Dachsman - Kommentare

Alle Kommentare von Dachsman

  • 4 .5

    „Nobody Wants The Night“ habe ich nicht gesehen, aber wie ich gelesen habe symbolisiert dort ein aufbrechendes Iglu eine Geburt. In „Learning To Drive“ geht es auch nicht nur ums Auto fahren. Ben Kingsley gibt Patricia Clarkson viel mehr Fahrstunden fürs Leben und die impulsive 50erin lehrt den verbissenen (Film)Inder die Kunst zu Lieben.

    Das geschieht in ausgedehnten Spaziergängen an der Uferpromenade und Spritztouren bei strahlendem Sonnenschein. Die Presse nennt das häufig „nett“. Ab und an werden Darwans (Kingsley) Mitbewohner abgeschoben, er erzählt von Misshandlungen im Gefängnis und der Entfremdung von seiner Familie. Das ist weniger nett, kommt aber zum Glück nicht so häufig vor. Nur einmal wird dem Weisen bei strömendem Regen der Turban vom Kopf geschlagen. Am Ende passt seine arrangierte Ehe ganz von selbst in bürgerliche Vorgaben und Wendy (Clarkson) macht sich auf einen Roadtrip zum Töchterchen mit Liebeskummer.

    „Nett“ ist schon eine treffende Beschreibung. Oder auch „gut gemeint“.

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    • 7 .5

      Mitchell ist kein radikaler Neudenker des Genres. Ich bin irritiert, wie hartnäckig sich die Interpretation hält, der Film würde Promiskuität propagieren. Sex ist auch in „It Follows“ Flucht statt Segen. Kein Sex ist zwar auch keine Lösung, aber eben erst nachdem es die Protagonisten zu unvorsichtig getrieben haben. Das Ding aus einer fremden Welt töten die Teenager sogar bei einem pervertierten Sexualakt. „It Follows“ reduziert altbekannte Slasher- beziehungsweise Horrormechanismen eher auf ihren Kern, als dass er sie umkehrt oder gar mit ihnen bricht.

      Mitchell überwindet die verklemmte Ideologie des Genres, in dem er eine einfühlsame Coming-of-Age-Geschichte als Gegengewicht zum Suburbia-Alptraum erzählt. Jeder Figur muss sich aufkeimender Sexualität herumplagen. Selbst die vulgäre Yara zieht lüsterne Blicke von Draufgänger Greg auf sich. Die Grünschnäbel aus der Nachbarschafft begaffen die badende Jay, ohne Schamgefühl und wahrscheinlich ohne genau zu wissen was sie tun oder warum. Verstohlene Blicke, schüchternes Winken und immer wieder kleine Momente, in denen die Jugendlichen versuchen über das zu sprechen, wofür ihnen die Worte fehlen und vielleicht auch mal den Dämon.

      Er sehne sich zurück in eine Zeit kindlicher Geborgenheit, gesteht Hugh seiner Freundin Jay. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits Jäger und Gejagter gleichzeitig und die 17-Jährige sein unschuldiges Opfer. Die Eltern der Jugendlichen treten, wenn überhaupt, nur auf Bildern, am anderen Ende eines Telefons oder gar als Verkörperung des Schreckens auf.

      Mitchell ist vielleicht kein Pionier, aber ein Liebhaber. Die Souveränität und Stilsicherheit, mit welcher der junge Filmemacher mit Vorbilder jongliert ist beeindruckend: Trügerische Vorstadtidylle von Carpenter, unentrinnbare Klaustrophobie von Kubrick, mörderische Spannung von Hitchcock, das unaufhaltsame Ende von Romero. Auf Hui-Buh-Schrecken verzichtet er dankbarerweise vollständig. Stattdessen schafft er ein Bedrohungsszenario, welches nicht nur durch ständige Paranoia verstört, sondern bis zum Ende nichts von seinem Schrecken einbüßt.

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      • 5

        Aus meiner Vorstellung sind die Zuschauer scharenweise geflohen. Die wenigsten haben es ohne einen süffisanten oder vulgären Kommentar bis zur Tür geschafft. Auf der Facebook-Seite häufen sich empörte ("Bei sowas vergeht einem die Lust auf die Sneak!") oder hämische ("Selten so gelacht, mit Bier bestimmt super!") Kommentare.

        Mich ärgert das. Nicht, weil ich den Film herausragend oder nur sonderlich gelungen fand. Sondern weil ich den Eindruck bekomme, dass beim Publikum (bzw. bei diesem Publikum) der Wille fehlt, sich auf Ungewohntes einzulassen.

        "The Tale of Tales" ist schwerfällig, stellenweise diffus, sicher eine Ecke zu lang und überladen, gibt sich mit billigen Computer-Effekten neben pompösen Kostümen vor malerischer Kulisse auch allzu oft der Lächerlichkeit preis.

        Aber "The Tale of Tales" bietet, wenn der Zuschauer bereit ist, sich auf die mystische Welt von Basile einzulassen, eine fasziniernd entrückte Atmosphäre, viele wunderbare Einzelszenen und vor allem Sinn für Phantastik. Fantasy zeigte sich in den letzten Kino-Iterationen ja hauptsächlich als knalliges Franchise-Futter, deren Erfolg sich an Marketing- und Merchandise-Potential maß. "The Tale of Tales" steht, für mich, eher in der Tradition sovietischer Märchen-Filme aus den 60ern bis 80ern.

        Vor allem zaubert Cronenberg-Kameramann Suschitzky zum niederknien schöne Bilder. Alexandre Desplat's beste Arbeit seit Jahren tut ihr übriges "The Tale of Tales" zu veredeln. Besonders den viel kritisierten, nüchternen und distanzierten Blick auf das häufig tragisch-grausame Geschehen hat in für mich viel zu der Faszination des Filmes beigetragen.

        "The Tale of Tales" ist eigenwillig. Garrone inszeniert irgendwo zwischen Terrence Malick und Tarsem Singh. Das muss man nicht gut finden. Mittlerweile scheinen die Sehgewohnheiten des Publikums aber so auf geleckte und durchkalkulierte Blockbuster getrimmt zu sein, dass das Fehlen von Identifikationsfigur und lustigem Sidekick schon für den "schlechtesten film evaaaar" qualifizieren.

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        • Dachsman 24.08.2015, 17:54 Geändert 24.08.2015, 18:32

          Die Kommentare hier sind - wie leider zu erwarten war - größtenteils gruselig. Den Bullshit wegzuschaufeln wäre eine Herkules-Aufgabe und ich hab anderes zu tun. Nur eine Frage sei erlaubt:

          Warum kommen die ganzen engagierten Männerrechtler eigentlich immer nur hervor, wenn der Verweis auf Diskriminierung von Männern feministische Positionen relativiert?

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          • Kleiner Hinweis: In den Büchern wird nie erwähnt, welche Hautfarbe die Hauptfiguren haben. Das Fandome stellt Hermine sehr oft als Schwarze da.

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            • Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Auch eine Möglichkeit.

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              • Meh, wenn Stewart dabei ist, muss ja tatsächlich mal wieder einen Allen-Film gucken. Buh!

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                • 8

                  Erzählerischen Ballast wirft die Fortsetzung genauso sorglos aus dem Fenster, wie die Clique um Magic Mike (kann gut tanzen: Channing Tatum) ihre Mobiltelefone und ausgemusterten Uniformen. Anstatt vom Suchen und Finden der Liebe, von der Selbstverwirklichung in der Steuererklärung und den Versuchungen des schnellen Geldes zu erzählen, erfreut sich "Magic Mike XXL" an ausgefallenen (und streng jugendfreien) Striptease-Extravaganzen. Spätestens, wenn Manganiello zum Backstreet-Boys-Song sein Sixpack mit Tankstellen-Junkfood verziert, ist klar, wohin die Reise geht: Zu einem Finale voller Glitzer-Staub, Schokosoße und Liebesschaukel. Die überraschend sympathische Schönlingstruppe bekommt dabei schlagkräftige Unterstützung von einem gut aufgelegten Cast an Nebenfiguren, aus dem vor allem Jada Pinkett Smith herausragt.

                  Gregory Jacobs hat tatsächlich einen Blockbuster gedreht, der ausschließlich dem weiblichen Blick etwas zu bestaunen gibt. Die Frauen behalten nicht nur alle ihre Klamotten an (dürfen die das überhaupt, raunt es durch den Blätterwald!), sondern haben bei Leibe nicht alle Modelmaße. Auch wenn die XXL-Variante von "Magic Mike" insbesondere zu Beginn etwas zu lang geraten ist, diese Hingabe für männliche Körper ist eine mehr als willkommene Abwechslung zum restlichen Pin-Up-Hollywood. Mehr Stringtangas an unseren Superhelden!

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                  • 3 .5

                    Herrje, spätestens als Protagonistin "Who Can It Be Now" singend eingeführt wird, waren meine Erwartungen im Keller. Mary Elizabeth Winstead als Kurt Russell-Ersatz tat ihr übriges, nämlich ihr bestes, was aber, erwartbar, nicht genug ist. Diese 2014-Version von "The Thing" ist, trotz Prequel-Versprechen, nichts anderes als das Nachstellen der '82-Version. Auch wenn sich Regisseur van Heijningen Jr. reckt und streckt, an Carpenters Polarnacht-Alptraum kommt sein CGI-Zirkus zu keiner Zeit heran. Schwache Darsteller, schwache Figuren, keine eigenen Ideen. Was nicht vom "Thing" geklaut ist, kommt vom "Alien". Zumindest Kudos, dass statt übermäßigem Digital-Splatter versucht wurde Spannung aufzubauen (Betonung auf: versucht). Das Ende ist ok, aber bis zur Schwarzblende ist es ein weiter Weg.

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                    • 6 .5
                      Dachsman 31.07.2015, 11:44 Geändert 31.07.2015, 11:55

                      In Indie-Town alles beim Alten: Bildhübsche Suburbia-Teenies entdecken das "wahre" Leben zwischen Abschlussball und Medizin-Studium. Auf der Tonspur Bon Iver und Aracde Fire, oder zumindest Leute, die so klingen (wollen), in den Zimmern der feschen Jungs und Mädels Vinyl-Platten, die das Publikum nie hören und abgegriffene Bücher, die das Publikum nie lesen würde. Während sich das Licht der Sonne die Reihenhaus-Siedlung in goldenes Licht taucht, fährt die Hauptfigur in seine strahlende Zukunft und erzählt uns aus dem Off, dass er um ein paar Lebensweisheiten reicher ist.

                      Das Ende war selbst einer Kitschnudel wie mir zu schmalzig und "Margos Spuren" lässt bei seiner Reise vom High-School-Detektive-Geschichte zum Coming-of-Age-Road-Trip kein Klischee seines Genres aus, drückt aber die richtigen Knöpfe und macht um jedes schwierige Thema einen gewaltigen Bogen.

                      Das ist gefällig, anbiedernd, rührselig, aber auch anrührend und schön anzuschauen. Für Leute, die Young-Adult-Geschichten auch ohne Blut und Spiele mögen. Ich fand den schön.

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                      • 3

                        Fuck, man, I mean, bro. Man, fuck, I love you, fuck, you know, like, you're myn bro. Man, yeah, bro, fuck, yeah. Man.

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                        • 4

                          Arg konstruiertes Tel-Ko-Drama, mit Fahrstuhl-Soundtrack und "Zoom-Zoom"-Optik. Hardy bringt's anfangs noch über die Runden, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Idee vermutlich nur einen Kurzfilm getragen hätte.

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                          • 6 .5

                            Herzensgute Kitschbombe, in der Akustik-Gesäusel nicht nur Alkoholismus und Suizidgedanken heilen, sondern Mark Ruffalos Dan auch zu einem besseren Vater, Ehemann und Autofahrer macht. Stolpersteine legt Regisseur Carney seinen Figuren keine in den Weg und den größten Streit beendet eine stürmische Umarmung. Sicherlich naiv, aber auch locker-flockig anzusehen und in seinem unverblümten Bekenntnis zu Idealismus und Romantik erfrischend. Eine hinreißende Keira Knightley bringt den Film schließlich ins Trockene. Einziger Wehrmutstropfen: Stimmlich überzeugt weder sie, noch Maroon 5-Heulboje Adam Levine.

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                            • 2 .5

                              Frances Ha war eine Nervensäge, aber tolerierbar. "Gefühlt Mitte Zwanzig" ist unausstehlich. Die längsten 90 Minuten, die ich in den letzten Jahren im Kino durchstehen musste.

                              Die Figuren, die durch diesen Film schlurfen oder radeln, sind ausnahmslos Klischees oder Karikaturen, deren einziger Zweck es ist, Baumbachs Lebensweisheiten aufzusagen. Zu sagen hat "Gefühlt Mitte Zwanzig" allerdings nichts. "Sei Du selbst" ist das einzige, was der aufmerksame Zuschauer aus diesem hypernervösen Drehbuchgewirr ziehen kann. Da ist selbst eine durchschnittliche Folge "How I Met Your Mother" profunder.

                              Ich möchte nicht einmal behaupten, dass sich Baumbach von seinem Hauptdarsteller hat korrumpieren lassen. Der hat mit, man höre und staunen, "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" nicht nur einen unterhaltsameren, sondern auch tiefsinnigeren Film abgeliefert (und selbst "Walter Mitty" war schon nur der sprichwörtliche Suppenteller).

                              Bissig ist das dementsprechend, nämlich überhaupt nicht. Im Gegenteil, Baumbach kriecht seinem angepeilten Publikum (Fedora-Träger und Irgendwas-mit-Medien-Studierende) - mit Verlaub - so tief in den Arsch, dass es stinkt.

                              "Ha, ha, ha, der zockt auf dem IPhone und die spielen Brettspiele, genau wie bei uns, Schatz!" - Und weiter? Als Gegenwartsbeobachtung zu überzeichnet, als Komödie nicht überzeichnet genug und in seiner anbiedernden Selbstgefälligkeit einfach nur ärgerlich. Baumbach kommt auf die schwarze Liste.

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                              • 6

                                Fieser Schocker, in dem Ethan Hawke vom Slipknot-Drummer heimgesucht wird. Stresst über weite Strecken mit knackigen Schocks, hat ein paar effektive Einfälle (der Hund im Garten, die Filme sowieso) und erlaubt sich sogar ein richtig unschönes Ende. Darüber hinaus zerfasert und unambitioniert.

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                                • 7 .5

                                  Vögel im Kopf, Milliarden auf der Bank und AKs im Wandschrank. John Du Pont ist ein wahrer Patriot. Einer, der an den amerikanischen Traum glaubt, weil er ihn nicht selbst lebt. Der Möchtegern Citizen Kane ist mit dem silbernen Löffel im Mund geboren und hat seine Kindheit im goldenen Käfig verbracht. Mit der Antwort konfrontiert, dass er jemanden nicht kaufen könne, reagiert er dementsprechend mit einer Art menschlichem Blues-Screen: "Huh." Absturzbericht senden? Aber an wen?

                                  In Bennett Millers Schauspiel "Foxcatcher" herrscht ewiger November. Selbst die Goldmedaille um Mark Schultz Hals hat ihren Glanz verloren, wie der Rest des Films von trüben, matten Farben bestimmt ist. Brüderliche Zuneigung bedeutet blutige Nasen. Isolation, Eifersucht und Habgier brodeln unter der "Foxcatcher"-Ranch.

                                  Miller erzählt verdichtet aber weitgehend vorlagentreu die Geschichte von Zweckgemeinschaften und emotionaler Abhängigkeit dreier Männer. Dass der Verzicht auf einen bewältigbaren Spannungs- und Handlungsverlauf den meisten Zuschauer vor den Kopf stößt, war zu erwarten. Miller erzählt aber gerade deswegen viel mehr, als etliche Aufstieg-Fall-Aufstieg-Sportler-Film. Er beobachtet Figuren und Mileus mit falkenartigem Scharfsinn. Ruffalo (erwartbar), Carell (erfreulich) und Tatum (erstaunlich) schultern dieses Drama. Wobei zumindest bei letzterem der größte Verdienst ist, gegen das misslungene Make-Up anzuspielen.

                                  "Realistisch" sollte es sein, erklärt Bill Corso in einem Featurett. Keine Ahnung, mit was für Menschen der sich so umgibt, aber solche Zinken, wie sie Carell ins Gesicht gepappt haben, sieht man sonst nur in Filmen von Sylvain Chomet.

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                                  • 7 .5

                                    Die Lolas gab es - zurecht - für Kamera, Regie, Darsteller. Eine Lola gab es - zurecht - nicht für das Drehbuch. So eine Räuberpistole, an der drei Leute geschrieben haben, liefern sonst Filmstudies im vierten Semester ab. Klischeehaft, albern und überhastet erzählt. Insbesondere die Russenmafia in der Tiefgarage wirkt wie aus einem schlechten Tatort geborgt. "Victoria" erwartet dementsprechend vom Zuschauer einiges an Entgegenkommen.

                                    Davon ab aber wirklich so gut wie alle sagen. Schipper inszeniert weniger gefällig als Inarritu mit seinem "cultural genozid". Die zugrundeliegende Struktur ist zwar durchschaubar, aber (deswegen?) effektiv. Lange Momente, in denen die wunderbar ungekünstelte Laia Costa, und folglich die Kamera, an einem Ort verharren, bilden regelmäßig Verschnaufpausen zwischen den Passagen voller Bewegung. Zuerst gibt sich Victoria in einem Nachtclub der Musik hin, dann schlendert sie mit Sonne und seinen Kumpanen durch die nächtlichen Straßen. Später feiert die neu gegründete Clique euphorisch in dem selben Club, um wenig später panisch durch die Stadt zu flüchten. Durchatmenen und weiterlaufen. Quasi "Victoria rennt". Simpel, aber effizient. Erst, als die Kamera plötzlich stehen bleibt und nicht mehr folgt, sondern nur hinterherschaut, ist Schluss.

                                    "Victoria" sprüht vor Energie und Verve, reißt den Zuschauer deswegen mit und lässt die vielen kleinen Schwächen übersehen (wenn auch nicht vergessen). Das ist seine große Stärke, weswegen man sich dem Film kaum entziehen kann.

                                    Mit "Berlin" hat das, bis auf eine Szene zu Beginn, übrigens nicht zwingend zu tun. Der Film könnte so überall spielen. Wieso alle von "ultimativer Berlin-Film" sabbeln, erschließt sich mir nicht.

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                                    • 5 .5

                                      Konnte mich nicht beeindrucken. Sieht schön aus und Gyllenhaal darf eine Show-Off-Rolle spielen, die ihn erst in den Foren und später bei der Academy ins Oscar-Gespräch bringt, aber alles darüber hinaus ist doch sehr durchschaubar. Medien sind unethisch, der Kapitalismus geht über Leichen und sowieso alles scheiße. Es geht gar nichtmal darum, dass ich das alles irgendwo schonmal gesehen habe. Es geht darum, dass ich das Gefühl habe, man hätte das alles wesentlich effektiver und eindrücklicher in kürzerer Zeit erzählen können. So strömert der Film gemütlich von einem vermeintlichen Schock zum anderen. Statt dem fiesen Schlag in die Magenkuhle provoziert er am Ende höchstens ein teilnahsmloses "Meh".

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                                      • Bin diesmal nicht über die ersten zwei Minuten hinaus gekommen. Sorry. Schon der Provokationsversuch am Beginn läuft komplett ins Leere. "Jurassic Park" ist eben kein Film, der veraltet ist, sondern, im Gegenteil, genau zeigt, wie ein Blockbuster sein muss, um den Test der Zeit zu bestehen. Spezialeffekte mögen veralten, Inszenierungsstrategien und filmisches Handwerk ab nicht. Die Ausbruchsszene des T-Rex ist heute noch genauso mustergültig, wie der grundsätzliche Aufbau des Filmes, in dessen Dramaturgie Spielberg eben nicht purem Spektakel und Exzess verfällt. (Wie lautet die Faustregel? 15 Minuten Dinos im ganzen Film?)
                                        Die Szenen, denen man ihr Alter heute anmerkt, kann man an einer Hand abzählen (u.a. [zugegeben: ausgerechnet] der erste Anblick des Brontosaurus). Einem Schauspieler eine Raptorenpuppe entgegen zu werfen war auch in den 90ern nicht mehr state of the art, hat aber, s.o., durch die Inszenierung immer noch den nötigen Impact.

                                        Das Szenario ist Schund (Pulp)? Meinetwegen, aber Spielberg wäre nicht Spielberg, wenn er nicht dennoch seine Lieblingsthemen verarbeiten würde. Hier halt die Familie. Das findet Schmitt Jr. scheinbar auch scheiße. Weiß ich nicht. Bin an dem Punkt ausgestiegen.
                                        Ich rate mit meinen Gegenargumenten mal ins Blaue: Ja, es gibt auch andere Lebensentwürfe als die konventionelle Familie mit Vater, Mutter, zweieinhalb Kindern. Ja, die sollte auch Hollywood besser repräsentieren. Das macht aber Vater-Mutter-Kind nicht per se verwerflich.

                                        "Jurassic World" ist trotzdem für die Tonne.

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                                        • 5

                                          Nachdem ich in den 90ern das erste Mal "Jurassic Park" gesehen hatte, habe ich wochenlang ängstlich unter mein Bett gespäht, immer in der Erwartung einem Raptoren ins fies grinsende Antlitz zu blicken. Während ich vor einigen Tagen "Jurassic World" gesehen habe, wanderte der Blick ständig zur Uhr, während Chris Pratt sich auf der Leinwand mittels Kastagnetten mit ein paar Raptoren unterhielt.

                                          Zugegeben: Die große Katastrophe ist ausgeblieben. "Jurassic World" ist erträglich, in einigen, wenigen Momenten sogar anschaubar geworden. Man könnte den obigen Absatz auch mit dem Verlust meiner kindlichen Freude am Spektakel erklären. Denn, wenn ich den Zwölfjährigen eine Reihe hinter mit zitieren darf: "Der Film war richtig geil!"
                                          Ich fürchte aber, dass nicht ich mit den Jahren abgestumpft bin, sondern "Jurassic World". Das soll kein großes kulturpessimistisches Klagelied sein. Zuletzt saß ich bei "Marvel's The Avengers" staunend und freudig glucksend im Kino. Ich bin bereit, ja, ich sehne mich sogar nach Filmen, wie "Jurassic Park".

                                          Aber, egal wie oft (Antwort: sehr oft!) dieser neue Park die markantesten Akkorde von John Williams Maintheme ertönen lässt, wie häufig er Einstellungen und Figuren aus dem Vorbild zitiert, die großen Augen bleiben aus. In den ersten Minuten krabbeln hässliche CGI-Dinos aus CGI-Eiern und anschließend landet ein CGI-Piepmatz auf einem echten Mercedes. Als nächstes: Beats by Dre!

                                          Die Effekte sind tatsächlich so furchtbar, wie die Trailer vermuten ließen. Besonders krass fallen die Greenscreen-Aufnahmen ins Gewicht. In einer Szene darf Chris Pratt noch einer Dino-Puppe zärtlich die Hand auflegen, während der künstliche Koloss schnaufend sein Leben aushaucht, im nächsten Moment glotzt er teilnahmslos auf ein Tal voller Kadaver. Verübeln kann man es ihm nicht. Das sieht in dem Moment aus, wie eine Phototapete. Hätte mich nicht gewundert, wenn ein durch Gentechnik geclonter Leslie Nielsen sich dazu gestellt hätte.

                                          Die größere Überraschung wäre (bzw. ist) allerdings, dass Pratt hier tatsächlich eine gute Leistung abliefert. Nach seinem Weltraum-Döspaddel in "Guardians" macht er aus seiner arg bescheuerten Rolle als Dinoflüsterer eine ziemlich annehmbare Figur als Indy light. Warum ihm das Drehbuch zwei komplett nutzlose Kinder ans Bein bindet, bleibt wohl auf ewig das Geheimnis von Treverrow (Antwort: Aber bei Spielberg...!). Auf der anderen Seite verbuchen die Brüder trotzdem die wahrscheinlich stärkste Szene des ganzen Filmes auf sich. Bezeichnenderweise schleichen sie dabei durch die Ruinen des alten Parks. Statt Pratt hat man sich übrigens Sitcom-Heini und Party-Bullen Jake Johnson mit Pornobalken und Spielzeug-Dinos als Ersatznervensäge ins Boot geholt. Bleibt noch Bryce Dallas Howard mit der wohl schwersten Aufgabe des Films. Und tatsächlich, aus einer quasi komplett inakzeptablen Figur holt sie das beste raus.

                                          In sich zusammen fällt "Jurassic World" trotzdem mit dem Drehbuch. Hatte ich oben behauptet, die Kids wären nutzlos? Fragt mal Omar Sy. Der ziemlich beste Freund von Chris Pratt und seiner Echsengang legt sich nach der Hälfte des Films in einen Baumstamm und kommt zum Abspann wieder raus. Die Eselsmütze setzt sich aber D'Onofrios Bösewicht auf. Dessen Agenda ist so dermaßen schwachsinnig, dass sie dem Film selbst offenbar irgendwann peinlich ist. Dementsprechend schmucklos entledigt sich Treverrow auch diesem Plot. Da gibt es dann auch mal Blut. Davor hat er sich nur zu einer, dafür absolut unangemessen sadistischen Szene hinreißen lassen.

                                          "Jurassic World" schießt einfach vollkommen übers Ziel hinaus, während er viel zu schwach auf der Brust ist. Statt der einfachen "Überleben"-Formel des Originals soll irgendeine Bio-Botschaft vermittelt werden. Dabei kommt dieser neue Film aber nicht einmal an "The Lost World" heran. Irgendwas mit Militär, weil böse!, scheint der Pitch gewesen zu sein.

                                          Entsprechend desinteressiert bleibt man am Ende zurück. Nicht der Haufen Brontosaurier-Kacke, den wir erwartet haben, aber der Film müffelt schon ordentlich. Doof-Buster für die Marvel-Generation.

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                                          • 5 .5

                                            Ickarus lebt Berlin. In der Nase mehr Koks als Haare und im Kopf mehr Ideen als Ideale, schlafwandelt der Dauersonnenbrillenträger durch die Straßen und Clubs der Stadt. One pill makes you larger, one pill makes you small und die nächste Pille bringt den DJ und Produzenten zuerst nackig in ein Luxusrestaurant und anschließend ins Kuckucksnest, genauer ins MVZ Moabit.

                                            Ab diesem Moment ist es Essig mit Berlin. Viel mehr als zwei Wohnungen, zwei Büros und die beschaulich linoleumgefließten Flure der Entzugsklinik sieht Ickarus (Musiker und Soundtrack-Produzent) Paul Kalkbrenner kaum noch vom Kreativtiegel. Die tagvergessenen Straßenbahnfahrten sind noch die Momente, die den Puls und Stimmung von "Berlin Calling" am besten einfangen.

                                            "Berlin Calling", wie auch Ickarus Album im Film heißt, ist mal manisch-pulsierend, mal schwelgerisch-melancholisch. Hauptfigur Ickarus ist fast durchweg ein Arschloch. Die kurzen Momente mit seinem überforderten Vater und seinem liebevoll distanzierten Bruder gehen nahe, sein Verhalten insbesondere seiner Freundin gegenüber nur gegen den Strich. Obwohl er sie den ganzen Film über belügt, betrügt, teils sogar körperlich angeht, muss die trotzdem immer wieder die Kastanien aus dem Feuer holen. Schlimm: Rita Lengyels steifes Spiel. Schlimmer: Die Szene bei seiner Managerin. Am schlimmsten: "Ickarus ist ein Künstler, den können sie nicht so behandeln, wie andere Patienten!" Geht euch waschen, ihr Hippies!

                                            Am Ende sind Stefan/Ickarus und Mathilde wieder da, wo der Film angefangen hat. So viel zu erzählen gab es also nicht. Zumindest genug, um über die Laufzeit zu tragen. So viel von Berlin zu erleben allerdings auch nicht.

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                                            • Er hat schon vor Monaten ein ähnliches Video veröffentlicht, welches in Sachen Homo- und Xenophobie noch ein paar Schippen drauf legt. Ist aber auch egal, kein Schwein interessiert sich mehr für Uns Uwe. Jetzt muss halt Provo um jeden Zweck rausgehauen werden. Wirkt wie eine Mischung aus Ken Jebsen und Bushido.

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                                                Jetzt habe ich zumindest einen Eindruck, was bei Ryan Gosling im DVD-Regal steht. Ganz weit vorne David Lynch, direkt daneben aber auch viel Kelly Reichardt, Debra Granik und David Gordon Green, ein paar Terrence Malick Sachen und, klar, auch Ziehvater Refn.

                                                Wie Hipster-Darling Gosling das alles versucht in einen Film zu packen ist ambitioniert, so viel sei ihm zugestanden. Und dürfte auch eine ganze Menge seiner Fans ordentlich vor den Kopf stoßen. Die Klatsche in Cannes überrascht mich, nachdem ich den Film gesehen habe, nicht mehr wirklich. Mein Eindruck ist allerdings, dass sich dort bei vielen Zuschauern der angestaute „Only God Forgives“-Frust entladen hat. Ein bisschen, wie es bei Wally Pfisters Trojaner-Drama „Transcendence“ voriges Jahr erlebt hat. Um das gleich klar zu stellen: So schlecht wie Refn Neon-Posse ist „Lost River“ nicht.

                                                Im Gegenteil, rückblickend würde ich dem Film viel schöne Momente zugestehen. Insbesondere die märchenhafte Erzählung von Bones, der ins versunkene Königreich hinabsteigen und einen Drachen erschlagen muss, um Freundin Rat vor dem sadistischen Bully und dessen Handlanger Face (diese Namen!) zu retten, sorgt für einige denkwürdige Momente. Das liegt vor allem an Kamera-Trumpf Debie, der dem mythischen Grundton quasi-dokumentarische Bilder gegenüberstellt. Der Kontrast irritiert in gleichem Maße, wie er fasziniert.

                                                Was den Film immer wieder aus dem Tritt kommen lässt, ist die surreale Parallelhandlung um Mutter Billy. In einem Nachtclub, mit tatsächlichem Höllenschlund als Eingangspforte, präsentiert Gosling sowohl effekthascherische, als auch plakative Gewalt. Die hat dann auch einen nicht geringen Teil des ohnehin überschaubaren Publikums aus meiner Vorstellung vertrieben. Da grüßt dann Refn überdeutlich vom Bildschirmrand. Ben Mendelsohns hochgelobter Teufelsbänker wirkte in meinen Augen auch arg bemüht. Als sei die Regie-Anweisung „Irgendwie so wie bei Lynch“ gewesen, was in vielen Momenten eher wie eine missglückte Parodie wirkt.

                                                Alles in allem aber bei weitem nicht so schlecht, wie es das Medienecho erwarten ließ. Im Gegenteil, über weite Strecken ein, wenigstens im bioleckschen Sinne, interessanter Film. Mag den doch ganz gerne.

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                                                • Dachsman 04.06.2015, 10:38 Geändert 04.06.2015, 15:12

                                                  Ganz tolle Frau, ganz großartige Schauspielerin, ganz viele grauenhafte Filme. Ihre "Cleopatra" würde ich trotzdem gerne sehen.

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                                                    Simon Curtis macht da weiter, wo er mit "My Week With Marylin" angefangen hat: Als melodramatischer Flachmacher.

                                                    Das Pärchen neben mir im Kino hat sich am Ende ganz doll kuschelnd in den Armen gelegen. Wien ist um diese Jahreszeit aber auch so schön. Und wie diese resolute Alte und liebe Bubi sich die ganze Zeit haben nicht unterkriegen lassen und so tapfer waren und sich am Ende weinend in den Armen liegen, weil sie gewonnen haben. Endlich ist die Welt wieder in Ordnung, dieses komische Bild ist wieder zuhause und alle sind glücklich. Was stand da? Irgendwas mit 100.000 Bildern und Nazis und immer noch. Egal, Hauptsache die Leute lächeln so schön in die Kamera, wie bei "Titanic". Der war ja auch schon und das war auch schlimm, was der Hitler gemacht hat. Aber jetzt ist ja alles gut. Schöne Musik, so Geigen und so. Das regt schon zum Nachdenken an. Das ist eben Kunst, nicht wahr, da muss man auch drüber nachdenken. Wie böse dieser Mann im Anzug war, zum Beispiel. Schlimm. Aber die Oma hat ja ganz forsch geantwortet. Aber der Anwalt, das war auch ein netter. Der hat immer so geguckt, mit ganz großen Augen, und dann auf der Toilette geheult, weil dem klar wurde, dass das ganz schlimm war, mit den Juden. Aber jetzt haben die ja das Bild wieder und alle tanzen. Haste den einen erkannt? Das war doch dieser Schauspieler. Daniel Schweighöfer, glaube ich. Was dieser andere aber gesagt hat, das war schon unhöflich, von wegen "ist mal gut mit dem Holocaust". Wir würden das nicht machen, ich hatte ihr das Bild gegeben. Kommst Du, Schatzi. Wir sind doch gleich bei Beate und Dirk zum Suschi eingelanden.

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