, sondern auch einen der Jugendlichen vorsätzlich verletzt. Als die jungen Leute sodann im Haus der Massenmörder ankommen, nehmen die Ereignisse fatale Ausmaße an.

                                                    Leatherface führt eiskalt und gekonnt seine Axt und Kettensäge und metzelt mit seiner Kettensäge auf grausame und rücksichtslose Weise. Was hier auffällt, ist der Mangel an Dramatik und deren Ausarbeitung: von einem Moment auf den anderen erledigt Leatherface eiskalt seine Opfer, ohne Vorwarnung. Und exakt diese Herangehensweise, gepaart mit einer gelungenen Kameraführung und einem grimmigen Sound, sorgen für die gruseligen Horrorszenen. Und erst nach einigen Sekunden begreift man als Zuschauer, was für grausame Szenen sich da abspielen.

                                                    Ich versuchte während der Sichtung mir vorzustellen, wie sich die Menschen im Jahr 1974 gefühlt haben müssen, als sie den Film gesehen haben. Heute gibt es ja ganz andere Horrorkaliber. Mörder in Filmen waren ja damals nicht neu, aber die Art und Weise, wie der Film sie präsentierte, war es. Der Horror in dem Film war völlig anders, als man es gewohnt war. Bei den Opfern handelt es sich um junge Menschen, die Opfer eines schrecklichen Verbrechens wurden. Ungeschminkt kommen brutale Szene hinzu. Dann ist da noch dieser gruselige und nervenaufreibende Soundtrack.

                                                    Als Zuschauer wird man mit einem Gesamtpaket des Wahnsinns konfrontiert. Der Film versteht es vorzüglich, was er darstellen soll und was nicht. Durch den geschickten Einsatz von Suggestionen werden einige Szenen in der Vorstellung des Zuschauers um ein Vielfaches schlimmer, als sie tatsächlich sind. Der Zuschauer sieht im Film ein furchterregendes Massaker, obwohl im Film kaum Blut fließt. Das ist die Machart des Horrors aus „Blutgericht in Texas“, einem Low-Budget-Horror, der bis heute noch seine Wirkung nicht verloren hat und immer noch beeindruckt.

                                                    Fazit: Wenn man die Handlung isoliert von den übrigen Kriterien bewerten sollte, dann fällt das Urteil verheerend aus: schlecht, stupide, partiell infantil und makaber. Und auch die Schauspieler sind nicht die besten. Allerdings gelingt es der Inszenierung mit äußerst spärlichen Mitteln eine wahrlich starke, verstörende und morbide Atmosphäre zu schaffen, etwas was man in den heutigen Horrorfilmen vermisst. Die Kinematographie und Kameraarbeit sind top. Deshalb ist dieser Klassiker zurecht als einer der besten Horrorfilme aller Zeiten in die Filmgeschichte eingegangen. Was für ein Albtraum. Kurz gesagt: wird nicht jedermanns Geschmack sein, aber für alle, die sich den Film ansehen, ist der Film eine Achterbahnfahrt an beängstigenden Gefühlen und verstörenden Szenen, die auch nach der Sichtung kein Ende findet.

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