ZeddaZogenau - Kommentare

Alle Kommentare von ZeddaZogenau

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    Ein heißer Lockenstab für Tony Saitta: Skurriler Giallo-Krimi mit Stuart Whitman und John Saxon

    Diese seltsame Mischung aus einem Giallo und einem Polizeifilm wurde von Alberto De Martino in Ottawa und Montreal gedreht. Produziert wurde der Film von Edmondo Amati. In die west-deutschen Kinos kam der Streifen im April 1978.

    Nach einem makabren Scherz bricht die schöne Studentin Louise Saitta (Carole Laure) in Montreal tot zusammen. Gift! Aus Ottawa reist ihr älterer Bruder Tony Saitta (Stuart Whitman), ein rauhbeiniger Cop, an. Auf der Beerdigung lernt der knarzige Cowboy-Typ die Freunde seiner verstorbenen Schwester und den ermittelnden Inspektor Ned Matthews (John Saxon) kennen. Schon bald muss Tony erkennen, dass sich im Leben seiner kleinen Schwester so einiges verändert hatte. Ihren athletischen Freund Fred (Jean Leclerc) hatte die schöne Louise längst sausen lassen. Dafür teilte sie mit ihrem Uni-Prof. Dr. George Tracer (Martin Landau) das Matratzenlager. Dessen Sohn Robert (Anthony Forrest) wiederum schläft mit seiner aparten Lehrerin Margie Cohn (Gayle Hunnicutt).
    Frustriert über die schleppenden Ermittlungen nimmt Tony die Sache selbst in die Hand. Dass er dabei nicht zimperlich vorgeht, versteht sich von selbst. Tony schlägt lieber erst einmal zu, bevor er seine Fragen stellt. So trifft er bei seinen Ermittlungen auch auf drei Transvestiten, mit denen er sich eine minutenlange Prügelei liefert. Die endet erst, als Tony einem der Drei einen heißen Lockenstab in den Allerwertesten rammt. AUTSCH! Währenddessen kommt es zu weiteren Attacken. Dabei scheint vor allem Louises blinde Mitbewohnerin Julie Foster (Tisa Farrow) im Fokus des Killers zu sein...

    In diesem Film, der auch als "Tod im College" bekannt ist, ist ganz schön was los: Giallo, Poliziottescho und Whodunit in einem! Ständig in Aktion wuchtet sich Stuart Whitman (1928-2020), der für seinen Auftritt an der Seite von Maria Schell in "Gebrandmarkt" (1961) eine Oscar-Nominierung erhielt, durch eine turbulente und nie langweilige Handlung. Etwas weniger Leinwand-Präsenz bekommt der Golden-Globe-Gewinner John Saxon. Martin Landau (1928-2017) wurde im Jahre 1995 für "Ed Wood" mit einem Oscar ausgezeichnet. Gayle Hunnicutt kennt man auch als J. R.s alte Flamme Vanessa Beaumont aus der Fernsehserie DALLAS. Und Tisa Farrow ist die kleine Schwester von Mia. Die Besetzung kann sich also sehen lassen. Und auch sonst ist in dieser brachialen Mischung für gute Unterhaltung gesorgt.

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      ZeddaZogenau 28.04.2022, 19:00 Geändert 03.05.2022, 06:55

      Antonio Sabato und Henry Silva als gewaltbereite Polizisten in Rom

      Gedreht wurde dieser knallharte Kriminalfilm von Michele Massimo Tarantini im Jahre 1976. In West-Deutschland kam er allerdings erst 1982 in die Kinos. Die tolle Filmmusik ist von den Brüdern De Angelis.

      Er ist schon ein toller Knabe, dieser Kommissar Paolo Tosi (Antonio Sabato)! Und er weiß das auch, wenn die Kamera aus der Froschperspektive über den Körper dieses Modell-Athleten gleitet. Aber irgendwie wirkt seine Waffe schon wie eine merkwürdige Verlängerung seines Arms. Und ein einsamer Wolf ohne soziale Anbindung scheint er auch zu sein. In seinem Job ist er aber einsame Spitze, etwas zu rabiat vielleicht, aber naja. Beim Kampf gegen das Verbrechen in Rom bekommt er es mit dem Major Paolo Altieri (Henry Silva) zu tun, der sich als zufälliger Zeuge ähnlich rabiat verhält wie der smarte Commissario. Dieser Major Altieri ist erst vor kurzem nach Rom wegbefördert worden, weil er in seiner Fallschirm-Einheit zu viele unangenehme Fragen gestellt hat. Genau wie Tosi scheint er eher ein einsamer Wolf zu sein, hat aber im Zug nach Rom die reizende Kindergärtnerin Anna (Silvia Dionisio) kennengelernt. Auf jeden Fall ist der Major erstaunt darüber, dass die Gangster in Rom Waffen aus dem Bestand seiner Fallschirm-Einheit benutzt haben. Da geht doch was nicht mit rechten Dingen zu! Tosi und er nähern sich immer mehr an und gehen gemeinsam auf Spurensuche. Da haben sich zwei gefunden! Irgendwie scheint hinter dieser Geschichte eine große Organisation zu stehen, bei der auch der einflussreiche Rechtsanwalt Vieri (Ettore Manni) irgendwie mitmischt. Auf jeden Fall gehen die Gangster äußerst rabiat gegen die beiden Ermittler vor. Sogar vor einem Bombenanschlag in einem vollbesetzten Restaurant schrecken sie nicht zurück. Danach ist das Maß voll...

      Autoverfolgungsjagden, Schießereien, Prügeleien - hier wird alles aufgeboten, was das Genre des Polizei- und Gangsterfilms hergibt. Aber auch die Liebe und der politische Hintergrund kommen nicht zu kurz. Und mit Golden-Globe-Anwärter Antonio Sabato (1943-2021) und dem 1928 geborenen Henry Silva sind zwei verdiente Veteranen der EuroCrime-Ära am Start.
      Lohnt sich!

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        ZeddaZogenau 28.04.2022, 18:29 Geändert 28.04.2022, 19:29

        Die Polizei sagt Danke: Italienischer Krimi-Klassiker mit Mario Adorf und Jürgen Drews

        Mit diesem Film von Stefano "Steno" Vanzina (Produktion: Roberto Infascelli) ging die große Welle der italienischen Poliziotteschi-Filme der 1970er Jahre so richtig los. In Italien wurden 1,7 Milliarden ITL im Box Office eingespielt, in West-Deutschland war der Film im Kino nicht ganz so erfolgreich.

        Commissario Bertone (Enrico Maria Salerno) ist ein ganz ausgefuchster Polizeibeamter, der zunehmend an der Politik und der seiner Meinung nach viel zu laschen Justiz verzweifelt. Besonders mit Staatsanwalt Ricciuti (Mario Adorf) hat er diverse Auseinandersetzungen. Die Kriminalitätsrate in Rom steigt und steigt. Fast soziologisch-wissenschaftlich wird der aparten Journalistin Sandra (Mariangela Melato) die Misere vor Augen geführt. Als Sinnbild dafür, dass sich die Verbrecher immer mehr herausnehmen können, fungieren dabei der Oberganove Bettarini (Franco Fabrizi) und der junge Michele Settecamini (Jürgen Drews), der, um einen Überfall zu vertuschen, eine junge Frau (Laura Belli) brutal als Geisel nimmt. Doch dann geschieht etwas Unerwartetes! Scheinbar ist ein Syndikat auf den Straßen Roms unterwegs, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, von der Justiz verschonte Verbrecher und andere unliebsame Personen zu ermorden. Quasi als Wiederbelebung der faschistischen Vergangenheit und der abgeschafften Todesstrafe scheinen wegen übertriebener Gewaltanwendung entlassene Polizisten dahinter zu stecken. Kann das überhaupt möglich sein? Was weiß der ehemalige Polizeipräsident Stolfi (Cyril Cusack) darüber?

        Das ist echt harter Tobak, was hier in einer herausragenden Mischung aus Action-Spektakel und sozialpsychologischer Abhandlung präsentiert wird. Spannend, direkt, informativ und wohl so am Puls der damaligen Zeit, dass ein Nerv beim Publikum getroffen wurde. Eine Sternstunde des italienischen Genre-Kinos! Mitreißend, provokativ, erschreckend!

        Die Hauptrolle sollte ursprünglich an den Sexkomödien-Star Lando Buzzanca gehen, was sich zum Glück zerschlagen hat. Enrico Maria Salerno passt in dieser Rolle einfach besser. Schlagersänger Jürgen Drews kam wohl eher durch Zufall und auf Bestreben von Mit-Produzent Dieter Geissler zu seiner kleinen Rolle. Er macht seine Sache aber wirklich gut. Respekt! Im Jahre 1976 sollte er dann mit den Les Humphries Singers (Sing Sang Song) beim Eurovision Song Contest auftreten und mit "Ein Bett im Kornfeld" einen Riesen-Hit landen.

        Großartiger Poliziottescho, den man als EuroCrime-Fan unbedingt gesehen haben sollte!

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          ZeddaZogenau 27.04.2022, 11:36 Geändert 27.04.2022, 11:38

          Wunderbare Mischung aus Heimat- und Gruselfilm mit Ruth Niehaus und Armin Dahlen

          Da ist Regisseur Hans Heinz König mit seinem Produzenten-Bruder Richard König im Jahre 1952 ein ganz ausgezeichneter Film gelungen. Die Dreharbeiten fanden allerdings nicht in der Lüneburger Heide statt, sondern in der Gegend um Worpswede, im Teufelsmoor und im Wietingsmoor. Der Streifen ist auch unter den Titeln "Dorothee" (Österreich) und "Rape on the Moor" (USA) bekannt.

          Sie wird ihn einfach nicht los: Auf Schritt und Tritt wird die schöne Dorothee Aden (Ruth Niehaus) von dem grobschlächtigen Nachbarsbauern Dietrich Eschmann (Hermann Schomberg) bedrängt. Ein richtiger Stalker, bevor es das Wort überhaupt gab! Auch Mutter (Hilde Körber) und Vater haben kein Verständnis für Dorothee. Da trifft es sich gut, dass der junge Architekt Ludwig Amelung (sehr fesch: Armin Dahlen) heim in das Heidedorf kommt. Schon bald sind die beiden jungen Leute heftig ineinander verliebt. Seinen Frust darüber reagiert der olle Eschmann an seiner Magd Fiete (Gisela von Collande) ab, die sich dem wüsten Kerl bereitwillig hingibt. Dorothee ist sehr von der Geschichte des Heidegrabs bewegt, das entstanden ist, als die junge Wilhelmina während des Dreißigjährigen Krieges von einem schwedischen Soldaten geschändet worden ist. Aus Rache für diese Untat und aus Verzweiflung über die ihr angetane Schande lockte Wilhelmina den arglosen Vergewaltiger ins Moor, um dort gemeinsam mit ihm zu sterben. Seitdem wächst ein Rosenbusch aus dem Grab heraus. Die Dinge spitzen sich auf furchtbare Weise zu, als auch Eschmann die wunderschöne Dorothee in der Heide vergewaltigt. Nun gerät Dorothee immer mehr unter den Bann Wilhelminas...

          Was für eine hervorragende Schauergeschichte! Zu Beginn der 1950er Jahre knüpfte die deutschsprachige Filmindustrie an die Glanzzeit der Gruselfilme (Dr. Caligari) aus der Weimarer Republik an. Auch "Alraune" mit Hildegard Knef und Oscar-Anwärter Erich von Stroheim entstand in jenen Jahren. Die Verbindung von Grusel- und Heimatfilm war perfekt, um eben auch auf die dunklen Seiten des Landlebens aufmerksam zu machen. So hätte der deutschsprachige Heimatfilm weitermachen sollen! Leider setzte sich das gefälligere Vorgehen im Sinne des Publikumserfolges "Schwarzwaldmädel" durch. Filme wie "Rosen blühen auf dem Heidegrab" waren dem damaligen Kinopublikum wohl zu düster.

          Umso schöner ist es, diesen Klassiker jetzt zu entdecken. Ruth Niehaus (1925-1994) und Armin Dahlen (1919-2013) geben ein wunderschönes Paar ab, das diesen äußerst sehenswerten Film auch zu tragen vermag.

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            ZeddaZogenau 27.04.2022, 10:10 Geändert 27.04.2022, 10:13

            Ultrafieser Gangsterfilm aus Italien mit Christopher Mitchum und Barbara Bouchet

            Nach seiner Haftentlassung muss der junge Ricco Aversi (Christopher Mitchum) eine sinnbildlich lange Autobahnbrücke überqueren, um zur heruntergekommenen Tankstelle seiner Familie zu kommen. Den Aversis ist nicht mehr viel geblieben, seit Vater Gaspare (Luis Induni) von seinem Konkurrenten Don Vito (herrlich böse: Arthur Kennedy) heimtückisch ermordet worden ist. Riccos Schwester Conchetta (Paola Senatore) und Schwager (Luigi Antonio Guerra) kriegen außer dem intensiv miteinander betriebenen Matratzensport nicht mehr viel mit. Durch ihre permanente Orgasmusfixiertheit vernachlässigen sie die kleine Tankstelle total. Da ist es nur verständlich, dass die im Rollstuhl sitzende Mutter (Rina Franchetti) ihre letzten Hoffnungen auf Ricco setzt. Er soll endlich die Ermordung seines Vaters an Don Vito rächen. Das langhaarige Milchgesicht hat aber andere Pläne. Dann lernt er bei einem Besuch in der Turiner Innenstadt die wunderschöne Betrügerin Scilla (Barbara Bouchet) kennen, die in einem atemberaubenden Hosenanzug (sowas kann auch nur die phantastische Bouchet tragen!!!) sabbernden Kerlen das Falschgeld ihres Onkels (Angel Alvarez) andreht. Von den beiden erfährt Ricco, dass Don Vito auch seine ehemalige Braut Rosa (Malisa Longo) abgegriffen hat. Zwar erkennt Ricco, dass sich diese trotz aller Abneigung gegen Don Vito schon allzu sehr dem Betragen des Unholds angepasst hat, kann aber doch nicht davon lassen, mit Hilfe von Scilla und dem Spitzbuben Cirano (Eduardo Fajardo) Don Vito bei seinen Geschäften in die Suppe zu spucken. Die Situation eskaliert, als Don Vito seine Frau Rosa mit seinem kernigen Leibwächter Tony (Manolo Zarzo) im Bett erwischt. Die Wut des Don Vito kennt keine Grenzen mehr, das bekommen bald auch Ricco und seine Familie zu spüren...

            Was für ein knallharter Poliziottescho! Tulio Demichelis Film ist echt ein Trip in menschliche Abgründe. Arthur Kennedy (1914-1990), der "nette" Dr. Quimper aus dem Miss-Marple-Klassiker "16 Uhr 50 ab Paddington" (1961), überzeugt als superfieser Mafia-Boss. In den 1950er Jahren war der Schauspieler fünf Mal für den Oscar nominiert. Die Szene, in der er einem Rivalen dessen bestes Stück (in Großaufnahme!!!) abschneiden lässt, ist längst Kult! Als Seifenfabrikant kann er die Überreste elegant in heißer Seifenlauge (gedreht im Madrider WELLA-Werk) entsorgen. Schaurig! Barbara Bouchet (1943 im Sudetenland geboren) ist wie immer großartig! Ihr Striptease auf der Motorhaube ist allein schon eine Sichtung wert. Ihr phantastischer Hosenanzug ist bereits gewürdigt worden. Die wunderbare Schauspielerin Barbara Bouchet kann alles tragen, aber eben auch alles spielen. Das große Manko des Films ist Robert Mitchums Sohn Christopher in der Hauptrolle. Er wirkt einfach zu schlaff und zu weich, um in seiner Rolle überzeugen zu können. Luc Merenda oder Antonio Sabato wären für die Rolle sicher schon zu alt gewesen, aber Marc Porel oder Ray Lovelock hätten viel besser in den Film gepasst.

            Auf jeden Fall ist dieser Film, der auch in der "EuroCrime" - Doku (2012) ausführlich gewürdigt wird, ein waschechter Exploitation-Klassiker unter den italienischen Gangsterfilmen. Aber Vorsicht! Manche Szenen könnten extrem schockierend sein! ;-)

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              ZeddaZogenau 26.04.2022, 14:22 Geändert 26.04.2022, 14:27

              Ungeschminkt in den Wirren des Weltkriegs: Maria Schell als Partisanen-Ärztin an der Neretva

              Mit diesem österreichisch-jugoslawischen Kriegsdrama erzielte der bedeutende Regisseur Helmut Käutner (1908-1980) nach einigen Fehlschlägen einen großen Erfolg. Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde er 1954 mit dem Prix International ausgezeichnet. Absolut verdient!

              Dr. Helga Reinecke (Maria Schell), eine junge deutsche Ärztin, leistet im 2. Weltkrieg ihren Dienst in einem Soldatenlazarett in Mostar (Bosnien-Herzegowina). Dort verliebt sie sich in einen ihrer Patienten, den kernigen Feldwebel Martin Berger (Carl Möhner). Bevor es zu einer ersten gemeinsamen Nacht kommt, muss Martin wieder ins Feld hinaus. Immer wieder gibt es Angriffe von einheimischen Partisanen. Doch bald sehen sich die Liebenden wieder. Doch just im Augenblick des Wiedersehens wird Helga von der Partisanin Militza (Barbara Rütting) ausgetrickst und in die Berge des Neretva-Tals entführt. Dort soll sie nach dem Willen des Partisanenführers Boro (Bernhard Wicki) die Partisanen ärztlich versorgen. Widerwillig lässt sich die Ärztin darauf ein. Eine Wahl hat sie im Grunde nicht. Nach und nach erkennt Helga allerdings, wie sehr sie gebraucht wird. Und dass es für sie als Ärztin eigentlich egal sein sollte, wen sie versorgt, da sie für alle Patienten da sein sollte. Als dann auch noch der Typhus ausbricht, müssen dringend neue Medikamente her. Gemeinsam mit Militza muss sich die Ärztin auf eine gefährliche Mission begeben - zurück nach Mostar...

              Was für ein herausragender Film! Gedreht am Originalschauplatz, mit serbokroatischsprachigen Schauspielern, selbst Bernhard Wicki und Barbara Rütting sind als "gespielte Einheimische" sensationell. Und dann Maria Schell, die in diesem fast dokumentarisch anmutenden Szenario die beste Vorstellung ihrer Filmkarriere gibt. Völlig zu Recht wurde sie in Cannes für ihre schauspielerische Leistung mit einer lobenden Erwähnung bedacht.

              Helmut Käutner war nach diesem Erfolg als Regisseur wieder gut im Geschäft, aber auch für die Schauspieler standen nun alle Türen offen. Maria Schell (1926-2005) startete mit Angeboten aus Paris, Cinecitta und Hollywood in eine Weltkarriere. Bernhard Wicki (1919-2000) wurde 1960 als Regisseur von "Die Brücke" (1959) mit einem Golden Globe ausgezeichnet. Der breitschultrige Carl Möhner (1921-2005) wurde gleich für den Welterfolg "Rififi" (1955) verpflichtet und war auch im kommenden Jahrzehnt wiederholt in internationalen Filmen zu sehen. Und Barbara Rütting (1927-2020) hatte wunderbare Auftritte in "Zeit zu leben, Zeit zu sterben" (1958), "Stadt ohne Mitleid" (1962) und "Geheimaktion Crossbow" (1965).
              In weiteren Rollen sieht man Tilla Durieux (1880-1971), die sich im 2. Weltkrieg wirklich bei den Partisanen versteckt hatte, als Bäuerin Mara und den 1926 geborenen Horst Hächler als kriegsgefangenen Leutnant Scherer, der Helga erst als "Vaterlandsverräterin" unflätig beschimpft, bevor er sich von ihr gesundpflegen lässt. Horst Hächler sollte bald der erste Ehemann des kommenden Weltstars Maria Schell werden. In den 1970er Jahren wurde er mit seiner Produktionsfirma TV13 zum Produzenten diverser Sexfilme und von einigen Ganghofer-Neuverfilmungen. Auch die witzige Prügel-Klamotte "Zwei Schlitzohren in der gelben Hölle" (1974) mit Brad Harris und Antonio Sabato wurde von TV13 mitproduziert.

              "Die letzte Brücke" ist leider seit ewigen Zeiten nicht mehr im TV gelaufen oder als DVD erhältlich. Deshalb ist es umso schöner, dass man den Film im Moment auf YT sehen kann. Es lohnt sich! Dieser Film ist ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Meisterwerk!

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                Anne Parillaud, William Baldwin und die "Phantome des Todes"

                Nachdem er zweimal hintereinander für die Goldene Himbeere (für SLIVER (1993) mit Sharon Stone und für FAIR GAME (1994) mit Cindy Crawford / beide Filme gehören zu meinen liebsten Geschmacksverirrungen) nominiert war, ging es mit der Filmkarriere von William Baldwin etwas bergab. Unter der Regie des chilenischen Regisseurs Raul Ruiz und für den Mini-Major LIONSGATE war Baldwin mal wieder als sexy und gleichzeitig mysteriöser Lover besetzt, und das in einem Film, der sich vergeblich an so großen Vorbildern wie Hitchcock (VERTIGO) und Lynch (LOST HIGHWAY) orientierte.

                Jessie Markham (Anne Parillaud, Cesar für "Nikita" (1990)) hat eine furchtbare Vergewaltigung hinter sich, befindet sich jetzt aber mit ihrem Ehemann Brian (William Baldwin) in den Flitterwochen auf Jamaika. Gleichzeitig hat sie aber Träume, in denen sie als Auftragsmörderin in Seattle fremde Männer erschießt. Langsam verwischen diese beiden Ebenen miteinander, da auch die Killerin einen Brian kennenlernt. Jessie kann immer weniger unterscheiden, was Traum und was Realität ist. Welche Jessie ist nun Traum und welche Realität? Ist die Jessie in den Flitterwochen Wirklichkeit oder etwa doch die skrupellose Mörderin?

                Leider ist dieser Film weder glaubwürdig noch formal gelungen. Die Bildsprache erinnert eher an Fernsehfilme aus der Zeit. Auch die Sex-Szenen haben keinen Charme. Immerhin dürfen Anne Parillaud ihre Brüste und William Baldwin sein wohlgeformtes Hinterteil in die Kamera halten. Für einen überzeugenden Erotik-Thriller ist das aber zu wenig. Wahrscheinlich hat Raul Ruiz (1941-2011) mit dieser Auftragsarbeit die letzten Gelder für das Budget zu seinem gelungen Marcel-Proust-Film "Die wiedergefundene Zeit" (1999) zusammenbekommen. Zumindest hoffe ich, dass es so war!
                In weiteren Rollen dieses missglückten Films sind Lisanne Falk, Graham Greene (Oscar-Nominierung für DER MIT DEM WOLF TANZT) und die französische Schauspielerin Bulle Ogier (auch Canal+ hat mitproduziert) zu sehen.

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                  ZeddaZogenau 26.04.2022, 08:25 Geändert 26.04.2022, 08:27

                  Er kann`s nicht lassen: Lando Buzzanca und die verführerische Ehefrau des Herrn Calandro

                  Die 1970er Jahre waren die Blütezeit der italienischen Sexkomödien. Und meistens spielte der 1935 geborene Lando Buzzanca eine entscheidende Rolle in diesen Filmen. Regie führte diesmal Pasquale Festa Campanile, die Handlung beruht auf einem Renaissance-Theaterstück von Bernardo Dovizi, der sich wiederum Boccaccios DECAMERONE zum Vorbild genommen hat. Weltliteratur also! ;-)

                  Der omnipotente Lidio (Lando Buzzanca) kann an keiner Frau vorübergehen, ohne sie beglücken zu wollen. Und die Damen im schönen Siena sind auch keineswegs abgeneigt, da der standfeste Lidio ganz passabel aussieht. Eines Tages schlägt er aber doch über die Stränge. Als Fürst Ferruccio (Cesare Gelli) den smarten Weiberheld mit seiner wunderschönen Frau Lucrezia (Barbara Bouchet) im Bett erwischt, ist das Maß voll. Lidio droht die Kastration! Aber dann bekommt er noch eine letzte Chance in Form einer Wette. Gelingt es ihm, die junge Fulvia (Agostina Belli), die Ehefrau des greisen Calandro (Salvo Randone), zu verführen, darf er seine "Kronjuwelen" behalten. Doch die Sache ist nicht ganz so einfach, nicht einmal für einen so versierten Verführer wie Lidio. Die gute Fulvia wird nämlich unter Verschluss gehalten. Der einfallsreiche Lidio weiß aber Rat: Er verkleidet sich als Frau und wird als Madame Aurora zur Kammerzofe der jungen Fulvia. Jetzt geht der turbulente Liebesreigen aber erst richtig los! Während Lidio als Madame Aurora natürlich sämtliche weiblichen Angestellten des Hauses mit seiner Potenz erfreut, verguckt sich ausgerechnet der Tattergreis Calandro in die stämmige Madame Aurora. Missverständnisse sind von da an garantiert! Ob es der gute Lidio aber schafft, die eingegangene Wette einzulösen, soll nicht verraten werden. Nur soviel: Immer wenn es im Film zur Sache geht, erklingt ein seltsames Kinderlied, dessen Herkunft sich erst am Ende auflösen wird...

                  Eine bizarre Sex-Posse aus dem Zeitalter der Renaissance, die mit attraktiven Schauspielerinnen und Schauspielern besetzt ist. Neben Lando Buzzanca, der wie gewohnt arg grimassiert und doch überzeugt, ist besonders die wunderbare Barbara Bouchet hervorzuheben.

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                    Richard Basehart in einer kleinen Film-Perle aus der Schwarzen Serie Hollywoods

                    Anfang der 1950er Jahre kamen die düsteren Filme der Schwarzen Serie so langsam aus der Mode, waren beim Publikum aber immer noch erfolgreich genug, so dass der damalige Mini-Major UNIVERSAL diesen Film von Crane Wilbur in die amerikanischen Kinos brachte.

                    Der etwa 30 Jahre alte Larry Nelson (Richard Basehart) wird aus dem Gefängnis entlassen. Die Hälfte seines Lebens hat er dort verbracht. Vor allem vor den heimtückischen Frauen haben seine Mitgefangenen ihn gewarnt. Jetzt hofft er, ein normales Leben führen zu können, ohne wieder mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Das ist gar nicht so einfach für einen Ex-Sträfling. Doch dann klappt es! Er findet einen guten Job, verliebt sich in eine bezaubernde Kollegin (Marilyn Maxwell) und muss doch erkennen, dass er schon wieder mittendrin in einer Verbrecherbande gelandet ist...

                    Dieser durchaus gelungene Film hat es nie in die deutschen Kinos geschafft, wurde nur irgendwann in den 1980er Jahren mal im NDR ausgestrahlt. Richard Basehart (La Strada / Moby Dick / Jons und Erdme) überzeugt als junger Haftentlassener, der sich den Weg in ein gesetzestreues Leben mühsam erkämpfen muss. In weiteren Rollen sind die schwedische Schauspielerin Signe Hasso und Dorothy Hart zu sehen.

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                      Sandalenfilm mit Mark Forest als Maciste

                      In der deutschen Synchro dieses Films von Domenico Paolella wird er Marko genannt, aber eigentlich spielt Mark Forest (1933-2022) Maciste, der seit dem Monumentalfilm "Cabiria" (1913) durch das italienische Peplum-Genre geistert und überall dort aushilft, wo ein bärenstarker Mann gebraucht wird.

                      Diesmal unterstützt Marko/Maciste die Polen gegen die Übermacht des Mongolenherrschers Dschinghis Khan (Roldano Lupi). Im Besonderen geht es dabei um Macistes Herzensdame Arminia (Jose Greci (1941-2017), die in "Ben Hur" Jesu Mutter Maria gespielt hat), die sich als polnische Kronprinzessin entpuppt. Das Positive an diesem eher schlecht gemachten Film ist, dass Maciste Kontrahenten auf Augenhöhe hat. Ken Clark (1927-2009), der bald als Agent 077 alias Jack Clifton durchstarten sollte, verbreitet als fieser Muskelmann Kubilai Angst und Schrecken. Der 1941 geborene Howard Ross/Renato Rossini steht dem als Gason in nichts nach. Einen echt üblen Kampf auf Leben und Tod muss sich Maciste mit einem dunkelhäutigen Sklaven (der ehemalige Football-Spieler Harold Bradley(1929-2021), der noch eine lange Schauspiel-Karriere vor sich hatte) stellen. Und dann ist da noch die geheimnisvolle Arias (Gloria Milland/Maria Fie), die auch noch für Überraschungen sorgt...

                      Ein nicht ganz so gut gelungener Sandalenfilm aus der Spätphase des Genres, der allein deshalb interessant ist, weil Hauptdarsteller Mark Forest (der sich in seiner Zeit in Rom zum Opernsänger ausbilden ließ!) es hier mit drei ebenbürtigen Kraftpaketen zu tun bekommt.

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                        Abenteuer-Trash mit Hellmut Lange und Ellen Schwiers

                        Harald Birk (Hellmut Lange) besucht ein paar Kumpels auf einem Bohrfeld in Anatolien. Er verliebt sich dort in die aparte Kerima (Ellen Schwiers). Gemeinsam mit ihr und seinen Kumpels begibt er sich dann auf die Suche nach einem sagenumwobenen Schatz. Davon bekommen auch die dralle Blondine Ingrid (Christiane Nielsen) und ihr hinterhältiger Lover Kemal (Ekrem Bora) Wind und heften sich an die Fersen der Schatzsucher. Als sich Ingrid unterwegs in den flotten Fischer Enes (bei Wikipedia steht Elid / die Rolle wird von Fikret Hakan oder Öztürk Serengil gespielt) verliebt, eskaliert die Situation. Nicht alle Abenteurer werden die Schatzsuche überleben...

                        Interessant an diesem dilettantisch gemachten Abenteuerfilm sind lediglich die Macher hinter der Kamera. Regisseur Ernst Ritter von Theumer war wohl so etwas wie ein Selfmade-Filmemacher. Einige Jahre später drehte er mit "Scharfe Schüsse auf Jamaika" quasi einen Prototypen für die Kommissar X - Filmreihe, die dann von Theo Maria Werner (Beim CAMP DER VERDAMMTEN noch Drehbuchautor) produziert werden sollte. Man könnte dieses nicht zu Unrecht in Vergessenheit geratene Werk also als eine Art Übungsfilm für spätere GERMAN ADVENTURE FLICKS sehen.

                        Ach ja, Peter Kirsten, der als Darsteller in einer Nebenrolle zu sehen ist, singt noch zwei Schlager. Musste wohl sein!

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                        • 5

                          Tony Kendall in einer Western-Komödie mit Prügelelementen

                          Dieser Film von Bitto Albertini entstand im Jahre 1970, in einer Zeit also, als die Hochphase der Spaghetti-Western schon am Abklingen war. Nun versah man die ernsten Western-Geschichten mit komödiantischen Elementen. So auch hier: Es wird scharf geschossen und gestorben, bei akrobatischen Kunststücken und deftigen Prügeleien darf aber auch gelacht werden.

                          Der Zirkus SPLENDOR ist in dem Städtchen Goldfield zu Gast. Die drei Garrison-Brüder (Tony Kendall, Alberto DellÀcqua, Pietro Torrisi) begeistern mit ihren akrobatischen Fertigkeiten. Als sie mitbekommen, dass der fiese Goldminenbesitzer Parker (Alberto Farnese) das Städtchen immer mehr unter seine Kontrolle zu bringen versucht, unterstützen sie die Stadtbewohner und die verfemten Mexikaner gegen den hinterlistigen Aggressor. Die drei muskelbepackten Jungspunde können natürlich auch hervorragend mit ihren Fäusten umgehen, so dass es im Saloon mitunter ordentlich zur Sache geht. Am Ende kommen aber auch die Pistolen zum Einsatz...

                          Interessant an dieser fast vergessenen Westernkomödie ist allein die Besetzung. Tony Kendall kennt man als Joe Walker aus der Kommissar X - Filmreihe mit Brad Harris. Der großartige Akrobat Alberto DellÀcqua war in den 1970er Jahren in vier Filmen der Teufelskerl-Reihe (am besten: Drei Teufelskerle auf dem Weg nach Istanbul) zu sehen. Und Muskelmann Pietro Torrisi, der sonst eher in Nebenrollen zu sehen war, sollte in den 1980er Jahren zu einigen Hauptrollen in den dann modisch gewordenen Barbaren-Filmen kommen.

                          Eine skurrile Mischung aus Klamauk und Schießerei, die sicher nicht für jeden etwas ist!

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                          • 7 .5

                            Frau Wardh und ihr seltsames Laster: Hochglanz-Giallo mit Edwige Fenech und George Hilton

                            Und wieder einmal durfte Sergio Martino seine schöne Schwägerin Edwige Fenech (in jenen Jahren verheiratet mit dem Produzenten Luciano Martino) in einem exquisiten Giallo inszenieren. Die Dreharbeiten fanden im wunderschön fotografierten Wien (Schloss Schönbrunn, Stephansdom) und an der Costa Brava (Sitges) statt. Die wunderbare Musik (Dies Irae) lieferte die 1933 geborene Komponistin Nora Orlandi, die dann auch im zweiten Teil von Tarantinos "Kill Bill" zum Einsatz kam.

                            Seit kurzem ist Julie Wardh (Edwige Fenech) mit dem Diplomaten Neil Wardh (Alberto De Mendoza) verheiratet. Durch diese Heirat wollte Julie endlich ihre sadomasochistische Beziehung mit ihrem Ex-Freund Jean (Ivan Rassimov) hinter sich lassen. Nun sorgt aber ein rätselhafter Messermörder im schönen Wien für Aufsehen. Julie fühlt sich verfolgt und hat den Verdacht, dass ihr gewalttätiger Ex der geheimnisvolle Killer sein könnte. Gleichzeitig lernt die in ihrer Ehe zunehmend gelangweilte Frau den attraktiven George Corro (George Hilton) kennen und beginnt eine stürmische Affäre mit ihm. Als Julies Freundin Carol Brandt (Conchita Airoldi) im Schlosspark von Schönbrunn ermordet wird, spitzen sich die Dinge zu und werden immer verworrener...

                            Herzlich willkommen in der amoralischen und tabulosen Giallo-Welt! Schöne Frauen, bizarre Morde, geheimnisvolle Männer - mehr braucht es nicht, um einen spannenden und manchmal auch echt fiesen Film in Szene zu setzen. Auf Logik kommt es dabei nicht unbedingt an. Geklaut (dieses Mal gibt es Anleihen von Patricia Highsmith) wird auch, was das Zeug hält. Aber egal, herausgekommen ist ein wunderschön gemachter Film, der bestens unterhält. Hochspannung garantiert!

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                            • 8
                              ZeddaZogenau 22.04.2022, 13:59 Geändert 26.04.2022, 08:37

                              Lichtscheues Gesindel im Berlin des Kalten Krieges mit Gregory Peck und Marianne Koch

                              Am Anfang steht die blutjunge Marianne Koch als reizende Berlinerin Kathi vor einem Kinoplakat von Marilyn Monroe in "Niagara". Sie wartet auf den sympathischen US-Soldaten Johnny Leatherby (Ted Avery), der seine Angebetete ins Kino ausführen will. Brav bringt er sie auch nach Hause, wird aber dann von finsteren Gestalten in den von den Sowjets besetzten Ost-Sektor der Stadt entführt. Wir befinden uns im Sommer 1953, kurz nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni. Dieser Vorfall fällt in die Zuständigkeit von Steve Van Dyke (Gregory Peck) von der US-Militärpolizei. Der smarte Teufelskerl ist mit allen Wassern gewaschen. So nutzt er sein blendendes Aussehen auch dafür, Agentinnen wie die blonde "Hoffi" Hoffmeier (Anita Björk) anzuwerben und auch bei der Stange zu halten, während er gleichzeitig auch was mit seiner Sekretärin (Rita Gam) am Laufen hat. Die komplizierten Aktionen zwischen Ost und West sind halt nur etwas für "Night People", wie es der amerikanische Originaltitel schon sagt. Lichtscheues Gesindel also! :-) Erschwert wird seine Arbeit allerdings durch Johnnys einflussreichen Vater (Broderick Crawford), der es sich nicht nehmen lässt, von Washington nach Berlin zu fliegen, um den Untersuchungsbeamten vor Ort gehörig auf die Finger zu sehen...

                              Nunnally Johnson, der häufiger als Drehbuchautor bei diversen Filmen im Einsatz war, hat diesen spannenden Streifen in West-Berlin und in den Studios der Bavaria in Geiselgasteig gedreht. Lediglich die Paternoster-Szene wurde im Haus der IG Farben in Frankfurt am Main gefilmt. Im CinemaScope-Format gibt es herrliche Bilder von Berlin in dieser Produktion des damaligen Hollywood-Majors 20TH CENTURY FOX zu bestaunen. In weiteren Rollen sind Peter van Eyck und Erna Haffner, die mit ihrem Lied von der "Holzauktion im Grunewald" für urdeutsche Gemütlichkeit sorgt, dabei.

                              In einem ZEIT-Interview hat die gerade erst 90 Jahre alt gewordene Marianne Koch davon erzählt, wie sehr sie in Hauptdarsteller Gregory Peck verliebt gewesen sei. Der sei auch verknallt gewesen, aber in eine andere... Wunderbar, wie hier aus dem Nähkästchen geplaudert wird.
                              Diese kleine Film-Perle mit Bildern aus einer längst vergangenen Zeit ist unbedingt eine Neu- oder Erstsichtung wert!

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                                ZeddaZogenau 22.04.2022, 07:29 Geändert 22.04.2022, 13:27

                                Ken Clark und seine erste Mission als Agent 077

                                Ja, wie heißt er denn nun, der von Sergio Grieco inszenierte und von Edmondo Amati produzierte James-Bond-Nachahmer, der im November 1965 in die west-deutschen Kinos kam? In der Originalfassung hört er auf den Namen Dick Malloy, die deutsche Synchro hat daraus Jack Clifton gemacht, warum auch immer. Die Dreharbeiten fanden in Paris, Barcelona und Athen statt.

                                Als ihn die hübsche Sekretärin (Erika Blanc) seines Chefs (Philippe Hersent) zu einer neuen Mission bittet, ist der smarte Draufgänger Jack Clifton (Ken Clark) gerade mit einer prallbusigen Freundin (Franca Polesello, die man schon in "Verliebt in scharfe Kurven" bewundern konnte) beschäftigt. Aber die Pflicht geht natürlich vor! Immerhin geht es um eine neuartige Nuklear-Waffe, die von der Verbrecherorganisation der "Schwarzen Lilie" geklaut worden ist. Jack Clifton soll daher unbedingt verhindern, dass diese Waffe an die Chinesen verkauft wird. Unterstützung bekommt er dabei von der aparten Elsa Freeman (Helga Line). Gemeinsam müssen die beiden sich auch noch mit sowjetischen Agenten herumschlagen, die natürlich auch Interesse an der "Bloody Mary" haben. Das wird aber nicht die einzige Überraschung bleiben...

                                Der amerikanische Schauspieler Ken Clark (1927-2009) hatte sich zuvor mit Nebenrollen begnügen müssen. In Hollywood war er wegen seiner beeindruckenden Physis quasi als "beef cake"-Nebendarsteller vermarktet worden. Als Agent 077 konnte er endlich seine Qualitäten als Frauenschwarm, der wiederholt seinen prächtigen Oberkörper präsentieren darf, und als Actiondarsteller, gegen dessen mächtige Oberarme die Konkurrenten kaum eine Chance haben, präsentieren. Das Konzept kam an, die "Bloody Mary" lockte 836.000 Zuschauer in die west-deutschen Kinos. Auch die beiden Nachfolger (Vollmacht für Jack Clifton": 777.000 Zuschauer / "Im Netz der goldenen Spinne": 822.000 Zuschauer) waren an den west-deutschen Kinokassen ähnlich erfolgreich.
                                Sehr interessant ist auch die Lebensgeschichte der weiblichen Hauptdarstellerin Helga Line. Im Jahre 1932 wurde sie als Helga Lina Stern in Berlin geboren. Zum Glück konnte sie bereits als Kleinkind mit ihren Eltern vor den Nationalsozialisten nach Portugal fliehen. Später wurde sie zum Star auf der iberischen Halbinsel. In den 1980er Jahren war sie sogar in zwei Filmen von Pedro Almodovar zu sehen. In wenigen Wochen kann die großartige Schauspielerin ihren 90. Geburtstag feiern.

                                Sehenswerter Ableger der EuroSpy-Welle, die durch den Erfolg der James-Bond-Filme losgetreten wurde! Und der Start einer dreiteiligen Reihe mit Ken Clark als Agent 077 Jack Clifton!

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                                • 7 .5

                                  Im zehnten Jahr des Trojanischen Krieges: Peplum-Superstar Steve Reeves als Äneas

                                  Genau wie in der Ilias des Homer beginnt die Geschichte mit dem grausamen Tod des Trojaners Hektor durch den Achäer Achill (Arturo Dominici). Überhaupt wurde bei diesem von Giampaolo Bigazzi produzierten Film sehr sorgfältig auf Drehbuch und Ausstattung geachtet. Gedreht wurde in Belgrad. Regie führte Giorgio Ferroni, der auch die herrliche Prügel-Klamotte "Der Tomatenkrieg" (1975) mit Brad Harris und Giancarlo Prete zu verantworten hat.

                                  Die Handlung von Homers Ilias ist ja allgemein bekannt, so dass hier vor allem die tollen Schauspieler gepriesen werden können. Steve Reeves (1926-2000) als Äneas ist wie in jeder seiner Heldenrollen großartig. Natürlich ist er vor allem für die aktionsreichen Szenen gesetzt. Er hat tolle Kämpfe mit seinen Muskelfreunden Mimmo Palmara (als Ajax) und Giovanni Cianfriglia (als Diomedes, der Äneas`´ Frau Kreusa entführen will). Diese Kreusa wird von der im Jahre 1936 geborenen Juliette Mayniel gespielt, die im Jahr zuvor für ihre Rolle im Wolfgang-Staudte-Klassiker "Kirmes" (1960) mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet worden war. Eine tolle Schauspielerin, die auch die Mutter von Alessandro Gassman ist, den man aus einem der "Transporter"-Filme mit Jason Statham kennt. Als listenreicher Odysseus überzeugt John Drew Barrymore (1932-2004), der der Vater von "Scream"-Star Drew Barrymore ist. In weiteren Rollen sieht man die wunderschöne Edy Vessel als Helena, Warner Bentivegna als Paris, Carlo Tamberlani als Priamos, Nerio Bernardi als Agamemnon und Lidia Alfonsi als Kassandra.

                                  In den west-deutschen Kinos wollten 971.000 Zuschauer Steve Reeves im Trojanischen Krieg kämpfen sehen. Gute Entscheidung! Ein Jahr später gab es die Fortsetzung: Steve Reeves erneut als "Äneas - Held von Troja", in der Regie von Giorgio Venturini. Jetzt aber nach der Äneis von Vergil, vom griechischen Epos zum lateinischen Epos! Rom konnte kommen!

                                  Ein Höhepunkt in der wechselvollen Geschichte des italienischen Sandalenfilms!

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                                  • 6 .5

                                    Eine Deutsche auf dem Zarenthron: Hildegard Knef als Katharina die Große

                                    Dieser Historienfilm von Umberto Lenzi kam am 24.10.1963 in die west-deutschen Kinos. Produziert hatte Fortunato Misiano, das Drehbuch kam von Guido Malatesta, gedreht wurde in Zagreb.

                                    Der russische Zarenhof im Jahre 1761: Zarin Elisabeth (Tina Lattanzi) geht auf ihr Ende zu. Nachfolger soll ihr in Kiel aufgewachsener Neffe Peter III. (Raoul Grassilli) werden, der am Hofe sehr unbeliebt ist und durch geistige Umnachtung auffällt. Seine Gattin (Hildegard Knef), die spätere Katharina die Große, stürzt den Despoten mit Hilfe des Hauptmanns Orlow (Sergio Fantoni). Unterstützt wird sie dabei von Graf Poniatowski (Giacomo Rossi Stuart), der der liebreizenden Adeligen in Liebe zugetan ist.

                                    Historisch stimmt in diesem Film leider nicht viel. Zar Peter III. war eher der Aufklärung verpflichtet und pflegte mit Friedrich dem Großen einen mehrjährigen Briefwechsel. Diese Reformbereitschaft passte vielen am Hofe nicht. Das konnte die Zarin Katharina mit der Hilfe ihrer Liebhaber (auch von Orlow soll sie ein Kind bekommen haben) für sich nutzen. Der Film zeichnet Katharina als positive Heldin, ihren Mann dagegen als despotisches Scheusal. Für den Schauspieler Raoul Grassilli eine Paraderolle! Hildegard Knef zeigt in ihren ausgesucht schönen Kostümen eine sehr zurückhaltende Leistung. Aus ihrer Autobiographie "Der geschenkte Gaul" (1970) weiß man, dass sie und ihr zweiter Ehemann David Cameron wiederholt die versprochene Filmgage beim Produzenten einfordern mussten. Vielleicht wirkt die Knef deshalb so unmotiviert.

                                    Ansonsten ist das ein prachtvoll ausgestatteter Film, der sich in den Details durchaus Mühe gibt. Darüber hinaus kann man Hildegard Knef in ihren jungen Jahren nicht allzu oft in Farbe und im Breitbildformat bewundern. In den west-deutschen Kinos wollten 730.000 Zuschauer Hilde als Zarin erleben.
                                    Dieser Film ist nicht so schlecht, wie man anhand der Durchschnittsbewertung bei MP vermuten könnte.

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                                    • 7

                                      Mit Hollywood-Superstars nach Haiti

                                      Dass der Schriftsteller Graham Greene nie mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, hat Kritikerpapst Marcel Reich-Ranicki immer sehr bedauert. Vorlage und Drehbuch dieses ungewöhnlichen Films stammen von dem Schriftsteller. Regie führte Peter Glenville, der den Film auch produziert hat. Vertrieben wurde er dann vom Hollywood-Major MGM.

                                      Haiti zur Zeit der finsteren Diktatur von "Papa Doc" Duvalier (später sollte noch "Baby Doc" kommen): Mehrere weiße und aus dem Westen stammende Menschen werden angesichts der finsteren Brutalität mit ihren Unzulänglichkeiten und Lebenslügen konfrontiert. Die unheimliche Friedhofsruhe, die über dem unter der Diktatur ächzenden Land liegt, teilt sich den Zuschauern unmittelbar mit. Die Botschaftergattin Martha Pineda (Elizabeth Taylor) hat eine Affäre mit dem Hotelbesitzer Brown (Richard Burton). Sie treffen sich oft im Auto direkt am Humboldt-Denkmal an der Hauptverkehrsstraße. Die ist aber so menschenleer, dass es sich die beiden Liebenden sogar ungestört im Auto gemütlich machen können. Köstlich auch der dem Vegetarismus zuneigende Ex-Präsidentschaftskandidat (Paul Ford), der mit seiner Gattin (klasse: Lillian Gish) eine Klinik auf Haiti eröffnen möchte und nicht mitbekommt, mit was für einer Mörderbande er es hier zu tun hat. Die eigentlichen Opfer sind aber die Haitianer, die sich nicht einfach so aus dem Land absetzen können. Da ist die Politikerwitwe (Gloria Foster), der die Leiche ihres ermordeten Mannes geklaut wird. Da ist ihr malender Neffe (Georg Stanford Brown(Grady aus "Fackeln im Sturm")), der zum bewaffneten Widerstandskämpfer wird. Da ist der aufrechte Artz (James Earl Jones), der noch während einer OP von den Schergen des üblen Capitaine Concasseur (Raymond St. Jacques) aufgeschlitzt wird. In weiteren Rollen sind Peter Ustinov (als Botschafter und gehörnter Gatte von Martha), Cicely Tyson, Roscoe Lee Browne (Topas) und sogar der deutsche Star Gunnar Möller (Ich denke oft an Piroschka / Nacht fiel über Gotenhafen), der in jenen Jahren in London lebte, zu sehen.
                                      Ach ja, Elizabeth Taylor spielt hier eine Deutsche, deren Vater bei den Kriegsverbrecherprozessen in Nürnberg zum Tode verurteilt worden ist. Das wird ihrer Figur Martha mehr als einmal aufs Butterbrot geschmiert. In der Originalfassung soll die Taylor Englisch mit deutschem Akzent gesprochen haben, was ich leider nicht nachprüfen konnte.
                                      Sehr erhellende Polit-Lehrstunde über das (Über-)Leben in einer Diktatur, gedreht wurde übrigens in Benin!

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                                        Der "französische James Bond" OSS 117 und seine fünfte Mission - dieses Mal mit John Gavin

                                        In der vom französischen Mini-Major GAUMONT herausgebrachten EuroSpy-Filmreihe um OSS 117 gaben sich die Hauptdarsteller die Klinke in die Hand. Nach Kerwin Mathews und Frederick Stafford war Hollywood-Smartie John Gavin (Psycho) schon der dritte OSS 117. Der Golden-Globe-Gewinner (Zeit zu leben, Zeit zu sterben) machte seine Sache aber so gut, dass er ernsthaft als James-Bond-Nachfolger für den ausgestiegenen George Lazenby gehandelt wurde. Auch als 007 hätte der attraktive John Gavin eine gute Figur gemacht. Unter der Spielleitung des routinierten Regisseurs Andre Hunebelle fanden die Dreharbeiten in Rom (herrliche Bilder von der Ewigen Stadt) und Tunesien statt.

                                        Dieses Mal bekommt es OSS 117 mit einer Bande zu tun, die Auftragskiller vermietet und "Die Organisation" genannt wird. Um da reinzukommen, gibt sich der Super-Agent mit frisch operiertem Gesicht (so wird der Darstellerwechsel im Film erklärt) als üblen Bankräuber aus, der gern haufenweise Leute erschießt. Dadurch wird die Organisation auf ihn aufmerksam und befreit ihn kurzerhand aus den Fängen der Polizei, die ihn nach einem Schäferstündchen mit der reizenden Tänzerin Conchita Esteban (Rosalba Neri) verhaften konnte. In einer seltsamen Villa wird er auf seine Tätigkeit vorbereitet. Für seine körperlichen Bedürfnisse ist die bildschöne Ärztin Maud (Bond-Bösewichtin Luciana Paluzzi) zuständig, natürlich auch im Bett! Dort (in der Villa, nicht im Bett!) lernt er auch den Chef der Bande, genannt der Major (seltsam trutschig: Curd Jürgens), und dessen baumlangen Assi Karas (George Eastman) kennen. Bald geht es zum ersten Job in den Orient, der noch mit allerlei Verwicklungen garniert ist. Die Liebe kommt mal wieder nicht zu kurz (Margaret Lee als Aicha), aber es gibt auch einen echt fiesen Kollegen (Robert Hossein als Dr. Saadi) der anschmiegsamen Maud. Wird es OSS 117 gelingen, das geplante Attentat auf den Wissenschaftler van Dyck zu verhindern? Wird die Verbrecherbande des Majors besiegt?

                                        Schöne Ladies, die den attraktiven Helden gleich reihenweise ans Bett fesseln, flotte Faustkämpfe (u. a. mit George Eastman), schöne Bilder und eine launige Handlung - mehr kann man von einem EuroSpy-Klassiker nicht erwarten. In den west-deutschen Kinos wurden noch 316.000 Tickets verkauft, die Blütezeit für diese Art von Filmen war inzwischen sicherlich vorbei. Im Heimkino macht dieser Film aber auch heute noch Spaß.

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                                          über Hilde

                                          Von den windungsreichen Wegen eines Weltstars: Heike Makatsch verkörpert Hildegard Knef

                                          Dieser 2009 entstandene Film von Kai Wessel ist eine positive Überraschung. Ausgehend von ihrer Bestseller-Autobiographie "Der geschenkte Gaul" (1970) schildert er erhellend das Auf und Ab im Leben und in der außerordentlichen Karriere der Schauspielerin, Sängerin und Bestseller-Autorin Hildegard Knef (1925-2002).

                                          Es beginnt 1966 in Berlin. Hildegard Knef kehrt im Triumph nach Berlin zurück. Als inzwischen überaus erfolgreiche Schlagersängerin will sie ein Konzert in der ausverkauften Philharmonie geben. Glühend vor Lampenfieber denkt sie an ihre Anfänge in den letzten Kriegsjahren zurück. Und dann tauchen sie alle auf in diesem außergewöhnlichen, von Judy Tossell und Jens Meurer produzierten Film, die Weggefährten ihres Lebens.
                                          Aufgewachsen bei Muttern (Johanna Gastdorf) und Großvater (Michael Gwisdek) hat die ganz junge Hilde (Heike Makatsch) schon Flausen von einer Karriere als Schauspielerin im Kopf. Und sie schafft es auch: Angenommen durch ihre Schauspiellehrerin Else Bongers (Monica Bleibtreu) landet sie bei der UFA in Babelsberg, spielt erste kleinere Rollen, lernt ihren ersten Liebhaber, den glühend nationalsozialistischen TOBIS-Chef Ewald von Demandowsky (Anian Zollner), kennen, spielt Theater (Schlosspark-Theater) unter Boleslaw Barlog (Sylvester Groth) und hat mit Ricci Blum (Roger Cicero) erste Auftritte als Sängerin. In der Nachkriegszeit lernt Hildegard Knef ihren ersten Ehemann Kurt Hirsch (Trystan Pütter) kennen und dreht bei der neugegründeten DEFA den Sensationserfolg "Die Mörder sind unter uns", der die junge Schauspielerin über Nacht zum Star macht. Obwohl Erfolgsproduzent Erich Pommer (Hanns Zischler) der enthusiastischen Hilde dringend rät, in Deutschland und bei der gerade wiederentstehenden Filmindustrie zu bleiben, lockt Hollywood in Gestalt von David O. Selznick (Vom Winde verweht). Ganz falsche Entscheidung! Der deutsche Superstar Hildegard Knef wird unter der Sonne Kaliforniens kaltgestellt. Auch so kann man unliebsame Konkurrenz loswerden. Erst mit Erich Pommers Hilfe gelingt die Rückkehr nach Deutschland, wo Hilde unter der Regie von Willi Forst (Hary Prinz) als "Die Sünderin" (1951) zur Skandal-Berühmtheit wird. Ihr im Heidedörfchen Bendestorf gedrehter Nackt-Auftritt (nur wenige Sekunden) lockt immerhin 7 Millionen Zuschauer in die Kinos. Unter der Regie von Anatole Litvak (Jeroen Willems) klappt es unter Umwegen auch mit der Hollywood-Karriere. "Entscheidung vor Morgengrauen" (1951) wird in Deutschland gedreht und als Bester Film des Jahres für den Oscar nominiert. Danach dreht Hildegarde Neff, wie sie jetzt international genannt wird, mit Tyrone Power (Kurier nach Triest) und Gregory Peck (Schnee am Kilimandscharo). Und auch den Broadway erobert sie 1955 im Sturm: als Ninotschka im Musical "Silk Stockings". Aber Hilde wäre nicht Hilde, wenn sie es nicht auch wieder vermasseln würde. Nach dem Erfolg kommt wieder ein Absturz. In England lernt sie ihren zweiten Ehemann David Cameron (Dan Stevens) kennen, der allerdings noch verheiratet ist. Als sie für "Der Mann, der sich verkaufte" (1959) unerwartet das Filmband in Gold für die Beste Nebendarstellerin bekommt, ist sie wieder obenauf. Doch als die Klatschpresse erfährt, dass David Cameron noch verheiratet ist, landet sie als "Ehebrecherin" auf der Schwarzen Liste. Ein Rollenangebot von Fritz Lang platzt, ich hätte sie soooooooo gerne als Marion Menil in "Die 1000 Augen des Doktor Mabuse" (1960) gesehen!!! Schade, schade! Das Gute ist aber: Hildegard Knef besinnt sich auf ihre Talente als Sängerin, wird zur erfolgreichen Chansonverfasserin und feiert Triumphe als Star, wie ihn der deutschsprachige Raum bis dato noch nicht gesehen hatte.

                                          Heike Makatsch leistet als Hildegard Knef Außergewöhnliches. Ihr Spiel, ihr Gesang, alles fabelhaft! Sie wird zur Knef! Darüber hinaus ist es sehr erfreulich, dass mit diesem Film auch dem leider viel zu früh verstorbenen Sänger Roger Cicero (1970-2016) ein würdiges Denkmal gesetzt wird. Durch seine Lieder hat er den Swing im deutschsprachigen Raum wieder populär gemacht. Sein Auftritt mit "Frauen regiern die Welt" beim Eurovision Song Contest 2007 in Helsinki bleibt unvergessen.

                                          Was für ein wunderbarer Film! Natürlich schadet es nicht, wenn man sich schon vorher ein bisschen mit der Lebensgeschichte von Hildegard Knef vertraut gemacht hat. Aber auch ohne den "geschenkten Gaul" gelesen zu haben, kann man diesen außerordentlichen Film in vollen Zügen genießen.

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                                            Gianni Garko und die tödlichen Tücken der modernen Raumgestaltung

                                            In diesem Giallo von Gianfranco Piccioli geht es um das Psychogramm eines Mannes mittleren Alters, der in eine ganz spezielle Ausnahmesituation hineingerät.

                                            Der wohlhabende Arzt Andrea (Gianni Garko) kann ein echter Kotzbrocken sein, ist aber vielleicht gerade deswegen auch so erfolgreich. Eines Tages bekommt er mit seiner schönen Freundin Daniela (Paola Senatore) Streit. Dabei kommt es zu einem Gerangel, bei dem Daniela unglücklich gegen eine Pflanzen-Skulptur mit Blättern aus Stahl stößt, die die Wohnung des Arztes schmückt. Jaja, moderne Kunst kann ihre Tücken haben. Vor allem, wenn sie im Design der Siebziger daherkommt. Kurze Zeit später erkennt der verdutzte Andrea, dass seine Freundin tot ist. Was tun? Alles aufgeben? Für einen unglücklichen Unfall? Der nervenstarke Andrea entsorgt die Leiche. Alles geht gut, doch die Schwierigkeiten kommen erst noch. Andreas Ex-Geliebte Evelyn (Carroll Baker), die gleichzeitig auch Danielas Halbschwester (ausgerechnet aber auch!!!) ist, macht sich Sorgen und zieht die Polizei (Ivano Staccioli als Inspektor) hinzu. Als ob das nicht schon unerfreulich genug wäre, wird Andrea plötzlich anonym erpresst. Wie kann jemand von dem verhängnisvollen Unfall erfahren haben? Andrea ist ratlos, und dann spitzen sich die Dinge immer mehr zu...

                                            Dieser Giallo ist vor allem die Vorstellung des Hauptdarstellers Gianni Garko (*1935), den man sonst eher aus diversen Spaghetti-Western kennt. Aber auch als erfolgreicher Arzt und skrupelloser Lebemann macht er eine gute Figur. Carroll Baker, eigentlich die ungekrönte Königin des Giallo, steht hier einmal nicht ganz so stark im Mittelpunkt, überzeugt aber wie in jedem ihrer italienischen Filme. In weiteren Rollen sind Umberto Raho und die attraktive Pilar Velazquez zu sehen.
                                            Logik und eine stringente Handlung sollte man von einem Giallo nicht unbedingt erwarten. Die Welt des Giallo ist immer frei von Moral und voller trickreicher Wendungen. Das Besondere an diesem sehenswerten Film ist, dass das Psychogramm eines erfolgreichen Mannes, der sich seiner Sache allzu sicher ist, im Vordergrund steht.

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                                              Heidelinde Weis am Hofe des Sonnenkönigs

                                              Wer die Schauspielerin Heidelinde Weis in den 1980er Jahren als typischen Fernseh-Star (Die Schwarzwaldklinik) erlebte, konnte nicht ahnen, dass diese Frau zwei Jahrzehnte zuvor ein richtiger Filmstar gewesen war. Ihre Filme wurden in den Achtzigern kaum bis gar nicht im TV gezeigt. Umso schöner, dass man sie jetzt wieder entdecken kann. Besonders sehenswerte Auftritte hat die Weis als "Tote von Beverly Hills" und im internationalen Agenten-Thriller "...und Scotland Yard schweigt". Sehr zu empfehlen!

                                              In diesem Film des zweifachen Golden-Globe-Gewinners (1958 für "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull", 1960 für "Wir Wunderkinder") Kurt Hoffmann (1910-2001) spielt Heidelinde Weis die berühmte Liselotte von der Pfalz. Diese kesse Adelige ist ein rechter Wildfang, der so gar nicht begeistert davon ist, mit dem Herzog von Orleans (Harald Leipnitz) verheiratet zu werden, dem Bruder des Sonnenkönigs Ludwig XIV (Hans Caninenberg). Eingefädelt hat die ganze Sache die intrigante Prinzessin Palatine (Karin Hübner), die auf diese Weise ihren Liebhaber Orleans besser behalten zu können glaubt. Angekommen auf Schloss Versailles, wird die muntere Liselotte in ein aufreizendes Ränkespiel hineingezogen. Prüde sind die Franzosen ja nun wahrlich nicht, da kann auch eine mit allen Wassern gewaschene Pfälzerin noch was lernen...

                                              Was für ein Spaß! Artur Brauner hat mit seiner CCC-Film diesen herrlichen Adels-Ulk produziert. Gedreht wurde auf Schloss Charlottenburg, in Prag und in München. 1,713 Millionen Tickets (Quelle: InsideKino) wurden im Box Office verkauft. In weiteren Rollen sind Gunnar Möller (1928-2017), Friedrich von Thun und Herbert Fux zu sehen.
                                              Selten im deutschen Kino war die Schauspielerin Karin Hübner (1936-2006) zu sehen. Dabei hatte sie ihre große Zeit in den 1960er Jahren. Bis 1965 war sie die deutsche Eliza Doolittle in den Berliner Aufführungen des weltweit erfolgreichen Musicals "My Fair Lady". In dieser Zeit war sie auch mit Günther Pfitzmann (Praxis Bülowbogen) verheiratet. In diesem Film bekommt man also die seltene Gelegenheit, Karin Hübner in einer tollen Filmrolle bewundern zu können.

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                                              • 7 .5

                                                Luc Merenda und die Rache eines verzweifelten Vaters

                                                Der verwitwete Motorradmechaniker Mario Colella (Luc Merenda) kümmert sich liebevoll um seinen Sohn Fabrizio (Marco Liofredi). Eines Tages wird dieser zusammen mit einem Klassenkameraden am helllichten Tage vor der Schule entführt. Der Boss (Marino Mase) der Erpresser fordert 10 Milliarden ITL Lösegeld. Für den mittellosen Mario völlig unmöglich, aber der andere Junge ist das Kind des reichen Baulöwen Filippini (James Mason) und seiner Frau, der Komtessa Grazia (Valentina Cortese). Der kompetente Kommissar Magrini (Vittorio Caprioli) schaltet sich ein, der eigensinnige Filippini verhandelt aber auf eigene Faust und verzögert die Zahlung absichtlich. Die Entführer verlieren die Nerven und töten Fabrizio, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Jetzt gibt es für den verzweifelten Mario kein Halten mehr...

                                                Einen zeittypischen Vergeltungsthriller (ein Mann greift durch, wo die Polizei und das System versagen) im Stil von Charles Bronson hat Kult-Regisseur Fernando Di Leo in Rom und Mailand gedreht. Im kreativen Abkupfern von Erfolgsformeln aus Hollywood war die Cinecitta einfach groß. Die Handlung ist nicht unbedingt logisch, aber sehr spannend und unterhaltsam inszeniert. Mit differenziertem Schauspiel kann Luc Merenda nicht glänzen, aber Actionszenen kann er. Eine exquisitere Leistung vollbringt Hollywood-Star James Mason (1909-1984), der noch kurz vor seinem Tode zum Schwiegervater von Pop-Sängerin Belinda Carlisle werden sollte. Und Valentina Cortese wurde im Jahre 1975, als der Streifen in die italienischen Kinos (im deutschsprachigen Raum wurde er erst in den 1980er Jahren als Video veröffentlicht) kam, mit "Die amerikanische Nacht" von Francois Truffaut für einen Oscar als Beste Nebendarstellerin nominiert.

                                                Durchaus flotter Poliziottescho, der ansprechend unterhält!

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                                                  Großartiger Neo-Giallo aus Swinging London

                                                  Dieser Film von Edgar Wright ist ein echtes Meisterwerk.
                                                  Ein naives Landei (Thomasin McKenzie) mit einem übertriebenen Faible für die Sixties kommt nach London, um dort Mode zu studieren. In ihrem hübschen Zimmer hat sie immer wieder Visionen von einer umwerfend schönen Sängerin (Anya Taylor-Joy), die sich gerade in einen smarten Typen (Matt Smith) verliebt hat und erste Karriereschritte im Amüsierviertel SoHo der 1960er Jahre unternimmt. Zuerst ist alles noch ganz toll, doch dann verschwimmen die Grenzen zwischen Phantasie und Realität immer mehr...

                                                  Polanskis "Ekel" und Roegs "Wenn die Gondeln Trauer tragen" haben hier die Inspiration geliefert, aber auch die italienischen Gialli eines Mario Bava oder eines Dario Argento sind hier nicht weit entfernt. Und dann der grandiose Soundtrack! Einfach nur klasse! Wenn Petula Clarks "DownTown" und Sandie Shaws "Puppet on the String", der ESC-Siegertitel des Jahres 1967, gesungen werden, dann wird es magisch.

                                                  Auch drei wunderbare Alt-Stars sorgen für ein immenses Vergnügen: Rita Tushingham (Doktor Schiwago) als Großmutter, Terence Stamp (Teorema) als geheimnisvoller Pub-Besucher und die leider bereits verstorbene Diana Rigg (Im Geheimdienst Ihrer Majestät) als schrullige Vermieterin. Phantastisch!

                                                  Dieser Film ist ein überwältigendes Vergnügen und unbedingt sehenswert! Einen Punkt Abzug gibt es nur dafür, dass das Mischungsverhältnis zwischen der Musik und dem gesprochenen Wort nicht ganz so gut gelungen ist.

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                                                    ZeddaZogenau 14.04.2022, 14:24 Geändert 14.04.2022, 22:54

                                                    Oscar-Preisträger Jean Dujardin und "Das Mädchen von gegenüber"

                                                    Ein Immobilienmakler (Jean Dujardin) aus Aix-en-Provence lernt eine attraktive Kundin (Marie-Josee Croze) kennen, die sich als seine große Grundschulliebe entpuppt. Dadurch erinnert er sich immer mehr an seine Kindheit im algerischen Oran. Obwohl glücklich verheiratet (Sandrine Kiberlain als Ehefrau), lässt er sich auf eine Affäre mit der Kindheitsfreundin ein. Doch irgendetwas scheint nicht zu stimmen...
                                                    Nicole Garcia hat einen wunderschönen Liebes-Thriller mit leuchtenden Bildern aus Aix, Nizza, Marbella und Oran gedreht. Natürlich geht es um das unbewältigte Algerien-Trauma der Franzosen, aber auch hitchcockhafte Elemente kommen nicht zu kurz. In weiteren Rollen agieren der wunderbare Toni Servillo (Il Divo / Gomorrha) und die großartige Claudia Cardinale (Der Leopard / Spiel mir das Lied vom Tod).
                                                    Mal wieder großes Schauspieler-Kino aus Frankreich!

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