Framolf - Kommentare

Alle Kommentare von Framolf

  • 4 .5

    Gut vier Jahrzehnte nach der Hochphase des Blaxploitation Genres reitet Babak Najafi auf einer allgemeinen Retrowelle mit, die unzählige Produktionen auf den Markt spült, in denen cineastischen Vorbildern aus dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gehuldigt wird. Gerade die 80er und 90er Jahre werden oft als Inspiration herangezogen, aber auch die 70er Jahre kommen nicht zu kurz. An den Filmen der letztgenannten Dekade orientiert sich, wie bereits das Filmplakat andeutet, auch die Geschichte von 'Proud Mary'.

    Eine Auftragsmörderin gerät in eine prekäre Lage, die sich mit jedem Versuch, ihr zu entkommen, noch weiter verschlimmert. Wie es der Zufall will, muss (oder will) sie sich in dieser Situation auch noch eines Jungen annehmen, den sie einerseits zwar beschützen möchte, der sie andererseits aber auch verwundbarer macht.

    Wirklich originell ist dieses Konzept nicht. Da die Regie einen ähnlich schwachen Willen zu Originalität – oder wenigstens Mut zu einer eigenen Handschrift – an den Tag legt, kommt auch das Ergebnis ernüchternd uninspiriert daher. Zwar kann man sich 'Proud Mary' durchaus ansehen, nachhaltig in Erinnerung bringen kann sich die Inszenierung allerdings in keinem Bereich. Der Film wirkt nüchtern zusammengeschustert und der gewisse Funke, der so manchen Veröffentlichungen das gewisse Etwas verleiht (und sei es nur in einem einzigen Teilbereich wie Kamera, Schauspiel, Musik oder was auch immer) fehlt hier schlichtweg. Und so bleibt eben der Eindruck eines bestenfalls durchschnittlichen Actioners, den man im Grunde schon kennt, bevor man ihn zum ersten mal gesehen hat.

    KURZFAZIT

    Durchschnittlicher Actionthriller ohne erkennbare Ambitionen.

    39
    • 6 .5
      Framolf 17.01.2023, 01:33 Geändert 15.03.2023, 03:47

      Oscar Madness Film 316 (1 Nominierung)

      Daniel Craig auf einer Insel. Keine Konstellation, die gute Entwicklungen verheißt. Und so ist es auch hier. Benoit Blanc besucht mit einer Gruppe von überwiegend gut betuchten Leuten einen Milliardär auf dessen Eiland, das vor protzig zur Schau gestellten Reichtümern nur so strotzt. Während sich die Mitglieder der Schnöselbande zu einem Detektivspiel verabreden, nimmt ein echtes Verbrechen seinen Lauf. Ein Glück, dass ein renommierter Meisterdetektiv vor Ort ist.

      Rian Johnsons Versuch, mittels einer Fortsetzung von 'Knives Out' einen teils selbstreferenziellen Krimiplot mit Gesellschaftssatire und gelegentlich eingestreuten komödiantischen Einlagen zu verknüpfen, wirkt auf dem Papier charmant, in der Praxis aber stellenweise etwas hölzern. Zwar schimmern immer wieder Spott und Kritik in Bezug auf einige prototypische Vertreter verschiedener „Zünfte“ durch, doch wirklich bissig wird es nur bedingt. Demgegenüber steht ein Kriminalfall, der ideenreich erzählt wird, dafür allerdings kaum Bodenhaftung aufweist. Perfekt ist dieser Ansatz zwar nicht, halbwegs unverbraucht aber allemal. Das Resultat ist eine über weite Strecken kurzweilige Erzählung mit ausgeprägtem Hang zu Übertreibungen, die schließlich etwas Abwechslung ins Krimigenre bringt.

      KURZFAZIT

      Überkandidelte, aber immerhin satirische Fortsetzung (bzw. Spin Off) des doch etwas bodenständigeren Erstlings von 2019.

      34
      • 6
        Framolf 16.01.2023, 06:22 Geändert 16.01.2023, 06:50

        ++ Minimale SPOILER ++

        'American Son', die Verfilmung eines Kammerspiels, erzählt die Geschichte eines jungen Mannes in Polizeigewahrsam, dessen Eltern eine ganze Weile sämtliche Informationen über seinen Verbleib vorenthalten werden. Für die allermeisten Zuschauer dürfte bereits nach wenigen Minuten klar sein, was hier Sache ist, während es für die Mutter inmitten dieser Stresssituation natürlich anders aussieht.

        Was über weite Strecken als Mischung aus Familien- und Rassismusdrama verläuft, landet ab einem gewissen Punkt einmal mehr bei der „Black versus Blue“ Problematik. Alltagsrassismus ist ein Konfliktfeld, ausufernde Polizeigewalt ein anderes.

        Durch die Bank alle Darsteller meistern einen Teil der Takes solide, geraten aber in anderen Einstellungen an ihre Grenzen. Die mitunter hölzernen Dialoge machen es ihnen aber auch nicht unbedingt einfach. Auch der Modus der Informationsvermittlung erscheint mehr als holprig. Zwar wird (fast schon lehrbuchmäßig) immer genau so viel bekanntgegeben, dass es den nächsten Akt der Handlung trägt, aber durch den nahezu völligen Verzicht auf Arabeske wirkt das ganze Spiel erst recht konstruiert. Dies beginnt mit der Existenz zweier Trinkbrunnen (Relikt der Rassentrennung) und endet mit den Neuigkeiten, die häppchenweise zu den Eltern des besagten Jungen durchsickern. Erzählerische Eleganz ist hier in keiner Weise vorhanden. Auf der anderen Seite weist das Thema eine hohe Relevanz auf und es werden – neben einigen plakativen Einwürfen – auch zahlreiche drängende Fragen verhandelt; wobei hier jedoch die Problematik um die Nichtpräsenz vieler Väter enorm eigenwillig diskutiert wird. Das Ergebnis ist ein Tenor, wonach Schwarze von Weißen im Stich gelassen werden; allerdings zu dem erzählerischen Preis, dass Fragen bezüglich afroamerikanischer Väter nur am Rande (in der Unterhaltung über den Vater der Protagonistin) verbalisiert werden können.

        → Drama über eine höchst akute und relevante Thematik, der es aber an erzählerischer Eleganz mangelt.

        KURZFAZIT

        Kammerspiel von thematisch hoher Relevanz, aber allenfalls zweckmäßig inszeniert.

        33
        • 5 .5

          Ein Duo aus zwei kauzigen Personen aus derselben Nachbarschaft geht gemeinsam auf die Suche nach dem Diebesgut aus einem Einbruch. Beide haben auf verschiedene Weisen mit sich selbst und ihrem gesellschaftlichen Umfeld zu kämpfen, bilden aber zusammen ein zwar schräges, aber durchaus effektives Team. Gegenseitig verleihen sie sich Mut und Kraft, doch die Widerstände, denen sie ausgesetzt sind, sind massiv.

          Nach einem vom Arthousekino inspirierten Beginn eskaliert die Situation zunehmend, ehe die Entwicklungen im Finale regelrecht aus dem Ruder laufen. Erzählt wird die Geschichte bei aller Ernsthaftigkeit und Tragik durchweg mit einem gewissen Augenzwinkern. Schließlich sind nur wenige Ereignisse absurder als das Leben (oder zumindest manche Episoden davon). Macon Blair (Regie) kleidet diesen Befund in eine entsprechende Filmsprache und spricht damit am Ende auch Menschen, die ebenfalls mit ihrem Umfeld fremdeln, Mut zu. Ändern lässt sich die Welt – oder wenigstens eine Stadt – durch eine einzelne Person nur selten. Aber immerhin bleibt in vielen Fällen zumindest noch die Option, gemeinsam fremd in der Welt zu sein.

          KURZFAZIT

          (Anfangs) Kauziges Drama, das im späteren Verlauf einen veritablen Stilwechsel hinlegt.

          37
          • 6 .5
            Framolf 14.01.2023, 07:22 Geändert 14.01.2023, 07:33

            Nachdem im ersten Ableger der 'Ich, einfach unverbesserlich'-Reihe von der Herkunft der gelben Schurkenhelfer erzählt wurde, wird dem Publikum in der Fortsetzung Grus Origin Story nähergebracht. Während andere Kinder Sportler, Schauspieler oder Musiker anhimmeln, hat sich der kleine Sonderling einen Verbrecher als Wunsch-Mentor auserkoren. Vielleicht könnte er ja bei ihm in die Lehre gehen und das Handwerk eines echten Bösewichts erlernen?

            In der Vorgeschichte der beliebten Hauptreihe wird erwartungsgemäß auf ein sicheres Blatt gesetzt und es kommt zu keinen nennenswerten Überraschungen. Auch in Bezug auf die Struktur geht die Regie keinerlei Risiken ein und orientiert sich diesbezüglich an diversen Superheldenfilmen, deren Eigenarten auf die gewohnte Minions-Art persifliert werden. Aber nachdem die Handlung in der Welt der Minions ohnehin eher zweitrangig ist und deren Späße im Vordergrund stehen, lässt sich auch der Suche nach dem Mini-Boss einiges abgewinnen. Hinzu kommen ein im Animationsfilmgenre halbwegs unverbrauchtes 70er Jahre Setting und eine stattliche Anzahl der mittlerweile fast schon obligatorischen Parodien von popkulturellen Phänomenen. Insgesamt ergibt sich aus dieser Mischung eine unterhaltsame Erzählung über den „Karrierestart“ eines zukünftigen Superschurken. Seine Helfer machen ohnehin, was sie immer tun: Sie stiften Chaos, zelebrieren ihre infantilen Scherze und lassen sich von jeder Kleinigkeit ablenken. Eben genau das, was man von ihnen erwartet; zumindest jeder außer Gru...

            KURZFAZIT

            Kleiner. Gelber. Frecher(.) Verbrecher!

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            Ach ja, für den äußerst unwahrscheinlichen Fall einer Realverfilmung sollte man auf jeden Fall über Atticus Shaffer für die Rolle des jungen Gru nachdenken. :-)

            30
            • 7

              In Zeiten, in denen mehr oder weniger permanent mindestens ein bis zwei Superheldenfilme in den Kinos laufen, stehen auch die Bedingungen für Superantihelden nicht schlecht, deren Geschichten im Fahrwasser der Filme von Marvel und DC veröffentlicht werden. 'Midnight Special' (2016), 'Fast Color' (2018), 'Freaks' (2018) oder 'Mortal' (2020) sind nur einige der Titel, die in diesem Zusammenhang auf den Markt gebracht wurden. Einige dieser Inszenierungen ragen in den Dramenbereich hinein, andere in das Science Fiction Genre und wieder andere in die Sphäre des Horrors; oftmals handelt es sich auch um Genre-Hybriden.

              Ana Lily Amirpours 'Mona Lisa and the Blood Moon' ist einer dieser Fälle. Im B-Movie Stil wird die Geschichte einer jungen Frau mit einer paranormalen Gabe erzählt, die sich – wie so oft bei derartigen Geschichten – auf der Flucht vor staatlichen Sicherheitsbehörden befindet. Irgendwo zwischen Mysterythriller, Kriminaldrama und Horrorfilm ist eine Inszenierung angesiedelt, die teils traumwandlerisch, teils düster wirkt. Auf ihrem Weg durch den nächtlichen Dschungel einer verkommenen Großstadt trifft die Protagonistin auf diverse Kreaturen, die es überwiegend nicht besonders gut mit ihr meinen. Manchmal täuscht der erste Eindruck und in einigen anderen Fällen ist schon von vornherein klar, was ihre Gegenüber im Schilde führen. Doch nur weil jemand äußerlich unscheinbar wirkt und sich in einer misslichen Lage befindet, muss diese Person ja noch lange nicht zwangsläufig wehrlos sein; erst recht nicht, wenn sie über eine Superkraft verfügt. Wer das nicht von selbst versteht, muss es eben auf schmerzhafte Art und Weise lernen...

              Skurrile Charaktere und Kulissen auf der einen Seite, bieder wirkende Figuren und Räumlichkeiten auf der anderen. Der ganz normale Wahnsinn einer Großstadt, unterstrichen durch einen Score, der den surrealen – aber doch irgendwie adäquat eingefangenen - Charakter dieser Szenerie noch zusätzlich unterstreicht. Amirpour holt einiges aus einem Drehbuch heraus, das (von einigen Details abgesehen) keine nennenswerten Besonderheiten aufweist. Die dabei erzeugte Atmosphäre erinnert an eine Mischung aus Traum, Albtraum und Normalität mit einem Schuss Wahnsinn. Der ganz normale Irrsinn eben. Gegenspieler sind keine hochhausgroßen Aliens oder Invasoren aus einem anderen Universum, sondern schlichtweg übergriffige Freier, geldgierige Egoisten oder eben die Staatsmacht. Aber wie im Superheldenkino bekommen auch hier sehr viele von ihnen, was sie verdienen. Selbst schuld.

              KURZFAZIT

              Die Axt im Geist ersetzt den Ballermann.

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              • 7
                Framolf 12.01.2023, 01:57 Geändert 13.01.2023, 06:36

                Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

                1. Gang: Die Ausgangslage

                Ein Gruppe überwiegend wohlhabender Gäste lässt sich per Fähre auf eine Insel bringen, auf der man ein Tor und eine massive Tür zu passieren hat, um dort in abgeschotteter Atmosphäre ein Menü der ganz besonderen Art zu konsumieren („genießen“ wäre in diesem Zusammenhang eine komplett irreführende Umschreibung). Ohne Kontakt zu den gewöhnlichen Vertretern der profanen (und mitunter sogar prekären) Außenwelt lässt es sich eben am besten schlemmen. Wohl bekomm's, ihr Narren!

                Denn wie in der Exposition bereits ausgiebig angedeutet wird, ist nicht alles geschmolzene Butter, was glänzt. In einer Küche glänzen schließlich auch Messer, die Glut im Ofen oder die Schweißperlen auf der Stirn eines Koches. Wohin die Reise genau gehen wird, lässt sich zu Anfang der Geschichte zwar noch nicht absehen, aber mit Hinweisen auf unheilvolle Entwicklungen wird nicht gegeizt. Welcher Art die sich abzeichnende Bedrohung jedoch konkret sein wird, bleibt abzuwarten.

                2. Gang: Ein fast spoilerfreier Interpretationsversuch (mit der Betonung auf „Versuch“)

                Natürlich steht es jedem frei, die Handlung für bare Münze zu nehmen, also als Schauergeschichte über die oberen Zehntausend und optimistische Vertreter der Burgeoisie, die sich zu höherem berufen fühlen und für wenige Stunde in eine Welt der kulinarischen Raffinessen eintauchen wollen, in der sie nicht vom gewöhnlichen Pöbel belästigt werden. Die Restaurantbetreiber und das Personal wiederum haben ihren Traum vom Tellerwäscher oder Burgerbräter zum Chefkoch oder Sous-Chef verwirklicht und ähnlich wie einige der Gäste jegliche Bodenhaftung verloren. Eine Satire im Gefolge von 'Brust oder Keule' also, wenn auch mit völlig anderen Mitteln und einer anderen inhaltlichen Akzentuierung.

                Eine andere Lesart wäre die einer Allegorie auf das Kino und sein Publikum, die sich auch auf beliebige andere Bereiche der Kunst und vor allem der Kultur übertragen ließe – und sogar auf zahlreiche weitere Lebensbereiche. In dieser Hinsicht wird eben die Geschichte einer Szene oder Industrie erzählt, die ihre Wurzeln längst verlassen hat und nun durch und für ihre Kapriolen lebt. Im Publikum tummeln sich Kostverächter, Hobbyköche, Theoretiker, unkritische Enthusiasten und – sagen wir es, wie es ist – ahnungslose Dummschwätzer; kurzum: Personen mit und ohne Sinn für Qualität. Ihre Aussagen stehen sich teilweise diametral gegenüber. Verachtung bringt der Koch letztlich fast allen entgegen. Manchen von ihnen vielleicht auch nur Gleichgültigkeit. Wenn es überhaupt irgendeine Art von Feedback gibt, die ihn wirklich interessiert, dann ist es eine unverblümte Rückmeldung aus einem Metier, in dem er seinen Gast für kompetent (oder zumindest ausreichend erfahren) erachtet. Ein Gericht, das man regelmäßig zu sich nimmt und auch selbst zubereiten kann, lässt sich eben von Konsumentenseite aus deutlich griffiger beurteilen als ein abgehobenes Menü, von dessen Konzeption man keine Ahnung hat und von dem man sich trotzdem anmaßt, es mit Worten erfassen zu können.

                3. Gang: Die Moral von der Geschicht'

                Im Grunde verstoßen Texte wie dieser gegen jegliche Prinzipien, die in 'The Menu' verteidigt werden. Auf der anderen Seite lädt Mark Mylods Inszenierung auch regelrecht zu derlei Regelbrüchen ein, da sie sich selbst nicht an ihr Postulat hält. Mylod legt eine bewusst doppel- oder gar dreifachbödige Erzählung vor, an deren Einordnung man als Zuschauer, Kommentator oder Rezensent eigentlich nur scheitern kann. Diese Produktion komplett zu ignorieren, würde aber ganz sicher auch nicht in seinem Interesse liegen. Also macht sich Mylod gewissermaßen selbst zum Affen bzw. Elch und legt einen Film vor, der Prinzipien folgt, über die er sich hier auf satirische Weise lustig macht. Wir als Rezipienten, die sich zu diesem Film äußern, gehen bei diesem etwas eigenwilligen Dekonstruktionsversuch mit und setzen uns auf diese Weise selbst eine imaginäre Pappnase auf. Warum auch nicht? Etwas Spaß – und vielleicht auch sogar schelmisch vorgetragene Ironie – gehört schließlich zum Essen mit dazu.

                KURZFAZIT

                Raffiniertes Menü mit Kopf-, Herz und Basisnote.

                40
                • 7

                  ++ Minimale SPOILER ++

                  So bitter, brutal und niederschmettert Kriege auch sind, für Valerie (Margot Robbie), Burt (Christian Bale) und Harold (John David Washington) bedeutet der 1. Weltkrieg zumindest den Beginn einer ganz besonderen Freundschaft. Die drei schrägen Vögel, von denen wirklich einer kauziger als der andere ist, haben sich in Europa gesucht und gefunden. Da ist es natürlich Ehrensache, diese Freundschaft – trotz einer zeitweiligen Unterbrechung - auch nach der Rückkehr von der Front weiterzupflegen. Jedoch trägt sich in ihrem Umfeld ein Mordfall zu und das Trio findet sich inmitten eines Komplotts wieder. Zumindest deuten viele Anzeichen darauf hin. Werden sie den Fall lösen können? Und falls ja, wie viele berauschende Substanzen werden sie konsumieren müssen, um die Wahrheit zu erkennen?

                  Was nach einem heiteren Treiben klingt, hat wie so oft in Nachkriegszeiten natürlich einen sehr ernsten Hintergrund, wenn Menschen mit schweren seelischen oder körperlichen Schäden aus Kriegsgebieten zurückkehren. Auch an Valerie, Burt und Harold sind diese Traumata nicht spurlos vorübergezogen, sodass sie (besonders Burt) in einer Mischung aus medizinischer Notwendigkeit und dem Drang nach Betäubung auf das eine oder andere pharmazeutische Mittel angewiesen sind, um die Strapazen des Alltags überstehen zu können. Regisseur David O. Russell setzt diese Umstände humorvoll, aber keineswegs respektlos, in Szene und lässt das Protagonistentrio seine schrullig geführten Ermittlungen aufnehmen. Der Kriminalfall an sich ist kein übermäßig großes Rätsel, da ohnehin nur eine sehr begrenzte Anzahl verdächtiger Charaktere präsentiert wird. Hauptsächlich scheint es Russell ohnehin darauf anzukommen, die gesellschaftlichen Rahmenumstände nachzuskizzieren, die zu dem hier gezeigten Fall (der lose auf historischen Begebenheiten basiert – oder zumindest davon inspiriert ist) geführt haben. Dabei reiht er einige irrwitzige Szenen aneinander, deren ernsthafter Kern aber stets präsent bleibt.

                  Speziell in den Bereichen Drehbuch und Maske, in dem 'Amsterdam' zum erweiterten Kandidatenkreis für die anstehende Oscarverleihung zählen dürfte, kommt dieser Ansatz anschaulich zum Ausdruck. Groteske Handlungsentwicklungen und verwegene Frisuren heben die Story phasenweise in den Bereich des Surrealen, sind aber konventionell genug, um nicht komplett die Bodenhaftung zu verlieren. Auch in handwerklicher Hinsicht kann sich die Arbeit an Christian Bales Maske sehen lassen.

                  Zwar entwickelt 'Amsterdam' in keinem Einzelbereich der Geschichte die Wucht, wie man sie aus einigen wenigen anderen Vertretern des Genres kennt, doch beim Blick auf das Gesamtergebnis ergibt sich das Bild einer traumatisierten Generation, die zwischen zwei Weltkriegen, einer verheerenden Grippe-Pandemie sowie einer Weltwirtschaftskrise auf der einen Seite und technischem Fortschritt sowie gesellschaftlichen Ausschweifungen auf der anderen Seite in einer Welt lebt, in der man als Künstler vielleicht nur noch die Wahl zwischen Resignation und Galgenhumor hat. Zahlreiche literarische Werke aus dieser Epoche legen diesen Schluss jedenfalls nahe. Russell entscheidet sich retrospektiv für den satirischen Tonfall und trifft damit eine höchst plausible Wahl.

                  KURZFAZIT

                  Skurrile Erzählung über die Freundschaft drei skurriler Charaktere.

                  34
                  • 7
                    Framolf 09.01.2023, 06:27 Geändert 14.02.2023, 04:15

                    Krimi-Persiflage mit mehrfachem Boden. Ein Bühnenstück, dessen geplante Verfilmung und die erzählte „Realität“ wirken hier aufeinander ein, statt getrennt für sich zu stehen. Verzahnungen zwischen einem Theaterstück und dessen anstehender Inszenierung für die große Leinwand gehören naturgemäß zum Standard, doch hier wird die Wechselwirkung derart auf die Spitze getrieben, dass sich 'See How They Run' als das reinste Festival der Metagags erweist. Doch damit nicht genug. Während oftmals reale Ereignisse als Grundlage für fiktionale Bearbeitungen dienen, ist es hier eher anders herum und die Fiktion wirkt in die Realität hinein; so wie man es beispielsweise aus den Fortsetzungen von Wes Cravens 'Scream' kennt. In Tom Georges Inszenierung geht es jedoch nicht einfach nur um einen Nachahmungstäter, der sich durch fiktionale Inhalte beeinflussen lässt, sondern es zeigt sich ein Konstrukt, das derart absurd ist, dass es fast schon wieder real sein könnte:

                    Auf der Bühne wird ein Kriminalstück gezeigt, in dessen Skript ein paar Elemente mit einfließen, die lose auf vergangenen Ereignissen aus dem Alltag basieren. Auf dem Theaterstück und dessen Textvorlage wird wiederum das Konzept für einen Spielfilm aufgebaut, der aber bisher noch nicht realisiert wurde. Sowohl das Theaterstück als auch das Treatment für den Film spiegeln sich allerdings auch in der „Realität“ wider, in der sich die Charaktere von 'See How They Run' bewegen. Eine richtige Realität ist allerdings auch das nicht, denn eine der Filmfiguren durchbricht gegen Ende hin die Vierte Wand und spricht zum Publikum der vorliegenden Krimikomödie, womit also auch eine Verbindung zur Welt vor den Bildschirmen und Leinwänden hergestellt wird. Eine Welt, in der Filme wie 'See How They Run' gedreht werden.

                    Wer diesen Text bis hier hin als wirr, abstrakt oder unverständlich empfindet, hat völlig recht, denn das ist er auch. Tom Georges Inszenierung ist nicht einfach nur eine seichte Krimikomödie, sondern eine kauzig aufgebaute Versuchsanordnung, die den Kriminalfall als reines Vehikel für ihr eigenwilliges Konstrukt und die schrulligen Humoreinlagen betrachtet. Mit Saoirse Ronan und Sam Rockwell wurde die ideale Besetzung für eine derart verschmitzte cineastische Umsetzung gefunden. Passend zum phasenweise nuancierten Spiel der beiden, das aber immer wieder auch Raum für Eskalationen offenhält, gestaltet sich auch der Aufbau der Handlung. Mal kommt es auf Zwischentöne an und mal wird bewusst über die Stränge geschlagen. Das Ergebnis mag vielleicht nicht in jeglicher Hinsicht perfekt sein, sehenswert ist es jedoch allemal.

                    KURZFAZIT

                    Krimifestival der Metagags.

                    35
                    • 6 .5

                      Das Känguru ist zurück und teilt wieder heftig gegen seine politischen Gegner aus. Dieses mal trifft es in erster Linie Verschwörungstheoretiker. Dabei legt es sich mit einer Mischung aus Fanatikern und Influencern an, von denen letztere den ersteren das Geld aus der Tasche ziehen oder sich ein wenig im Rampenlicht sonnen wollen. Von Flat Earthern bis hin zu QAnon Anhängern ist dabei so ziemlich alles vertreten. Gezeigt werden dabei vor allem ein paar besonders leichtgläubige Exemplare unter ihnen, wie man es eben auch aus der Fernsehberichterstattung von diversen Demos kennt. Dass sich darauf einige heitere Szenen aufbauen lassen, versteht sich von selbst. Schade ist allerdings, dass sich das Drehbuch eher auf Skurrilitäten fixiert statt etwas handfester zu werden. Für beißenden Spott eignen sich derlei Fälle natürlich hervorragend, weshalb auch ein durchaus heiterer und kurzweiliger Film aus dieser Prämisse entstanden ist. Für konkrete Gesellschaftskritik taugt der gewählte Ansatz aber nur sehr bedingt.

                      Überhaupt ist die hier geäußerte Kritik einfach nicht präzise genug, um echte Wirkungstreffer setzen zu können. Wer sich auf undifferenzierte Weise über Chemtrail-Gläubige lustig macht, läuft Gefahr, indirekt auch die Kritik an Flugzeugemissionen ganz allgemein zu diskreditieren, um es mal verkürzt an einem konkreten Beispiel auszudrücken. Natürlich ist es nicht die Aufgabe einer Komödie mit einem animierten Känguru, einen ausgefeilten politischen Debattenbeitrag zu leisten. Aber die Wucht und die Präzision der Tiefschläge des Kängurus wären ungemein effektiver, wenn sie etwas sorgfältiger gesetzt worden wären. Auf der anderen Seite muss man jedoch auch zugestehen, dass nach aktuellem Stand der Lage Pointierung und Zynismus vielleicht doch das Mittel der Wahl sein sollten und andere Methoden vermutlich ohnehin nur Zeitverschwendung wären.

                      Was am Ende bleibt, ist ein bewusst überzogenes Abenteuer, das sich als filmisches Äquivalent zu einer Karikatur begreifen lässt, die zwar lustig daherkommt, aber letztlich harmlos ist. Kängurus, die bellen, beißen eben nicht. Oder so ähnlich. Ein spaßiger Roadtrip ist es trotzdem.

                      KURZFAZIT

                      Diffuser Rundumschlag, der aber zumindest recht heiter in Szene gesetzt wurde.

                      32
                      • 4

                        In Dan Abrahams Kurzfilm 'Es war einmal ein Schneemann' wird eine Episode aus Olafs Vergangenheit erzählt, die sich kurz nach seiner Erschaffung zuträgt. Er ist sich nicht sicher, wer oder was er ist, trägt aber bereits unnützes Wissen über Saunaaufgüsse in sich; warum auch immer. Nach ein paar an das jüngere Publikum gerichteten Humoreinlagen und einer kurzen Actionsequenz ist der Spuk nach gut sechs Minuten Nettolaufzeit schon wieder vorüber und es folgt der Abspann.

                        Das Fazit fällt aus wie so oft bei Animationsfilmen aus dem Hause Disney: Schöne Bilder, kaum Substanz. Dass man selbst derart kurzen Produktionen zumindest ein Mindestmaß an Tiefe verleihen kann, beweist die hausinterne „Konkurrenz“ von Pixar ein um's andere mal, deren animierte Kurzfilme zu den unangefochtenen Highlights des Genres gehören dürften.

                        KURZFAZIT

                        Tolle Bilder; aber das war es dann auch schon.

                        28
                        • 5

                          ++ Leichte SPOILER ++

                          'Ticket ins Paradies' oder: Wie viele Klischees lassen sich in rund hundert Minuten Film unterbringen?

                          Ol Parkers romantische Komödie mit Julia Roberts, George Clooney und Kaitlyn Dever in den Hauptrollen wirkt wie ein Anachronismus aus den 1960er Jahren. Die Handlung erscheint bereits bei der Erstsichtung abgenutzt und auch die Art und Weise, wie sie in Szene gesetzt wird, erinnert an längst vergangene Kinotage. Antiquierte Charaktere wandeln durch eine Beziehungskomödie, nach einem Skript aus der Mottenkiste. Ein verkrachtes ehemaliges Paar, das sich offenkundig immer noch zu einander hingezogen fühlt, wird zur Hochzeit der gemeinsamen Tochter eingeladen. Ein Reihe an Irrungen und Wirrungen zwingt die beiden dazu, wieder etwas mehr Zeit miteinander zu verbringen und niemand, wirklich niemand im Publikum ahnt, welchen Verlauf die Geschichte wohl nehmen könnte...

                          Deutlich positiver und nachhaltiger in Erinnerung bleiben dürfte hingegen die Traumkulisse, vor der sich die nur spärlich vorhandene Handlung abspielt. Die australischen Strände sorgen für eine Wohlfühlatmosphäre vor der Leinwand oder dem Bildschirm und werten die Inszenierung ungemein auf. Und so vermittelt die Sichtung doch noch so etwas ähnliches wie Glück und Zufriedenheit oder zumindest das Gefühl, für gut anderthalb Stunden an einem schönen Ort gewesen zu sein, an dem (fast) nur harmlose Dinge geschehen...

                          KURZFAZIT

                          Traumkulisse als Rahmen für einen inhaltlichen Hauch von Nichts.

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                          • 6 .5

                            Eine Gruppe junger Leute trifft sich in einer Villa (juhu, sturmfrei!) zum Detektivspiel. Dumm nur, dass dieses aus den Fugen gerät. Und noch dümmer: Draußen tobt ein verheerender Sturm, wodurch die Teilnehmer an dem Spiel in der Villa festsitzen. Und das ohne Handyempfang! Also kein Notruf möglich (zumindest nicht vom Handy aus). Und noch schlimmer: Kein Zugang zu social media. Die Hölle auf Erden...

                            Halina Reijn (Regie) nutzt den an sich recht simpel gestrickten Whodunit-Plot zu einer bissigen Abrechnung mit der Debattenkultur und Methodenwahl junger Liberaler. Einzelne Charaktere sind (mal mehr, mal weniger subtil) als Vertreter diverser Strömungen gekennzeichnet und verlieren sich in langwierigen Diskussionen und Schuldzuweisungen statt Lösungen zu finden. Das Problem bzw. die Gefahr verschärft sich dabei im selben Maßen wie der Selbstzerfleischungsprozess der Gruppe fortschreitet.

                            'Bodies Bodies Bodies' reiht sich somit ein bei Filmen wie 'The Hunt' (2020), die sich sowohl als reine Horrorstreifen als auch als gesellschaftspolitische Satire betrachten lassen. Stellung bezogen wird hier allenfalls zwischen den Zeilen. Genüsslich wird aufgezeigt, was alles schief läuft; Lösungen sucht man aber vergeblich. Insofern würden die Verantwortlichen für dieses Projekt (v.a. Regie und Drehbuch) auch selbst recht gute Charaktere für diesen Film abgeben. Ein Finger in der Wunde kann durchaus lehrreich sein, doch es stellt sich die Frage, ob ein Verband nicht vielleicht besser wäre.

                            KURZFAZIT

                            Satirischer Horror mit doppeltem Boden.

                            42
                            • 7
                              Framolf 04.01.2023, 06:25 Geändert 04.01.2023, 06:25

                              Der Trailer deutet eine jener Verfilmungen an, wie man sie vor allem von Blumhouse zuhauf kennt. Krude Prämisse, unscheinbare Protagonistin und eine Handlung nach Schema F. Zum Teil treffen derlei Vorahnungen auch tatsächlich zu, doch Parker Finns Inszenierung legt trotzdem alles andere als eine Bauchlandung hin. Besonders in atmosphärischer Hinsicht entfaltet 'Smile' mit seinen von Hoffnungslosigkeit geprägten Bildern eine Stimmung, der man sich nur schwer entziehen kann, wenn man Wert auf eine gewisse Düsternis legt. Empfindungen wie Frust, Verwirrung und Angst werden hier in eine passende Bildsprache übersetzt, wodurch die Geschichte trotz einiger Bestandteile aus dem konventionalisierten Horrorbaukasten keineswegs abgestanden oder abgenutzt wirkt. Ganz im Gegenteil: Man sieht diverse Entwicklungen schon vorher kommen und hofft, dass man sich irrt. An mehreren Stellen der Handlung kommt es schließlich tatsächlich wie erwartet und es fühlt sich trotz des ausbleibenden Überraschungseffekts nach einer guten Lösung an, da über die Art und Weise, wie die Geschehnisse in Szene gesetzt werden, vieles auf ein ansprechendes Niveau gehoben wird. Vorsichtshalber wurden gegen Ende hin auch gleich noch die Voraussetzungen für mögliche Fortsetzungen geschaffen. Mal sehen, ob und wie oft in Zukunft noch gelächelt werden wird.

                              KURZFAZIT

                              Konventionelle Story in ansprechender Verpackung.

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                                ++ Leichte SPOILER ++

                                Eine Gruppe von üblen Gesellen nimmt am Weihnachtsabend eine arrogante Dame der Upper Class und ihre buckelnde Verwandschaft als Geiseln. Doch sie haben die Rechnung ohne den Weihnachtsmann gemacht, der gerade sternhagelvoll seine Geschenke auszuliefern versucht. Was die Kriminellen nicht ahnen: Santa Claus hat selbst eine düstere (und vor allem gewalttätige) Vergangenheit und ist aktuell enorm gefrustet. Einem zünftigen Weihschlachtsfest steht also nichts mehr im Wege.

                                Tommy Wirkola ('The Trip') richtet mit 'Violent Night' eine spaßige Schlachtplatte an, die sich im Dreieck zwischen Action, Weihnachtsfilm und Komödie bewegt, sich aber zu keiner Zeit zwischen diesen Polen entscheiden möchte. Das Ergebnis ist eine Mischung aus halbgarer Komödie mit einigen gelungenen Gags und halbherzig vorgetragener Action, die trotz so mancher blutiger Einlagen nie mit beiden Beinen Grenzüberschreitungen wagt. Oder mit anderen Worten: Etwas mehr Witz und/oder noch mehr Boshaftigkeit und Biss wären durchaus möglich gewesen. So bleibt am Ende ein einigermaßen deftiger Weihnachtsschwank, der aber zumindest den letzten Schritt nicht so recht wagen will.

                                KURZFAZIT

                                Fünf von zehn blutigen Hämmern.

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                                  Framolf 02.01.2023, 07:30 Geändert 14.03.2023, 06:23
                                  über Batman

                                  Oscar Madness Film 315 (1 Auszeichnung)

                                  Bereits ein Jahr bevor 21st Century Film und Marvel 1990 das Publikum mit Albert Pyuns Verfilmung von 'Captain Amercia' beleidigten, gelang es Tim Burton, mit seiner 'Batman' Adaption neue Maßstäße im Superheldengenre zu setzen. Seine düster-bizarre Ästhetik und die schattige Welt des Fledermausmannes erwiesen sich als perfektes Match und erschlossen neue Möglichkeiten bei der Verfilmung von Comics.

                                  Speziell die Bathöhle als auch Gotham City in seiner Gesamtheit erscheinen geradezu prädestiniert für eine cineastische Bearbeitung durch Tim Burton, denn hier trifft einfach zusammen, was kaum besser zueinander passen könnte. Einer der großen Meister düsterer Ästhetik mit dem Hang zu Überstilisierungen bekommt hier die perfekte Spielwiese zur Umsetzung seiner Ideen und er nutzt sie mehr als „nur“ versiert. Der Moloch Gotham erscheint dabei als düsterer Sündepfuhl, der seine Verankerung in der alltäglichen Realität des Publikums dennoch nicht komplett eingebüßt hat. Es wirkt fast so, als würde man eine westliche Großstadt durch eine spezielle Brille betrachten, die die moralische Verkommenheit einiger Akteure visuell betont. Dementsprechend erscheint es fast müßig zu erwähnen, dass Anton Furst und Peter Young für ihre Arbeit an 'Batman' mit einem Oscar in der Kategorie „Bestes Szenenbild“ ausgezeichnet wurden.

                                  Passend zur visuellen Gestaltung besinnt man sich in der 1989er Version von 'Batman' auch inhaltlich auf die Wurzeln des Comics zurück; zumindest in Bezug auf die Charakterzeichnung. Nachdem Adam West den Beschützer Gothams als kumpelhaften Besserwisser interpretieren durfte bzw. musste, verkörpert Michael Keaton den Protagonisten als etwas kauzigen Einzelgänger, der abgesehen von seinem väterlichen Freund und Butler Alfred Pennyworth fast ausschließlich Weggefährten statt Freunde in seinem Umfeld dulden zu scheint. Das Leben eines neurotischen Milliardärs und nächtlichen Helden kann eben nur ein (mehr oder minder) einsames sein. Einige Jahre später werden ihm mit Robin und Batgirl zwar wieder enge Begleiter und Helfer zur Seite gestellt, doch diese Konstellation entstammt eben nicht mehr dem Konzept eines Tim Burton, sondern dem von Joel Schumacher. Vorteile bieten beide Herangehensweisen. Letztere eröffnet dem Drehbuch mehr Möglichkeiten und schafft die Voraussetzungen dafür, den Helden deutlich verletzlicher erscheinen zu lassen; schließlich können Defizite durch seine Helfer ausgeglichen werden, auch wenn ihn diese in bestimmten Situationen wieder angreifbarer machen. Erstere hingegen ermöglicht eine stärkere Fokussierung auf seinen Charakter und in letzter Konsequenz auch einen ernsteren Tonfall in der Erzählung und eine etwas düsterere Stimmung, die sich letztlich auch in der Gestaltung der Kulissen widerspiegelt. Der Kreist schließt sich – und formt in diesem Sinne ein Batsignal, das am nächtlichen Himmel prangt.

                                  KURZFAZIT

                                  Die Benchmark unter den Superheldenfilmen des ausgehenden 20. Jahrhunderts; ganz besonders wegen Danny Elfmans Filmmusik, der Ausstattung, die einen hohen Wiedererkennungswert aufweist, und wegen Jack Nicholson manischer Darstellung des Joker.

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                                    Framolf 01.01.2023, 07:42 Geändert 14.03.2023, 06:22

                                    Liebe Filmfreunde, euch allen ein gesundes und frohes neues Jahr bei hoffentlich bester Gesundheit und Frieden! Auf dass eure Wünsche für 2023 in Erfüllung gehen mögen!

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                                    Oscar Madness Film 313 (2 Nominierungen)

                                    Batman kehrt nach seinem Kampf gegen den Joker zurück bzw. war ohnehin niemals weg. Nun steht ihm mit dem Pinguin ein weiterer Kontrahent gegenüber, mit dem ihn innerhalb des Franchise eine lange Traditionslinie verbindet - und auch in der Nachfolgezeit verbinden wird.

                                    'Batman Returns' ist wahrscheinlich der Teil der Reihe, der am sorgsamsten mit seinem Antagonisten umgeht. Tim Burton zeigt großes Interesse an Oswald Cobblepot (Pinguin) und wirbt hier und da sogar um etwas Verständnis für dessen Motive. Dass seine Methoden indiskutabel sind, ist davon natürlich unbenommen. Auch in visueller Hinsicht kann sich Danny DeVitos Verwandlung sehen lassen (dementsprechend wurden 1993 neben den Verantwortlichen für die visuelle Effekte auch die für das Make-up zuständigen Crewmitglieder für einen Oscar nominiert). Ähnlich verhält es sich mit Selina Kyle (Catwoman) und selbst die Figur des Max Shrek ist nicht einfach nur ein Sidekick, sondern wurde im Vergleich zu manch anderen „Drittschurken“ recht sorgsam ausgearbeitet.

                                    Regisseur Tim Burton lässt einmal mehr seinen unverkennbaren Stil auf Gotham City treffen. Mit dem Pinguin steht ein Schurke im Zentrum der Erzählung, der für eine Umsetzung in Burtons Ästhetik wie geschaffen erscheint. Seine tierische Armee wiederum eignet sich hervorragend für regelrechte Choreographien und sorgfältig durchkomponierte Bilder. Schließlich haust nicht nur Batman in einer Höhle, sondern auch der Pinguin lebt im Untergrund Gothams; wenn auch auf seine ganz eigene Art. Wo der Joker Chaos zu stiften versucht, herrscht beim Pinguin noch ein gewisses Maß an Ordnung. So erscheint es auch nicht weiter verwunderlich, dass er zunächst darauf hofft, sich innerhalb des Systems in Gotham Einfluss verschaffen zu können (als Bürgermeisterkandidat).

                                    Zwar unterläuft Burton bei der Umsetzung des Drehbuchs eine stattliche Anzahl an Goofs, doch diese werden durch die Ausstattung und das daraus resultierende Worldbuilding mehr als wett gemacht. Auch Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung wirkt das Produktionsdesign auf seine kauzige Weise, die wunderbar zum Wesen der Charaktere passt, noch zeitgemäß und kann sich nach wie vor sehen lassen. Nicht zuletzt deshalb dürfte diese Verfilmung noch lange zu den wesentlichen Meilensteinen ihres Genres gezählt werden.

                                    KURZFAZIT

                                    Batman returns - in style!

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                                      Framolf 31.12.2022, 08:11 Geändert 14.03.2023, 06:23

                                      Oscar Madness Film 314 (3 Nominierungen)

                                      Eigentlich lassen sich die inhaltliche und stilistische Entwicklung von Tim Burtons und Joel Schumachers 'Batman'-Reihe schon recht gut an der Gestaltung der Kinoplakate ablesen. Auf einen klar strukturierten Beginn und eine etwas verspieltere Fortsetzung folgt mit 'Batman Forever' eine deutlich grellere und buntere Variante, ehe mit dem überfrachteten 'Batman & Robin' der Abschluss folgt.

                                      Nachdem Burton mit seinen beiden Batman-Verfilmungen ordentlich frischen Wind ins Superheldengenre bringen konnte, geht Schumacher in seinen Fortsetzungen einen etwas anderen Weg, indem er Burtons Stil mit dem von William Doziers Serie aus den 60ern Jahren vermischt und darüber hinaus eine gewaltige Portion seines eigenen Wahnsinns (der aber gewiss auch in den Comics angelegt ist) hinzufügt. Während Burtons Stil eher dem einer düsteren Graphic Novel gleicht, lässt sich Schumachers Handschrift am ehesten mit einem knallbunten Comic vergleichen. Beide haben dasselbe Thema und es gibt auch eine Reihe verbindender Stilelemente, aber die Unterschiede fallen dennoch gravierend aus. Zwar wird auch hier eine Vielzahl stilistischer und inhaltlicher Motive aus den Vorgängerfilmen aufgegriffen, aber die allermeisten davon werden auf eine neue Weise interpretiert. Gotham ist und bleibt ein Moloch und ein düsterer Hort des Wahnsinns, wirkt aber weniger aufgeräumt, dafür allerdings umso schriller – sowohl in Bezug auf die Charaktere als auch auf die Kulissen. Der innere Wahnsinn, der auch nach außen dringt, ist nun einer deutlich expliziter vorgetragenen Manie gewichen. Die Ziele der Schurken sind im Wesentlichen jedoch dieselben. Im Kern geht es darum, die bestehende Ordnung zu zerstören und durch andere Strukturen zu ersetzen. Mit ihrem Drang, Chaos zu stiften und die Opposition zu Batman persönlich zu nehmen, sind Riddler und Two-Face näher an Joker als an Pinguin, der es zumindest nicht zwingend auf eine Zerschlagung jeglicher bestehender Ordnung anlegt.

                                      Während Burtons Beiträge zur 'Batman'-Reihe in erster Linie in den Bereichen Szenenbild und Maske überzeugen konnten, wurde Schumachers Version mit Oscarnominierungen in den Sparten Ton, Tonschnitt und Kamera gewürdigt. Bemerkenswert erscheinen auch die kreativ gestalteten Kostüme, jedoch eher in dem Sinne, dass sie aufgrund ihres schrillen Charakters einen hohen Wiedererkennungswert aufweisen.

                                      Am Ende bleibt der Eindruck eines ruppigen Stilbruchs, der die Reihe etwas näher an ihre Traditionslinie aus den vergangenen 30 Jahren zurückführt, jedoch zu dem Preis einer weniger intensiven Atmosphäre und eines Verlusts an Eleganz und Ernsthaftigkeit. Gewiss waren auch Burtons Verfilmungen durchzogen von Humor und Überspitzungen, allerdings spielte sich dort dann doch etwas mehr zwischen den Zeilen ab, während in 'Batman Forever' überwiegend mit dem Vorschlaghammer gearbeitet wird.

                                      KURZFAZIT

                                      Bunter, schriller, lauter, schneller, forever!

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                                        Knallbunter Abschluss der Burton/Schumacher-Reihe, der frisch aus der Mülltonne auf die Kinoleinwand gebracht wurde. Abgesehen von der Besetzungsliste ist so ziemlich alles an diesem Film auf Trashfilmniveau, weshalb er auch seit jeher einen schweren Stand bei Publikum und Kritikern hat; und doch hat er einiges an sich, das man auch durchaus als unterhaltsam empfinden kann. Doch der Reihe nach:

                                        Batman (George Clooney), Robin (Chris O'Donnell) und Neuzugang Batgirl (Alicia Silverstone) stehen mit Mr. Freeze (Arnold Schwarzenegger), Poison Ivy (Uma Thurman) und Bane (ein leider viel zu früh verstorbener Wrestler, dessen Namen in Hollywood aber nur eingefleischte Experten in Erinnerung haben dürften) ebenfalls einem Trio gegenüber. Für numerische und geschlechterbezogene Ausgeglichenheit ist also schon mal gesorgt. Praktisch für Prügelszenen! Während Viktor Freeze eher aus einer Not heraus auf Abwege gerät und Poison Ivy einen klaren Plan verfolgt, wird Bane als gehirnamputierter Schläger präsentiert, der im Grunde einer Mischung aus einem Zombie und einem aggressiven Kampfhund auf zwei Beinen gleicht. Doch zum Glück gibt es das Arkham Asylum mit Wärtern wie Ralf Moeller, die für eine sichere Verwahrung von Schurken wie Freeze sorgen...

                                        Joel Schumacher brennt in 'Batman & Robin' ein Trashfeuerwerk ab, wie man es bis dato nur selten im Kino gesehen hat; ganz besonders in Verbindung mit einer derart prominenten Besetzung. Batmans legendärer Nippel bildet in dieser Hinsicht allenfalls die Spitze des Eisbergs. Nach dem Erfolg des Vorgängerfilmes 'Batman Forever' an den Kinokassen und in der Award Season (drei Oscar Nominierungen) geht die Crew den surrealen Weg durch ein knallbuntes Gotham konsequent weiter und überspannt den Bogen dabei möglicherweise auch mehrmals. Schumacher bringt den Comicstil in einer Konsequenz auf die Leinwand, die aufhorchen lässt. Knallbunte Kulissen und Kostüme bilden den Rahmen einer Welt, durch die hoffnungslos überzeichnete Charaktere (oder besser: Figuren) wandeln. Kolossale Statuen dienen nicht nur als Kulisse, sondern werden auf irrwitzige Weise in Verfolgungsjagden eingebunden und die Szenerie wirkt in manchen Sequenzen comichafter als die Bilder in den Comics selbst. Passend dazu kommen die Dialoge nur selten über Sprechblasenniveau hinaus. Schumacher geht seinen Weg hier mehr als konsequent, verliert unterwegs aber ganz offenkundig einen großen Teil seines Publikums, indem er es sich nicht nur mit vielen Fans massentauglicher Blockbuster verscherzt, sondern auch den einen oder anderen Comicleser vor den Kopf stößt. Denn egal, was man von den bewussten Überzeichnungen und inhaltlichen Änderungen gegenüber den Comics auch halten mag: Eine ganze Reihe an schludrigen Elementen erscheint selbst für Trashverhältnisse grenzwertig. Wenn prominente Darsteller weit unter ihrem gewohnten Niveau bleiben und mehrere Einstellungen nach plumpen Marketinggags müffeln, sind kritische oder gar enttäuschte Stimmen nicht verwunderlich. Dominiert wird die Inszenierung von einer Vielzahl kurioser Requisiten und einem Arnold Schwarzenegger, der sich schmerzfrei durch die Handlung kalauert.

                                        Schumacher unterläuft mit seinem Ansatz eine stattliche Anzahl an Konventionen des Blockbusterkinos und bekommt dafür von weiten Teilen des Publikums seine Quittung. Dennoch ist es ein bemerkenswert eigenständiger Versuch, das Wesen von Comics auf eine ganze eigene Art einzufangen und als buntes Spektakel auf Zelluloid zu bannen. Wer gerne aus der cineastischen Mülltonne nascht, bekommt hier ein regelrechtes Festessen serviert. Die große Masse an Filmfreaks rümpft aber aus nachvollziehbaren Gründen die Nase.

                                        KURZFAZIT

                                        Batman from the trash can.

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                                          Wenn sich in einem Subgenre Ermüdungserscheinungen bei der erwachsenen Zielgruppe einzustellen drohen, liegt der Ansatz nahe, auch jüngere Zuschauer mit ins Boot zu holen. Während man bei Disney ein Grundgerüst für Drehbücher etabliert hat, dessen Struktur eine Art Wasserzeichen für die allermeisten Animationsfilme und einen großen Teil der Superheldenfilme ist, adressiert man bei DC bzw. WB mit 'DC League of Super-Pets' gleich die ganze Familie auf einmal. Dem Nachwuchs wird eine kindgerechte Superheldengeschichte erzählt und die Eltern (sowie die Generation dazwischen) werden mit einer beachtlichen Anzahl an Metagags bespaßt. Besonders an 'Batman v Superman: Dawn of Justice' arbeitet sich Regisseur Jared Stern genüsslich ab, indem er eine Reihe an Handlunsgelementen aus der besagten Produktion persifliert. In Sachen Charakterzeichnung des dunklen Ritters stand offensichtlich 'The Lego Batman Movie' Pate. Der Fledermausmann wird also erneut als grimmiger und enorm kauziger Spaßvogel präsentiert, der bestenfalls die Hälfte seiner Tassen im Schrank hat. Superman hingegen wirkt deutlich glatter; was die Frage aufwirft, ob in möglichen Fortsetzungen die Akzentuierung einzelner Charaktere nicht vielleicht neu justiert werden sollte.

                                          Schnell wird klar, dass die neu ins Kinouniversum eingeführten tierischen Helden verdächtig viele Gemeinsamkeiten mit ihren menschlichen Pendants aufweisen, was in gleicher Weise für die Schurken gilt. Und so ist 'DC League of Super-Pets' durch die Hintertür dann doch fast wieder eine ganz normale Superheldenkomödie geworden. Junge Fans werden angefüttert und schrittweise an das DCEU herangeführt und die etwas älteren Nerds bekommen einen Komödie, deren Sprecher-Besetzung dem Cast einer Realverfilmung in nichts nachsteht. Mit Dwayne Johnson, Kevin Hart, Keanu Reeves, Kate McKinnon, John Krasinski, Olivia Wilde, Diego Luna u.v.m. sind die Rollen bemerkenswert prominent besetzt. Kurios: Dwayne Johnson tritt innerhalb eines Kinojahres bei DC sowohl als Black Adam als auch als Krypto auf.

                                          Gerade noch gut gemeinte 7 Punkte.

                                          KURZFAZIT

                                          DC ist auf den Hund gekommen und legt einen zwar inhaltlich belanglosen, aber doch recht heiteren Animationsfilm vor.

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                                            DeCember 2022
                                            (Zum Abschluss des Jahres noch ein paar Kommentare zu DC-Filmen)

                                            Ein neuer alter Superheld ist in der Stadt. Immer gerne her damit, wenn die Filmcrew Ideen auf Lager hat, durch die sich die Produktion aus der Masse der anderen Superheldenfilme abheben lässt. Aber wer mit dieser oder einer ähnlichen Haltung an die Sichtung herangeht, dürfte allenfalls überschaubare Chancen auf einen gelungenen Filmabend haben. Man kann Jaume Collet-Serra (Regie) sicher nicht vorwerfen, das Erfolgsrezept des Hauptkonkurrenten abgekupfert zu haben. Vielmehr hat er um dessen zumeist schablonenhaft umgesetztes Konzept einen weiten Bogen gemacht. Bei der immer größer werdenden Masse an Superheldenfilmen macht es sicherlich auch Sinn, nicht jede Neuveröffentlichung nach Schema F zu gestalten. Mit der Idee, nahezu gar keine Struktur mehr beizubehalten, schießt man jedoch deutlich über das Ziel hinaus. Geboten wird dem Publikum eine Aneinanderreihung verschiedener (vorrangig actionlastiger) Szenen, deren roter Faden eher kümmerlich daherkommt. Drehbuch und Regie scheinen sich zudem nicht besonders viel um die Charaktere zu scheren. Die meisten von ihnen werden relativ schnörkellos in das Geschehen geworfen und wie hölzerne Schachfiguren über das Feld der Handlung bewegt. Auf der anderen Seite folgt die Inszenierung aber auch einem comicartigen Stil, der seine Herkunft regelrecht zelebriert und das Ergebnis auf diese Weise zumindest noch ins Mittelmaß rettet. Es gibt sicherlich schlechtere Comicverfilmungen, doch nachhaltig in Erinnerung bringen dürfte man sich mit Produktionen wie dieser auch nicht unbedingt.

                                            KURZFAZIT

                                            Uninspirierte Comicverfilmung vom Fließband.

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                                              Framolf 27.12.2022, 08:09 Geändert 27.12.2022, 08:10

                                              'Catfishing – The Movie' hätte sich gut als Alternativtitel für diesen Weihnachtsfilm geeignet. Aufgrund eines Fakeprofils auf einem Datingportal kommt es zum Aufeinandertreffen zweier Charaktere, die ansonsten wohl niemals miteinander ins Gespräch gekommen wären. Garniert mit einigen Irrungen und Wirrungen durchlaufen die beiden eine Reihe an Situationen und Stationen und hangeln sich durch eine Handlung, die derart schablonenhaft ist, dass sie einem beider Erstsichtung schon bekannt vorkommt. Dabei wird kaum ein Klischee ausgelassen. Für gute Laune sorgen hingegen der unbeschwerte Erzählton und die heimeligen Kulissen. Unbeholfen wirken wiederum zahlreiche Verrenkungen des Drehbuchs, die der Vorbereitung von Figurenkonstellationen oder sonstigen Situationen dienen. Die Art und Weise, auf die Charaktere an bestimmte Orte und in bestimmte Situationen gebracht werden, erscheint eher hemdsärmelig denn elegant. Etwas mehr Mut zum Risiko hätte dieser Produktion sicherlich gut gestanden, denn durch die völlige Abwesenheit jeglicher Art von Originalität steht am Ende eine RomCom, die vorhersehbarer kaum sein könnte. Dank des heiteren Erzähltons sollte aber dennoch für solide Unterhaltung gesorgt sein.

                                              KURZFAZIT

                                              Konfektionsware der unterhaltsameren Sorte.

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                                                In der Filmbranche gibt es – abgesehen von pekuniären Motiven – bekanntlich einige regelmäßig angeführte Gründe für die Produktion von Remakes: Eine Neuinterpretation des Handlungskerns, neue technische Möglichkeiten bei der Umsetzung, eine Produktion mit üppigerer finanzieller Ausstattung, eine Anpassung an den aktuellen Zeitgeist oder gesellschaftliche Rahmenumstände, die den Stoff besonders aktuell erscheinen lassen. Bezogen auf 'Das Wunder von Manhattan' erscheint aber höchst rätselhaft, was die künstlerische Idee hinter dem Konzept gewesen sein soll. Zwar werden mehrere Szenen mit neuen Einfällen angereichert, substanziell sind allerdings keine von ihnen. An manchen Stellen wurde die Handlung sogar eher verschlimmbessert. Besonders gegen Ende hin fällt die Neuauflage dann doch deutlich vom Original ab; als würde jemand die Substanz abtragen und durch Zuckerguss und Schmalz ersetzen. Schlecht ist die Inszenierung zwar nicht, doch die Fallhöhe der Version von 1947 ist eben deutlich höher; sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die schauspielerischen Darbietungen. So oder so gibt es in der Masse an Weihnachtsfilmen aber zahlreiche schlechtere Kandidaten für eine Sichtung.

                                                KURZFAZIT

                                                Salopp inszenierter Neuaufguss eines Klassikers, einigermaßen unterhaltsam, aber ohne nennenswerten Mehrwert.

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                                                  Framolf 25.12.2022, 08:24 Geändert 14.03.2023, 06:22

                                                  Oscar Madness Film 311 (3 Auszeichnungen, 1 weitere Nominierung)

                                                  Einer der großen Klassiker unter den Weihnachtsfilmen.

                                                  Ein Mann, der sich als Santa Claus ausgibt, heuert in einem Kaufhaus an, wo er mit seinen unkonventionellen Methoden zu einer enormen Umsatzsteigerung beiträgt. Das freut seinen Arbeitgeber, nicht jedoch den Betriebspsychiater. Oder ist er doch ein Psychologe? Die Rede ist von beidem und es wird nie so ganz eindeutig klar, ob er nun Gutachter oder Therapeut sein soll. Seine Methoden sind so oder so abenteuerlich. Der vermeintliche Nikolaus soll zwei mal dieselbe Rechenaufgabe lösen (drei mal fünf) und sagen, wie viele Finger sein Gegenüber hochhält. Trotz richtiger Beantwortung der Fragen stellt der „Experte“ der Psychologie trocken fest, dass hier die Einweisung in eine Anstalt angezeigt sein, da der Proband unkonzentriert sei. Klingt nach einer ausgeklügelten Methode,

                                                  Die eben geschilderter Episode trifft zwar nicht den Kern der Inszenierung, denn vorrangig geht es hier um Vertrauen und Zuversicht, doch sie illustriert recht anschaulich den schelmischen Unterton der Inszenierung. Die Handlung kommt mit einem freundlichen Gesicht, aber keineswegs zahnlos daher. Ungezügelte Konsumfixierung wird ebenso gegeißelt wie Mobbing oder eine übertriebene Koketterie mit der eigenen Desillusionierung; mal subtil und mal etwas expliziter, aber niemals marktschreierisch. In der Folge wurde die literarische Basis dieser Inszenierung gleich zweifach mit einem Oscar ausgezeichnet. Einmal in der Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“ und ein weiteres mal für die literarische Vorlage in der Sparte „Beste Originalgeschichte“. Hinzu kommt eine Auszeichnung für Edmund Gwenn, dessen Nebenrolle allerdings schon stark in Richtung Hauptrolle tendiert, wodurch ihm vergleichsweise viel Screentime zur Verfügung steht, in der er sich durch ansprechende Leistungen profilieren kann. Zusätzlich wurde diese Produktion mit einer Nominierung in der Kategorie „Bester Film“ bedacht (Gewinner: 'Tabu der Gerechten').

                                                  Anmerkung: Natalie Wood meistert ihre Rolle erstaunlich souverän. Bereits hier deutet sich ihr beachtlicher Werdegang an.

                                                  KURZFAZIT

                                                  Weihnachtlicher Klassiker mit Niveau.

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                                                    Framolf 24.12.2022, 07:09 Geändert 14.03.2023, 06:22

                                                    Liebe Moviepiloten, liebe Buddies, euch allen frohe Weihnachten und erholsame Feiertage. Kommt gut ins neue Jahr! Vielen lieben Dank für das gute Miteinander. Die Community ist der Grund, weshalb sich der tägliche Besuch der MP Seite auch nach wie vor absolut lohnt. Auf gute Zeiten und weiterhin viele spannende Filmtipps. :-)

                                                    Der filmtastische Adventskalender 2022

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                                                    Welcher Film könnte für das 24. Türchen passender sein als einer mit dem Titel 'Merry Christmas' bzw. 'Joyeux Noel'; noch dazu, wenn es sich um eine qualitativ derart hochwertige Produktion handelt?

                                                    Oscar Madness Film 312 (1 Nominierung)

                                                    In der expressionistischen autobiographischen Literatur gibt es ein wiederkehrendes Motiv, das sich durch eine Reihe von Werken zieht: Soldaten liegen im Schützengraben und hören Schreie. Weit genug weg, um sie so deutlich zu hören, dass sie sich durch Mark und Bein fressen. Aber zu weit entfernt, um deren verbalen Inhalt zu verstehen. Ruft da jemand auf deutsch oder französisch? Handelt es sich um einen Kameraden bzw. einen Alliierten oder einen Feind? Nach einigen Tagen stellt sich, sofern die verletzte Person immer noch keine Hilfe erhalten hat, aber noch lebt und schreit, bei vielen Autoren ein Gefühl ein, dass es letztlich keine Rolle spielt, welcher Nationalität der Hilfesuchende angehört. Es ist schlichtweg ein Mensch. Jemand, der Hilfe braucht. Dem man in Friedenszeit vielleicht unter völlig anderen Umständen begegnet wäre. Vielleicht auf dem Volksfest oder im Urlaub; je nachdem, woher er kommt. Und spätestens an diesem Punkt weicht bei vielen Verfassern eine eventuell vorhandene Kriegsbegeisterung der Frage nach der Sinnlosigkeit vieler Kriege. Man liegt im Dreck und leidet, während Strategen in irgendwelchen Hinterzimmern auf dem Reißbrett weitere Szenarien entwerfen.

                                                    Und genau dieses unter einfachen Soldaten im ersten Weltkrieg offenbar häufig verbreitete Gefühl fängt Christian Carion in 'Merry Christmas' eindringlich und anschaulich ein. So gibt es hier beispielsweise eine Katze, die sich munter zwischen den Stellungen entlang der Frontlinie bewegt. Soldaten beider Kriegsparteien halten sie für „ihre“ Katze. Doch sie ist einfach nur ein Tier, für das Nationalitäten keine Rolle spielen. Bezeichnenderweise machen sich Offiziere fernab der Front ernsthaft Gedanken darüber, ob dieser Vierbeiner als Spion behandelt werden sollte. Die Absurdität des Krieges zu einem griffigen Bild komprimiert. Und es gibt noch einige weitere Handlungselemente ähnlicher Natur, die hier geschickt miteinander verknüpft werden. Letztlich laufen alle darauf hinaus, dass viele Soldaten des unentwegten Mordens überdrüssig sind. Und dann kommt ein Demagoge im Namen der Kirche daher und gießt so viel Öl ins Feuer, wie er nur kann. Solche Geschichten kann nur das Leben schreiben. Leider.

                                                    Im Jahr 2006 wurde 'Merry Christmas' für einen Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert, hatte im Zuge der Verleihung jedoch das Nachsehen gegenüber 'Tsotsi' (eingereicht durch Südafrika).

                                                    KURZFAZIT

                                                    In der Weihnachtszeit angesiedelter (Anti-)Kriegsfilm mit Haltung und Substanz.

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