ZeddaZogenau - Kommentare

Alle Kommentare von ZeddaZogenau

  • ZeddaZogenau 14.04.2025, 08:59 Geändert 14.04.2025, 10:14

    RIP
    Mario VARGAS LLOSA
    1936 - 2025

    Der jetzt verstorbene peruanische Schriftsteller Mario VARGAS LLOSA ist im Jahre 2010 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet worden. Von seinen zahlreichen Büchern ist vor allem TANTE JULIA UND DER SCHREIBKÜNSTLER (im Original 1977 veröffentlicht, 2011 neu ins Deutsche übersetzt) wärmstens zu empfehlen.

    6
    • 8
      ZeddaZogenau 12.04.2025, 19:53 Geändert 13.04.2025, 07:11

      In diesem Dokumentarfilm von Luzia SCHMID spricht die deutsche Schauspielerin Hildegard KNEF (1925 - 2002) selbst zu uns als nachgeborenem Publikum. Es ist erstaunlich, wie viele Interviews KNEF gegeben hat und was sie dabei (von Männern) so alles gefragt wurde. Dabei ist sie nicht nur von ihrem Schauspiel-Kollegen Joachim FUCHSBERGER befragt worden, sondern durfte sogar in Amerika David FROST Einzelheiten aus ihrem Buch DER GESCHENKTE GAUL / THE GIFT HORSE erzählen. So viele Mega-Stars hat der deutschsprachige Raum ja nun wahrlich nicht zu bieten, erst recht nicht solche, die auch einem internationalen Publikum etwas sagen. Und dann kommen noch die vielen unterschiedlichen Karrieren der Diva hinzu: Als Filmschauspielerin, Broadway-Star, Chansonsängerin und auch als Bestseller-Autorin wusste KNEF zu begeistern.

      Man hört in diesem Dokumentarfilm auch viele ihrer wunderschönen Lieder, die selbst heute noch bestehen können. Man erfährt, wie erfolgreich ihre Bücher DER GESCHENKTE GAUL und DAS URTEIL auch in den USA gewesen sind. Ausschnitte aus ihren Filmen sind dagegen rar gesät und illustrieren auch eher das Auf und Ab der Schauspielkarriere. Der sechs Sekunden lange Nacktauftritt in DIE SÜNDERIN (1951) markiert den skandalumwitterten Neuanfang im deutschsprachigen Film nach den dreijährigen unfreiwilligen "Ferien" in Hollywood. Der Erfolgsproduzent David O. SELZNICK hatte sie quasi mit einem Exklusivvertrag vom Markt weggekauft, um die überraschend erfolgreiche westdeutsche Film-Konkurrenz zu schwächen. Ihr Auftritt an der Seite von Oskar WERNER in DECISION BEFORE DAWN (1952) feiert den dann noch erfolgten internationalen Durchbruch als Filmstar "Hildegarde NEFF". Nach dem grandiosen Erfolg als Ninotschka im Musical SILK STOCKINGS kehrte KNEF erneut nach Berlin zurück, um mit dem misslungenen UFA-Melodram MADELEINE UND DER LEGIONÄR (1958) grausam Schiffbruch zu erleiden. Zwanzig Jahre danach spielte sie für Billy WILDER in FEDORA (1978) eine hochbetagte Hollywood-Legende. Da hatte KNEF schon einige Krebs-Operationen überstanden.

      Sehr gelungen sind die ehrlichen Stellungnahmen von Christina Palastanga (Tochter aus der 2. Ehe mit dem Schauspieler David CAMERON) und Paul von Schell (3. Ehemann von KNEF). Beide geben schonungslos Einblick in das auch abgründige Glamour-Leben eines Mega-Stars. So wird sehr klar, dass Hildegard KNEF nach ihren zahlreichen Krankheiten eine Medikamentenabhängigkeit entwickelte, die ganz sicher nicht einfach zu ertragen war.

      Ein sehr sehenswerter Film über eine deutschsprachige Diva, die auch heute noch sehr bemerkenswert ist. Als Kind der 1980er Jahre kam sie mir immer wie eine unverwüstliche Erscheinung aus der Vergangenheit vor, die aber auch bei zahlreichen Talkshow-Auftritten sehr kluge Sachen zu sagen wusste. Ganz besonders habe ich ihren kleinen Auftritt in einer Folge (1984) der amerikanischen CBS-Spionage-Serie AGENTIN MIT HERZ / SCARECROW AND MRS KING und ihr Gastspiel als Fräulein Schneider in der Berliner Aufführung (1987) von CABARET bewundert. Sie war schon eine ganz besondere Erscheinung, die auch in den späteren Jahren ihrer Karriere faszinierte.

      10
      • ZeddaZogenau 12.04.2025, 08:29 Geändert 12.04.2025, 08:32

        Gleich zwei Filme aus meiner Liste haben es auf zehn Bewertungen und damit einen ersten Bewertungsschnitt gebracht:

        Die wahre Geschichte des FRANK MANNATA (4,7)
        und
        LUMPACIVAGABUNDUS (5,8)

        (12.04.2025)

        5
        • 6
          ZeddaZogenau 10.04.2025, 23:23 Geändert 11.04.2025, 07:02

          Solider Schocker aus der Horrorfilm-Schmiede der BLUMHOUSE PRODUCTIONS von Jason BLUM! Wartet mit einigen sehr modernen Gimmicks aus der alles überwachenden Tech-Welt auf! Und spielt fast die gesamte Handlung über in einem übelst "fancy" Gourmet-Tempel hoch über der Skyline von Chicago! Natürlich alles nur Fassade, gedreht wurde in Irland.

          Violet (Meghann FAHY) ist eine junge Witwe, die sich nach langer Zeit mal wieder auf eine Verabredung einlassen will. Ihren kleinen Sohn lässt sie daher von ihrer Schwester hüten. Im todschicken Restaurant passieren von Anfang an einige Merkwürdigkeiten. So richtig los geht es aber, als auch Violets Date Henry (Brandon SKLENAR) endlich angekommen ist. Durch Drop-Nachrichten erfährt Violet, dass sich ein maskierter Mann bei ihr zu Hause befindet, der Sohn und Schwester bedroht. Um beide zu retten, soll Violet ihr Date noch im Restaurant ermorden. Wird Violet, die in ihrer persönlichen Vergangenheit schon Gewalterfahrungen erleben musste, diese ungeheuerliche Tat begehen? Und wer schickt der jungen Mutter diese furchtbaren Drop-Nachrichten?

          Ein moderner und durchaus fieser Thriller ist dem Regisseur Christopher LANDON da gelungen. Gut gefilmt, sehr passend für eine Zeit, in der (überwachungs-)technisch immer mehr möglich wird. Da ging es zu Lebzeiten von LANDONs Vater Michael LANDON (1936 - 1991), dem wir Serien-Klassiker wie BONANZA und LITTLE HOME ON THE PRAIRIE zu verdanken haben, noch deutlich ruhiger zu. Dieser Schocker ist sicher kein Genre-Meisterwerk, aber ein zeitgemäßer Thriller, der die Regeln des Genres beherrscht, ist keineswegs gering zu schätzen.

          Die beiden Hauptdarsteller sind bisher noch wenig bekannt und lassen daher auch noch Überraschungen möglich erscheinen. Meghann FAHY war in der zweiten Staffel der HBO-Erfolgsserie THE WHITE LOTUS dabei, und Brandon SKLENAR hat man als Burt REYNOLDS in der PARAMOUNT-Serie THE OFFER (über die Entstehungsgeschichte von THE GODFATHER) gesehen.

          14
          • 7
            über Shogun

            RIP
            Richard CHAMBERLAIN
            1934 - 2025

            7
            • 5 .5
              ZeddaZogenau 30.03.2025, 11:44 Geändert 30.03.2025, 14:17

              Ein israelischer Fernsehproduzent (Tsahi GRAD) bringt für anstehende Renovierungsarbeiten einen palästinensischen Handwerker (Ala DAKKA) in seine gutbürgerliche Nachbarschaft und sorgt damit für ein erhebliches Chaos. Schließlich ist gerade eine junge Frau aus dem Nachbarhaus belästigt worden. Das könne ja nur der fremde Palästinenser gewesen sein, meinen sowohl die Nachbarn als auch die herbeigerufene Polizei.
              Ein kleiner Film aus Israel, der ein großes Thema aus dem zwischenmenschlichen Alltagsleben behandelt. Der Film lebt dabei sehr von den beiden Hauptfiguren. Tsahi GRAD spielt einen liberalen Gutmenschen, wie ihn sich ein Woody ALLEN nicht besser hätte ausdenken können. Und Ala DAKKA überzeugt einmal mehr als arabischsprachiger Mitbürger, dem aufgrund seines Dackelblicks alle Sympathien mühelos zufliegen. Klar wird aber auch, wie schnell all diese Missverständnisse in einer derart aufgeheizten Gesellschaft wie der israelischen (auch schon 2017) zu ernsten Komplikationen führen können. Leider spielt der Film sein Potenzial insgesamt zu wenig aus. Irgendwie fehlt die letzte Dringlichkeit, so dass die Handlung allzu sehr dahinplätschert.

              Die Nominierungen, die Tsahi GRAD für den israelischen Filmpreis OPHIR als Schauspieler und Drehbuchautor erhalten hat, sind kaum mehr zu zählen. So war er im Jahre 2013 für seine Rolle in dem Schocker BIG BAD WOLVES nominiert. Auch Ala DAKKA hat nach seiner Nominierung für THE COUSIN noch zwei weitere Nominierungen für den OPHIR (2021 für IMAGE OF VICTORY und 2023 für THE MONKEY HOUSE) erhalten. Mit seiner Rolle als Boxer aus dem Westjordanland hat Ala DAKKA im Jahre 2019 die dritte Staffel der herausragenden NETFLIX-Serie FAUDA geprägt. In der im Jahre 2023 entstandenen Serie EAST SIDE, die aktuell beim europäischen Kultursender ARTE zu sehen ist, war er als homosexueller Araber aus dem Ostteil Jerusalems zu sehen.

              Der Filmtitel THE COUSIN bezieht sich auf die enge Verwandtschaft, die zwischen den Weltreligionen Judentum und Islam besteht, die sich ja beide auf Abraham als Stammvater berufen können.

              9
              • 10
                ZeddaZogenau 22.03.2025, 21:07 Geändert 30.03.2025, 14:37

                Dieser Film ist mehr als überfällig! Das herausragende und tragische Leben von Hans ROSENTHAL (1925 - 1987) ist ein würdiger Filmstoff. Seine "Zwei Leben in Deutschland" erzählen eindringlich, was in Deutschland im 20. Jahrhundert passiert ist. Der Schauspieler Florian LUKAS spielt phänomenal. Was für ein Fernsehfilm! Warum erst jetzt? Fast 40 Jahre nach dem Tod eines ganz besonderen Kindheitshelden!

                Seit dem Jahre 1971 war der Moderator Hans ROSENTHAL mit seiner Spielshow DALLI DALLI im ZWEITEN DEUTSCHEN FERNSEHEN (ZDF)zu einem der beliebtesten Fernsehmoderatoren in West-Deutschland geworden. Die Tatsache, dass er Jude war, spielte für die breite Öffentlichkeit keine große Rolle. Sein Engagement für die jüdische Gemeinde hängte ROSENTHAL nicht an die große Glocke. Noch viel weniger bekannt war der Öffentlichkeit, dass Hans ROSENTHAL sich in der NS-Zeit verstecken musste und seine ganze Familie verloren hatte, vor allem seinen jüngeren Bruder Gert ROSENTHAL.

                Der Film erzählt von der 75. Jubiläumssendung von DALLI DALLI, die ausgerechnet am 9. November 1978, dem 40. Jahrestag der grauenvollen Reichspogromnacht, stattfinden soll. Was das für Hans ROSENTHAL bedeutet haben mag, kann man sich nur schwer vorstellen. Als Folge dieser Ereignisse sind sicherlich die Pläne für sein Erinnerungsbuch "Zwei Leben in Deutschland" entstanden, das in den 1980er Jahren ein Bestseller im deutschsprachigen Raum wurde. Als Kind der 1980er Jahre konnte man Hans ROSENTHAL dann durchaus als mutigen Verfechter gegen Alt-Nazi-Umtriebe wie seinerzeit in Bad Hersfeld erleben. Leider waren Hans ROSENTHAL bis zu seinem zu frühen Tod im Jahre 1987 nicht mehr allzu viele Jahre vergönnt.

                Der aktuelle Film erinnert in ganz besonderer Weise an einen Mega-Star der Fernsehunterhaltung, der wegen seines unfassbar traurigen Schicksals, aber auch durch seine unbändige Lebensfreude bis heute in lebendiger Erinnerung geblieben ist.

                21
                • 8 .5
                  über Rosetta

                  Wer sie je in diesem Film erleben durfte, wird sie nie vergessen können.

                  RIP
                  Émilie DEQUENNE
                  1981 - 2025

                  11
                  • 7
                    ZeddaZogenau 16.03.2025, 15:20 Geändert 16.03.2025, 16:19

                    Beim deutschen Verleihtitel denkt man eigentlich sofort an einen Heimatfilm aus heimischer Produktion. Doch in Wahrheit ist PÖJKEN I TRADET, was eigentlich mit "Der Junge im Baum" übersetzt werden müsste, ein sehr besonderer Film des schwedischen Regisseurs Arne SUCKSDORFF (1917 - 2001). Im Jahre 1962 war der Streifen bei den Filmfestspielen im tschechischen Karlovy Vary für den Kristallglobus nominiert.

                    Mit wunderschönen Naturaufnahmen (Kamera: Gunnar FISCHER), die nahezu dokumentarisch anmuten, wird die Geschichte des jungen Göte (Tomas BOLME) erzählt, der sich überhaupt nicht mit seinen Eltern versteht und fast seine gesamte Zeit in der Natur verbringt. Nur seine Schwester (Birgitta PETTERSSON) hat etwas Verständnis für ihren Bruder, ist den Streitereien aber auch nicht gewachsen. Obwohl Göte der Tierwelt eng verbunden ist, schließt er sich zwei jugendlichen Wilderern (Heinz HOPF und Björn GUSTAFSON) an. Die Situation eskaliert, als ein Wildhüter (Åke LINDMAN) dem Trio immer dichter auf den Fersen ist.

                    So einen erstaunlichen und ungewöhnlichen Film kann man in den Weiten des NETFLIX-Angebots finden. Der eigentliche Hauptdarsteller ist die weite schwedische Landschaft, die die spannende Geschichte eines naturverbundenen Rebellen auf besondere Weise unterstreicht.

                    Die beiden Wilderer werden von zwei Schauspielern dargestellt, die auch aus anderen Filmen bekannt sind. Björn GUSTAFSON hat in den Filmen über Michel aus Lönneberga den Knecht Alfred gespielt. Heinz HOPF (1934 - 2001) war in einer kleinen Rolle in FANNY OCH ALEXANDER (1983) von Ingmar BERGMAN dabei. Außerdem hat er in dem berüchtigten schwedischen Rape-and-Revenge-Schocker THRILLER: EN GRYM FILM (1973) mitgewirkt.

                    20
                    • 8
                      ZeddaZogenau 16.03.2025, 11:44 Geändert 16.03.2025, 13:23

                      Im Jahre 1919 hat der Maler Amedeo Modigliani sein letztes Lebensjahr verbracht. In bitterer Armut lebte er im Pariser Künstlerviertel Montparnasse. Davon erzählt der Film des französischen Regisseurs Jacques BECKER (1906 - 1960), dem solche Meisterwerke wie TOUCHEZ PAS AU GRISBI (1954) und LE TROU (1960) zu verdanken sind.

                      Zwar wird Modigliani (Gérard PHILIPE) von Anna Zbirowska (Lila KEDROVA / OSCAR 1965: ACADEMY AWARD für ALEXIS SORBAS) und ihrem Ehemann über Wasser gehalten, und auch seine Galeristin Berthe Weill (Marianne OSWALD) gibt sich alle Mühe, für seine Bilder Käufer zu finden. Doch es reicht einfach nicht. Der gutaussehende Modigliani muss sich auch für seine sexuellen Dienste von der britischen Schriftstellerin Beatrice Hastings (Lilli PALMER / GOLDEN GLOBE 1960: Nominierung für BUT NOT FOR ME) entlohnen lassen. Ein Lichtblick in dieser verkorksten Lebenssituation ist da lediglich seine zärtliche Liebe zu der jungen Jeanne (Anouk AIMÉE / OSCAR 1967: Nominierung für UN HOMME ET UNE FEMME). Doch der Weg in den auch selbstverschuldeten Untergang scheint unvermeidlich. Oder könnte das Interesse des Kunsthändlers Morel (sehr diabolisch: Lino VENTURA) doch die ersehnte Rettung bringen?

                      Jacques BECKER hat diese Auftragsregie als Ersatz für den von ihm verehrten Max OPHÜLS übernommen. Mit dem Hauptdarsteller Gérard PHILIPE (1922 - 1959) hat sich BECKER wohl gut verstanden, seine Art der Darstellung lehnte er aber wohl ab. Einen so großen Star des französischen Films wie PHILIPE konnte BECKER wohl nicht verhindern, auch wenn das seiner Art des Filmemachens komplett widersprach. Das merkt man dem Film auch durchaus an, aber BECKER hat daraus das ewige Drama eines unverstandenen Künstlers (also das komplette Gegenteil von PHILIPE) gemacht, der erst nach seinem Tod vom Publikum "erkannt" werden kann.

                      Die wunderbare Lilli PALMER (1914 - 1986) spielt ihre kleine Rolle wie immer vorzüglich. Anhand der fehlenden Synchronisation lässt sich heute entdecken, was damals für das westdeutsche Publikum aus dem Film herausgeschnitten wurde. Ganz am Anfang landet die von PALMER gespielte Schriftstellerin mit der Hauptfigur im Bett und ist auch nach Vollzug noch einmal zu sehen. Den Publikumsliebling PALMER in so einer verfänglichen Situation zu sehen, war dem westdeutschen Publikum damals wohl noch nicht zumutbar. Vergangene Zeiten!

                      17
                      • 5
                        ZeddaZogenau 15.03.2025, 11:49 Geändert 16.03.2025, 06:56

                        In den 1980er Jahren wurden die Filme der italienischen Filmindustrie der CINECITTA immer schlechter. Das trifft auch auf diesen Söldnerfilm von Umberto LENZI (1931 - 2017) zu, der zum beliebten Genre der Makkaroni-Kombat-Streifen gezählt werden kann. Immerhin konnte eine illustre Darstellerriege für die Dreharbeiten in der Dominikanischen Republik gewonnen werden. Und es geht dieses Mal nicht um den Zweiten Weltkrieg oder den Vietnamkrieg, sondern um eine Militärdiktatur in Lateinamerika.

                        Der Politiker Cordura ist zwar aus seinem Heimatland Manioca von der Militärdiktatur vertrieben worden, bereitet sich aber auf eine Rückkehr in die Heimat vor. Ausgerechnet da wird sein kleiner Sohn von den Schergen des Militärs entführt. Eine fünfköpfige Truppe von Söldnern (Antonio SABATO, Ivan RASSIMOV, Werner POCHATH, Sal BORGESE und Julia KENT) macht sich auf in den Dschungel, um den entführten Jungen zu befreien. Dass das schwieriger wird als gedacht, versteht sich ja von selbst. Ohne große Überraschungen wird die Handlung immerhin stringent abgespult.

                        Dieser Film ist sicherlich nur eingefleischten Fans des ItaloCinema zu empfehlen. Durch die Beteiligung der westdeutschen LISA FILM sind mit Julia KENT, Werner POCHATH und Manfred SEIPOLD als Gegenspieler vom Militär auch drei deutschsprachige Schauspieler mit dabei. Julia KENT, die hier unter ihrem tatsächlichen Namen Juliane FÜRSICH geführt wird, hat als pfiffige Sprengstoff-Expertin immerhin ein paar Überraschungsmomente zu bieten.
                        Die altgedienten Italo-Divos wie Antonio SABATO (1943 - 2021) und Ivan RASSIMOV (1938 - 2003) spulen nur noch das Pflichtprogramm ab.

                        17
                        • 7
                          ZeddaZogenau 12.03.2025, 18:30 Geändert 13.03.2025, 19:44

                          In der Petticoat Lane im Londoner East End herrscht ein geschäftiges Gewimmel vor: Kleine Geschäfte und ein reger Straßenverkauf sorgen für ein sehr buntes Bild. Mittendrin ist der kleine Joe (toll: Jonathan ASHMORE, der im späteren Leben ein bekannter Biophysiker werden sollte), der sich nichts sehnlicher als die Rückkehr seines Vaters aus Südafrika wünscht. Zusammen mit seiner Mutter Joanna (Celia JOHNSON, bekannt aus BRIEF ENCOUNTER von David LEAN) ist Joe gut bekannt mit dem kleinen Nähbetrieb von Mr. Kandinsky (David KOSSOFF). Dieser Mr. Kandinsky ist es auch, der dem phantasiebegabten Jungen die Geschichte vom Einhorn erzählt, das seinem Besitzer alle Wünsche erfüllen kann. Eines Tages gelingt es dem kleinen Joe, von seinem Taschengeld ein einhörniges Zicklein zu erwerben, das der Junge für ein Einhorn hält. Von nun an setzt Joe alles daran, den Menschen in seiner Umgebung ihre langgehegten Wünsche zu erfüllen. Da ist zum Beispiel die atemberaubend schöne Sonja (Diana DORS), die sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich den Nähburschen Sam (Joe ROBINSON) heiraten zu können. Der blonde Muskelmann will aber unbedingt Mr. World im Bodybuilding werden und kann sich deshalb eine Heirat finanziell nicht leisten. Abhilfe könnte da aber ein gut bezahlter Wrestling-Kampf gegen den amtierenden Champion schaffen. Dadurch wäre vielleicht auch Geld für eine moderne Bügelmaschine für den alten Kandinsky drin...

                          Die kleinen Träume der kleinen Leute aus dem Londoner East End - darum geht es in dem 50er-Jahre-Klassiker von Regisseur Carol REED, der im Jahre 1969 den Regie-OSCAR für das Musical OLIVER! erhalten sollte. Sein Film über das "Zicklein für ein Taschengeld" ist sicherlich kein Meisterwerk, aber sehr herzerwärmend wegen seiner Menschlichkeit und genauen Beobachtungsgabe. Im Jahre 1955 erhielt der Film eine Nominierung für die Goldene Palme der Filmfestspiele von Cannes.

                          Neben dem tollen Kinderdarsteller Jonathan ASHMORE stechen die kurvige Diana DORS (1931 - 1984) und der muskulöse Joe ROBINSON (1927 - 2017) aus der Besetzung heraus. Diana DORS galt in den 1950er Jahren als die britische Antwort auf Marilyn MONROE. Nach vielen Filmen in England drehte sie im Jahre 1958 LA RAGAZZA DEL PALIO für die italienische Filmindustrie der CINECITTA. Dass die Diva auch ein bewegtes privat-politisches Leben geführt hat, kann man auch dem im Jahre 2018 auf NETFLIX veröffentlichten israelischen Spionage - Schocker THE ANGEL entnehmen.
                          Joe ROBINSON war ursprünglich Profi-Wrestler, bevor er beim Film anfing. Seine Statur prädestinierte ihn für einige Auftritte in italienischen Sandalenfilmen der CINECITTA. So ist er allein im Jahre 1961 in GLI INVASORI, BARABBAS und URSUS E LA RAGAZZA TARTARA zu sehen gewesen. Seinen besten Auftritt hatte Joe ROBINSON allerdings im Jahre 1971, als er mit Sean CONNERY einen phänomenalen Fahrstuhl-Kampf in DIAMONDS ARE FOREVER ablieferte.

                          18
                          • 6
                            ZeddaZogenau 03.03.2025, 16:22 Geändert 03.03.2025, 21:32

                            Das dramatische Finale dieser Liebesgeschichte findet an einem Rosenmontag statt, doch zuerst geht es um den Sommer davor.

                            Kurz vor dem Ersten Weltkrieg verliebt sich der schmucke Leutnant Hans (Dietmar SCHÖNHERR) in die bezaubernde Blumenverkäuferin Anna (Ruth NIEHAUS). Zu der Zeit ist das noch ein ziemlicher Skandal, wo doch das Militär damals in den deutschsprachigen Ländern in der Hierarchie ganz oben steht. So ist denn Hans auch schon mit der betuchten Kommerzialratstochter Ingeborg (Elma KARLOWA) verlobt. Doch die steht eigentlich mehr auf reifere Herren und hat sich dafür schon den ergrauten Lebemann Georg (Willy BIRGEL, der auch die Regie geführt hat) ausgeguckt. Ein wenig Hin und Her: Missverständnisse und Intrigen - dann kann es eigentlich zum glücklichen Ende während der Feierlichkeiten zum Rosenmontag kommen. Man merkt aber auch, dass die erzählte Geschichte eigentlich tragisch enden müsste. Aber so passt es auch besser zu den farbenfrohen Bildern des in Wiesbaden und Baden-Baden gedrehten Films.

                            Der Hauptdarsteller Dietmar SCHÖNHERR (1926 - 2014) konnte sich mit diesem Film eine langjährige Dazugehörigkeit zur westdeutschen Filmindustrie erspielen, ohne dabei jemals international auf sich aufmerksam zu machen. Später sollte er mit seiner dänischen Ehefrau Vivi BACH zu einem erfolgreichen Showmaster (WÜNSCH DIR WAS / JE SPÄTER DER ABEND) im westdeutschen Fernsehprogramm werden.

                            Die Hauptdarstellerin Ruth NIEHAUS (1925 - 1994) war da von ganz anderem Kaliber. Nach ihrem großartigen Auftritt in dem sehr sehenswerten Heimathorrorfilm ROSEN BLÜHEN AUF DEM HEIDEGRAB (1952) spielte sie in dem ost-West-Thriller WEG OHNE UMKEHR (1953) mit, der im Jahre 1955 mit dem GOLDEN GLOBE ausgezeichnet wurde. Selbst in den deutschsprachigen Ländern ist Ruth NIEHAUS aber allzu schnell in Vergessenheit geraten, was sehr schade ist und dringend geändert werden sollte.

                            14
                            • Gleich geht's los mit CHEFSACHE ESC, dem diesjährigen Vorentscheid für den EUROVISION Song Contest in Basel. Ein nun auch schon in die Jahre gekommener Stefan RAAB gibt sich noch einmal die Ehre.
                              Favoriten der Fans sind die Geschwister Abor & Tynna aus Wien mit BALLER, dem einzigen deutschsprachigen Lied im Bewerb. Beim Fernsehpublikum könnte die Mittelalter-Band Feuerschwanz aus Nürnberg besonders gut angekommen. Oder wird der attraktive Moss KENA, an dem Stefan RAAB einen Narren gefressen hat, das Ticket nach Basel holen?
                              Die Antwort gibt's in weniger als drei Stunden. Ich drücke auf jeden Fall Abor & Tynna die Daumen. Sollten sie gewinnen, würde Deutschland das erste Mal seit 2007 (Roger CICERO mit FRAUEN REGIERN DIE WELT) wieder mit einem deutschsprachigen Lied antreten. Es wird spannend!

                              10
                              • 10

                                Traurige Nachrichten für alle Fans der Serie KNOTS LANDING: Erst jetzt wurde bekannt, dass James HOUGHTON bereits im August 2024 verstorben ist. In der amerikanischen Erfolgsserie UNTER DER SONNE KALIFORNIENS spielte er von 1979 bis 1983 den Musikproduzenten Kenny Ward, einen der Nachbarn aus dem Seaview Circle. Seit 1988 war HOUGHTON ausschließlich als Drehbuchautor für Fernsehserien tätig.

                                RIP
                                James HOUGHTON
                                1948 - 2024

                                13
                                • 6
                                  ZeddaZogenau 01.03.2025, 08:01 Geändert 01.03.2025, 11:03

                                  Ein typischer PolAr-Kriminalfilm aus Frankreich, der aber mit deutschsprachigen Tracks von Rebeka WARRIOR und KOMPROMAT im Soundtrack überrascht!

                                  Der Enkel von Jean-Paul BELMONDO (1933 - 2021), Victor BELMONDO (geboren 1993), spielt einen jungen Polizeibeamten der französischen BRI, der wegen seiner Vorliebe für illegale Wettkämpfe zur BAC strafversetzt wird. Sechs Monate später werden einige seiner ehemaligen Kollegen umgebracht. Offensichtlich sind die früheren Freunde in illegale Machenschaften verwickelt gewesen.

                                  Nichts Neues aus dem in Frankreich und darüber hinaus so beliebten PolAr-Genre! Aber mit dem Regisseur Olivier MARCHAL, dem vor allem der Genre-Klassiker 36 QUAI DES ORFEVRES mit Daniel AUTEUIL und Gerard DEPARDIEU aus dem Jahre 2004 zu verdanken ist, liefert ein Meister seines Fachs einen ganz passablen NETFLIX-Film ab. Für Fans des französischen Kriminalfilms, der ja irgendwie auch der Nachfolger der italienischen Poliziotteschi aus den 1970er Jahren ist, ist das alles durchaus eine Sichtung wert.

                                  18
                                  • 7
                                    ZeddaZogenau 25.02.2025, 14:02 Geändert 25.02.2025, 17:15
                                    über Deva

                                    Ein Bollywood-Thriller, der verschiedene Ansätze verfolgt - das klang durchaus vielversprechend! Indische Filme bekommt man im Kino (außerhalb der Metropolen) nicht jede Woche zu sehen. Aber der Reihe nach!

                                    Am Anfang von DEVA sieht man extrem dunkle Ecken von Mumbai, in denen das Verbrechen erkennbar aufblühen kann. So ein realistischer und gesellschaftskritischer Ansatz ist für Bollywood-Thriller äußerst ungewöhnlich. Standard für Filme dieser Art aber ist, dass wir mit Dev Ambre (Shahid KAPOOR) eine Art von Super-Polizist erleben, der sich aus den tieferen Schichten der indischen Gesellschaft nach oben gearbeitet hat. So ein rabiater Cop aus dem Volke schlägt aber auch schon mal über die Stränge. Da helfen auch Freunde aus gutem Haus wie Rohan (Pavail GULATI) und ein wohlwollender Vorgesetzter wie Farhan (Pravesh RANA) nicht immer. Bei den Ermittlungen gegen einen berüchtigten Verbrecher, der ganz Mumbai unsicher macht, stellt sich heraus, dass es bei der Polizei intern wohl einen Maulwurf geben muss, der brisante Infos an die Verbrecher weitergibt. Korruption an höchster Stelle! Irgendwann geht der Super-Verbrecher den mit Hochdruck ermittelnden Polizisten ins Netz. Jetzt müsste sich eigentlich alles aufklären, doch die Handlung des Films ist damit noch lange nicht am Ende.

                                    Turbulente Action-Szenen, eine in Rückblenden verschachtelte Erzählweise und eine durchaus gekonnte Irreführung des Publikums! Da wird so einiges erzählt, was sich erst hinterher zusammenfügen lässt. Der Star des Films ist absolut Shahid KAPOOR, dessen rotzigfreche Darbietung durchaus an die von Tomas MILIAN aus den italienischen EuroCrime-Klassikern der 1970er Jahre erinnert. Auch in Sachen drahtiger Sex-Appeal kann es KAPOOR durchaus mit einem EuroCrime-Veteranen wie Luc MERENDA aufnehmen. Für das Hindi-Kino scheint das durchaus gewagt gewesen zu sein. An den Kinokassen hat der Action-Kracher von Roshan ANDREWS nicht sonderlich überzeugen können.

                                    Wer Kriminalfilme nach klassischem italienischen Vorbild mag, die mit absolut zeitgenössischen Mitteln gedreht worden sind, ist hier absolut gut bedient. Für westliche Sehgewohnheiten sind indische Filme noch immer ungewöhnlich, aber genau deswegen auch so interessant. Das ist halt Genre-Kino pur, das voll auf die Zwölf geht!

                                    Nach knapp drei Stunden wird eine Auflösung präsentiert, die man so auch schon in den Filmen der Schwarzen Serie des amerikanischen Kinos der 1940er Jahre erwarten konnte. Das indische Kino weiß halt, wie man die Vorbilder der Filmgeschichte in das Mumbai der herbeiphantasierten Gegenwart zu übertragen vermag. Langeweile kommt dabei nicht auf, große Erkenntnisse darf man aber auch nicht erwarten. Spannend bleibt, wie sich die Filmkarriere von Shahid KAPOOR weiterentwickeln wird. Frechheit siegt? Oder K.O. durch Kassengift?

                                    13
                                    • ZeddaZogenau 22.02.2025, 19:21 Geändert 22.02.2025, 19:23

                                      In diesem Jahr geht der Goldene Bär nach Norwegen: DRØMMER / DREAMS (SEX LOVE) von Dag Johan HAUGERUD

                                      8
                                      • 8

                                        RIP
                                        Sae-ron KIM
                                        2000 - 2025

                                        8
                                        • 8
                                          ZeddaZogenau 11.02.2025, 17:49 Geändert 12.02.2025, 17:25

                                          Es war schon eine ziemliche Überraschung, dass die kurdisch-deutsche Regisseurin Ayse POLAT im Jahre 2024 mit dem DEUTSCHEN FILMPREIS für die beste Regie und das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. Wenn man ihren Film IM TOTEN WINKEL aber gesehen hat, weiß man, dass diese Ehrungen nicht ungerechtfertigt sind.

                                          Alles trägt sich in der im Nordosten der Türkei liegenden Stadt Kars zu. Dort auf einer Höhe von 1768 Metern über Normalnull hat der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan PAMUK schon seinen Roman SCHNEE spielen lassen. Im Film von Ayse POLAT ist die etwas naive Regisseurin Simone (Katja BÜRKLE) mit ihrem Kameramann Christian (Max HEMMERSDORFER) nach Kars gereist, um die alte Kurdin Hatice (Tudan ÜRPER) bei einem sehr persönlichen Ritual zu filmen. Simone interessiert sich für imaginäre Monumente und erkennt dies darin, wenn Hatice in Erinnerung an ihren spurlos verschwundenen Sohn jedes Jahr erneut eine bestimmte Suppe zubereitet und diese an alle Nachbarn in ihrem Dorf verteilt. Die junge Leyla (Aybi ERA) fungiert dabei als Übersetzerin und hat gleichzeitig noch ihre kleine Englisch-Nachhilfeschülerin Melek (Cagla YURGA) dabei. Melek sieht und spürt mehr, als die Erwachsenen ihr das zutrauen würden. Was Simone nicht ahnt, ist, dass sie und ihr kleines Filmteam unter ständiger Beobachtung stehen. Eines Abends klopft es dröhnend an Simones Hoteltür...

                                          Eine sehr rätselhafte Geschichte wird hier aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Nach und nach wird klar, wie hier alles miteinander zusammenhängt und welche Rolle dabei Meleks türkischer Vater Zafer (Ahmet VARLI) spielt. Die Konflikte zwischen Türken und Kurden sind im vergangenen Vierteljahrhundert keineswegs zum Erliegen gekommen, wirken vielmehr noch immer nach. Das alles wird in Form eines spannenden Polit-Thrillers erzählt. Aber Vorsicht! Ganz unmerklich schleicht sich in Person der kleinen Melek auch eine waschechte Gespenstergeschichte in die bitterböse Handlung hinein. Die Vergangenheit ist niemals tot, sie ist nicht einmal vergangen. Und: Der Schlaf der Vernunft bringt Ungeheuer hervor.

                                          Das ist zugegeben ein ziemlich komplizierter Film, der sich aber sehr leicht über die gewählte Bildsprache erschließen lässt. Eine bittere Pointe dabei ist allerdings, dass ausgerechnet die Deutsche, die auch noch Regisseurin ist, die Bilder nicht richtig zu deuten vermag. Gesprochen wird auf Deutsch, Englisch, Kurdisch und Türkisch. Dieser Film ist sehr sehenswert, auf dieses ungeheuerliche Geschehen sollte man sich unbedingt einlassen!

                                          19
                                          • 7
                                            ZeddaZogenau 10.02.2025, 17:45 Geändert 11.02.2025, 13:15

                                            In den 1970er und 1980er Jahren nahm man Johanna von KOCZIAN (1933 - 2024) vor allem als Schlagersängerin wahr, die leicht ironisch darüber sang, wie leicht doch die Hausarbeit ("Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann!") sei. Dabei war sie noch zwei Jahrzehnte davor ein vielbeschäftigter Filmstern in der damals noch blühenden westdeutschen Filmindustrie. Im Film MENSCHEN IM NETZ hatte Johanna von KOCZIAN sogar eine so erstaunliche Rolle inne, wie sie heutzutage zum Beispiel von Cameron DIAZ etwa in BACK IN ACTION vom weltweit agierenden Streaminganbieter NETFLIX dargeboten wird.

                                            München, Ende der 1950er Jahre! Gitta Mertens (Johanna von Koczian) ist ganz aufgeregt, endlich kommt ihr Ehemann Klaus (Hansjörg FELMY) in der bundesrepublikanischen Stadt an. Der hat seit dem Arbeiteraufstand des 17. Juni 1953 im berüchtigten Gefängnis von Bautzen in der DDR einsitzen müssen. Schließlich war Deutschland damals in zwei Länder in Ost und West aufgeteilt. Zusätzlich hatten ihm die Genossen von der DDR-Staatspartei SED auch noch einen Mord angehängt. Gitta arbeitet als Übersetzerin und möchte in ihrer Firma jetzt eigentlich kürzertreten. Doch das sieht die Firma ganz anders. Handelt es sich doch um einen von der DDR in München eingeschleusten Spionagering, der weiterhin von Gittas Diensten profitieren möchte. Dass der gerade aus der Haft entlassene Göttergatte bald Verdacht wegen der zahlreichen Nachteinsätze Gittas schöpft, versteht sich von selbst. Bald geschieht ein ungeheuerlicher Mord!

                                            Was für eine ungewöhnliche Spionagegeschichte wird hier im ansonsten so braven Kino der westdeutschen Filmindustrie geboten! Der Systemgegner DDR betreibt Industriespionage, erpresst anständige Bürger und schreckt auch vor Mord und Totschlag nicht zurück. Fast war der Streifen, der seinerzeit mehr als 3 Millionen Besucher in die Kinos gelockt hat, schon in Vergessenheit geraten. Doch der findige Ex-BERLINALE-Macher Carlo CHATRIAN hatte noch als Leiter der Filmfestspiele von LOCARNO im Jahre 2016 die Retrospektive GELIEBT UND VERDRÄNGT: DAS KINO DER JUNGEN BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND VON 1949 BIS 1963 initiiert, in der auch MENSCHEN IM NETZ programmiert wurde.

                                            Auch sonst ist der Film ein interessantes Beispiel aus der westdeutschen Filmschmiede. Die Produzenten Hans ABICH und Rolf THIELE (GOLDEN GLOBE 1959 für DAS MÄDCHEN ROSEMARIE mit Nadja TILLER) verlegten in der Zeit die Produktionen ihrer FILMAUFBAU GmbH immer mehr vom beschaulichen Universitätsstädtchen Göttingen weg ins mondänere München, wo auch MENSCHEN IM NETZ gedreht wurde. Der Regisseur Franz Peter WIRTH hatte kurz vor den Dreharbeiten für seinen Film HELDEN mit O. W. FISCHER und Liselotte PULVER eine OSCAR-Nominierung erhalten. Neben dem schon als Filmstern etablierten Hansjörg FELMY (1931 - 2007) spielten auch der international gefragte Hannes MESSEMER (1924 - 1991) und die bereits in Italien aktive Ingeborg SCHÖNER (feiert am 2. Juli 2025 ihren 90. Geburtstag!!!) in dem Spionage-Schocker mit. Als finstere DDR-Agenten traten Olga von TOGNI, Hanns LOTHAR und Paul VERHOEVEN auf. Das Drehbuch lieferte Herbert REINECKER (DERRICK) nach einer Vorlage von Will TREMPER.

                                            21
                                            • 8
                                              ZeddaZogenau 09.02.2025, 19:19 Geändert 10.02.2025, 14:27

                                              Im Jahre 1989 stellte der amerikanische Regisseur Oliver STONE (zwei Jahre nach seinem OSCAR-Triumph mit PLATOON) seinen damals neuesten Film TALK RADIO im Wettbewerb der BERLINALE vor. Der Film erzählte die Geschichte eines Radio-Moderators aus Denver (die Handlung spielte allerdings in Dallas), der vor einigen Jahren tatsächlich von einer Gruppierung namens The Order ermordet worden war. Der Fall Alan BERG (1934 - 1984) war im deutschsprachigen Raum bis zu diesem Film kaum bekannt. Hauptdarsteller und Drehbuchautor Eric BOGOSIAN wurde in Berlin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.

                                              Der australische Regisseur Justin KURZEL erzählt jetzt mehr als 35 Jahre später die Geschichte der Gruppierung, die für den grausamen Mord im Jahre 1984 verantwortlich war. Und das macht er im Rahmen eines extrem spannenden Thrillers, der gesellschaftliche Entwicklungen, die jetzt offensichtlich sind, quasi im Moment ihrer Entstehung sichtbar macht. Vorgestellt wurde sein Film im letztjährigen Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig.

                                              Jude LAW spielt einen ausgemergelten FBI-Agenten, der sich eigentlich im ländlichen Amerika (im Bundesstaat Washington) vom Verbrechens-Stress der Ostküsten - Metropolen absetzen will und wegen seiner offensichtlichen Alkoholprobleme auch muss. Die wiederholten Banküberfälle in der Gegend des gesamten pazifischen Nordostens der USA nimmt er erst gar nicht so ernst. Erst durch einen findigen Lokalpolizisten (Tye SHERIDAN) wird ihm klar, wie groß die Sache im Hintergrund tatsächlich schon sein könnte. Und tatsächlich: Nicholas HOULT spielt auf unheimlich - beeindruckende Weise einen charismatischen jungen Mann, der noch einiges mehr zu erreichen gedenkt.

                                              Ein grandioser Film, bei dem einem der Atem stockt! Bei dieser Gelegenheit sollte man auch durchaus eine erneute Sichtung von TALK RADIO in Erwägung ziehen. Zwei Filme, die sich hervorragend ergänzen, obwohl mehr als 35 Jahre zwischen ihren Dreharbeiten liegen.

                                              19
                                              • ZeddaZogenau 09.02.2025, 12:33 Geändert 15.02.2025, 08:46

                                                Hier schon mal meine Ergebnisse in den wichtigsten Kategorien. Bis zum 15.2. bleibt ja noch etwas Zeit. Vielen Dank vor allem für die tolle Aktion!

                                                BESTER FILM:
                                                Anora
                                                The Apprentice
                                                Civil War
                                                In Liebe, Eure Hilde
                                                King's Land
                                                Morgen ist auch noch ein Tag
                                                Die Saat des heiligen Feigenbaums
                                                Sterben
                                                Verbrannte Erde
                                                The Zone of Interest

                                                BESTE REGIE:
                                                Ali ABBASI für THE APPRENTICE
                                                Thomas ARSLAN für VERBRANNTE ERDE
                                                Sean BAKER für ANORA
                                                Edward BERGER für KONKLAVE
                                                Paola CORTELLESI für MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG
                                                Coralie FARGEAT für THE SUBSTANCE
                                                Alex GARLAND für CIVIL WAR
                                                Matthias GLASNER für STERBEN
                                                Jonathan GLAZER für THE ZONE OF INTEREST
                                                Mohammad RASOULOF für DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS

                                                BESTES DREHBUCH:
                                                Ali ABBASI für THE APPRENTICE
                                                Thomas ARSLAN für VERBRANNTE ERDE
                                                Sean BAKER für ANORA
                                                Paola CORTELLESI für MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG
                                                Coralie FARGEAT für THE SUBSTANCE

                                                Alex GARLAND für CIVIL WAR
                                                Jonathan GLAZER für THE ZONE OF INTEREST
                                                Cord JEFFERSON für AMERICAN FICTION
                                                Mohammad RASOULOF für DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS

                                                BESTER DARSTELLER:
                                                Juri BORISSOW in ANORA
                                                Lars EIDINGER in STERBEN
                                                Alexander FEHLING in VERBRANNTE ERDE
                                                Christian FRIEDEL in THE ZONE OF INTEREST
                                                Ryan GOSLING in THE FALL GUY
                                                Misel MATICEVIC in VERBRANNTE ERDE
                                                Mads MIKKELSEN in KING'S LAND
                                                Emilio SAKRAYA in 60 MINUTEN
                                                Andrew SCOTT in ALL OF US STRANGERS
                                                Sebastian STAN in THE APPRENTICE

                                                BESTE DARSTELLERIN:
                                                Maria BAKALOVA in THE APPRENTICE
                                                Berenice BEJO in UNDER PARIS
                                                Paola CORTELLESI in MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG
                                                Kirsten DUNST in CIVIL WAR
                                                Liv Lisa FRIES in IN LIEBE, EURE HILDE
                                                Corinna HARFOUCH in STERBEN
                                                Sandra HÜLLER in THE ZONE OF INTEREST
                                                Mikey MADISON in ANORA
                                                Demi MOORE in THE SUBSTANCE
                                                Emma STONE in POOR THINGS

                                                SCHLECHTESTER FILM:
                                                Bade Miyan Chote Miyan (mit Tiger SHROFF)
                                                Fighter (mit Hrithik ROSHAN)
                                                Kraven The Hunter (mit Aaron TAYLOR-JOHNSON)
                                                Red One (mit Dwayne JOHNSON)
                                                Road House (mit Jake GYLLENHAAL)

                                                BESTE KOSTÜME:
                                                Poor Things

                                                BESTE KAMERA:
                                                Civil War
                                                The Fall Guy
                                                The Zone of Interest

                                                BESTE EFFEKTE:
                                                Alien: Romulus
                                                Dune Part Two
                                                Hagen - Im Tal der Nibelungen
                                                The Substance

                                                BESTE SERIE:
                                                The Day of the Jackal
                                                Kleo (Staffel 2)
                                                Oderbruch
                                                Ripley
                                                True Detective: Night Country

                                                BESTER SERIENDARSTELLER:
                                                Alessandro BORGHI in SUPERSEX
                                                John HAWKES in TRUE DETECTIVE: NIGHT COUNTRY
                                                Felix KRAMER in ODERBRUCH
                                                Eddie REDMAYNE in THE DAY OF THE JACKAL
                                                Andrew SCOTT in RIPLEY

                                                BESTE SERIENDARSTELLERIN:
                                                Ursula CORBERO in THE DAY OF THE JACKAL
                                                Jodie FOSTER in TRUE DETECTIVE: NIGHT COUNTRY
                                                Jella HAASE in KLEO
                                                Steffi KÜHNERT als "Tante Margot" in KLEO
                                                Karoline SCHUCH in ODERBRUCH

                                                Das sind meine Entscheidungen. Freue mich auf die endgültigen Nominierungen!

                                                20
                                                • 5 .5
                                                  ZeddaZogenau 08.02.2025, 12:37 Geändert 08.02.2025, 17:31

                                                  Mit seinen blonden Haaren und dem Schnauzbart ist der italienische Schauspieler Maurizio MERLI (1940 - 1989) noch heute das Gesicht des italienischen Kriminalfilms der 1970er Jahre. Sein Auftritt als "Kommissar aus Eisen" im Streifen von Stelvio MASSI gehört aber sicher nicht zu seinen besten Filmen.

                                                  Mauro Mariani (Maurizio MERLI) ist ein knallharter Kommissar, der es vor allem auf die Entführungsbanden abgesehen hat, die die Straßen der Stadt unsicher machen. Seinem Chef, dem Hauptkommissar (Chris AVRAM), passt das natürlich nicht so ganz. Als Mariani mal wieder - auch sonntags - mit seinem engsten Mitstreiter (Ettore MANNI) auf Verbrecherjagd ist, wird sein Kommissariat von einem jungen Mann in Geiselhaft genommen. Der will sich unbedingt an dem außer Haus befindlichen Mariani rächen. Dazu kommt noch, dass sich Mariani mit seiner Ex-Frau (Janet AGREN) und dem gemeinsamen Sohn im Kommissariat verabredet hat.

                                                  Spannend und aktionsgeladen wie bei den italienischen Kriminalfilmen des POLIZIOTTESCO-Genres gewohnt! Und doch wirkt der Film zu konstruiert und entwickelt nicht die sonst so in vielen Poliziotteschi erreichte Dringlichkeit. In Italien wurden trotzdem mehr als 847 Millionen ITL an den Kinokassen eingespielt. Ins fremdsprachige Ausland gelangte der Streifen aber wohl erst im nahenden Zeitalter der Videokassetten seit Beginn der 1980er Jahre.

                                                  16
                                                  • 8
                                                    ZeddaZogenau 07.02.2025, 12:58 Geändert 07.02.2025, 17:21
                                                    über Bird

                                                    Das Hafenstädtchen Gravesend in der Nähe von London scheint wie geschaffen für ein Sozialdrama von Andrea ARNOLD, die spätestens seit ihrem Meisterwerk FISH TANK (2009) mit Michael FASSBENDER als eine Art Fachfrau für Geschichten aus dem Unterschicht-Milieu gilt.

                                                    Um fehlende Perspektiven und viel zu frühe Schwangerschaften geht es auch hier. Die 12-jährige Bailey (Nykiya ADAMS) lebt dort im mit Sozialbauten gepflasterten Gravesend bei ihrem selbst noch ganz jungen Vater Bug (Klasse: Barry KEOGHAN), dessen Verlässlichkeit darauf beschränkt ist, dass er mit dem angeblich halluzinogenem Schleim einer Kröte viel Geld zu verdienen gedenkt. Außerdem will er jetzt durch die Heirat mit Kayleigh (Frankie BOX) in einigermaßen gesetzten Verhältnissen leben. Da bleibt nicht viel Zeit für die verunsicherte Bailey. Zum Glück trifft sie beim Herumstreifen im Moor auf den seltsamen Herumtreiber Bird (Franz ROGOWSKI), der mit einem Rock bekleidet ist und nach seinem leiblichen Vater sucht. Nach und nach findet Bailey heraus, dass Bird über ganz besondere Fähigkeiten verfügt, die noch im Konflikt mit dem gewalttätigen Lover (James NELSON-JOYCE) ihrer leiblichen Mutter wichtig werden sollen.

                                                    Ein Sozialdrama aus der britischen Unterschicht, das im quasi magischen Realismus Anleihen bei den ach so beliebten Superhelden-Filmen nimmt. Die britische Regisseurin Andrea ARNOLD wandelt weiterhin sehr gekonnt auf den Spuren von Mike LEIGH und Ken LOACH. Damit war ihr im Jahre 2024 ein Platz im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes sicher. Es stimmt ja auch, die Unterschiede in der britischen Gesellschaft sind so gewaltig, dass Filme dieser Art immer eine wuchtige Wirkung entfalten können. Und einen ehemaligen Teenager-Vater wie den von Barry KEOGHAN sehr eindrucksvoll gespielten hat man so sicher noch nie auf der Leinwand sehen können. Der deutsche Schauspieler Franz ROGOWSKI brilliert als komischer Vogel mit deutschem Akzent und wurde dafür mit seiner zweiten Nominierung (nach GROSSE FREIHEIT (2021)) für den EUROPEAN FILM AWARD belohnt.

                                                    Ein interessanter Film, der das Motiv der Heranwachsenden einmal mehr sehr stimmungsvoll variiert!

                                                    21