BenAffenleck - Kommentare

Alle Kommentare von BenAffenleck

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    BenAffenleck 01.02.2023, 19:37 Geändert 02.04.2023, 08:12

    Staub in den zusammengekniffenen Augen, Zigarillo im Mundwinkel, der Colt hängt auf Halb Acht … Dirty BenAffenleck trifft grumpy Clint Eastwood im Legenden-Modus.

    1993 - PERFECT WORLD

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    “Er hätte wahrscheinlich ganz anders vermarktet werden müssen, aber wer weiß? An den Kinokassen war er nur mäßig erfolgreich. Aber ich bin wirklich stolz auf diesen Film. Und ich finde, dass Kevin Costner hier eine brillante Vorstellung gibt. Auch der Junge und alle anderen waren grandios.” (Clint Eastwood)

    Der Schwerverbrechers Butch Haynes (Kevin Costner) nimmt nach einem Gefängnisausbruch und der anschließenden Flucht einen achtjährigen Jungen als Geisel, während ihm ein Riesenaufgebot von Gesetzeshütern im Nacken sitzt…

    Nach dem Erfolg von ERBARMUNGSLOS wurde Eastwoods nächste Regiearbeit mit großer Spannung erwartet, da auch Superstar Kevin Costner in der Hauptrolle zu sehen sein würde. Von dem möglichen Druck merkt man dem fertigen Film überhaupt nichts an. Völlig entspannt, aber mit sicherer Hand inszeniert Eastwood ein Roadmovie-Drama über Väter. Über abwesende, strafende und versagende … und was für Menschen man möglicherweise erschafft, wenn das familiäre Fundament noch nicht mal auf Sand gegossen wurde.

    Eastwood setzt hier auf Charakterentwicklung statt auf Action, er nimmt sich Zeit für Stimmungen und Details. Die Atmosphäre des texanischen Hinterlandes in den 60er Jahren wird von seinem langjährigen Stamm-Kameramann Jack N. Green in wunderschönen Cinemascope-Bildern eingefangen, die eine wunderbare Kulisse für so eine melancholische Erzählung bieten. Dabei versinkt das Drama aber nicht im Tränenmeer, sondern es blitzen immer mal wieder Humor und etwas Thrill durch. Lediglich an den ganz großen Höhepunkten fehlt es leider.

    Für Kevin Costner war die Figur des Butch eine Glanzrolle, die er voll und ganz auszufüllen verstand. Sein Butch ist klug, einfühlsam, ironisch, hat einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, und doch glimmt Zorn in ihm, blitzt Gewalt auf. Ganz wunderbar spielt auch der junge T.J. Lowther, der es allerdings nicht zu großem Ruhm brachte. In weiteren Rollen sind Laura Dern und Clint Eastwood selbst zu sehen, der hier schon mit amüsanten Anspielungen auf sein Alter für einige Schmunzler sorgt. Doch auch sein Texas-Chief muss am Ende müde und ausgebrannt erkennen, dass die Gewalt jeden einholt und sich eine PERFECT WORLD oftmals nicht lange aufrechterhalten lässt, man aber trotzdem sein Bestmöglichstes dazu beitragen kann . . .

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      Heute Perlentauchen im Swimming-Pool von . . . David O. Russel

      AMSTERDAM (2022)

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      Nach gut 7 Jahren und dem etwas enttäuschenden JOY stand halb Hollywood für des Meisters neuen Film Schlange. Vielleicht hatte David O. Russel sein Drehbuch noch gar nicht fertig, denn anders ist es fast nicht zu erklären, wer sich in diesem recht öden Film alles vor der Kamera tummelt: Angeführt wird das Star-Ensemble von Christian Bale, Margot Robbie und John David Washington, die sich als skurriles Trio auf die Jagd nach einem Mörder machen, dabei selbst unter Verdacht geraten und einer politischen Verschwörung auf die Schliche kommen. In weiteren größeren, mitunter aber auch Cameo-atigen Rollen, sieht man Zoe Saldana, Chris Rock, Anya Taylor-Joy, Rami Malek, Mike Myers, Michael Shannon, Timothy Olyphant, Andrea Riseborough, Taylor Swift, Matthias Schoenaerts, Alessandro Nivola und (weil das noch nicht reicht) Robert De Niro.

      Dabei protzt AMSTERDAM einerseits nicht nur mit seinem Cast, sondern auch mit absolut fantastischen Sets sowie dem unbestreitbaren Können seines Kameramanns Emmanuel Lubezki, eiert nach einem interessanten Start aber noch weitere 100 Minuten völlig belanglos durch ein spannungsarmes Drehbuch. Die Warnung vor Diktatur und Einflussnahme von Kapital auf die politische Entwicklung ist zwar aktuell und gut gemeint, wenn der Entertainment Faktor dabei aber völlig abhanden kommt, ist die Aussage der Kunst nicht mal die Hälfte wert. Es ist schon fast ärgerlich, wie viel Potential David O. Russel hier verschwendet.

      Ich hoffe ja sehr, dass dieser einst so großartige Regisseur mit seinem wunderbaren Humor und seinem tollen Händchen für Charaktere noch mal zu seinen einstigen Stärken zurück finden wird . . .

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        AIs Noah Funk (Ryan Robbins) zum neuen Pastor seiner mennonitischen Gemeinde gewählt wird, sind er und seine Familie alles andere als begeistert, sogar verängstigt. Als Außenstehender fragt man sich, was sie daran fürchten? Ihr Vater bzw. Ehemann wird doch zukünftig einfach nur die Gemeinde leiten, Gottesdienste abhalten und ein offenes Ohr für seine Schäfchen haben, oder steckt vielleicht mehr dahinter? Im Prolog der ersten Staffel wird man Zeuge eines Mordes an einer ganzen mennonitischen Familie, deren Auto mehrere Kilogramm Kokain birgt. Einzig der Sohn Ezekiel überlebt, was ihn zum Ziel der sogenannten ‘Menno-Mafia’ macht.

        Was folgt, ist ein bisschen wie die kanadische Version des 1985er Crime-Dramas DER EINZIGE ZEUGE, gemischt mit etlichen Lines BREAKING BAD. Noahs Bestreben, den Jungen zu schützen, rückt seine eigene Familie ins Fadenkreuz der Verbrecher, und macht ihn schon bald zum verzweifelten Spitzel der Polizei…

        In zwölf solide inszenierten und gespielten Episoden entfaltet sich ein hochspannendes Mafia-Drama zwischen Recht und Unrecht, Glauben und Selbsterhalt, absoluter Regeltreue und Vernunft. Sie zeigen einen zutiefst gläubigen Menschen, der innerhalb der von der Religion vorgeschriebenen Gesetze keine Chance gegen die skrupellosen Mafiosi hat, deren Imperium auf dem Leid anderer aufbaut. Da auch der Protagonist nur ein Mensch ist, erzeugt die um ihn herum aufgebaute Zange eine hohe Spannung, die Thriller- und womöglich auch Western-Fans lieben werden . . .

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          BenAffenleck 24.01.2023, 13:39 Geändert 02.04.2023, 08:14

          Im Sommer 1999 brachte Stephen Sommers eine modernisierte Abwandlung des Universal-Klassikers DIE MUMIE in die Kinos, welche schnell zum Überraschungshit avancierte. Nur vage am Original orientierend scherte sich Sommers einen sandigen Furz um Anspruch, und mobilisierte die Massen mit einem großartigen Action-Abenteuer, dass sich selbst nie zu ernst nimmt und mindestens genauso viel Komödie wie Gruselfilm ist.

          Nicht alles ist hier Gold in den Schatzkammern und Ruhestätten des alten Ägypten, aber Sommers MUMIE unterhält einfach prächtig. Das straffe Tempo, die tollen Settings und all die kleinen Details der prächtigen Ausstattung. Ein wahrer Augenschmaus mit Schauwerten, die von Jerry Goldsmith noch mit einem teils geradezu erhabenen Score veredelt wurden und ein regelrechtes Abenteuer-Feeling aufkommen lassen.

          Seinerzeit waren die Spezial-Effekte von ILM sensationell, teilweise so großartig, dass man im Kino baff war. Gut 25 Jahre später funktionieren sie immer noch überwiegend gut, können aber nicht immer ihre Herkunft aus den 90ern verschleiern. Das stört aber überhaupt nicht, sondern passt komischerweise hervorragend zum altmodisch gehaltenen Charme und Look der 1920er Jahre.

          Als etwas trotteliger aber immer bis an die Zähne bewaffneter Indiana-Jones-Wannabe macht Brendan Fraser eine gute Figur, lässt sich von Arnold Vosloos ‘Im-Ho-Tep’ Gesichts-Elfmeter in keiner Minute den Schneid abkaufen und rettet nebenbei auch noch im 5-Minuten-Takt das unbeholfene Bibliothekar-Mauerblümchen Rachel Weisz.

          Eigentlich bleibt für mich jetzt nur noch die Frage zu klären, wie ich dieses töffte Leinwand-Abenteuer vom Fluch der Pharaonen befreie. Anders kann ich mir einen Community-Schnitt von mageren 5,9 Pünktchen nicht erklären.

          Käfer unter der Haut oder Sand in der Arschritze? Manchmal ist eine Mumie der angenehmere Fluch . . .

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            BenAffenleck 22.01.2023, 19:17 Geändert 24.01.2023, 12:53

            Das großartig agierende Schauspielerensemble und der erfrischenden Erzählstil machen aus ZOMBIELAND ein völlig andersartiges Road-Movie, das mit Popkultur-Referenzen, Film-Querverweisen und treffenden Onelinern nur so um sich wirft. Immer wieder top Entertainment...

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              BenAffenleck 22.01.2023, 17:40 Geändert 02.04.2023, 08:16

              Staub in den zusammengekniffenen Augen, Zigarillo im Mundwinkel, der Colt hängt auf Halb Acht … Dirty BenAffenleck trifft grumpy Clint Eastwood im Legenden-Modus.

              1993 - IN THE LINE OF FIRE

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              Die angedachte Doppelbelastung wie in ERBARMUNGSLOS wollte Clint Eastwood sich noch nicht gleich wieder zumuten, weshalb er Wolfgang Petersen als Regisseur ins Spiel brachte. Der war zu der Zeit dank der Erfolge von DAS BOOT und DIE UNENDLICHE GESCHICHTE schon einer der wichtigsten und beliebtesten deutschen Regisseure überhaupt. Mit 40 Mio. Dollar Kosten wurde der Film einer der teuersten, in denen Clint je mitgewirkt hat. Bombast bietet IN THE LINE OF FIRE trotzdem nicht. Ohne Abstriche in der Spannung zu machen begnügt er sich damit, eine recht intime und fiktive Geschichte zu erzählen.

              Diese ist an das Schicksal des Secret-Service-Agenten Clint Hill angelehnt, der damals beim J. F. K.-Attentat zugegen war und sich öffentlich die Schuld an dessen Tod gab, weil er ihn nicht beschützen konnte. Eastwoods Charakter Frank Horrigan versinkt nach jenem gescheiterten Schutzeinsatz in Schuldgefühlen und entwickelt eine Art Paranoia. Als Gegenspieler meldet sich ein kongenialer John Malkovich in der Rolle des psychopathischen Attentäters Mitch Leary, der dem Publikum selbst nach fast 30 Jahren eine Heidenangst einjagen kann, und hierfür auch völlig berechtigt Nebenrollen-Oscar-nominiert war. Er kündigt einen weiteren Präsidentenmord an und baut eine fast liebevolle Telefonbeziehung zu Horrigan auf. Seine Verkleidungen sowie seine selbstgebaute und dementsprechend nicht registrierbare Waffe machen Leary zu einer nahezu unsichtbaren Bedrohung. Das macht IN THE LINE OF FIRE zu einem Duell zwischen einem vom System enttäuschten CIA-Killer und einem vom Trauma und Schuldgefühlen zerfressenen Secret-Service-Agenten. Und beide gehören einer Generation an, die mit Therapiesitzungen beim Psychologen offenbar nichts am Hut hat.

              Perfekt geschnitten, außerordentlich schön gefilmt und von Petersen mit sicherer Hand inszeniert, breitet sich hier bis zum nervenaufreibenden Finale ein sehr ansehnlicher Thriller aus, den 15 Minuten Laufzeit weniger noch besser gemacht hätten. Der Humor und das starke Schauspiel trösten aber gekonnt über einige Längen oder Szenen-Wiederholungen hinweg. Für den Score zeichnete sich kein geringerer als Ennio Morricone verantwortlich . . .

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                Deutschland im Zweiten Weltkrieg: Der zehnjährige Jojo (Roman Griffin Davis) muss mit Schrecken feststellen, dass seine Mama (Scarlett Johansson) die jüdische Teenagerin Elsa (Thomasin McKenzie) versteckt. Dabei hat er bei der Hitlerjugend doch gelernt, dass Juden böse sind, was ihm auch von seinem imaginären Freund und Vaterersatz Adolf Hitler (Taika Waititi) immer wieder unter die Nase gerieben wird. Nur widerwillig arrangiert er sich mit der außergewöhnlichen Situation, lernt Elsa dadurch näher kennen und stellt die Nazi-Propaganda immer mehr in Frage…

                Die ganz andere Frage, ob man über Hitler und die Nazis lachen darf oder nicht, stellt sich schon, seitdem der damalige Irrsinn in vollem Gange war. Charlie Chaplin und Ernst Lubitsch beantworteten das schon damals mit einem klaren “Ja”, und der geniale Taika Waititi sah das 2019 immer noch genau so. Und das war gut so! Der Neuseeländer adaptierte das Drehbuch (basierend auf dem Roman von Christine Leunens), führte bei der bitterbösen Satire Regie und schlüpfte in die Rolle des imaginären Hitlers. Herausgekommen ist dabei ein bunter, verrückter, teils urkomischer und warmherziger CoA-Film, der völlig konträr zu den unfassbaren Grausamkeiten dieser dunklen Zeit steht. Das mit einer Menge Mel Brooks-Feeling durch den Mixer zu jagen, ist schon eine mutige Herangehensweise. Perfekt ineinander verrührt sind die vielen unterschiedlichen Zutaten zwar nicht, unterhaltsam und auch mal bewegend ist das Ergebnis trotzdem. Einen Großteil trägt auch der tolle Cast dazu, neben der jungen Neuentdeckung Roman Griffin Davis ist es vor allem Scarlett Johansson, die darstellerisch einen weiteren Glanzpunkt in ihrer Karriere setzt. Thomasin McKenzie, Sam Rockwell, Rebel Wilson und Taika Waititi selbst überzeugen in ihren teils skurrilen Rollen aber auch voll und ganz.

                “Verpiss dich, Hitler.”

                JOJO RABBIT verbindet auf eigenwillige Art und Weise CoA-Drama mit sarkastischem Witz und setzt dem NS-Regime die Clowns-Nase auf. Für mich hat das dank der frischen Inszenierung, gut getimten Lachern und einem großartigen Cast prima funktioniert . . .

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                  BenAffenleck 20.01.2023, 14:16 Geändert 04.04.2023, 19:53

                  Mit dem comichaft-satirischen Sci-Fi/Actioner um die aufgetauten Abrissbirnen Sylvester Stallone und Wesley Snipes werde ich auch fast 30 Jahre später nicht warm. DEMOLITION MAN bietet natürlich handgemachte Action und reichlich Oneliner, wirkt auf mich aber ziemlich trashig und mit einem erzwungenen Augenzwinkern versehen.

                  Durchaus nett und halbwegs unterhaltsam, aber warum der so gut weg kommt reiht sich nahtlos hinter das Geheimnis um die 3 Muscheln ein. An der starken ersten viertel Stunde alleine kann es ja nicht liegen . . .

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                    BenAffenleck 19.01.2023, 09:25 Geändert 04.04.2023, 19:57

                    Staub in den zusammengekniffenen Augen, Zigarillo im Mundwinkel, der Colt hängt auf Halb Acht … Dirty BenAffenleck trifft grumpy Clint Eastwood im Legenden-Modus.

                    1992 - ERBARMUNGSLOS

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                    “Alles ist dunkel, dreckig, schmutzig. Der Rest ist Illusion. Und ausgeträumt. Mit beiden Händen packt Eastwood den Mythos °Western° und schlägt ihn wie ein nasses Handtuch gegen einen toten Baumstumpf. Immer wieder. Bis nichts mehr vom Mythos da ist, nichts von Glorie oder Größe. Sondern nur noch Geister, Leere, ausgeweidete Legenden.” (Alexander Kluy … aus 100 Seiten)

                    Die Huren von Big Whiskey haben 1000 Dollar Kopfgeld auf zwei Männer ausgesetzt, nachdem einer von ihnen einer Prostituierten das Gesicht aufgeschlitzt hat, und dafür nur kläglich bestraft wurde. Der geläuterte Revolverheld und Killer William Munny (Clint Eastwood) macht sich eher widerwillig mit seinem alten Kumpel Ned (Morgan Freeman) und dem Greenhorn Schofield Kid (Jaimz Woolvett) im Schlepptau auf den Weg nach Big Whiskey, um die Täter zu durchsieben. Dort angekommen treffen sie auf den sadistischen Sheriff Daggett (Gene Hackman), der eine ganz eigene Auslegung von Recht und Gerechtigkeit hat…

                    “Das Skript war großartig. Doch mir schien, als sei ich damit in diesem Genre an ein Ende gelangt, da es gleichsam alles enthielt, was einen Western für mich ausmachte.” (Clint Eastwood)

                    ERBARMUNGSLOS war eine Art Wendepunkt in Eastwoods Leben, nachdem seine letzten Filme weder Kritiker noch Publikum überzeugen konnten. Für mich fängt mit diesem düsteren Spätwestern °Eastwood 2.0° an, das nötige Upgrade, welches ihn als besseren Schauspieler und noch viel besseren Regisseur in die 90er-Jahre schickte. Das Drehbuch von David Webb Peoples war lange Zeit im Umlauf, bevor Eastwood sich die Rechte sicherte und noch einige Jahre wartete, um es in der atemberaubenden Landschaft Albertas zu verfilmen. Das Faszinierendste an ERBARMUNGSLOS ist sein neuartiger, entlarvender Umgang mit den Mechanismen der Gewalt und der Mythologie des alten Westens, den Lügengeschichten voller Heldenmut und der Glorifizierung des Tötens. Letzteres wird hier als dreckiges Geschäft gezeigt, das Leben unwiderruflich nimmt und dabei Seelen auffrisst.

                    Der Streifen besticht vorallem durch das sensationelle Star-Ensemble. Clint Eastwood, Gene Hackman und Morgan Freeman agieren überragend in ihren jeweiligen Rollen, und Richard Harris ist natürlich auch nicht zu vergessen. Vor allem aber Hackman ist als sadistischer und selbstgerechter Sheriff ein absolutes Highlight, was ihm auch einen Oscar als bester männlicher Nebendarsteller einbrachte.
                    Die makellose Zusammenführung von Inhalt und Form macht dieses lange und langsame Epos gleichzeitig zu einer Hommage sowie fabulösen Abgesang auf das Genre, dem Eastwood alles zu verdanken hat. Die famosen Widescreen-Kompositionen von Kameramann Jack Green, der oscarprämierte ruhige Schnitt von Joel Cox, Lennie Niehaus und Eastwoods spärlich eingesetzter und teils wunderschöner Score und die authentisch wirkende Ausstattung haben gleichfalls ihren Teil dazu beigetragen, UNFORGIVEN (OT) Oscars als bester Film und Clint Eastwood als besten Regisseur zu verleihen.

                    "Behandelt eure Huren anständig, sonst komme ich wieder und töte euch alle." (William Munny)

                    Nach ERBARMUNGSLOS kehrte Eastwood nie wieder in den staubigen Westen vergangener Zeiten zurück, nachdem er mit den Vorurteilen und Klischees des Genres aufgeräumt hatte. Viel besser hätte es auch nicht mehr werden können. Da kommt die kleine Widmung an seine Mentoren “Sergio und Don” vor den End-Credits fast schon einer Grabes-Inschrift gleich. Gut, dass das nicht alle Filmemacher künftiger großartiger Neo-Western bemerkt haben . . .

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                      BenAffenleck 18.01.2023, 12:58 Geändert 09.04.2023, 08:29

                      Der 17-jährigen Paul Bäumer (Felix Kammerer) zieht 1917 voller Vorfreude zusammen mit seinen Schulfreunden in den Krieg, für Kaiser, Gott und Vaterland. Doch die patriotische Euphorie wandelt sich blitzschnell in einen mit Blut und Schlamm beschmierten Albtraum, als die Gräuel des unbarmherzigen und völlig sinnlosen Stellungskrieges über die Freunde herein brechen. Was folgt, ist die Reise in die tiefsten Abgründe der Menschlichkeit, dessen ständiger Begleiter der bittere Tod ist…

                      Mit etlichen Netflix-Millionen unter dem Stahlhelm verfilmte Edward Berger den Roman von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1928 mit einigen Änderungen zur literarischen Vorlage erstmals auf Deutsch. Gedreht wurde mit beachtlichem Aufwand an Material und Mensch in Deutschland, Belgien und Tschechien. Vor allem die Sets der von Schlamm und Dreck geprägten Parallelwelt der Westfront wirken erschreckend authentisch, und wurden mit viel Liebe zum grausamen Detail entworfen. Da Berger die Grundausbildung komplett überspringt, wirft uns IM WESTEN NICHTS NEUES ohne lange zu fackeln der Bestie Krieg zum Fraß vor. Schonungslos, brutal und blutig wird hier getötet, gelitten und gestorben, begleitet von einem albtraumhaft real-wirkenden Sound-Design und einem düster-dröhnenden Score.

                      Inszenatorisch und teils auch schauspielerisch ist dieser 148-minütige Horror-Trip nicht weniger als spektakulär, mal gefilmt in atemberaubenden Totalen und dann wieder mit der Handkamera ganz nah am Mann, im unmittelbaren Kampf um Leben und Tod. Das ist zermürbend intensiv und eine Erfahrung, die man nicht so schnell vergessen wird. Von daher stellt sich mir auch nicht die Frage der Notwendigkeit einer Neuverfilmung, denn die wenigsten der Generation Z werden zur alten 1930er s/w Kamelle von Lewis Milestone oder der britischen TV-Verfilmung von 1979 greifen. Und so sehr mir auch die manchmal unverständlichen Dialoge und der einer Karikatur nahe stehende Preußen-General Friedrichs rein grätschten, ist IM WESTEN NICHTS NEUES ein beeindruckender und zutiefst erschütternder Beitrag zum Genre des Anti-Kriegsfilms. Viel zu sagen hat dieses Monster nicht, bietet auch keine tiefgründigen Charaktere, dafür aber 8,0 Ausrufezeichen hinter der Botschaft, die die Menschheit einfach nicht verstehen will: Krieg ist die Hölle ! ! ! ! ! ! ! !

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                        BenAffenleck 16.01.2023, 19:21 Geändert 21.02.2023, 14:33

                        Räuberische Verbrecherpärchen gibt es in der Filmgeschichte so einige, durch bedingungslose Liebe vereint, manchmal auch gemischt mit blankem Wahnsinn. Kurz vor Ende des rettenden Abspanns holt sie dann doch meist die Tragödie in Form eines Kugelhagels oder einer aufblitzenden Klinge ein. Auf halsbrecherische Raubzüge und irre Verfolgungsjagden braucht man hier aber nicht warten, David Lowerys Regie-Debüt (nach eigenem Drehbuch) ist eine stimmungsvolle Charakterstudie und bittere Dreiecksbeziehung mit poetischer Kameraarbeit, wie man sie sonst meistens nur in Filmen eines Terrence Malick finden kann.

                        Dabei wird einiges der Handlung (aus dem Gefängnis Entflohener möchte zu seiner Familie zurück) im Halbdunkel gelassen, vieles bleibt unausgesprochen. Als Zuschauer muss man gewillt sein, zwischen den Blicken und ungesagten Wörtern des stark aber zurückhaltend spielenden Trios Casey Affleck, Rooney Mara und Ben Foster zu sehen und zu hören. In den Gesichtern entdeckt man Gefühlslandschaften, was soll da auch noch ausformuliert werden?

                        In einer tollen Nebenrolle konnte mich wieder einmal Keith Carradine mit seiner charismatischen Ausstrahlung begeistern, dessen Namen ich mir erst seit der grandiosen ersten Staffel von FARGO merkte. Ein toller Schauspieler, den ich erst im Herbst seines Schaffens so richtig wahrnahm.

                        Atmosphärisch ist THE SAINTS wirklich hervorragend gelungen, eine weitere ruhige und klasse gespielte Geschichte aus dem amerikanischen Hinterland. Für alles unter 7 Zähler war er einfach zu stark, auch wenn der emotionale Punch mich nicht ausknocken konnte. Warum mich David Lowery als Fan seines Regie-Debüts fast 10 Jahre später mit THE GREEN KNIGHT bestrafte, kann ich immer noch nicht ganz nachvollziehen . . .

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                          Tarantinos Italospaghettiblaxploitationwestern DJANGO UNCHAINED ist ein Fest für Fans und Cineasten. Bitterböse, brutal, urkomisch, brillant gespielt und bebildert. Ein vielschichtiges Masterpiece, randvoll mit Filmzitaten…

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                            BenAffenleck 15.01.2023, 13:28 Geändert 15.01.2023, 13:28
                            über Pistol

                            BenAffenleck guckt … Danny Boyle

                            PISTOL (2022)

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                            Mit authentischer Atmosphäre und rasanter Ästhetik im 4:3-Format reißt Danny Boyle in knappen 6 Stunden den chaotischen Aufstieg und desaströsen Abstieg der ‘Sex Pistols’ runter. Mit ihrem einzigen Studioalbum ‘Never Mind the Bollocks, Here’s the Sex Pistols’ rammten die 4 bissigen Kläffer (und ihre Schöpfer) dem britischen Establishment in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre die Faust in den Arsch. Ein gefundenes Fressen für Kids, die auf no future keinen Bock mehr hatten, aber natürlich auch für die geifernden Medien, staatliche Zensur und die Polizei. Style & Substance durch und durch, aber natürlich auch ein Fegefeuer, dass sich selbst verzehrte.

                            PISTOL ist hervorragend ausgestattet, gut gespielt und ein sicherlich nicht immer wahrheitsgemäßer aber zumindest durchweg unterhaltsamer Trivia-Track zu einem geradezu legendären Album . . .

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                              BenAffenleck 15.01.2023, 11:52 Geändert 21.02.2023, 17:56

                              Im Prohibitions-Jahr 1931 betreiben die Bondurant-Brüder Forrest (Tom Hardy), Howard (Jason Clarke) und Jack (Shia LaBeouf) im rauen Hinterland des Franklin Countys eine Kneipe und brennen wie alle ihren Schnaps schwarz - bis sie sich den Hand aufhaltenden Autoritäten widersetzen und einen blutigen Kleinkrieg entfesseln…

                              Basierend auf dem historischen Roman “The Wettest County In The World” von Matt Bondurant und dem Drehbuch von Nick Cave, entwirft Regisseur John Hillcoat (THE ROAD) eine durchaus packende und hervorragend bebilderte Gangster-Ballade, die bis in die Nebenrollen (Guy Pearce, Gary Oldman, Jessica Chastain, Dane DeHaan und Mia Wasikowska) stark besetzt ist. Tom Hardy mag ich ja mit seiner stoischen Art eh ungemein, aber richtige Akzente konnte hier 2012 vor allem der oft gescholtene Shia LeBeouf setzen, der zusammen mit dem wieder einmal herrlich fies aufspielenden Guy Pearce für schauspielerische Genuss-Momente zuständig ist.

                              Der hochprozentige Gangster-Thriller LAWLESS bleibt vielleicht etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück, kann aber mit einer starken Inszenierung, einem Wahnsinns-Cast und scharfen Gewalt-Splittern nachhaltig punkten. Bei der dritten Sichtung sind möglicherweise sogar 8,0 ‰ drin . . .

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                                BenAffenleck 14.01.2023, 08:39 Geändert 09.04.2023, 08:25

                                Es wäre sicherlich unvorstellbar geil gewesen, wenn James Cameron für THE WAY OF WATER ein großartig geschriebenes Drehbuch gehabt hätte, anstatt ein Daumenkino des ersten Teils. Selbst AUFBRUCH NACH PANDORA war ja bekanntlich gut zusammengeklaut, statt scheiße selber erfunden. Aber ganz ehrlich, wenn ich Charaktertiefe, gut geschriebene Dialoge und Bodenhaftung will, wähle ich Filme von anderen Regisseuren. Bei AVATAR will ich Spektakel, mich fallen lassen und für eine viel zu kurze Zeit zum blauhäutigen und Popcorn kauenden Na’vi des Kinosessels werden.

                                Und was uns mit AVATAR 2 im Kino erwartet, ist zumindest optisch ein unfassbares Meisterwerk, mit atemberaubenden Bildern und trotz der exzessiven Länge kaum vorhandener Durchhänger. Die schwachbrüstige Story und flache Figurenzeichnung zu kritisieren, ist hier natürlich ein Leichtes. Ich konnte aber trotzdem mitfiebern, und hatte neben einigen Schüben Gänsehaut auch durchaus mal feuchte Augen. Für mich die willkommensten Zeichen für einen gelungenen Film. Das 3D war erwartungsgemäß absolut outstanding, allerdings verabscheue ich ja dieses HFR-Bild, das damals schon den komischen DER HOBBIT zum richtig komischen DER HOBBIT machte. In THE WAY OF WATER fiel es mir aber nur bei wenigen Szenen negativ auf, da ja eh ein gewisser Videospiel-Look gegeben ist.

                                Für mich hat sich das Warten definitiv gelohnt. Für den Familien-Kinobesuch in Relaxsesseln und mit 3D musste ich zwar die Familienkutsche in Zahlung geben, aber das sollte eine Reise nach Pandora immer wert sein. AVATAR: THE WAY OF WATER liefert die volle Breitseite des Blockbuster-Kinos und frönt dem Spektakel. Audiovisuell reißt James Cameron die Hütte ab, und sorgt trotz flacher Story für einen ungemein hohen Entertainment-Faktor . . .

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                                  BenAffenleck 13.01.2023, 20:39 Geändert 10.04.2023, 07:50

                                  Mit JURASSIC PARK schrieb Steven Spielberg Anfang der 90er Filmgeschichte, sorgte für offene Münder und volle Kinderhosen. Lange Zeit drangen immer wieder Schnipsel der schrägsten Drehbuchideen für eine neue Dino-Reihe ans Tageslicht. Im Jahr 2015 befreite sich JURASSIC WORLD endlich aus den Mühlen der (Vor)Produktionshölle und lockte die Zuschauer in Scharen ins undurchdringliche Dickicht der Isla Nublar, um sie dort in einer regelrechten Materialschlacht zu zerfetzen.

                                  Auf große inhaltliche Überraschungen wartet man vergeblich, dafür gibt es aber das volle Programm Abenteuer-Action-Kino made in Hollywood. JURASSIC WORLD ist einfach extrem unterhaltsam, hat mit Chris Pratt als Dino-Flüsterer einen fähigen Leading-Man an vorderster Front und kommt nicht völlig weichgespült auf FSK-6-gebürstet daher. Anspielungen auf die alte Trilogie und andere ‘Viecher-Filme’ gibt es einige, so wie die ein oder andere liebevolle Hommage an das übergroße Original inklusive des markanten Soundtracks.

                                  Da fällt es nicht mal wirklich ins Gewicht, dass eigentlich sämtliche Figuren nur Stereotypen sind und oftmals lediglich als Stichwortgeber fungieren oder aus verschiedenen Notlagen gerettet werden müssen. Im Mittelpunkt stehen halt die CGI-Dinosaurier selbst, die laut, groß und gefräßig daherkommen.

                                  Regisseur Colin Trevorrow stemmte hiermit sein erstes Big-Budget-Projekt und hat sich dabei nicht verhoben. Neben einigen wirklich spektakulären Augenöffnern ist genug Action, Humor und Spannung vorhanden, um die 124 Minuten mit genug Biss zu füllen und nicht ernsthaft über das Drehbuch nachdenken zu müssen. That’s Entertainment . . .

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                                    Der stiefmütterlich behandelte JURASSIC PARK 3 ist der relativ unterhaltsame und rasante Abschluß der Original-Trilogie. Steven Spielberg wurde auf dem Regiestuhl von Joe Johnston ersetzt, die Laufzeit auf straffe 92 Minuten gestaucht, sämtliches wissenschaftliches Laber-Fett abgeschnitten und das potenzielle Dinofutter um einen hier komisch fehlbesetzt wirkenden William H. Macy ersetzt. Für so etwas wie Star-Power sorgt lediglich die Rückkehr von Sam Neill und eine Cameo-Rolle von Laura Dern.

                                    Ist die zweite Fortsetzung auch alles andere als ein Knaller, bekommt man hier zumindest einen soliden Survival-Thriller mit Sauriern, der einen gut unterhalten kann. Schade, dass das Ende ziemlich abrupt daher kommt. Da wäre ein wenig mehr Biss noch wünschenswert gewesen . . .

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                                      BenAffenleck 10.01.2023, 19:24 Geändert 04.04.2023, 19:58

                                      VERGESSENE WELT, der mit ganz leichtem Vorsprung beste Teil der JURASSIC PARK Trilogie, hält sich nicht mit einem ewig langen Vorgeplänkel oder pseudowissenschaftlich-ökologischem Geschwafel auf, sondern bringt das Popcorn im Familien-Eimer ziemlich schnell in Rotation.

                                      Die Innovation eines ersten Teils wird vom Entertainment-Faktor an die frische Luft gesetzt, wo sie zusammen mit den beiden nervigen Schrei-Kids des Vorgängers gut aufgehoben ist. Dafür gibt es, gemäß der Regeln einer Fortsetzung, mehr. Mehr Charaktere, mehr Tote, mehr Action, mehr Dinos.

                                      Natürlich ist auch hier wieder etliches an haarsträubenden Drehbuch-Ideen zu schlucken, aber die köstlichen Beilagen und der bessere Cast machen das Gericht noch etwas schmackhafter . . .

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                                        BenAffenleck 09.01.2023, 19:40 Geändert 04.04.2023, 19:59

                                        "Ich habe es ihnen ja gesagt.” (Dr. Ian Malcolm)

                                        Mit traumwandlerischer Sicherheit balancierte Steven Spielberg 1993 seine große Dino-Show JURASSIC PARK auf dem schmalen Grat zwischen Horrorfilm und Familienunterhaltung, basierend auf dem Bestseller von Michael Crichton.

                                        Der erstklassig inszenierte, spannende und actionreiche Meilenstein des Blockbuster-Kinos zählt auch fast 30 Jahre nach der Premiere noch zu den Filmen, mit denen man auch den eigenen Nachwuchs immer noch gut ran kriegt. Die computergenerierten Effekte wirken heutzutage nicht mehr durchgängig bahnbrechend, im Gegensatz zu den lebensgroßen animatronischen Modellen, die man hauptsächlich für Nahaufnahmen nutzte und wofür sich Stan Winston verantwortlich zeichnete. In Verbindung mit dem Bass lastigen Grollen des T-Rex reicht das immer noch für die perfekte zeitlose Illusion und dem Fundament, das schon damals für unruhige Nächte in Kinderzimmern weltweit sorgte.

                                        Die in ein düsteres Abenteuer-Korsett gesteckte Fabel über eine außer Kontrolle geratene Wissenschaft übernahm bis 1998 die Krone des finanziell erfolgreichsten Films und hat sich bis heute erstaunlich gut gehalten. Die menschlichen Charaktere kratzen heutzutage mit all ihren Klischees zumindest etwas an meinen Nerven, aber Jeff Goldblum als zynischer Spielverderber Dr. Ian Malcolm ist mit seiner Rechthaberei immer noch der absolute Matchwinner. An der Spiellaune des Cast gibt es aber generell nichts auszusetzen.

                                        Steven Spielberg brachte noch im gleichen Jahr SCHINDLERS LISTE in die Kinos, und vereinte in einem Jahr Fiktion und Realität, Entertainment und Anspruch nahe der Perfektion. In so einem Ausmaß muss ihm das erst mal jemand nachmachen . . .

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                                          Das metafiktionale Prequel zur unkaputtbaren TOY STORY lässt die sprühende Kreativität vergangener Zeiten vermissen. LIGHTYEAR und Pixar langweilen mit ihrer Eintönigkeit und abgenutzten Charakteristika…

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                                            über Psycho

                                            Hitchcocks Meilenstein PSYCHO kann man sich auch heute noch gut anschauen. Das frühe Paradebeispiel der Manipulation des Zuschauers durch ein gutes Drehbuch weiß immer noch zu gefallen, Suspense und Atmosphäre sind stimmig. Durchgängig spannend fand ich das Gesehene nicht, dafür ist Anthony Perkins Schauspiel, der ambivalenten Rolle geschuldet, brillant. Dieser Blick am Ende … brrrr.

                                            Meinen Duschvorhang reißt PSYCHO heutzutage zwar nicht mehr runter, 1960 muss das aber ein Schlag in die Magengrube gewesen sein. Ein Blick in meine Freundesliste zeigt mir aber ganz gnadenlos, dass ich bei Hitchcocks gerne mal etwas schnarchigen Filmen zurecht als ‘Kulturbanause’ verschrien bin. Vielleicht richten es ja noch mal irgendwann VERTIGO oder DER UNSICHTBARE DRITTE . . .

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                                              Wenn der Wald ruft, ist es dann Irrsinn oder Größenwahn, gleich den 3500 Kilometer langen Appalachian Trail entlang der Ostküste der USA in Angriff zu nehmen? Und das mit über 70 Lenzen?

                                              Wie auch immer, dass Ergebnis für den Zuschauer ist ein nettes Alterswerk der gut harmonierenden Altstars Robert Redford und Nick Nolte. Innovation oder Überraschungen sucht man auf dem Hike vergeblich, wären die beiden Hauptdarsteller nicht so charismatisch und die Landschaftsaufnahmen nicht so atemberaubend könnte man vielleicht schon von einem belanglosen Filmchen reden.

                                              Einige Male musste ich aber doch schon schmunzeln, dieser sanfte Humor tut keinem weh, ein Abenteuer der leisen Töne. Ein wenig in mich rein grinsen musste ich auch bei der Schnee-Szenerie, die so dermaßen künstlich aussieht, dass es schon wieder sympathisch ist. Was mich dann ungemein nervte war das “Finale” auf einem tiefer liegenden Felsvorsprung, wo einfach alles nach Studio aussah. So was ist in einem Outdoor-Abenteuer wie PICKNICK MIT BÄREN einfach nur ätzend.

                                              Unterm Strich also eine lockere Reise mit einem Hauch Melancholie und etwas Humor. Muss man nicht lieben, wirkt aber durchaus entspannend, wie ein kleiner Spaziergang im Wald . . .

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                                                BenAffenleck 06.01.2023, 18:56 Geändert 04.04.2023, 20:01

                                                Staub in den zusammengekniffenen Augen, Zigarillo im Mundwinkel, der Colt hängt auf Halb Acht … Dirty BenAffenleck trifft grumpy Clint Eastwood im Legenden-Modus.

                                                1990 - ROOKIE

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                                                “Es war einfach die Rolle, mit der man mich in der Vergangenheit gern identifizierte.” (Clint Eastwood)

                                                Nick Pulovski (Clint Eastwood) ist einer der härtesten Cops der Stadt. Als bei einem Einsatz gegen Autoschieber sein langjähriger Partner erschossen wird, bekommt er den ROOKIE David Ackerman (Charlie Sheen) als neuen Partner zugeteilt. Den völlig verschiedenen Cops bleibt nichts anderes übrig als sich zusammenzuraufen, um die Mörder von Nicks Partner zur Strecke bringen zu können…

                                                “Wenn du eine Garantie brauchst, kauf dir einen Toaster." (Nick Pulovski)

                                                Für ROOKIE - DER ANFÄNGER schlüpfte Clint Eastwood noch einmal in seine Paraderolle als harter Knochen, der immer einen zynischen Spruch parat hat. Rückblickend betrachtet ist der Film sogar eine Art Action-Abschiedsgeschenk, bevor
                                                er einen radikalen Imagewandel, sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur vollzog. In der Machart lehnt sich ROOKIE an die Buddy-Actionfilme der 80er Jahre an, lässt dabei zwar jegliche Eigenständigkeit vermissen, kaschiert das aber ganz gut mit markigen Sprüchen, der konsequenten Missachtung politischer Korrektheit und ruppiger Action. Vor allem der Sprung mit dem Auto aus dem fünften Stock einer explodierenden Lagerhalle oder die Verfolgungsjagd mit einem kostbare Ladung abwerfenden Autotransporter (Grüße an BAD BOYS II) sollte bei jedem Fan des handgemachten klassischen Action-Kinos für Verzückung sorgen.

                                                Das Pacing hätte sicherlich noch etwas mehr Pfeffer vertragen, um THE ROOKIE zu einem Genre-Klassiker avancieren zu lassen. Da so eine Art Kino heute aber kaum noch gemacht wird, ist Eastwoods 2017 aus der Indizierungs-Haft entlassene Low-Brainer auch heutzutage durchaus eine Entdeckung wert. Gestartet in der übersättigten Weihnachtssaison ging THE ROOKIE gnadenlos unter, und wurde zu Eastwoods viertem Flop in Folge. Die Presse sah Clint schon in der Versenkung verschwinden, wie kurz zuvor die Action-Helden Burt Reynolds und Charles Bronson.

                                                Es war also an der Zeit, endlich ein As aus dem Ärmel zu ziehen - und Clint hatte eins . . .

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                                                Hier geht’s zur Liste : : : https://www.moviepilot.de/liste/benaffenleck-guckt-clint-eastwood-benaffenleck

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                                                  BenAffenleck 05.01.2023, 12:26 Geändert 10.04.2023, 07:45

                                                  Mit GOOD TIME liefern die Safdie Brüder einen dreckigen Genre-Film ab, und lassen im Neonlicht der Großstadt Style und Substanz auf einen erstklassig aufspielenden Robert Pattinson treffen. In dem Crime-Drama gerät Pattinsons Figur Connie innerhalb einer Nacht immer tiefer in die Spirale aus Verbrechen und Gewalt, um Geld aufzutreiben und seinen geistig behinderten Bruder Nick (auch großartig - Benny Safdie) aus dem Gefängnis zu bekommen.

                                                  Es ist schon faszinierend, wie Connie hier von einer beschissenen Situation in die nächste gerät, ohne jemals die Kontrolle über die Geschehnisse zu erlangen und sich dem Zuschauer die Frage stellt, wie weit ein Arschloch gehen darf, um wenigstens ein Mal etwas Gutes zu tun.

                                                  Von den Handlungen her war das nicht immer alles nachvollziehbar oder glaubhaft, trotzdem ist GOOD TIME ein sehr interessanter und kurzweiliger Film, der rasant inszeniert wurde und überzeugende Darsteller-Leistungen zu bieten hat . . .

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                                                    “Ma’am” (David Budd)

                                                    Der Titel erinnert sofort an die solide Schmonzette mit Whitney Houston und Kevin Costner, hat aber auf den zweiten Blick so gar nichts mit dem 1992 erschienen Drama am Hut. Im BBC Hit BODYGUARD von Jed Mercurio geht es um den Kriegsveteran David Budd (Richard Madden), der nun Polizist ist und unter PTBS leidet, unverhofft zum Helden und dadurch zum Personenschützer der Innenministerin Julia Montague (Keeley Hawes) wird. Genau die Frau, die sich unermüdlich für mehr Auslandseinsätze der Militärtruppen einsetzt und aktuell für einen Gesetzesentwurf zur digitalen Überwachung kämpft. Es dauert nicht lange, bis David an mehreren Fronten kämpfen muss und selbst seine eigene Familie in tödliche Gefahr gerät…

                                                    BODYGUARD traut sich, die politische Komplexität der Realwelt in die Serie zu übertragen. Jed Mercurios Schöpfung beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Themen wie der Einschränkung der Persönlichkeitsrechte unter dem Deckmantel der Sicherheit. Die Spannungskurve hat bis zum Finale nur ganz kleine Durchhänger, denn Verschwörungen gibt es natürlich reichlich, und der Rest wird total unterhaltsam mit einigen Groschenroman-Seiten aufgefüllt. Zum Wegdösen gibt es bei der schnell fortschreitenden Handlung also keinen Grund, wäre bei der amtlichen Komplexität aber auch nicht ratsam.

                                                    Hauptdarsteller Richard Madden, der sich wie ein Roboter mit Fehlfunktion durch die Handlung spielt, sackte für seine Darstellung einen Golden Globe ein. In nur wenigen Szenen erahnt man durch kleinste mimische Spielereien, was für Kriege in seiner eigentlich völlig gebrochenen Figur toben. Hat mir total gut gefallen, obwohl die deutsche Synchro diesen ‘Roboter-Effekt’ leider noch stärker betont. Auch Keeley Hawes, die ich bisher noch nicht namentlich auf dem Schirm hatte, spielt die vielschichtige Ministerin in Perfektion.

                                                    Neben dem hohen Unterhaltungsfaktor und der sensationellen Spannung gibt es in diesem groß angelegten Verschwörungs-Puzzle auch schauspielerisch überdurchschnittlich gute Kost. Die 6 Folgen habe ich regelrecht verschlungen, und werde sie mir in ein paar Jahren sicherlich noch mal anschauen, selbst wenn bei solchen Fernseh-Produktionen die Soundspur nur in zermürbendem Stereo vorliegt . . .

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