SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

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    [...] Das Gelingen eines Katastrophenfilms ist immer davon abhängig, inwiefern das Werk Brücken zur Realität schlägt. Roland Emmerich ist sich natürlich im Klaren darüber, dass sich die Breitenwirkung von The Day After Tomorrow potenziert, wenn er aktuelle Ängste und Sorgen seines Publikums durchweg stimuliert. Es mag vermessen anmuten, aber natürlich geht es The Day After Tomorrow nicht darum, den Zuschauer für die (sich anbahnenden) Verheerungen des Klimawandels zu sensibilisieren. Die schwerste Wetterperiode aller Zeiten, die New York City in Windeseile zur (fast) anmutigen Eislandschaft erklärt, folgt ausschließlich dem transparenten Kalkül der Bauernfängerei: Das Staunen und das Bangen bleibt wohl die gewinnträchtigste Kombination, um weitergehend von sich reden machen zu können. Aber, um dieses simplistische Konzept ausloten zu können, fehlt es dem pathosgetränkten Narrativ an Passion und Inspiration. [...]

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    • 5

      [...] „Eine Kriegsgeschichte entspricht nie der Wahrheit, wenn nicht Scham mit ihr verbunden ist.“ Keine Frage, die Intentionen, die der autobiographisch geprägte Sand Castle pflegt, sind ehrenwert. Weniger versucht sich Fernando Coimbra daran, dem Kriegsgeschehen im nahen Osten ein actionorientiertes Abbild zu verleihen, als dass er sich auf den Terror im Kopf seiner Protagonisten einlässt. Matt (Nicholas Hoult, X-Men: Apocalypse) weiß, dass er an diesem Ort nichts zu suchen hat und zieht auch die (erfolglose) Selbstverstümmelung in Erwägung, um endlich die Heimreise antreten zu dürfen. Der Wust aus Frustration, Zukunftsängsten und Enttäuschung, entladen in einem durch die brütende Hitze der Sonne glühenden Schmelztiegel, verharrt, trotz all seiner Richtigkeit, auf Allgemeinplätzen. Wer sich mit der jüngeren Geschichte des (Irak-)Kriegsfilms vertraut gemacht hat, wird schnell erkennen, dass Sand Castle im Vergleich kaum mehr die metaphorische Standhaftigkeit der titelgebenden Sandburg besitzt. [...]

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      • 5 .5

        [...] Im Prinzip stimmt das auch, denn nachdem einige Monate vergangen sind, Ginnie wie vom Erdboden verschlungen scheint und Mr. Gallo die Hilfe von Martin (inzwischen ihr Ex) beansprucht, um sich auf die Suche nach seiner Tochter zu machen, fächert The Runaround – Die Nachtschwärmer ein komödiantisch-detektvisches Szenario auf, dessen Witz nur selten wirklich belustigt. Dafür aber weiß Gavin Wiesen, dass er sich ganz auf sein namhaftes Gespann an der Spitze verlassen kann. J.K. Simmons scheint immer noch sichtlich Freude daran zu haben, das Reibeisen mit weichem Kern zu verkörpern, während Emile Hirsch nach wie vor eine hochwertig-sichere Besetzung dahingehend bleibt, den eigentlich Star des Films ordentlich zu feuern und die Bälle zuzuspielen. Dass aus der missmutigen Dynamik später eine gesunde Männerfreundschaft emporsteigt, bleibt absehbar – aber es ist herzlich. [...]

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        • 7 .5

          Etwas zum Träumen. Zum Schwelgen. Zum Verweilen. Was bei TIGER & DRAGON besonders augenfällig scheint: Kaum ein anderer Regisseur unserer Zeit besitzt eine derartige Fähigkeit dahingehend, die Stille sprechen zu lassen. In der Lautlosigkeit findet Ang Lee niemals Stagnation, sondern einen immerzu sprudelnden Quell der Inspiration, eben weil seine Filme so wunderbar in sich ruhen, sich ihrer inneren Mitte bewusst sind und den Zuschauer geradewegs in ihren feinfühligen Bann ziehen. TIGER & DRAGON ist ein Werk von majestätischer Schönheit, von erhabener Zärtlichkeit, in dem sich Anmut und Gewalt im stetigen Wechsel fortwährend gegenseitig befruchten, um einen philosophischen Diskurs über die Bedeutung unseres Daseins zu bemühen, dessen poetische Strahlkraft gleichermaßen berührt wie fasziniert. Dass Ang Lee darüber hinaus auch noch eine Rückbesinnung auf die kulturellen Wurzeln des asiatischen Kinos anstimmt, ist nicht weniger als beeindruckend.

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          • 8
            SoulReaver: FILMSTARTS.de 19.04.2017, 23:22 Geändert 19.04.2017, 23:23

            Sidney Lumet war schon immer ein Regisseur, der die Show, don't tell-Maxime in meisterhafter Fasson beherrschte. Bereits die erste Szene von THE VERDICT ist dafür beispielhaft: Anstatt die Probleme, die Frank Calvin (wahrlich brillant: Paul Newman) mit sich und in sich trägt, zwanghaft zu verbalisieren, sehen wir den Mann in irgendeiner dämmerigen Kaschemme an einem Flipperautomaten spielen, während er dabei hin und wieder zum Bierglas greift. Zwei Dinge werden hier wortlos verdeutlicht: Calvin ist Alkoholiker und das echte Leben hält schon lange keine Siege mehr für ihn bereit. Als ehemaliger Staranwalt im Sturzflug, wird der nächste Fall seiner Karriere endgültig die Weichen stellen: Nun wird über Rettungsanker oder Sargnagel entschieden. Großmeister Lumet erzählt Calvins kräftezehrenden Kampf gegen ein katholisches Krankenhaus niemals reißerisch, auf den bloßen Knalleffekt ausgelegt, sondern baut auf schleichende, beständige Spannung, die das Bedächtige gelegentlich auch mal ins Gemächliche umschlagen lässt. Die prozessualen Verstrickungen, die ein Gespinst aus Intrigen, Erpressung und Verschleierung gebären, sind dabei natürlich mal wieder ein inszenatorischer Ausbund in Sachen inhaltlicher Konzentration. Vor allem aber gestaltet sich Lumets analytisches Gespür für ausgefeilte Psychogramme erneut ungemein einnehmend: Die Geschichte eines abgehalfterten Säufers ist kein bleiern-existenzielles Klagelied, stattdessen wird der siedende Gerichtsthriller von der klugen Lektion umfasst, dass auch im Gewinn immer ein Stück weit Verlust lagert.

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            • 8
              SoulReaver: FILMSTARTS.de 15.04.2017, 18:01 Geändert 15.04.2017, 20:55

              Sonnenabgewandt fristet Logan ein sorgenumwölktes Leben im Schatten und wird durch die Begegnung mit der kleinen Laura zu etwas gezwungen, was ihm seit Jahren schon abhandengekommenen scheint: Soziales Handeln. Das klingt nun zwar wieder nach der intergenerationellen Stangenware, in der das Unverbrauchte das Verlorengeglaubte nach und nach zurück an das Tageslicht trägt. Stimmt aber nicht, da LOGAN von Beginn an deutlich macht, dass sich der verlebte Hauptakteur nicht zurück ins Leben kämpfen wird, sondern nur einen geeigneten Platz zum Sterben sucht. Interessanterweise reflektiert LOGAN dabei nicht nur seine eigene Existenz als Fiktion, als populärkulturelle Entität, sondern findet auch als sagenumwobenes Kulturgut seiner selbst eine Möglichkeit für Wolverine, überzeitlich bestehen zu dürfen, während er irdisch langsam verblasst. Eben weil er das Recht hat, verblassen zu dürfen. Weil er sich lange genug für andere aufgeopfert hat. James Mangold findet sich mit seiner formidablen Inszenierung dabei inmitten von bestialischer Gewalt und zerbrechlicher Menschlichkeit wieder. Erzählt von Vergessen und Erinnern. Von beschissenen und sinnhaften Tagen, von zerfurchten, versoffenen lebensmüden Helden, denen gestattet wird, keine Helden mehr zu sein. Nicht hier.

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              • 6

                [...] Zu Anfang möchte man noch meinen, dass Steven Brill (Little Nicky – Satan Junior), mit dem Adam Sandler nun bereits zum vierten Mal zusammenarbeitet, für die Figur des Sandy Wexler in erster Linie Spott übrighat. In wiederholt einstreuten Interview-Montagen dürfen sich namhafte Persönlichkeiten wie Jimmy Kimmel, Quincy Jones oder Conan O'Brien darüber auslassen, wie eigenwillig, aber letztlich auch unbedeutenden Sandy Wexlers Werdegang als Talentmanager doch ist. Tritt die mit einer Engelsstimme gesegnete Courtney (Jennifer Hudson, Dreamgirls) jedoch auf den Plan, gewinnt der Films zusehends an (zwischenmenschlicher) Balance und amüsiert sich nicht mehr permanent über das aufdringliche Lachen des (zuweilen doch recht anstrengenden und notorisch lügenden) Protagonisten, sondern erzählt von Einsamkeit und der Bürde, zu viel Menschlichkeit in einem Metier zu besitzen, in dem es in erster Linie um Kommerzialisierung und Imagepflege geht. [...]

                9
                • 7

                  »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
                  #18 (Staffel – 2)
                  R…wie Road-Movie

                  Lasst alle Hoffnung fahren. Wer dem endlosen Horizont hinterherjagt, findet sich auf lange Sicht erst recht hinter Gitterstäben wieder. In Easy Rider müssen das Wyatt und Billy erkennen. Auf Distinktionsmerkmale verzichtet der Film in Bezug auf die beiden Hauptfiguren vollständig, diese sind indes auch vollkommen unnötig, da es den beiden Männern nie um die Vergangenheit, sondern durchweg um die Zukunft geht. Eine Zukunft, in der die Zeit keine Rolle mehr spielt. Die Flucht aus antiquierten Schalen, die Einkehr in einen Zustand, in dem der Garten Eden noch nicht in Flammen aufgegangen ist. Allerdings ist dieser Zustand nur durch Drogen zu erreichen, was dem Versuch, individuelle Freiheit zu erreichen, einen neuen Riegel vorschiebt. Easy Rider erzählt als Zeitdokument vor allem von verlorenen Idealen und den letzten Überbleibsel eines Landes, welche sich noch nicht eingestehen möchten, verlebt, ausgebrannt und abgestumpft zu sein. Das wiederholte Einstreuen amerikanischer Nationalflaggen ist da nicht nur als abfällige Geste zu deuten, sondern auch als der Hilfeschrei einer Generation, die sich gewahr werden muss, dass die individuelle Freiheit nur im Tode wartet. Der Rest ist Todessehnsucht, Angst und die Fehlinterpretation von Ungebundenheit als egoistischer Akt. Born to Die.

                  http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver

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                  • 7

                    [...] The Founder formuliert sich als ein wirtschaftspolitisches Lehrstück dahingehend, wie die Raffgier die ehrenwerte Tugendhaftigkeit Stück für Stück unter sich begräbt. Das Lächeln von Ray Kroc, welches man eigentlich als ein ehrliches werten wollte, wirkt zusehends exponierter: Sicherlich erzählt John Lee Hancock hier auch von der Tatsache, dass die ausgefahrenen Ellenbogen immer noch mehr Ertrag bringen, als Gutwilligkeit und Wohlwollen. Wirklich überraschend an The Founder aber ist nicht nur der Umstand, wie gekonnt der kurzweilige Film das schablonenhafte Wesen der Leinwandbiographien unterwandert, sondern auch, wie gezielt er den amerikanischen Traum entlarvt. Letztlich nämlich sind in das Fundament dieses Traumes doch nur Verrat und Egoismus eingemeißelt – die lauteren Absichten bleiben unbelohnt. Das Sahnehäubchen setzt The Founder indes ein blendend aufgelegter Michael Keaton an vorderster Front auf. Klasse. [...]

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                    • 3

                      [...] Es ist unheimlich tragisch, mit welcher Rigorosität sich The Walking Dead hier selbst zu Grabe trägt. Behandelte man einst noch in jeder Staffel eine individuelle Säule im Stadien-Modell der Trauer (vor allem natürlich Leugnen, Zorn, Verhandeln und Depression sind tonangebend gewesen) und hat die neue Weltordnung auch als Plattform psychotischer Machtphantasien begriffen, die auf die Gruppendynamik unserer Protagonist ein- und austrat, so hat Staffel 7 nun nicht einmal mehr das Interesse, das augenfällige Leitmotiv der Serie auf seine Bedeutungsvielfalt abzuklopfen: Nämlich das Aushandeln von Menschlichkeit in einer Welt, die sich jener offenkundig vollständig entledigt hat. The Walking Dead ist zu einem konfusen Brei geronnen, in dem Charaktere, Biographien und Handlungsorte willkürlich miteinander verquirlt werden. [...] Kein Wunder also, dass man sich als Zuschauer vor allem in Lethargie windet, wenn man bemerkt, dass The Walking Dead nicht einmal mehr Überlegungen dahingehend anstellt, ob es leichter ist, das Messer in das Fleisch zu rammen oder es wieder herauszuziehen. "Es geht nicht mehr um das Überleben, es geht darum, sich alles wieder zurückzuholen.", heißt es einmal in der ersten Hälfte der Season. Vielleicht ist dies auch die Parole, die sich die kreativen Köpfe im Hintergrund der Serie einverleiben sollten, denn die Qualität, die The Walking Dead einst besaß, ist verlorengegangen. [...]

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                      • 5

                        [...] Überraschend, weil die Vorzeichen eigentlich auf eine Vollkatastrophe verwiesen und einen Film versprachen, der eine auserzählte Geschichte unerträglich ins überflüssige Jenseits zerdehnt. Ja, Bad Santa 2 kann sicherlich nicht mit der unverkrampften (wenn auch etwas zu forciert auf Kult getrimmten) Tonalität des Erstlings mithalten und verbleibt einem rein formelhaften Schema treu: Der sexsüchtige und alkoholabhängige Misanthrop darf noch einmal zeigen, dass er ein Arschloch sondergleichen ist, aber das Herz letztlich doch am rechten Fleck trägt. Die berechneten Geschmacklosigkeiten sind jedoch weit weniger ärgerlich, als vorab gedacht, da Billy Bob Thronton in der Rolle des abgewrackten Weihnachtsmann schlichtweg herausragend ist. Sein ätzender Zynismus ergibt in Kombination mit der inneren Tragik immer noch das einnehmende Portrait eines Mannes, der nur am Leben scheitern konnte. [...]

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                        • 6
                          über Sabata

                          [...] Der erste Auftritt von Sabata, in dem sein Körper aus dem rechten Bildrand geschoben wird und nur der Zigarillo und das Streichholz zu erkennen sind, verweist schon auf den gespenstischen Charakter des Hauptakteurs. Sabatas Überlegenheit, seine fortwährende Omnipotenz, ist indes eines der Probleme, die Gianfranco Parolini Ägide keinen durchgehend packenden Spannungsbogen ermöglicht. Es steht schlichtweg außer Frage, dass jemand in der Lage scheint, Sabata die Stirn zu bieten. Handwerklich aber ist dieser kernige Eintrag in das oftmals höhnisch beleumundete Genre ein weiterer Beweis, welch konzertierte Inszenierungsarbeit in diesem Kosmos oftmals geleistet wird: Das Zusammenspiel der elaborierten Kameraarbeit mit der experimentellen Musik, die hier natürlich, ganz charakteristisch, zum maßgeblichen Bedeutungsträger erhoben wird, ermöglicht es Lee van Cleef letzten Endes erst, zum Mythos auf zwei Beinen heranzuwachsen. [...]

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                          • 5 .5

                            [...] Natürlich ist Malcolm X in seinem Strukturalismus ganz dem klassischen Erzählkino zugeneigt und wagt, über seine üppige Laufzeit von 200 Minuten, nur sehr selten, der traditionellen Biopic-Formel mit inszenatorischer Innovation entgegenzuwirken. Diese prestigeträchtige Entwicklungsgeschichte bleibt weitestgehend handzahm, weil Spike Lee sich zu oft darauf beschränkt, den Inhalt über eindimensionale Verschlagwortungen zu entschlüsseln. Mit Sicherheit, auch Malcolm X verfügt über einige sehr eindringliche Symbolbilder und bleibt im Kern durchaus ein Diskurs über das Krebsgeschwür namens Rassismus. Spike Lee aber dringt nicht in die Tiefe, er haftet an der hagiographischen Oberfläche, was das Bewusstsein des Zuschauers für das Sujet ebenfalls über weite Strecken verflacht. Immerhin aber glänzt Denzel Washington (Fences), der dem moralischen Führer durch sein pointiertes Spiel mehr Ambivalenz zugesteht, als es dem Drehbuch möglich scheint. [...]

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                            • 8

                              [...] Selbstverständlich aber ist Lichter der Großstadt nicht nur bitter in seinen Anklagen, Charlie Chaplin bleibt seiner unmessbaren Herzensgüte treu und schält aus all den satirischen Anwandlungen letztlich einen wahrhaft ergreifenden Siegeszug der Menschlichkeit. Wie so häufig muss der Tramp dafür natürlich erst eine ganze Reihe an Rückschlägen wegstecken – selbst im erwähnten Boxkampf geht der Tramp letztlich auf die Bretter, obwohl ihm gleichwohl der ein oder andere Treffer gelungen ist. Das Ende allerdings ist von seltener Schönheit, ein Leuchtfeuer der Zärtlichkeit: Der Tramp darf seine Angebetete wiedertreffen. Die soziale Kluft wird im Angesicht der innigen Verbundenheit aufgehoben. Was bleibt, ist das verschmitzt-schüchterne Lächeln Chaplins und der wohltuende Gedanke, dass das Leben in dieser kaltherzigen Welt nicht nur von Illusion und Desillusion bestimmt wird. [...]

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                              • 3
                                SoulReaver: FILMSTARTS.de 29.03.2017, 19:41 Geändert 29.03.2017, 19:42

                                [...] Da die filmerzählerischen wie -technischen Mittel, derer sich Nate Parker bedient, äußerst beschränkt sind, gestaltet sich The Birth of a Nation - Aufstand zur Freiheit folgerichtig als ungemein primitive Erlösungs- respektive Ertüchtigungsparabel, die sich im Endeffekt ganz der Rape-and-Revenge-Dramaturgie der 1970er Jahre Exploitation verschreibt: Nats Frau Cherry (Aja Naomi King, Black Box) wurde geschändet, die göttlichen Visionen potenzieren sich und Nat bläst aus seinem beschmutzen Ehrgefühl heraus zur blutverkrusteten (und widerlich ästhetisierten) Revolte. Diese auf schwülstigem Pathos gebettete Form der Gewaltlegitimation frequentiert, wie alles in diesem Film, pausenlos niedere, alttestamentarische Gelüste, deren Sinnhaftigkeit Parker auch im weiteren Verlauf der Zeitgeschichte nachhaltig bestätigen möchte. Mit dieser selbstbesoffenen Heroisierung samt historischer Instrumentalisierung jedenfalls macht Parker dem verstrahlten Kino eines Mel Gibson (Braveheart) fraglos Konkurrenz. [...]

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                                • 2

                                  [...] Besonders geschmacklos gestaltet sich dabei, wie seltendämlich Unsere Zeit ist jetzt mit dem Asperger-Syndrom seiner Hauptdarstellerin umspringt und dem Zuschauer letztlich die Erkenntnis unterbreitet, dass Autismus doch eigentlich nur eine Frage der Einstellung ist: Mach' Dich mal locker, dann klappt es auch mit den Jungs! [...] Selbstverständlich interessiert sich Unsere Zeit ist jetzt aber keinesfalls für seine (als solche verkauften) Otto-Normal-Charaktere, im Endeffekt geht es hier nämlich nur um eine Sache: Die in Sepia getränkte Bauchpinselei von Cro. Dem wird hier nämlich ein echtes Denkmal in Form eines tumben Imagefilms verliehen, bis auch der letzte Zuschauer verstanden hat: Wow, die Musik vom Pandamaskenträger, der total auf dem Boden geblieben ist und immer eine konfliktlösende Glückskeksweisheit auf den Lippen parat hält, macht einfach glücklich! Da erscheint es letztendlich nur logisch, dass sich Unsere Zeit ist jetzt allein über Allgemeinplätze, über Phrasendrescherei und über verkitsche Banalitäten definiert. Schön, dass das Publikum auf diese Bauernfängerei ebenfalls keinen Bock hatte. [...]

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                                  • 6 .5
                                    über Getaway

                                    [...] Bezeichnend für das Gelingen von Getaway ist die Aufrechterhaltung einer durch und durch schroffen Atmosphäre, die die Allgegenwart von Amoralität physisch greifbar macht. Das Topoi der Erzählung scheint sich auf drei klare Segmente zu belaufen: Rache und Geldgier, umspannt von einer Liebesgeschichte zwischen Doc McAvoy (Alec Baldwin, Departed – Unter Feinden) und Carol (Kim Basinger, L.A. Confidential), die gemeinsam die höchsten Höhen und tiefsten Tiefen einer Beziehung durchmachen. Roger Donaldson inszenatorisches Stilbewusstsein formt das verschwitzte Treiben innerhalb einer von Moral gänzlich befreiten Zone zur temperamentvoll knisternden Hetzjagd durch die von der tiefstehenden Sonne gefluteten Locations. Besonders einprägsam sind dabei die Einstellungen, in denen das Geschehen aus der Sicht der Feuerwaffen eingefangen wird und der Lauf des Schießeisens in die Tiefe des Raumes ragt, um die stringent nach vorne ausgerichtete Taktung von Getaway mit Nachdruck zu unterstreichen. [...]

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                                    • 5
                                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 22.03.2017, 11:55 Geändert 22.03.2017, 14:57
                                      über Legende

                                      »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                                      #17 (Staffel – 2)
                                      Q…wie Quest-Film

                                      [...] So offenherzig sich Legende auch in das Urwesen des High-Fantasy-Kinos eingraben mag, vollbringt es Ridley Scotts an den Kinokassen rapide durchgefallene Regiearbeit doch nie wirklich, den Zuschauer vollständig in seinen märchenhaften Bann zu ziehen. Zweifelsohne, Legende wartet zum Teil mit Aufnahmen auf, die von traumwandlerischer Schönheit geprägt sind und aufzeigen, welch wundersame Qualitäten dieser Film hätte hervorrufen können. Erzählerisch allerdings ist dieses Duell zwischen der unbefleckten Tugendhaftigkeit und der zersetzenden Düsternis ein beinahe kläglicher Totalausfall. Durch den unkoordinierten Schnitt wird das Geschehen gnadenlos zerhackstückelt, was Legende als fragmentarische Fabulierbemühung immerzu auf Distanz zum eskapistischen Befreiungsschlag hält. Und während die Protagonisten blasse Abziehbildchen im Blütenregen bleiben, zündet immerhin Tim Curry unter kiloweise Make-up mal wieder verlässlich eine Lehrstunde in Sachen Charisma. [...]

                                      http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver

                                      9
                                      • 7

                                        [...] Das Lächeln einer Sommernacht überzeugt nicht nur (vordergründig) als heiteres Lustspiel über die unausweichlichen Kontinuitäten von Begierde und Eifersucht, Ingmar Bergmans einmaliges Gespür für zwischenmenschliche respektive innerseelische Verfassungen findet auch hier ebenfalls Ausdruck: Nicht nur als Abrechnung über die oftmals unmöglich erscheinende Bewahrung von Vernunft weiß Bergman seinen Hauptakteuren in Gefilde zu folgen, in denen Würde und Sünde Hand in Hand gehen. Das Lächeln einer Sommernacht ist gleichwohl eine feingeistig-poetische Reflexion über das unwägbare Wesen der Liebe sowie der Libido. Es überrascht zum Teil schon, mit welcher frivolen Polemik Bergman seinen Screwball-Reigen befeuert, aber warum sollte ein Regisseur, der nicht auf den für ihn üblichen Pfaden wandelt, an Virtuosität einbüßen, nur weil der Humor in diesem Fall das Nadelöhr ist, durch welches die Tragik zeitweilen schlüpfen darf. [...]

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                                        • 4

                                          [...] Darüber hinaus aber verläuft sich jeder weitere Reiz offenkundig im heißen Sande. Anstatt sich als kerniges Abenteuerkino zu definieren, in dem sich Dirk Pitt mit seinem Sidekick Al Giordino (Steve Zahn, Joyride - Spritztour) auf die Suche nach einem sagenumwobenen Panzerschiff aus dem Sezessionskrieg macht, welches bis zum Anschlag mit Gold beladen soll, wird diese Schatzsuche nur als gröberer Handlungsrahmen benutzt. Im Kern geht es vielmehr um eine Epidemie, die einen gewaltigen Umweltskandal aufwirbelt, dem Interesse des Zuschauers aber äußerst hilflos hinterherdackelt. Die ungelenke Mischung aus (überspitzt formuliert) Indiana Jones und Der ewige Gärtner generiert keine packende Odyssee durch die ewigen Weiten Westafrikas, stattdessen ergeht man sich in einer äußerst uninspirierten Kombination aus trockenem Erlebnis- und Weltverbesserungskino. Teuer und öde, mehr ist dieser Film nicht. [...]

                                          9
                                          • 3 .5

                                            [...] Das Hauptproblem allerdings bleibt, wie erwähnt, die andauernde Konfusion, die You Are Wanted vorerst noch als spannungsfördernden Effekt begreift, bereits mit der zweiten Episode aber keine erzählerischen Möglichkeiten mehr parat hält, aufzuzeigen, dass diese Konfusion wirklich der Mechanik dient, um den Nervenkitzel zu befeuern. In Wahrheit hat das Skript fortwährend mit der eigenen Löchrigkeit zu kämpfen, was es You Are Wanted schlicht unmöglich macht, einen sauberen Narrativrhythmus zu erschaffen. Stattdessen stottert man sich hilflos durch einen sagenhaften Klischeesumpft, in dem Hacker in Kellergewölben über ihren Bildschirmen brühten, Karoline Herfurth (SMS für Dich) als bewaffnete Polit-Bloggerin (!) herhalten muss und der begnadete Edin Hasanovic (Schuld sind immer die anderen) in Hosenträgern den kleinkarierten Staatsdiener (!) gibt. Was sich You Are Wanted da in der Besetzung der Nebenrollen leistet, ist schon absurd. [...]

                                            8
                                            • 8
                                              SoulReaver: FILMSTARTS.de 19.03.2017, 16:41 Geändert 19.03.2017, 16:47

                                              Wie gewohnt von Ingmar Bergman ist auch Schreie und Flüstern ein (psychoanalytisches) Meisterstück, in dem sich der Schwede intensiv mit der Bedeutung von Zeit, der Determinante, die unsere Existenz umspannt, beschäftigt. Der Film hat noch nicht begonnen und schon werden die Gehörgänge des Zuschauers durch ein penetrantes Ticken der Uhren stimuliert: Unsere Zeit läuft. Und wenn man so will, dann läuft sie auch ab. Im Zimmer der sterbenden Agnes allerdings kommen die Uhren zum Stillstand, stattdessen finden die Schwestern von Agnes, zwischen denen vorerst kein erkennbarer Gefühlsknoten existent scheint, hier zu sich, in dem sie sich im Angesicht des Todes einer unbequemen Selbstspiegelung unterziehen. Jenseits der Zeit. Und da bündeln sich die Motive, die Bergman seit jeher zu seinen erzählerischen Paradedisziplinen zählt: Innerfamiliäre wie – seelische Konflikte. Die Suche nach Erlösung (Gott?). Die Suche nach einem Sinn. Außerdem kann man Bergman nur beipflichten, wenn er sagt, dass Schreie und Flüstern sein einziger Film ist, der nicht in Schwarz-Weiß funktionieren würde. Dafür ist seine Farbdramaturgie und Lichtsetzung als suggestives Stimmungsbarometer der involvierten Charaktere einfach zu ausgeklügelt.

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                                              • 5

                                                [...] Der deutsche Titel jedenfalls gibt den wenig überraschenden Kurs des Films bereits vor, und nachdem nicht nur die Jones' einige ihrer eindrucksvollen Spezialfähigkeiten beim alljährlichen Straßenfest unter Beweis stellen durften, sondern auch die Gaffneys, ganz den Konventionen des Genres entsprechend, ins Haus der neuen Nachbarn eingestiegen sind, entfaltet sich Die Jones – Spione von nebenan als vorhersehbare, aber auch durchaus kurzweilige Unterhaltung. Die Humormechanik basiert dabei auf der Unbeholfenheit von Jeff und Karen, die die sich anbahnenden Extremsituationen mit ihrer ungeschickten wie überforderten Normalität beständig kontrapunktieren: Wo ihr Alltag vorher noch aus gutbürgerlicher Monotonie bestand, gilt es nun scharfe Schusswechsel, Explosionen und Verfolgungsjagden so gut wie möglich zu überstehen. Und sicherlich gestaltet sich so manche (Situations-)Komik überaus erzwungen, die Spielfreude des namhaften Ensembles aber erklärt Die Jones – Spione von nebenan vorwiegend zur launigen Angelegenheit. [...]

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                                                • 7 .5
                                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 15.03.2017, 14:45 Geändert 15.03.2017, 14:47

                                                  [...] Die Schöne und das Biest lässt sich wohl als die Broadway-Aufführung unter den Disney-Musicals beschreiben: Die Tanz- und Gesangseinlagen sind hinreißend ausschweifend, die ins Leben gerufenen (respektive verfluchte) Alltags- und Gebrauchsmaterialien befeuern eine vor Phantasie überschäumende Choreografie, in dessen Mitte die sich stetig verdichtende Verbundenheit zwischen Belle und dem Biest steht. Besonders überzeugend gestaltet sich aber nicht die tricktechnische, dem Volksmärchen stetig Tribut zollende Brillanz, mit der Die Schöne und das Biest seine bis ins kleinste Detail ausgeschmückten Sets gestaltet. Es ist die Hingabe zum Modernen, die den Film zu Recht zum Klassiker avancieren ließ: Ein aufgeklärtes Geschlechterbild, in dem auch Frauen den Mann zum Tanzen auffordern können, und eine deutlich formulierte Gesellschaftskritik, in dem das brüchige Wesen von statischen Normen und Regeln maßgeblich hinterfragt wird. [...]

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                                                  • 6
                                                    über Valdez

                                                    [...] Wo Bob Valdez also versucht, sich in irgendeiner Art und Weise mit seinem von Schuld belasteten Gewissen zu arrangieren, scheinen die verrohten Repräsentanten der US-Armee, darunter vor allem der Tyrann Frank Tanner (Jon Cypher, Master of the Universe), nur Spott und Demütigung für den Mann aufweisen zu können, der immerhin noch so etwas wie Ideale besitzt. Die Entwicklung, die Valdez vom zurückhaltend-diplomatischen Handlanger zur gnadenlosen Ein-Mann-Armee durchmacht, bleibt derweil durchaus organisch, weil der graumelierte Burt Lancaster ein Meister seines Fachs ist: Sein in die Jahre gekommener Valdez ist von der Vergangenheit gezeichnet, aber er verfügt noch immer über einen unverkennbaren Bezug zu Stolz und Empathie. Zwei Eigenschaften, die ihn zum Messias der Ehrenhaftigkeit erheben und auf einen kompromisslosen Feldzug gegen die Ungerechtigkeit schicken. [...]

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