Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Horrorctober 2022 Film #17
Fortsetzung, die sich aber eher wie ein loses Spin Off anfühlt. Zwar basiert 'Feuerteufel – Die Rückkehr' auf Figuren, die einem Roman von Stephen King entstammen, die Geschichte, die hier erzählt wird, entfernt sich allerdings doch recht weit vom Original und nimmt es mit der Genauigkeiten in den Rückblicken auch nicht allzu genau.
Überhaupt trägt diese zweite Episode so ziemlich alle Kennzeichen einer TV Produktion: Einige Szenen werden künstlich in die Länge gezogen, um die Spannungsspitzen an den passenden Stellen setzen zu können. Das Produktionsdesign schreit zudem an allen Ecken und Ecken nach einer besseren Ausstattung, wodurch enorme Einbußen in Sachen Atmosphäre entstehen. Auf der anderen Seite konnten die Produzenten mit Malcolm McDowell und Dennis Hopper zwei namhafte Haudegen für ihr Projekt gewinnen. Dem Drehbuch wiederum kann man zugute halten, dass hier, statt auf Nummer sicher zu gehen, auch neue Wege betreten werden und nicht nur ein Abklatsch des Originals geliefert wird. Man geht also durchaus das Risiko ein, sich zu inhaltlich zu verbrennen.
So recht zünden will das Endergebnis aber dennoch nicht. Bei etwas besserer Ausstattung und ein wenig mehr Feinschliff im Erzählstil wäre der Funke vielleicht besser übergesprungen; doch so lodert die Glut nur leidlich vor sich hin. Aber immerhin verglimmt sie nicht komplett. Am Leben gehalten wurde die Flamme dennoch nicht, denn statt einer weiteren Fortsetzung wurde zwanzig Jahre später ein Remake des Originals aufgelegt.
KURZFAZIT
Gibt es echt irgendjemanden, den diese Fortsetzung brennend interessiert?
Horrorctober 2022 Film #16
Jordan Peele auf neuen Wegen; zumindest stilistisch. Die Handlung findet nun deutlich weiter abseits vom Alltag des Publikums statt – und das im doppelten Sinne: Denn erstens lebt der Protagonist mehr oder minder einsam in der Prärie und zweitens ist die Bedrohung dieses mal – zumindest auf den ersten Blick – alles andere als von dieser Welt. Hinzu kommt eine doch recht eigenwillige Ästhetik von Teilen des Produktionsdesigns, was für einen zusätzlichen Entfremdungseffekt sorgt.
Seine Gesellschaftskritik trägt Peele (im Vergleich zu seinen beiden vorherigen Verfilmungen) also über weite Strecken deutlich subtiler vor – auch wenn er sie zu Beginn noch verhältnismäßig explizit äußert. Der angestimmte Erzählton und die visuelle Gestaltung des fremden Objekts sind allerdings höchst eigenwillig. Ob das nun Ausdruck von Genialität oder ein filmischer Taschenspielertrick ist, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden.
KURZFAZIT
Peele dreht sein Konzept auf links. Augenscheinlich ändert sich vieles, aber das Material ist letztlich eben noch dasselbe.
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film #15
++ Minimale SPOILER ++
Psychologischer Horror mal anders. Zwar steht einmal mehr ein Künstler, dieses mal ein junger Maler, der in seelische Abgründe blickt, im Zentrum der Geschichte; der Anlass dafür erscheint aber deutlich bodenständiger, handfester und alltäglicher als in vielen anderen Geschichten des prominenten Horrorschriftstellers. Die literarische Vorlage (die im deutschsprachigen Raum den Titel 'Achterbahn' trägt) scheint dabei eine ganze Reihe an autobiographischen Bezügen aufzuweisen. Denn erstens soll Stephen King einige Jahre vor der Veröffentlichung des Textes selbst in Maine von einem Auto angefahren und schwer verletzt worden sein, zweitens wird hier aber auch die Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der davon erfährt, dass seine Mutter einen Schlaganfall erlitten hat und der sich daher auf den Weg zu ihr ins Krankenhaus macht. Dieser beginnt zunächst mit Konfusion (verkörpert durch seine beiden Kiffer-Freunde) und führt dann durch verschiedene Arten von Ängsten und Gedanken. Immer wieder springt das Kopfkino des Protagonisten Alan Parker an und führt ihn ebenso zu verschiedenen „Was wäre wenn?“-Gedankengängen wie zu diversen prägenden Episoden und Traumata aus seiner Vergangenheit. Wer einmal eine ähnliche Nachricht erhalten hat und sich voller Ungewissheit auf den Weg zu einem Angehörigen macht, der gerade um sein Leben ringt, dürfte sicherlich vieles davon wiedererkennen. Dass King bewusst zu- und überspitzt, um der Geschichte zusätzliche Dramatik zu verleihen, versteht sich von selbst. Aber im Grunde trifft er den Kern der Sache schon recht adäquat. Zwar wandelt die Inszenierung wiederholt haarscharf an der Grenze zum Trash entlang, was nicht wenige Zuschauer wohl auch verschrecken dürfte. Auf der anderen Seite werden aber auch einige durchaus interessante Betrachtungen angestellt und Gedankengänge aufgeworfen, die das Gefühl vermitteln, dass bei dieser Stephen King Adaption nach etwas anderen Regeln gespielt wird als bei den meisten seiner eher herkömmlichen Verfilmungen.
Nebenbei bemerkt: Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen den Charakteren George Staub und George Stark ('Stark') dürften alles andere als zufällig sein.
KURZFAZIT
Psychogramm der etwas anderen Sorte.
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film #14
++ Leichte SPOILER ++
Auf mehreren Flugplätzen tragen sich nachts blutige Ereignisse zu. Ein Reporter soll darüber berichten und gerät dabei selbst in einen Sumpf der Düsternis.
Stephen King nutzt den Fall des Night Fliers, um den Journalisten Richard Dees dabei zu begleiten, wie er sich in finstere Abgründe begibt, um nicht nur dem Night Flier, sondern auch dem Ruhm hinterherzujagen. Denn wenn man so möchte, geht der Protagonist Richard Dees im Vergleich zu dem Schriftsteller Scott Landon aus 'Lisey's Story' so ziemlich genau den umgekehrten Weg. Während Landon immer wieder zu Erinnerungen an eine von Gewalt dominierte Kindheit zurückkehrt, um Inspirationen für sein künstlerisches Schaffen daraus zu ziehen, verhält es sich im Fall von 'The Night Flier' genau anders herum. Dees steigt sich ganz bewusst immer tiefer in menschliche Abgründe hinab, die er vorher – zumindest in dieser Form – noch nicht kannte, und erhofft sich daraus ebenfalls die Story seines Lebens. Eingeholt werden letztlich beide von den Dämonen dieser Schattenseite. Dees begibt sich aber mehr oder minder freiwillig dorthin, während Landon von den dunklen Mächten nicht losgelassen wird. Beide verkörpern also im Grunde die beiden Seiten derselben Medaille. Stephen King wäre nicht Stephen King, wenn ihn nicht beide gleichermaßen interessieren würden. Bei derart vielen Geschichten über Männer, die ihren Lebensunterhalt durch das Schreiben von Texten verdienen, wäre das auch mehr als verwunderlich. Das Interesse am titelgebenden Antagonisten hält sich dabei ziemlich stark in Grenzen, denn eigentlich dient dieser nur dazu, den Antihelden Richard auf seinem Weg in die totale Skrupellosigkeit zu begleiten. Wirklich neu sind die Ergebnisse, die Kings Betrachtung liefert, natürlich nicht, für halbwegs kurzweilige Unterhaltung reicht es aber allemal.
KURZFAZIT
90er-Jahre Stephen-King-Verfilmung, wie sie typischer kaum sein könnte.
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film/Serie #13
(Bei fast jeder Stephen King Verfilmung, die ich in den letzten Tagen kommentiert habe, war gefühlt schon die Hälfte meiner Buddies vor mir dran. Aber es gibt tatsächlich noch (fast) ungehobene Schätze wie diesen hier, den mit MichaelGG bisher nur ein einziger meiner Buddies bewertet hat.)
++ Enthält SPOILER ++
Ein Schriftsteller aus Maine... Och nö, nicht schon wieder! Aber halt, diese Geschichte und ihre Inszenierung haben tatsächlich einen doppelten – und vielleicht sogar dreifachen – Boden.
An der Oberfläche geht es um eine Witwe (Julianne Moore), die den Tod ihres Gatten (Clive Owen) betrauert und sich zugleich Sorgen um ihre Schwester macht, die seit einiger Zeit apathisch ihr Dasein fristet. Und da es Anzeichen gibt, dass beide Ereignisse miteinander zusammenhängen könnten, macht sich die Protagonistin auf die Spurensuche. Erschwert wird diese durch einen Stalker (Dane DeHaan), der zu massiven Gewaltausbrüchen neigt.
Auf ihren zahlreichen Erinnerungstrips erinnert sich Lisey an Erzählungen ihres Ehemannes über Ereignisse aus dessen Kindheit. Als Zuschauer ist man hier also mit einem Modus ganz besonders unzuverlässigen Erzählens konfrontiert. Scott gibt Lisey gegenüber Kindheitserinnerungen wieder, von denen zu keinem Zeitpunkt klar ist, inwiefern sie die realen Ereignisse widerspiegeln. Hat er im Lauf der Jahre Erinnerungslücken (mutwillig oder unfreiwillig) mit Fiktion aufgefüllt? Die Forschungsliteratur zu autobiographischem Schreiben ist reich an Beispielen, Argumenten und Belegen für die These, dass autobiographische Erzählungen zwangsläufig mit einem gewissen Grad der Selbststilisierung einhergehen müssen – und sei es nur bei der Auswahl der erzählten Episoden. Potenziert wird dieses Problem durch den Umstand, dass das Publikum die besagten Geschichten noch nicht einmal direkt von Scott, sondern aus den Erinnerungen von dessen Gattin Lisey erfährt (zumindest gibt es zahlreiche Indizien in der Inszenierung, dass es sich um keine „objektiven“ Rückblicke handeln dürfte). Auf diese Weise setzt sich 'Lisey's Story' also – neben der direkten Auseinandersetzung mit einigen Stationen aus der Vita des Schriftstellers Scott Landon – auf eine zweite Weise mit der Genese von Texten auseinander.
Zusätzlich verkompliziert wird dies durch die starke Verflechtung mit einer metaphorischen Metaebene, die durch zahlreiche Ausflüge in eine vermeintliche Phantasiewelt gekennzeichnet ist. Diese wiederum erweist sich als Ort des Schmerzes (gespeist aus vergangenen Ereignissen), aus dem der Schriftsteller einen wesentlichen Teil seiner Inspirationen bezieht. Andere Personen zieht es aus anderen Motiven an diesen Ort, aber das nur am Rande. Dorthin getrieben wird der Autor unter anderem auch durch fanatische Fans, die ihn regelrecht auszehren. Die Rolle der Verleger, Kritiker und Literaturwissenschaftler (die im Fall von 'Lisey's Story' in Personalunion abgehandelt werden) ist hier nicht minder zwielichtig, da sie es letztlich sind, von denen sich einige Fanatiker angetrieben sehen. Damit spricht aus diesem Text eine ähnliche Verachtung für Verleger wie aus der Adaption von 'Bag of Bones', die ebenfalls auf einer Vorlage von Stephen King beruht. Im letztgenannten Beispiel erscheint der Verleger jedoch eher als ahnungsloser Trottel, der dem Autoren Honig um's Maul schmiert, um die geliebte Cash Cow weiter melken zu können.
Doch zurück zur Inszenierung von 'Lisey's Story', der man zu jedem Zeitpunkt anmerkt, dass sie mit Pablo Larrain in die Hände eines Regisseurs gegeben wurde, der durch zahlreiche Werke wie beispielsweise 'Jackie' mehrfach unter Beweis gestellt hat, einen Stoff mit einer ganz eigenen Handschrift versehen zu können. Dabei zeigt er einen ganz eigenen Sinn für Dramaturgie und deren Präsentation. Nichtigkeiten werden teils mit dramatischer Musik unterlegt, während an anderer Stelle Ungeheuerlichkeiten mehr oder minder beiläufig präsentiert werden; fast so, als sollten sie an einem Teil des Publikums vorbeigeschmuggelt werden, während der Rest für eine aufmerksame Rezeption belohnt werden soll.. Bemerkenswert erscheint auch der Wechsel des Erzähltones zwischen den vier Erzählebenen, die hier gezeigt werden (Gegenwart, gemeinsame Zeit von Lisey und Scott, Kindheit von Scott sowie die „Zwischenwelt“ am See). Morbidität regiert dabei auf allen vier Ebenen, jedoch auf völlig unterschiedliche Weisen (inhaltlich und inszenatorisch), aber auch durch verschiedene Charaktere.
Am Ende fügt sich dann tatsächlich auch (fast) alles zusammen; zumindest in dem Sinne, dass die Mysterien, die zuvor etabliert wurden, auch aufgeklärt werden: Die Funktion des Leitmotivs „Wasser“, die Bedeutung der Zwischenwelt und ihres Wächters oder auch das gehäufte Auftreten des Borderline Syndroms, von dem gleich mehrere Charaktere geplagt sind. Kratertiefe Leerstellen bleiben jedoch bezüglich sämtlicher(!) Charaktere. Von Scott sind Episoden aus seiner Kindheit sowie seiner Zeit als Best Ager bekannt, dazwischen klafft eine rießengroße Lücke. Von Titel(anti-)heldin Lisey ist sogar noch wenig bekannt. Abgesehen davon, dass sie mit Scott verheiratet war und zwei Schwestern hat, weiß man im Grunde gar nichts über sie – von Details aus dem Leben ihrer beiden Schwestern ganz zu schweigen. Der Titel dieser Miniserie ergibt dennoch Sinn – inwiefern, soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden.
Unter dem Strich bleibt eine Miniserie, deren Inszenierung womöglich um zwei Episoden zu lang geraten ist, und die ganz gewiss nicht allen Stephen King Fans zusagen dürfte. So gesehen ist es vielleicht auch ganz gut, dass diese Produktion nicht bei einem Konkurrenten mit mehr Abonnenten veröffentlicht wurde und stattdessen bisher eher ein Nischendasein pflegt. Eine Zielgruppe dafür gibt es aber ohne jede Frage. Wer sich gerne auf Spurensuche auf einer Metaebene (oder gar mehreren) begibt, dürfte hier aber ganz gut aufgehoben sein – sofern man sich nicht an den wiederholt auftretenden Längen stört, die überwiegend im Erzählstrang in der Gegenwart auftreten und in diesem Sinne durchaus gewollt sein dürften, um die Leere und Trostlosigkeit, der sich Lisey ausgesetzt sieht, erlebbar zu machen.
KURZFAZIT
Stephen King macht aus seinem Schriftstellerherzen keine Mördergrube – obwohl es eine zu sein scheint...
Horrorctober 2022 Film #12
Augenzwinkernd erzählter Science Fiction Horror Roadtrip aus bzw. durch Spanien. Zwar ist 'The Passenger' keine Komödie (zumindest nicht primär), wirklich ernst nimmt sich die Inszenierung allerdings auch nicht. An mehreren Stellen wird bewusst übertrieben oder skurril überzeichnet und trotzdem liegt das Hauptaugenmerk auf dem Aufbau von Spannung und Atmosphäre – wobei allerdings auch in diesen Bereichen nur bedingt Bäume bzw. Körperteile ausgerissen werden. Einige Handlungsentwicklungen werden nur angedeutet, aber das reicht im Grunde auch.
Überhaupt kommt die Inszenierung vergleichsweise minimalistisch daher. Weite Strecken der Handlung sind als Kammerspiel inszeniert; verlassen wird das Wohnmobil eigentlich nur, wenn es unbedingt nötig ist. Diese Herangehensweise bringt eine relativ starke Fokussierung auf die Charaktere mit sich; bei dem Bedrohungsszenario, das um diese herum aufgebaut wird, erscheint es fast schon sekundär, worum es sich dabei genau handelt. Hätte man Zombies, Vampire oder Werwölfe auf die Charaktere gehetzt, hätte sich die Handlung vermutlich auch nicht grundlegend geändert.
Falsch macht man als Genrefan mit 'The Passenger' nichts, ein absolutes Highlight sollte man aber auch nicht erwarten.
KURZFAZIT
Dieser Passagier ist der garstige Cousin von 'Paul – In Alien auf der Flucht'.
Horrorctober 2022 Film: The King of Horror, Film #11
(Kein Horrorfilm, sondern eher ein Drama; kommt der Vollständigkeit halber bzw. als Exkurs aber trotzdem auf meine Stephen-King-Horrorctober-Liste)
Ein Fotograf (David Morse) erinnert sich an seine Kindheit zurück, in der er sich (gespielt von Anton Yelchin) mit einem etwas zwielichtigen - oder positiv formuliert: mit allen Wassern gewaschenen - Nachbarn (Anthony Hopkins) anfreundet, der eine Mischung aus Mentoren- und Vaterrolle für ihn einnimmt.
Die versierte Inszenierung durch Scott Hicks lässt kaum Wünsche offen. Die Atmosphäre des einen ganz besonderen Sommers in der Kindheit, ein Motiv, das in der Literatur und im Dramenkino ewig jung zu bleiben scheint, wird gut eingefangen. Spürbar merkt man dabei, dass in Regie- und Drehbuch sowie der Textvorlage großes Interesse für die Charaktere und deren jeweilige Motive gehegt wird. Die namhaften Darsteller tun ihr übriges dazu, indem sie ihre jeweiligen Rollen glaubhaft verkörpern. Darüber hinaus wird die Handlung ohne nennenswerte Längen erzählt. Im Grunde ist also alles für eine gelungene Filmsichtung angerichtet.
Bedauernswert ist allenfalls der fehlende Mut zu etwas mehr Originalität. Denn wie so oft bei Stephen King findet sich auch hier wieder – sogar in doppelter Form – das Motiv eines erwachsenen Mannes, der die Nähe zu einem Kind sucht. Bei aller Anerkennung für hochwertige Dramenverfilmungen wie diese hier: Bei dem enormen Output, den Stephen King an den Tag legt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass eine ganze Reihe an thematischen Motiven immer und immer wieder in seinen Werken auftaucht. Einige seiner Werke leben lediglich von neuen Konstellationen, in denen diese Elemente kombiniert werden. Aufgrund anderweitiger Qualitäten ist 'Hearts in Atlantis' aber wahrscheinlich das falsche Ziel für derartige Kritiken, daher bietet es sich an, derlei Gedanken in einem anderen Text freien Lauf zu lassen.
KURZFAZIT
The King of Horror erweist sich einmal mehr als (mindestens) The Prince of Drama.
Horrorctober 2022 Film: The King of Horror, Film #10
Ein Sturm zieht auf. Natürlich in Maine, wie sich bei Stephen King fast schon von selbst versteht. Schnell wird allerdings klar, dass die betroffenen Einwohner ein viel größeres Problem als schnöde Wetterkapriolen haben. Der Fund einer Leiche in der ansonsten eher beschaulichen Ortschaft kündigt jedenfalls Unheil an.
Über drei Filme hinweg werden dem Publikum zunächst die maßgeblichen Charaktere nähergebracht, ehe sich nach und nach ein doppeltes Bedrohungsszenario aufbaut. Zwar weist die Handlungen einige Längen auf, zwischendurch blitzen jedoch auch immer wieder kleinere Spannungsspitzen auf, die das Potential haben, viele Zuschauer bei Laune zu halten. Die Herkunft aus dem Fernsehen merkt man der Produktion mehr oder minder über die gesamt Laufzeit hinweg an. Mehrere Handlungselemente wiederholen sich mehrfach in ähnlicher Form. Oftmals ändern sich nur die beteiligten Personen und einzelne Details der Abläufe (etwa wenn Linoge Kontrolle über andere Personen ausübt). Die oberste Prämisse ist offenkundig, das Publikum lange genug vor dem Fernseher zu halten, was hier und da Abstriche bei der Dramaturgie zur Folge hat. Angesichts der stellenweisen Streckung der Ereignisse gerät selbst eine im US-Free-TV übliche Fünfaktstruktur an ihre Grenzen, was aber auf der anderen Seite auch eine gewisse Entschleunigung mit sich bringt. Für einen gemütlichen Filmabend sind die Voraussetzungen also gar nicht mal so schlecht, sofern man sich nicht an der offenkundigen Unterfinanzierung im Vergleich zu Kinoproduktionen stört.
5,5 Punkte mit leichter Tendenz nach oben.
KURZFAZIT
Über weite Strecken laues. aber gemütliches Lüftchen, das sich aber durch ein – für Stephen-King-Verhältnisse – halbwegs ungewöhliches Ende doch noch in den erinnerungswürdigen Bereich rettet.
++ Leichte SPOILER ++
Ostberlin, 1989. Die DDR liegt in ihren letzten Zügen und das Gift (aus Sicht des Zentralkomitees) des Westens wirkt immer tiefer in das Land hinein. Doch der Apparat und seine freiwilligen und unfreiwilligen Helfer regieren angesichts langsam davonschwimmender Felle nach wie vor mit harter Hand. Und so kommt es, dass die junge Individualistin Suzie (benannt nach Suzie Quatro) von heute auf morgen ihre Träume von einem Literaturstudium beenden muss, da sie mit einem Exemplar von George Orwells '1984' erwischt wird. Zur „Resozialisierung“ wird sie zwangsverpflichtet, in einem Betrieb Löcher in Metallplatten zu bohren. Recht viel weiter könnte sie von ihrem Traum nicht mehr entfernt sein. Doch wie der Zufall es will, haben das Schicksal und die Redaktion der Zeitschrift „Sibylle“ andere Pläne mit ihr.
Aelrun Goette schickt das Publikum in ihrem Drama 'In einem Land, das es nicht mehr gibt' gemeinsam mit der Protagonistin in die ostdeutsche Modewelt, die eine Insel inmitten ihrer Gesellschaft darstellt. Einerseits werden von dieser Branche Innovationen, Hoffnung und ein positives Lebensgefühl erwartet, andererseits sollen sich diese aber nur binnen klar definierter Leitplanken bewegen. Bei aller Vielfalt des beteiligten Personals erweist sich die Modewelt in der DDR als Sammelbecken von Freigeistern, die sich aber auch innerhalb ihres Umfeldes nie in Sicherheit wiegen können. Und doch bietet diese kleine Parallelwelt im Herzen des Stasi-Staates gewisse Freiräume zur inneren oder auch gemeinsamen Rebellion. Kein Wunder, dass im Rahmen der Erzählung auch Verknüpfungen zum Nacktbaden, zu alternativen Musikszenen sowie zu weiteren Subkulturen verwoben werden. Die Möglichkeiten, sich dem System ein Stück weit zu entziehen, sind eben auf wenige Felder begrenzt und selbst dort ist es nur diesseits enger Grenzen möglich.
Und genau diese Grenzen sind es, die mittels der Handlung von 'In einem Land, das es nicht mehr gibt' ausgeleuchtet und ausgelotet werden. Dabei schwingt stets eine gewisse Unsicherheit mit, denn nicht wenige Menschen sind eben auch der Willkür einzelner Funktionäre ausgeliefert. Zudem geschehen immer wieder Dinge, deren Verlauf sich nicht mit absoluter Sicherheit rekonstruieren lässt. Fragen wie „Wer hat wen verraten?“ oder „Wo ist diese oder jene Person verblieben?“ werden in diesem Sinne auch an das Publikum herangetragen und lediglich auf unzuverlässige Art beantwortet. Letztlich muss man sich auf die Antworten und Aussagen einzelner Charaktere verlassen, wodurch oftmals ein Rest von Zweifeln übrig bleiben kann.
Die Behandlung derartiger Problemstellungen erweist sich letzten Endes dann auch als vielleicht größte Qualität dieser Inszenierung. Von der Handlung selbst wird zwar behauptet, sie sei inspiriert von wahren Begebenheiten, aber wie hinlänglich bekannt sein dürfte, ist dies die wahrscheinlich unverbindlichste Form einer Berufung auf reale Begebenheiten. Einerlei. Geglückt ist Aelrun Goette schließlich eine kurzweilige Erzählung, deren Blick auf das Verhältnis von Individualität und verlangtem Konformismus mindestens ebenso interessant ist wie die Oberflächen-Handlung an sich.
Smartass prattle: 'More' von The Sisters of Mercy wurde am 1. Oktober 1990 – und somit erst nach den Ereignissen im Film – veröffentlicht. Äußerst unwahrscheinlich also, dass der Song bei einer Underground-Show zu DDR-Zeiten verwendet werden konnte...
KURZFAZIT
Die Bürger sind eingesperrt, doch die Gedanken sind frei.
[Smartass prattle again: @MP (auch wenn das höchstwahrscheinlich niemals von der Redaktion gelesen wird): Wie kommt ihr auf die Idee, Aelrun Goette könnte ein Mann sein?]
Horrorctober 2022 Film: The King of Horror, Film #9
(Kein Horrorfilm, sondern eher ein Thriller; kommt der Vollständigkeit halber bzw. als Exkurs aber trotzdem auf meine Stephen-King-Horrorctober-Liste)
Normalo gegen Unterweltboss.
Die erste Hälfte des Filmes wirkt (ähnlich wie dieser Kommentar) lieblos hingeklatscht und auch nicht besonders liebevoll montiert. In ziemlich sprunghafter Manier erfolgt ein relativ unstrukturierter Wechsel zwischen den beiden Haupthandlungssträngen, wodurch der Aufbau einer einnehmenden Atmosphäre naturgemäß weitgehend auf der Strecke bleibt. In erster Linie lebt diese Inszenierung von ihrem durchgeknallten Schlussdrittel. Plausibilität spielt dabei zwar allenfalls eine Nebenrolle, aber wenigstens lässt Regisseur Jeff Beesley der Konfrontation freien Lauf. Doch für nicht wenige Zuschauer dürfte das Kind zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon in den Brunnen bzw. ins Loch gefallen sein. Immerhin hat durch das Zusammenlaufen der beiden Erzählstränge der stakkatohafte Wechsel ein Ende, sodass sich zumindest Spuren von Immersion ihren Weg bahnen können.
Wenn man nicht nur fünf, sondern auch vier Komma sechs sieben acht drei gerade sein lassen kann, könnte eine Sichtung durchaus Sinn machen, denn zumindest das Duell der beiden Streithähne hat durchaus seinen Reiz. Die Regie allerdings reißt hier maximal Zimmerpflanzen statt Bäumen aus, was das Vergnügen dann doch etwas trüben kann, wenn man viel Wert auf die Präsentation legt.
KURZFAZIT
Trockener Beginn, drastisches Ende.
(Liste wird bis Monatsende laufend aktualisiert)
7. Horroctober meinerseits, 7. Motto. Nach Filmreihen, Horror-Weltreise, Horrorkreaturen, Geheimtipps, Horror-Zeitreise und dem HorrOSCARtober ist nun Stephen King an der Reihe. Dieses Thema war ohnehin schon lange geplant, umso passender, dass er gut eine Woche vor dem diesjährigen Oktober seinen 75. Geburtstag feierte. Ein guter Zeitpunkt also, um Lücken bzgl. seiner Verfilmungen zu schließen und Werke aufzufrischen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Ob Spielfilm, TV-Film, TV-Mehrteiler oder (Mini-)Serie spielt dabei keine Rolle, denn von allem wird etwas dabei sein. On top kommen ein paar Horrorfilme, die nicht aus der Feder von Stephen King stammen sowie einige Filme, die zwar auf Werken von Stephen King basieren, aber nicht dem Horrorbereich zuzurechnen sind.
Bei aller berechtigten Kritik an den oft unterirdischen MP-"News"-Artikeln: Zumindest dieser hier ist als Grundlage für Stephen King Festspiele sehr hilfreich (und wird offenbar nach wie vor aktualisiert). Daher ausnahmsweise mal eine News-Artikel-Verlinkung von mir:
https://www.moviepilot.de/news/stephen-king-verfilmungen-alle-76-filme-und-serien-im-uberblick-und-stream-1120171
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film #8
Ein junger Mann mit einer äußerst ungesunden Beziehung zu seiner Mutter (Brady Hartsfield aus 'Mr. Mercedes' lässt grüßen) bandelt mit der jungen Tanya (Mädchen Amick) an. Dumm nur, dass der Sohn und die Mutter auf völlig unterschiedliche Weise an der Highschool-Schülerin interessiert sind.
Stephen King ist hier gleich in doppelter Funktion involviert, indem er sowohl als Drehbuchautor als auch in einer kleinen Nebenrolle mitwirkt. Abgesehen davon ist 'Schlafwandler' innerhalb des Kanons an King-Verfilmungen allerdings kaum der Rede wert. Die Handlung müffelt an mehreren Stellen nach Trash. Schrecken und Spannung halten sich ebenfalls in Grenzen, was aber nicht heißen soll, dass der Film zwangsläufig langweilig sein muss. Wer es gerne cheesy mag, kann mit der Sichtung durchaus etwas Spaß haben.
KURZFAZIT
Ein Film wie ein Biss mit stumpfen Zähnen.
Horrorctober 2022 Film: The King of Horror, Film #7
Ruhiges Horrordrama, das auf einem Roman von Stephen King basiert. Die Betonung bei der Genrezuordnung liegt ganz klar auf Drama, denn Horrorelemente findet man nur punktuell – überwiegend in den Albtraumszenen. Für Schrecken im Alltag wird zwar auch gesorgt, aber dessen Quelle liegt derart nahe an der Realität, dass eben der Dramenaspekt überwiegt. In inhaltlicher Hinsicht kommt dieser Film zwar enorm risikoscheu – und bisweilen sogar recht schludrig – daher, in handwerklicher Hinsicht ist 'Bag of Bones' für eine TV-Produktion jedoch vergleichsweise ambitioniert geraten. Die Kameraarbeit fällt grundsolide aus und mit Pierce Brosnan, Melissa George, Annabeth Gish und einigen anderen bekannten Namen dreht man für Fernsehverhältnisse ein relativ großes Rad. Und so ergibt sich eine gewisse Lücke zwischen Form und Inhalt, denn die Auflösung des Mysterium fällt völlig indiskutabel aus.
++ Massiver SPOILER bzgl. des Endes ++
Nicht nur, dass man mit der Zersetzung der körperlichen Überreste (die noch erstaunlich gut erhalten erscheinen) den denkbar einfachsten Weg gewählt hat; auch angesichts der entsprechenden (vermutlich unbeabsichtigten) Implikationen kann man eigentlich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Katharsis und die Entschärfung der Bedrohung sollen also dadurch vollzogen werden, dass die Leiche der 1939 vergewaltigten Frau mehrere Jahrzehnte später erneut geschändet werden soll – zwar nicht in sexueller Hinsicht, aber im Sinne einer Zerstörung. Würde man auch noch die entsprechenden gesellschaftspolitischen Implikationen berücksichtigen, fiele das Urteil noch verheerender – oder bestenfalls ambivalent – aus. Weiße Männer vergewaltigen eine afroamerikanische Frau und ermorden anschließend sie und ihre Tochter. In den folgenden Dekaden kommt das Thema immer wieder auf den Tisch und lässt sich nur durch die Vernichtung der Leichen der Verbrechensopfer beenden. Natürlich kann man es auch umgekehrt sehen: Niemand sollte damit rechnen, mit solchen Taten ungeschoren davonzukommen. Allerdings wird hier der Preis für die Verbrechen ja überwiegend von den Nachkommen der Täter bezahlt. Man hätte den Fluch auch derart ausgestalten können, dass er mit dem Tod des letzten Tatbeteiligten endet; dann wäre Protagonist in Bezug auf den Altenheimbewohner in ein schwieriges Dilemma geraten. Aber man hat eben lieber den bequemeren Weg gewählt.
Bezieht man die Thematik nicht nur auf die besagten Individuen, sondern auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, wird es richtig gruselig. Aber da man getrost davon ausgehen darf, dass derartige Aussagen seitens des Autors und der Regie nicht intendiert sind, sind diese Gedanken ganz ausdrücklich NICHT als Rassismusvorwurf gemeint. Allerdings erwecken derlei Aspekte den Eindruck, dass das Skript mit heißer Nadel gestrickt worden sein könnte, wofür auch spricht, dass hier erneut allerlei Bausteine aus Stephen Kings Themen- und Motivbaukasten sowie dem allgemeinen Horrorthemenfundus (wie so oft) Eingang in die Erzählung fanden. Ein Schriftsteller als Protagonist, der seitenweise denselben Text in seinem Skript stehen hat, eine tote Figur, die mittels Telefon Kontakt zu einem Hinterblieben aufnimmt, ein abgeschiedenes Haus, in dem rätselhafte Dinge vor sich gehen usw. Vielleicht ist gerade das Motiv des Autors Mike, der unter Zeitdruck ein Werk aus dem Hut zaubern soll, als augenzwinkernder selbstreferenzieller Hinweis gemeint.
KURZFAZIT
Alte Knochen in einem modrigen Sack.
Ruhiger (wenn auch klischeehafter) Beginn, schludriges Ende.
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film #6
Eines muss man Stephen King lassen: Auf einzelne Horrorsubgenres einengen lässt er sich nun wirklich nicht. Von Horrordramen über Sci-Fi-Horror bis hin zu Geschichten über Psychopathen oder gar Vampire ist so ziemlich alles mit dabei. Da darf natürlich auch ein Werwolf-Schauermärchen nicht fehlen.
Die Geschichte an sich ist kaum der Rede wert, doch nicht zuletzt durch einige Humoreinlagen werden die Kohlen aus dem Feuer geholt. Die Werwolfjagd des aufgebrachten Mobs oder der Albtraum von der Massenverwandlung in der Kirche gehen dabei fast schon in Richtung Klamauk. Was an Schrecken nicht – oder allenfalls ansatzweise - vorhanden ist, wird hier eben durch Spaß wieder wettgemacht. Dementsprechend fallen dann auch die Gefährte des Protagonisten aus. Lupenreiner Horror ist das keineswegs, für solide Unterhaltung reicht es aber allemal.
KURZFAZIT
Dass Wölfe regelmäßig heulen, könnte mit den Verwandlungstricks in diesem Machwerk zusammenhängen...
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film #5
++ Minimale SPOILER ++
Zwei Durchreisende verirren sich an einem Ort, an dem die Regeln der uns bekannten Physik außer Kraft gesetzt zu sein scheinen. Zunächst wird kurz in Richtung 'Kinder des Zorns' angetäuscht, doch schon bald entwickelt sich die Geschichte in eine völlig andere Richtung. Denn der Kern der Handlung kreist vielmehr um eine Reduktion der Charaktere auf das Wesentliche und ihr Verhalten in Extremsituationen. In seinen stärksten Momenten erinnert 'Im hohen Gras' an Vincenzos 'Cube' (beispielsweise in Bezug auf die beweglichen Parzellen im Feld), in den schwächeren an Stephen Kings 'Under the Dome' (etwa während der Szenen am Felsbrocken).
Während zu Beginn offenbar viel Wert auf eine gewisse Rätselhaftigkeit und eine ansprechende Atmosphäre gelegt wird, zeigt sich gegen Ende, dass hinter dem Mysterium wohl doch nicht so viel Bedeutung und Relevanz steckt, wie vielleicht anfangs zu vermuten war. Auch auf die Gefahr hin, Natali und King unrecht zu tun: In erster Linie ersheint die Geschichte selbstzweckhaft. Eine gewisse Doppelbödigkeit wird zwar angedeutet, aber allenfalls rudimentär ausgearbeitet. Aus diesem Grund kann sich durchaus der Eindruck einer verpassten Chance einstellen – wie man es eben auch von 'Under the Dome' kennt.
KURZFAZIT
Stark angefangen, aber dann im Dickicht verheddert.
Aktuell neigen sich die Dreharbeiten für die dritte Staffel von 'Der Pass' dem Ende entgegen, eine Veröffentlichung ist offenbar für das zweite Quartal 2023 bei Sky und für die zweite Jahreshälfte 2023 auf ZDF anberaumt. Derzeit ist eine Unit in der Gegend um Bodenmais unterwegs und wird dort noch rund zwei Wochen lang drehen.
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Und bei der Gelegenheit gleich noch einen zweiten kurzen "Erlebnisbericht" von letzter Woche, der eigentlich zu einer ganz anderen Serie gehört. Aber da man bei MP per Mitmachmodul nur Serien einreichen darf, die bereits veröffentlicht wurden, poste ich es halt hier:
Paramount+ wird zeitnah nach dem Launch auch auf deutschsprachige Inhalte setzen. Aktuell wird an einer Adaption von Tommy Krappweis und Michael Kesslers 'Kohlrabenschwarz' gearbeitet. Gedreht wird überwiegend in der Gegend rund um Rosenheim. Letzte Woche (30.09.2022) wurden in und vor einem Antiquitätenladen in Schliersee diverse Einstellungen u.a. mit Bettina Lamprecht gedreht. Die kurze Dauer vieler Takes könnte womöglich auf eine vergleichsweise hohe Schnittfrequenz hindeuten (zumindest gemessen an vielen etwas beschaulicheren Serien aus Oberbayern). Einige hundert Meter weiter war ein zweites Set aufgebaut, das aber möglicherweise zu einer anderen Produktion gehört (habe dort niemanden gefragt).
Gina Prince-Bythwoods 'The Woman King' bietet rund 135 Minuten auf Zelluloid bzw. digitale Speichermedien gebannte Ambivalenz. Augenscheinlich wird das bereits mit Blick auf den äußeren Rahmen der Handlung. Erzählt wird – etwas überspitzt formuliert – eine Geschichte mit inhaltlichen Anleihen bei Veröffentlichungen wie 'Roots', die in einer Struktur dargeboten wird, die an zahlreiche Produktionen aus dem Superheldenkino erinnert. Es beginnt mit einem Prolog in Form einer massiven Konfrontation, ehe eine Figur eingeführt wird, die einer verschworenen Gruppe beitritt und sich dort ihrer eigenen Fähigkeiten gewahr wird. Nach einer Phase des Trainings kommt es zu einer zunehmenden Eskalation, ehe einige maßgebliche Charaktere nach ungefähr vier Fünfteln der Laufzeit in eine (fast) ausweglose Situation geraten.
Inhaltlich setzt das Drehbuch, das aus der Feder von Maria Bello und Dana Stevens stammt, keineswegs ausschließlich auf schwarz-weiß Malerei, sondern ganz ausdrücklich auch auf Grautöne. Angesiedelt ist die Geschichte in Zeiten, die derart finster sind, dass nicht nur Europäer, sondern auch einige Afrikaner gut am Sklavenhandel verdienen; und das bezieht sich keineswegs ausschließlich auf die Antagonisten, sondern teilweise auch auf die Protagonisten. Inszeniert ist die Verfilmung einerseits mit einem guten Gespür für Details, auf der anderen Seite ist sie jedoch in seltsam sterilen Kulissen angesiedelt, die mitunter eher an einen Freizeitpark erinnern. Als zweischneidiges Schwert erweist sich zudem das Gefühl, dass die gesamte Produktion eher den Geist der 2020er Jahre als den der 1820er Jahre zu atmen scheint. Dies ermöglicht eine modernere Sicht auf die Dinge als in Produktionen, deren Veröffentlichung schon mehrere Jahrzehnte zurückliegt, sorgt in manchen Szenen jedoch auch für etwas Stirnrunzeln und den Eindruck, womöglich auch einige Anachronismen zu beobachten. Dass diese in vielen Inszenierungen ganz bewusst gesetzt werden, um die Handlung stärker in der Gegenwart der Zuschauer zu verankern, ist davon natürlich unbenommen. Ein vergleichbarer Befund lässt sich für die Kampfszenen treffen. Einige von diesen sind wuchtig inszeniert, stellenweise setzen die Widersacher aber auch nur einen einzigen Angriff, um sich anschließend bereitwillig verprügeln zu lassen.
Und so stellt sich der Eindruck eines durchaus unterhaltsam inszenierten Werkes ein, bei dessen Umsetzung offenbar zwar großer Wert auf Zwischentöne gelegt wurde, hier und da aber auch ganz bewusst in die Vollen gegangen wurde. Alleine schon wegen des doch recht unverbrauchten Ansatzes gibt es sicherlich schlechtere Kandidaten für eine Sichtung. Letztlich steht und fällt im Fall von 'The Woman King' alles ganz besonders mit der persönlichen Gewichtung der Stärken und Risiken diverser Regieentscheidungen.
KURZFAZIT
Frischer Wein in gebrauchten Schläuchen.
Horrorctober 2022 Film: The King of Horror, Film #4
(Kein Horrorfilm. Aber da die Geschichte aus der Feder von Stephen King stammt, einzelne Horrormotive Eingang in die Erzählung finden und Schrecken menschlichen Handelns den wesentlichen Teil der Geschichte ausmachen, nehme ich den Film trotzdem mit in die Horrorctober-Liste auf.)
++ Leichte SPOILER ++
Ein (in Bezug auf seine Noten) erfolgreicher Schüler und ein früherer Kriegsverbrecher verbringen viel Zeit gemeinsam und entwickeln dabei eine ganz eigene Beziehungsdynamik. Der Schüler erpresst den ehemaligen SS-Offizier und dieser mogelt sich Schritt für Schritt in eine Art Mentorenrolle, von der aus er sein Gift wirken lassen will, indem er bei dem Jugendlichen eine gewisse Faszination für das Böse zu entfachen versucht.
Auch wenn es sich hierbei um keine von Stephen Kings konventionellen Horrorstories handelt, so stehen auch hier menschliche Abgründe im Kern der Geschichte. Gerade aufgrund der Tatsache, dass die Hintergründe der Erzählung auf historischen Ereignissen basieren, wirkt der von Ian McKellen dargestellte Charakter realer und bedrohlicher als viele „klassische“ Horrorfiguren. Von seiner Vergangenheit hat er sich keineswegs losgesagt, sondern er wirkt nun eben verborgen im Alltag. The evil next door, wenn man so möchte. Viele Menschen, die in der Nachkriegszeit aufgewachsen sind, können sicher ein Lied davon singen. Skizziert wird hier ein Verlauf, in dem das Böse auch noch weit in die Gegenwart und Zukunft hineinwirken – und in gewisser Weise auch infektiös wirken – kann. Ein Krieg endet eben nicht zwingend mit der Einstellung der Kampfhandlungen, sondern kann auch noch Jahrzehnte später Menschen beeinflussen, deren Taten ihrerseits wiederum Wellen schlagen können.
Regisseur Brian Singer ('X-Men') kann hier neben Ian McKellen mit Brad Renfro, Joshua Jackson, David Schwimmer, Ann Dowd oder Bruce Davison auf eine Reihe bekannter Namen und Gesichter bauen. Besonders McKellen bekommt dabei eine große Last auf seine Schultern gelegt, die er routiniert zu stemmen vermag. Und so bleibt am Ende ein durchaus unangenehmes Drama mit Hang zum Thriller, das nicht nur für Genrefans interessant sein dürfte.
Kurios: Schnitt und Musik kommen hier durch John Ottman, der nebenbei auch noch als Produzent fungiert, aus derselben Hand.
KURZFAZIT
Unkraut vergeht nicht. Doch das Böse kann auch Unkraut problemlos überdauern.
Horrorctober 2022: The King of Horror, Film #3
Ein Jugendlicher verbringt seine Nachmittage mit einem zwielichtigen Greis und lässt sich zunächst in dessen Gedankenwelt ziehen. Stephen Kings Mysterydrama 'Mr. Harrigan's Phone', das allenfalls Spuren von Horror aufweist, startet also mit einer ähnlichen Prämisse wie auch 'Der Musterschüler', dessen literarische Vorlage aus der Feder desselben Autors stammt. Doch schnell wird klar, dass hier von einem ähnlichen Startpunkt aus in eine völlig andere Richtung gezogen wird. Auch wenn es in beiden Filmen letztlich um Vergeltung geht, so könnten der „Versuchsaufbau“ und die Konzeption der maßgeblichen Charaktere unterschiedlicher kaum sein.
Im Mittelpunkt steht die Freundschaft eines eher introvertierten Jugendlichen zu einem ganz offenkundig skrupellosem Geschäftsmann, von der beide auf völlig unterschiedliche Weise profitieren. Ob es für die Erzählung der Geschichte wirklich nötig ist, derart großen Wert auf die Herstellernamen der Smartphones (und sogar auf ein Ranking in Sachen Reputation) zu legen, sei mal dahingestellt. Regie und Drehbuch fangen derlei Anwandlungen durch einige satirische Zwischentöne zumindest teilweise wieder ein (so finden unter den Smombies während der Mittagspause quasi keinerlei konventionelle Gespräche statt), aber am Ende bleibt dennoch der Eindruck einer etwas unnötigen Markenfixierung.
Was unter dem Strich bleibt, ist eine ruhig erzählte Geschichte über Schuld und Sühne, die mit einigen rätselhaften Ereignissen angereichert wird, die am Ende auch nur andeutungsweise aufgelöst werden. Hier und da werden kleine Querverweise zu anderen Geschichten aus der Feder Stephen Kings eingestreut, von denen sich eine ganze Reihe alleine schon aus dem Ort des Geschehens ableiten lässt (die Handlung ist einmal mehr in Maine angesiedelt). Kompromisslosen Horror sollte man besser nicht erwarten; stattdessen wird eine grundsolide inszenierte Mischung aus Mysterydrama und -thriller geboten, die hier und da auch kleinere Abstecher in das Horrorgenre macht.
KURZFAZIT
Dial your friend for murder.
Horrorctober 2022 Film #2
Die gewalttätige Leena hat nur noch bedingt Lust darauf, weitere Jahre in der Psychiatrie zu verbringen - das wird bestimmt eine Mordsgaudi! Fraglich nur, für wen.
Ganz einfach wird es für sie aber dann doch nicht, denn ihre (Adoptiv-)Mutter Tricia legt selbst eine gewisse Angriffslust an den Tag. Auch wenn der Ausgang der Situation schon von vornherein klar ist, entspinnt sich aus dieser Prämisse ein durchaus unterhaltsamer Konflikt, bei dessen Schilderung hier und da allerdings über das Ziel hinausgeschossen wird. In Sachen Plausibilität schrammt das Drehbuch an mehreren Stellen an der Glaubwürdigkeitsgrenze entlang. Aber sofern man nicht alle Einzelheiten auf die Goldwaage legt, kann man mit der Sichtung von 'Orphan: First Kill' durchaus Spaß haben.
Drehbuchautor David Coggeshall und Regisseur William Brent Bell greifen dabei eine ganze Reihe an Handlungselementen und Motiven aus dem Vorgängerfilm auf und verweben sie mit der Handlung des Prequels. Dabei gehen sie derart konsequent vor, dass sogar die Farbgebung oder auch Jimmy Durantes Song 'The Glory of Love' eine nicht ganz unwesentliche Rolle in der Erzählung einnehmen. Auf diese Weise erhält das in manchen Aspekten fast schon aufreizend konventionell gestaltete Drehbuch dann doch eine gewisse Würze. Man merkt der Produktion an, dass hier eine Crew am Werk ist, die weiß, wo die Wurzeln ihres Stoffes liegen und einen Weg gefunden hat, mit der Erwartungshaltung der Fans umzugehen, ohne neue Zuschauer auszuschließen. Im Falle weiterer Episoden dürfte man aber vermutlich vor der Herausforderung stehen, dem bisherigen Konzept treu zu bleiben und dennoch nicht auf das Glatteis der Redundanz zu geraten.
KURZFAZIT
Früher war alles...
...genauso böse!
Horrorctober 2022 Film #1
(Re-Watch anlässlich der VÖ des Prequels)
Böse Kinder haben bekanntlich eine lange Tradition im Horrorgenre. Selbst aus der Perspektive von 80er Jahre Produktionen wie 'Kinder des Zorns' kann man dabei auf eine lange Herkunftslinie zurückblicken, die beispielsweise 1956 mit Mervyn LeRoys 'The Bad Seed' einen vorläufigen Höhepunkt fand, was sich sogar in vier Oscarnominierungen niederschlug.
Anno 2009 folgt mit dem Waisenkind Esther jedenfalls ein weiterer Satansbraten, der nach einem verhaltenen Beginn immer stärker auf eine Eskalation hinarbeitet. Der Weg, den die Erzählung nimmt, ist im Grunde bereits von Anfang an vorgezeichnet, also bietet es sich für die Regie an, besonders über die Atmosphäre zu punkten. Dies gelingt anhand der verschneiten Szenerie durchaus gut, da dadurch die Unterkühltheit der Protagonistin und ihres Verhältnisses zur Adoptivfamilie höchst anschaulich unrahmt wird. Als zweite Stütze der Inszenierung erweist sich der Cast, der mit einer ganzen Reihe bekannter Namen und Gesichter aufwartet (u.a. Vera Farmiga, Peter Sarsgaard, CCH Pounder, Margo Martindale). Sogar Leonardo DiCaprio ist in gewisser Weise involviert, jedoch nicht vor der Kamera, sondern als Produzent.
Zur Handlung an sich gibt es nicht viel zu sagen, da hier auf überwiegend ausgetretenen (oder positiv formuliert: bewährten) Pfaden gewandelt wird und bei aller Berechenbarkeit der Geschichte nicht noch zusätzlich gespoilert werden sollte. Als Genrefan ist man dabei insofern auf der sicheren Seite, dass hier zuverlässig genau das geliefert wird, was im Vorfeld zu erwarten war.
KURZFAZIT
Möder(innen) haben kurze Beine.
Nachdem es fast schon zur Thrillertradition gehört, immer wieder mal Geschichten über verschwundene Menschen zu verfilmen und nachdem George Sluizer mit 'Spurlos verschwunden' (NL, 1988) und 'Spurlos' (USA, 1993) sogar zwei mal denselben Stoff über eine Frau, die an einer Tankstelle zuletzt gesehen wurde, auf die Leinwände und Bildschirme brachte, lässt sich mit Plots wie diesem hier ganz gewiss kein Innovationspreis mehr gewinnen. Dementsprechend bemühen sich Drehbuchautor Marc Frydman und Regisseur Brian Goodman auch gar nicht erst, hier auch nur einen Funken neuer Ideen unterzubringen. Stattdessen verlässt sich die Crew offenbar voll und ganz auf einen physisch enorm präsenten Gerard Butler, dessen Filmfigur im Verlauf der Handlung immer wütender wird. Mit rabiaten Methoden bahnt er sich seinen Weg vorbei an diversen Delinquenten. Er wird dabei begleitet von einer oftmals etwas wackeligen Kamera, die offenbar einen halbdokumentarischen Stil suggerieren soll.
Wirklich überzeugende Gründe für eine Sichtung sind rar gesät. Einige vermeintliche Wendungen stinken kilometerweit gegen den Wind und auch die Eröffnungssequenz, die wohl eigentlich Spannung erzeugen soll, entpuppt sich eher als Schuss in den Ofen. Komplett schlecht ist 'Chase' aber keineswegs; zumindest ein Vorteil vieler Produktionen, die das Risiko scheuen wie einige Rednecks im Film Wasser und Seife. Das Produktionsteam spult eben routiniert sein Programm ab und begnügt sich völlig damit, einen durch und durch mittelmäßigen Film abzuliefern. Für Fans von Actionthrillern kann sich eine Sichtung auch durchaus lohnen – aber nur, wenn man nicht sehr viel mehr als solide Durchschnittskost erwartet.
KURZFAZIT
Stangenware – aber immerhin straff in Szene gesetzt.
++ Enthält indirekte SPOILER ++
Wer würde nicht gerne in Pleasantville leben oder in der Truman Show mitwirken? Oftmals sind es die ProtagonistInnen (hier ausnahmsweise mal ganz bewusst gegendert). Glücklicherweise ist dies im Falle des Victory Projects völlig anders...
Alice und Jack genießen ihr leben in einer Vorzeige-Wüstensiedlung in vollen Zügen. Opulente Mahlzeiten und extatische Ausschweifungen stehen schließlich an der Tagesordnung. Doch irgendetwas stört die traute Idylle. Die Requisiten und Kulissen wirken nicht bis ins allerletzte Detail stimmig und es treten diverse Störfeuer von außen auf. Wer mit den grundlegenden Genregepflogenheiten des Horrorfilms vertraut ist (also sicherlich ein sehr große Zahl an Zuschauern), dürfte hier recht schnell ahnen, worauf diese Mischung aus Psychothriller, Gesellschaftsdrama und Science Fiction zusteuern soll. Regisseurin Olivia Wilde übernimmt also diverse Motive aus dem Horrorsektor und überträgt sie auf ihren ganz eigenen Genremix. Grundsätzlich vermag diese Herangehensweise auch durchaus zu verfangen, jedoch mangelt es stellenweise auch an etwas mehr Mut zu eigenen Akzenten. In musikalischer Hinsicht gelingen diese jedoch deutlich hörbar. Der Soundtrack setzt auf diverse Klassiker, die zumeist thematisch passend zum Geschehen eingesetzt werden. Noch viel deutlicher allerdings bringt sich Komponist John Powell in Erinnerung, dessen Score nicht nur Stimmungen hör- und erlebbar macht, sondern auf diese Weise auch ganz maßgeblich zum stilistischen Design beiträgt, von dem 'Don't Worry Darling' geprägt ist. Erschaffen wird auf diese Weise eine Atmosphäre, die ebenso steril wie morbide wirkt – und so auch das inhaltliche Geschehen unterstreicht.
Wirklich subtil ist der Modus, in dem Wilde ihre Botschaft vorträgt, jedoch nicht. In einer von Männern dominierten Welt, in der sich diese in beispielloser Vetternwirtschaft gegenseitig Privilegien zuschanzen – und einige Frauen aus persönlichen Motiven das System mittragen – möchte sie ein Bewusstsein für die besagte Situation schaffen; denn das Erkennen und die Akzeptanz eines Zustandes seien die ersten Schritte auf dem Weg zum „Erwachen“. Mit einer despektierlichen Äußerung über „Miss Flo“ und den Gerüchten über eklatante Unterschiede zwischen den Gagen für die beiden maßgeblichen DarstellerInnen konterkariert Wilde ihre Aussage jedoch selbst gleich in mehrerlei Hinsicht, da gerade in Bezug auf Harry Styles Vergütung ein kaum verhohlener Vorwurf der Vetternwirtschaft ebenso mitschwingt wie der eines Gender-Gaps – ausgerechnet bei einer Produktion dieser Thematik.
Während das reine Ergebnis auf der Leinwand in vielen Facetten (wenn auch nicht in allen) also durchaus ambitioniert daherkommt, so dürfte man sich mit einer Reihe von Skandalmeldungen im Vorfeld der Veröffentlichung nur sehr bedingt einen Gefallen getan haben. Hollywood ist dann eben doch nicht Pleasantville, aber ironischerweise scheint auch bzw. ausgerechnet Olivia Wildes Zweitling eine bedeutendere Dosis „Victory Project“ zu enthalten, als es den Produzenten und Drehbuchautoren lieb sein dürfte.
KURZFAZIT
Stil und Inhalt enthalten zahlreiche Anleihen aus hinlänglich bekannten Subgenreklassikern; kreativ ist hingegen deren Kombination.
Oscar Madness Film 304 (8 Nominierungen)
Baz Luhrmann ist nicht einfach nur ein Name, sondern mausert sich immer mehr zur Marke – und liefert genau das, was der Großteil seines Publikums gerne sehen möchte. Wer ein visuell aufwändig durchkomponiertes Werk erwartet, kann sich auf Luhrmann verlassen; wer aber auf ein Drehbuch hofft, dessen Ambitionen in den Himmel wachsen, kann getrost auf andere Biographien zurückgreifen. Insofern ist 'Elvis' ein durchaus ehrlicher Film. Der Fokus der Erzählung liegt auf dem Verhältnis des King of Rock 'n' Roll zu seinem Manager „Colonel Tom Parker“ (die Anführungszeichen wurden ganz bewusst gesetzt), aber auch andere Episoden seines beruflichen und privaten Lebens werden nicht außer Acht gelassen. Man kann sicher trefflich über die Akzentuierung einzelner Aspekte streiten, aber im Großen und Ganzen ist die Spieldauer von gut zweieinhalb Stunden vollgepackt mit einer Menge an Stationen aus der Vita von Elvis. Während die erste Hälfte nur so vor Energie strotzt (und phasenweise auch etwas hektisch und gehetzt wirkt, was sich auch in der Montage widerspiegelt), kommt die Erzählung während der zweiten Hälfte deutlich gesetzter daher, was gewissermaßen auch mit einem schleichenden Antriebsverlust des Protagonisten korreliert. Vielleicht hätte man in dieser Hinsicht noch einen weiteren Schritt gehen und auch die letzte Karriere- und Lebensphase des Musikers, Schauspielers und Entertainers mit filmischen Mitteln deutlicher abbilden können, doch das wäre zwangsläufig nur auf Kosten der Tonalität und Ästhetik des Gesamtkonstrukts gegangen, weshalb durchaus nachvollziehbar erscheint, dass dieser Weg nur teilweise bestritten wurden (etwa in Bezug auf die Farbgebung). In letzter Konsequenz hätte sich dadurch womöglich auch eine völlig andere Zielgruppe ergeben.
Ähnlich ambivalent verhält es sich mit Teilen der Besetzung. Tom Hanks dürfte das wahrscheinlich beste Beispiel hierfür sein. Auf der einen Seite ist er sich nicht zu schade, bei der Darstellung seines Charakters Grenzen zu überschreiten, auf der anderen Seite kann dadurch vielleicht auch etwas „Alltagsnähe“ verloren gehen. Und so scheiden sich eben die Geister an seiner Darbietung. Weitgehend unstrittig sein dürfte jedoch die Leistung von Mark Coulier, Jason Baird und Aldo Signoretti, die Hanks einer bemerkenswerten optischen Verwandlung unterzogen haben. Doch nicht nur das Make-up, sondern auch die Kostüme und das Szenenbild tragen zur Schaffung der sehenswerten Bilderwelten bei, die durch aufwändige Kameraarbeit (Mandy Walker) auf die Leinwand gebracht wurden.
Auch wenn sich über die inhaltliche Ausgestaltung trefflich streiten lässt, wird der Film als Ganzes überwiegend positiv aufgenommen. Vielleicht auch deshalb, weil Luhrmann zuverlässig genau das liefert, was viele Zuschauer mit seinem Namen verbinden.
KURZFAZIT
Solider Inhalt in kunstvoller Verpackung.
Jan Schomburgs 'Vergiss mein Ich' gehört zu jenen Filmen, zu denen sich Verrisse ähnlich gut begründen lassen wie Loblieder. Darstellerisch wechseln sich Licht und Schatten munter ab und auch die Inszenierung reiht großartige Szenen an scheinbar hastig abgefilmte Sequenzen.
Inhaltlich geht es um eine Frau, die ihr Gedächtnis bzw. einen Großteil ihrer Erinnerungen verliert und sich von nun an einen völlig neuen Weg durch ihren Alltag sucht. Für den Zuschauer ist es dabei nahezu unmöglich zu erkennen, welche der Veränderungen ihrer Verhaltensweisen medizinisch induziert sind und inwiefern sie ganz bewusst neue Wege beschreitet. Ihrem persönlichen Umfeld geht es nicht viel anders. Sie erleben eine Freundin, die plötzlich wie von sozialen Zwängen befreit scheint - zumindest von einigen – und in manchen Situationen kaum noch wiederzuerkennen ist. Mitunter vertritt sie völlig andere Positionen als zuvor und scheint ihren Entscheidungen einen komplett veränderten Wertekompass zugrundezulegen. Ein komplexes und schwieriges Thema, das hier auf die Leinwand gebracht wurde.
Können das Drehbuch und die Inszenierung diesem gerecht werden? Im Grunde ist es unmöglich, diese Frage zu beantworten, da man der Protagonistin eben nicht in den Kopf schauen kann und daher bei vielen Detailfragen ein großer Interpretationsspielraum mitschwingt. Aus filmwissenschaftlicher Sicht wird auf diese Weise eine Fragestellung sichtbar gemacht, die gemeinhin gerne unterschätzt wird: Inwieweit darf man Aussagen und Handlungen von Charakteren für bare Münze nehmen? Und um noch eine ebene höher zu gehen: Kann es auch Figuren geben, die sich womöglich sogar dem Autor entziehen? Und wie verhält es sich mit dem Umgang des Regisseurs mit derartigen Problemen? Zumindest letztere Frage stellt sich hier nur am Rande, da hier Drehbuch und Regie von Autorenfilmer Jan Schomburg aus einer Hand kommen.
Doch wurden hier nun ganz bewusst an neuralgischen Punkten Leerstellen platziert oder weiß Schomburg einfach ganz genau, wann er schweigen muss, um ein Philosoph zu bleiben? Oder laufen hier tatsächlich sogar ein paar Enden ins Nichts? Schwer zu sagen bei der hier gewählten Konstruktion, weshalb sich eine angemessene Bewertung umso schwieriger gestaltet. Die Gefahr einer Über- oder Unterinterpretation ist hier eigentlich permanent präsent. Vielleicht wäre daher etwas mehr Schärfe bei der Umsetzung wünschenswert gewesen. Respekt verdienen jedenfalls die Fragen, die in diesem Drama aufgeworfen werden, auch wenn sich in Bezug auf die jeweiligen Antworten nur spekulieren lässt – zumindest wenn man (wie ich) nicht über das nötige Fachwissen aus der Neurologie und Psychologie verfügt.