Dachsman - Kommentare

Alle Kommentare von Dachsman

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    None of this happened but it's all true.

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      Man muss das Tiefgründige an der Oberfläche verstecken. Nach knapp drei Minuten steht die Botschaft von „Zoomania“ auf einem Transparent. „Hier kann jeder alles sein.“ So einfach ist die Welt natürlich nicht, so einfach macht sie „Zoomania“ aber auch nicht. Denn natürlich erzählt der Film mehr, als die Underrabbit-Story von Judy Hops.

      Es geht um Stolz und Vorurteile. Auch das artikulieren die Protagonisten an der vorgeschriebenen Stelle der Geschichte. Vor den Raubtieren (predators) müsse sich die Gesellschaft in Acht nehmen, das animalische, räuberische läge schließlich von Natur aus in ihrem Blut. So weit, so Sarrazin und natürlich tritt der Film am Ende den Gegenbeweis an. In diesem Moment scheint sich die Multikulti-Ideologie selbst zu zerfleischen. Denn Biologisch hat das ja seine Richtigkeit. Löwen fressen Antilopen, Füchse jagen Kaninchen. Die Sorgen der Bürger müssen wir also ernst nehmen.

      Wenn Kritik bei diesem Satz angelangt ist, zeigt sich, dass „Zoomania“ hintergründiger ist, als es Kaninchen mit Kulleraugen, Rüdiger-Hoffmann-Faultiere und Shakira-Gazellen scheinen lassen. Denn natürlich sind wir als Zuschauer gewillt, den Vorurteilen von Judy zuzustimmen. Um zum Happy End zu gelangen, müssen wir einen ähnlichen Reflexionsprozess durchlaufen, wie sie. Voraussetzung dafür ist natürlich der Wille sich das Gedankenexperiment und den Weltentwurf des Filmes einzulassen. Aber mein Eindruck aus dem Kino und dem Internet ist, dass Kinder davon gefordert und eher die älteren Semester davon überfordert werden.

      „Zoomania“ erzählt, zugegeben auf unterhaltsame und sicher auch gefällige Art und Weise, nicht unbedingt von Rassismus, sondern vor allem von Manipulation und vermeintlich geordneten Verhältnissen. Ich war überrascht. Selbstverständlich kann man diese Form doof finden. „Zoomania“ beginnt mit dem Disney-Logo und ist entsprechend bunt, heiter und vielleicht kitschig. Allerdings ist es ein Animationsfilm, bei dem die gewählt Form, trotz Merchandise-Qualitäten und Marktappeal, den Inhalt nicht nur trägt, sondern stützt. Das hat der Konzern Disney in meinen Augen zuletzt mit „Wall-E“ geschafft.

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      • "Sondern sie schien an der filmischen Sozialisation von Menschen zu rühren, die Indiana Jones offenbar für Citizen Kane halten. Wenn die Stunde der weinenden Nerds schlägt, will die Schöpfung gegen ihre Schöpfer verteidigt werden."

        Wunderschön.

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        • 6
          über Cop Car

          Grandios ist der Anfang, wenn kaum ein Wort gesprochen, sondern erzählt wird. Mit zunehmender Laufzeit verliert sich Jon Watts Film zugegeben etwas in der Wüste und so souverän wie er sich hinein begeben hat, zieht sich sein Film nicht aus der Affäre. Trotzdem ein entdeckenswertes Kleinod. Vom Gefühl her ein wenig, als hätte Steven Spielberg eine Folge "Breaking Bad" gedreht.

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            über Horns

            Romantik braucht bei Aja immer noch zerplatzte Köpfe. Ich kann mich selbst mit einigen Wochen Abstand nicht entscheiden, ob ich "Horns" eher doof oder eher gut finde. Spaß macht der Film, wenn er mit der phantastischen Prämisse Schabernack treibt. Die Geschichte drumrum ist allerdings unausgegorener Käse. Irgendwo zwischen "Twin Peaks" und Kinging-of-Age macht Radcliffe noch das beste aus seiner Rolle, aber spätestens CGI-Schlangen und Balrogs sorgen für den Todesstoß. Hat aber seine Momente, die ihn gerade noch über den Durchschnitt hieven.

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            • Twitter-User schaffen es regelmäßig noch unlustiger zu sein, als das RTL-Nachtprogramm im Sommerloch.

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                Dachsman 10.03.2016, 19:00 Geändert 10.03.2016, 19:01

                Das Skript von Max Landis weiß zu gefallen, wenn es seine Figuren menscheln lässt. Der Humor ist so klug wie selbstgefällig und trägt dementsprechend die Handschrift ihres Machers. Action ist Regisseurs Nourizadeh allerdings nicht und die visuellen Spielereien verlieren auch irgendwann ihren Reiz. Da wäre mehr drin gewesen. Bleibt nur noch Kristen Stewart und die ist bezaubernd wie eh und je.

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                • 3 .5
                  über Trumbo

                  Jay Roach möchte eine Geschichte von institutioneller Hetze und gesellschaftlicher Stigmatisierung erzählen. Es geht um tausende Menschen, die ihre Rechte, ihre Existenzgrundlage und bisweilen ihr Leben verloren haben. Exemplarisch dafür ist in diesem Film ist der Umzug von Familie Trumbo. Ihre Ranch müssen sie verkaufen und in ein riesiges Einfamilienhaus in der Vorstadt ziehen. Zur Begrüßung schmeißt der fieser Nachbar sogar Müll in den Swimmingpool. Spätestens, als einer der Freunde seinen van Gogh verkaufen muss, brachen bei mir alle Dämme. Weinend und schluchzent wollte ich die Leinwand anschreien, wie ungerecht das doch ist. Das Trostpflaster für die geschundene Zuschauerseele kam, als sich Papa Trumbo mit Töchterchen Trumbo aussöhnt. Die hätte er nämlich beinah von ihrem Milchshake abgehalten, nachdem sie gegen Segregation protestiert hat. Der hat doch einen Vogel! Danach lief der Film noch eine gute halbe Stunde weiter. Unter anderem trat ein lustiger Deutscher auf. Am Ende hat Trumbo nochmal erklärt, dass Menschen ihre Rechte, ihre Existenzgrundlage und bisweilen ihr Leben verloren haben, aber er niemand verurteilen möchte. Der unaufrichtige Freund saß dabei in der letzten Reihe und hielt reumütig den Kopf gesenkt. Ich habe mir eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt, in meinen Popcorn-Eimer gereiert und bin gegangen.

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                  • 2 .5

                    Nee, Freunde der Kunst, das war nichts. Ästhetisch und von den Produktionswerten bewegen wir uns auf dem Level eines mittelprächtigen FMV. Action ist dementsprechend nicht der Rede wert. Zumindest der Spagat am Auto ist ein lustiger Einfall. Bleiben noch 103 weitere Minuten und die kommen komplett ohne lustige Einfälle aus. Kann ich van Damme kaum verübeln, dass er schnell vom Set geflüchtet ist. Etikettenschwindel bleibt das trotzdem.

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                      Als hätten Terrence Malick und Eli Roth zusammen eine Parodie auf den jeweils anderen gedreht. Ätherische Ehefrauen säuseln windige Durchhalteparolen durchs Geäst und edle Herzblutsbrüder reiten durch die Wildnis. In einer Szene umarmt DiCaprio tatsächlich einen Baum. Grotesker sind nur die Dschungelprüfungen, die der Film am Fließband abfeuert. Indianer! Ein Bär! Tom Hardy! Ein Wasserfall! Wundbrand! Franzosen! Nochmal Indianer! Eine Schlucht! Eine Lawine! Wieder Tom Hardy! Wunden werden mit Schießpulver versiegelt, Pferdekadaver als Schlafsäcke genutzt und am Ende alles zerhackt, zerstochen, zerbissen was noch an DiCaprio dran ist. Sieht zwar schön aus, ist aber doof.

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                      • DiCaprio so: "Ich hab rohe Bisonleber gefressen!"
                        Alle so: Much Actor! So Oscar! Wow!
                        RTL so: "Unsere Leute fressen sogar den ganzen Verdauungstrakt!"
                        Alle so: Iiiih! Unterschichtenfernsehen! Niveaulos! Bloß keinen Grimme-Preis!

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                        • 6 .5
                          Dachsman 28.02.2016, 15:32 Geändert 28.02.2016, 15:40

                          Obwohl - der im Vorfeld zu Unrecht geschmähte - McCarthy den Fokus auf die kleinteilige Nacherzählung des Recherche-Prozess legt, gelingt es ihm, bemerkenswerter Weise, während der wenigen Momenten abseits der Schreibtisch, seinen Figuren die nötigen, menschlichen Züge zu verleihen. Ein Ensemble zum Niederknien (allein Ruffalo, Tucci oder Keaton lassen das Herz höher schlagen) tut sein übriges. Ansonsten kommt diese nüchterne Nacherzählung angenehm unaufgeregt, aber sicher auch unspektakulär und gleichförmig daher. Besonders gefallen hat mir persönlich der Mut zum fehlenden Schlusspunkt. "Die Kirche denkt in Jahrhunderten", heißt es zu Beginn treffenderweise. Gegen Ende fasst es Schreiber noch einmal anders zusammen: "Am Montag brauche ich sie wieder einsatzfähig hier."

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                            über Sicario

                            Räuberpistole, von Roger Deakins und Jóhann Jóhannsson weit über gebührt veredelt. Style over Substance also, aber zum satt sehen gibt es schlechteres. Es gilt trotzdem: Wir schauen nur, aber wir sehen nichts.

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                            • 6 .5
                              Dachsman 23.02.2016, 18:37 Geändert 23.02.2016, 18:43

                              1951, der goldene Herbst der Traumfabrik. Der kalte Krieg ist ein Grollen am Horizont, die Querdenker des New Hollywood stecken noch in den Kinderschuhen. Im Schatten der Studios voller vulgären Badenixen, artistischen Cowboys und einfältigen Feldherren stromert Eddie Mannix. Ausgeschlafen, pünktlich und gottesfürchtig - das Mädchen für alles, der Mann für alles Fälle, das Öl im Getriebe. Josh Brolin war lange nicht mehr so lebendig wie in dieser eigentlich völlig unterschriebenen Rolle.

                              Zwischen dem vermeintlichen Siegeszug des Kommunismus und dem tatsächlichen Siegeszug des Fernseh zerfasert der halbherzige Entführungsplot schnell. Anfangs scheint noch Mannix hadern mit Gott und der Filmwelt das zugrunde liegenden Thema zu sein, aber am Ende bleibt davon nur eine Schrifttafel: Godly experience yet to be filmed.

                              Ich war doch überrascht, wie viele Sympathien ich dieser amüsierten Nummernrevue bereit war entgegen zu bringen. Wahrscheinlich weil die Coens alles und jeden (McDormand und Lundgren habe ich erst im Abspann entdeckt) in dieses Konglomerat schmeißen, löst sich der Film am Ende in Wohlgefallen auf. Obwohl ich Brolins Blick auf seine Uhr am Ende sehr gut nachfühlen konnte, bin ich mit einem wohligen Gefühl aus dem Saal gegangen. Das große Epos ist dem fleißigen Bruderpaar zwar bei aller Liebe nicht gelungen, aber die öffentliche Geißelung finde ich trotzdem unangemessen.

                              Der bereitet schon Freude, wenn auch nicht durchgängig.

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                              • 6 .5

                                Anstrengend und unansehnlich, deswegen aber auch belohnend und sehenswert. Den Vorwurf der Ereignislosigkeit kann ich nicht nachvollziehen und mir, genauso wie die Kritik an der "unangemessenem Splatter", nur mit einem Publikum erklären, für das zwischen Dauerfeuer und Jarmusch-Elegie keine Grautöne mehr existieren. Gewalt ist bei Zahler grundsätzlich unschön und abstoßend, egal von welcher Seite sie ausgeht. Der Todesmarsch von Russell und seinen Begleitern mag mühsam und schleppend sein (wie eigentlich sonst?), aber trotzdem stößt der Suchtrupp regelmäßig auf Hindernisse. "Bone Tomahawk" ist angenehm unromantisch und selbst wenn ich tendenziell zustimmen würde, dass der Film ein paar Minuten zu lang geraten ist, kann ich nicht sagen, wo geschnitten werden könnte. Einzig ein bisschen mehr Politur hätte nicht geschadet. Klar, der Westen soll schmutzig sein, aber zwei Stunden lang staubige Männer im Staub kriechen zu sehen, lässt die Augenlider trotzdem schwer werden.

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                                  Dachsman 22.02.2016, 00:05 Geändert 22.02.2016, 00:31

                                  Die Science äußert sich im Aufsagen von Kilometernständen, Entfernungen und Inventurlisten, die Fiction ist trotzdem noch unspektakulärer. Die größte Sorgen vom Raumschiffbrüchigen Watney scheint tatsächlich der grausige Soundtrack zu sein. Alle anderen Probleme kittet Panzertape. Entsprechend entspannt spielt Damon den Marsianer. "Gravity" hat wegen seiner Pinball-Dramaturgie zurecht Kritik einstecken müssen, aber Bullocks Odyssee im Weltall wirkte wenigstens bedrohlich. Damon mit Pubertätsflaum tuckert gemütlich über den roten Planeten, während auf dem Mutterschiff Grinsebacke Michael Pena nie um einen flotten Spruch verlegen ist. Auf der Erde geben sich Ejiofor, Daniels, Wiig und Glover kaum Mühe aus ihren Stichwortgebern irgendetwas von Interesse hevorzuholen. Den besten Job in diesem Cameo-Ensemble macht noch Sean Bean, als fürsorglicher NASA-Papa. Einzig am Ende, wenn Scott für seine Rettungsmission die Weltmächte vereint, ist die Faszination für Raumfahrt spürbar. Aber Scott ist nun einmal kein Spielberg und dementsprechend pflichtschuldig wirkt die Masseneuphorie unter dem Motto "Bring Him Home". Wollte ich wirklich mögen, aber da ist nichts zu holen.

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                                  • Toller Text zu einem ganz phantastischen Film!

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                                      Dachsman 17.02.2016, 15:04 Geändert 19.02.2016, 14:56

                                      Ein Film, wie sein Regisseur: Nicht so doof, wie man erwartet, nicht so klug, wie er sich gibt, trotzdem (oder deswegen?) irgendwie sympathisch. Der Humor ist allerdings aus der und für die Poperze. Die Kaltschnäuzigkeit mit welcher der Film seine Figuren zerfleischt ist hingegen bemerkenswert. Ansonsten gibt es CGI-Ameisen und Orchester-Musik zum Durchfall [sic!]. Im Abspann zählt Roth seine Lieblings-Kannibalenfilm auf, dankt Till Schweiger und verspricht seinen Statisten bald wieder zum Essen vorbei zu kommen. Egal, wie man den Film jetzt findet, zumindestens die hatten erkennbar Spaß.

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                                        Dachsman 12.02.2016, 00:06 Geändert 12.02.2016, 00:08
                                        über Infini

                                        Unterhaltsamer Genre-Stoff, irgendwo zwischen "Solaris" und "Sunshine" mit den üblichen Anleihen bei "The Thing" und "Alien". Nichts besonderes, aber auch nicht besonders schlecht. Für Leute, denen die Wissenschaftler in "Prometheus" zu doof waren.

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                                          Dachsman 11.02.2016, 18:38 Geändert 11.02.2016, 19:11

                                          "Subversive, psychologische Nuancen" sowie "böse Ironie" und einen "kultigen Soundtrack" verspricht das Programmhaft von Fantasy Filmfest. Ich fänd es ja super, wenn die dortigen Kuratoren die Filme, die sie im Vorfeld offenbar zu sehen bekommen, auch der Allgemeinheit zeigen würden. "Bound To Vengeance" ist eine halbgare Mischung aus "Kill Bill" und "Blue Ruin". Der Plot ist zweckdienlich konstruiert, um die Protagonistin (jung, hübsch, blutbeschmiert) von einem vermeintlichen Schock zum nächsten zu lotsen. Der kultige Soundtrack gipfelt in einer spanisch Version von Nazareths "Love Hurts" und wer es als "böse Ironie" bezeichnet, dass eine Frau von einem Gartenzaun aufgespießt wird, der hält auch "Happy Tree Friends" für Dadaismus. Die erzählerische Unlust und das unkontrollierte Kameragewackel geben den Gnadenschuss.

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                                            Dachsman 08.02.2016, 11:05 Geändert 08.02.2016, 12:43

                                            Dan Mazer wäre wahrscheinlich gern John Waters, ist aber nunmal nur ein weiterer Witzbold mit Pullunder und Pimmel-Obsession.

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                                              Dachsman 07.02.2016, 13:05 Geändert 07.02.2016, 17:21

                                              Eigentlich ist „[Irgendwas]: Off Duty“ egal, aber in Ordnung. Ein überlanger, dafür recht bodenständiger Selbstjustiz-Reißer, mit harten Kerlen, ehrbaren Halunken und fiesen Anzugträgern. Wer „Taken“ bejubelt, kann das, zumindest nicht prinzipiell, schlecht finden.

                                              Aber es ist nun einmal ein Till Schweiger-Film. Ein Film mit, wahrscheinlich zu großen Teilen von und vielleicht über den Mann, der in Talkshows lautstark fordert (von der Vorratsdatenspeicherung bei Kinderschändern über die Abschaffung der Abseitsregel) und verächtlich grunzt, wenn er Widerworte hört. Bei kaum einem deutschen Star scheint die Wand zwischen Filmfigur und Person so dünn zu sein. Dementsprechend liegt die Stirn in Falten, wenn der nuschelnde Nick durch die Sündenpfuhle dieser Welt poltert und Gerechtigkeit bringt. Im Hintergrund steuert schließlich der schweigende Till die Schicksale dieser Welt.

                                              „Nie habe ich Glück“, schluchzt die rehäugige Prostituiert, kurz bevor ihr ein Vermögen vor die Füße fällt. Dass sich außer den Geldscheinen auch das Gehirn eines korrupten Geschäftsmanns auf dem Asphalt verteilt, kann sie vernachlässigen. Am Ende muss selbst eine Witzfigur wie der von Fahri Yardim gespielte Gümer seinen Mann stehen und bereit sein, den Kindermörder abzuknallen. Tschiller hat es schließlich befohlen.

                                              Ich weiß nicht, ob der Zeigefinger ausgerechnet bei diesem Film in die Höhe schnellen muss. Mit mir im Kino saßen Mittdreißiger, die ihren NDR-Krimi kommentierten, wie vor der heimischen Glotze („Schöne Aussicht.“, „Der stirbt bestimmt gleich.“, „Auweia!“), Teenager, die den Kinogang per Selfie dokumentierten, und grau melierte Herren, die die Szenerie von der Seite be- bzw. verurteilten. Vielleicht ist das für dieses Publikum ja tatsächlich nur harmloser Spaß. Man glaubt sowas ja erst, wenn man selbst mittendrin ist. „Diese Leute, die sind dumm und naiv und die haben keine Phantasie. Das sind intellektuelle Menschen, die denken, das passiert im Fernsehen, aber das passiert mir nicht. Aber wer sich einmal mit ein bisschen Phantasie in diese Lage hineinversetzt, der muss doch verzweifeln!“

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                                              • Trailer gesehen. Nach zehn Sekunden raunt ein Mann, dass "die Welt da draußen gefährlich" sei. Denn es gäbe "Gnome, Trolle und Zigneuer." Geordnet wahrscheinlich in aufsteigender Reihenfolge der Widerwärtigkeit. Ursympathische Serie.

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                                                    „The Big Short“ ist der Film, der „The Wolf Of Wall Street“ hätte sein sollen, aber zugleich auch der Film, der „The Wolf Of Wall Street“ geworden ist. Zwei Stunden holt Regisseur McKay für den Schwinger in die Magengrube aus. Während dessen brüllen dem Zuschauer mittelmäßiger Metal und ebenso egale Bling-Bling-Hip-Hop-Tracks um die Ohren.

                                                    Ein paar menschelnde Zwischentöne ringt er seinem Ensemble trotzdem ab. Die von Steve Carell beschworene „Apokalypse“ der Weltwirtschaft, wenn die Immobilienblase platzt wie eine Atombombe, verpufft am Ende trotzdem. Die Zeltstädte sind McKay lediglich eine Einstellung in einer der zahlreichen Montagesequenzen wert.

                                                    Der thematisch ähnlich gelagerte „Margin Call“ ließ seinen Blick zwar auch nie auf die Welt jenseits der Glasfassade schweifen, richtete ihn aber zumindest sehr genau auf die Charaktere, die den großen Crash auf ihren Monitoren unaufhaltsam kommen sahen. Die dokumentarische Nähe, die „The Big Short“ vorgaukelt, reibt sich hingegen arg mit dem süffisanten Theatergestus, wenn Ryan Gosling, in einem seiner besten Auftritte seit Jahren, dem Zuschauer mit erhobenem Mittelfinger die Finanzwelt erklärt.

                                                    Wie erheiternd oder erhellend diese Lach- und Sachgeschichten am Ende sind, sei dahin gestellt. Für meinen Geschmack ist „The Big Short“ zu gefällig und – was ich oft als Argument für den Film gehört habe, mich aber nicht anschließen möchte – zu sehr im Zeitgeist verankert, um nach zwei Stunden mit Brad Pitt als Hippie-Brocker und Margot Robbie im Schaumbad ein Bewusstsein für die Verbrechen, die in die Krise geführt haben, geschaffen zu haben. Es gibt viele Argumente gegen Michael Moore. Aber „Bowling For Columbine“ und „Fahrenheit 9/11“ waren Filme, über die jeder gesprochen hat und die Aufmerksamkeit für ihre Themen, über die Agenda ihres Regisseurs hinaus, geschaffen haben. Die Wall Street wartet weiterhin auf ihre Quittung. „The Big Short“ mag ein netter Film sein, aber wird daran selbst mit Goldjungen nichts ändern.

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