ThomasCine - Kommentare
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Alle Kommentare von ThomasCine
In jeder Hinsicht eine Win Win Situation.
Genau wie Christian Longos Geschichten addiert sich "True Story" unterm Strich zu nicht sonderlich viel auf.
Das dabei Kino und Film meist nicht im Mittelpunkt stehen.
Tolle Besetzung, interessantes Thema. Reinschauen werde ich in jedem Fall. Wenn hier ein differenziertes und kohärentes Bild gezeichnet wird, dann bleibe ich auch dran.
Hier im Blog: https://thomasschroers.wordpress.com/2015/08/12/mission-impossible-rogue-nation-christopher-mcquarrie-2015/
Das fünfte Leben des Ethan Hunt oder wie ein Film genau das hält was er verspricht. Vor nunmehr knapp zwanzig Jahren stürzte sich Tom Cruise, als amerikanische Version von James Bond, das erste Mal in eine unmögliche Mission. Seit diesem Jahr hat er fünf dieser Missionen absolviert und es scheint kein Ende zu geben. Im Gegenteil, in so mancher Hinsicht scheint sich die Mission Impossible Reihe neu gefunden zu haben und besser zu funktionieren denn je. Dabei ist es beeindruckend, wie jeder neue Film der Reihe einen unverwechselbaren Ansatz und Stil verfolgt und sich trotzdem in das Gesamtbild einfügt. So ist „Mission: Impossible“ (1996) eine Art Paranoia Thriller, in dem der Zuschauer und auch sein Hauptcharakter selten weiß, wo oben und unten ist. „Mission: Impossible 2“ kommt im lockereren Abenteuergewand daher. Leider verliert sich dieser zweite Teil vor allem gegen Ende in zu vielen Albernheiten. Mit „Mission: Impossible 3“ wurde 2006 eine Wende in der Reihe eingeleitet. J.J. Abrams inszenierte mit M:I3 einen unglaublich hektischen Actionthriller, der von einer beeindruckenden Kompromisslosigkeit lebt und damit erneut ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Dieses Alleinstellungsmerkmal besitzt auch „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ (2011), der nicht nur in einem internationaleren Rahmen spielt, sondern auch deutlich mehr Humor besitzt. „Mission: Impossible – Rogue Nation“, den Oscarpreisträger Christopher McQuarrie inszeniert hat, vereint viele Elemente seiner Vorgänger und setzt somit die Entwicklung der Reihe fort.
„Rogue Nation“ beginnt wie seine Vorgänger mit einem Auftrag. Dieser Auftrag wird sich nicht nur selbstverständlich in fünf Sekunden selbst zerstören, sondern Ethan Hunt (Tom Cruise) erneut auf eine wendungsreiche Hatz um den Globus schicken. Auf gegnerischer Seite hat sich um Solomon Lane (Sean Harris), das Syndikat, eine globale Untergrundorganisation, formiert, die nur ein Ziel hat: Die Zerstörung der Weltordnung und des IMF. Der IMF muss sich indes für seine unmöglichen Missionen der letzten Jahre verantworten und steht kurz vor dem aus. Trotzdem schafft es Hunt erneut ein Team zu versammeln. Benji (Simon Pegg) ist wieder dabei, genauso wie Luther (Ving Rhames) und Brandt (Jeremy Renner). Doch sie sind nicht alleine in diesem Spiel voller Überraschungen. Die schöne und ganz schön schlagkräftige Ilsa Faust (Rebecca Ferguson), deren Hintergründe sich erst nach und nach voll entfalten, verdreht nicht nur den Zuschauern, sondern auch in der Handlung so manchen Kopf. Gemeinsam führen uns diese Charaktere durch zwei unverschämt unterhaltsame Filmstunden.
Bleiben wir für einen Moment bei den Charakteren und beginnen wir mit Ethan Hunt. Zu Beginn des Filmes ist Hunt in einer Position, in der er noch nie gewesen ist. Er hat sein Leben als IMF Agent akzeptiert. Er macht keinen Urlaub, er hat mit einem bürgerlichen Leben abgeschlossen und sich ganz der Arbeit und den Aufträgen verschrieben. Das IMF ist seine Familie geworden und als diese Familie zerschlagen wird gibt es für ihn nur ein Ziel. Dieser Sinn für Familie, für das Team, welches eine Lösung finden muss, ist es der die Mission Impossible Filme stets auszeichnet. Hier operiert im Endeffekt nie der einsame Wolf, sondern ein kohärentes, mit Stärken und Schwächen ausgezeichnetes Team. Auch in „Rogue Nation“ wird dieser Wert beschworen und für den Erhalt der Familie einiges riskiert. Hunt ist dabei der Kopf des Teams, er ist derjenige für die schwierigen Entscheidungen, derjenige für die unmöglichen Aufgaben, doch ohne sein Team gibt es kein Überleben. Dies ist den Filmemachern stets bewusst und aus diesem Grund wird „Rogue Nation“ auch keine erzwungene Liebesgeschichte angefügt. In diesem Film muss der Held, so wie das in Hollywood viel zu oft üblich ist, eben nicht unbedingt das Mädchen retten und mit ihr in den Sonnenuntergang reiten.
Abgesehen davon, dass dies nicht in der Natur des Filmes liegt, wäre ein solches Unterfangen bei Ilsa Faust, selbst für Ethan Hunt aussichtslos. Nach Furiosa (Charlize Theron), die früher in diesem Jahr den Mad Max Film „Fury Road“ dominieren durfte, tritt nun auch in „Rogue Nation“ ein wunderbar gezeichneter weiblicher Charakter in Erscheinung. Ilsa Faust ist ebenso schlagkräftig, wie die Männer um sie herum. Sie ist es, die Hunt rettet und nicht anders herum. Sie muss nicht verführen, sondern kann überzeugen. Sie hat ihren eigenen Kopf und dadurch, dass sowohl Hunt und Kollegen, als auch der Zuschauer nicht sicher sein können auf welcher Seite sie steht, wird sie zu einem vollkommen individuellen Charakter. Im Rahmen dieses Charakters, kann sie schließlich auch eingestehen, wenn sie Hilfe benötigt. Einzig die Tatsache, dass McQuarrie sie hier und da ein wenig zu „passend“ in Szene setzt, schmälert die Darstellung der Ilsa, doch es liegt in dem tollen Schauspiel von Rebecca Ferguson, dass dieser Eindruck nicht anhält. Ohne Frage kann man hier sagen: Die Kamera liebt sie.
Zwei Dinge zum Inhalt und Thematischen. Während Ethan Hunt von Anfang an überzeugt ist, dass das Syndikat wirklich existiert, zweifelt die Welt um ihn an dieser Annahme. Schließlich erklärt Hunt dem Zuschauer und Benji, wie er zu seiner Auffassung gelangt und hier wird es interessant, denn sein Glaube an das Syndikat entspringt einer gewissen Sehnsucht. Genau wie in unserer Realität passieren in der Realität des Filmes auf der ganzen Welt schlimme Dinge, die zu erklären es unmöglich erscheint. Hunt erklärt, dass es sich bei diesen Dingen eben nicht um zufällige Unfälle handelt, sondern um Verbrechen des Syndikats. Hiermit unterstreicht der Film unsere eigene Sehnsucht, die Grausamkeiten, die auf der Welt passieren erklären zu wollen. Für Hunt kann all dies kein Zufall sein und auch wir sagen uns doch wieder und wieder, dass es kein Zufall sein kann. Es muss doch einen Sinn haben, es wäre doch viel zu grausam, wenn alles irgendwie zufällig wäre. Sicher, „Rogue Nation“ ist kein politischer Film, doch dass das Übel Hunt tatsächlich zu einer Organisation führt, die aus unserer vermeintlich zivilisierten Welt entsprungen ist und nicht aus reiner Bösartigkeit, sollte an dieser Stelle erwähnt werden.
Der zweite Aspekt, der diesen Film aktuell macht ist die Untersuchung, die gegen den IMF geführt wird. Schon in „Skyfall“ sah sich James Bonds MI6 mit einer solchen Untersuchung konfrontiert und drei Jahre später ist das Thema weiterhin spannend. Nachrichtendienste werden auf der ganzen Welt unter die Lupe genommen und Methoden diskutiert. Ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen, ist es interessant zu sehen, wie gutes Blockbuster Kino solche Strömungen inhaltlich aufnehmen kann.
„Mission: Impossible – Rogue Nation“ bleibt natürlich ein Unterhaltungsfilm und was uns McQuarrie und Cruise hier bieten ist schlicht atemberaubend. Es gibt in diesem Film vier bis fünf große Spannungs-/Actionsequenzen und die Art und Weise, wie diese in all ihrer filmischen Pracht ausgeführt werden ist perfekt. Schon der Einstieg in den Film lässt die Kinnlade bis auf den Boden fallen und dabei sind gerade einmal fünf Minuten vergangen. Es gibt eine hinreißende Sequenz in der Wiener Oper, die bis zur letzten Einstellung perfekt komponiert, gefilmt, gespielt und mit Musik unterlegt ist. Die Art und Weise wie McQuarrie den Charakteren anschließend durch die Straßen Wiens und später durch die Straßen Londons folgt ist exquisit. Es gibt, wie für Mission Impossible Filme üblich, eine große Einbruchsszene, die klaustrophobisch wortwörtlich an die Grenzen des Menschenmöglichen geht, nur um wenig später von einer rasanten Verfolgungsjagd auf zwei bis vier Rädern abgelöst zu werden. Einige werden die folgenden Sätze belächeln, aber wenn man sieht was Tom Cruise in diesem Film leistet, wenn man sieht, wie er sich durch diese Szenen hangelt, wie viel er riskiert, wie sehr sein Schauspiel auch von Humor und Selbstironie lebt, wie sehr er in dieser Rolle aufgeht und wie viel Vorbereitung in diese Art von Schauspiel geht, damit wir ihm glauben, dass es doch nicht unmöglich ist, dann sollte Cruise ein klarer Kandidat für jegliche Preisverleihungen sein. Und Rebecca Ferguson am besten gleich mit. Gemeinsam bilden sie zudem ein tolles (nicht romantisches) Leinwandpaar, das sich in einem Film findet, der filmisch auf ganzer Linie überzeugt.
Was am Ende bleibt sind zwei Stunden filmisches Vollgas mit höchstem Unterhaltungswert, tollen Darstellern und fantastischen Sequenzen. „Rogue Nation“ nimmt es spielend mit dem gesamten Superhelden Kino auf und gewinnt vor allem dadurch, dass es sich nicht dem Einheitsbrei unterordnet. Bei Mission Impossible geht es um das Besondere, das Außergewöhnliche und das Unmögliche. In dieser Hinsicht steht McQuarries Eintrag, den vorherigen Kapiteln der Reihe in nichts nach. Ob besser oder schlechter ist dabei gar nicht so wichtig. Wichtig ist, dass dieser Film ein ausgezeichneter Film ist und das sich der Gang ins Kino wirklich lohnt.
Visuell unglaublich packend arbeitet "Krieg der Welten" mit dem 9/11 Trauma. Leider wirkt das Ende viel zu unausgegoren und setzt damit den gesamten Film herab.
M:I5 noch nicht mit eingebunden zu sein. Neben dem Flugzeugstunt konnte da auch die Einbruchssequenz und die anschließende Jagd durch Marokko vollkommen überzeugen.
Mit welcher Liebe und mit welchem Enthusiasmus der gute Mr. Scorsese Filme betrachtet ist schon fantastisch und inspirierend.
https://www.youtube.com/watch?v=P5nAxzH4OPs
Auch hier: https://thomasschroers.wordpress.com/2015/08/05/weltkino-2-von-menschen-und-pferden-benedikt-erlingsson-2013/
„Von Menschen und Pferden“ ist ein Episodenfilm in bestem Sinne. Betrachtet wird eine ländliche Gemeinschaft und die Aktivitäten, denen diese Gemeinschaft nachgeht. Passieren tut hier tatsächlich gar nicht einmal so viel. Nachbarn werden beobachtet. Pferde werden geritten. Liebeleien unter Pferden werden verdammt und unter Menschen versteckt. So gibt es ein menschliches Paar, das sich nicht so ganz traut. Einen wackeren Reitersmann, der sich für das Erlangen seines geliebten russischen Wodkas sehr viel traut. Es gibt einen tragischen Unfall und auch einen Touristen, der dem Treiben fasziniert zusieht, bis auch er sein eigenes Abenteuer erlebt. Vereint werden diese Menschen in ihrer Zuneigung für das titelgebende Tier.
„Von Menschen und Pferden“ wirkt zunächst wie eine große Ansammlung von Klischees. Der Duden sagt uns in Bezug auf Klischees, dass dieser Begriff „eingefahrene, überkommene Vorstellungen“ beschreibt und abwertend gebraucht wird. „Von Menschen und Pferden“ arbeitet anders mit den vermeintlichen Klischees. Mit diesem Film spricht Erlingsson die Klischees direkt an, er versucht sie nicht zu umgehen und auch nicht zu wiederlegen. Erlingsson macht sie zu einem substantiellen Teil seiner Geschichte und so auch zu seiner Charakterisierung Islands. Das Klischee der einsamen Inselbewohner, die ordentlich trinkfest sind, ist hier genauso Teil der Charakterisierung, wie die tratschende Dorfgemeinschaft. Auch die bäuerlichen Streitigkeiten sind Teil dieser Vorstellung und der Charakter des steifen Kolbeinn sowieso. Beinahe werden sogar die Landschaften zu Klischees, doch hier vermeidet Erlingsson eine allzu romantisierte Fotografie. Ob die gezeigten Vorstellungen nun alle der Wahrheit entsprechen, oder schlicht Vorstellungen bleiben, lässt der Film offen. Klar ist jedoch, dass Klischees für das Kennenlernen einer Kultur von großer Wichtigkeit sind. Ein Eindruck wird geschaffen und auch wenn dieser Eindruck nicht der Wahrheit entspricht, so vermittelt er interessante Details über diese Kultur.
Island wird hier in den kulturellen Mikrokosmos der observierten Gemeinschaft gezwängt. Erlingsson legt dabei großen Wert auf eine Verbindung zur Natur. Die Charaktere handeln über weite Strecken im Freien und so beschreibt der Regisseur und Autor auch ein einfaches, zurückgenommenes Leben. Dieses Leben erscheint uns beinahe fremd und für den richtigen Charakter erscheint es mit Sicherheit erstrebenswert. Vielleicht wirken aus diesem Grund auch die Beziehungen von Mensch und Pferd und Pferd und Mensch auf den ersten Blick etwas befremdlich. Mal ist sie innig, dann wieder kalt und beherrschend. Erlingsson hebt die Pferde durch seine exquisite Kameraarbeit in den Status der stillen Beobachter. Er labt sich an der Schönheit der Tiere und gibt uns damit den Schlüssel zum Verständnis in die Hand. „Von Menschen und Pferden“ ist aus diesem Grund nicht nur eine Liebeserklärung an die isländischen Menschen, sondern verstärkt auch an ihre Pferde. Vermutlich existiert hier auch ein Selbstverständnis zwischen Tier und Mensch. Der Isländer mag nun einmal seine Pferde.
Alles in allem ist „Von Menschen und Pferden“ ein stimmiger kleiner Film. Erlingsson arbeitet mit wohl dosiertem schwarzem Humor und ebenso wohl dosierten traurigen Momenten. Seine Schauspieler arbeiten alle auf höchstem Niveau und die Kameraarbeit fängt die Schönheit seines Heimatlandes wunderbar ein. Besser kann ein Land nicht filmisch vorgestellt werden und aus diesem Grund sei diese kleine Perle nicht nur Liebhabern Islands ans Herz gelegt.
Zuletzt hat mir "Some Velvet Morning", ebenfalls mit Eve und von LaBute, gut gefallen. "Dirty Weekend" scheint in eine ähnliche Richtung zu gehen und die Art und Weise wie Eve, das Wort "Sundance" mit ihrem britischen Akzent zum klingen bringt...
David Simon ist immer am Puls der Zeit und relevant. Deswegen ist auch Show Me A Hero schon lange auf meiner Warteliste.
Anhand von Fallbeispielen wird Gewalt in der Gesellschaft nicht untersucht, sondern vor allem abgebildet. Das Ganze wirkt ein wenig konstruiert und schaffte es (zumindest bei mir), vielleicht sogar absichtlich, nicht eine emotionale Bindung an die Geschichte herzustellen. Unterm Strich ein wichtiges Thema, dem der Film in meinen Augen nicht vollständig gerecht werden kann.
In schönerem Gewand findet ihr folgenden Text auch in meinem Blog, wo Vorbeischauen sich immer lohnt: https://thomasschroers.wordpress.com/2015/07/29/coming-home-sie-kehren-heim-hal-ashby-1978/
„Coming Home“ erzählt eine dreieckige Liebesgeschichte, die sich zur Zeit des Vietnamkriegs abspielt. Bob Hyde (Bruce Dern), ein hochmotivierter Captain der Marine, wird zu Beginn der Erzählung in den Krieg verschifft und lässt seine Ehefrau Sally (Jane Fonda) zurück. Diese sucht während seiner Abwesenheit nach einem neuen Lebenssinn und entscheidet sich als freiwillige Helferin im Veteranenkrankenhaus zu arbeiten. Dort trifft sie auf Luke Martin (Jon Voight), einen ehemaligen Schulkameraden, der im Krieg von der Hüfte abwärts gelähmt wurde. Beide sind in schwierigen Situationen gefangen und verlieben sich ineinander.
Hal Ashbys‘ Film widmet sich voll und ganz seinen drei Hauptcharakteren und ihren jeweiligen Schicksalen, die sich zu einem großen Schicksal zusammenfügen. „Coming Home“ erzählt aus drei differenzierten Perspektiven eine Geschichte über verschiedene Arten und Stadien des Kriegsleidens.
Das emotionale Zentrum der Erzählung bildet dabei Sally, die Frau des Captains. Sally ist eine Frau voller Sehnsüchte und unterdrückter Begierden. Nachdem ihr Mann sich in den Krieg verabschiedet hat fühlt sie sich zunächst frei ein neues Leben zu beginnen. Kurz ist sie schutzlos und ziellos in dieser neuen Weltordnung, doch dann beginnt sie ihr Leben zu ändern. Sie zieht um, kauft ein neues Auto und beginnt eine Hilfstätigkeit im Krankenhaus. Die Abwesenheit ihres Mannes scheint so fast einer Befreiung gleichzukommen, wäre da nicht ihr moralisches Denken, dass stets ihre Gewissensbisse unterstreicht. Trotz des veränderten Lebens, welches sie begonnen hat benötigt sie einen weiteren Gegenstand in diesem Leben um einen echten Sinn zu finden. Unterschwellig merken wir von Anfang an, dass sie mit dem Kriegstreiben nicht das Geringste anfangen kann. Ihr Aufenthalt im Krankenhaus unterstützt diese Empfindung weiter. Sinn stiftet in dieser Beziehung Luke, der ihr ganz ohne Worte erklären kann was dieser Krieg wirklich bedeutet. Allein das Bild dieses Mannes im Rollstuhl zeigt ihr die bittere Wahrheit, die ihr Ehemann Bob nicht mit ihr teilen kann. Derart ist die Entwicklung hin zu einer romantischen Beziehung zwischen Sally und Luke kein Zufall, sondern ein Produkt des gegenseitigen Verstehens.
Während Sally, wie wir, die beiden Männer beobachten kann, sind diese zwei Seiten der gleichen Medaille. Luke repräsentiert dabei ein fortgeschrittenes Leiden, aber auch einen ersten Heilungsprozess. Schwer verletzt und emotional gebrochen begegnen wir ihm in den Gängen des Krankenhauses. Die Versorgung dort ist nicht ausreichend und so schlägt die Frustration der Patienten mal in Gewalt und oft in Alkohol um. Luke scheint sich seinem Schicksal ergeben zu haben. Er ist der Heimkehrer, der sich an dem Ort seiner Heimkehr nicht mehr zu Hause fühlt. Dies gilt für alle Patienten des Krankenhauses, die von der Gesellschaft nicht in ihrer Mitte aufgenommen, sondern mehr oder weniger ignoriert werden. Erst wenn er Sally begegnet verändert sich Lukes Charakter. Langsam wird hier eine Mauer überwunden und ein neues Leben begonnen. Erst mit Sally kehrt Luke wirklich heim. Zum ersten Mal gibt ihm jemand das Gefühl, dass er zurückkommen darf, sich heimisch fühlen darf und sich nicht nur auf dem Abstellgleis befindet. Diese Heimkehr kulminiert, als Sally und Luke miteinander schlafen. Hier gibt uns Hal Ashby eine wunderbare, menschliche Szene, die auch heute noch viel zu oft vermieden wird. Zuletzt kann Luke von einem Ort des Verstehens zu den Menschen reden. Er erlangt die notwendige Weisheit um sein eigenes Trauma zu überwinden und sich seiner Verantwortung bewusst zu werden. All sein Handeln wird von diesem Punkt vorwärts von dieser Verantwortung geprägt sein.
Bob hat dieses Stadium noch nicht erreicht. Zu Beginn der Erzählung befindet er sich auf dem Pfad, den Luke schon lange absolviert hat. Er ist ein motivierter Patriot, der voller Leidenschaft in den Krieg zieht und von diesem gebrochen wird. Seine Zeit in Vietnam entfremdet ihn von sich selbst und von seiner Frau. Ganz stark gespielt und komponiert ist jene Szene, in der die Entfremdung schon so weit fortgeschritten ist, dass ein Gespräch zwischen Sally und ihm unmöglich scheint. Bob ist ein Produkt der Kriegsmaschinerie, die Menschen mit vermeintlichen Idealen von Patriotismus und Vaterlandstreue blendet. Er ist verblendet und nur ein Nutztier dieser Maschinerie. Dies macht ihn verwundbar und so wird er zum Opfer, als er auf dem Boden der Realität aufschlägt.
Es benötigt nicht mehr als diese drei Charaktere um die Themen des Filmes lebendig zu machen. Ashby weiß genau, was er an seinen drei Darstellern, die im Laufe der Jahre zu lebenden Legenden geworden sind, hat. Jeder dieser drei Schauspieler liefert hier eine großartige Vorstellung ab. Jane Fonda spielt Sally ruhig und emotional zurückgenommen. Trotzdem gibt sie ihr genügend Facetten um uns ihre inneren Konflikte näher zu bringen. Jon Voight liefert eine sehr gefühlvolle Darstellung ab. Wenn alles aus ihm herausbricht geht seine Verzweiflung auf uns über und wenn er bei Sally ist, dann sind auch wir liebestrunken. Schließlich Bruce Dern, der die vielleicht schwierigste Rolle des Filmes spielt. In nur wenigen großen Szenen gibt er Bob die notwendige Tiefe, um uns zu berühren. Neben den Schauspielern hat Ashby vor fast vierzig Jahren auch die richtige Musik für seinen Film ausgewählt. Die Songs der Zeit sind mittlerweile Klassiker und lassen so nicht nur Zeitgeschichte aufleben, sondern verbinden uns stärker mit dem Geschehen. Insgesamt darf sich die Geschichte von „Coming Home“ langsam und vielschichtig entwickeln. Ashby inszeniert sein Werk nicht plakativ, sondern voller charakterlicher Details. Im besten Sinne ist „Coming Home“ ein Film, den wir erfühlen müssen.
Was am Ende bleibt ist die Relevanz, die dieser Film auch heute noch hat. Im Zeitalter der Terrorbekämpfung sind weiterhin auf der ganzen Welt Soldaten im Einsatz. Irgendwann kommen diese Soldaten nach Hause und dann, so sagt uns dieser Film, ist es unsere Verantwortung für sie zu sorgen und sie nicht an den Rand der Gesellschaft zu stellen. Vielleicht können wir nicht verstehen, warum jemand sich freiwillig meldet, vielleicht können wir auch nicht akzeptieren was unsere Soldaten tun, doch im Endeffekt geht es um Menschen, die nicht anders sind als wir. Am Ende des Filmes hat Luke Martin verstanden, dass es eigentlich gar nicht so weit kommen darf. Mit seinen Worten wird „Coming Home“, der den Horror des Krieges ohne ein einziges Gefecht vermitteln kann, zu einem Pionier des Antikriegsfilms. Es gilt sich zu entscheiden und genau wie Luke wissen nun auch wir, dass es nur eine richtige Entscheidung gibt.
„Ich weiß ihr wollt euren Teil dazu beitrage, wollt Patriotismus beweisen, ihr wollt ausziehen und Heldentaten vollbringen für die Vereinigten Staaten. Und wenn ihr dann drüben seid, dann sieht plötzlich alles ganz anders aus. Ihr werdet sehr schnell erwachsen werden. Denn was ihr dort seht ist, mh, ein Haufen Leichen. Ich weiß, dass einige von euch sich von der Uniform blenden lassen. Ihr denkt an die Filme, die ihr gesehen habt und an die glorreichen Kriege der Vergangenheit und ihr habt irgendwelche verschwommenen patriotischen Gefühle, die euch dazu bringen gegen jeden und alles ins Feld zu ziehen. Das eine will ich euch sagen. Es ist nicht so wie im Film, als ich in eurem Alter war hatte ich keine Möglichkeit mich frei zu entscheiden. Ich hatte auch so einen Kerl der vor mir stand und mir nen Haufen Blödsinn erzählte, den ich gefressen habe. Ich war wirklich in guter Verfassung damals. Ich war Kapitän der Football Mannschaft und ich wollte einer von diesen Helden sein und ich wollte hinaus ziehen und wollte für mein Land töten. Und jetzt muss ich euch sagen. Ich habe getötet, für mein Land oder wofür auch immer und ich fühle mich keineswegs wohl dabei. Denn es gibt keinen Grund der das rechtfertigt. Zu fühlen wie ein Mensch unter deiner Hand stirbt oder zu sehen wie dein bester Freund in die Luft fliegt. Ich bin hier um euch zu sagen, dass das eine scheußliche Sache ist und ich sehe keinen Grund dafür. Es war ein Haufen Scheiße was ich da drüben gemacht hab und es ist verdammt schwer das mit mir rumzuschleppen. Und ich möchte nicht, dass ihr eines Tages zurückkehrt und für den Rest eures Lebens die gleiche Scheiße mit rumschleppt. Das ist eigentlich alles. Ich will mich nicht bemitleiden. Ich bin heute eine ganze Portion gescheiter, als ich damals war. Und ich sage euch nur eins. Ihr müsst euch entscheiden.“ Luke Martin (Jon Voight)
Der erste Film nach meinem Urlaub ist Soderberghs "Erin Brockovich" und passt genau in die Gemütsverfassung. Soderbergh ist hier das erste Mal ganz Hollywood und verfilmt eine relativ klassische David gegen Goliath Geschichte. Der Film weiß in allen Belangen zu überzeugen und lebt natürlich von der wahren Begebenheit. Insgesamt bleibt jedoch alles recht formelhaft, leicht verdaulich und ohne irgendwelche Großtaten. Soderbergh kann deutlich mehr.
Großartige Serie und auch in den ersten zwei Folgen der neuen Staffel überzeugend.
https://thomasschroers.wordpress.com/2015/07/17/out-of-sight/
Steven Soderbergh ist ein Filmemacher, der sich nicht so schnell festlegen lässt. Seit seinem ersten Langfilm „Sex, Lügen und Video“ (1989) hat er so unterschiedliche Filme wie „Traffic – Die Macht des Kartells“ (2000), „Ocean’s Eleven“ (2001), „Che“ (2008) und „Magic Mike“ (2012) gedreht. Nach dem Erfolg seines Erstlings, der bei den Filmfestspielen in Cannes die goldene Palme gewann, widmete er sich kleinen unabhängigen Projekten, die im Jahre 1996 in den beiden Experimentalfilmen „Gray’s Anatomy“ und „Schizopolis“ kulminierten. Der Erfolg seines Debuts blieb dabei über weite Strecken aus und so befand sich Soderbergh gegen Ende der 90er Jahre an einem Scheideweg. Auch aus diesem Grund mutet „Out of Sight“ vollkommen anders an. Mit dieser Verfilmung eines Romans von Elmore Leonard steht Soderbergh zum ersten Mal in seiner Karriere an der Grenze zu Hollywood. Hier beginnt seine Hollywoodkarriere und hier entscheidet sich ob Soderberghs unabhängiges Denken auch in Hollywood funktionieren kann. Nebenbei ist „Out of Sight“ auch für den Hauptdarsteller George Clooney ein wichtiger Schritt in die gewünschte Richtung einer großen Kinokarriere.
„Out of Sight“ ist eine romantische Krimikomödie. Inhaltlich geht es um Jack Foley (George Clooney), einem Gentleman Ganoven, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, ganz ohne Gewalt Banken auszurauben. Da dies nicht immer erfolgreich für ihn verläuft landet er in einer Besserungsanstalt, aus der er alsbald ausbrechen möchte. Während des Ausbruchs kommt er in Kontakt mit der Gesetzeshüterin Karen Sisco (Jennifer Lopez). Diese Begegnung weckt in beiden Charakteren eine ungeahnte Leidenschaft für die jeweils andere Person. Trotzdem befindet sich Jack selbstverständlich weiterhin auf der Flucht, die ihn auf Umwegen nach Detroit führen soll, wo er gemeinsam mit Buddy Bragg (Ving Rhames) und weiteren Kleingangstern ein letztes Ding drehen möchte.
Wer die Inhaltsangabe aufmerksam gelesen hat wird merken, dass dieser Film seine Stärken wohl nicht in inhaltlicher Innovation findet. Die Ganovengeschichte des letzten großen Coups kennen wir bereits aus unzähligen anderen Geschichten und wie so oft wissen wir auch hier, dass es einige Verwicklungen auf dem Weg dahin geben wird. Selbstverständlich ist auch, dass der letzte Coup auf keinen Fall so glücken wird, wie es sich unsere Hauptfigur wünscht. Es ist daher umso besser, dass „Out of Sight“ sich nicht allzu sehr auf diesen Teil der Handlung konzentriert und sich immer weiter dem interessanteren Teil verschreibt. Dieser Teil ist es, der „Out of Sight“ zu einem echten Schauspielerfilm macht. Wenn sich Menschen begegnen, sei es in der Realität oder auf der großen Leinwand, so wird immer nach dem gewissen Etwas, der Chemie zwischen den Menschen gesucht. In Soderberghs‘ Film gibt es genau solche Chemie zu sehen. Chemie hat hier weniger mit Bunsenbrennern zu tun, sondern mit der Harmonie zwischen zwei Menschen. Der Leichtigkeit zwischen ihnen und ja, vielleicht auch der molekularen Zusammengehörigkeit dieser Menschen. Für „Out of Sight“ hat Soderberghs‘ Team genau die richtigen Menschen gefunden. Clooney und Lopez, das ist ein perfektes Duo. Er ist der charmante, gar nicht so böse Gauner und sie ist die taffe, gar nicht so wenig emotionale Polizistin. Gemeinsam liefern sich diese beiden Darsteller (und Charaktere) einander aus, während sie den erstklassigen Dialogen des Drehbuchs Leben einhauchen. Soderbergh labt sich in so mancher Szene an der Harmonie seiner beiden Hauptdarsteller und schafft damit (z.b. in einer famosen Restaurantszene) großes, emotionales Kino. Hier ist ein Regisseur, der sich stets bewusst ist, dass funktionierende Chemie für seinen Film das größte Plus ist und so gibt er den Haupt- und auch den Nebenfiguren genügend Raum diese Chemie zu entwickeln.
„Out of Sight“ besitzt eine offensichtliche Ruhe und Zeitlosigkeit. In dieser Hinsicht mutet Soderberghs‘ Film oft an wie ein Roman. Struktur und Erzählstil weisen eine Eleganz auf, die wie gemacht ist für diese Art von Geschichte. Geschickt etabliert das Drehbuch verschiedene Zeitebenen und immer wieder springt der Film vor und zurück, offenbart neue Details und stagniert dabei nicht in Belanglosigkeiten. „Out of Sight“ sprüht so vor Leichtigkeit. Um diese Leichtigkeit durch den ganzen Film zu ziehen bedarf es einiger Fähigkeiten auf Seiten des Regisseurs. Bei „Out of Sight“ sind diese Fähigkeiten vorhanden. Der Soundtrack ist hervorragend gewählt und benutzt. Die Schnitte sitzen wie angegossen und wir verlieren nie den Überblick. Ebenso die Kamera, die den Schauspielern genügend Raum gibt und die Bilder unaufdringlich aufnimmt. Aus diesem Grund kennt dieser Film auch nicht die Grenzen der Zeit. Mit einer Länge von knapp über zwei Stunden ist „Out of Sight“ kein kurzer Film, doch durch den oben erwähnten perfekten Einsatz der jeweiligen Mittel ist es der Film ein flottes, kurzweiliges Erlebnis.
Irgendwann wissen wir dann auch was hier wirklich wichtig ist. Immer wieder wendet Soderbergh in seiner Bildsprache ein bestimmtes Motiv an. Schon in der Eingangssequenz stoppt er das Bild wieder und wieder für einige Sekunden und betrachtet das Bildfeld. Im Laufe des Films wiederholt er dieses Motiv, welches aus den experimentellen Filmen der Soderbergh Filmographie stammen könnte. Gesichter werden festgehalten und dann langsam in die nächste Szene überblendet. Momente werden für Bruchteile von Sekunden verzögert und dann weiterlaufen lassen. Momentaufnahmen werden kreiert. Soderbergh unterstreicht mit „Out of Sight“ die Wichtigkeit jedes einzelnen dieser Momente und damit auch jeder einzelnen Entscheidung, die er so einfängt. Damit stößt er zum Herz des Filmes vor, denn auch für Foley und Sisco ist die erste Begegnung eine Momentaufnahme. Es geht schnell. Er sieht sie und sie sieht ihn. Sie unterhalten sich und es entsteht eine Verbindung. Mit „Out of Sight“ sieht Soderbergh das ganze Leben als Aneinanderreihung von Momenten. Jeder dieser Momente hat seinen Wert und jeder dieser Momente ist es wert aus verschiedenen Blickwinkeln (und auch retrospektiv) betrachtet zu werden. Diese Nachricht ist nicht auf das Geschehen im Film limitiert. Soderbergh an der Grenze zu seiner Hollywoodkarriere. Clooney auf dem Weg in die Herzen eines weiblichen Kinopublikums. Ich in 2015 zunächst vor den Bildern des Filmes und dann vor den Tasten des Computers. Die werten Leser nun vor den Worten auf ihren jeweiligen Bildschirmen. Ein Moment nach dem Anderen.
Soderbergh war 1996 wohl so richtig in erzählerischer Experimentierlaune. "Schizopolis" ist sinniger Unsinn frei nach dem Motto "Schluss mit allem, alles ist möglich" und macht ein Wiedersehen unabdingbar.
Cage of Thrones: http://imgur.com/a/tum01
Etwas Besonderes. Ein Film erzählt (immer) eine Geschichte. Bei Soderberghs' "Gray's Anatomy" erzählt sie der Autor als Figur im Film selbst. Am Ende bleiben ihm Begeisterung und Verzweiflung als Kehrseiten der Lebensmedaille.
Schwer zu finden, aber nicht unmöglich: https://www.youtube.com/watch?v=6mtzEkD0uZ4
Ich bin ein Fan von Kim Dickens. Habe sie in "Treme" geliebt und auch in "Gone Girl" hat sie mir gut gefallen. Vermutlich wird sie der einzige Grund sein, warum ich in "Fear the Walking Dead" reinschaue.
Ein Film, wie sein Regisseur. Am Ende ist wohl Terry Gilliam für immer der kleine Junge mit den großen Träumen.
Dieses rundum stimmige Werk aus den Händen von Hugo Blick gibt es tatsächlich vollkommen umsonst und vollkommen legal im Internet. Drehbuch, Schauspieler, Soundtrack und Inszenierung (Gerade die Kamera wird unglaublich ansprechend bewegt) sind hier auf aller höchstem, kreativen Niveau.
Hier geht's los: http://www.clipfish.de/special/shadow-line/video/3988452/s01-e01-the-shadow-line-wer-toetete-harvey-wratten/
State of Cinema: https://www.youtube.com/watch?v=ZQrFSUwFwUM
Inklusive eisernem Thron auch hier zu finden: https://thomasschroers.wordpress.com/2015/06/24/game-of-thrones-benioff-weiss-2011/
Wozu die Serie “Game of Thrones” fähig sein kann zeigt, zumindest in meinem Fall, mein Sehverhalten während der Episoden und meine Dikussionslust nach ihnen. Ersteres offenbarte sich bis dato wohl am Besten in der dritten und vierten Staffel dieser Serie, die ein fast schon sektengleiches Gefolge vorweist. Im Verlaufe dieser beiden Staffeln, in denen Joffrey Baratheon auf dem eisernen Thron sitzt, entstand in mir ein derart großes Gefühl des Hasses gegenüber seiner Person, dass Gefühle in der realen Welt kaum noch mithalten konnten. Natürlich ist diese Beschreibung nur bedingt zutreffend, aber dennoch kam ich nicht umhin mir seinen Tod auszumalen und das gleich mehrmals pro Folge. Wenn eine Serie so eine starke Reaktion im Zuschauer hervorrufen kann, dann muss sie doch irgendetwas richtig machen, oder? Neben dieser Reaktion sind auch die anschließenden Diskussionen unbedingt positiv. Wie wird es weitergehen? Wer hasst hier wen mehr? Was tut jener Charakter in dieser Szene wirklich? Vermutungen über Vermutungen werden angestellt und im Endeffekt führen diese Vermutungen nur zu einem möglichen nächsten Schritt: Die nächste Folge muss gestartet werden. Taucht jedoch innerhalb dieser Diskussionen die Frage nach dem Sinn des Ganzen auf, so gerät die emotionale Euphorie schnell ins Stocken. Dann nämlich bröckelt die Fassade von „Game of Thrones“ und mit einem Mal entsteht ein durchaus ambivalenteres Bild dieser vermeintlich beispiellosen Serie.
Was ist „Game of Thrones“ überhaupt? In ein paar Schlagworten: Buchverfilmung, Fantasyepos, Charakterensemble, Kampf um Macht und Ehre und die Vorherrschaft im fiktiven Lande Westeros. „Game of Thrones“ wird von HBO, dem ursprünglichen Serienpionier, unterhalten und von David Benioff und D.B. Weiss kreiert. Die Handlung basiert auf den Romanen von George R.R. Martin, dem, so verlauten es die Buchcover, amerikanischen Tolkien. Mittlerweile ist die fünfte Staffel „Game of Thrones“ versendet worden und damit hat die Serie einen besonderen Punkt erreicht. Die Handlung innerhalb der Fernsehserie hat jene der Romanserie überholt. Um der Vision Martins zumindest in Punkten treu bleiben zu können, haben die Serienschöpfer von ihm bereits das Ende der Romanreihe erhalten. Man darf trotzdem gespannt sein, inwiefern diese Entwicklung auf das eine oder das andere Medium Einfluss haben wird.
Bevor ich auf die, meiner Meinung nach, interessanteren Punkte in Bezug auf „Game of Thrones“ zu sprechen komme, möchte ich zunächst einmal ein kleines Loblied auf das Lied von Eis und Feuer singen. Schließlich gibt es aus Westeros viele positive Dinge zu berichten. Formal befindet sich bei „Game of Thrones“ alles auf dem höchsten Niveau. Das Schauspielensemble füllt seine Rollen nahezu perfekt aus und besitzt mit Peter Dinklage in der Rolle des Tyrion Lannister ein echtes Goldstück in seiner Mitte. Was Dinklage hier abliefern kann ist über weite Strecken das Highlight der Serie und in dieser Hinsicht ist er es auch, der seinem Charakter die tiefste Emotionalität geben kann. Neben dem Ensemble sind es vor allem die technischen Aspekte, die „Game of Thrones“ zu einem spannenden Erlebnis werden lassen. Von der Animation der Drachen Khaleesis‘ bis hin zu immer neuen großen Sets stimmt hier alles. Dies erstreckt sich auf die gesamte Welt der sieben Königslande. In großer Detailfreude schafft es „Game of Thrones“ aus den einzelnen Versatzstücken eine kohärente Welt zu bauen, die greifbar und auch identifizierbar ist. Dem steht auch die Fotografie in nichts nach. Im Laufe der Erzählung fängt die Kamera immer wieder einprägsame, tolle Motive ein, die dem epischen Anspruch der Serie gerecht werden. Neben dieser umfassenden Produktionsqualität gibt es einen weiteren, inhaltlichen Aspekt, der den eisernen Thron der Serie festigt. Trotz der verschiedenen Punkte, die in den nächsten Abschnitten folgen werden, ist „Game of Thrones“ spannend. Durch Inszenierung und inhaltlichen Aufbau ist stets eine gewisse Grundneugier vorhanden. Die nächste Wendung, die nächsten Handlungspunkte möchten unbedingt erfahren und erlebt werden.
Trotzdem gibt es eine Kehrseite der Medaille oder, wenn man so will, eine Welt hinter der Mauer. Das „Game of Thrones“, welches auf dieser Kehrseite abgebildet ist, welches sich hinter der Mauer erstreckt ist deutlich ambivalenter, als es das Loblied oben vermuten lässt.
Diese Kehrseite beginnt mit einer schlichten Erkenntnis: „Game of Thrones“ führt zu nichts. Nach fünf Staffeln haben die Macher der Serie diese Erkenntnis immer wieder gefestigt. Im Lande Westeros wird viel gereist. Ob Daenerys oder Arya, ob Sansa oder Stanis, ob John oder Jamie, das Leben vieler Charaktere ist eine Reise und auch die Serie selbst gleicht einer Reise. Doch genau wie die Charaktere kommt auch die Serie selbst nie an irgendeine Art von Ziel. Bestes Beispiel hierfür ist die Drachenkönigin selbst, die sich seit Beginn der ersten Staffel auf der Reise durch ein fremdes Land befindet, in der Hoffnung irgendwann ihren Thronanspruch in Westeros zu stellen. Seit fünf Staffeln wird darauf gewartet, dass sie es nun endlich tut. Ebenfalls seit der ersten Staffel proklamiert „Game of Thrones“, dass der Winter sehr bald naht. Auch hierauf und das Eintreten der damit verbundenen Metapher, wird schon lange gewartet. Immerhin scheint es nun zum Ende der fünften Staffel endlich zu schneien. Diese Endlosigkeit der Handlung wird auch für „Game of Thrones“ mehr und mehr zu einem Problem. Sicher, der Weg ist oftmals das Ziel, doch ab einem gewissen Punkt wiederholt sich dieser Weg und der Winter sollte wirklich kommen. Irgendwann sollte Daenerys tatsächlich über die Meerenge setzen und irgendwann sollte auch George R.R. Martin das letzte Buch der Serie fertig stellen. „Game of Thrones“ lebt von diesem fernen Irgendwann, denn unsere Sehnsucht nach einer Auflösung wird immer wieder bestärkt und genau deswegen schalten wir ein.
Die Wiederholung des Weges ist dabei eines der Hauptprobleme der Serie. Denn so sehr „Game of Thrones“ als Revolution gefeiert wird, so sehr stützt sich diese Serie auf einfachste Handlungen, einfachste Charaktere und einfachste Beziehungen. Allein durch die Tatsache, dass es eine solche Menge an Handlungen, eine solche Menge an Charakteren und eine solche Menge an Beziehungen gibt möchte die Serie Komplexität erzeugen, die im Grunde nicht existiert. Im Aufbau der Handlung wird so immer wieder in die Klischeekiste gegriffen. Da gibt es die Schwester, die frei sein möchte und die Schwester, die sich der Gesellschaft anpasst. Da gibt es die inzestuöse Beziehung zwischen Bruder und Schwester, die geheim bleiben muss. Da gibt es Stiefbrüder, die nicht akzeptiert werden. Da gibt es unglücklich verheiratete Zwangsehen. Da gibt es Liebe zwischen Völkern, die nicht gedeihen darf. Da gibt es den in der Familie unbeliebten Bruder, denn auch Tyrion, der vielseitigste Charakter der Serie fußt auf einer simplen, altbackenen Prämisse. Die Liste könnte so noch lange weitergehen. Einige dieser Motive werden sogar zu verschiedenen Zeitpunkten wiederholt. Zu einem großen Teil liegt die Ursache für diese Verwendung von Stereotypen daran, dass „Game of Thrones“ schlichtweg keine Zeit für seine Charaktere hat. Das mag auf den ersten Blick verwunderlich klingen, wird aber mit der stetig steigenden Charakterzahl immer offensichtlicher. Die Zeit, die die Serie auf einen bestimmten Charakter verwenden kann wird immer begrenzter, sodass manch eine Figur nur alle zwei Folgen auftauchen kann. Aus diesem Grund sind es auch nicht die Charaktere, die sich in „Game of Thrones“ entwickeln. Im Großen und Ganzen hat sich keine der Figuren im Laufe der fünf Staffeln entwickelt. Nur die Entscheidungen, die diese Abziehbilder immer wieder treffen verändern sich. Alle Charaktere definieren sich ausschließlich über ihre Beziehungen zu anderen Figuren und ihren Entscheidungen gegenüber diesen. Eine wirklich differenzierte, eigenständige Personalisierung ist keiner dieser Figuren vergönnt.
„Game of Thrones“ ist nicht die beste Serie im Fernsehen, aber es ist die Serie, die den Zuschauer und das Sehverhalten der Zuschauer am besten ausnutzt. Mit einer klaren Grundkonstellation der Handlungspunkte, simplen Charakteren mit denen sich der Zuschauer leicht identifizieren kann und einer ansprechenden Inszenierung ködert „Game of Thrones“ in der ersten Staffel die Zuschauer. Und wenn der Zuschauer einmal an diesem Haken hängt, dann wird alles dafür getan, dass er nicht mehr abspringt. Ein solches Alles kann von einer Sexszene bis zu dem kurzen Erscheinen eines Drachen reichen. Es kann eine lang ersehnte Schlacht sein, die derart gut gefertigt ist, dass ich mich wieder fesseln lasse. Manchmal reicht auch schon eine Geste von Tyrion um mich zu binden.
Ab einem bestimmten Punkt verkommt eine Serie wie „Game of Thrones“ jedoch zu einem Selbstläufer. Der Zuschauer schaltet nicht mehr ein, weil er das Lied von Eis und Feuer brillant findet und die Qualitäten zu schätzen weiß, er schaltet nur noch ein, weil er erfahren möchte (muss), was als Nächstes passiert. Selbstverständlich spricht es sehr für „Game of Thrones“ als Serie, dass dieser Punkt überhaupt erreicht wird und sie dnr Zuschauer fesseln, frustrieren und frohlocken lassen kann. All dies ist klasse und oft großartig und solange der Zuschauer weiter einschaltet scheinen diese Punkte alles Negative zu überwiegen. Doch trotz dieser überzeugenden Leistungen kann im Falle von „Game of Thrones“ nicht über die diversen und vielfältigen Schwächen hinweggesehen werden.
„Game of Thrones“ ist weder gut, noch schlecht. Doch mittelmäßig ist dieses Epos auch nicht. Genau genommen kann „Game of Thrones“ auf einer Bewertungsskala gar nicht wirklich existieren, denn diese Serie ist einzigartig. Sie besitzt unbestechliche Qualitäten. Sie besitzt grauenhafte Schwächen. Manchmal ist sie für mich ein offensichtliches Vergnügen, manchmal ist sie eher ein heimliches Vergnügen. Das Beste, was ich über „Game of Thrones“ sagen kann ist, dass diese Serie funktioniert. Denn auch in der fünften Staffel sitze ich wieder emotionsgeladen vor dem Fernseher, wenn ich Ramsay Bolton mit tiefstem Hass begegne.
Die Welt in der "The Gunman" spielt ist viel zu kompliziert für solch einfache Handlungen.