Wer erklimmt den Thron der Leading Ladies?

03.09.2012 - 09:03 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Emma Stone - Eine Leading Lady mit Zukunft?
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Emma Stone - Eine Leading Lady mit Zukunft?
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Nachdem hier letzte Woche der Zustand der Leading Men seziert wurde, müssen diesmal die Frauen ran. Dabei machen sich vor allem altbekannte Probleme des Showbiz bermerkbar, die in den 2000er Jahren so aktuell sind wie eh und je.

Letzte Woche habe ich an dieser Stelle über den Zustand der Leading Men in Hollywood geschrieben. Dabei kam heraus, dass wir immer noch von den Helden der 90er leben und sich im letzten Jahrzehnt kaum standhafter männlicher Nachwuchs in diesen Bereich vorkämpfte. Dabei geht es nicht einmal um Talent, sondern ums schnöde Geld. Einspielergebnisse definieren, wer zu den führenden weiblichen Stars in Hollywood zählt. Obwohl wir uns momentan auf einen ganzen Pool junger weiblicher Stars freuen können, unterstreicht der Blick auf die älteren Damen die geringe Halbwertzeit, mit der Leading Ladies heute rechnen dürfen.

Snow White bei den Hunger Games
Weibliche Box Office-Power ist ein flüchtiges Phänomen, das sich genauerer Untersuchung häufig entzieht. Glauben wir Wikipedia (und wann tun wir das nicht?) müssen wir Leading Ladies noch einmal von Leading Actresses unterscheiden. Erstere dienen mehr oder minder offensichtlich als Augenschmaus, während der Leading Man die (Box Office-)Arbeit tut. Leading Actresses dagegen tragen einen Film. Mich persönlich stört der Begriff, weil er eine Betonung auf das Schauspielern legt, die beim Einspielergebnis reichlich wenig Sinn macht. Da Leading Actresses in großen Blockbustern rar gesät sind, bleibe ich bei Leading Lady als Begriff. Ansonsten würde der Artikel nämlich nach der Nennung von Angelina Jolie und Meryl Streep zum Schluss kommen. Das wäre ein bisschen zu deprimierend für einen Montag.

Nun also Leading Ladies. Noch einmal: Talent ist wie bei den Männern der Schöpfung zweitrangig. Im Vordergrund steht die Frage, wessen Star-Status sich auch an der Kinokasse rentiert und wer das Zeug dazu hat, in der Zukunft die Massen zum Geldausgeben zu bewegen. Die nötige Recherche ist gleich an ihrer ersten Station niederschmetternd. Blicken wir auf die Jahreslisten der amerikanischen Box Office (einzusehen bei Box Office Mojo) dominieren Männer-zentrierte Franchises die ersten Ränge. 2010 schafften es nur drei Filme mit weiblichen Heldinnen in die Top 20 der erfolgreichsten Starts in den USA (Rapunzel – Neu verföhnt, Eclipse – Biss zum Abendrot, Alice im Wunderland), im Jahr davor und danach sah das Verhältnis ähnlich aus. Die Top 20 2012 kann bisher immerhin Die Tribute von Panem – The Hunger Games, Merida – Legende der Highlands, Prometheus – Dunkle Zeichen und Snow White and the Huntsman vorweisen. Für Twilight 4: Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht – Teil 2 ist schon ein Platz reserviert.

Bei diesem sich jedes Jahr wiederholenden Verhältnis von Männer- und Frauen-dominierten Blockbustern, brauchen wir uns über die Anzahl echter weiblicher Box Office Draws nicht wundern. Zwar gibt es viele Leading Ladies. Die wenigsten davon sind in der Lage, einen Film allein mit ihrem Namen in den Kinos zu positionieren (ein Gradmesser dafür: die Forbes Star Currency Liste). Das liegt zum einen an der Zielgruppe der großen Studios. Die ist männlich und irgendwo zwischen Teenie und Twen anzusiedeln. Deswegen profilieren sich Leading Ladies eher in vom Budget her mittelgroßen Dramen und Romantischen Komödien, die auf die Frauen der Schöpfung abzielen. Andererseits haben weibliche Stars seltener die Gelegenheit, ein Image über Jahre hinweg aufzubauen. Männern wird das Altern schlicht eher verziehen als Frauen. Das ist bekanntlich kein auf Hollywood begrenztes Phänomen.

Frauen über 40 – Die unbekannten Wesen
Die Untersuchung der Leading Men hatte offenbart, dass die männlichen Stars der 90er Jahre immer noch unsere Blockbuster-Welt in Beschlag nehmen. Abgesehen von Leonardo DiCaprio und Shia LaBeouf ist das verlässliche Personal unter 40 schwer zu finden und so verwundert die Anziehungskraft von The Expendables 2 nicht. Übernehmen wir diese Logik, müssen wir die großen weiblichen Stars der 90er Jahre ins Auge fassen: Julia Roberts (44), Jodie Foster (49), Winona Ryder (40), Gwyneth Paltrow (39), Meg Ryan (50), Demi Moore (49), Sharon Stone (54), Nicole Kidman (45), Sandra Bullock (48), Geena Davis (56), Drew Barrymore (37), Uma Thurman (42), Patricia Arquette (44). Einige davon bevölkern die Gossip-Spalten noch immer. Viele erlebten spätestens in den 2000ern einen Karriereknick, den Rückzug in Nebenrollen oder das Fernsehen, dessen breiter gefächerte Zielgruppe noch Platz bietet für weibliche Heldinnen über 40. Traurigstes Beispiel ist wohl Meg Ryan, während es für Gwyneth Paltrow wenigstens etwas sanfter in die zweite Reihe ging. Ausnahmen bilden Sandra Bullock sowie, mit Abstrichen, Julia Roberts.

Tatsächlich finden die Phasen der Erneuerung, um nicht zu sagen Säuberung, beim weiblichen Personal in (gefühlt) kürzeren Abständen statt als bei den Leading Men. Die 2000er bugsierten (mit Verspätung) Halle Berry (46), Jennifer Garner (40), Natalie Portman (31), Katherine Heigl (33), Scarlett Johansson (27), Angelina Jolie (37), Reese Witherspoon (36), Charlize Theron (37), Amy Adams (38), Renée Zellweger (43), Rachel Weisz (42), Jennifer Aniston (43) und andere in die erste Liga. Die einen verdankten ihren Aufstieg großen Franchises (Keira Knightley, Natalie Portman) oder bauten ihre eigenen auf (Reese Witherspoon, Angelina Jolie). Echte Leading Ladies mit Blockbuster-Format sind nur wenige darunter. Selbst eine von Kritikern und Fans so verehrte Darstellerin wie Natalie Portman wird in Thor zum Beiwerk degradiert, kommt oft genug nicht über das Love Interest des Helden hinaus. Angesichts der Einspielergebnisse von Æon Flux, Elektra und Catwoman ist die mangelnde Risikobereitschaft der Studiobosse nicht verwunderlich.

Wie viele der genannten Damen sich auch im kommenden Jahrzehnt in Hauptrollen halten werden, bleibt fraglich. Schon macht sich eine neue, jüngere Generation daran, den Thron der Leading Ladies zu erobern. Dazu gehören Kristen Stewart (22), Emma Stone (23), Jennifer Lawrence (22), Mia Wasikowska (22), Emma Watson (22), Emily Blunt (29), Amanda Seyfried (26), Olivia Wilde (28) und Zoe Saldana (34). Einige stehen wie ihre Vorgängerinnen vor der Aufgabe, sich aus ihrer Franchise zu lösen. Ein Blick auf die Vergangenheit beweist: Die wenigsten werden es schaffen, wie Angelina Jolie dem Fluch des Eye Candies oder wie Meryl Streep dem des Alterns zu entkommen. Letztere ist auch noch mit 63 Jahren ein echter Box Office-Garant. Sie ist eine Ausnahmeerscheinung.

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