Dachsman - Kommentare

Alle Kommentare von Dachsman

  • 6 .5

    Damit wir uns an Träume erinnern, müssen wir wach sein. Das Gehirn kann die nächtliche Mischung aus Eindrücken, Erinnerungsfetzen, Emotionen und Sehnsüchten nur dann archivieren. Aus diesem Grund sind uns Alpträume präsenter, weil diese uns aus unseren Tiefschlafphasen reißen. „Es vergeht keine Nacht, in der ich nicht von dieser Zeit träume“, erklärt Dani am Ende von „Als wir träumten“.

    Die freudigen Momente aus „dieser Zeit“, die Andreas Dresen in seiner Verfilmung von Clemens Meyer Roman zeigt, sind dementsprechend rar. Pitbull eilt seiner Nachbarin gegen den gewalttätigen Ehemann zu Hilfe und prügelt diesen bewusstlos. Eine nächtliche Spritztour im geklauten Auto führt auf die Wache. Pauls Schwärmerei für die thailändische Kioskbesitzerin endet mit gebrochenem Herzen und gepeinigter Leber. Dani selbst hetzen glatzköpfige Schläger durch die leeren Straßen von Leipzig.

    Träume sind in dieser Erzählung Vergangenheit. Die Wende-Euphorie kommt bei den Halbstarken nicht an. Knast, Kleinkriminalität, Klinik, und am Ende stoßen die Zurückgebliebenen mit demselben Gesöff in derselben Kneipe zwischen denselben teilnahmslosen Gesichtern an. In dem Moment müsste von irgendwo Campino grölen. „Wir stoßen an, mit jedem Glas, auf alle, die draufgegangen sind.“ Der melancholische Pathos, den der Titel beschwört, ist vielleicht der einzige Kitt, der diese fiebrigen Fragmente zusammenhalten kann. „Und wo soll’s jetzt hingehen?“ Damit entlässt der Film Dani und den Zuschauer, ohne auch nur den Ansatz einer Antwort zu bieten.

    Warum wir träumen ist nicht geklärt. Eine Theorie ist, dass wir im Traum verarbeiten, was wir im Wachzustand erlebt haben. Es ist allerdings beinahe unmöglich Träume zu reproduzieren oder anderen mitzuteilen. Denn sobald wir uns an Träume erinnern, versuchen wir diese rational zu fassen, zu erklären. Aus reiner Subjektivität wird Realismus. Bei Dresen zeigt sich dieser Abgleich in möglichst rauer Sprache, möglichst viel Kunstblut, möglichst viel Dreck. Mittels Kapitelüberschriften und Rückblenden versuchen er und Drehbuchautor Kohlhaas teilweise noch als Traumdeuter.

    Statt zu träumen versucht „als wir träumten“ zu erläutern. Dresen sucht den roten Faden, wo er spinnen könnte, was der Kopf hergibt. Bei diesem Anspruch wirkt die Romanze von der schönsten Frau der Stadt, die zum Liebesbeweis auf den Asphalt pisst und schließlich im Stripclub landet albern. Scheinen die Freunde wie Abziehbilder aus einem Kitsch-Film und gerät der Blick auf das Innenleben von Figuren zum Tunnelblick auf unbekanntes Milieu.

    „Als wir träumten“ ist aber auch eine Erinnerung. Der Blick auf die Jugend, diese Zeit, in der alles möglich war oder zumindest schien. Wenn wir uns erinnern, dann verklären wir. Auch deswegen wissen wir nicht, wovon wir wirklich träumten. Verklärung ist das Zauberwort, das Dresens Film in der Erinnerung verhaften lässt. Nicht als „Epos“, wie es hochtrabend im Booklet heißt, sondern als Versuch prägende Momente einzufangen und festzuhalten. Am Morgen danach schwirren nur vereinzelte Bilder aus dem Kopfkino durch die Gegend. Nach dem Aufwachen blinzeln wir uns trotzdem nur den Schlaf aus den Augen.

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    • 7

      Simpel, aber effektiv, zum Ende allerdings selbst mir zu viel Kitsch.

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      • 6 .5

        "Turbo Kid" macht Spaß. Das kann man nicht von jedem FFF-Hype sagen, soweit also die erste positive Überraschung. "Turbo Kid" hat einige sehr schöne Einfälle. Auch das keine FFF-Selbstverständlichkeit, demnach schon wieder eine positive Überraschung. Maskenmänner mit Kreissägepistolen, Cowboys und Weltraumabenteurer jagen sich auf bunten BMX-Rädern durch die atomare Ödnis; das Kunstblut spritzt in Fontänen; das Synthie sorgt für ununterbrochene Beschallung. Mit Michael Ironside und Edwin Wright gibt es ernstzunehmende Antagonisten und Laurence Leboeuf macht aus Apple - eine Rolle die sich sonst als Nervtöter empfehlen würde - ein liebenswertes Naivchen, so dass man mit ihr und Kid (blass: Munro Chambers) sogar mitfiebert.

        Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Beziehungsweise ist im Falle von „Turbo Kid“ eher das Fehlen von Schatten ein Problem. Der Film ist viel zu hell ausgeleuchtet. Statt düsterer Kinoapokalypse sieht der Film dadurch wie eine TV-Produktion aus. Der Charme eines Low-Budget-Films speist sich daraus, dass die Macher versuchen ihre Einschränkungen so gut es geht zu kaschieren, auch wenn es nicht gelingt. "Turbo Kid" entscheidet sich einmal zu oft, mangelnde Produktionswert augenzwinkernd ins Blickfeld zu rücken. Das ist doof. Das war schon immer doof und wird auch immer doof bleiben. Der vollkommene deplatzierte Splatter-Humor von den "Happy Tree Friends" dürfte ebenfalls nur bei jungfräulichen "Kung Fury"-Guckern für Schenkelklopfer sorgen.

        Schade, sah zwischenzeitlich wirklich gut. So leider nur ganz gut.

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        • Der Junge mit dem Fahrrad
          Mary & Max
          Gesprengte Ketten
          Billy Elliot
          Gilbert Garpe - Irgendwo in Iowa

          EInfach mal in den Raum geworfen. Begründungen gerne auf Nachfrage. :D

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            Ein Leben in ständiger Dunkelheit ist für uns unvorstellbar. Dieser Zustand müsse negative Auswirkungen auf die geistige Verfassung haben, heißt es zu Beginn des Filmes. Selbst eine Äbtin, die ihr Leben der Fürsorge tauber Kinder gewidmet hat, sieht die taubblinde Marie lediglich als Fall für das "Irrenhaus". Nur Schwester Marguerite hat eine Idee. Sie hat Marie als helles Licht in einem Käfig erkannt, schreibt sie. Mit Geduld, Hartnäckigkeit und Aufopferung macht sie sich daran, Marie aus eigener Kraft aus diesem Gefängnis scheinen zu lassen. Die Idee erscheint banal: Marguerite behandelt Marie wie einen Menschen. Dem Mädchen fehlen lediglich unsere Mittel, um sich die Welt und vice versa begreifbar zu machen. "Sie ist nicht allein in dieser Welt", stellt eine andere Schwester dementsprechend lapidar fest. Sobald Marguerite und Marie eine Möglichkeit gefunden haben, die körperliche Barriere zu überwinden, zeigt das Mädchen einen unstillbaren Wissensdurst. Sie möchte sprechen - wollte es vielleicht schon immer - aber wusste nicht wie. Die wichtigsten Schritte auf diesem Weg sind nicht einmal die Handzeichen, die Marie schließlich erlernt. Es sind der Wille von Marguerite sich in die Lebenswelt von Marie hineinzuversetzen sowie das Vertrauen in das Mädchen bei behutsamer Führung die Welt selbst zu entdecken.

            Das mögen Zyniker und Schreibtisch-Anthropologen kitschig finden. In meinen Augen ist "Die Sprache des Herzens" eine lebensnahe, wenngleich sicherlich konventionelle, Geschichte über den Umgang mit Behinderungen. Améris erzählt uns wenig darüber, wie Marie die Welt wahrnimmt. So arrogant sollte schließlich niemand sein. Er zeigt uns, wie wir mit Menschen umgehen sollen, deren Lebenswelt uns immer verschlossen sein wird. Es ist der Gedanke von Hilfe ohne Bevormundung. Ob es am Ende die Sprache des Herzens, Gott oder der freie Wille ist, der uns menschlich macht, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist, wie wir die Menschen um uns herum betrachten.

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              Mein größtes Problem mit SPECTRE, um das gleich klar zu benennen, ist, dass ich der Geschichte seinen emotionalen Unterbau nicht abkaufe. Wieso sich diese beiden Menschen überhaupt ineinander verlieben, geschweige denn so sehr, dass sie ihr Leben für den jeweils anderen riskieren oder gar aufgeben, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das ist leider Dreh- und Angelpunkt, um diese vier Filme umspannende Bond-Erzählung zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen.

              Zumindest der titelgebende Antagonist ist dieses Finales würdig. Denn unter der erlesenen Oberfläche aus schnittigen Anzüge (so sieht Stil aus, liebe KINGSMEN), bombastischer Musik (die Titelsequenz wertet den viel gescholtetenen Sam Smith Song auf) und edlen Kulissen (Liebling: Österreich uns seine Verbindung aus SKYFALL-Mythos und ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE-Homage) schafft es Mendes eine ständige, unterschwellige Drohkulisse aufrecht zu erhalten. Der Kraken hat seine Fangarme in jeden Winkel ausgestreckt. Dass der große Knall an dieser Front ausbleibt, finde ich wiederum gut. Für die Killer und Schattenmänner in dieser Unterwelt ist Töten und Zerstören immerhin alltäglich. Der nüchterne und distanzierte Ton der Inszenierung (nicht zu verwechseln mit glanzlos oder unspektakulär) gefällt mir unter diesem Aspekt. Aber die leidenschaftliche Liebe ist für Mendes kein Gegengewicht, sondern weiterhin Dienst nach Vorschrift.

              Da kann auch Ensemble nichts gegen machen, die entweder mittlerweile souverän mit ihren Rollen vertraut sind (Craig, Fiennes, Whishaw) oder aus dem Stand mit frischem Blut erfreuen (Waltz, Bautista, Seydoux). Hat mich alles in allem gut unterhalten, aber leider nie beeindruckt.

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              • 6

                Dieses Hotel sei fast wie eine Höhle, freut sich ein Tourist. Für ihn ist die Zeit im Haus von Aydin ein exotisches Abenteuer. Für den Hausherren, seine Schwester und seine Frau bietet die Abgeschiedenheit in den kargen Bergen von Anatolien jedoch kein Ort der zen-artigen Erholung und Ruhe, sondern bitterkalte Isolation. Zwischen schlammigen Wegen und knisterndem Feuer sonnt sich das Trio in der eigenen Überlegenheit. Statt in trauter Dreisamkeit zu leben, spucken sie sich Gift und Galle entgegen. Das ist sehenswert und überraschend kurzweilig, bisweilen empfand ich die passiv agressiven Schimpftiraden trotzdem redundant und am Ende doch ermüdend, vor allem, da Regisseur Ceylan offenbar jede denkbare Kombination seines überschaubaren Ensembles durchspielen wollte. Auf den großen Knall wartet man selbstreden vergebens. Solang die Leute reden, machen sie nichts Schlimmeres.

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                • Wenn Du's schaffst Schlegel zurückzuholen, mache ich eine 24-Stunden La Ola für Dich.

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                  • 3 .5

                    Die überschäumende Ablehnung gegenüber dem Film teile ich nicht. Die Schauspieler, die aus irgendeinem Grund offenbar Spaß an diesem albernen Kokolores hatten, machen die anderthalb Stunden geradeso erträglich. Trotzdem habe ich die ganze Zeit befürchtet, dass irgendwann Thomas Gottschalk und Mike Krüger ins Bild stolpern.

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                      Dachsman 30.10.2015, 11:21 Geändert 02.11.2015, 12:15

                      Dr. Dre und Ice Cube haben mitproduziert und entsprechend ist das Ergebnis. Statt Beats by Dr. Dre gibt's beat by Dre, statt "fuck tha police" ist "Today Was A Good Day" angesagt. Diese Erzählung von Aufstieg, Fall und Wiederauferstehung ist bereinigt, konventionell und stellenweise arg beschönigt. Charakterzeichnung geschieht in schwarz und weiß und sowieso alles Schlampen außer Mutti. Als oberflächlicher Abriss über N.W.A. aber leidlich unterhaltsam.

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                        Dachsman 30.10.2015, 10:24 Geändert 30.10.2015, 10:44

                        Bei aller Liebe, das war nichts. Zwei Stunden einschläfernde Langeweile, dazwischen ein bisschen Fummeln und ein Klaps auf'n Po, dafür aber viel künstliche Aufregung. Eine Erektion kriegen hiervon vermutlich nur Innenausstatter und Hobby-Piloten. Wie bei jeder Kamerafahrt kurz vor der Intimzone weggeschnitten wird hat schon etwas von einer Parodie. Jamie Dornan hat die erotische Ausstrahlung einer Backstein-Mauer, Dakota Johnson kann sich wenigstens auf die Unterlippe beißen und schüchtern auf den Boden gucken. Alles in alle herrscht aber Flaute zwischen den Laken. Ein Film, der erfolgreich in Marketing-Abteilungen entworfen und konzipiert wurde. Da war selbst ein falscher Freund wie "Feuchtgebiete" wesentlich provokanter und vor allem interessanter.

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                        • Jeremy "Die Schlampe" Renner arbeitet also weiter hart für den Titel "Sympathischster Mann in Hollywood". Mit Spannung erwarten die Fans jetzt, ob Robert "Der Promoter" Downey Jr. nachzieht!

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                            Jede Nation, die nicht Amerika ist, hat nichts besseres zu tun, als den lieben langen Tag darüber zu brüten, wie scheiße sie Amerika doch finden. Wenn "The Interview" tatsächlich ein Abbild des amerikanischen Selbstverständnisse sein soll, dann wäre Amerika das Pendant zu den Böhsen Onkelz. Stinkreich, feist, aber trotzdem immer noch "der Underdog" für die Bierzelte und Stadien voller Fans. Auf dem gleichen Niveau spielt sich die Franco/Rogen-Komödie ab. Schlimmer geht immer, und wenn man sich mit der Schenkelklopfer-Mentalität anfreunden kann, gibt es sogar was zu lachen. Länger als einen Song hält man die überdrehte Schniedel-Show aber nicht aus. Kurios: Den besten Auftritt des Filmes legt ein reichlich desinteressierter Eminem hin. Verstörend: So ein Mimik-Feuerwerk zündet Franco, wenn er mal nicht im Halbschlaf spielt.

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                              Dachsman 11.10.2015, 15:51 Geändert 11.10.2015, 16:14

                              Philippe Petit ist ein gekonnter Selbstdarsteller. Davor kapitulieren auch Regisseur Zemeckis und vor allem Hauptdarsteller Jospeh Gordon-Levitt. Vor allem am Ende muss dem Harlequin mehrfach bestätigt werden, dass er der geilste Typ unter der Sonne ist und die Twin Towers im Grunde allein aufgebaut und entjungfert hat. Der pittoreske Pariser-Postkarten-Kitsch der ersten Stunde zerrt außerdem gewaltig an den Nerven, genauso wie einige Nebenfiguren (Cheech & Chong!) direkt von der Kirmes.

                              Aber sobald der Coup beginnt, nimmt der Film Fahrt auf und erzeugt ein paar spannende Heist-Momente. Spätestens wenn es schließlich aufs Seil geht haben sich alle Strapazen gelohnt. Der 3D-Drahtseil-Akt ist atemberaubend. Hat mich genervt, gefreut und überrascht.

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                                über Everest

                                Mit seinem Ensemble ist Regisseur Kormákur merklich überfordert. Obwohl er sich viel Zeit nimmt, seine Figuren einzuführen, bleiben die Charaktere holzschnittartig wie in "Gravity". Insbesondere die weiblichen Figuren müssen sich aufs Weinen und Telefonieren beschränken. Einen wirklichen Sinn für die Faszination Bergsteigen entwickelt sein Film auch nur am Ende, wenn das Digital-Panorama hinter Sturmwolken verschwindet und das Rascheln von Eiskristallen in der Luft und Donnergrollen die Tonspur beherrschen. Wenn die Katastrophe hereinbricht gelingen "Everest" trotzdem einige eindrückliche Momente. Wie beiläufig er die wenigen Identifikationsfiguren ins Verderben gehen lässt, erinnert ein wenig an Katastrophen-Klassiker aus den 70ern und 80ern. Kein "Flammendes Inferno" oder "Poseidon" aber auch kein "San Andreas" oder "Day After Tomorrow".

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                                • Um mal die üblichen Kommentare vorweg zu nehmen:

                                  - Warum sagt die das erst jetzt? Mediengeile Schlampe!
                                  - Kriegen Frauen nicht schon genug Aufmerksamkeit? Diese Schlampen!
                                  - Die wollte das doch! Diese Schlampe!
                                  - Ich bin ja kein Sexist, aber die ist schon eine ziemliche Schlampe!

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                                  • 6 .5

                                    Die Idee ist reizvoller als die Umsetzung. Auch wenn der neue Pixar mit Phantasie und Ideenreichtum glänzt, die Geschichte trägt keine 90 Minuten. Fünf Wege gibt es für Joy und Sadness zu ihrem Ziel. Jeder dieser Wege bricht ihnen - Hupps! - immer nur knapp unter den Füßen weg. Am Ende steht die tränenreiche Versöhnung, bei der sich alle in den Armen liegen.

                                    Selbstverständlich ist das Anliegen vorpubertäres Gefühlschaos kindgerecht und farbenfroh zu visualisieren lobenswert. Sehenswert ist "Inside Out" auch unbedingt. Aber vor dem großen Drama und tiefergreifenden Konflikten schreckt er zurück. Erschwerend kommt hinzu, dass die Macher ihrem Weltentwurf selbst nicht ganz trauen. Die Emotionen handeln schlicht zu autonom. Ob jetzt die Außenwelt das Innenleben beeinflussen oder vice versa, dazwischen pendelt das Drehbuch unentschlossen herum.

                                    Am Ende bleibt die reizvolle Vorstellung "Inside Out" als Franchise-Start zu begreifen. Als Filmreihe (oder, hier lohnt es sich tatsächlich mal, Serie), die sich fortlaufend an immer existientiellere Themen wagt. "Es war einmal der Mensch" hat Heranwachsenden in den 70ern mit anthropomorphisierten Blutkörperchen Krebs erklärt. So etwas wäre aus dem Hause (Disney) Pixar wünschenswert. "Es ist auch ok mal traurig zu sein" ist zwar ebenfalls eine wichtige Botschaft, aber von einem Oscar-Gewinner darf man mehr erwarten.

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                                      Erfindet das Rad nicht neu, ist aber rührselig und heiter genug, um darüber hinwegzutrösten. Niedlich.

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                                        Dachsman 23.09.2015, 22:12 Geändert 24.09.2015, 12:29

                                        Kriegskitsch, der zu Schnulz-Streichern von Heldentod, Landser-Romantik und Mann-Werdung durch Mord und Vergewaltigung erzählt. Wird immer dann geradezu obszön, wenn er behauptet Kameradschaft und Opferwille nicht total geil zu finden. Lässt pflichtschuldig Brad Pitt zweimal verheult Luft in die Löcher starren, bevor er nach dem nächsten Kopfschuss lechzt. Für "motherfuckers", bei denen nur das Hirn noch kleiner als der Pimmel ist.

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                                          „It was not a very good filmscript, but it was full of interesting things and thoughts“, sagt Terry Gilliam selbst über das Drehbuch zu „The Zero Theorem“. Vielleicht ist das der Grund, weswegen Steven Spielberg oder Sam Mendes das Drehbuch von Script-Professor und Praxisneuling Pat Rushin abgelehnt hatten. Vielleicht waren es die bekannten Gilliam-Themen, die den Ex-Monty-Python schließlich, nach einem erneuten Don Quijote, auf die Schnelle zurück brachten. Geholfen hat eine Überarbeitung nicht viel. „The Zero Theorem“ ist kein guter Film geworden.

                                          Was aber viel mehr schmerzt, interessante Ideen sucht man ebenfalls vergeben.
                                          Als letzter Gläubiger wartet Qohen Leth (Christoph Waltz, erfreulicherweise mal wieder als Schauspieler am Set) in einer verfallenen Kapelle auf seinen Anruf. Unterdessen zertrümmert er Entitäten im Auftrag eines namenlosen Managements, welches anstelle des Sohn Gottes per Überwachungskamera vom Kreuz hinabblickt. Zu beweisen, dass alles Leben nichtig ist, ist sein nächster Auftrag. Zusätzlich muss er sich mit einem aufmüpfigen Ziehsohn und einem zwielichtigen Call-Girl heraumschlagen. Wem schon in „Dr. Parnassus“ ein roter Faden gefehlt hat oder die Dystopie von „Brazil“ zu reizüberflutend war, dürfte in der Welt von Qohen zerbröseln wie die mathematischen Formen, die er per Spielekonsole annulliert.

                                          Sandstrände, die aussehen als wäre die Dekoration eines billigen Solariums Vorlage gewesen; Social-Media-Watsche aus StudiVZ-Zeiten; Figuren irgendwo zwischen nervtötend und egal. Irgendwas möchte Terry Gilliam schon erzählen. Über soziale Isolation, über die Suche nach dem Sinn des Lebens und der unerträglichen Nichtigkeit des Seins. Das Problem: Das meiste hat er bereits wesentlich hintergründiger erzählt. Der Rest bewegt sich auf dem Niveau des deutschen Untertitels: Das Leben passiert jedem. Banale Coming-of-Age-Weisheit direkt aus Indie-Town. Zumindest der entsprechende Soundtrack bleibt dem Zuschauer erspart ("Creep" von Radiohead darf jetzt trotzdem langsam mal Schonzeit zugestanden bekommen). Noch depressiver hätte diese Zukunftsvision auch nicht ausfallen können.

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                                            Spaßiger No-Brainer für zwischendurch.

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                                            • Nachdem ich hier zwei Woche verzückter aber stiller Mitleser war: Vielen herzlichen Dank an alle Like-Spender und insbesondere Kommentatoren, die für die Herzen und großartigen Kommentare verantwortlich sind. Das Feedback ist mehr wert alles alle Preise zusammen (gut, nicht wirklich, aber ihr wisst, wie ich mein)!

                                              • Nach den Kommentaren unter dem Flüchtlingsartikel hatte ich mich entschieden, dass es meinem Blutdruck und meiner Tischkante gut tut, mal einen Tag Auszeit von MP zu nehmen. Darüber dann die wichtigste Nachricht des Tages verpasst. Hier trotzdem ein verspätetes Danke an Redaktion und Jury für den Treppchenplatz sowie einen herzlichen Glückwunsch an so manchen ebenbürtigen Text sei es in der Endauswahl oder nicht.

                                                Drei Anmerkungen bleiben:
                                                1. Liebe Redaktion, 36 cm? Ernsthaft? Wie ich da reinpassen soll, muss mir nochmal einer erklären.
                                                2. Hat Dietrich Brüggemann gelesen, was ich über seine Filme geschrieben habe? (Wenn ja, Kudos! Wenn nein...nicht so wichtig...)
                                                3. Gnihihi, 69!

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                                                  Romantik scheint ein großes Wort. Im Leben von Laura und Fred passt es zwischen '"delirium" und "Baluchistan". Jeden Donnerstag bummelt Ehefrau und Mutter Laura (Celia Johnson) durch die Stadt, leiht sich ein Buch aus, schaut einen Film und fährt abends ins heimische Domizil.

                                                  Plötzlich ist das Alex (Trevor Howard). Erst nur flüchtig, schließlich stetig. Sie lieben und belügen sich, sie zweifeln, verzweifeln und verlassen sich. Am Ende ist nicht klar, wie viel Schaden das kurze Glück angerichtet hat und anrichten wird. Der Sturz von Wolke 7 trifft Laura hart. Immerhin ist sie am Ende wieder fähig zu weinen.

                                                  Es sollte noch einige Jahre dauern, bis die Bilder von David Lean ebenso groß werden, wie die darin liegenden Gefühle. "Begegnung" pfercht die Sehnsucht, die Leidenschaft und das Verlangen seiner Hauptfiguren in enge Räume. Selbst ausladende Restaurants sind keine Orte, wo die (wenig körperliche) Affäre ausgelebt werden kann. Hinter jeder Ecke nährt sich ein Schatten, an jedem Tisch beginnt der Tratsch. Ist die Geschichte von Laura und Alec die große Liebe, oder nur eine aufmüpfige Liebelei? Eine konkrete Antwortet bietet Drehbuchautor und Co-Regisseur Noel Coward nicht. "You must remember this, a kiss is just a kiss."

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                                                  • Ich würde schätzen, dass deutsche (Kino-)Komödien, zumindest die erfolgreichen, "Tod den Hippies! Es lebe der Punk!" hat abseits von Tageszeitungs-Feuilletons schließlich auch kaum Beachtung gefunden, etwas sehr gewöhnliches bzw. gewohntes bieten. Die Farben zeigen ja schon, wo es hingeht: Ins TV. Bezeichnenderweise hat auch der große Kult von den Herbig-Produktionen im Fernsehen angefangen. Vielleicht ist das arge Küchenpsychologie, aber gefühlt bieten deutsche Kino-Komödien, ebenso wie ihre vergleichbar erfolgreichen Pendants aus Frankreich (Ziemlich beste Freunde, Monsieur Claude und seine Töchter) angenehme Antworten auf (für einen Großteil der Bevölkerung) schwierige Themen (Alzheimer, Problemschulen, Rassismus, Multikulti, Homosexualität).

                                                    "Ziemlich beste Freunde" erzählt immerhin, dass "die da unten" und "die da oben" im Grunde die selben Probleme haben und einfach mal zusammen Segelfliegen gehen müssten, um die Probleme der Banlieus zu lösen. "Fack Ju Göthe" geht, gefühlt, einen ähnlichen Weg. Die (Schüler) sind zwar anders, im Grunde aber genauso wie wir. Die wollen auch Haus, Hund und Vorgarten und müssen nur auf den richtigen Weg gebracht werden (notfalls mit der Farb-Pistole). Zeki fährt am Ende schließlich auch in den sicheren Hafen der Beziehung ein. Die "heterosexuellen Beziehungsklischees" werden dann volle Kanne bestätigt.

                                                    Deswegen fand ich die Shakespeare-Szene sogar noch, verhältnismäßig, am witzigsten, eben weil es dort nicht auf Gleichmachen hinaus lief.

                                                    Wobei ich nicht einmal weiß, ob die deutsche Komödie sich da elementar von der amerikanischen Apatow-Spießer-Fabrik unterscheidet. Vielleicht ist "Fack Ju Göthe" nur die Quittung für eine Generation, die mit dem Ohnsorg-Theater aufgewachsen ist und die große Rebellion der Generation Y die Flucht in die Arme von Chuck Lorre.

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