EddieLomax - Kommentare

Alle Kommentare von EddieLomax

  • 10
    EddieLomax 30.12.2022, 20:05 Geändert 30.12.2022, 21:14

    Lin McAdam (James Stewart) und sein Partner High-Spade (Millard Mitchell), mit Bindestrich zum sich darauf ausruhen, kommen im Jahre 1876 nach Dodge City. Ein Wettschießen soll den besten Schützen des Landes bestimmen. Der Hauptpreis ist die legendäre neue Winchester `73, eine von Tausend, streng limitiert. Lin rechnet sich gute Chancen auf den Sieg aus, will aber eigentlich etwas ganz anderes.

    Damit beginnt dieses einzigartige Werk, welches sowohl für seinen Star James Stewart, als auch für dessen Regisseur Anthony Mann, der Beginn einer "neuen" (bedeutenderen) Karriere sein sollte und gleichzeitig den Start- und zugleich Höhepunkt einer äußerst fruchtbaren Zusammenarbeit markierte, der noch vier weitere Western und insgesamt sieben weitere Filme folgen sollten, in denen sie die psychologischen Themen, welche bereits hier ihre Entsprechung finden, weiter ausloteten, bis sie sich beim Dreh des sechsten Western NIGHT PASSAGE (James Neilson, 1957) vollends überwerfen sollten und nie wieder zusammen arbeiteten.

    Die Winchester `73, um die sich in diesem Film alles dreht, ist dabei schon weit mehr als nur der klassische MacGuffin, sondern handlungstragendes Element, so sehr, das es sich der Film erlauben kann über weite Passagen auf seinen eigentlichen Hauptdarsteller zu verzichten, so dass die "Hauptstory" praktisch den Rahmen für all die anderen Episoden bildet, ohne aber dabei je ihre Bedeutung zu verlieren. Zur Entstehungszeit ein Novum. Mit all diesen "kleinen" Geschichten im Rahmen der "großen" erzählt der Film fast noch mehr erkenntnisreiches über den "Wilden Westen" und seine Geschichte (und auf der Meta-Ebene über das Genre des Western selbst) als beispielsweise eine Mega-Produktion wie HOW THE WEST WAS WON (Henry Hathaway, George Marshall, John Ford 1962).

    Anthony Mann: "WINCHESTER 73 war einer meiner größten Erfolge und ist auch mein Lieblingswestern. Das Gewehr, das von Hand zu Hand weitergereicht wurde, ermöglichte es mir, eine ganze Epoche mit ihrer Atmosphäre einzufangen. Ich glaube wirklich, das der Film alle Zutaten zu einem Western enthält und sie alle zusammenfasst." (aus JAMES STEWART - LEADING MAN, Jonathan Coe 1994)

    Doch Mann gelang hier noch viel mehr. Ein referentieller Film fernab verklärender Mythologie, der die Filme der vergangenen Western-Dekade (1939 - 1949) und ihre Standardsituationen als eine Art Best-Of verarbeitet, ohne auch nur für eine Sekunde seine Eigenständigkeit zu verlieren. So muss WINCHESTER `73 nach dem 1939er STAGECOACH von John Ford als DIE Initialzündung für den Fortbestand des zu dieser Zeit annähernd ausgereizten Genres gesehen werden, wie es zehn Jahre später THE MAGNIFICENT SEVEN von John Sturges noch für ein letztes Mal sein sollte. Der im nachhinein glückliche Umstand das kein geringerer als Fritz Lang sein langgehegtes Wunschprojekt abgab, war für B-Film-Regisseur Anthony Mann eine außerordentlich karrierefördernde Maßnahme, die für ihn den Aufstieg in die A-Liga bedeutete, in deren Folge er einige der bedeutendsten Western der Fünfziger Jahre inszenierte, sowie später große epische Werke wie die Monumentalfilme EL CID oder THE FALL OF THE ROMAN EMPIRE.

    Neben der makellosen Inszenierung, der einfallsreichen Kamera-Arbeit, der präzisen, bisweilen überraschenden Montage und dem atmosphärischen Soundtrack, bildet das ausgeklügelte Drehbuch unter Mitwirkung von Borden Chase die Basis für das in jeder Beziehung eindrucksvoll aufspielende Ensemble unter Führung James Stewarts, in seinem erst zweiten Auftritt in einem Western nach DESTRY RIDES AGAIN (1939) von George Marshall (BROKEN ARROW von Delmer Daves war zwar bereits abgedreht, aber noch nicht veröffentlicht) , welcher noch sein (Capra-)Image des bauernschlauen, aufrichtigen Jungen vom Lande nutzte, während WINCHESTER `73 einen durch und durch von Rache getriebenen, dunklen Charakter präsentierte, der obwohl mit vermutlich gleichem Background wie seinerzeit Destry, durch den verlorenen Krieg (auf konföderierter Seite) massiv an Ambivalenz gewinnt, wie wir gleich zu Beginn des Filmes erleben dürfen. James Stewart komplettierte mit dieser Rolle seine darstellerische Bandbreite und besaß umgehend ein neues Image, erreichte gar ähnlich ikonenhaften Status wie sein ehemaliger WG-Kollege Henry Fonda als aufrechter Amerikaner mit all seinen Schwächen und Brüchen. Später bezeichnete Stewart zwar Alfred Hitchcock und John Ford als seine Lieblingsregisseure, doch was wäre er wohl ohne Anthony Mann im allgemeinen und ohne den Film WINCHESTER `73 im besonderen geworden?...

    Millard Mitchell ist als High-Spade weit mehr als nur bloßer Sidekick des (Anti-)Helden, bildet das moralische Gewissen des Filmes, denjenigen der die Widersprüche verdeutlicht in die sich der Partner verstrickt, Menschlichkeit einfordert wenn es geboten ist und/oder Bedenken äußert, kurz, seinen Schützling unterstützt und zu ihm steht. Zum einen weil er der Einzige ist der es tut, zum anderen, weil er sich dessen Fehlbarkeit entgegenstellen will indem er ihn lenkt, berät und ihm jeder Beziehung Rückendeckung gibt.

    Stephen McNally alias Dutch Henry Brown wirkt vor allem in der englischen Originalfassung besonders bedrohlich (in der Synchronisation eher wie ein etwas prolliger 08/15-Schurke). Er gibt den Bad Guy mit zurückhaltend überlegtem Understatement (ab und an mit jähzornigen Ausbrüchen), und lässt keinen Zweifel daran, das er jederzeit zu morden bereit ist um seine Ziele durchzusetzen. Seine Männer achten und fürchten ihn zugleich. Vor allem in der ersten Filmhälfte kann er seine Trümpfe voll ausspielen und seinem Charakter Tiefe verleihen, bis er in der zweiten Hälfte nahezu unschlagbare Konkurrenz durch den unverwechselbaren Dan Duryea bekommt, um im Finale wieder aufzutrumpfen.

    Shelley Winters ist als Lola, ein Tingeltangel-Girl mit Herz, noch nicht ganz so üppig wie in späteren Rollen, wirkt geradezu zart und spielt ihren Part gewohnt kantig und selbstbewusst und schafft es (wie eigentlich immer) ihrer Figur größtmögliche Symphatie abzuringen. Bereits bei ihrer ersten Begegnung mit Stewart sieht man das unsichtbare Band, das beide verbindet und es ist im Prinzip sofort klar, das sie sich hier nicht das letzte Mal getroffen haben. Leider gerät sie im Verlauf des Filmes immer wieder an die "falschen", weiß sich aber jederzeit zu behaupten und so ihre Würde zu bewahren.

    Eine wahre Pracht für Freunde des Schauspieler-Kinos ist der bereits erwähnte Auftritt von Dan Duryea als Waco Johnny Dean im letzen Drittel des Filmes. Eine Seltenheit in der Filmgeschichte, das ein in jeder Hinsicht perfekter Film noch derartig von der Leistung und Spielfreude eines Nebendarstellers geadelt wird. Ein Auftritt der so gut ist, das er allein das ansehen des Filmes rechtfertigen würde. Eine Schande das dieser Mann beinahe nur Nebenrollen spielen durfte.

    In den weiteren Nebenrollen tummelt sich allerhand etablierte Supporting-Prominenz, wie John McIntire, Will Geer und Jay C. Flippen, ein jeder mit erinnerungswürdigen Szenen, aber auch damals aufstrebende Jungstars wie Rock Hudson und Tony Curtis, welche bereits beträchtliche Leinwand-Präsenz zeigen und durchaus Akzente zu setzen vermögen.

    Überhaupt umweht den Film nicht nur ein Hauch von Geschichte und Geschehen, tauchen doch ständig prominente Protagonisten wie Wyatt Earp und Bat Masterson auf oder sind Gesprächsthema, wie etwa Buffalo Bill. Außerdem werden parallel zur erzählten Geschichte stattfindende historische Ereignisse wie die Schlacht am Little Big Horn und der Untergang der 7ten Kavallerie unter General George Armstrong Custer und ihre Auswirkungen in den Dialogen berücksichtigt. Das alles gibt dem Film einen unglaublich realistisch anmutenden Anstrich und bildet den Bodensatz für die enorm kurzweilig und spannend erzählte Story.

    Ein wahres Meisterwerk. Ein filmisches Statement. Ein zeitloser Klassiker. Keines dieser Superlative ist hier verschwendet oder übertrieben. Aber sehen Sie selbst!

    11
    • 10

      Am Tag als Yul Brynner starb, schaltete ich die Heute-Nachrichten ein und sah Szenen die sich so tief in mein Gedächtnis einbrannten, das ich sie nie wieder vergaß. Der König von Siam war tot. Doch das was die Szenen zeigten war etwas anderes. Ein Reiter prescht zwischen eine große Schießerei und wird, nachdem er "Wartet! Ich hole euch raus!" gerufen hat, vom Pferd geschossen und kurz darauf von einem ganz in schwarz gekleideten Mann von der staubigen Straße in den Schutz eines Hauses gezogen. Dort, im Sterben liegend, richtet der Neu-Ankömmling seine letzten Worte an den Man in Black, der ihn in seinen Armen hält:
      "Chris...jetzt kannst du es mir doch sagen. Wir sind doch nicht nur hierher gekommen um den Aufpasser zu spielen...da hat doch was dahinter gesteckt, Chris..."
      Der Mann in Schwarz gibt ihm recht, erzählt ihm von Gold und Reichtum. Währenddessen versuchen mehrere Banditen die Tür aufzubrechen. Der Andere stirbt glücklich in den Armen des Freundes. Erst dann wendet sich der Mann wieder der drohenden Gefahr zu. Majestätisch, stoisch, kaltblütig. Ich war hin und weg von diesem Typen, kannte ich ihn doch bisher nur als tanzenden König eines fernen Landes. Doch das hier war anders. Ich erkannte sofort das es sich hier um etwas ganz besonderes handelt. Einen funkelnden Diamanten von einem Film. Die damals obligatorische Programmänderung wurde umgehend angekündigt und somit änderte sich mein Tages-Ablauf. Ich wusste was ich heute sehen wollte.

      Einige Stunden später ging es dann los. Die brilliante Musik von Elmer Bernstein, der erste von vielen Namen die mir ab sofort ein Begriff waren, zog mich sofort in den Film hinein. Einen Film der so perfekt durchkomponiert war, hatte ich bis dahin noch nicht gesehen. Jedes Bild zum An-die-Wand-hängen, jedes musikalische Thema passgenau abgestimmt auf die Bewegungen der Kamera, der handelnden Personen, gar der Bildgestaltung. Jede auftretende Figur ein Charakter für sich, keine farblosen Durchschnittsgesichter, ein jeder mit Charisma gesegnet, Sätze sagend, die das jeweils unterstreichen. So interessante Figuren, selbst in der kleinsten Nebenrolle. Ein Fest für Augen und Ohren. Wenn es einen makellosen Film gibt, dann diesen. Nicht eine einzige überflüssige Szene. Nicht ein einziger schwacher Moment. Alles aus einem Guss.

      Aber nun mal langsam, in einem Text zu einem Film wie diesem kann man leicht ins schwärmen geraten, die Pferde können mit einem durchgehen.

      Who the Devil is in it?

      Chris (Yul Brynner). Revolvermann. Majestätisches Auftreten. Selbstsicher bis in die nicht vorhandenen Haarspitzen. Verkauft sein Können gegen Geld. Macht aber Abstriche wenn es um Moral geht. Hat so etwas wie Berufs-Ethos. Ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Beste seiner Zunft. Würde das aber nie an die große Glocke hängen. Als drei arme mexikanische Bauern an ihn herantreten um ihn gegen eine Horde Banditen anzuheuern, die alljährlich das Dorf plündert und sie ihm das gesamte Ersparte der Gemeinde dafür anbieten, kann er nicht anders als einzuwilligen. Ungerechtigkeit ist seine Sache nicht. Dagegen gilt es zu vorzugehen. Er macht für die Bauern einen Plan der vorsieht sechs Kämpfer anzuwerben, die dann mit ihm gemeinsam in die Schlacht ziehen werden.

      Als da wären:

      Vin (Steve McQueen). Lebenskünstler. Schlitzohr. Sonniges Gemüt. Lässt sich treiben. Hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Pendelt ziellos hin und her. Scheint aber unzufrieden mit der Gesamtsituation zu sein, leidet auch ein wenig an Geldnot. Ebenso scheint das Glücksspiel gegen ihn zu sein. Der Job in Mexiko bietet sich daher als willkommene Gelegenheit eine Weile etwas nützliches tun zu können, mit netten Menschen zusammen zu sein und noch ein wenig Geld zu verdienen.

      Harry (Brad Dexter). Glücksritter. Goldsucher. Berufsoptimist. Geselliger Typ. Bester Freund von Chris aus alten Tagen. Wittert immer verborgene Schätze. Selbst dann, wenn es keine gibt. Für ihn ist eine Dollar-Note im Moment so groß wie ein Bett-Bezug. Die Frage nicht mit zu gehen stellt sich für ihn gar nicht. Letztendlich ein Kerl zum Pferde stehlen. Einer auf den man zählen kann. Auch dann, wenn man es schon nicht mehr glaubt.

      Bernardo (Charles Bronson). Söldner. Bürgerkriegsveteran. Einzelkämpfer. Knallharter Profi. Lässt sich nicht auf billige Jobs ein. Verdient sein Brot mit Holzhacken. Ist dermaßen abgebrannt, das er eine Ausnahme macht und für kargen Lohn loszieht. Könnte aber auch daran liegen, das er selbst zur Hälfte Mexikaner ist und mit der Lebensweise der Bauern vertraut ist. Noch ein Gemütsmensch. Aber ein Heimlicher.

      Britt (James Coburn). Cowboy. Cool as Hell. Messerspezialist und Scharfschütze. Schweigsamer Typ. Überzeugt eher durch Taten als durch Worte. Mit ihm sollte man sich besser nicht anlegen. Könnte tödlich enden. Vergangenheit unbekannt. Undurchschaubarer Loner. Vermutlich der Gefährlichste von allen. Gerade arbeitslos geworden. Sucht eine neue Herausforderung. Ist jedoch nicht gerade Entscheidungsfreudig.

      Lee (Robert Vaughn). Spieler. Killer. Gentleman. Lebt auf großem Fuß. Exquisiter Kleidungsstil. Dennoch für Kirchen-Kongresse ungeeignet. Hochgebildet. Traumatisiert. Läuft vor sich selbst davon. Trägt schwer an seinen Taten. Nutzt den Ritt in die Hölle um Buße zu tun. Angetrieben von Todessehnsucht findet er in seinem Dasein endlich einen Sinn.

      Chico (Horst Buchholz). Der Jüngste. Heißsporn. Größter Fan von Chris. Will so sein wie er. Wird erst abgelehnt. Zu großmäulig. Zu aufdringlich. Zu ungestüm. Bleibt aber hartnäckig. Kann durch Teamplay punkten. Wird wertvolles Mitglied der Reisenden in Blei. Bekommt am Ende das Mädchen. Einziger Gewinner.

      Der Böse.

      Calvera (Eli Wallach). Gönnerhaft. Weltmännisch. Bauernschlau. Teilzeit-Poet. Führt seine Bande von Halsabschneidern und Ausbeutern wie ein Unternehmen. Der mexikanische Bandit schlechthin. Einen besseren gibt es nicht. Vorbild für viele die ihm folgten. Leader of the Pack. Gibt seinen Feinden das Gefühl ihr bester Freund zu sein. Nur um ihnen anschließend das Messer in den Rücken zu stoßen. Lieblings-Zitat:

      "Wenn es schon Schafe auf der Welt gibt, wird Gott sie auch zum scheren bestimmt haben."

      Mit vierzig Männern ein ziemlicher Brocken für die sieben Gunmen.

      Doch Professionals raufen sich zusammen. Ein Ritt und einige das Kennenlernen fördernde Gespräche später sind sie ein eingeschworenes Team. Eine kleine schlagkräftige Truppe mit der nicht gut Kirschenessen ist. Nebenbei werden die sozialen Gefüge im Dorf wieder hergerichtet, ebenso die Infrastruktur. Es werden Freundschaften geschlossen, Patenschaften übernommen und Liebesbekundungen ausgetauscht. Zwischendurch gibt es bereits ein paar Schaarmützel. Der Actionanteil steigt mit der Lauflänge des Filmes, wird von Szene zu Szene größer. überwältigender.
      Vor einigen Jahren hatte ich mal eine Unterhaltung über den "perfekten Film", unabhängig vom Genre. DIE GLORREICHEN SIEBEN war nach langer Debatte derjenige Welche, auf den sich alle einigen konnten.

      Who, the Devil, made it?

      John Sturges. Yes - He can. Der Mann drehte schon coole Filme als noch niemand wusste was das ist. Vor allem Western. Kürzlich gab es eine kleine feine Diskussion darüber, wer wohl die besten Western inszeniert hat. Dabei sind Namen gefallen wie John Ford, Howard Hawks und Anthony Mann, sowie noch einige andere verdiente Männer des amerikanischen Volkes und der Western-Film-Zunft. Ich selbst stimmte für John Sturges. Nicht zuletzt wegen dieses Filmes. Seine Western sind meist im selben Stil gedreht wie THE MAGNIFICENT SEVEN. Sehr kontrolliert, sehr psychologisierend, sehr ökonomisch. Sie sind von einer Reinheit, die dem klassischen Hollywood-Cinema des Studiosystems erwachsen ist. Dafür wurde der Begriff Edel-Western erfunden. Der Spannungsaufbau in seinen Filmen ist klassisch zu nennen. Die Action-Szenen sind von einer Dynamik und Kraft, die Vorbildwirkung auf folgenden Generationen von Action-Film-Regisseuren haben musste. Man behält immer die Übersicht, weiß zu jeder Zeit was gerade passiert. Die Besetzung ist immer auf den Punkt. Schwache Darsteller findet man in seinen Ensembles nicht. In vielen seiner Filme ging es um Gemeinschaften. Deren Darstellung blieb realistisch, man war nah dran, fast theaterhaft, im positiven Sinne. Wo Mythen-Geber John Ford dabei zu volkstümelnd wurde, blieb Sturges nüchtern, wo Howard Hawks zu geschwätzig wurde, blieb Sturges sachlich. Er entwickelte die Inszenierungskonzepte dieser beiden Meister weiter, modifizierte die Stärken und merzte die Schwächen aus. Das Dialog-Buch war immer auf das wesentliche reduziert. So haben seine Filme unter anderem eines gemein. Sie bleiben glaubwürdig in ihrer Knappheit. Ausschmückungen brauchte er nicht. Ebensowenig Übertreibungen oder billige Effekte. Ein Regisseur der fast in Vergessenheit geraten wäre, hätte er nicht seine Karriere mit Filmen wie diesem und dem anschließend gedrehten GESPRENGTE KETTEN, den er mit fast demselben Team realisierte, geadelt. Seine Filme kennt fast jeder, seinen Namen nur wenige. Sein Schaffen im Western-Genre ist meines Erachtens Beispiellos. Sturges Werk ist von einer Themen-Vielfalt bei stetig steigender oder zumindest gleichbleibender Qualität, die im Vergleich zu anderen Regisseuren, betrachtet man deren Werk in Schaffensdauer, Umfang und Niveau, einzigartig ist. Er war kein Auteur, ein Handwerker ja, aber ein Profi wie die Helden in seinen Filmen. Einer der besten. Seine Filme hatten Seele. Das macht sie so zeitlos. Sie wirken bis heute nicht angestaubt, sondern modern. So werden Filme gemacht. DIE GLORREICHEN SIEBEN muss als Höhepunkt seines Schaffens gesehen werden, auf den er zu steuerte mit für sich genommen schon starken Filmen wie VERRAT IN FORT BRAVO, STADT IN ANGST oder ZWEI RECHNEN AB, um nur einige zu nennen.

      Interessant ist auch, das der Film heute als All-Star-Cast-Western wahrgenommen wird. Zur Entstehungszeit war nur Yul Brynner ein Superstar, alle anderen wurden es erst danach.

      Mit Ausnahme von Brad Dexter, der sich in der eingangs beschriebenen Szene so sinnlos wie sympathisch opfern durfte. Brynner war scheinbar privat sehr eng mit Dexter befreundet, verschaffte er ihm noch mehrere Male in seinen Filmen ein Engagement. Beispielsweise in KÖNIGE DER SONNE oder in TREFFPUNKT FÜR ZWEI PISTOLEN. Danach wurde es still um ihn.

      Robert Vaughn hatte in den Sechziger Jahren eine kleine Kino-Karriere z.B. in BULLITT oder DIE BRÜCKE VON REMAGEN und wurde dann Napoleon Solo in SOLO FÜR O.N.K.E.L. und tauchte bis zu seinem Tod regelmässig in Fernsehproduktionen auf.

      Horst Buchholz trat noch in einigen Großfilmen auf, als er älter wurde, wurden die Angebote rarer. Im kollektiven Gedächtnis bleiben neben den MAG. SEVEN dann auch eher seine frühen deutschen Filme, wie DIE HALBSTARKEN oder DAS TOTENSCHIFF.

      James Coburn wurde ein großer Star. Karriere-Highlights: GESPRENGTE KETTEN, PAT GARRET and BILLY THE KID, STEINER. Ein später Triumph wurde ihm mit dem Gewinn des OSCAR als Bester Nebendarsteller für seinen Auftritt im grandiosen Film AFFLICTION von Paul Schrader zuteil.

      Charles Bronson spielte ebenfalls in GESPRENGTE KETTEN und Ende der Sechziger das LIED VOM TOD für Sergio Leone. Danach ging es erst richtig los für den nicht mehr ganz jungen Mann, der dann allerdings noch häufiger sein zorniges Gemüt bremsen musste, weil er einige Male zu oft ROT sah. Einen Oscar hätte er für seinen Auftritt in Sean Penn's ebenfalls grandiosem INDIAN RUNNER verdient.

      Steve McQueen wurde, nun ja, zu Steve McQueen eben. Dank Sturges Förderung durch die Hauptrolle in bereits mehrfach genanntem Fluchtfilm avanchierte er zum Idol für Generationen und starb dann viel zu früh mit fünfzig Jahren an Krebs. Er hinterlässt ein Werk von hoher Klassiker-Dichte. Mr. Cool nennt ihn mancher heute noch.

      Eli Wallach legte mit seiner Darstellung des Tuco in Sergio Leones ZWEI GLORREICHE HALUNKEN, der vielen als bester Western überhaupt gilt, berücksichtigt man Internet-Foren wie die IMDB, noch eine Schippe drauf und lieferte ein weiteres Mal eine unvergessliche Vorstellung als mexikanischer Bandit. Wahrhaft GLORREICH, der Mann.

      Für Yul Brynner wurde DIE GLORREICHEN SIEBEN, wie für seinen Regisseur, zum absoluten Karriere-Höhepunkt. Er sollte noch öfter in das eng anliegende schwarze Kostüm schlüpfen. Man bekam den Eindruck, das immer wenn Brynner auf Nummer sicher gehen wollte, kehrte er in seine Parade-Rolle zurück. Als Kettenraucher erkrankte er später an Lungenkrebs und steckte sein Vermögen in die Krebsforschung. Am Tag als Yul Brynner starb...

      8
      • 8
        EddieLomax 29.12.2022, 10:02 Geändert 29.12.2022, 19:26

        Zatoichi kehrt zurück - in Farbe (!) ... und knüpft mit spannendem Auftakt an seine Vorgänger an, widmet sich in der Folge allerdings dieses Mal tiefer der Auslotung des Titelcharakters, dem wir dadurch so nah wie nie zuvor kommen, was wiederum dazu führt, das die Erzählung immer epischer wird. Das Finale schließlich ist das bisher spektakulärste der Reihe, die jetzt offenbar so richtig Fahrt aufnimmt.

        5
        • 7

          Als in den 1960er Jahren einem internationalen Team von Astronauten die Mondlandung glückt, müssen sie feststellen das schon vorher jemand da war. Ermittlungen führen zurück ins Jahr 1899 als einem Wissenschaftler und seinem Nachbars-Pärchen bereits das scheinbar Unmögliche gelang. Humorvolle und höchst unterhaltsame Verfilmung eines H.G.-Wells-Klassikers und neben seinem Sindbad-Film die beste Regie-Arbeit des Österreichers Nathan Juran, der vielen Genres seinen Stempel aufdrücken konnte.

          7
          • 6

            Zwei verfeindete Brüder, einer als Großgrundbesitzer, einer als Herumtreiber, bekämpfen die Vergangenheit, die Indianer und einander in diesem Euro-Western-Melodram der mittleren Preisklasse mit durchaus interessanten psychologischen Ansätzen. Für den früheren Oscar-Preisträger und Regisseur Nathan Juran war es der letzte seiner sechs Western und sein vorletzter Film überhaupt.

            5
            • 7
              EddieLomax 27.12.2022, 22:43 Geändert 27.12.2022, 22:55

              Dieses zweite Remake des frühen Tonfilm-Western LAW AND ORDER von 1932 mit Walter Huston, fügt dem Original nicht nur die Farbe, sondern auch einige Frauenrollen hinzu und basiert wie seine Vorgänger auf dem Wyatt-Earp-Roman "Saint Johnson" von W.R. Burnett, der unter anderem auch die Vorlagen für ASPHALT DSCHUNGEL und HIGH SIERRA lieferte. Ronald Reagan macht in der Hauptrolle eine gute Figur und der vielseitige Regisseur Nathan Juran, der im selben Jahr zwei Audie-Murphy-Western drehte, inszeniert wie meistens sauber und auf den Punkt. Mit seinem Star Reagan drehte er einige Jahre später noch den Kriegsfilm HÖLLENHUNDE DES PAZIFIK, in dem dann sogar die spätere First Lady Nancy Reagan an dessen Seite auftrat.

              7
              • 7

                Bushranger Morgan rächt sich für die Ungerechtigkeiten die ihm und anderen widerfahren und gerät trotz des Bemühens fair zu handeln immer tiefer in die Gewaltspirale, was die skrupellose Gerichtsbarkeit umso hartnäckiger agieren lässt. Der ungewöhnliche Film kann, obgleich mit einigen deftigen Härten ausgestattet, auch eine lyrische Komponente entwickeln, die nicht zuletzt Dank Dennis Hoppers exzentrischer Darstellung voll zum Tragen kommt. Ein subversives Kleinod.

                7
                • 8
                  über Mogambo

                  John Ford beweißt, das er auch Afrika kann, Clark Gable spielt mit großen Tieren, Grace Kelly himmelt ihn dabei an, während Ava Gardner alle an die Wand spielt. Sie ist Zentrum und Herz dieses Abenteuers, das alle Jahre wieder zu entzücken weiß und dabei angenehm entspannt daherkommt. Always a Pleasure...

                  5
                  • 7
                    EddieLomax 25.12.2022, 10:49 Geändert 25.12.2022, 11:33

                    Vielleicht muss man mindestens Mitte 40 sein, um mit diesem Film etwas anfangen zu können. Ich habe die Sichtung jedenfalls Jahre lang vor mir hergeschoben und jetzt weiß ich auch warum. Das existenzialistische Generation-X-Drama um gescheiterte Lebensentwürfe und verlorene Ideale ist nur schwer auszuhalten und ein Runterzieher par exellence, dabei höchst intensiv und hypnotisch inszeniert, mit einem Soundtrack, der es in sich hat. Die schauspielerischen Leistungen der vier Akteure sind herausragend, geradezu beispielhaft. Das ich hier nur auf sieben Zähler komme, ist ausschließlich der Tatsache geschuldet, das ich mir kaum vorstellen kann, das Werk ein zweites Mal zu schauen und denke, das es nur für ein sehr begrenztes Publikum gemacht ist.

                    5
                    • 9
                      EddieLomax 24.12.2022, 08:05 Geändert 26.12.2022, 19:05

                      Ava Gardner, die barfüßige Gräfin, würde heute ihren 100. Geburtstag feiern, wäre sie nicht, am Leben gescheitert zu früh von uns gegangen. Zur Erinnerung an die große Filmdiva empfehle ich folgende fünf Filme, den kommentierten selbstverständlich ebenfalls:
                      The Killers - Rächer der Unterwelt
                      Pandora und der fliegende Holländer
                      Mogambo
                      Knotenpunkt Bhowani
                      Die Nacht des Leguan
                      Viel Spaß beim entdecken oder erinnern und Frohe Weihnachten an alle Moviepiloten!

                      5
                      • 7
                        EddieLomax 23.12.2022, 09:07 Geändert 23.12.2022, 09:12

                        Berühmt gewordene fiesfetzige Carsploitation ohne Sympathieträger im Windschatten von "Two-Lane Blacktop" mit feiner Besetzung und einigen herausragenden Actionszenen, wobei vor allem der gegen den Strich besetzte Adam Roarke glänzen kann, während der coole Vic Morrow den abgebrühten Jagdhund gibt.

                        6
                        • 9
                          EddieLomax 23.12.2022, 08:50 Geändert 09.08.2024, 07:49

                          Everett Hitch und Virgil Cole kommen nach Appaloosa. Der Grund dafür ist einfach. Rancher Bragg hat den örtlichen Sheriff und seinen Deputy erschossen. Die Stadt ist nun gesetzlos. Hitch und Cole reiten seit fünfzehn Jahren zusammen. Sie sind ein eingespieltes Team. Sie ziehen von Stadt zu Stadt. Immer dorthin, wo Dinge geradegerückt werden müssen, die aus der Bahn geraten sind. Der Gemeinderat der kleinen Stadt hat die beiden engagiert um für Recht und Ordnung zu sorgen. Doch in Appaloosa liegen die Dinge ein wenig anders. Nicht nur das Bragg ein paar Profis engagiert, die Hitch und Cole das Fürchten lehren sollen. Nein, hier kommt auch eine Frau ins Spiel. Ally kommt nämlich genau einen Tag nach den beiden an. Als Frau von zweifelhaftem Ruf braucht sie Freunde. Die findet sie in Hitch und Cole. Vor allem Cole geht ihr sogleich auf den Leim. Obwohl der nach der Devise "Gefühle bringen dich um." lebt. Bei Ally hingegen weiß er nicht wie ihm geschieht. Hitch hat da schon eher den Durchblick. Erkannte er in Ally doch sofort ihr einnehmenden Wesen. Vor allem bei Männern. So ist sie denn auch der Grund warum in Appaloosa nicht alles nach Plan läuft. Durch Cole´s Hinwendung zu ihr, wird er angreifbar. Bragg nutzt das gnadenlos aus. Einzig Hitch macht das, was er immer macht. Er beobachtet still und handelt immer dann, wenn es nötig ist. Der Mann setzt Prioritäten. Auch dann, wenn es ihn mehr kosten wird als er geglaubt hatte.

                          Es braucht nicht unbedingt viel Action wie in dem überladenen "Todeszug nach Yuma" und es muss auch nicht so brutal zugehen wie in "The Proposition". Sicher beides hervorragende Western, doch Ed Harris mit seinem Wunschpartner Viggo Mortensen, ohnehin seit "History of Violence" ein eingespieltes Team, drehte seinen Film eher in der Tradition eines John Sturges (Zwei rechnen ab) oder Henry Hathaway (Die vier Söhne der Katie Elder). In edlen Bildern von Kameramann Dean Semmler (Der mit dem Wolf tanzt), nach einem Roman von Robert B. Parker, steigt die Spannung nach einem kurzen, die Ausgangssituation klarstellenden Prolog bei langsamem Tempo stetig durch die einfache und rationale Aktion-Reaktion-Erzählweise, welche vor allem durch die messerscharfen, prägnanten Dialoge zu unterhalten und auch zu amüsieren weiss. Es gibt praktisch keine großen Actionszenen und die wenigen wohldosierten Gewaltausbrüche dienen ausschließlich dem vorantreiben der Handlung bzw. dem unterstreichen von Charaktereigenschaften. Alle Rollen sind auf den Punkt besetzt und es ist keine Szene zu lang oder überflüssig. Im Gegenteil, jede Einstellung ist sinnvoll und kein Wort zuviel. Einer der besten Western der letzten Jahre.

                          7
                          • 8
                            EddieLomax 21.12.2022, 07:36 Geändert 22.12.2022, 23:10

                            Der britische Kultregisseur Mike Hodges ist tot. Er starb gestern im Alter von 90 Jahren. RIP: Möge er in Frieden ruhen.

                            Sein filmisches Werk reicht von grimmigen Gangsterfilmen wie "Get Carter" über feine Grotesken wie "Pulp" bis hin zu Sci-Fi-Eskapismus wie "Flash Gordon", der im Mai 2023 wieder ins Kino kommt:

                            Der filmgewordene feuchte Traum für Comic- und Science-Fiction-Afficionados ist ein farbenprächtiges Studio-Epos mit darstellerischen Totalausfällen, aber auch Glanzleistungen, superatmosphärisch, bunt und naiv, freiwillig wie unfreiwillig komisch, mit legendärem Queen-Soundtrack, einfach herrlich.

                            6
                            • 10

                              Sizilien 1860: Don Fabrizio, der Fürst von Salina, langweilt sich die meiste Zeit. Vergnügen und Abwechslung bereiten ihm lediglich die neuesten Eskapaden seines Neffen Tancredi, den er den eigenen Kindern vorzieht. Außerdem macht er sich hin und wieder einen Spaß daraus, Pater Pirrone zu provozieren, indem er ihn immer wieder mal dazu zwingt, den Fürsten auf seinem Weg zu den Prostituierten der Stadt zu begleiten, die er aufsucht, um sich seiner Männlichkeit zu versichern. Als die Familie, wie alljährlich den Wohnsitz ins ländlichere Donnafugata wechselt, überschlagen sich die Ereignisse. Zum einen erobern die Truppen Garibaldis weite Teile Italiens und sorgen so für einen politischen Umbruch im Lande. Zum anderen bittet Tancredi seinen Onkel, sich beim werben um die schöne Angelica, der Tochter von Don Calogero Sedara, für ihn einzusetzen. Don Fabrizio spürt, das sich in ihm etwas verändert. Er beginnt zu reflektieren. Über sein Leben, seinen Stand, seine Familiengeschichte. Über das, was war, das, was ist und das, was bleibt.
                              Giuseppe Tomasi di Lampedusa entwarf in seinem posthum erschienenen "Il Gattopardo" ein Gemälde von einem Roman, welcher an sprachlicher Eleganz nicht zu überbieten ist. Er ist Satz für Satz von zeitloser Schönheit, brillant formuliert und von großer Wahrhaftigkeit. Ein Fest der Sinne. Zudem bildet das Werk ein umfassendes Portrait vom Niedergang einer Gesellschaft, der ausschlaggebend war für den Beginn eines neuen Zeitalters. Des weiteren stellt es eine vielschichtige Auseinandersetzung mit den Themen Alter, Vergänglichkeit und Tod dar. Luchino Visconti gelang es, nur fünf Jahre nach dessen Veröffentlichung, dem Jahrhundertroman einen Jahrhundertfilm folgen zu lassen, der sich in Sachen Inszenierung, Ausstattung und darstellerischer Veredelung zu keiner Zeit hinter der berühmten Vorlage zu verstecken braucht und für sich betrachtet als alleinstehendes, zeitloses Meisterwerk Bestand hat. Kaum jemals in der Geschichte des Filmes, gab es eine kongenialere Adaption eines Romanes. Auch birgt Burt Lancaster's Abgang nach seinem Walzer in die Dunkelheit einiges an Tragweite, steht er doch für das Ende einer ganzen Epoche und man kommt nicht umhin, einen großen Verlust zu empfinden. Mit dieser Rolle gelang es ihm nicht nur, endlich als Charakterdarsteller ernstgenommen zu werden, sondern er krönte damit seine außergewöhnliche Karriere. In meiner persönlichen Top-Ten-Liste der besten Filme aller Zeiten ist IL GATTOPARDO ganz vorn dabei.

                              5
                              • 8
                                EddieLomax 19.12.2022, 13:53 Geändert 30.08.2024, 20:15

                                Bernie Kominka (Götz George) wird zu einem Tatort gerufen an dem ein grausamer Mord stattgefunden hat. Ihm fällt eine Frau auf, die sich vom Tatort entfernt. Er versucht die Verdächtige zu finden, verfolgt sie. Sie beginnt ihn zu faszinieren. Auf einem Ball der einsamen Herzen trifft er sie wieder. Anna (Corinna Harfouch) beginnt eine Affäre mit ihm, kann sich aber nicht komplett auf ihn einlassen. Zu zerbrochen ist sie innerlich, zu schwer trägt sie an ihrer Vergangenheit. Auch Bernie kommt aus einer kaputten Beziehung, ist wie gefangen in seiner Einsamkeit. Sie klammern sich für einen kurzen Moment aneinander, nicht ahnend das sie bereits auf den Abgrund zusteuern.

                                SOLO FÜR KLARINETTE, die bis heute letzte Kino-Regie-Arbeit von Nico Hofmann, damals sträflich unterschätzt, kann mit recht zu den besten deutschen Filmen der vergangenen 25 Jahre gezählt werden. Eine nachtschwarze Neo-Noir-Ballade die sich weniger um die Bluttat, denn um die verlorenen Seelen ihrer Protagonisten schert, die sich ganz der dunklen Atmosphäre des Großstadt-Molochs hin gibt, kein einziges mal getrübt von Postkarten-Ansichten oder Schönwetter-Dramaturgie. Hofmann macht uns ziemlich schnell klar, das er nicht an einer deutschen Neuauflage von BASIC INSTINCT (Paul Verhoeven, 1992) oder SEVEN (David Fincher, 1995) interessiert ist, wie es dem ihm damals zu unrecht vorgeworfen wurde. Sein Film steht ganz für sich, erinnert vom Ton her allenfalls an die Großtaten des französischen Film Polar, mit seinen dem Untergang geweihten Figuren. Dabei ziehen Götz George und Corinna Harfouch alle Register ihres Könnens, werfen sich mit vollstem Körpereinsatz in ihre Rollen, als spielten sie miteinander um ihr Leben. Dabei werden ihre ganze innere Zerissenheit und ihre kalte Einsamkeit deutlich. Kino der Blicke, voller Nuancen, wahrhaftig bis zur Selbstzerfleischung. Das ist kein Wohlfühl-Kino, auch kein Sonntag-Abend-Tatort, sondern ein stilsicher inszeniertes Krimidrama ohne Zugeständnisse an den Massengeschmack, ein Monolith in der deutschen Film-Landschaft. Götz George war damals stets bestrebt Besonderes zu schaffen. Sei es zuvor mit seiner Jahrhundert-Darstellung des Mörders Fritz Haarmann im preisgekrönten DER TOTMACHER (Romuald Karmakar, 1995), oder nachher mit dem weitgehend verschmähten NICHTS ALS DIE WAHRHEIT (Roland Suso Richter, 1999), in dem er Josef Mengele so furchteinflößend darstellte. Sehr viel (kommerziellen) Erfolg hatte er mit diesen mutigen Auftritten wohl nicht, doch schuf er nachhaltiges Kino zum neu entdecken.

                                5
                                • 7

                                  Charmant-naiver Fantasy-Klassiker für jung und alt, voller tricktechnischer Pionierleistungen von Ray Harryhausen.

                                  3
                                  • 7

                                    Auch die zweite von Ray Harryhausen auf den Weg gebrachte Sindbad-Verfilmung bietet magische Abenteuer an exotischen Schauplätzen. Ein Evergreen.

                                    4
                                    • 6

                                      Der dritte und letzte Ray-Harryhausen-Sindbad-Film ist tricktechnisch noch etwas weiter entwickelt als seine Vorgänger, allerdings sind nun deutliche Schwächen in Drehbuch und Inszenierung auszumachen, zudem wiederholt sich einfach zu viel. Dennoch recht unterhaltsamer Kintopp mit Längen.

                                      2
                                      • 8
                                        EddieLomax 18.12.2022, 10:12 Geändert 18.12.2022, 10:13
                                        über Lara

                                        War es in Jan-Ole Gerster's OH BOY noch der junge Tom Schilling, der in flirrendem Schwarzweiß durch Berlin mäanderte, ist es hier die große Corinna Harfouch, die sich in satten Farben ähnlich ziellos durch die Hauptstadt bewegt und dabei kaum weniger interessante Begegnungen erlebt, die ihrem Treiben irgendwann einen tieferen Sinn zu geben vermögen. War Schilling, der hier als ihr Sohn zu sehen ist, im Vorgängerfilm ein ziemlich lockerer Filou, dem vieles gleichgültig war und dessen Hauptanliegen eine profane Tasse Kaffee zu sein schien, liegen hier die Dinge weit emotionaler und tiefer in der Psyche der Protagonistin verborgen, deren Weg vor allem der inneren Sortierung und Verarbeitung verfehlter Lebensentwürfe begründet liegt. So ist es auch nicht verwunderlich, das die Tonalität des Werkes eine völlig andere ist, trotz ähnlicher Ausgangslage, und dem federleichten Inszenierungsstil von OH BOY eine nunmehr strengere, gleichwohl nicht weniger konzentrierte Regie den Rahmen gibt, den das komplett zurückgenommene Spiel der Hauptdarstellerin nur noch stärker unterstreicht und die gerade dadurch eine viel stärkere emotionale Wirkung erzielen kann, mit einer wahrhaft herausragenden Darbietung.

                                        3
                                        • 8

                                          Ein Jahr nach den Ereignissen des ersten Teils kehrt Zatoichi zum Ort des Kampfes zurück, um seinem damaligen Gegner an dessen Grab zu gedenken. Dabei trifft er auf einen alten Bekannten, der mit ihm noch eine Rechnung offen hat. Die im selben Jahr entstandene Fortsetzung hält das hohe Niveau des Vorgängers, ist etwas dichter erzählt und bietet mehr Action und Spannung. Eine lohnende Angelegenheit.

                                          3
                                          • 9

                                            Ein durch Intrige und Verrat in Ungnade gefallener Scharfrichter des Shogun zieht mit seinem Sohn auf der Suche nach den Mördern seiner Frau durch Japan und bietet seine Dienste als Söldner feil, um beider überleben zu sichern. Bereits der erste der legendären sechsteiligen, größtenteils von Zatoichi-Regisseur Kenji Misumi inszenierten Okami-Reihe ist ein meisterhaft komponiertes Schwertkampf-Epos. Konkurrenzlos, einzigartig, berauschend.

                                            3
                                            • 8
                                              EddieLomax 15.12.2022, 10:23 Geändert 17.12.2022, 08:13

                                              Plaion Pictures (vormals Koch Media) bringt Kenji Misumis Klassiker über den blinden Samurai in bestechender Qualität erstmals mit feiner Synchro nach Deutschland, für einen schmalen Taler. Schon dieser erste Teil der auf über zwanzig Filme angewachsenen Reihe überzeugt durch eine exquisite Bildästhetik und ausgefeilte Dialoge, die dem Schwertkampf-Drama eine ungewöhnliche Tiefe geben. Die Leistung des Hauptdarstellers Shintaro Katsu kann man nicht genug würdigen. Drei weitere Teile wurden mittlerweile veröffentlicht und ich bin gespannt, wie es weiter geht...

                                              4
                                              • 8

                                                Ex-Soldat Jonathan Pine arbeitet während des arabischen Frühlings als Nachtmanager in Kairo in einem Luxus-Hotel, wo er unfreiwillig in eine Staatsaffaire hineingezogen wird, die ihn fortan jahrelang im Auftrag des britischen Geheimdienstes gegen einen berüchtigten Waffenhändler ermitteln lässt.
                                                Preisgekrönte Mini-Serie von Susanne Bier nach einem Roman von John Le Carré, die zeitgemäß, erfrischend komplex und herausragend gespielt daherkommt, somit spannender und interessanter als die letzen drei Bond-Filme zusammen ist.

                                                6
                                                • 8

                                                  Streckenweise brilliant inszenierte Verfilmung des Literaturklassikers. Atmosphärisch, düster, in der Titelrolle phänomenal gespielt.

                                                  6
                                                  • 7

                                                    Außerirdische Riesenmonster wollen die Menschheit vernichten, nur von Piloten gesteuerte Riesenroboter können sie aufhalten. Rabiate Destruktions-Orgie mit guten Typen, die bewußt an der Oberfläche bleibt und gerade dadurch beträchtliche Unterhaltungswerte aufbietet.

                                                    4