BobbyStankovic - Kommentare
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Alle Kommentare von BobbyStankovic
“Alles ist jetzt möglich” oder das Artefakthafte des Fremden.
[...] Das Drehbuch bzw. Treatment des Films hätte in seinen Grundzügen genauso gut auch einem furchtbar schlechten Teeny-Gangsterdrama wie “Gangs” mit Jimi Blue zugrunde liegen können. Sebastian Schipper demonstriert hier, ähnlich wie Nicolas Winding-Refns “Drive”, dass jedes simple Drehbuch allein durch die Form qualitative Quantensprünge vollziehen kann. Die Atmosphäre, die “Victoria” durch seine Drehstrategie entwickelt, ist das Kapital des Films, das ausgespielt wird, um die exponentiell ansteigende Spannungskurve des Films glaubwürdig zu machen. Hier scheiden sich aber wohl die Geister, ob bzw. wann der Film den Faden seiner Authentizität verliert. Denn spätestens beim großen Finale im Luxushotel ist “Victoria” zwar noch durchaus realistisch in seiner Darstellung, aber eben mindestens ein Kommentar auf große Gangsterfilmvorgänger. Dieses Luxus-Hotel, ergibt sich zwar logisch aus der Handlung, ist aber dadurch, dass es ein Luxus-Hotel ist, ein Verweis auf Rise-&-Fall-Gangster-Epen wie “Scarface”, die ihre Protagonisten auch klassischerweise demonstrativ im Prunk und Protz scheitern lassen. [...]
“Victoria” geht weiter als es vielleicht gut für ihn/sie wäre. Man muss aber eingestehen, dass das immer noch ziemlich brillant umgesetzt ist. Dass der Mittendrin-Effekt einer unzerstörbaren Kamera-Nähe dem Film eine Wahrhaftigkeit gibt, die man bei keinem Film mit vergleichbarer Handlung so sehen konnte.
Eine weiter Episode aus dem TRAUERSPIEL DEUTSCHER VERÖFFENTLICHUNGSSTRATEGIE.
Lasst euch von dem furchtbaren Titel + Plakat bitte nicht täuschen. Und auch nicht von der Inhaltsangabe.
Es gibt in dem Film zwar eine verbotene Liebesgeschichte, also viel Potenzial für furchtbaren Kitsch, aber dieser Film ist erfrischend klischeefrei vorgetragen und handelt eigentlich viel mehr vom jüdisch-arabischem Verhältnis in Israel, vom Wert bzw. Nicht-Wert von Herkunft usw.
Und da dieser Film also viel eher interessant für Leute mit einem echten Interesse an solch politischen oder sozialpolitischen Themen ist, verfehlt hier diese bescheuerte Publikationsstrategie total ihr Ziel.
Nein, eure Moviepilot-Vorhersage spinnt nicht. Diesen Film könnt ihr WIRKLICH schauen ;)
Was für viele Hipster Xavier Dolan ist, ist für mich Joachim Trier!
Ein Mensch, der mich versteht.
[...] “Mad Max — Fury Road” ist kein Road-Movie, auch wenn er nach einer Road benannt ist. Denn hier geht es im Grunde genommen nicht um den Weg, sondern wenn überhaupt um das Ziel. Und eigentlich ist auch das nur der minimale narrative Aufhänger und viel mehr geht es um die Bewegung per se. Millers Film ist ein unwirkliches, traumartiges Kunstwerk, weil es uns ein treibendes Gefühl permanenter Bewegung aufbereitet. Die Landschaft ist nebensächlich, sie bleibt immer dieselbe trostlose Wüste. Manchmal ist sie blau im Nachtkleid, meistens ist sie orange im gleißenden Tageslicht. Immer ist sie eine Wüste. Ebenso wie die Wüste immer gleich bleibt, bleibt auch die Bewegung immer gleich. Diese Gleichmäßigkeit bis Gleichartigkeit ist ein Schlüssel zur möglichen Interpretation des Films. “Fury Road” erzählt uns viel von den beiden Extremen der Veränderung und Stagnation. Aus anthropologischer, vor allem aber feministischer Perspektive. Alles ist eben in dieser Bewegung, die der Film als stilistisches Mittel konsequent einsetzt. Und wenn die Menschheit wieder bei null anfängt, treibt sie die Bewegung wieder in die Irrungen und Wirrungen des Menschseins zurück, die die Geschichte (in die nächste Apokalypse) wiederholen lässt. In “Fury Road” befinden sich ästhetische Form und postulierter Inhalt in einem symbiotischen Verhältnis. [...]
Dank mir ist "Oslo, 31. August" jetzt mit den exakt selben Wertungsschnitten gesegnet wie Wilders "Das verlorene Wochenende", der heute der 20:15-Film vor "Oslo, 31. August" war.
Achso, und ich LIEBE diesen Film.
Präzisierende Worte folgen.
“Birdy” von Alan Parker gehört zu den wenigen Antikriegsfilmen, die den Krieg selbst kaum zeigen, sondern nur ihre seelischen Folgen für das Individuum. Nicolas Cage ist hierin als 20-jähriger in einer seiner ersten Rollen zu sehen, die Hauptrolle des Birdys mimt aber der weniger bekannte Matthew Modine. Parkers Film setzt auf eine flashbackartige Erzählstrategie, die sicherlich zum traumatischen Inhalt des Films passt, sowie auf einige experimentellere Kamera-Einsätze, die seine Werbefilmer-Vergangenheit nicht verschleiern. Trotz gelungenem Schauspiel und interessantem Erzählmodus leidet “Birdy” aber an der zu eilig und fragmentarischen Exposition seiner Männerfreundschaft, auf deren beanspruchte Empathie-Wirkung der Film das Funktionieren seiner Geschichte vollständig aufbaut. Die Freundschaft zwischen den beiden Protagonisten Al und Birdy kommt eher unglaubwürdig und dem Zuschauer als größt denkbare Freundschaft geradezu aufgezwungen rüber. Da ist insoweit schade, da die emotionalen Ausbrüche in der Psychiatrie durchaus gelungen in der Empathie-Erzeugung sind, aber zur vollständigen Teilnahme des Publikums eben von der (schwachen) Exposition abhängig sind.
Die mit Flashbacks arbeitende Narration eignet sich aber nicht nur als Darstellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Krieges, sondern auch zu einer allegorischen Lesart, die dem Filmautorenteam vielleicht gar nicht bewusst war, die sich aber auf den zweiten Blick geradezu aufdrängt: Eine Jugend, die von Drogen zerstört wird. “Birdy” könnte ebenso ein Drama über psychoaktive Substanzen sein. [Dazu mehr auf Meinungsimperialismus.de]
[...] Insgesamt ist “Mommy” sicherlich ein guter Film. Die Schauspielführung ist für Dolans Alter tatsächlich beeindruckend. Der PopArt-Faktor bewegt sich in großen Schritten auf ein eigenes Markenzeichen hin, wo es eine Handschrift schon längst ist. Auch der Musikeinsatz ist in “Mommy” interessant, da er geradezu textuell eingesetzt wird, wenn z.B. “Wonderwall” sich auf die schwarzen Balken beziehen kann, die das Bild des Films umgeben oder “Born to die” von Lana del Rey sich als interessantes Wortspiel gegenüber Steves Mutter erweist, die im Film ebenso “Die” gerufen wird. Man sollte sich mit Meisterwerksuperlativen bei diesem sehr herz- und bauch- und — machen wir uns nichts vor — hipsteraffinen Film aber zurückhalten, denn davon ist die recht simpel und vorhersehbar gestrickte Dramaturgie des Films, sowie der süßlich unbeschwerte, aber wenig visionäre Einsatz von audiovisuellen Mitteln noch weit entfernt. Dolan wird uns vermutlich noch ganz andere Filme schenken. Auch gerne wieder über seine Mutter.
[...] “Leviathan” ist ein Film, der durchaus universell gelesen werden kann, sich aber nie von seiner politischen Motivation komplett loseisen kann bzw. will. Andersherum könnte man nämlich die universellen Verweise der Handlung auf eine reine Stützfunktion der politischen Tendenz herunterbrechen, wobei man aber nicht den Fehler wie Wolfgang M. Schmitt machen sollte, ihre inhärente filmische Qualität in Abrede zu stellen. Denn Swjaginzew führt hier seinen aufregenden kinematografischen Stil zwischen Sozialrealismus und Bild-Poesie, zwischen Zeitbezug und Zeitlosigkeit auf eine vorläufige Spitze und ist eben kein Wiederholungstäter der vermeintlichen politischen Eklat-Provokation und Affirmation des westlichen Russland-Bildes. Seine bisherigen Filme “Die Rückkehr”, “Elena” und “Die Verbannung” mögen zwar grundlegend düstere und pessimistische Filme sein, verhandeln ihre Themen aber mit bestenfalls sehr losem Russland-Bezug und ohne Brechstangen-Anspielungen auf die russische Innenpolitik, wie es “Leviathan” zweifellos tut. Und große Autoren dürfen bzw. müssen sogar auch (innerhalb ihres ästhetischen Kosmos’) ins politische Tagesgeschehen eingreifen, wenn dort Dinge stattfinden, die ein Wegschweigen nicht verdient haben und eine Positionierung einfordern. Thomas Mann hat über den Nationalsozialismus geschrieben, Solschenizyn über den Stalinismus usw. Und da Filmemacher (aus cinephiler Sicht) dem Schriftsteller in der inhaltlichen Aussagekraft und ästhetischen Strahlkraft mindestens ebenbürtig sind, so muss auch von einer gleichen Verpflichtung gegenüber dem gesellschaftlichen Raum die Rede sein, der den Künstler umgibt, bzw. aus dem der Künstler entstammt. Die Kunst hat auch eine politische Verantwortung, sowie die Politik eine Verantwortung gegenüber der Kunst hat. In diesem doppelperspektivischen Verhältnis ist das Swjaginzewsche Werk im Allgemeinen und “Leviathan” im Speziellen sowohl Kunst als auch Politik. Sowohl ein wichtiges, subjektives Zeitzeugnis in einem politischen Klima der Uneindeutigkeiten und geteilten Meinungen als auch das bisherige Opus Magnum einer der spannendsten Handschriften im europäischen Autorenkino. [...]
Das Schulkind
Läuft auf der alten Schiene
Und macht unbeholfen
Das Zuggeräusch nach
(Abbas Kiarostami, "In Begleitung des Windes")
Der iranische Film “Close-Up” erzählt von Menschen, die hinter einer Wunschvorstellung her sind, etwas erreichen oder sein wollen, das für sie unerreichbar scheint. Der Film handelt von dem nicht sehr wohlhabenden Drucker und Cinephilen Hossein Sabzian, der sich als berühmter Regisseur Mohsen Makhmalbaf (der real existiert) ausgibt, damit die Familie Ahankhah betrügt, sich strafbar macht und schließlich vor Gericht geladen wird. Aber auch andere Figuren des Films lassen sich in das Schema des von der Wunschvorstellung Getriebenen einordnen: Ein Journalist, der in der aller ersten Szene auftaucht und verkündet, er wolle die Geschichte zu einer großen Story aufblasen, träumt davon ein Star-Reporter zu sein. Die Söhne der betrogenen Ahankhah-Familie träumen vom Schauspielberuf, und letztlich (und das ist die entscheidende Pointe von “Close-Up”) jagt auch der Regisseur Abbas Kiarostami selbst einer Wunschvorstellung hinterher, nämlich der, die perfekte Rekonstruktion der wahren Begebenheit zu zeichnen, von der “Close-Up” handelt. Aber auch Kiarostami wird, wie wir sehen werden, sein Ziel nicht erreichen.
[...]
Um abschließend auf das einleitende Gedicht zurückzukommen: Wir wir gesehen haben, ist die afilmische Realität nicht in einer perfekten Kopie einzufangen. Auch wenn es Kiarostami darin womöglich nur um die Schönheit des lyrischen Bildes ging, ist dieses Gedicht meiner Ansicht nach die perfekte Allegorie auf seinen Film, Nein, Kiarostami ist in seinem Versuch, die Realität zu kopieren, letztlich ebenso unbeholfen wie das Schulkind beim Versuch den Zug zu imitieren. Wie auch das Schulkind mit seiner akustischen Onomatopoesie versucht auch Kiarostami die wahre Begebenheit medial zu rekonstruieren. Die alte Schiene bleibt dabei jedoch ebenso eine solche wie Kiarostamis Gegenwart nicht zu einer Vergangenheit wird. Aber, und das macht “Close-Up” auf dieselbe Weise so großartig wie Kiarostamis Gedicht: Der Versuch, und allein der Versuch, ist von originärer Schönheit und macht uns nachdenken
Böse Zungen könnten vermuten, dass es einen wohl kalkulierten Grund hat, dass dieser Film genau ab ZWÖLF Jahren freigegeben ist.
Die routinierte Inszenierung von Carol Reed rettet diesen ansonsten eher dürftig spannenden und ein Ménage-à-trois von der Stange abspulenden frühen Hollywood-Film vor der Unterdurschnittlichkeit.
Ich verstehe diese Oeuvre-Schauwut sehr gut.
Aber.
Doch nicht bei OZU !!!
Ich habe mal mit Ozu angefangen, da viele Filme auf einmal zu schauen und habe schnell gemerkt, dass man seine Filme kaum wertschätzen kann, wenn man sie binge-watcht.
Jedes Jahr ein Ozu, das habe ich mir jetzt vorgenommen.
Für ein Klopperfilm-Genre ist dieser Film sicher ein Meisterwerk. Jetzt die Frage: Kann man ein Genre pauschal schlecht finden?
Nunja: Es könnte ja durchaus auch einen Klopperfilm geben, der außerhalb von Klopperfilm-Genre-Elementen herausragende Qualitäten hat, aber trotzdem ein Klopperfilm ist. Solch ein Film ist "The Raid" aber nicht.
"The Raid" hat perfektionierte Kampf-Choreos. Und ist reeelativ kurzweilig. Das war's aber schon.
Ich frage mich irgendwie: Wenn Leute diesen Film als Meisterwerk wegen seiner Kampf-Choreos feiern, wieso schauen sie sich dann keine Wrestling-Kämpfe an? (Naja wahrscheinlich tun es viele Klopperfilm-Fans tatsächlich). Die Qualitäten, über die sich dieses Genre definiert, sind nämlich nicht unbedingt filmmedium-immanente. Ein aufgezeichnetes Wrestling-Match ist ja schließlich auch kein filmisches Meisterwerk, oder?
Das waren ein paar lose Gedanken, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Vielleicht kriege ich ja einen interessanten Response drauf.
Jetzt weiß ich zumindest schonmal für welchen Film ich mich definitiv NICHT entscheiden werde, wenn man mich mal vor die Wahl stellen sollte, welcher Film der letzte gesehene meines Lebens sein soll.
Allein schon wegen den Kamera-Einstellungen, Jungs. Allein schon ihretwegen.
Made my day. Sehr gut.
Ich hatte 'ne Vorhersage von 7. Und ein Bauchgefühl von 7.
Jetzt habe ich den Film geguckt und weiß, dass man diesem Film einfach eine 7 geben muss.
Dieser Film ist sooo eine 7.
Schaut ihn. Guter Film auf jeden Fall.
Ein bisschen zu oft das Wort Präsupposition verwendet, ansonsten ein megagenialer Text zu einem noch genialerem Film. Propz.
Wusstet ihr, dass Vin Diesel schwarz ist? :D
Mir gefällt dein Mozart-Gleichnis nicht, das ist meiner Meinung nach zu einfach und zu falsch gedacht.
Es sieht doch viel mehr so aus, dass Mozart schon damals E, also Hochkultur war, nur dass es damals einfach noch keine U-Kultur gab. Die Menschen, die damals Mozart gehört haben, waren bildungs- und standestechnisch in etwa äquivalent zum heutigen Klassik-Klientel. Nur das einfache Volk, das dann im 20. Jahrhundert die Popkultur konstituiert hat, stand damals noch auf dem Feld und hat Rüben aus der Erde geschuftet (jetzt etwas platt ausgedrückt). Und wenn es damals meinetwegen einen Lautenspieler gab, der im einfachen Volk populär war, kennt man den heutzutage einfach nicht mehr, weil Kultur damals "von oben" geschrieben wurde.
Heutzutage ist es genau andersrum. Kultur wird heute demokratisch(er) entschieden, das einfache Volk bestimmt die Kultur, weil jeder dazu Zugang hat. Das ist halt Segen (Demokratie ist ja immer prinzipiell was Feines) als auch Fluch (Herabsenkung des Niveaus durch Massengeschmackbestimmung) zugleich. Und das "Mozart-Klientel" spaltet jetzt in der Verzweiflung ihres mehr und mehr verlierenden Macht-Status (wie hier neulich vermehrt berichtet wird, geht selbst die FilmKRITIK mehr und mehr im U-Kulturalismus auf) die Kultur in U und E auf. Das geht immer mit sehr viel Verachtung, Besserwisserei und Elfenbein-Feuilletonismus einher, es ist aber, und hier widerspreche ich dir, nicht komplett unsinnig.
Denn wenn man diese Unterscheidung gar nicht machte, würde anspruchsvoller(er) Kunst (und die gibt es nunmal) genau das widerfahren wie dem Lautenspieler des 19. Jahrhunderts, man würde sie vergessen. Und das darf halt nicht passieren.
"Herr der Ringe", "Star Wars", "Harry Potter", alles keine schlechten Sachen, aber die können sich ihrem Kanon-Einzug, ihrer späteren Rezeption als große Klassiker fast schon sicher sein (generell werden die frühen 2000er Jahrzehnte wohl leider als die Zeit der Fantasy in die Kulturgeschichte eingehen).
Aber was ist mit Künstlern wie Godard, Bilge Ceylan, Tarkowskij, Tarr, Angelopoulos? Wenn da kein E-Kulturalismus seine schützende Hand über diese Kunst legen würde, würden sie schnell in Vergessenheit geraten, was bei ihrem künstlerischen Gehalt absolut fatal wäre.
Verkehrt ist halt, hier sind wir uns einig, eine strenge Trennlinie zu ziehen á "Das ist E, das ist U und das wird sich auch NIEMALS ändern." Aber die Tendenz ist schon wichtig. Und das sollte auch Aufgabe der Kritik sein, statt Filme zu "besprechen" und Konsumentenguideline zu sein, sollte man die Filme ganz klar an höchsten kulturellen Maßstäben abmessen, um vielleicht auch die E-Qualität eines Blockbusters sehen zu lernen — oder eben auch nicht.
[...] Die wahre Stärke beweist “Als wir träumten” zunehmend in der Jugend-Narration, die eigentlich keine ist. Es sind Fragmente, Gefühlsfragmente. Hinter jedem dieser kleinen Episoden mit teilweise schmerzlich wenig Bezug zu den anderen Episoden steckt ein starkes emotionales Ausrufezeichen. Streit mit der Mutter, Umarmung mit der Mutter, Beinahe-Sex mit einer alten Frau, Drogen nehmen in der eigenen Disko, Autos klauen, Autos zerstören. Das wäre alles so simpel, so schon tausendmal da gewesen, wenn es von Dresen nicht so herausragend authentisch perfomiert wäre. Dieses Händchen für Schauspielführung, für realistische Sprechweisen (allerdings ohne sächsischen Dialekt wie manch einer kritisch anmerken könnte) erzeugt eine Sogwirkung. [...] Denn zwischen diesen Erzählfragmenten entstehen assoziative Freiräume, die der Zuschauer mit seinen eigenen Erfahrungen füllen kann. Ich spreche womöglich nicht für die Allgemeinheit, wenn ich sage, dass man sich in den Figuren wiedererkennt, dann ist das eben eine subjektive Erkenntnis. Aber Filme sind immer Projektion von und für Subjektivität. Und für solche Menschen, die sich von der erzählten Geschichte in irgendeiner Weise angesprochen fühlen, die sich darin vielleicht ein Stückchen selbst drin erkennen, für diese Menschen kann dieser Film eine beeindruckende Emotionalität entwickeln. [...]
[...] Der Irakkrieg ist hier eine amerikanische Herzensangelegenheit. Ein Spielplatz zum Beweis wahren Patriotismus und wahrer Heldengröße. Ein Film für Bush-Anhänger, die sich nicht die Unsinnigkeit ihres Krieges vorhalten lassen wollen. Es wird zudem ein Sinnzusammenhang mit 9/11 suggeriert, den es in Wirklichkeit nie gab. [...] [D]as tragische Ende, das was die eigentliche Pointe des Lebens Chris Kyles war, nämlich, dass er von einem traumatisierten Ex-Soldaten erschossen wurde, das zeigt der Film erst gar nicht. Es hätte auch nicht in die Glorifizierung gepasst. In dieser Szene hätte der Krieg seine hässliche Seite gezeigt. Seine Traumatisierung, seine Unsinnigkeit, sein verdrängter Hass auf sich selbst. Und seine Ironie. Stattdessen sehen wir USA-Flaggen und noch mehr USA-Flaggen. Serious? [...] Wohl ungelogen einer der schlechtesten Kriegsfilme aller Zeiten. Hat dieser Film überhaupt irgendeine Qualität? Achja, der Tonschnitt. Danke, liebe Academy. Ohne euch und eure 6 Nominierungen hätte ich glatt vergessen, wie fantastisch der Tonschnitt war.
Ich habe vier Criterion-Blurays ("Close-Up", "Angst Essen Seele auf", "Weekend" und "Die 120 Tage von Sodom"). Sie waren teuer für einen armen Student wie mich, aber ich fühle mich jetzt wie ein echter Cinephiler :D
Sonst noch zu erwähnen: Mein Spring-Breakers-Mediabook, das im Dunkeln leuchtet. Mein Enter-The-Void-Mediabook als erste AB-18-DVD, die ich legal gekauft habe und meine Chicken-Run-DVD als meine erste DVD überhaupt (sehr guter Film auch nach wie vor).
DANKE für diesen Artikel!
Diese französischen Pseudo-Arthouse-Komödien VERSEUCHEN unsere Programmkinos, wobei sie einfach nur verkappter Mainstream sind. Quasi Till-Schweiger-Filme mit marginal höher gedrehtem Anspruch-Schräubchen (was ja nicht schwer ist). Und dann ist es auf einmal intelligente, erwachsene Unterhaltung für die ganze Familie usw.
Boah. Wirklich. Was Hollywood dem Cineplex ist, ist Frankreichs Komödienwelle dem Programmkino. Alles wo irgendwo ein französischer Titel oder ein schwarzer Hauptdarsteller zu sehen ist: gleich alle 40-jährigen, denen das Popcorn-Kino der großen Kinos zu bunt und schrill ist, rein da. Die Festival-Filme kommen dafür teilweise gar nicht mehr in die Programmkinos, dafür jeder hingerotzte pseudokluge Franzuski-Schwachsinn.
Ich würde jetzt so gerne das Wort Gutmenschen verwenden, wenn ich es nicht für so grausam und rechtspopulistisch halten würde. Aber hier wäre es echt angebracht.
Bin echt so wütend. Nach Monsieur Claude habe ich mir geschworen nie wieder in so einen französischen New-Mainstream-Scheiß reinzugehen.
Adieu.
Der Artikel kommt natürlich sehr real (HipHop-Jargon, englische Aussprache) von jemandem, der Citizen Kane schlechter als Departed bewertet :D Liest sich alles sehr zusammengeklaut, sorry.
Und die größte Fehlentscheidung war natürlich die Komplettdemütigung von Apocalypse Now durch Kramer vs. Kramer. Da wäre ich als Francis Ford Coppola weinend nach Hause gelaufen und hätte erstmal ein paar Inneneinrichtungsgegenstände kaputtgeschlagen. An diesem Tag ist New Hollywood gestorben.