Drehmumdiebolzen - Kommentare

Alle Kommentare von Drehmumdiebolzen

  • 7 .5
    über Gravity

    "At 372 Miles above the Earth
    There is nothing to carry sound
    No Air Pressure
    No Oxygen
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    Life in space is impossible"
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    Jeder, der in Sachen Filmgeschmack hin und wieder auch mal über den Tellerrand des als "Mainstream" beschimpften Blockbuster-Kinos hinausblicken kann, wird sich wohl in den vergangenen Jahren hin und wieder eine Frage gestellt haben: Was treibt eigentlich Alfonso Cuarón?
    Alfonso...wer?
    Naa, Alfonso Cuarón.
    Der inspirierte Regie-Virtuose, der völlig unerwartet plötzlich auf dem heißbegehrten Regiestuhl von "Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" Platz nehmen durfte und damit nicht nur den besten Teil der Saga ablieferte, sondern als Erster der Vorlage tatsächlich Leben einhauchen und seinen eigenen Stempel aufdrücken konnte, der selbst noch Mike Newells und David Yates' Inszenierung der Nachfolger anhaften sollte.
    Obwohl man ihn auch für den vierten Teil ("Goblet of Fire") unter Vertrag nehmen wollte, lehnte der gebürtige Mexikaner ab und drehte nach seinem Beitrag "Parc Monceau" zur Episodenfilm-Collage "Paris, je t'aime" stattdessen die hochgejubelte Sci-Fi Dystopie "Children of Men", mit der er sich endgültig neben seinen Landsmannskollegen Guillermo del Toro und Alejandro González Iñárritu als Regie-Wunderkind einreihte. Zwar betreute er dann noch in den vergangenen Jahren deren Projekte "Pans Labyrinth" oder "Biutiful" als Produzent, doch bis auf eine Handvoll Kurzdokumentationen wurde es immer ruhiger um ihn selbst.

    Die Produktion seines Space-Survival Thrillers "Gravity", mit dem sich Alfonso Cuarón nun zurückmeldet, ist fast schon eine Geschichte für sich. Mehr als vier Jahre bastelte er an seiner ganz persönlichen "2000er Space Odyssey". Zusagen, Absagen, neue Castinggerüchte, ausgeschmückt mit Namen wie Angelina Jolie oder Scarlett Johansson geisterten durchs Internet. Nach einigen Eskapaden und Studiowechsel sprang schließlich auch noch der fest involvierte Robert Downey Jr. ab.
    Der schwierigste Aspekt des Ganzen war natürlich die Umsetzung von Cuaróns Vorstellung eines Films, der nahezu komplett in den endlosen Weiten der Schwerelosigkeit spielt. Er und sein Kameramann Emmanuel Lubezki tüftelten vollkommen neue Techniken aus, nach einer Weile holte man sich Potter Produzent David Heyman und "Prisoner of Azkaban" DP Michael Seresin an die Seite.

    Von der ersten Minute an ist "Gravity" ein Film der reinen Wahrnehmung.
    Augen, Ohren, Kopf. Das beansprucht Alfonso Cuarón, wenn er dem dröhnenden Verzerrungs-Score am Anfang völlige Stille und Mutter Erde, frei nach BBC und 3sat Space-Night, hinterhercuttet.
    Hypnotisierend ruhig ist Lubezkis Kamera, während die majestätischen 3D Bilder die silberbeschichtete Riesenleinwand komplett ausfüllen.
    Um seine beiden einzigen Protagonisten (Space-Greenhorn Dr. Ryan Stone und All-Veteran Matt Kowalski) einzuführen, zeigt der Film weder irgendwelche Kennenlern-Sequenzen auf der Erde, noch bedient er sich pathetischen Rückblenden, die oft nur allzu schnell sanft in Kitsch abgleiten (wie noch in Danny Boyles "127 Hours").
    Cuarón bleibt seiner Vision eisern treu und lässt auf die unfassbare Ruhe und die lockeren Sprüche des gut aufgelegten George Clooney buchstäblich die Hölle über Erden los. Eine Symphonie des unkontrollierbaren Chaos könnte man die sensationelle Plansequenz nennen, wenn die eine Kettenreaktion (frei nach dem Kessler-Syndrom) ausgelösenden Trümmerteile eines BSI Satelliten das Shuttle "Explorer" zersieben, der Funkkontakt mit Ed "Houston, Texas" Harris abbricht, Dr. Stone sich ausklinkt und hinausgeschleudert wird ins große Nichts. Mitten hinein in die Schwerelosigkeitsschwärze.

    All das sah man ja bereits hinreichend in den vielen Trailern, die aber trotz allem kaum etwas vorwegnahmen, was in der heutigen Zeit fast schon ein kleines Wunder ist.
    Wer sich spätestens jetzt noch nicht nach Atem ringend von den Füßen gerissen fühlt, der wird sich auch weiterhin erfolgreich der Anziehungskraft von "Gravity" entziehen können.
    Nur wer sich darauf einlässt und wortwörtlich gedanklich dahintreibt, der wird Zeuge eines einzigartigen Kinoerlebnisses.
    Der wird von Cuarón und dem fantastischen 3D Effekteteam in die Leinwand gesogen und in den luft- und geräuschlosen goldenen Käfig des Kosmos gesperrt, in dem die berühmte "Alien"-Parole erschreckende Realität wird: "Nobody can hear you scream in space."
    Die meditative Stille des Weltraums drückt und hämmert mit Steven Price' dräunendem Soundtrack gegen den Astronautenhelm, das azurblaue, ferne Panorama der Erde, der zum Sterben schöne Sonnenaufgang, die magischen Nordlichter: Fast denkt man, dass man in einem 4D Film sitzt und Sandra Bullocks panische Atemzüge einem nicht bloß von Dolby Atmos in die Ohren geraunt werden. Die Atmosphäre, die das Leinwandgeschehen in langen Wellen verströmt, ist dermaßen intensiv, dass man mehr als einmal Gänsehaut von der Kälte des Weltraums zu spüren meint.

    Vorangetrieben wird die streng genommen hauchdünne Handlung von den ebenso recht einfach gehaltenen Dialogen zwischen Bullock und Clooney. Der erscheint hier einmal mehr als der Halbgott in Weiß und bleibt selbst in den ausweglosesten Situationen der smarte Gentleman mit Power-Boost.
    Sandra Bullock gehört der Film. Sie ist das emotionale Zentrum und die Stütze für den Zuschauer.
    Ob sie mit ihrer Panik-Performance nach dem zweiten Oscar schreit (bzw. bellt?), mag dahingestellt sein. Vorstellen könnte man sich spielend auch andere Kandidatinnen wie z.B. die ursprünglich gecastete Natalie Portman oder Marion Cotillard. Dass Bullock aber trotzdem überzeugen kann, lässt sich nur schwer bestreiten, sofern man die 3D- und nicht die "Hater"-Brille über die Augen gezogen hat.
    Insbesondere, wenn sie sich später aus dem klobigen Spacesuit schälen und durch ein Meer aus Schwerelosigkeit schwimmen darf, macht sie (mit ihrer Figur) eine gute Figur.

    Die Story, die Cuarón mit seinem Sohn Jonás um Dr. Stone herumbaut, ist zugebenermaßen kein dramaturgisches Glanzstück. Fast schon genretypisch survivelt sich Sandra Bullock von Desaster zu Desaster hin zum vielleicht zu konventionell geratenen "Half-Hollywood" Ende.
    Dennoch reichert das Drehbuch den Film mit einem mal mehr, mal weniger überdeutlichen Symbolismus an, der der vermeintlich flachen Geschichte eine gewisse philosophische Note verleiht, der Cuarón "Wiedergeburt" als eigentliches Thema zugrunde legt. Bullocks Dr. Stone findet durch diesen nervenzerrenden Ausflug ins All zurück ins Leben, ins (kosmische) Gleichgewicht mit sich selbst und ihrer Umwelt.
    Das Kino selbst aber findet zu seinem Ursprung zurück. Zurück zur Illusion, zurück zur Magie.
    Umso mehr sind die zu bemitleiden, die den Röntgenblick hinter die Leinwand nicht mehr ausschalten können und wahrscheinlich nur 90 Minuten eine grün ausgekleidete Kapelle irgendwo in London betrachten.

    "Gravity" lässt sich schwer als Film einordnen, denn im Grunde zeigt er nicht mehr, nicht weniger als die berauschenden Erzeugnisse von Cuaróns rohem Unterbewusstsein, pures Kino zu veranstalten.
    Audiovisuell und technisch bahnbrechend (bei der Zerlegung der ISS!), inspirierend, atemberaubend packend, verpackt in ein minimalistisches Kammerspiel im anti-räumlichen Vakuum der schier grenzenlosen, bodenlosen Freiheit.

    Alfonso Cuarón sagte in einem Interview mit "Spiegel Online", dass er sich seine Filme nie wieder ansehe, wenn sie erst beim Publikum angekommen seien. Viele seiner Kollegen betrachteten ihre Werke als "Babys", die man immer wieder mal mit neuen Extras aufpäppelt (Stichwort: George Lucas). Für ihn hingegen seien sie mehr wie Exfrauen: Er liebe sie, sie hätten ihm viel gegeben, trotzdem könne er nicht mehr mit ihnen zusammen sein.

    Erstaunlicherweise empfand ich Ähnliches, als ich den Kinosaal verließ. Denn ob man "Gravity", für den die 3D Technik schlichtweg geschaffen wurde, jemals in dieser Form nochmal so wird erleben können, steht dann wohl wirklich in den Sternen.
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    Wen es interessiert:
    http://www.spiegel.de/kultur/kino/gravity-interview-mit-alfonso-cuaron-zum-film-mit-sandra-bullock-a-925384.html

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    • Geniale und herrlich sarkastische Antworten! Obwohl mich tatsächlich mal irgendwelche Volldeppen gefragt haben, in welcher Stadt das Kino "x.to" ist ;P

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      • Von Dean Parisot hört man aber gerade doch so einiges: Action Opis und Omis und jede Menge Krach und Explosionen :D
        siehe "R.E.D. 2" ;)
        Aber ein großartiger Kommentar zu einer klasse Parodie! Da bekommt man prompt mal wieder Lust drauf. Gratulation!

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        • 5 .5

          "Niemand nennt mich 'ne feige Sau! Niemand!"

          Was man Michael J. Fox' Marty McFly immer und immer wieder an die Birne knallt, das bringen hier die enttäuschten Kameraden nicht übers Herz und schicken stattdessen eine Schachtel mit vier Federn. Das Symbol für Feigheit.

          Mit dem historisch angehauchten Abenteuerfilm "Die vier Federn" setzte Heath Ledger seinen Weg vom Teenie-Sternchen zum ernsthaften Charakterdarsteller fort, nachdem er die Wende in seiner Karriere mit dem kurzen, aber wirkungsvollen Auftritt im Drama "Monster's Ball" herbeiführen konnte.
          Neben ihm und seinem Hauptcharakter Harry Feversham (woraus man leicht "Feather" und "Shame" ableiten kann) will noch ein Dritter seinen Wagemut beweisen: Der Inder Shekhar Kapur inszeniert hier nach seinem erfolgreichen Hollywood-Einstand mit dem Historiendrama "Elisabeth" mit Cate Blanchett in der Hauptrolle erst seinen zweiten großen Big Budget-Streifen.

          Sein Händchen für Geschichte kann Kapur hier eindrucksvoll demonstrieren. Die Kulissen und Kostüme sind recht aufwändig und es gelingt durchaus, die damalige Stimmung im britischen Empire sowie die Bande zwischen Ledger und der gut besetzten Kameradschaftsriege einzufangen.
          Schade nur, dass die meisten Nebenrollen recht klein ausfallen und so u.a. Größen wie Tim Pigott-Smith oder James Cosmo nur am Rande auftauchen. Den größten Anteil neben Ledger vergönnt man noch dem oft unterschätzten Wes Bentley ("American Beauty") sowie Charaktermime Michael Sheen, der als einer der Wenigen wohl tatsächlich Spaß zu haben scheint und manche Szenen ab und an durch seine trockenen Sprüche auflockern kann. Love-Interest Kate Hudson ist nicht unbedingt eine Fehlbesetzung, mehr als wehmütige Blicke zu verteilen verlangt ihre Rolle der mehr in Rom Com Gefilden beheimateten Kalifornierin aber auch nicht ab.
          Im Mittelpunkt steht aber eh der in den vergangenen Jahren zum James Dean verklärte Heath Ledger. Bereits hier lässt sich erahnen, dass in dem Australier mehr steckte als der dumm grinsende Teenie-Schwarm als "Ritter aus Leidenschaft". Später mit Zauselbart verunstaltet, kann er hier überzeugen, auch wenn er sich sichtlich abmüht, die drückende Last des Films allein tragen zu können. Etwas Unterstützung bekommt er von dem charismatischen Djimon Hounsou.

          Woran der Film aber am deutlichsten krankt, ist schlicht sein epischer Umfang. Die Kurzweil versprechenden knapp 132 Minuten gucken sich alles andere als locker eben wie satte drei Stunden. Hinzukommt, dass die Handlung lange nicht wirklich Fahrt aufnehmen und dadurch auch nicht so recht fesseln kann. Dabei ist die Inszenierung überwiegend tadellos. Der James-Horner Score jault auf Atmosphäre bedacht zu den fantastischen Bildern von "Django Unchained" DP Robert Richardson, die wenigen Actionszenen sind solide Kost fürs Auge, die Darsteller schlagen sich ebenso souverän. Und trotzdem ist die Story teils merkwürdig träge und fast ein wenig blutleer. Spannung will partout nicht aufkommen und so zieht sich alles teils belanglos dahin.
          Sehr schade, denn das das Potenzial wäre gegeben gewesen. Schließlich ist Kapurs Film die fünfte (und bis dato letzte) Adaption des Romans von A.E.W. Mason.

          Fazit: "Die vier Federn" ist ein leider nur mäßiger, aufgrund der guten Schauwerte aber doch leicht überdurchschnittlicher Abenteuerfilm ohne besonderen Anspruch. Die guten Darsteller können aber nicht über die großen Längenhürden hinwegtäuschen, die das Ganze zu einer reichlich zähen Angelegenheit machen können.


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          • Man muss ja schon ernsthaft fragen, warum man sich den ersten, mehr als unfertig aussehenden Trailer nicht hätte sparen können. Dann hätte auch keiner wegen Smaugs Design gemeckert und man hätte sich noch überraschen lassen können im Kino. Akustisch macht der viel mehr her als optisch, wie man ja an den Reaktionen hier sehen kann.

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            • Fantastische Arbeit! Lehrreich und eine wunderschöne Hommage. Für das Wallace und Gromit Main Theme am Anfang verdient das schon einen Like, allerdings frage ich mich dann doch, warum du die und Nick Park dann außen vor gelassen hast?
              Nichtsdestotrotz: Daumen HOCH! :)

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              • 8 .5

                "Es war nicht Amerika, an das wir geglaubt haben - es waren die Filme Frank Capras".
                (John Cassavetes)

                Ein zynischer Theaterkritiker, der in gewichtigen Wälzern flammende Parolen gegen die Ehe schwingt und sich mit seiner Zukünftigen sonnenbebrillt ins Standesamt stiehlt.
                Ein Taxifahrer, dessen Rechnung ins Astronomische steigt, während er auf das frischgebackene Paar wartet, das in den Flitterwochen einen Trip zu den Niagara-Fällen machen will.
                Ein geistig Verwirrter, der sich selbst für Theodore "Teddy" Roosevelt hält und die Nachbarschaft mit seinen nächtlichen Trompeten-Lauschangriffen ebenfalls buchstäblich in den Wahnsinn treibt.
                Ein zwielichtiges "Scarface", dass als verlorener Sohn in den Schoß der Familie zurückkehrt.
                Im Schlepptau einen angeblichen Schönheitschirugen, der nicht nur mit den Nerven so ziemlich beim Altglas steht, und einen "kalten" Italiener.
                Ein junger Polizist, der sich während seiner Dienstzeit mehr für das amateurhafte Schreiben und "Darüberdiskutieren" von Theaterstücken interessiert.
                Und schließlich zwei liebenswerte, zuvorkommende alte Jungfern, die munter einem mehr als eigentümlichen Hobby frönen und als chronische Gutmenschen darin ihre Erfüllung gefunden zu haben scheinen.
                All diese Gestalten lässt der Film im Dreh-und Angelpunkt des beschaulichen Hauses der beiden Damen aufeinandertreffen.
                In einem der reizendsten Viertel Brooklyns, sofern man von dem nahen Friedhof absehen kann, bei dem die Gräber bis ins Jahr 1654 zurückreichen.

                "From here in you're on your own."

                Auf diese Warnung hin bricht Frank Capra ein wahres Meisterstück des schaurig Makaberen vom Zaun, was man so schnell nicht wieder vergisst.

                Ob die gestörte Familie, in der den zwei wohl charmantesten Serienmörderinnen der Filmgeschichte nur noch von dem umnachteten Teddy oder dem verschollen geglaubten unheimlichen dritten Bruder (den in Anspielung auf den ursprünglichen Broadway-Erfolg im Originalton alle für Boris Karloff, in beiden deutschen Synchros für "Frankensteins Monster" halten) die Krone der Absurditäten aufgesetzt wird.
                Oder das permanente Overacting von Cary Grant, der hier das minütliche "Dumm aus der Wäsche gucken" salonfähig macht und einmal mehr sein komödiantisches Talent rauskehrt.

                Ausgestattet mit dem durch die Bank grandiosen Ensemble hechtet der Film mit perfektem Timing von einer urkomischen Verwicklung zur Nächsten und ist dabei keine Minute langweilig.
                Das Grauen, das sich innerhalb (oder besser unterhalb?) der trügerischen Heim-Idylle abspielt, wird zwar nie wirklich gezeigt und bleibt stets der Fantasie des Zuschauers überlassen, dennoch gibt es düstere Momente, wenn Karloff-Ersatzmann Raymond Massey und Peter Lorres köstlich dauernervöser "Dr. Einstein" ihre ganz besonderen (Melbourne-) Methoden auspacken.

                Sicherlich könnte man bemängeln, dass man dem Film seine fast 70 Jahre, die er fraglos auf dem Zelluloid-Buckel trägt, genauso deutlich ansehen kann wie die mehr als offensichtliche Bühnenherkunft.
                Ganze 16 Mal wurde Joseph Kesselrings Dauerbrenner ausschließlich im TV als Film oder Theater-Episode umgesetzt, zuletzt 2002 sogar in einer dänischen Variante.
                Und abgesehen von einer TV-Adaption von 1962, in der Boris Karloff schließlich doch noch den Jonathan Brewster auch auf dem Bildschirm geben durfte, konnte wohl nie wieder eine Version diesem Cary Grant-Klassiker das trübe Wässerchen reichen. Und das zu einer Zeit, als es für die Amerikaner bekanntlich nicht allzu viel zu lachen gab.

                Fazit: Die unangefochtene Mutter aller schwarzen Komödien und ein zeitlos göttlich unterhaltsames Meisterwerk.

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                • "Lincoln" eines der schönsten Kinoerlebnisse? Wow!

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                        über Stoker

                        Mit ihrer letzten gemeinsamen "Scott Free Films" Produktion ebnen die Gebrüder Ridley und Tony Scott zwei Newcomern hinter der Kamera gleichermaßen den Weg auf die internationalen Leinwände:
                        "Prison Break" Ex-Knacki Wentworth Miller (mir allerdings in erster Linie bekannt aus "Der menschliche Makel") versucht sich erstmals als Drehbuchautor, der für seine "Rache" Trilogie ("Sympathy for Mr. Vengeance", "Oldboy", "Lady Vengeance") hochgelobte Chan-wook Park gibt mit "Stoker" sein langerwartetes US-Debüt.

                        Und auch wenn die recht originell gestalteten Credits den Namen des Koreaners ominöserweise vorenthalten, so ist die Handschrift mitunter unverkennbar, inbesondere für jene, die sein Meisterwerk "Oldboy" gesehen haben.
                        Wie dort kann Park mit kunstvollen Montagen (vor allem Nahaufnahmen) begeistern. Perfekt eingefangen von seinem direkt aus Seoul mitimportierten Kameraästhet Chung-hoon Chung strahlen diese an Ölgemälde erinnernden Bilder eine unfassbare Ruhe, fast die bezaubernde Erhabenheit und Schönheit eines düsteren Terrence Malicks aus.
                        Einige Szenen gestaltet Park mittels rasanter Schnitte und perfiden Akustikdrehern zu kleinen Erlebnisreisen. Wenn die Tochter ihrer Mutter bloß das Haar bürstet und der gnadenlose Close-Up sich vor den Augen des Zuschauers elegant zu einem Gräsermeer wandelt oder lediglich ein Gürtel durch Schlaufen gezogen und das Geräusch exzessiv ausgekostet wird. Interessant ist auch das ständige Spiel mit Licht, wenn India bei jedem Ausflug runter in den Keller die Deckenlampe anstößt.

                        Chan-wook Park zeigt auch keine Scheu, dem unangefochtenen "Master of Suspense" in persona die Ehre zu erweisen. "Stoker" strotzt nur so vor Hitchcock-Zi-, aber nie plumpen -Imitaten, dass es geradezu diebische Freude bereiten kann.
                        Wo so etwas in anderen Möchtegern-Referenzfluten recht forciert wirken kann, passt es hier wie die Faust aufs Auge. Denn "Im Schatten des Zweifels" macht Wentworth Millers Skript genauso fleißig Anleihen bei Hitchs Klassikern.

                        Zwangsläufig übernimmt der Film aber dadurch auch eine recht gemächliche Erzählweise. Die mit traumwandlerisch in Szene gesetzte erste Hälfte kommt mit ihren wenigen Dialogen, die aber zweitrangig sind, zunächst nicht so richtig in Fahrt. Dafür entschädigt zwar größtenteils die sagenhafte Bildsprache, die aber dann und wann die recht simple Story fast an den Rand drängt. Das Pacing zieht später zwar etwas mehr an, Millers Drehbuch ist aber zu einfach gestrickt und vorhersehbar, als dass es mit der optischen Brillanz je Schritt halten könnte, deren morbider Sog hingegen augenblicklich für sich vereinnahmt.

                        Dass "Stoker" trotzdem funktioniert, ist hauptsächlich den Darstellern zuzuschreiben, von denen ausgerechnet die routinierte Nicole Kidman erstaunlich wenig Screentime eingeräumt bekommt und insgesamt recht unterfordert wirkt.
                        Den Löwenanteil überlässt sie zum einen Matthew Goode, der Joseph Cottens "Uncle Charlie" Reinkarnation mit vordergründiger, aber eiskalter Süffisanz gibt, zum anderen aber der Hauptattraktion: Mia Wasikowska. Ihre scheinbar empathielose und dabei umso ausdrucksstärkere Performance ist es, die den Film trägt.
                        Hangelte sie sich 2010 noch durch Tim Burtons "Alice in Wonderland" solide von Szene zu Szene und von einer kauzigen Kreatur zur Nächsten, gibt die Australierin hier mehr als deutlich zu verstehen, dass sie hier mit ihrem "Ringu Sadako" Look sowohl Alice als auch dem Wonderland längst entwachsen ist.
                        So erreicht "Stoker" durch seinen (mal wieder unvermeidlichen deutschen Zusatztitel) sogar eine weitere Dimension.
                        Denn hier endet sie in der Tat, die Unschuld.

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                        • Sollte die Frage wenn schon denn schon nicht eher lauten, wer James Deans Rolle bekommen soll? Oder hat Josh Hutcherson bereits unterschrieben...?!!

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                              Von vielen geliebt, von noch mehr gehasst.

                              Auf nur wenige andere trifft dieser Spruch so zu wie auf Marcel Reich-Ranicki.
                              Fernsehgeschichte schrieb er nicht nur mit Sendungen wie dem "literarischen Quartett", sondern vor allem du seinen Auftritt bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises, bei der er 2008 die versammelte Baggage von ARD, ZDF und RTL vor den Kopf stieß und ihr die Auszeichnung für das Lebenswerk verbal grollend vor die Füße warf.

                              http://www.youtube.com/watch?v=65PJTfL2Cfs

                              Gefeierter wie gefürchteter Kritikerpapst, ein Scharfrichter des deutschen Feuilletons.
                              Oder wie ich ihn nenne: Das literarische Gegenstück zum amerikanischen Filmkritiker und Pulitzer-Preisträger Roger Ebert von der „Chicago Sun Times“, der ebenfalls Anfang April diesen Jahres verstorben ist.
                              Während Hollywood sich bereits zu dessen Lebzeiten bemühte, Robert Eberts Leben zu verfilmen, erlebte Reich-Ranicki 2009 die Premiere dieses von der ARD, Arte und dem Hessischen Rundfunk koproduzierten TV-Films noch mit.

                              Den hochgehypten Matthias Schweighöfer sieht man hier nach seinen regelmäßigen Ausflügen ins „Schweiger Family Cinematic Universe“ und Misserfolgen wie dem internationalen Totalflop „Der Rote Baron“ endlich wieder einmal in einer ernstzunehmenden Drama-Rolle.
                              Vor Stangenware à la „Friendship!“, „Keinohrhasen“ und ganz besonders seinem schwachen Regieversuch „What A Man“ konnte er schon 2005 im durchaus sehenswerten ARD Film „Schiller“ zeigen, dass doch mehr in ihm steckt als eine Mainstream-Comedy-Eintagsfliege.

                              Nach dem Historiendrama um den Dichter Friedrich Schiller wagt er sich hier also erneut auf anspruchsvolleres Terrain.
                              Mit der gleichnamigen Autobiographie im Rücken schildert Regisseur Dror Zahavi (der vorher u.a. das Sat.1 Tiefflieger-Event „Die Luftbrücke“ drehte) also den Werdegang des berühmt-berüchtigten Kritikers und Autorenschrecks, wobei er erzählerisch ein Verhör im Jahr 1949 um die verschiedenen Flashbacks konstruiert.

                              1929 wird der kleine Marcel wegen ungleich besserer Ausbildungschancen zum Onkel der polnischen Familie nach Berlin geschickt und zunächst für sein schlechtes, gebrochenenes Deutsch in der Klasse gehänselt. Obwohl sein Vater ihm stattdessen viel lieber Hebräisch beibringen will, entwickelt er sich, angespornt durch seine Mutter, zum Musterschüler und ist fortan regelrecht vernarrt in die Literatur, aber auch das Theater.
                              In den Jahren nach der Machtergreifung sieht er sich als polnischer Jude mit stetig wachsenden, gesellschaftlichen Hürden konfrontiert, die von der Verweigerung der Teilnahme am Sportunterricht zur Ablehnung eines Studiums an der Berliner Humboldt Universität reichen und schließlich 1938 in der Zwangsausweisung im Rahmen der „Polenaktion“ gipfeln, bei der er lediglich mit einem Buch und einem Koffer auf eigene Kosten in die Heimat abgeschoben wird.

                              In Warschau kommt die Familie gerade so über die Runden, als die Deutsche Armee ein Jahr später Polen überfällt. Nach einigen hinzunehmenden Repressalien landen sie im Warschauer Ghetto.
                              Der Film fokussiert sich in seinem Mittelteil zumeist auf diesen Zeitraum, wobei Zahavi Reich-Ranickis Blitzhochzeit während der Massenerschießungen und Deportationen mit Theophila „Tosia“ Langnas mit einem Hauch von Humor umsetzen kann und besonders die Momente, in denen das Ehepaar Reich den Hunderten auf dem Weg zur Deportation zusehen muss, angenehm dezent inszeniert. Bei der recht authentischen Ausstattung erlaubt man sich ebenfalls keine Patzer.
                              Hin und wieder gerinnt der Film dadurch aber auch etwas zu einem einmal zu oft gesehenen Nazi-TV Drama. Dass das Drehbuch diesem Lebensabschnitt am meisten Zeit einräumt hat den Nachteil, dass das Übrige an Handlung um diesen Mittelteil herum manchmal etwas zu kurz kommt und hastig erzählt wirkt.
                              U.a. die "rein zufällige" Flucht aus dem Warschauer Ghetto, die Befreiung durch die Rote Armee, den späteren Ausschluss aus der Kommunistischen Partei und seine erstes Engagement als Lektor, sein verbissener Kampf für das Ansehen der deutschen Literatur: das alles wird teilweise sehr knapp abgehandelt.
                              Auch ist es schade, dass man Reich-Ranickis bis heute umstrittene Spionagetätigkeit für den russischen Geheimdienst in London komplett ausklammert.

                              Schauspielerisch liefert Matthias Schweighöfer eine grundsolide Leistung ab und ist obendrein vom Optischen her dem jungen Reich-Ranicki wie aus dem Gesicht geschnitten. Andere Darsteller wie Katharina Schüttler als seine (2011 verstorbene) Lebensgefährtin oder Joachim Król überzeugen durchaus, bekommen aber wenig Freiraum, da das Skript sich ganz auf Reich-Ranicki konzentriert.

                              Der Film endet mit dem Beginn seiner Anstellung bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in der er, nachdem er 1958 gegen den Willen seiner Frau in die Bundesrepublik zurückkehrt ist, nur wenige Wochen später seine erste Literaturkritik publiziert.

                              Insgesamt ist es durchaus gelungen, das bewegte Leben des wohl einflussreichsten Literaturverfechters und -kritikers, ins 90 Minuten Format komprimiert, in einen leicht überdurchschnittlichen ARD-Vorabendfilm zu übertragen.

                              Marcel Reich-Ranicki soll bei der Premiere das Endergebnis hellauf begeistert und sichtlich gerührt als „Fabelhaft!“ bezeichnet haben.
                              Ein größeres Kompliment hätte der ewig harsche Skeptiker wohl kaum aussprechen können.

                              (In einem Interview mit der Zeit vom 2. Juni 2010 nannte Reich-Ranicki den Film hingegen „eine große Enttäuschung“. Der Film habe „zu wenig Unterhaltung“ geboten und ihn „nicht
                              berührt“.)

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                              • "Hmm, seltsam: Normalerweise fließt das Blut nur durch die erste Etage."

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                                  über Shining

                                  "NO TV AND NO BEER MAKE HOMER GO CRAZY!"

                                  Diese Worte findet Marge in einer der berühmten "Treehouse of Horror" Episoden der Simpsons an sämtliche Wände geschmiert statt auf etliche Seiten Schreibmaschinenpapier gehämmert.
                                  Meine quasi erste Begegnung mit Stanley Kubricks "Shining". Und mit Stanley Kubrick überhaupt...

                                  Kubrick...Ich bin vermutlich einer der wenigen hier bei Moviepilot und überhaupt, die die bis heute andauernden Korova-Milchbar Liebeserklärungen so gar nicht nachvollziehen können. "A Clockwork Orange" ist kein schlechter Film, aber die Faszination um diese Groteske bleibt mir wohl genauso ein ewiges Rätsel.
                                  Und so unglaublich das klingen mag: Sein Opus Magnum "2001: A Space Odyssey" habe ich bis dato noch nicht gesehen.
                                  Der einzige Kubrick, den ich vor Jahren zu Gesicht bekam, war "Eyes Wide Shut", der sich vermutlich prächtig in seine Filmographie einfügt.
                                  Ganz anders als "The Shining", der nach heutigen wie damaligen Maßstäben als recht kubrick-untypisch eingestuft wird und für den sich der Kultregisseur nicht nur massive Kritik vonseiten Stephen Kings, sondern obendrein noch eine Razzie-Award (Goldene Himbeere) Nominierung einfing.
                                  Vielleicht mag der Film ja für die angestammte King/Kubrick Fangemeinde ja nicht vorlagentreu bzw. abstrakt genug gewesen sein.
                                  Ich kann beides nicht wirklich beurteilen. Ich kenne weder den Roman, noch kann ich mir tatsächlich ein Urteil zu Stanley Kubrick erlauben.

                                  "Shining" ist wohl einer der atmosphärischsten Filme, die ich jemals erlebt habe.
                                  Was sich mit den Hubschrauber-Bildern eines fahrenden Autos im Hochland von Colorado buchstäblich anbahnt, ist vom ersten Moment an zu spüren. Durch den absolut grauenerregenden Soundtrack von Wendy Carlos und Rachel Elkind (im positiven Sinne) entsteht großes Unbehagen, dass sich in regelrechte Unruhe wandelt, wenn man erst einmal in dem Upperclass-Domizil namens "Overlook Hotel" angekommen ist. Amüsant an der deutschen Synchro ist übrigens, dass der Hotelmanager Ullman von Joachim Kerzel gesprochen wird, Jack Nicholsons Stammsprecher. Fast hat man den Eindruck, dass Nicholson genau diesem gegenüber sitzt. Mit sich selbst spricht, sozusagen.

                                  Nicholson. Jack as Jack, könnte man sagen.Torrance as Nicholson, oder umgekehrt. Er brilliert zwar nahezu immer, aber sein eh schon markantes, teuflisches Grinsen ist absoluter Trumpf in dieser Paraderolle.
                                  Interessant, dass er bis etwa zur Hälfte aber gar nicht mal so im Vordergrund steht, sondern eher sein Sohn Danny Lloyd (as Danny Torrance). Mit seinen Visionen, die durch das "Shining" ausgelöst werden, erlaubt sich Kubrick einige makabere Scherze: Die weitläufigen Korridore bluten aus, tote Spielkameraden tauchen wie aus dem Nichts auf, überreife Omas steigen aus Badewannen. Ganz zu schweigen von "Fingerpuppenspieler" Tony.

                                  Eine der packendsten Szenen war für mich allerdings das Gespräch von Mann zu Mann/Vater zu Sohn.
                                  Der Dialog alleine könnte einem auf dem Papier fast schon platt und banal erscheinen. Aber was Kubrick daraus bastelt, mit allem, was der inszenatorische Werkzeugkasten so hergibt: Der Score-Einsatz, die Lichtsetzung, die Kamera, die während des Gesprächs auf beiden Gesichtern verweilt. So dicht beinander, aber nicht von Angesicht zu Angesicht. Perfektioniert durch Lloyds Zurückhaltung, durch Nicholsons Gesichtskirmes, durch Kubricks ruhige Hand.
                                  Kontrastierend zum immer chaotischeren Innenleben der Figuren ist der Film fast schon dezent inszeniert. Selbst in Spannungs-Extremsituationen bleibt die Kamera schon verstörend gemächlich. Ebenfalls auffällig ist durchgehend die Farbgebung. In fast jeder Szene tritt irgendetwas Rotes in "Ershinung".
                                  Berühmt ist dieser Film auch für seine zahlreichen Close-Ups weit aufgerissener Augen. Jedem Zuschauer dürfte dabei der entsetzte Ausdruck in Scatman Crothers' , als er "geshint" wird, noch lange nachhängen.
                                  Kleiner Schwachpunkt der großartigen Besetzung ist Shelley Duvall. Entweder bewusst besonders unattraktiv mit ihrem Pferdegebiss aufgemacht (oder mit Absicht so gecastet...?) fällt sie darstellerisch schon ein klein wenig ab, kann sich selbst mit dem Kinderdarsteller Lloyd nicht so recht messen. Eine Fehlbesetzung ist sie dann aber auch nicht und überzeugt im Großen und Ganzen.

                                  Wenn Axe-Nicholson sein kultiges "Heeere's Johnny!" rauslässt (127 Mal wiederholte Szene) und ins Schnee-Labyrinth humpelt, ist der pure Wahnsinn, der nackte Horror greifbar. Nicholson grimassiert bis zum Äußersten. Höllisch. Furchteinflößend. Animalisch. Unberechenbar. So, wie man es ansonsten selten beim ihm derart gesehen hat.
                                  Devil smile hin, devil smile her.

                                  Das Endbild: Mein Dank gilt MP User dareiDi, der mich (indirekt) dazu verleitete, die Blu ray spontan zu ordern und der hoffentlich (wie sein Avatar) immer klaren, kühlen Kopf bewahrt.

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                                      Folgender Kommentar bezieht sich auf den 208 Minuten langen Director's Cut
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                                      Schon seltsam, dass so mancher großer Schauspieler erst sterben muss, damit man von Neuem auf ihn aufmerksam wird.

                                      Anlässlich des Todes von Otto Sander versuchte ich krampfhaft, Wim Wenders' "Der Himmel über Berlin" aufzutreiben. Und da die TV-Retrospektive über den hochgeschätzten Berliner Schauspieler auch auf sich warten ließ/lässt, blieb es am Ende bei einer unfähigen Azubi-Fachkraft im Saturn, die mir erst alle mögliche B-Movie Ware mit "Himmel" im Titel und die schauderhafte Nicolas Cage Remake-Schmonzette "City of Angels" anschleppte, um mich dann mit einem "Wir können es auch bestellen, dauert aber und wird nicht billig" vertröstete.
                                      Ach ja, und der Günther Grass-Verfilmung "Die Blechtrommel", in der Otto Sander aber nur eine ziemlich geringfügige Nebenrolle innehatte.
                                      Bei diesem Film hier war das zwar nicht sehr viel anders, aber immerhin sehenswerter und erträglicher ohne Klein-Oskarchen-Audio-Penetration aus dem Off.

                                      Für jemanden, der mit "Bochum, ich komm' aus dir!" aufgewachsen ist, kann es fast schon eine kleine Schande sein, Wolfgang Petersens "Das Boot" nicht gesehen zu haben, versuchte sich Herbert Grönemeyer hier doch erstmals nach einer Handvoll TV-Rollen als ernsthafter Schauspieler im Kino.
                                      Umgeben ist er dabei von einem deutschen Staraufgebot sondersgleichen. Von Jürgen Prochnow in seiner vermutlich besten Rolle, über "Promi Big Brother" Containerbewohner Martin Semmelrogge hin zu Klaus Wennemann, Heinz Hoenig, Uwe Ochsenknecht, Claude-Oliver Rudolph, Ralf Richter und den heute mehr im Sychronbereich aktiven Oliver Stritzel und Lutz Schnell.
                                      Und natürlich Otto Sander, der gleich zu Beginn seine volltrunkene Vorstellung gibt, durch die er international bekannt wurde.
                                      Diese Besatzung (außer Sander, der einmal später noch kurz Prochnow und Co. zum Abschied winken darf) verfrachtet Petersen in sein U-96 und lässt diese auch recht schnell von Saint-Nazaire aus in (Tief-)See stechen.

                                      Was der Film unglaublich gut einfängt, ist diese uralte Kriegsweisheit des unendlichen Wartens. Die Tage verstreichen, die Bärte sprießen, bis die Männer teilweise kaum noch zu unterscheiden sind (abgesehen von Jungspund Grönemeyer). Ebenfalls interessant sind die verschiedenen gruppendynamischen Aspekte und die diversen Beweggründe der einzelnen Figuren, bei denen einige etwas in der Masse untergehen.
                                      Petersen schafft es außerdem, eine beklemmende, klaustrophobische Atmosphäre in den Untiefen des Bootes bzw. des Meeres zu kreieren, die dann auch über einige "Und wir warten, und wir warten" Längen hinwegtröstet. Richtiggehend langweilig ist der Film aber niemals, da auch in den ruhigen Momenten, die man der Mannschaft zugesteht, noch genug passiert.

                                      Bei Grönemeyers quasi Hauptcharakter hätte man sich allerdings in Hinsicht auf die Motivation und seine Haltung zum NS Regime etwas mehr Tiefe gewünscht. Die hingegen kommt bei Jürgen Prochnow teils wunderbar subtil durch. Z.B. beim kurzen Gang ans Nazi-Weihnachtsbuffet, wo man bei seiner gesetzten Art denkt, dass er dem blasierten Vorgesetzten, der ihn mit Nichtigkeiten zuquatscht, jeden Moment heimleuchtet.
                                      Sein Capt.-Lt. Henrich Lehmann-Willenbrock ist ein zynischer Skeptiker, der trotzdem in Extremsituationen klaren Kopf behält. Eine sehr starke, intensive Leistung und "Herbie" deutlich überlegen.
                                      Für mich ist "Das Boot" eher ein Kammer-, Pardon, Bootsspiel als ein herkömmlicher Antikriegsfilm.
                                      Die Actionmomente rütteln einen trotzdem immer wieder ordentlich, wenn auch ein bisschen episodenhaft durch (bzw. manchmal wach) und in der letzten Hälfte ist Spannung pur garantiert.
                                      Petersen sind aber ein paar Schönheitsfehler unterlaufen bei den Aufnahmen in angeblich über 200 Metern Tiefe. Normalerweise wäre das Bild nahezu schwarz, denn hierhin reicht selbst die Sonne nicht mehr.
                                      Eine besondere Erwähnung verdient sich am Ende die berühmte Musik von Klaus Doldinger, der kurz darauf auch Petersens Phantasien in "Die unendliche Geschichte" ungemein bereichern sollte. Eine gewisse Ähnlichkeit der beiden Hauptthemen, die größtenteils synthie-basiert sind, ist wohl auch kein Zufall.

                                      Bei den Figuren war ich öfters in einem kleinen Konflikt, denn streng genommen hält man hier ja doch irgendwie den Nazis die Daumen. Umso mehr hat mich dann das Ende überrascht, bei dem Petersen, die Engländer und das Schicksal absolut keine Gnade kennen.

                                      Fazit: Zweifellos ist "Das Boot" einer der besten deutschen Filme überhaupt. Auch wenn er meiner Meinung nach nicht zum 100 Mal Anschauen geeignet ist, so sollte man dieses manchmal etwas langatmige Tiefseefahrtsepos des Zweiten Weltkrieges auf jeden Fall gesehen haben.
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                                      Und jetzt höre ich wohl erstmal ausgiebig Doldinger und stelle mein Zimmer auf den Kopf nach Grönemeyers "Mensch".

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                                        Akte Lecter
                                        Eintrag 3: "Das Schweigen der Lämmer" (1991)
                                        Regie: Jonathan Demme

                                        Lange habe hin und her überlegt, was man zu diesem Klassiker, der den Psychothriller einst salonfähig machte, ihn aus der kruden Ecke der Jason Voorheeses, Michael Myerses und Freddy Kruegers holte und ohne den ein paar Jahre später Meisterstücke wie David Finchers "Se7en" im Mainstream völlig undenkbar gewesen wären, noch schreiben könnte.

                                        Ja, eigentlich ist hierzu alles gesagt, und ich will an dieser Stelle euch hochgeschätzte Moviepiloten weder zum Sub-Kommentar "Quid Pro Quo" auffordern, noch meine Faszination für Dr. Hannibal Lecter in unendlich verherrlichender Bigotterie ertränken.

                                        CHIANTI, LEBER UND FAVABOHNEN MIT FADEM SPOILER-NACHGESCHMACK

                                        Ja, natürlich ist das Psychoduell zwischen Lecter und der FBI-Schulbankabgängerin Clarice Starling, mit dem sich Jodie Foster und Anthony Hopkins für immer über die Netzhaut in unser Gedächtnis gebrannt haben, unbeschreitbar das schwarze Herzstück dieses Meisterwerks.

                                        Doch vergessen manche zu erwähnen, dass alles andere, von Nebenbesetzung, über Kamera, Drehbuch, Schnitt, Musik (Der Herr der "epischen" Ohrwürmer: Howard Shore), Regie einfach pure Perfektion darstellt.

                                        Das Drehbuch. Der Anfang, wo man eigentlich bloß Jodie Foster beim Joggen auf einem Übungsparcours zusieht. Fast ein bisschen wie die 15 minütige, vollkommen dialoglose Einleitung von Paul Thomas Andersons "There Will Be Blood". In beiden Filmen sagen diese ersten Minuten so viel über das Innenleben der Figuren aus, bevor überhaupt nur ein Wort gesprochen wird. Der Ehrgeiz, die Zielstrebigkeit und Sturheit von Fosters Starling wird einem direkt bewusst, wenn man ihr verschwitztes Gesicht vor Augen hat.

                                        Der Schnitt. Wohl einer der genialsten überhaupt, wenn die Behörden, angeführt von Scott Glenns Taktiker Jack Crawford, bei Jame Gumb klingeln, was parallel mit Starlings Schellen an einer Hausnummer gecuttet wird. Lange wird der Zuschauer an der Nase herumgeführt, was Sache ist, bis es zu spät ist. Obwohl dieser Ablauf im ursprünglichen Skript gewohnt chronologisch geplant war, erreicht diese Sequenz, so zusammengebastelt von Craig McKay, eine geradezu teuflische Raffinesse.

                                        Die Kamera. Jeder kennt sie. Die berühmte Szene, wo sich Agent Starling gegen Ende Stück für Stück durch Jame Gumbs Keller in seine Welt, seinen Kopf, seinen kranken Verstand vorarbeitet. Wenn Gumb, nur wenige Schritte hinter ihr, sein Nachtsichtgerät einschaltet und mit ihr im Dunkeln Katz und Maus spielt. Kameramann Tak Fujimoto filmt diese Szene aus der Sicht von Jame Gumb (Ted Levine), während die angsterfüllte Jodie Foster in völliger Finsternis herumtappt und fast die Hände des Wahnsinnigen, ja seinen Atem im Nacken spüren kann. Doch sie sieht ihn nicht, ist ihm da unten scheinbar hilflos ausgeliefert. In seiner Welt, nach seinen Regeln.

                                        Die Regie: Wie Jonathan Demme Starling hilflos in einem Raum mit ausschließlich männlichen Polizisten ausharren lässt, die sie abschätzend begaffen.
                                        und
                                        Lecters geniale und obendrein atemlos spannende Flucht aus seinem Käfig in Memphis, Tennessee.
                                        "Ready when you are, Sergeant Pembry."

                                        Last, but not least: Die Darsteller. Hier lasse ich besser die Bilder zuletzt ganz für sich sprechen.
                                        http://filmireland.net/wp-content/uploads/2012/08/936full-the-silence-of-the-lambs-screenshot.jpeg

                                        http://images1.wikia.nocookie.net/__cb20120401223836/filmguide/images/b/b6/Silence.jpg

                                        Für mich ist und bleibt "Das Schweigen der Lämmer" der beste Vertreter in seinem Genre. Ein zeitloser Klassiker, der einen selbst nach dem x-ten Hochsicherheitstraktmarsch vor die Plexiglasscheibe immer und immer wieder noch in seinen magischen Bann ziehen kann.

                                        [last lines]
                                        Hannibal Lecter: [on telephone] I do wish we could chat longer, but... I'm having an old friend for dinner. Bye.
                                        Clarice Starling: Dr. Lecter?... Dr. Lecter?... Dr. Lecter?... Dr. Lecter?...

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                                          Da brummt die geschickt angetriebene, weltweite Promotion-Maschinerie, spuckt prominente Namen und GIFs ehemaliger Minnie Mäuse in knappen Bikinis und James Franco aus, dazu Tonnen an bis zur Besinnungslosigkeit abfeiernden Spring Breakers in einer banal quietschbunten Präsentierteller-Optik, ganz wie sie der durchschnittliche VIVA-Zuschauer schätzen und lieben gelernt hat. Und selbstverständlich jede Menge nackte Haut, Sex, Drogen, Alkohol und „holy shit!“ in bester "Project X" Partystimmung.

                                          Und dann so ein Reinfall.
                                          Denn nicht die, sondern DER Harmony erhält Einzug. Und das Mastermind hinter dem Kult von „Kids“, „Gummo“ oder „Ken Park“ macht es der zwischen den Hochglanzblockbustern doch so mühsam angepeilten Zielgruppe unmöglich, seinen Film zu mögen. Sehr viel eher allzu leicht ihn zu hassen.

                                          Und so marschieren die Zuschauerinnen und Zuschauer deprimiert aus dem Kinosaal; verärgert, für so etwas die hart verdiente Kohle verschwendet zu haben. Die Mädels, die vorher extra die alten „High School Musical“ DVDs rausgekramt haben und denen selbst nach dem „Wizards of Waverly Place“ Marathon noch die Musik fest verankert im Gehörgang steckt. Die Jungs, die, nachdem sie das alles über sich ergehen lassen mussten, die Nacht vorher noch das halbe Internet nach berüchtigten Nacktfotos durchforstet haben.

                                          „Was sollte dieser Müll?“ „Und für sowas hab' ich mein Geld ausgegeben?“ „Warum haben Vanessa und Selena da bloß mitgemacht? Ich glaub', ich hör' ab jetzt nur noch Miley.“ „Warum haben die nicht wenigstens 'nen kompletten Porno draus gemacht? Sogar den hätte man sich besser reinziehen können!“ „Irgendwie hatte ich mir das lustiger vorgestellt. Und mit mehr Titten auch."

                                          MAYBE SOME SPOILERS AHEAD, BITCHES!

                                          Dabei löst „Spring Breakers“ in seiner ersten Filmhälfte jedes Versprechen ein, was trailertechnisch gegeben wurde.
                                          In betont „poppiger“ Videoclip-Ästhetik dancen die enthemmten Ami-Studis vor der Sonnenklar tv. Strandkulisse und lassen in Endlosschleife zu Skrillex' hin und her pulsierenden „Scary Monsters and Nice Sprites“ feucht-frivol Titten und Ärsche wackeln.
                                          Dann wechselt die Szenerie zu den heißgeliebten Disney-Stars (der Girlie-Clique um Brit, Cotty, Candy und Faith), die das tun wollen, was wir alle tun wollen: Was erleben, der College Bank und dem immer gleichen Alltag entkommen. Spaß haben, zum Spring Break fahren. Und nach einem kleinen Überfall aufs örtliche Diner ("Pretend like it's a video game") geht der Wunschtraum mit dem benötigten Kleingeld tatsächlich in Erfüllung. Die Girls haben Fun wie noch nie, treffen Leute, die so nett, so cool, so freundlich wie sie sind. Haben eine tolle Zeit beim „Line reinziehen“, Wettsaufen, Kiffen, beim sich selbst suchen, sich selbst finden, oder aber sich selbst verlieren. Bis sie natürlich erwischt werden und, immer noch im Dauerbadedress, einfahren. Aber nur kurz.

                                          Und hier macht „Spring Breakers“ einen radikalen "Gun-Clicking" Cut. Die Leinwand, vorher ein Spiegel der Sehnsüchte für die Teenies, bleibt zwar ein Spiegel, richtet sich jetzt aber gegen sie selbst und zeigt ihnen Dinge, die sie ums Verrecken so gar nicht sehen und auch zu gern zu schnell wieder vergessen wollen.
                                          Alles ändert sich mit dem Auftauchen von James Franco. Als „echter Gangsta“ namens "Alien" wirkt er hier tatsächlich wie von einem anderen Stern, direkt von seinem eigenen „fucking Death Star“ in den Film gebeamt, sein monetarisiertes Permagrinsen inklusive.
                                          Er ist es, der die vier Mädels erst freikauft und dann in sein Universum saugt.
                                          Eins, wo „Grand Theft Auto“ nicht bloß ein Videogame, sondern schon längst Lebensstil und Ideologie ist. Wo „Scarface“ am laufenden Band internalisiert wird. Wo Selena Gomez dann ihre(n)„Faith“ an die ganze Sache verliert und völlig aufgelöst brav Richtung Heimat abrauscht (hat sie schließlich noch den Vertrag bei ihrer Sendung mit der Maus laufen). Wo Harmony Korine endgültig mit sämtlichen Konventionen bricht und sich völlig dem blinden Exzess und damit ja auch dem eigentlichen Thema hingibt. Einmal entfesselt, kann dann nur noch Britney Spears' vertonter Abschiedsbrief die "Pussy Riots" zu zahmen Kätzchen werden lassen, während der Film das todkitschige „Everytime“ mit exzellenten Bildern purer Gewalt absurd kombiniert.
                                          Überhaupt entfaltet sich eine fast schon hypnotisierend betörende Wirkung durch die herausragende Kameraführung, die die Zuschauer durch einen wilden, hyperaktiven, grellen (Neon-)Farbensprudel spült und dann wohlig in den seelischen Abgründen völlig ungeniert baden gehen lässt.

                                          „Spring Breakers“ ist ein intensiver, ein bizarrer Trip, gegen den Todd Philips' ach so provokant ausgeflippte "Hangover" wie prüde Vatertagsrituale dastehen.
                                          Anstatt aber nur plump seine altkluge Moralkeule Richtung Publikum zu schleudern (auch wenn die deutschen FSK Sittenwächter dem Film eine verlogene "Sie wurden gefasst und vor ein Gericht gestellt" Texttafel antackerten, um im Kino die Freigabe ab 16 durchzuboxen), verwirrt, schockiert, bezirzt, fasziniert, pervertiert, kontroversiert, brilliert, inspiriert Harmony Korine mit diesem elektrisierenden Werk zwischen Indie-Teenie-Trash und gescheitertem Arthouse-Underground.
                                          Demontiert geradezu niederschmetternd gnadenlos die pure, sich ewig wiederholende Monotonie unserer oberflächlichen, im Überfluss verwässerten Nimmersatt-Konsumgesellschaft ("Look at my shit, y'all!"), die hohle Verlogenheit hinter dem American Way of Life, die schiere Ohnmacht hinter der Sinn-und Orientierungslosigkeit im selbstzerstörerischen Selbstfindungsrausch der Jugend.
                                          So hinterhältig grotesk und klammheimlich satirisch, dass die breite "Bravo"-Mehrheit davon erst recht überhaupt nichts (bewusst) mitbekommt.
                                          All das präsentiert wie ein einziger überlanger, geloopgeloopter Werbespot und in Dimension eines erdrückenden, pechschwarzen Nichts von Film.

                                          Am Ende steht sie dann: Die große, die alles verschlingende Leere. In der Zukunft der Bikini-Bitches, in den Köpfen der Zuschauer, im Kino.

                                          So schnell wird sie wohl nicht wieder verschwinden.

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                                          • Hamburg - Er war einer der markantesten Darsteller des Landes. Am Donnerstag ist der Schauspieler Otto Sander im Alter von 72 Jahren in Berlin gestorben. Das teilte die Künstleragentur Meistersinger im Namen seiner Familie mit. Der 1941 in Hannover geborene Sander galt als einer der großen Darsteller des deutschsprachigen Theaters. Mit seiner sonoren Stimme schuf er sich auch einen Ruf als Sprecher.

                                            Er arbeitete mit bekannten Regisseuren wie Peter Stein, Robert Wilson und Klaus Michael Grüber zusammen und gehörte von 1970 bis 1979 dem Ensemble der Berliner Schaubühne an. Dort war er zumeist in Vaterrollen zu sehen. So war er der Trollkönig in Ibsens "Peer Gynt" (1971), der Obrist Kottwitz in Kleists "Prinz Friedrich von Homburg" und feierte einen großen Erfolg als Ingenieur Suslow in Steins Inszenierung von Gorkis "Sommergäste" (1975).

                                            Nach Meinung der "Frankfurter Allgemeinen" war Sander wie wenige seiner Kollegen in den siebziger Jahren zu einem "notorischen Schauspieler" avanciert, der glaubhaft "die Prügelknaben im Lustspiel, die Drahtzieher in der Tragödie und die Katastrophenkinder im bürgerlichen Trauerspiel" herüberbringen konnte.

                                            Auch im Kino war Sander ein gefragter Darsteller: Zu seinen bekannten Rollen gehört die des ewig betrunkenen Trompeters Meyn in Volker Schlöndorffs mit dem Oscar ausgezeichneter Grass-Verfilmung "Die Blechtrommel". Durch die Darstellung des Ritterkreuzträgers Thomsen in Wolfgang Petersens "Das Boot" wurde er als Filmschauspieler international bekannt. Als Engel Cassiel war Otto Sander in Wim Wenders' "Der Himmel über Berlin" zu sehen.

                                            http://www.spiegel.de/kultur/kino/schauspieler-otto-sander-ist-tot-a-921888.html
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                                            Kleines Statement: Zwar kenne ich die die Meisten seiner bekanntesten Rollen (noch) nicht, als Verehrer der deutschen Synchronlandschaft wird er mir persönlich mit seiner unverwechselbaren (Erzähler) Stimme fehlen.

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                                              Laut einer gutbürgerlichen Volksweisheit sagen zwei Arten von Menschen immer die Wahrheit: Besoffene und Kinder.

                                              Was es für Folgen nach sich zieht oder ziehen kann, wenn die kleinen Engelchen mal nicht nach der Nase der Erwachsenen tanzen, lässt der Däne Thomas Vinterberg den Kindergärtner Lucas am eigenen Leib erfahren.
                                              Vinterberg, treibender Katalysator der sogenannten Dogma 95 Filmbewegung, die sich sozialkritisches, schnörkelloses Authenzitätskino auf die Fahnen schrieb. U.a. mit Lars von Trier feierte er bereits 1998 mit "Das Fest" erste Erfolge, gewann in Cannes den Spezialpreis der Jury.
                                              Heute, rund 14 Jahre danach, mischte er Cannes erneut auf, heimste nicht nur Kritiker-Lobeshymnen, sondern auch u.a. mit Tobias Lindholm den Preis für das beste Drehbuch ein.

                                              "Jagten", wie der Film im Original heißt, beginnt ruhig mit einer fast schon kindlichen Unschuld und scheinbaren Unbeschwertheit. Der dänische Regisseur unterstreicht diese beinahe greifbare Gelassenheit mit den von Charlotte Bruus Christensen eingefangenen Bildern des ländlichen Lebens, die manchmal den Eindruck erwecken, als hätte sie riesige Postkartenabzüge von einer Art modernerem Bullerbü direkt über den heimischen Bildschirm gelegt.
                                              Das preisgekrönte Drehbuch lässt sich mit Tiefgang viel Zeit für die einzelnen Figuren, ohne aber die Handlung aus den Augen zu verlieren, sondern konsequent voranzutreiben. Ist die Saat gegen den unglückseligen Lucas erst einmal gepflanzt, kommt Stück für Stück Bewegung in das Geschehen. Die Spirale der Unsicherheit, der falschen Anschuldigungen, des Misstrauens, der Zweifel, der Verachtung schließt sich ohne Erbarmen um die Dorfbewohner, die dem Zuschauer immer suspekter und irgendwann, wenn zur Hexenjagd gerufen wird, zu allem fähig scheinen.
                                              Hier befindet man sich in derselben Situation wie Lucas, da man nur selten (bei Gesprächen der Kollegen im Kindergarten) die grassierende Furcht des Dorfes miterlebt. Natürlich ist man von seiner Unschuld jederzeit felsenfest überzeugt, was auch daran liegt, dass Vinterberg ihn als geplagtes Opfer mit fast ein wenig fehlenden Ecken und Kanten präsentiert. Die Diskrepanzen mit seiner Exfrau werden ausschließlich per Handy bewältigt (inklusive dem auf ihren Namen "Kirsten!" trainierten Hund).
                                              Nichtsdestotrotz ist man die volle Laufzeit über gebannt an seiner Seite. Bis auf den Teil, wo die Perspektive kurzzeitig zu Sprössling Marcus wechselt, womit der Film geschickt ausgereizte Knast-Klischees umschifft und so den verwirrten Teenager, der mit den Geschehnissen maßlos überfordert ist, recht unerwartet in den Fokus stellt.

                                              Einen Großteil seiner unfassbaren Authenzität bezieht "Die Jagd" nicht nur aus Vinterbergs Regie oder dem nahezu völligen Ausblenden von Musik, sondern zuoberst aus dem Ensemble. Sämtliche Darsteller agieren derart natürlich, wie man es heute nur noch selten erlebt. Herausstechen tut aber nicht bloß etwa Thomas Bo Larsen, der als Lucas' ehemals bester Freund Theo immer wieder beeindruckende Akzente setzen kann, sondern auch Lasse Fogelstrøms Marcus und natürlich die Wurzel allen Übels: Die kleine Klara, grandios verkörpert von der gerade einmal 5-jährigen Annika Wedderkopp, die es fertigbringt, dass man sich zusehends fast dabei ertappt, dieses ahnungslose Kind zu hassen. Wenn auch nur ein wenig.
                                              Der Beste kommt zum Schluss: Die Gallionsfigur dieses aufwühlenden Dramas.
                                              Mads Mikkelsen, den meisten wohl nur als Bondbösewicht "Le Chiffre" in "Casino Royale" bekannt (oder eventuell noch aus Nicolas Winding Refns "Valhalla Rising"), liefert hier eine der mit Abstand besten Leistungen der vergangenen Jahre ab. Sein großes Verdienst ist es, dass der Zuschauer nie den emotionalen Anschluss an seine Figur verliert und mit ihm mitfühlt, mitleidet, mitweint. Dabei ist sein Spiel aber nie zu dick aufgetragen und auch nicht zu sehr runtergekühlt, sondern, egal in welcher Gefühlslage auch immer, schlichtweg atemberaubend intensiv.

                                              In den letzten Minuten lockt der Film dann zurück in diese vertraute Unschuld, die erwiesen und wieder in die Gemeinde eingekehrt scheint. Nur damit "die Jagd" uns buchstäblich mit einem Schlag ins Gesicht in den erlösenden Abspann entlassen kann, während dem noch weitere Fragen aufkeimen. Welche davon sich ein jeder natürlich unweigerlich stellen dürfte: Wie hätte man sich als eingeschworenes Gemeindemitglied auf der Gegenseite gegenüber dem angeblichen Kinderschänder verhalten? Beantworten muss man es für sich selbst, denn der Film liefert es nicht.

                                              Fazit: "Die Jagd" ist ein verstörendes, brisantes, hochauthentisches Selbstjustizdrama, was sich ohne jedwede falsche Sentimentalität dem Tabuthema Päderasmus nähert und gleichsam gesellschaftlich moralische Fragen aufwirft, ohne irgendwie aufgesetzt, geschweige denn aufdringlich zu wirken. Ein brillantes, erschütterndes Werk, zurecht ausgezeichnet und einer der besten Filme des Jahres.

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                                              • 4 .5

                                                Vielleicht gar kein so schlechtes Omen, dass Disney jetzt kalte Füße bekommen und den Start um ein Jahr verschoben hat. Allerdings hat dann Teil 4 auch schon wieder 5 davon auf dem Buckel, um vom 2003er Original erst gar nicht anzufangen.

                                                Ich werde ihn mir (sofern die zusammensummierten eingeschworenen Hardcore-Sparrow Fans dann überhaupt noch Bock haben, einem rund 53-jährigen Johnny Depp dabei zuzusehen, wie er sich endgültig die Rückenmuskulatur ruiniert) wohl oder übel antun, habe aber dann doch kein wirkliches "Interesse".

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                                                • Landet auf demselben "Erfolgreiche Buchverfilmung wird lieblos runtergekurbelt und mangels Erfolg sequeltechnisch klammheimlich fallengelassen" Komposthaufen wie "His Dark Materials", "Cirque du Freak", "Eragon", "Wintersonnenwende", "Jumper", "I Am Number Four".
                                                  Die, die es nicht verdient hätten, werden weiterhin auf den Markt geschmissen, weil die Kassen gerade eben noch so genug "Katsching!" gemacht haben ("Percy Jackson", "Narnia")
                                                  Die, bei denen schon ein Film gereicht hätte, werden ausgequetscht (fucking "Twilight")
                                                  und solche, die es verdient hätten, verlaufen im Sande ("Lemony Snicket").

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                                                  • Wollte Lionsgate nicht erstmal ein "baleloses" Remake aus dem Boden stampfen?!