Mimuschka - Kommentare

Alle Kommentare von Mimuschka

  • 8 .5

    "Les Glaneurs et la glaneuse", Agnes Vardas 15ter Film, ist nur vordergründig ein Portrait der sogenannten "Sammler", auch wenn dies allein schon interessant genug wäre. "Sammler" sind Menschen, die (vor allem) Nahrungsmittel einsammeln und verwerten, die ansonsten durchs Raster der kapitalistischen Marktlogik fallen und als "Müll" gelten. Seien es Kartoffeln, die bei der Ernte liegenbleiben, Äpfel die zu klein oder groß sind und hängenbleiben oder aber alles was im Supermarkt aussortiert und weggeworfen wird, da das Mindeshaltbarkeitsdatum naht und somit als nicht verkaufbar gilt.
    Dieser uralte Brauch, früher "Nachlese" genannt, der z.B. schon durch Millet's Bild "Des glaneuses" (1857) dokumentiert wurde, bildet nun den Ausgangspunkt von Varda filmischer Reise durch Frankreich, während der sie in Kontakt zu Sammler_innen verschiedenster Art tritt. Doch gleichzeitig entsteht so auch eine Reflektion auf das Filmemachen an sich und vor allem auch auf die Person Agnes Varda.
    Wie der Titel schon nahelegt, der wegen der Ungenauigkeit der deutschen Sprache nur schlecht in "Die Sammler und die Sammlerin" übersetzt werden kann, wird eine Analogie aufgemacht, die das Filmemachen als "Sammeln" von Eindrücken, Bildern und Momenten beschreibt. Filmemachen als Prozess der von Spontaneität und Zufällen lebt, die Varda geschickt einbaut um das Prinzip hinter ihrer Arbeit zu verdeutlichen.
    Gleichzeitig geht es auch um sie als Person. Eine Person die mit dem Altern zu kämpfen hat und dies zum Nebenthema des Films werden lässt. Immer wieder filmt sie ihre zerfurchten und faltigen Hände, die seit jeher versuchten die Wirklichkeit auf Film zu bannen. In einer bemerkenswerten Szene versucht sie, vorbeifahrende LKWs einzufangen, ein kindliches Spiel, ein Kameratrick, wie von jemand gespielt, der zum ersten Mal ganz naiv die Freuden der Handkamera entdeckt ("Mein Traum: die eine Hand filmt, wie die andere Hand etwas tut."). Und tatsächlich ist dies der erste Film, den sie komplett mit einer kleinen Digitalkamera realisiert, ein Statement gegen den Größenwahn der Branche, back to the basics sozusagen.

    So gelingt Varda das Meisterstück, einen Film abgeliefert zu haben, der mit seinen assoziativen und humorvollen Einschüben zugleich wundervolle Poesie und selbstreflektive Künsterbiografie ist, aber durch das politisch hochaktuellen Thematik der Lebensmittelverschwendung auch Anschluss findet an eine globale gesellschaftskritische Bewegung. "Les Glaneurs et la Glaneuse" zeigt eine Filmemacherin auf der Höhe ihres Schaffens, die einst durch die Nouvelle Vague zur Größe gelangte und heute, trotz ihres hohen Alters, nichts von dieser Größe verloren hat.

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    • 7 .5

      Ende der 50er Jahre setzten sich ein paar Regisseure des SDR in Stuttgart zusammen um dem angestaubten deutschen Dokumentarfilm neue Impulse zu geben. Angewidert von der vorherrschenden Kulturfilmtradition und den bis vor kurzem noch gedrehten Nazi-Propagandafilmen, in denen "heroisiert und die Wirklichkeit überhöht wurde, um gewaltige patriotische Emotionen auszulösen" waren sie nun entschlossen "den Film kritisch einzusetzen. Diese Mittel der Vergegenwärtigung, der Lebendigkeit zu benutzen um Wirklichkeit unheroisch und eher entlarvend und kritisch darzustellen." (Wilhelm Bittorf). Dieser neue Ansatz sollte fortan als "Stuttgarter Schule" Mediengeschichte schreiben. Ihre Veröffentlichungen waren zumeist bissig-ironische Kommentare zum bundesdeutschen Alltag im Wirtschaftswunder, Blicke hinter die glänzende Fassade und kritische politische Statements, die mittels einfallsreicher und gekonnter Montage und des oftmals süffisanten Untertons auf hohem Niveau zu unterhalten wussten.

      Der bekannteste Beitrag ist bis heute Roman Brodmanns "Der Polizeistaatsbesuch", eine Dokumentation jenes berüchtigten Ereignisses im Jahre 1967: dem Besuch des Schah von Persien der damit den bis dato größten Polizeieinsatz der noch jungen Landesgeschichte auslöste. Geschickt entlarvt Brodmann die deutsche Autoritätshörigkeit, die Mentalität des "Knickse-machens" und den immernoch die gesamte Gesellschaft durchziehenden Militarismus. Was als Realsatire beginnt bekommt jedoch schnell einen tragischen Anstrich, nämlich wenn die Studentenproteste angeheizt durch die Polizeigewalt eskalieren und schließlich zum Tod von Benno Ohnesorg führen, dem ersten Todesopfer der bundesdeutschen Exekutive. All dies war zum Drehbeginn jedoch noch nicht abzusehen und dieser Zufall ist es dann auch, der "Polizeistaatsbesuch" zum wichtigen Zeitdokument macht, das dann 1968 verdient mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet werden sollte.

      p.s.: kann man sich auf youtube ansehen, allerdings mit grauenhaft schlechter Tonqualität. Alternativ ist der aber nun auch bei "absolut MEDIEN" mit 15 anderen "Stuttgarter Schule"-Titeln der Reihe "Zeichen der Zeit" auf DVD erschienen. Falls man 70 Euro locker sitzen hat und sich für die Geschichte des deutschen Dokumentarfilms interessiert eine lohnende Investition.

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      • 6

        feinstes 80er jahre fantasyhorror popcornkino mit all dem nostalgischen charme den man sich wünscht, inkl den typischen 80er lichteffekten und tollen kostümen. gleichzeitig ist der film eine hommage an die alten universal-monster, die hier alle mitspielen, was ihn quasi zu einem pflichtprogramm für mich gemacht hat. da es sich hierbei um einen kinderfilm handelt, in dem sinne dass alle hauptrollen von kindern gespielt werden, ist das alles weniger gruselig geschweige denn brutal, als eher ein riesenspaß mit zahlreichen logiklöchern. z.b. steht ein monster lieber ganz lange vor dem opfer und brüllt und kommt dann ewig-langsam näher, anstatt direkt zum todesstoß anzusetzen. das hat mir die letzten 20 minuten dann etwas madig gemacht, weil mich ein paar szenen doch arg genervt haben, sowas müsste man also in kauf nehmen [meine rechnung wäre in etwa: erste stunde=6.5/10, letzte 20 min.=5.5/10]. als ausgleich gibts dann ein paar nette anspielungen auf die früheren filme oder auch auf star wars.

        auf die frage ob man sich den film anschauen sollte, kann ich nun keine allgemeine empfehlung aussprechen, aber ich denke wenn man sich z.b. gern mal sowas wie "explorers", "howard the duck", "the goonies" oder ähnlichen quark reinzieht, kann man hiermit einen kurzweiligen abend haben.

        9
        • 3 .5
          über Mama

          10 dinge die ich an dir hasse:

          1) wie jede/r weiß tragen so total unkonventionelle rockgören wie annabell immer dick kajal um die augen, morgens mittags abends, auch an sonntagen wo man zuhause gammelt und erst recht nachts beim schlafen.
          2) was mach man noch so als rockgöre? naja halt total lässig und derbe cool abhängen und dies dem unbedarften und naiven zuschauer für den dieser film anscheinenden gemacht wurde ständig unter die nase reiben, indem man z.b. mit coffee2go zu wichtigen anwaltsterminen kommt oder beim müsli-essen durch die wohnung läuft, bzw. "strubbeliges haar" haben, in der art wie man es beim friseur gemacht bekommt.
          3) ein überzeugendes outfit ist auch wichtig: wie wärs mit dem neusten schrei unter punkern, misfits oder ramones tshirts. oder moment? hängen die nicht mittlerweile auch schon im H&M? naja... immerhin passt es zu der "punk-musik" der band die eher klingt wie die poppigeren blink182.
          4) diese dürren abgemagerten und verformten monstren, die schnell und affenähnlich durch die dunkelheit huschen haben wenig ähnlichkeit mit den beiden süßen mädchen die sie sind, wenn man sie im hellen sieht.
          5) selbst nach tagen/wochen klinikaufenthalt wurden lilly die füße nicht gewaschen oder die haare gekämmt, seltsames krankenhaus...
          6) es gibt zahlreiche dieser szenen die mich an so vielen geisterfilmen stören, wie z.b. "ju-on", bei denen "der geist" nur vom zuschauer gesehen werden kann, aber von keinem der protagonisten. was hat dies für einen sinn und vor allem, warum sollte ein geist so etwas machen, außer um ganz augenscheinlich nur die zuschauer zu erschrecken?
          7) der immergleiche inszenierungstrick, die soundkulisse anschwellen zu lassen und auf dem höhepunkt durch einen lauten knall das publikum aufzuschrecken hat nichts mit spannung zu tun. weiterhin ist dem nicht zuträglich mama so früh zu enthüllen oder sie vergnügt mit den mädchen spielen zu lassen, ich mein: hallo? wobei das aber noch nichtmal das schlimmste ist, denn schließlich weiß man ja durch den kurzfilm schon worum es geht. was mich zum nächsten punkt führt:
          8) es gibt so ziemlich überhauptnichts um mich bei der stangen zu halten, die auflösung ist genauso langweilig wie vermutet und bahnt sich schon seit den ersten minuten an, kennt man von 100 anderen geisterfilmen.
          9) apropos mama: die sieht genauso scheisse aus wie in dem lowbudget vorgänger, was haben die mit dem ganzen geld gemacht?
          10) DAS ENDE! omg, das ende! over-the-top kitschige unsubtilität vermischt mit logiklöchern. spätestens da weicht das letzte quentchen von grusel einem "van hellsing" gefühl.

          FAZIT: reiht sich nahtlos ein in die reihe von überproduzierten, langweiligen, PG13 filmen ohne ideen und mit ausgelutschten und schlecht-manipulativen regie-kniffen für das 08/15-durchschnittspublikum

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          • schön, genau das ist auch mein problem mit den meisten horrorfilmen, total unspannend der grusel-markt momentan. einer der es meiner meinung nach aber "richtig" macht wäre z.b. "La casa muda (2010)", der lustigerweise aus genau jenem grund bei vielen auch als "langweilig" verschrien ist. kann den aber freunden des subtilen spannungsaufbaus nur empfehlen. schrecken pur!
            :-)

            http://www.moviepilot.de/movies/the-silent-house

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            • endlich mal ein artikel über das cinema of transgression, sehr cool! kann in dem zusammenhang auch folgende dokumentation über die damalige underground-szene empfehlen:

              Llik Your Idols (2007)
              http://www.moviepilot.de/movies/llik-your-idols

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              • 7

                es war schön, nach knapp 10 jahren nochmal einen abendfüllenden spielfilm von don coscarelli serviert zu bekommen, dessen "phantasm" noch immer zu meinen lieblingshorrorfilmen gehört. überraschenderweise merkt man "john dies at the end" auch gar nicht an dass sein regisseur fast 60 jahre alt ist, wirkt er eher wie der debütfilm von 2 aufstrebenden mitzwanzigergeschwistern die ein auslandssemester in japan absolviert haben. oder in anderen worten: angenehm erfrischend, mit vielen verrückten ideen und einem leicht billig aussehende computer-look der mich an jüngere japan-neo-splatter filme ala yoshihiro nishimura erinnert. also nicht im negativen sinn, hat durchaus charme. das ganze wird gemixt mit etwas cronenberg'schem body-horror und coscarellis ur-eigener handschrift, incl. obligatorischen paralleluniversen.
                vielleicht passt der vergleich nicht so, aber von der atmosphäre passte der film für mich in etwa in eine gruppe mit sachen von frank henenlotter oder filmen wie "detention", "kaboom", "someones knocking at the door" oder sogar "naked lunch". wenn man damit also was anfangen konnte oder allgemein coscarelli mag, dann ist der hier auch zu empfehlen, vorausgesetzt man ist etwas aufgeschlossen und hat lust auf eine "abgedrehte nummer" inkl fleischabfall-monster.

                p.s.: es gibt natürlich einiges zu kritisieren, wie z.b. den nervig schlechten hauptdarsteller oder ein leicht inkonsistentes script, aber ich hab mir vorgenommen an dem film erstmal nur die guten seiten zu betonen, aus freude über coscarellis rückkehr.

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                • ganz interessanter artikel, bin mal gespannt was in den nächsten jahren so mit der blockbuster-kultur passieren wird. sehe das aber gar nicht so negativ oder gar erstaunlich, denn ausrichtung auf wirtschaftlichkeit, auslassung von kritischen themen oder zensur gab es ja schon seit jeher (nicht nur in den USA, auch in europa), nun werden halt nur die schwerpunkte woanders gesetzt. hätte allerdings noch zwei anmerkungen:

                  - die diktatur in china hat nichts mit kommunismus zu tun. letzteres wäre eine zusammenschluss freier menschen ohne staatsgrenzen oder herrschaft.

                  - "China platziert die Seife, Hollywood bückt sich": die denunzierung von zu kritisierenden personen als vermeintlich "schwul" hat für mich einen unangenehm homophoben nachgeschmack

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                  • hm, ziemlich schwer, ich fasse mal meine bisherigen gedanken zusammen:
                    der tod kommt zweimal, schwarzer engel und höhenkoller spielen mit elementen von hitchcock-filmen. 12 monkey nimmt motive von la jetee wieder auf.
                    in schwarzer engel und suzhou river kommt es im zusammenhang mit lösegeldforderungen zu problemen.
                    einige filme haben "liebhaber" oder "seitensprung" als thema (basic instinct, die untreue frau, vorsicht sehnsucht).
                    in schwarzer engel und marienbad geht es um erinnerungen an damals, in verbindung mit einer liebesgeschichte.

                    tja, aber irgendwie fehlt mir noch der zusammenhang im kopf, hast du einen tipp?

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                    • 8

                      zwei junge mädchen radeln lachend über eine landstraße im abendsonnenschein, ihre sommerferien genießend, während im hintergrund sanftes orgelspiel zu hören ist. doch was im ersten moment wie das perfekte idyll aussieht, entpuppt sich als trügerischer schein. denn gerade haben sie beschlossen im namen satans zu heiraten und ihr leben der verbreitung von trauer und qual zu widmen.
                      was danach geschieht, schmerzt gleich auf mehreren ebenen. zum einen werden die folgenden "streiche" an der dorfbevölkerung stets mit einem lächeln im gesicht und ohne spur von reue vollzogen, eine erklärung über die beweggründe bleibt aus.
                      (minor spoilers ahead)
                      wenn sie des armen bauerntölpels lieblinskanarienvogel vergiften und dieser dann weinend zusammenbricht oder den viehhirten verführen aber dann doch zwischen die beine treten und seine kühe von der weide in den wald treiben,
                      (spoiler ende)
                      verschieben sich die sympathien klar zu den opfern und man empfindet mitleid, sowie unverständnis angesichts dieser grausamkeiten, die im weiteren verlauf dann weiter zunehmen bis es das unausweichliche erste todesopfer gibt.
                      zum anderen provoziert der film mit mehreren tabubrüchen, die heute noch genauso wie im erscheinungsjahr 1971 das publikum schocken dürften. zwar wirken die gotteslästerlichen taten und die abkehr von gott und hin zu satan mittlerweile eher belustigend als "krass", aber die thematisierung von kindlicher sexualität in dieser sehr offensiven form (die mädchen sind nicht opfer eines aggressiven pädophilen, sondern setzen ihre reize bewusst ein, um schaden zu verursachen), ließ mich bei so mancher szene deftig schlucken. das dritte tabu manifestiert sich in ihren taten; kindliche bösartigkeit und gewalt verstören ungemein und haben in der kinogeschichte immer wieder für diskussionen gesorgt. und ohne dass die ursachen ersichtlich werden bleibt im kopf des zuschauers ein fragezeichen zurück, denn weder die internatsähnliche klosterschule noch die familiäre umgebung in den ferien wirken bedrohlich und unmenschlich. die hinwendung zu satan scheint weniger durch unerträgliche lebensumstände bedingt als vielmehr durch langeweile oder halt "einfach so" zu geschehen.

                      FAZIT: bestes 70er-jahre provo-kino jenseits von moral und dem wunsch nach begründungen, dass angesichts der tabubrüche nach wie vor verstört und in dieser form heute nicht mehr denkbar wäre.

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                      • hab letztens diese daumenparodie gesehen, war ganz ok:
                        http://www.moviepilot.de/movies/frankenthumb

                        und dann noch was japanisches:
                        http://www.moviepilot.de/movies/vampire-girl-vs-frankenstein-girl

                        :-)

                        • hab folgendes festgestellt: wenn man das wort "mutter" ganz oft wiederholt, klingt es irgendwann irreal und fremd :-)

                          Mutters Maske (1988)
                          http://www.moviepilot.de/movies/mutters-maske

                          Mutter und Sohn (1997)
                          http://www.moviepilot.de/movies/mat-i-syn

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                          • 8

                            ulrich seidl hat meine erwartungen mal wieder voll erfüllt. das anschauen war die reinste tortur. von ekel über belustigung, aufbrodelnder aggression, purem entsetzen, fremdscham und dem nachträglichen gefühl von innerer leere und anhaltender niedergeschlagenheit waren alle emotionen vertreten die man sich (nicht) wünschen kann. eine tour de force durch die abgründe der kleinbürgerlichen menschlichen existenz.
                            mein tipp: starke nerven und seelische stabilität mitbringen! akute gefahr sich währenddessen die kugel zu geben...

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                            • dann musst du dich jetzt nur noch an die etwas verrückten früheren filme von ihm wagen :-)

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                              • 6

                                die durchaus sympathische italienische low-budget-splatter-produktion "adam chaplin" hebt sich meiner meinung nach durch folgende punkte vom durchschnitt ab:
                                emanuele de santis persönlicher stil, seine ureigene vision der filmgestaltung bringt in seiner außergewöhnlichen ästhetik einerseits einen eigenen wiedererkennbaren look hervor, andererseits entspricht auch die gewählte art der erzählung nicht gerade üblichen konventionen. es ist zum beispiel nicht klar ob es nun einen hauptprotagonisten gibt oder nicht, die narration ist weitgehend dezentralisiert; vieles wirkt gemessen an filmschulstandards geradezu befremdlich.
                                das postapokalyptische szenario, dessen struktur und vorgeschichte nicht erklärt werden, reizt durch trashige mad-max meets tokyo gore police atmosphäre und viele schöne und oft seltsame ideen wie ein dämon, der hinter der rechten schulter wohnt oder ein eigens entwickeltes system für die spritzig-glibbschigen blut-effekte versüßen die kurzweiligen 84 minuten.

                                FAZIT: der in fankreisen schon als wiedergeburts des italo-horrors gehandelte "adam chaplin" sticht für mich aufgrund seiner andersartigkeit in bezug auf look/atmosphäre/erzählweise aus der langweiligen masse hervor und holt einiges aus dem geringen budget heraus. wenn man allerdings eher solide kost aus genrestandards sucht ist man hier an der falschen adresse.

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                                  *SPOILERS AHEAD*

                                  mit urchristlichem moralkitsch aufgeladener und fortschrittsfeindlicher film, bei dem man echt lange suchen muss um etwas zu finden was nicht total unlogisch und schwachsinnig ist. allein die konstruktion der forschungsstation ist so sinnentleert, dass hier auf dem teich am nebengrundstück die enten geschnattert haben als sie zufällig durch mein fenster schauen konnten, da ich zu spät die knoblauchkränze zugezogen habe.
                                  dann gibt es da z.b. noch den obligatorischen asexuellen "lustigen schwarzen" der am laufenden band billige lacher produzieren soll und mit religiösen floskeln nervt und die taffe wissenschaftlerin die ganz böse genexperimente macht, die zwar die menschheit von allen hirnkrankheiten befreien könnten, aber gegen gottes wort verstossen, wofür sie dann der erzkonservativen filmmoral zufolge am ende den sinnlosesten filmtod aller zeiten sterben muss, damit der katholische studentenverband oberammergau befriedigt ins bett gehen kann.
                                  als sich dann noch kurz vor ende die verbleibenden überlebenden für das gemeinschaftliche gebet die hände reichen, hätte ich fast schon ausgeschaltet, wenns nicht nur noch 10 minuten gelaufen wäre. aber dann hätte ich ja auch verpasst, wie ca eine minute nach dem grausamen und sinnlosen tod der letzten frau die beiden übriggebliebenen männer zu cooler musik unpassende witze reißen und in den abspann hineinlachen.

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                                    john hyams versteht es wirklich gute action- und kampfszenen zu präsentieren und er hat einen ausgeprägten sinn für stil, manchmal vielleicht etwas überstrapaziert aber nett anzusehen, der rest ist hier jedoch für die tonne. diese absolut lächerliche und vor kitsch triefende gutmenschen-story ließ mir ein paarmal etwas magensäure hochkommen und mich bei den noch anschließenden "tiefgehenden" und "total emotionalen" dialogen vorsorglich die ohren verschließen. mehr mottenkisten-feeling ist schwerlich möglich. hab gerade die befürchtung dass sein letzter universal soldier nur ein glücksgriff war und hyams ein one-hit-wonder sein könnte. hoffe mal der nächste wird storymäßig wieder etwas besser, sonst wird das nichts mehr mit uns. achja, van damme hat nur eine nebenrolle, zumal noch schrecklich stereotyp, also nicht von cover täuschen lassen.

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                                      bei diesen ganzen videofortsetzungen von bekannten filmen klicke ich normalerweise immer reflexartig auf "kein interesse" ohne mir noch irgendwas dazu durchzulesen. so auch im falle von universal soldier, dessen ersten teil ich damals schon eher mittelmäßig fand, wie sollte dann erst der SECHSTE teil aussehen? und dann noch mit diesen abgehalfterten 80er-muskel-"stars" die mich bei expendables schon so genervt haben?

                                      tja, weit gefehlt, eine unauffällig versteckte hohe bewertung in meinem dashboard machte mich neulich stutzig und liess mich auf die filmbeschreibung klicken, moment mal, der hat ja so viele positive kommentare, was ist da los? die fast durchgehende ablehnung durch die "alten fans" überzeugte mich dann schließlich doch, john hyams mal eine chance zu geben. und was war es für eine überraschung! schon "universal soldier: regeneration" gefiel mir in seiner modernen art mit geradliniger, körperbetonter action, ohne platte sprüche oder peinliche heroismen. highlight war dann der auftritt von van damme, wie er mit dieser trantütigen null-bock ausstrahlung so perfekt den verdruss an seinem leben inszenierte, und dem film damit einen selbstkritischen, ja fast tragischen aspekt verpasste.

                                      in "day of reckoning" verabschiedet sich hyams dann fast komplett vom korsett des b-actioners und wagt es entgegen der fan-erwartungen einen düster-albtraumhaften kunstfilm mit horroranleihen zu drehen, einen gewalttätigen psychotrip in die tiefsten wirrungen einer zerstörten seele. und ja, alles was man über eventuelle anleihen gehört hat stimmt, apocalypse now, memento, terminator, gaspar noe, david lynch, alles kann man dort wiederfinden, ebenso wie hong-kong-style plansequenzen und krachige, wahnsinns-dynamische martial arts szenen. die auftritte der "stars" werden ähnlich der spärlich gestreuten action konsequenterweise selten aber wenn dann effektiv eingesetzt. und van damme mit seiner total fertigen visage mimt einfach großartig den vom leben müde gewordenen colonel kurtz-verschnitt so dass es eine wahre freude ist.

                                      für mich eine der großen filmüberraschungen in letzter zeit und mein definitiver lieblings-actionfilm 2012. ich freue mich auf die fortsetzung!

                                      p.s.: (leere klammer)

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                                        ein kleines surreales meisterwerk für das neue millenium. mal witzig, mal traurig, mal brutal, mal poetisch - und immer bildgewaltig.
                                        der titel lässt mich natürlich sofort an holy mountain denken, der vergleich liegt nahe, auch wenn der hier ohne den ganzen mystizismus auskommt und weniger pompös ist. was mich aber am meisten freut ist, dass heutzutage nochmal jemand den mut hatte mit einer produktion dieser größenordnung den ganzen mainstream in den dreck zu treten, und zwar so richtig.
                                        da war leos carax auf seine alten tage und unglaubliche 13 jahre nach seinem letzten film doch nochmal für eine überraschung gut.

                                        weitere worte spare ich mir mal, um den überwältigungseffekt nicht zu zerstören.

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                                          anscheinend haben latent autoritäre und restriktive gesellschaften den hang dazu sadistische und masochostische gewaltphantasien zu befördern. während man in deutschland und österreich mangels ausgeprägter filmkultur dazu übergegangen ist seine opfer für sexuelle gefälligkeiten in kellern und waldhütten zu halten kann das mehr medienorientierte japan für die triebabfuhr mittlerweile auf einen ausgeprägten kanon an werken zurückgreifen, die sexuelle unterdrückung und gewalt thematisieren und einen gewissen kultstatus genießen. als einführende beispiele seien mal die "flower & snake", "guinea pig" oder "hanzo the razor"-reihen genannt. auch in der dortigen pornobranche ist es üblich dass die darstellerinnen beim sex die wimmernde widerständige spielen die mit gewalt zum glück gezwungen werden muss.
                                          neben den unmengen an billig-kram gibt es aber auch immer wieder avantgardisten die mit einem gewissen künstlerischen anspruch an die sache gehen und versuchen ihre visionen in kunstfilmen mit politischen aussagen zu verpacken. wie z.b. kôji wakamatsu, dem "godfather of pink", der sich u.a. mit dem vorliegenden film oder auch "violated angels" einen ruf in der internationalen underground-szene schuf.
                                          es handelt sich dabei um eine art kammerspiel, die den langwierigen unterwerfungsprozess schildert, in dem der willen einer junge frau gebrochen und sie zum haushund transformiert werden soll. die hochkontrastreiche s/w-ästhetik ist wirklich aussergewöhnlich und schafft mit schattenspielen, großaufnahmen und rückblenden eine eindringliche und unangenehme stimmung, die durch die inneren philosophisch angehauchten monologe des sadisten, als voice-over über manche szenen gesprochen einen verstörenden touch bekommt.
                                          die inhaltlichen aussagen hinterließen allerdings einen zwiespältigen eindruck, angesichts des menschenfeindlichen und misogynen weltbildes des regisseurs lief mir des öfteren ein schauder über den rücken und wenn die protagonistin am ende resümiert dass ein leben als haushund an der leine immer noch besser sei als sich jeden morgen zur arbeit zu quälen, weiß ich nicht ob das subversive kapitalismus-kritik oder doch eher die erfüllung eines feuchten traums von josef fritzl ist.

                                          meine screenshots:
                                          http://imgur.com/a/YBjvC

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                                          • 7 .5

                                            "Einen Film zu machen heißt einen Beitrag an unsere Revolution zu leisten, ihr Feuer zu schüren. Das ist der tragische Ursprung unseres Kinos. Unsere Ästhetik ist die Ästhetik der Grausamkeit; sie ist revolutionär." (Glauber Rocha)

                                            Unter den jungen brasilianischen Regisseuren der Cinema-Novo-Bewegung war es vor allem Glauber Rocha, der seinen früheren Neorealismus erweiterte, um Expressionismus und Stilisierung darin aufzunehmen. "Antonio das Mortes" gewinnt den flammenden Schwung eines revolutionären Volksepos, das die Legenden der Cangaceiros enthält, wilder Banditen-Rebellen die soziale Ungerechtigkeit mit Gewalt ausglichen. Es ist ein überschwängliches und blutig radikales Werk, versetzt mit Western-Motiven und voller expressionistischer Tableaus, die zu einer einheimischen Musik aus afrikanischen und portugiesischen Quellen gesetzt sind. Das Ergebnis ist eines der schwierigsten und eigenwilligsten Filme des Cinema Novo.

                                            (Text zusammengeklaut aus "Amos Vogel - Film als subversive Kunst")

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                                            • 9

                                              chantal akermans TOUTE UNE NUIT ist ein hauptwerk des feministischen films und zugleich eine absage an das klassische erzählkino, das ja als quasi ewige wiederkehr des immergleichen bis zum heutigen tag in seiner erstaunlichen einfallslosigkeit ca 90% des weltweiten filmausstoßes ausmacht. das werk regisseurin ist davon geprägt, nicht nur die stellung der frau innerhalb der klassischen narration zu hinterfragen, sondern auch die gesamte narrationsstruktur und sprache an sich in frage zu stellen, zwei systeme die seit jeher der stabilisierung der geschlechterherrschaft dienen, indem sie unterordnung als natürlich gegeben, anstatt kulturell determiniert darstellen. so finden sich hier zwar all die typischen elemente eines melodramas, diese werden aber aus ihrem klassischen gefüge herausgelöst und mit einer neuartigen dramaturgie verwoben, in der es keinen linearen spannungsaufbau oder eine handlung, aufgrund der anonym wirkenden charaktere keine identifizierungsmöglichkeiten und keine befriedigende auflösung gibt. dadurch werden die sonst so ganz natürlich präsentierten und auch wahrgenommenen zusammenhänge als bloße kontruktionen sichtbar und dem zuschauer wird die möglichkeit gegeben die ideologie seines denkens zu hinterfragen.

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                                                im spätherbst allein und gedankenverloren durch den wald streifen, ohne ziel. im winter am fjord stehen und beobachten wie die wellen gegen den stein schlagen und dort langsam vereisen. im frühling auf der bergwiese sitzend übers tal schauen und ganz unten die kleinen zicklein zählen. an einem lauen sommerabend auf dem hügel liegen und zusehen wie in der stadt nach und nach die lichter angehen.

                                                was das alles mit "Le quattro volte" zu tun hat? all diese tätigkeiten sind genau wie der film oberflächlich gesehen ereignislos und langweilig, können aber unter umständen zu einem berauschenden geisteserlebnis werden und zu tiefer kontemplation über die sich vor einem ausbreitende schönheit führen.
                                                letzlich ist das auch gar nicht so beliebig oder billig (siehe rezension unten) wie man annehmen könnte, sondern ein streng durchkomponierter konzeptfilm mit starker formaler geschlossenheit, in dem sich dokumentarisches und spielfilm vermischen ohne dass man die grenzen benennen könnte. metaphysisches kino in vollendung.

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                                                • was ist mit star wars? das ist doch der mega-krieg überhaupt! :-P

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                                                  • 6 .5

                                                    dank kameramann marco capetta ist bereavement zu einem der bestaussehendsten horrorfilme geworden, die ich seit langem gesehen habe. ein paar einstellungen sind von solcher schönheit dass ich sie mir mehrmals anschauen musste, bis ich das gefühl hatte, das photographische genie dahinter auch angemessen gewürdigt zu haben. bei den außenaufnahmen werden erinnerungen wach an "days of heaven" oder "the reflecting skin", der düstere folterkeller wird sparsam in italienischem grün/rot ausgeleuchtet. die herausragende optik wird von einem stimmigen soundtrack getragen, so dass sich schon ganz früh eine trostlose, düster-bedrückende atmosphäre ausbreitet, die bis zum finale anhält. an den schauspielerInnen hab ich soweit auch nichts auszusetzen, es wird solides spiel geboten, michael biehn sticht natürlich heraus, schön ihn nochmal zu sehen, hat auch im alter nichts von seiner ausstrahlung verloren. was alexandra daddario betrift, nunja, gesundes mittelmaß, doch dürfte man in der zweiten hälfte eh davon abgelenkt sein, dass sie nur im unterhemd ohne BH rumläuft, ich fand es zumindest schwierig mich noch auf die story zu konzentrieren ;-)
                                                    der größte knackpunkt dürfte wohl die etwas gewöhnliche, wenn nicht 0815-artige geschichte sein, die so einige klischees des genres bedient und hier glaube ich auch zu den zahlreichen schlechten bewertungen geführt hat. positiv hervorzuheben ist allerdings dass der film sich wirklich viel zeit nimmt um die charaktere zu zeichnen und die atmosphäre aufzubauen, sowie die nette kompromisslosigkeit die dazu führt, dass

                                                    **SPOILER***
                                                    die liebgewonnen protagonisten (unabhängig vom alter --> yeah, tote kinder!) alle das zeitliche segnen (ich empfand es als geradezu wahnwitzig wie unerwartet plötzlich michael biehns charakter um die ecke gebracht wurde), sogar das final girl dran glauben muss und im allgemeinen das ende ziemlich bedrückend ist und in der szene des rollstuhlfahrenden vaters sogar richtig mitreißend melancholisch wird.
                                                    ***SPOILER***

                                                    im endeffekt kann ich also sagen, dass ich trotz der allgemein schlechten resonanz, froh bin den film gesehen zu haben, denn allein wegen des herausragendes looks lohnt es sich für genrefreunde mal einen blick drauf zu werfen. wobei man allerdings gewarnt sein sollte, wenn einem eine kohärente story wichtiger ist als optik oder atmosphäre, dann wohl lieber im regal stehen lassen.

                                                    p.s.: es gibt zwar ein paar ziemlich deftige gewaltszenen, die sind aber schon rar gesät, reine gorehounds werden sich also eher langweilen ;-)

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