Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
++ Minimale SPOILER ++
Der kauzige Knauserer Garcia sitzt in seiner Wohnung in Kolumbien und grämt sich, denn seine Frau ist weg. Dabei hat er ihr doch so ein schönes Geschenk gekauft; nämlich spezielle Strümpfe für ihre Krampfadern. Plötzlich klingelt das Telefon und ein Mann, der sich zur Entführung von Amalia bekennt, verlangt von ihm, eine Waffe zu besorgen und auf weitere Anweisungen zu warten. Geldprobleme, Frau entführt und dann ist da auch noch der aufdringliche Arbeitskollege, dessen T-Shirts nur selten über die Wampe reichen und der – völlig uneigennützig natürlich - unbedingt die Abende mit ihm verbringen möchte. Ab sofort muss Garcia also seine Freizeit also mit einem tölpelhaften Maulhelden verbringen statt mit seiner Frau. Ein zweifelhaftes Vergnügen...
Die Produzenten von 'Garcia' entwickeln aus dieser Prämisse eine skurrile Krimikomödie, die einmal mehr beweist, dass althergebrachte Arthouse-Motive wie ausgedehnte Fahrten mit dem Fahrrad und ein Gangsterplot wunderbar Hand in Hand gehen können. Denn die Geschichte, die wie ein Krimi beginnt und kurz einen Ausflug ins Thrillergenre antäuscht, nimmt einige schräge Wendungen. Denn nicht nur der Titelantiheld weist einige Eigenarten auf, sondern auch mehrere Nebencharaktere erweisen sich als ziemlich schräge Vögel, die der Handlung eine gewisse Unberechenbarkeit bescheren. Daraus ergibt sich eine durchaus charmant inszenierte Krimi-Tragikomödie, an der besonders Fans von eher ruhig erzählten Gangstergeschichten Freude haben dürften. Umso bedauerlicher, dass dieser Film seit Jahren unter dem Radar fliegt. Denn auch wenn er nicht wirklich massenkompatibel ist, so gibt es auch jeden Fall ein (Nischen-)Publikum für augenzwinkernde Produktionen wie diese.
6,5 von 10 Mikrofonen im Bild.
KURZFAZIT
Kauzige kolumbianische Krimikomödie.
(Danke an Eudora für den Filmtipp)
(Der folgende Kommentar ist Teil der Community Adventswichtel-Aktion. Unter mehreren Filmvorschlägen habe ich mich für diesen Film entschieden, da mich der experimentelle Entwurf sofort angesprochen und neugierig gemacht hat. Und tatsächlich hat sich die Sichtung voll und ganz gelohnt. Ein Film mit Ecken und Kanten, voll von surrealen Ideen und obendrein noch mit einer politischen Aussage. Danke an Eudora für den Filmtipp.)
Wann war eigentlich die Zeit, zu der das Kino die größte Magie versprühte? Im neuen Jahrtausend mit seinen technischen Möglichkeiten und dem zumindest punktuell auftretenden Hang zur erzählerischen Extravaganz? Oder in den 1970er Jahren, die von enormen Entwicklungen im darstellerischen Bereich und vielen politisch aussagekräftigen Drehbüchern geprägt war? Auch die Studiozeit mit ihrem Bombast und dem Starsystem kommt hier infrage. Und natürlich auch die Pionierzeit mit unzähligen Stummfilmen, die oft nicht nur im Bereich der Kulissen punkten konnten, sondern auch mit innovativen filmhandwerklichen Kniffen und vielseitigen Geschichten, für die es zu der Zeit noch keine althergebrachten Konventionen gab.
Das Interesse an der Gigantomanie der 50er Jahre hält sich bei Filmemacher Esteban Sapir in Grenzen, wirkliche Zuneigung scheint er nur zu den cineastischen Skurrilitäten dieses Jahrzehnts zu verspüren. In Bezug auf die 70er Jahre sind für ihn ganz offenkundig der Hang zu politischen Botschaften und das Design diverser Requisiten von großer Bedeutung, während die psychologische Dimension vieler Produktionen dieser Dekade für ihn bei der Arbeit an 'La Antena' offenbar nur eine untergeordnete Rolle spielt. Das 21. Jahrhundert wiederum spielt für ihn augenscheinlich insofern eine Rolle, dass 'La Antena' nicht nur im Jahr 2007 produziert wurde, sondern sich auch die Freude an systematischen und wohlfundierten Grenzüberschreitungen in so manchen Nischenproduktionen zu nahezu jeder Sekunde der knapp hundertminütigen Laufzeit widerspiegelt. Die tiefste und offensichtlichste Verneigung erfolgt jedoch vor der Stummfilmära, die hier mit großer Liebe zum Detail geradezu zelebriert wird.
Neben visuellen Zitaten aus George Méliès 'Die Reise zum Mond' und anderen Größen aus der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende finden vor allem stilistische und inhaltliche Motive aus dem Expressionismus Eingang in Sapirs Inszenierung. Während bei den Requisiten ein schwarz-weißes Durcheinander aus mindestens drei Jahrzehnten besteht (der Kern der Handlung ist eben mehr oder weniger zeitlos), dominieren hier inhaltlich Töne aus einer Zeit, die punktuell zwar schillernd, aber weltpolitisch auch turbulent und düster war. Die Wirkung von Medien auf Massen und das Thema der systematischen Unterdrückung kritischer Meinungen (auch hier wäre mit Hinblick auf die Militärdiktatur wieder ein Bogen in das Argentinien der 70er Jahre gespannt) spielen hier eine ebenso gewichtige Rolle wie die Verneigung vor der Kultur. Denn das Wort ist bekanntlich mächtiger als das Schwert. Wer Menschen zuerst die Stimme und später sogar die Worte raubt, hält den vielleicht wichtigsten Schlüssel zur Unterdrückung bereits in der Hand. Bezeichnenderweise ist die letzte aktive weibliche Stimme hier in die Musik eingebettet und äußert sich deutlich verklausulierter als es in der Alltagsprosa der Fall wäre.
Der Einsatz der Filmmusik und das Szenenbild sind nicht weniger als erstklassig, was mit Abstrichen auch auf die Kamera zutrifft. Noch etwas mehr zu holen gewesen wäre jedoch im Bereich des Drehbuchs, das sich phasenweise zu sehr auf seine Extravaganzen verlässt und dabei die Pflege seiner Charaktere und der Dramaturgie aus den Augen verliert. Doch das ist Kritik auf sehr hohem Niveau; denn Sapirs Inszenierung ist auch so ein ganz besonderes Bonbon für Cineasten.
Trotz all der geäußerten Gedanken zu 'La Antena' ist aber ausgerechnet in Bezug auf diesen Film nahezu jedes Wort überflüssig. Nur selten hat man einen Film gesehen, der sich derart schwer beschreiben lässt. Die Szenerie ist dominiert von einer unfassbar großen Anzahl an Ideen. Surreale Einfälle stehen hier ungerührt neben trockenen politischen Kommentaren und gewitzten Absurditäten – und alles fügt sich (mal mehr, mal weniger) harmonisch aneinander. Wie durch Magie. Die Magie des Kinos eben.
KURZFAZIT
Bezauberndes Kleinod aus einem Land, dessen experimentelle Filmkünstler regelmäßig das Publikum überraschen – und dennoch nur selten in der Form gewürdigt werden, die sie eigentlich verdient hätten.
Spring Break auf Flamingo Art.
Einmal im Jahr kommen hundertausende Flamingos an einem salzhaltigen See in Tansania zusammen, um ihren Genpool zu durchmischen und anschließend ihren Nachwuchs großzuziehen. Für die Filmemacher Matthew Aeberhard und Leander Ward ein hervorragender Anlass zu einer Dokumentation über ein wohl einmaliges und dennoch weitgehend unbeachtetes Naturschauspiel in einer bizarren Landschaft. Denn während der See austrocknet, bilden sich in dessen Mitte Inseln aus Salzkristallen, die die Flamingos als Brutstätten nutzen. Ihre Küken sind dadurch vor Raubtieren vom Festland weitestgehend geschützt, sehen sich jedoch zwei anderen großen Gefahren ausgesetzt. Der Marabu (der aus Sicht der Flamingos das „Bu(h)“ ganz sicher nicht zu Unrecht im Namen trägt) kann sich mehr oder minder ungehindert sattfressen, auch wenn er gelegentlich mal einen Kampf mit erwachsenen Flamingos verliert. Als mindestens ebenso gefährlich erweisen sich die Salzkristalle, die sich an einigen Jungtieren ganz besonders anhaften und verklumpen, was zur Bewegungsunfähigkeit vieler kleiner Flamingos führt, denen dadurch ein zumeist düsteres Schicksal bevorsteht.
Für die Produzenten von 'Das Geheimnis der Flamingos' bedeutet diese Gemengelage in der Summe, dass hier faszinierende Bilder auf hoffnungsvolle, aber auch bedrückende Tierbiographien treffen. Höchst beeindruckende Choreographien der balzenden Altvögel stehen dramatischen Überlebenskämpfen einiger Jungtiere gegenüber. Selbiges gilt für die Landschaft, die durch sehenswerte Naturschauspiele auf der einen Seite und mitunter lebensfeindliche Auswirkungen des hohen Salzgehaltes auf Flora und Fauna auf der anderen Seite gekennzeichnet ist; im Grunde also alles, was eine zwar herkömmliche, aber hochwertig produzierte Naturdokumentation braucht. Als ganz besonders eindrucksvoll erweisen sich die Bildkompositionen auf der Salzinsel, die nicht selten von einem außerordentlichen Sinn für Symmetrie geprägt sind. Das Ballet der balzenden Tiere oder den Falmingomarsch, in dem die Jungtiere in neue Lebensräume aufbrechen, hätte man selbst dann nicht schöner darstellen können, wenn man tierische Schauspieler hätte, die Regieanweisungen entgegennehmen.
Offenbar gibt es auch einige Anrainer in Industriegebieten, deren Emissionen der Region heftig zusetzen, was im Film aber nur verbal artikuliert und (aus nachvollziehbaren Gründen) nicht gezeigt wird. Ebenfalls fällt auf, dass das Hauptaugenmerk der Naturfilmer auf der Schilderung von Kuriositäten und außergewöhnlichen Umständen liegt. Eher unspektakuläre, aber möglicherweise dennoch wissenswerte Informationen über dieses ungewöhnliche Ökosystem werden größtenteils ausgespart.
Die Verkitschung ist bei dieser Disney-Produktion auf ein verhältnismäßig geringes Maß reduziert. Beispielsweise steht ein Ei bzw. das dazugehörige Küken zum Ende der Brutsaison ganz besonders im Fokus der Erzählung. [SPOILER] Als mehrere Wochen später hunderttausende Tiere vom See in ihre zukünftige neue Heimat aufbrechen, wollen die Filmemacher ausgerechnet dieses Jungtier, das aber allem Anschein nach nicht durch einen Ring oder dergleichen gekennzeichnet wurde, in der Masse wieder ausgemacht haben. [SPOILER ENDE] Vermutlich eine Konzessionsentscheidung an das Studio. Allerdings halb so wild und nur eine Randnotiz in einem Film, dessen Vielzahl an beeindruckenden Bildern noch lange nach der Sichtung in Erinnerung bleiben wird.
KURZFAZIT
Teils spektakuläre Bilder aus einem ganz besonders ungewöhnlichen Ökosystem mit mindestens ebenso faszinierenden Bewohnern. Ein paar Minuten mehr Laufzeit für ein paar zusätzliche Informationen hätten sicher nicht geschadet, aber unter dem Strich steht auch so ein sehenswerter Film.
(Danke an Eudora für den Filmtipp!)
++ Achtung, SPOILER! Und Zombies!! ++
Eine Gruppe hochtalentierter Jungdarsteller spielt einige befreundete Schüler, die gemeinsam zum Strand fahren wollen. Dumm nur, dass ein gefährlicher Killer offenbar dasselbe Ziel hat. Und es ist nicht irgendein Killer!
„Wenn du ihn mehr als drei mal schüttelst, dann spielst du damit.“
Oder während des Sex im Dunkeln:
„Deine Klitoris ist angeschwollen, als wären es zwei - und eine Banane.“
An Edelzitaten wie diesen sieht man, was einen hier erwartet. Nämlich ein Angriff von Zombies. Aber nicht von irgendwelchen, sondern von Sexzombies! Die männlichen mit einem Ejakulationsdrang, der selbst Elefanten vor Neid erblassen lässt und die weiblichen mit bissigen Vaginen. Da brat mir doch einer nen benutzten Tampon.
Aber wer hier einen No-Brainer auf Trashniveau erwartet, irrt gewaltig! Denn Sozialkritik wird in diesem Film großgeschrieben. Sexismus und Homophobie werden dabei ebenso angeprangert wie ausufernde Gewalt und eine carnivore Ernährung. Auf subtile Art werden Missstände(r) angeprangert und es wird eine Utopie für eine bessere Gesellschaft entworfen.
[Zwischenruf von außen: „Hey du Otto, die letzten beiden Absätze passen überhaupt nicht zusammen!“]
Okay, stimmt! Einer davon ist zur Hälfte gelogen. Aber eben nur zur Hälfte. Schließlich sind die Killer hier auch halb Zombie, halb Triebtäter und halb Redneck. Welche Wertung könnte für dieses halbdokumentarische Meisterwerk daher passender sein als sexeinhalb Punkte?
Schreibt gerne auch dem dem Regisseur Jonathan Straiton eure Meinung zu dem Film. Wenn ihr Glück habt, widmet er euch eine seiner berüchtigten Danksagungen im Abspann eines kommenden Filmes. Bis dahin muss man sich eben mit denen aus 'Night of Something Strange zufriedengeben. Zwei Beispiele:
- JANET For not minding my farts.
- NATHAN I'm your real father.
KURZFAZIT
Gegen 'Night of Something Strange' wirkt selbst 'Cabin Fever 2' wie ein ruhiges Arthouse Drama.
(Ein herzliches Prost an den kaiserofhorror, der diesen Film kürzlich wieder ausgebuddelt hat sowie an alle anderen Buddies, die sich dieses Machwerk gegeben haben. xD)
++ Enthält SPOILER ++
Der Actionthriller '6 Days' wartet mit einer Verfilmung der Geiselnahme in der iranischen Botschaft in London im Jahr 1980 auf. Action wird dabei nicht allzu groß geschrieben und auch der Thrill hält sich angesichts eines Titels, der bereits die Dauer der Aktion verrät (sofern man mit dem Fall nicht ohnehin schon vertraut ist), in Grenzen. Da alle anderen Genrezuordnungen aber noch unpassender erscheinen, passt dieses Label dann doch irgendwie.
Nach zähen Verhandlungen, die äußerst bieder und konventionell (um nicht zu sagen uninspiriert) inszeniert sind, rückt schließlich der Zugriff näher und die Intensität der Erzählung steigt deutlich an. Inhaltlich rückt eine Anweisung der Premierministerin in den Vordergrund, die bevorstehende Zerschlagung der Geiselnahme ohne Rauchgranaten und ähnliches Zubehör durchzuführen, damit die vor dem Gebäude in Position gebrachten Pressevertreter klare Bilder ins Ausland, aber ganz besonders an die britischen Wähler senden können. Die abschreckende Wirkung mag dabei ein Faktor sein, die Profilierungssucht der noch nicht lange im Amt befindlichen Politikerin aber mutmaßlich ein anderer. Besonders bizarr wird es, als zum Abschluss mehrere Texttafeln eingeblendet werden, in denen die Taktik der Einsatzkräfte u. a. als mustergültig gelobt wird. Als Außenstehender möchte man meinen, dass es angesichts zweier toter Geiseln durchaus noch Verbesserungspotenzial geben könnte. Doch im Vordergrund stand offenbar die Produktion öffentlichkeitswirksamer Bilder, und diese sind in der Tat gelungen...
KURZFAZIT
Farbloser Actionthriller nach einer wahren Begebenheit.
Türkisches Drama über einen Verkehrsunfall, der Auswirkungen auf das Schicksal mehrerer Menschen hat – ganz besonders auf eine Familie, die zunächst gar nicht daran beteiligt ist.
Was zunächst als bittere Anklage zu beginnen scheint, verliert sich jedoch im weiteren Verlauf in einer diffusen Beschreibung einer zweifellos dramatischen gesellschaftlichen Lage, deren Bestandsaufnahme aber offenbar bewusst unkonkret gehalten wird. Abgemildert – wenn nicht gar zerstört – wird die politische Aussage der Prämisse durch die Ausgestaltung des Endes und das Menschenbild, das dieser Erzählung zugrundeliegt. Während gleich zu Beginn ein offenbar korrupter Politiker (zumindest werden Andeutungen über dubiose Immobiliendeals gemacht) einen Fußgänger überfährt und schnell einen Weg findet, sich der anstehenden Haftstrafe zu entziehen, läuft es am Schluss auf eine Art ++ M A S S I V E R S P O I L E R ++ Trickle Down Effekt des Verbrechens hinaus. Sein Fahrer, ein idealtypischer Vertreter des kleinen Mannes, bedient sich ähnlicher Methoden, nachdem dessen Sohn sich aufgrund der Ereignisse, die der Verkehrsunfall nach sich zieht, zu einem Kapitalverbrechen hinreißen ließ. ++ S P O I L E R E N D E ++
Bis hierhin könnte man vielleicht einwenden, dass es sich dabei um eine Art Konzessionsentscheidung gegenüber verschiedenen Entscheidungsträgern handeln könnte. Von außen ist schwer zu beurteilen, welche Ideen bereits in frühen Treatments standen und welche erst später in das Drehbuch „hineinverhandelt“ wurden. Eher unwahrscheinlich erscheinen derartige Kompromisse aber in Bezug auf das Frauenbild, das hier mittels des einzigen (für die Handlung) wirklich relevanten weiblichen Charakters entworfen wird. Unter dem Strich erscheinen die Männer hier als kriminell und die Frau als (vorsichtig formuliert) enorm impulsgesteuert. Zwar werden alle drei Familienmitglieder hier durch Einflüsse von außen auf fragwürdige Pfade gebracht, doch es erscheint fraglich, ob das Publikum, das 'Drei Affen' vornehmlich zu adressieren scheint, Filme wie diesen auch tatsächlich sichtet und die darin geäußerten Gedanken auch annimmt. Spannend wäre womöglich der Versuch gewesen, in expressionistischer Tradition einen Charakter in die Handlung zu schreiben, der den Unterschied zu den Handlungen der Familie deutlich sichtbar macht. Dies wäre zwar nur zum Preis einer Durchbrechung des gewählten zurückhaltenden Stils möglich gewesen, doch ein derartiger Kniff hätte vielleicht gerade deshalb umso intensiver wirken können.
In Anbetracht der politischen Situation im Jahr 2008 (und der damit einhergehenden gesellschaftlichen Spaltung) erscheint Ceylans Fatalismus allerdings durchaus nachvollziehbar. In Zeiten festgefahrener Fronten und eines sinnlos erscheinenden Dialoges kann sich Verbitterung eben auch mal durch beißenden Spott entladen.
Was bleibt, ist ein Film, der für das europäische Arthouse Publikum durchaus gut zu funktionieren scheint, aber gar nicht erst den Anspruch erhebt, irgendeine Wirkung auf dem Heimatmarkt zu entfalten. Vielleicht ist gerade diese Resignation ein Teil des Konzepts, aber um es etwas überspitzt zu formulieren: Für trostlose Bilder und Begebenheiten reicht auch ein Blick in die Nachrichten.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Das künstlerische Konzept von Nuri Bilge Ceylan, das man als „Kunst der Auslassung“ umschreiben könnte, hat durchaus einen gewissen Reiz, aber gerade angesichts der – für türkische Medienverhältnisse – relativ aufrüttelnden Prämisse wäre vielleicht etwas mehr erzählerische Wucht zu erwarten gewesen. Vielleicht lässt sich das Fazit am besten mit einem Oxymoron umschreiben:
KURZFAZIT
Am Ende bleibt der Eindruck einer soliden Verfilmung, die ihre Botschaft nur leise in die Welt hinausschreit.
Wenn man so möchte, lässt sich mein Eindruck auch mit folgendem Bild zusammenfassen: Ceylan steht an der Grenzen und ruft seine Botschaft – mit dem Rücken zum eigenen Land - in die Welt hinaus. Legitim, aber befürchtungsweise nicht besonders wirkungsvoll.
(Danke an Eudora für den Filmtipp!)
Mit der mittleren Episode von Alan J. Pakulas Paranoia Trilogie verhält es sich ein wenig wie in manchen fünfköpfigen Familien mit dem mittleren Spross. Während der Älteste und der Jüngste reichlich Aufmerksamkeit genießen, findet der Dritte im Bunde mitunter etwas weniger Beachtung, selbst wenn er lauter poltert als die beiden anderen. Und so kommt 'Zeuge einer Verschwörung' mit deutlich mehr Thrill und ein wenig mehr Action daher als seine beiden Geschwister, doch sowohl beim Publikum als auch bei den Juroren diverser Filmpreisverleihungen fällt die Resonanz deutlich überschaubarer aus. Die Handlung ist nicht so sehr auf ihre Protagonisten fixiert wie in 'Klute' und die Bedrohung erscheint nicht ganz so staatstragend und allumfassend wie in 'Die Unbestechlichen'. Und doch fügt sich auch dieser Thriller thematisch passend in die Reihe mit ein.
Ein Attentat auf einen Politiker in aller Öffentlichkeit zieht eine Reihe von weiteren Todesfällen nach sich. Ein Journalist beginnt daraufhin, in der Sache zu ermitteln und gerät dadurch in einen Strudel, der ihn im wahrsten Sinn des Wortes mitzureißen droht. Die mysteriöse „Parallax Corporation“ scheint in dem Fall eine Rolle zu spielen, in dem mehrere Politiker, Journalisten und Richter ums Leben kommen. Wird der Reporter Joseph Frady der nächste auf dieser Liste sein?
Ab einem gewissen Punkt der Handlung macht eine Vielzahl Szenen den Eindruck, einer Art Traumlogik zu folgen, was sich sowohl in der Handlung als auch (und vor allem) im Stil der Inszenierung widerspiegelt. Die Erzählung erhält dadurch eine surreale Note und verstärkt den Eindruck eines Film Noir noch zusätzlich. Das Publikum wird Zeuge, wie sich die Schlinge immer enger um den Hals des Protagonisten zieht, tappt aber im Großen und Ganzen ähnlich im Dunkeln wie Frady.
Im Vergleich zu den anderen beiden Beiträgen zur Paranoia Trilogie wird hier verhältnismäßig dick aufgetragen, was den Unterhaltungswert aber nicht nennenswert schmälert. Durch die Tatsache, dass die Zuschauer über weite Strecken im Ungewissen gelassen werden und man erst spät erfährt, was eigentlich vor sich geht, fühlt man sich im Fernsehsessel über weite Strecken relativ ratlos. Spätestens gegen Ende werden allerdings einige wichtige Fragen aufgelöst und die Lage klärt sich einigermaßen auf. Ein paar Fragen werden bewusst offengelassen, was aber auch ganz gut zur rätselhaften Handlung passt.
=> Sechs von zehn „sogenannten Assozialen“.
KURZFAZIT
Für Freunde rätselhafter Thriller ein zwar nicht perfekter, aber durchaus unterhaltsamer Genrebeitrag.
Oscar Madness Film 310 (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)
Als Alan J. Pakula 1971 mit seinem Kriminaldrama 'Klute' den Startschuss zu seiner 'Paranoia Trilogie' gab, konnte er selbst nicht absehen, wohin ihn diese cineastische Reise am Ende führen würde. Schließlich war zu dieser Zeit der Einbruch in das Watergate Hotel, der die Grundlage zum Abschluss dieser Trilogie bildet, noch nicht geschehen. Dementsprechend unterschiedlich fallen die drei Episoden seiner kleinen Filmreihe dann auch aus - sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Zwar geht es in allen drei Filmen um Personen, die sich (aus guten Gründen) verfolgt fühlen und auch tatsächlich in konkreter Gefahr schweben. Zudem zieht sich ein kleines Tonbandgerät, das für Abhörzwecke genutzt wird, wie ein Leitmotiv durch die Reihe. Unter dem Strich stehen jedoch ein Drama, das sich zu weiten Teilen auf seine Protagonistin konzentriert ('Klute'), ein in Teilen surrealer Thriller über die Machenschaften eines dubiosen Konzerns ('Zeuge einer Verschwörung') und ein politischer Historienthriller über wahre Begebenheiten, die das Potenzial zu einer veritablen Staatskrise haben ('Die Unbestechlichen').
Zum Auftakt der Reihe geht es jedenfalls um eine Prostituierte (dargestellt von Oscar Gewinnerin Jane Fonda), die von einem Privatermittler (Donald Sutherland) als Zeugin in einem Vermisstenfall befragt wird. Nach anfänglichen Vorbehalten entwickeln beide eine gewisse Faszination füreinander, während sie zunehmend von einem Kriminellen bedroht werden.
Jane Fonda verkörpert ihre Rolle mit beachtlicher Lebensnähe und lässt das Publikum zu jeder Zeit spüren, wie ernst sie den durchaus vielschichtigen Charakter nimmt, der ihr hier anvertraut wurde. Ohne Effekthascherei, aber doch eindringlich, manövriert sie die Figur der Bree Daniels durch Situationen unterschiedlichster Art. Sei es als Zeugin im Rahmen der Ermittlungen, als Patientin bei psychotherapeutischen Sitzungen, als Ziel von kriminellen Übergriffen oder als Love Interest des Ermittlers John Klute. Das ebenfalls oscarnominierte Drehbuch interessiert sich für weit mehr als den besagten Kriminalfall und gibt sich größte Mühe, auch seiner Protagonistin gerecht zu werden. Zwar wird dabei nicht allzu tief in ihre Psyche hinabgetaucht, doch zumindest in manchen Facetten (besonders in Bezug auf persönliche Beziehungen) werden doch viele Winkel ihrer mentalen Verfasstheit ausgeleuchtet. Gerade im Zusammenspiel mit Donald Sutherland funktioniert Jane Fondas Schauspiel bemerkenswert gut, was vielleicht auch mit einer gewissen Vertrautheit zu tun haben mag, die die beiden verbunden haben soll (beispielsweise haben sich beide gemeinsam politisch engagiert).
Bei allem Interesse an psychologischen Prozessen wird aber dennoch nicht vergessen, dass dieser Film in erster Linie auch einem Unterhaltungszweck dienen soll. Neben der sich langsam steigernden Spannung aufgrund Klutes Ermittlungen werden hier und da auch (eher beiläufig) augenzwinkernde oder gar etwas zotige Dialogfetzen eingestreut.
Sie: „Wie ist das Bett?“
Er: „Kann man ausziehen.“
Sie: „Sehr schön, sehr schön, ich mich auch.“ (11:40)
KURZFAZIT
Pakula bietet mit 'Klute' genau die Mischung aus Charakterdrama und Kriminalthriller, wie man sie als Cineast von einem derartigen Film aus den frühen Siebziger Jahren erwarten würde.
Oscar Madness Film 309 (4 Auszeichnungen, 4 weitere Nominierungen)
WATERGATE WEEKEND - Film 4 / 4
Der Watergate Skandal dürfte Alan J. Pakula zum Abschluss seiner Paranoia Trilogie gerade recht gekommen sein. Thematisch erscheint diese Affäre wie gemacht für seine lose Filmreihe rund um Verbrechen und (durchaus berechtigte) Verfolgungsängste. Zudem bot sich ihm hiermit ein Thema von hohem öffentlichen Interesse und nicht minder großer politischer Brisanz. Darüber hinaus dürften sich Teile des Drehbuchs quasi wie von selbst geschrieben haben. Produzenten wiederum halten bei einer derartigen Gemengelage viele Trümpfe bei der Suche nach renommiertem Personal vor und hinter der Kamera in der Hand. Pakula nimmt all diese Vorlagen dankbar auf und legt mit 'All the President's Men' einen Film vor, der sowohl im Box Office als auch in der Award Season deutliche Ausrufezeichen setzen konnte.
Der Inhalt ist schnell zusammengefasst: Zwei kauzige Zeitungsjournalisten mit ziemlich unterschiedlichen Arbeitsmethoden werden gemeinsam auf den Watergate Fall angesetzt. Eine anonyme Quelle arbeitet ihnen zu, ansonsten müssen sie ziemlich umsichtig vorgehen, um nicht zu forsch in das Wespennest zu stochern. Die Konkurrenz von anderen Blättern hält sich von brisanten Meldungen zu diesem Thema offenbar fern, was die Recherchen noch heikler erscheinen lässt. Am Ende wird für Bob Woodward und Carl Bernstein also der Pulitzer Preis oder das Gefängnis (wenn nicht gar schlimmeres) stehen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Filmes war das Schicksal der beiden naturgemäß hinlänglich bekannt, weshalb sich die oscarnominierte Inszenierung Pakulas auch ausgiebig auf die Recherchen der beiden konzentriert, während das Bedrohungsszenario über weite Strecken eher latent mitschwingt und erst gegen Ende der Erzählung deutlich akuter wird.
Dementsprechend spielt sich eine Vielzahl an Szenen in den Redaktionsräumen der Washington Post ab, die bemerkenswert alltagsnah gestaltet wurden und nur wenig mit den oft viel zu sterilen und aufgeräumten Redaktionen in anderen Film zu tun haben. Selbiges gilt für einen Großteil der Wohnungen, die im Lauf der Handlung gezeigt werden. George Jenkins und George Gaines wurden dafür mit einem Oscar für das beste Szenenbild ausgezeichnet. Das ebenfalls oscarprämierte Drehbuch von William Goldman begleitet die beiden ausführlich bei ihrer Arbeit und scheut auch nicht davor zurück, dem Zuschauer Einblicke in vermeintlich schnödere Momente des Redaktionsalltags zu gewähren. Die Handlung erscheint dabei phasenweise wie ein Dokument aus einer längst vergangenen Zeit, in der Journalisten noch ausreichend Zeit gegeben wurde, Hintergründe zu recherchieren und Spuren nachzugehen, die womöglich ins Nichts führen werden. Zwar stehen auch die beiden Protagonisten in dieser Geschichte deutlich unter Druck, doch ist ihre Arbeit weit entfernt vom reinen Umformulieren von Agenturmeldungen, wie es im 21. Jahrhundert in vielen Redaktionen zum Alltag geworden ist.
Langeweile kommt dennoch so gut wie nie auf, da einerseits das Skript für eine stetige Steigerung der Intensität sorgt und andererseits der Schnitt durch Robert L. Wolfe (ebenfalls oscarnominiert) das Publikum regelrecht zu einem Komplizen der beiden Pressevertreter macht, indem er den Zuschauern gemeinsam mit der Kamera Blickwinkel gewährt, die man ansonsten eigentlich nur als Begleiter haben kann. Die Einstellungen werden so aufeinander montiert, dass eine Mischung aus semidokumentarischem Stil und Thriller entsteht. In diesem Zusammenhang wäre überdies der Ton zu hervorzuheben (Oscargewinner: Arthur Piantadosi, Les Fresholtz, Rick Alexander, James E. Webb), der die vermeintlich beschauliche Atmosphäre mehrfach durch das Gehämmer der Tastenanschläge durchbricht und so eine Bedrohung nachskizziert, die für Richard Nixon, John Mitchell, John Dean und ihre Mitstreiter von den Publikationen der Washington Post ausging.
Auch zwei Akteure vor der Kamera wurden im Rahmen der Academy Awards berücksichtigt. Jason Robards konnte in seiner Rolle als Ben Bradlee den Gewinn der begehrten Trophäe für sich verbuchen, in der er als Vorgesetzter so etwas wie den Fleisch im Stachel der beiden Reporter spielt, der auf beide Druck ausübt, nach außen hin aber auch mit ihnen in einem Boot sitzt und mindestens ebenso sehr in der Verantwortung steht wie die beiden. Eine weitere Nominierung konnte Nebendarstellerin Jane Alexander für sich verbuchen, was aufgrund ihrer doch recht knapp bemessenen Screentime als beachtliche Würdigung zu werten ist.
Bei einer derart großen Anzahl an Nominierungen erscheint es fast schon als zwangsläufig, dass 'All the President's Men' auch ins Rennen um den besten Film ging, das schließlich aber 'Rocky' gewann.
Die filmische Lücke rund um den lange Zeit anonymen Informanten „Deep Throat“ wurde dann schließlich 2017 durch Peter Landesmans 'The Secret Man' (mit Liam Neeson) geschlossen.
Fun Fact: In sechs der acht Kategorien musste sich Pakulas Team mit der Konkurrenz von Sidney Lumets 'Network' auseinandersetzen, also einem Film, der ebenfalls in der Medienbranche angesiedelt ist. Letztlich konnten beide den Gewinn von jeweils vier Trophäen für sich verbuchen, wobei die Crew von 'Network' im direkten Vergleich der beiden Produktionen zwei zusätzliche Nominierungen auf ihrer Habenseite stehen hat.
KURZFAZIT
Der Klassiker unter den Watergate Verfilmungen.
WATERGATE WEEKEND - Film/Serie 3 / 4
Nicht viele politische Ereignisse wurden schon aus derart vielen Blickwinkeln verfilmt wie der Watergate Skandal. Besonders ragen dabei drei oscarnominierte bzw. -prämierte Spielfilme heraus:
Oliver Stones Biopic 'Nixon' (1995), in der die besagte Affäre und ihre Rahmenumstände eine wesentliche Rolle spielen.
Ron Howards Verfilmung von Peter Morgans erweitertem Kammerspiel 'Frost/Nixon' (2008), das sich aus einem retrospektiven Blickwinkel mit dem vielleicht folgenschwersten Einbruch in der amerikanischen Geschichte beschäftigt.
Alan J. Pakulas Abschluss der Paranoia-Trilogie mit dem deutschsprachigen Titel 'Die Unbestechlichen' (1976) über die beiden Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein, die eine Reihe an Einzelheiten zu dem Fall aufdeckten und einer größeren Öffentlichkeit nahebrachten, dürfte die wohl bekannteste und renommierteste dieser Verfilmungen sein.
Peter Landesmans 'The Secret Man' (2017) wiederum erzählt die Geschichte des FBI Agenten Mark Felt, der in Pakulas Film als anonyme Figur ebenfalls eine gewichtige Rolle spielt.
Hinzu kommen einige weniger bekannte Produktionen zum selben Thema. In diesem Umfeld erscheint es also alles andere als einfach, eine halbwegs unverbrauchte Geschichte zu diesem Fall zu erzählen, die trotz aller hinlänglich bekannten Fakten auch noch ein paar Details aufbietet, mit denen das Publikum eventuell überrascht werden kann. Matt Ross stellt daher im Rahmen seiner Produktion von 'Gaslit' eine Reihe von Personen aus dem Umfeld des Präsidenten in den Fokus seiner Erzählung, die zwar auch in den bisherigen Produktionen eine Rolle spielten oder zumindest Gegenstand von Dialogen waren, aber (zumindest in dieser Konstellation) noch nicht im Zentrum einer größeren Inszenierung standen.
Allen voran wären dabei Justizminister John Mitchell (Sean Penn) und seine Ehefrau Martha (Julia Roberts) zu nennen, deren Rollen im Zuge des Watergate Skandals kaum unterschiedlicher sein könnten. Während der Minister lange Zeit im Ruf stand, ein loyaler Weggefährte des Präsidenten zu sein, drängte seine augenscheinlich alkoholkranke Gattin (offenbar auch aus Opposition zur First Lady Pat Nixon) notorisch ins Scheinwerferlicht der Medien, um ihre Sicht der Dinge auf den Präsidenten kundzutun. Julia Robert nimmt dabei einige Elemente der Interpretation von Madeline Kahn ('Nixon') in ihr Spiel mit auf und überspitzt einige davon offenbar ganz bewusst. Für Sean Penn lässt sich in Bezug auf E. G. Marshall ein ähnlicher Befund treffen. Dabei drücken beide der Inszenierung von 'Gaslit' deutlich ihren Stempel auf und verleihen ihr eine skurrile Note, die dennoch nicht die Lächerlichkeit abgleitet. Ähnliches gilt für die Darsteller von Dan Stevens (John Dean), Howard Hunt (J. C. Mackenzie) und H. R. Haldeman (Nat Faxon). Shea Whigham hingegen schießt in seiner Rolle als Gordon Liddy deutlich über das Ziel hinaus, was aber weniger an seinem Schauspiel als an der Struktur seiner Rolle liegen dürfte.
Entsprechend den Vorstellungen der einzelnen Darsteller fällt dann auch der Gesamteindruck dieser Miniserie aus. Trotz bewusster ironischer Überspitzungen, gelegentlicher Humoreinlagen sowie einer Überbetonung skurriler Details der Handlung überwiegt der Eindruck einer historischen Erzählung, auch wenn diese hier und da etwas augenzwinkernd vorgetragen wird. Eine Straffung von acht auf sechs Episoden hätte der Inszenierung womöglich gut zu Gesicht gestanden, da sie sich an einigen Stellen doch etwas zu sehr in Nebensächlichkeiten verzettelt. Ihren Platz im Kanon der Watergate Verfilmungen sollte sich diese Produktion aber dennoch gesichert haben. Man darf gespannt sein, ob für zukünftige Veröffentlichungen noch weitere Perspektiven aufgetan werden (können), aus denen sich eine Verfilmung lohnt.
KURZFAZIT
Altbekannte Geschichte aus einem Winkel, der bisher nur sporadisch ausgeleuchtet wurde.
Oscar Madness Film 308 (4 Nominierungen)
Mittlerweile meine Drittsichtung, die doch ein paar zusätzliche Erkenntnisse brachte im Rahmen des
WATERGATE WEEKEND - Film 2 / 4
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„Kratzt man da den Schorf weg, kommt ne Menge Eiter zum Vorschein.“
Eiter und Schweiß. Schweiß, der Richard Nixon während unzähliger Szenen auf der Oberlippe oder gar im gesamten Gesicht steht. Der Mann steht unter permanentem Stress. Teils wegen der gesellschaftlichen und weltpolitischen Umstände, die er zu einem guten Teil auch von seinen Vorgängern geerbt hat, teils wegen seiner „Gabe“, zahlreiche gesellschaftliche und persönliche Krisen auch noch zu verschlimmbessern. Sowohl beruflich als auch im Privatleben entgleitet dem Präsidenten, der so gerne geliebt oder wenigstens gemocht werden würde, die Situation immer stärker, bis er zum Getriebenen seiner eigenen Taten wird. Wer würde sich als besser für eine durch Oliver Stone verfilmte Biographie eignen als dieser Präsident, der von Zeitgenossen gehasst und der Nachwelt verspottet wurde? Vorneweg: Stone gesteht ihm durchaus auch einige Erfolge zu, wie etwa seine Entspannungspolitik gegenüber Russland, der auf der anderen Seite vernichtende Schläge gegen Ziele in Kambodscha und Laos gegenüberstehen.
Die wohl ambivalenteste Figur neben Nixon dürfte in dieser Inszenierung Henry Kissinger sein. Zwar präsentiert ihn Stone als eine Art Witzfigur, jedoch als eine sehr gefährliche, die nicht einmal vor einem Atomwaffeneinsatz zur Durchsetzung der parteiinternen Ziele zurückschrecken würde, der Presse aber Informationen zusteckt, die ihn als Friedensfürsten erscheinen lassen. Öffentliches Image und Innenwirkung in den republikanischen Gremien klaffen bei ihm weit auseinander. Nixon selbst hingegen wird über weite Strecken als kühl berechnender Pragmatiker skizziert, der eben die Bündnisse eingeht, die ihm vermeintlich nutzen – sei es mit politischen Verantwortungsträgern, einflussreichen Lobbyisten oder bestimmten Wählergruppierungen. Seine Meinungsfindungsprozesse finden ganz offenbar vorwiegend in Hinterzimmern statt, in denen bei Stone auch gerne mal düstere Andeutungen (bspw. über die Zukunft der Kennedys) gemacht werden; mal von Hoover, mal von einem Öllobbyisten. Wenn kollidierende Interessen auf Nixon einprasseln, schreckt er zwar gelegentlich auch vor einer klaren Positionierung nicht zurück (und schießt dabei mehrmals weit über das Ziel hinaus), doch so lange sich diese vermeiden lässt, redet er auch ganz gerne mal anderen nach dem Mund. Dass eine solche Strategie – besonders in einer derart heiklen gesellschaftlichen Gemengelage - irgendwann an ihre Grenzen geraten kann, versteht sich fast von selbst. Nixon selbst kann und will nicht verstehen, dass seine Erfolge weniger gewürdigt werden als seine Fehltritte verteufelt werden. Stone stellt ihn gegen Ende der Inszenierung fast schon als einen Herrscher Shakepearescher Prägung dar, wenn er dessen Karriere an der öffentlichen Meinung und an sich selbst zerschellen lässt. Problematisch ist bei derlei Stoffen naturgemäß, dass eine Reihe von Leerstellen mit Fiktion oder Mutmaßungen zu füllen ist. Stone nutzt ganz besonders diese, um seine eigenen Theorien unter das Publikum zu bringen, was ihm zwar Kritik einbrachte, auf der anderen Seite aber auch ein bewährtes Stilmittel aus dem Theater ist, um bewusst zu polemisieren und nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.
Fraglos überzeugend wirkt das Figurensetting der Inszenierung, das auch viele der Berater mit ins Boot nimmt. Speziell in Bezug auf die Rolle der Leute um John Dean, Howard Hunt, Justizminister John Mitchell und seine Ehefrau Martha oder den Mann für's Grobe, Gordon Liddy, sei auf die Miniserie 'Gaslit' verwiesen (das aber nur am Rande).
Folgerichtig wurden Stone et. al. 1996 für das Drehbuch für einen Oscar nominiert, jedoch hatten sie gegenüber Christopher McQuarrie und 'Die üblichen Verdächtigen' das Nachsehen. Eine weitere Nominierung konnte John Williams für die Filmmusik einheimsen (Gewinner: Luis Bacalov für seine Arbeit an 'Der Postmann'), die über weite Strecken vergleichsweise unauffällig das Geschehen begleitet, in besonders eindrucksvoller Weise aber den Aufstieg und Fall des Protagonisten illustriert. Anfangs kommt die Musik überwiegend in Rückblicken zum Einsatz und zumeist schwingen hier bereits Wehmut oder unheilvolle Vorausahnungen mit. Zum Ende hin machen Dissonanzen die Situation des POTUS regelrecht spürbar. Der ebenfalls oscarnominierte Anthony Hopkins verkörpert seinen Charakter mit großer Leidenschaft und besonders während des Finales mit deutlichem Hang zum Overacting (Gewinner in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“: Nicolas Cage in 'Leaving Las Vegas'). Seine Vorstellung besticht aber auch durch eine genaue Beobachtungsgabe und bemerkenswerte Mimikry. Richard Nixon bietet hierfür natürlich reichlich Fläche, die Hopkins dankend auf- und annimmt. Joan Allen, die mit Pat die Frau an seiner Seite spielt, kann ebenfalls eine Nominierung für sich verbuchen. Aufgrund der vergleichsweise überschaubaren Screentime mangelt es ihr aber schlichtweg an Gelegenheiten, noch stärker aufzutrumpfen als ohnehin schon.
Kurios: Prämiert wurde in der Kategorie „Beste Nebendarstellerin“ Mira Sorvino ('Geliebte Aphrodite'), deren Vater Paul in Oliver Stones Inszenierung die Rolle des Henry Kissinger einnimmt.
KURZFAZIT
Akribisch aufbereitete, hintergründige Geschichtsstunde und Charakterstudie nach Art von Oliver Stone, der kaum eine Gelegenheit für subversive Einschübe auslässt.
Oscar Madness Film 307 (5 Nominierungen)
...und noch ein Ron Howard Film. Meine Zweitsichtung von 'Frost/Nixon' eröffnet gleichzeitig mein
WATERGATE WEEKEND - Film 1 / 4
++ Leichte SPOILER ++
Kurz nach seinem Rücktritt besteigt der scheidende US-Präsident Richard Nixon einen Helikopter, winkt ein letztes mal mit einer Gestik, die fast schon an eine Siegerpose erinnert, und verschwindet aus dem politischen Washington. Viele Erzählungen über den Watergate Skandal oder die Präsidentschaft Nixons enden an genau dieser Stelle. Für Drehbuchautor Peter Morgan und Regisseur Ron Howard hingegen beginnt die Geschichte, die sie zu erzählen haben, erst hier.
Denn Nixon wird von einem enormen Drang getrieben, sich selbst in ein besseres Licht zu rücken (ein Motiv das schon in Oliver Stones 'Nixon' allgegenwärtig ist) und die Aussicht auf eine Gage von womöglich 650.000 Dollar für eine Serie von vier Interviews klingt für ihn nicht minder verlockend. Als Kirsche auf der Torte stammt eines der Angebote für ein derartiges Format auch noch von einem Moderator mit überschaubarer Reputation im politischen Bereich. Was soll da also schon schiefgehen für den ehemaligen POTUS?
Nach einem ersten Wirkungstreffer des Gastgebers und einem ansonsten holprigen Auftakt nehmen die Psychospielchen zwischen beiden (wie bereits im Vorfeld der Aufzeichnungen) volle Fahrt auf und alles steuert auf ein furioses Finale zu, in dem einer von bei auf die Matte zu gehen und vieles zu verlieren droht. Oder ist neben einem Knockout oder einem Punktsieg sogar ein Remis möglich?
Wie diese Zeilen schon vermuten lassen, inszeniert Ron Howard seine Verfilmung als verbalen Boxkampf und wiederholt passt sich auch die Diktion der Charaktere daran an. Da das Verbalduell von Frost und Nixon noch dazu in die Organisation der Veranstaltung, öffentliches Vorgeplänkel und anschließend mehrere Runden unterteilt ist, findet die besagte Terminologie auch ihre Entsprechung in der Dramaturgie der Erzählung. Dabei kommt Howards Inszenierung keineswegs trocken daher. Vielmehr wird die Handlung immer wieder von kleineren Spitzen für politisch oder geschichtlich interessierte Zuschauer sowie durch etwas unverbindlichere Gags für das breite Publikum aufgelockert. Die entscheidenden Stellen werden aber trotzdem von einem eher ernsthaften Ton dominiert, sodass mehrere Fraktionen im Publikum auf ihre Kosten kommen. Honoriert wurden diese Errungenschaften mit Oscar Nominierungen sowohl für Ron Howard (Beste Regie) und Peter Morgan (Bestes adaptiertes Drehbuch) als auch für Daniel P. Hanley und Mike Hall (Bester Schnitt).
Doch nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera wird hier erstklassige Arbeit abgeliefert. Aus einem ohnehin schon hochklassig besetzten Cast mit Namen wie Sam Rockwell, Martin Sheen, Rebecca Hall, Oliver Platt, Kevin Bacon oder Toby Jones ragt der als bester Hauptdarsteller ebenfalls nominierte Frank Langella in seiner Rolle als Richard Nixon ganz besonders heraus. Im Vergleich zur Interpretation desselben Parts durch Anthony Hopkins in der Verfilmung von Oliver Stone (1995) fällt Langellas Vorstellung deutlich verschmitzter aus, was einerseits dem etwas lockereren Tonfall des Filmes geschuldet sein dürfte, andererseits aber sicherlich auch damit zu tun haben dürfte, dass sich Nixon nun weitgehend abseits vom Tagesgeschäft eines Präsidenten befindet, das aufgrund der Rahmenbedingungen (aber teils auch selbstverschuldet) zu seiner Amtszeit alles andere als unkompliziert ausfiel. Sein Transpirationsproblem hat er nach wie vor nicht im Griff, was Langella ebenso wie Hopkins einige dankbar angenommene Gelegenheiten für kleinere Akzente bietet. Überhaupt fällt auf, dass Langella seine Rollenvorlage offenbar intensiv studiert hat und nicht ganz so sehr auf Überspitzung und gelegentliches Overacting setzt wie seinerzeit Anthony Hopkins.
Im Großen und Ganzen lässt sich festhalten, dass auch in nahezu allen anderen relevanten Bereichen wie Maske, Beleuchtung, Szenenbild usw. sehenswerte Ergebnisse erzielt wurden, weshalb die krönende Nominierung in der Kategorie „Bester Film“ nur logisch erscheint. In vier der Kategorien musste man sich der Konkurrenz von 'Slumdog Millionär' geschlagen geben, während Frank Langella ausgerechnet Sean Penn ('Milk') unterlag, der 14 Jahre später in einer anderen Produktion zur Watergate Thematik in seiner Besetzung als Justizminister John Mitchell eine tragende Rolle spielt. Doch das ist eine ganz andere Geschichte.
→ Achteinhalb bis neun von zehn (möglicherweise) femininen Herrenschuhen.
KURZFAZIT
Sorgfältig durchdachte und vergleichsweise behutsam dramaturgisch aufbereitete Kinoversion eines Rhetorik- und Psychoduells der besonderen Art.
Robert Langdon wacht mit partieller Amnesie im Krankenhaus auf und findet sich just (wer hätte das gedacht?) inmitten einer temporeichen Schnitzeljagd wieder. Der Rest ist ist fast schon business as usual – auch wenn hier in Stil und Inhalt einige Akzente etwas anders gesetzt werden als in den beiden vorherigen Dan Brown Verfilmungen durch Ron Howard. Die Änderungen reichen aus, um etwas Abwechslung in die Filmreihe zu bekommen, gestalten sich aber dezent genug, um keine allzu gravierenden Brüche zu erzeugen. Was man also bekommt, ist eine solide Mischung aus Fanservice und zaghaften Neuerungen. Durch die auf einer Amnesie aufbauende Prämisse spielt es auch keine große Rolle, ob man die beiden vorherigen Verfilmungen (noch) präsent hat oder mit 'Inferno' neu in die Sichtung der Reihe einsteigt. Zwar werden hier und da auch kleinere Grüße an das Stammpublikum gesendet (die Mickey Mouse Uhr lässt sich hier als Beispiel anführen), doch diese sind eher eine augenzwinkernde Spielerei.
Und so zählt 'Inferno' weder zu den besonders guten noch zu den nennenswert schlechten Vertretern seines Genres. Da die Geschichte halbwegs temporeich erzählt wird, stehen die Chancen auf einigermaßen kurzweilige Unterhaltung umso besser. Daher: Folgt den geheimen Zeichen! Die Play-Taste könnte vielleicht eines davon sein. Aber eben nur vielleicht.
KURZFAZIT
Zu Beginn etwas trashig, aber durchaus kurzweilig und unterhaltsam.
Professor Langdon ermittelt wieder. Auch dieses mal geht er im Umfeld der katholischen Kirche auf Schnitzeljagd. Mit dem Klerus, dem CERN in Genf und den Illuminaten, um die sich viele Mythen ranken, weist diese Geschichte gleich drei Bestandteile auf, auf denen man ein originelles Konstrukt mit einigen bewusst streitbar formulierten Thesen und letztlich auch eine provokative Erzählung hätte aufbauen können. Schließlich hatten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Verfilmung viele Menschen Sorgen in Bezug auf die Inbetriebnahme des Teilchenbeschleunigers im CERN, während die katholische Kirche ohnehin schon seit Jahrzehnten einen Skandal nach dem anderen produziert. Die Illuminaten wiederum waren und sind Ziel zahlreicher Spekulationen, die sich aufgrund ihrer Eigenschaft als Geheimbund wohl niemals komplett verifizieren oder falsifizieren lassen werden.
Eigentlich wäre also alles angerichtet für einen Thriller, der vor Überraschungen und Hypothesen nur so strotzt. Gewählt wurde aber eine eher sichere Variante, indem ein mehr oder weniger herkömmlicher Serienkillerthriller erzählt wird. Auf die - wenn auch etwas naiv vorgetragene – Kirchenkritik in Ron Howards vorheriger Verfilmung eines Werkes von Dan Brown ('The Da Vinci Code – Sakrileg') folgt nun ein Entwurf, der zahnloser kaum sein könnte. Das CERN und der Vatikan kommen eigentlich nur als pars pro toto für die Opposition von Wissenschaft und Glauben zum Einsatz. Das Wirken der Kurie gestaltet sich dabei seltsam homogen. Während in Produktionen wie 'The New Pope' und 'The Young Pope' anschaulich skizziert wird, welche Kräfte im Vatikan wirken und wie man sich das Wirken einiger Akteure dort vorzustellen hat, bekommt man in 'Illuminati' ein recht müdes Zerrbild des Zusammen- und Gegeneinanderwirkens der Kardinäle zu sehen. Die Illuminaten wiederum werden lediglich als eine Art Monster im Schrank behandelt, das zwar irgendwie im Raum steht, aber ansonsten eigentlich nicht viel mit der Geschichte zu tun hat.
Die Geschichte, die stattdessen präsentiert wird, ist keineswegs schlecht erzählt und schon gar nicht schwach inszeniert, aber sie erscheint eben auch nicht so innovativ und streitbar, wie es vielleicht möglich gewesen wäre. Stattdessen wird gegen Ende hin zwar tatsächlich ordentlich auf die Pauke gehauen, allerdings fast schon im Stil von James Bond. Wer einen halbwegs düsteren Kriminalthriller mit ein paar Actioneinlagen sehen will, dürfte mit 'Illuminati' nicht die schlechtesten Chancen auf eine gelungene Sichtung haben; auch wenn die Handlung durchaus bissiger hätte ausfallen können.
KURZFAZIT
Solider Thriller, bei dem aber dennoch zahlreiche Chancen liegengelassen werden.
Da behaupte nochmal jemand, die 1990er Jahre seien schon lange vorbei. Jonathan Hensleigh bringt mit 'The Ice Road' einen Actionfilm auf die Leinwände und Bildschirme dieser Welt, der (abgesehen von den etwas moderneren Effekten) wie ein Relikt aus der besagten Dekade wirkt, das irgendwo tief im Eis gefunden und aufgetaut wurde. Eine Handlung, die eigentlich nur dazu dient, die Trucks nicht komplett ohne Zweck über das Eis fahren zu lassen und „Wendungen“, die größtenteils vorhersehbar sind, obwohl in den meisten Fällen ohnehin schon die denkbar haarsträubendste Variante gewählt wird. Verglichen mit anderen Guilty Pleasure Produktionen schlägt sich dieser eisige Trip dennoch recht wacker. Eine Reihe von Szenen kann passable Unterhaltung und Spannung erzeugen, wodurch schon einiges gewonnen ist. Für einen soliden Actionabend reicht es aus; sehr viel mehr war ohnehin nicht zu erwarten.
5 – 5,5 Punkte.
KURZFAZIT
Eisiger Trip, der aber nur bedingt cool daherkommt.
Die stilistische Ausdifferenzierung des MCU schreitet immer weiter voran und Taika Waititis Inszenierungen befinden sich auf dem besten Weg dazu, früher oder später ein eigenes Subgenre innerhalb des Superheldenbereichs zu werden. Die Handlung an sich spielt dabei kaum noch eine Rolle und dient eigentlich nur noch als Plattform für rund 120 Minuten Schabernack. Immerhin treibt das im Fall von 'Love and Thunder' nicht ganz so bizarre Blüten wie bei den völlig deplatzierten Gags während des Finales des Vorgängerfilms, aber dennoch wird die Bedrohung, die vom durchaus ambitioniert konzipierten und gespielten Antagonisten (Christian Bale) dadurch sehr stark relativiert. Aber genau dieser Effekt dürfte wohl auch gewollt sein, denn schließlich soll hier ja möglichst die ganze Familie vor die Leinwand oder den Bildschirm gelockt werden, wobei ein entsprechend niedriges Rating naturgemäß hilfreich sein dürfte. Und so blödelt man sich eben durch eine Reihe unterschiedlichster Szenen, die nicht so wirklich wie aus einem Guss wirken wollen.
KURZFAZIT
Als Komödie durchaus unterhaltsam, darüber hinaus aber ein Fall für den Wühltisch.
Coming of Age Drama über eine Jugendliche in den USA, die sich sogar nicht an die muslimischen Vorgaben, Traditionen und Erwartungen ihrer Eltern halten will. Diesen wiederum scheint einzig und allein ihr Ansehen innerhalb ihrer lokalen Glaubensgemeinschaft wichtig zu sein. Nicht die allerbesten Voraussetzungen für eine harmonische Zukunft der Familie...
Minhal Baig (Regie) provoziert in dieser auf den ersten Blick halbwegs unscheinbaren Inszenierung ganz bewusst sowohl die Vertreter des liberalen als auch die des neokonservativen Amerikas – von traditionshörigen Vertretern des Islam ganz zu schweigen. Unter dem Strich ist die geäußerte Kritik jedoch zu stark verklausuliert und hintergründig, als dass sie wirklich hohe Wellen schlagen würde. Darüber hinaus kommen hier auch keine Dinge auf den Tisch, die wirklich neu oder gar unerhört wären, wodurch schlichtweg nicht genug Aufmerksamkeit erzeugt wird, um Zuschauer vor den Bildschirm zu locken, die normalerweise einen Bogen um halbwegs zurückhaltend inszenierte Dramen machen.
Der Film an sich hätte durchaus etwas mehr Aufmerksamkeit verdient, denn er erzählt seine Geschichte mit einer ordentlichen Portion Empathie für die Protagonistin und bleibt im Zweifelsfall lieber einigermaßen nah am Alltag, als jede sich bietende Gelegenheit zur Überdramatisierung zu nutzen (was aber nicht heißen soll, dass ausschließlich zurückhaltende Töne angeschlagen werden).
Für Dramenfans durchaus sehenswert.
KURZFAZIT
Frühes, wenn auch kleines, Ausrufezeichen für Apples Streamingdienst.
++ Minimale SPOILER ++
Eric Northman (Alexander Skarsgard) befindet sich auf einem Rachetrip... Sorry, falsche Geschichte! Neuer Versuch:
The Northman (Alexander Skarsgard) befindet sich auf einem Rachetrip, nachdem er als Kind Zeuge eines Blutbades wurde und auch seinem eigenen Tod nur knapp entronnen ist. Nicht leichter wird die Sache dadurch, dass ein zotiger Ausspruch des Hofnarren an ihm vorüberging.
Robert Eggers ('Der Leuchtturm') setzt mit 'The Northman' einmal mehr ein Ausrufezeichen mit einer doch recht aufgeräumten Inszenierung. Die Handlung wirkt relativ schlicht und erhält eigentlich nur durch den regelmäßigen Einschub mystischer und kultischer Elemente ein paar Schnörkel. Für die ästhetische Gestaltung gilt dasselbe: Eine überwiegend karge Landschaft wird hier und da durch das Zeigen teils spektakulärer Kulissen bereichert, bei denen allerdings trotzdem alles seinen Platz hat. Sowohl inhaltlich als auch stilistisch befindet man sich hier deutlich näher an Serien wie 'Vikings' oder 'The Last Kingdom' als an Verfilmungen aus dem Popcorn Kino wie beispielsweise 'Braveheart'. Gegen Ende hin wähnt man sich sogar fast ein wenig in der Nähe von Produktionen wie '300' oder 'Spartacus' (2010).
Speziell in den Kategorien „Beste Kamera“,„Bester Schnitt“ und „Bestes Szenenbild“ könnten womöglich Chancen auf die eine oder andere Nominierung in der anstehenden Award Season bestehen. Außenseiterchancen dürfte es zudem in einigen weiteren Sparten wie etwa „Beste Regie“ geben.
KURZFAZIT
Das Mantra des Protagonisten fasst eigentlich schon die gesamte Handlung zusammen: „Vater rächen, Mutter retten, Fjölnir töten!“ Aber nur fast! Eine Sichtung lohnt sich trotzdem bzw. gerade deswegen, weil die sich Mission des Protagonisten eben doch ein wenig schwieriger gestaltet, als es sein Motto vielleicht vermuten lässt.
Oscar Madness Film 306 (1 Nominierung)
'Enemy Mine' auf jordanisch.
In 'Theeb' wird in einem westernartigen Szenario die Geschichte eines Jungen erzählt, der mit seinem Bruder zu einer Reise der ganz besonderen Art aufbricht und dabei sehr viel stärker gefordert wird, als ihm lieb sein dürfte. In gewisser Weise lässt sich diese Produktion also auch als Coming of Age Drama einordnen, auch wenn die Handschrift der Inszenierung schon sehr speziell ist. Hinzu kommt: Die allermeisten westlichen Filme dieses Subgenres sind dadurch geprägt, dass sich der oder die Jugendliche bzw. Heranwachsende im Zentrum der Handlung bestimmten Problemen stellen muss, an seinen bzw. ihren Aufgaben wächst und dadurch (zumindest in Teilbereichen des Alltags oder Lebens) aufblüht. Hier jedoch läuft es genau umgekehrt. Denn ab dem Moment, wo sich der Junge beweisen muss, dominiert eine Unmenge an Fliegen die Szenerie – die neben Ratten und Schimmel wahrscheinlich DAS cineastische Verfallszeichen schlechthin darstellen dürften. Jugend und Verwesung liegen hier also dicht beieinander; und zwar nicht nur im sprichwörtlichen Sinne. Das Leben des Protagonisten ist zum Zeitpunkt der Handlung durch so ziemlich alles geprägt, nur nicht von Hoffnung.
Drehbuch und Regie interessieren sich ohnehin nur sehr bedingt für den Charakter des Protagonisten und stellen ihn eher als einen fast schon entpersonalisierten Vertreter einer ganzen Generation dar, was einerseits das gesellschaftspolitische Profil der Erzählung schärft, unweigerlich aber auch den Wert einzelner Leben infrage stellt. Angesichts der lebensfeindlichen Umgebung, in der die Geschichte angesiedelt ist und der kompromisslosen Fixierung auf eigene Interessen, von der einige Charaktere getrieben werden, erscheinen derartige Anklänge jedoch durchaus nachvollziehbar. Und in diesem Sinne lässt sich 'Theeb' vielleicht auch als Parabel auf Egoismus, Gier und Skrupellosigkeit begreifen – aber auch als Erzählung aus einer Welt, in der ein archaisches Rechtsverständnis als selbstverständlich erscheint. Dies alles zusammen ergibt augenscheinlich keine gute Mischung und macht es so manchen Betroffenen womöglich enorm schwer, ihr Leben als lebenswert empfinden zu können. Schön ist das sicher nicht, aber gut möglich, dass der weltpolitische Zeitgeist (ausdrücklich nicht bezogen auf einzelne Individuen) des frühen 20. Jahrhunderts hier passend eingefangen wurde.
Aufmerksamkeit und Anerkennung gab es für die Inszenierung von Naji Abu Nowar unter anderem auch in Form von einer Oscar-Nominierung in der Sparte „Bester fremdsprachiger Film“. Vergeben wurde die begehrte Trophäe 2016 jedoch an den ungarischen Beitrag 'Son of Saul'.
KURZFAZIT
Trostlose Geschichte in einem trostlosen Setting, aber gerade deshalb sehenswert.
(Danke an Eudora für den Streaming Gutschein!)
Nach dem Horrorctober ist vor dem Horrorvember, Horrorzember usw. Weiter geht's mit Stephen King. :-) Ab sofort halt dann hier:
https://www.moviepilot.de/liste/the-king-of-horror-stephen-king-framolf
The King of Horror, Film/Serie #42
Kann es überhaupt Sinn machen, einer doch recht gelungenen Spielfilmadaption ein Äquivalent in Serienform entgegenzusetzen? Vorweg: Im Fall von 'Der Nebel' wahrscheinlich eher nicht. Also versucht sich Showrunner Christian Torpe gar nicht erst an einem Remake, sondern er wagt den Versuch einer radikalen Neuinterpretation. Dumm nur, dass die Produktion finanziell ganz offensichtlich alles andere als auf Rosen gebettet ist. Abgesehen von Frances Conroy ('Six Feet Under') dominieren hier in erster Linie Darsteller, die die Casting Direktoren um Alexa L. Fogel in ihren bisherigen Serien in Nebenrollen besetzt haben.
Inhaltlich werden zwar einige wesentliche Stationen der Vorlage abgearbeitet, jedoch in völlig anderer Form als in der Verfilmung durch Frank Darabont. Grundsätzlich gibt es auch hier Konflikte, Verbannungen und auch Selbstmorde im Umfeld des Einkaufszentrums, doch der Teufel steckt hier im Detail (oder vielleicht treffender: in einer Nebenrolle). Die Hauptantreiber der Zwistigkeiten zwischen den festsitzenden Menschen sind hier keine christlichen Fundamentalisten, sondern vielmehr gernegroße Leute, denen ihre Profession zu Kopf steigt sowie die Vertreterin einer kruden Naturreligion (oder wie auch immer man ihre selbstgezimmerten Ansichten nennen mag).
Nach einem uninspirierten Auftakt aus dem Baukasten (einem billigen wohlgemerkt) und einem aufgeblähten Mittelabschnitt, der durch eine Reihe nichtssagender Dialoge in die Länge gezogen wird, wird es zum Ende hin dann aber doch noch intensiver. Zunächst werden rund drei Episoden vor dem Ende alle maßgeblichen Charaktere wie Figuren auf einem Schachbrett in Stellung gebracht, damit man sie zum Finale genau dort hat, wo man sie haben will. Dann werden die dramaturgischen Schrauben angezogen und sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch macht sich Beklemmung breit. Auch wenn die auf diese Weise angerührte Mischung hier und da durch lieblos geschriebene Einschübe gestört wird (siehe zum Beispiel den Plot um die Paramilitärs), durch die wohl der Weg für eine weitere Staffel bereitet werden sollte, nehmen Spannung und Dramatik gegen Ende hin spürbar zu und entschädigen für so manche Unebenheiten, die dem Publikum bis dorthin zugemutet werden. Der fast schon morbide Cliffhanger wirft zwar weitere Fragen auf, aber es erscheint trotzdem als sinnvoll, die Serie an diesem Punkt enden zu lassen. Schließlich soll man bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist; und wer weiß schon, ob überhaupt noch genug finanzielle und erzählerische Substanz für eine Fortführung der Geschichte vorhanden gewesen wäre?
++ SPOILER ++
Viel Spannung geht dadurch verloren, dass die allermeisten Nebenfiguren zwar pures Kanonfutter sind, die Hauptcharaktere aber alle lebend durch die Staffel kommen. Hier wäre es besser gewesen, vielleicht auch die eine oder andere Figur zu opfern.
5,5 Punkte mit leichter Tendenz nach oben.
KURZFAZIT
Hier wird über weite Strecken augenscheinlich auf gut Glück in den Nebel geschossen, gegen Ende hin dann aber tatsächlich doch noch der eine oder andere Treffer verbucht.
Oscar Madness Film 305 (7 Auszeichnungen, 4 weitere Nominierungen)
ALLES beginnt ganz unscheinbar. Eine Familie, die einen maroden Waschsalon betreibt, muss sich mit der Steuerbehörde herumplagen. Was danach geschieht, sprengt jedoch fast die Grenzen des Vorstellbaren. Denn 'Everything Everywhere All At Once' fühlt sich an, als würde Terrence Malick dem Publikum eine überlange Realverfilmung einer Episode von 'Rick and Morty' präsentieren. Die Geschichte schlägt wilde Haken und bleibt doch ganz bei sich. Die Protagonistin erkundet nicht nur die Welt und das Universum, sondern sehr viel mehr. Und doch sieht man hier einen Film, der sich mit dem Innersten einer Familie und der Gedankenwelt der jeweiligen Charaktere beschäftigt.
ÜBERALL, wo die Figuren auch auftauchen, treffen sie auf nahe Angehörige oder sonstige Personen aus ihrem Umfeld und mit jedem Wechsel der Szenerie entdecken sie auch neue Seiten an sich selbst. Gezeigt wird also die externalisierte Version eines Familienkonfliktes, der man als Außenstehender aufgrund des absurd hohen Tempos kaum noch folgen kann. Hinzukommt eine Vielzahl popkultureller Anleihen von Stanley Kubrick bis Jackie Chan. Auf diese Weise wird offenbar ganz bewusst das Konzept verwässert, sodass sich am Ende kaum noch jemand sicher sein dürfte, ob man nun einen Geniestreich oder einen aufgeblasenen Scheinriesen gesehen hat. Unbestreitbar ist natürlich, die sich das Thema „Familienzwist“ (auch und besonders in diesem ganz speziellen Fall hier) in eine ganze Reihe von Unterthemen zergliedern lässt. Homosexualität, Ehekrise, berufliche Perspektive, ökonomische Motive, privater Werdegang oder die Auswirkungen diverser Entscheidungen auf den persönlichen Lebensweg sind nur einige der hier thematisierten Aspekte.
ALLES ZUGLEICH soll hier im stakkatohaften Wechsel zwischen den Multiversen abgehandelt werden, doch bei einer derartigen Reizüberflutung ist im Rahmen einer einmaligen Sichtung kaum noch unterscheidbar, welche Handlungsbestandteile zur Substanz gehören und welche reines Ornament sind. Ambitionierte Ansätze sind immerhin ohne Zweifel vorhanden,
KURZFAZIT
Wie 'Rick and Morty', nur weniger lustig und es wird nicht ganz so viel gerülpst.
Nachtrag: Mit insgesamt elf Oscarnominerungen, von denen schließlich sieben in Auszeichnungen mündeten, geht 'Everything Everywhere All At Once' schließlich als der große Gewinner schlechthin aus der Award Season 2022 / 2023. Während in der Drehbuchsparte überwiegend solche Formate gewürdigt werden, in denen (vor allem hinsichtlich der Struktur) neue Wege beschritten werden, und die Auszeichnung für Daniel Kwan und Daniel Scheinert dementsprechend fast schon als zwangsläufig erscheint, mutet die Prämierung von gleich drei Darstellern aus dem Cast dieser Produktion dann doch etwas kurios an; nicht zuletzt auch deshalb, da viele der KonkurrentInnen in den jeweiligen Kategorien schwierige Aufgaben mit Bravour zu meistern vermochten.
++ Leichte SPOILER ++
Enola ermittelt wieder – und dieses mal sogar einigermaßen systematisch, was sich auch in einer etwas klarer strukturierten Inszenierung mit wenig weniger Rückblenden widerspiegelt. Nicht nur für die Titelheldin, sondern auch für das Publikum lohnt sich ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit, denn Chekhov's Gun hängt sozusagen permanent an der Wand. Vieles bleibt beim Alten, eine Reihe von Handlungsbestandteilen wird jedoch auch anders akzentuiert als noch im Vorgängerfilm. Die feministische Komponente bleibt zwar bestehen, wird aber etwas weniger betont als während der ersten Episode. Hinzukommt dafür eine weitere sozialkritische Note, die für eine andere benachteiligte Gruppierung Partei ergreift. Junge Fabrikarbeiterinnen werden ausgebeutet und es kommt in ihrem Umfeld zu unzähligen krankheitsbedingten Todesfällen. Laut den Fabrikbesitzern sind sie Opfer von Typhus Infektionen, was per se schon auf prekäre Arbeitsverhältnisse und Unterbringungsbedingungen hindeutet. Schließlich gelten verunreinigte Lebensmittel und Wasser als gängige Übertragungswege. Darüber hinaus steht der Verdacht im Raum, dass es aber auch eine ganz andere Ursache für das Ableben der jungen Frauen geben könnte.
Systemkritik wird hier zwar nicht im Sinne einer grundsätzlich antikapitalistischen Haltung geübt, aber einige Auswüchse des Manchesterkapitalismus werden klar benannt und angeprangert. Im Grunde treten die Autoren also für nicht mehr und nicht weniger als eine soziale Marktwirtschaft ein. Dass diese Verfilmung nur wenige Wochen nach dem Ende der Amtszeit von Liz Truss veröffentlicht wurde, unterstreicht die Aktualität des Stoffes zusätzlich. Denn auch wenn es hier ausschließlich um vorwiegend junge und weibliche Arbeitskräfte geht, lässt sich die Situation problemlos auf weite Teile des damaligen Proletariats verallgemeinern. Indem Enola nun gezielt um Aufträge von nur bedingt zahlungskräftigen Klienten wirbt, sind Holmes und Holmes innerhalb der 'Enola Holmes' Filme künftig nur noch im Sinne der Gerechtigkeit unterwegs und nicht mehr gekoppelt an die Finanzkraft ihrer Auftraggeber.
Letztlich sieht man hier die zeit(geist)gemäße Neuinterpretation eines traditionsreichen Stoffes, bei der ein gewisses Maß an Empörung bei einigen Zuschauern bereits eingepreist sein dürfte. Man bedient sich eben eines Prinzips aus dem modernen Theater und kalkuliert ganz bewusst mit Zustimmung von der einen und Ablehnung - oder zumindest Stirnrunzeln - von der anderen Seite. Wobei sich durchaus konstatieren lässt, dass sich negative Reaktionen im Großen und Ganzen im Rahmen halten. Man weiß bei Fortsetzungen wie dieser schließlich schon im Vorfeld, worauf man sich einlässt.
Sieben von zehn zerquetschten Eiern.
KURZFAZIT
Eine Detektei für alle. Zumindest so lange sie Netflix Kunden sind...
Enola, die kleine Schwester im Schatten des Meisterdetektivs Sherlock Holmes, schickt sich an, ihre eigene(n) Geschichte(n) zu schreiben. Inspiriert von der Auffassungs- und Kombinationsgabe ihres Bruders und ausgestattet mit sportlichen Fähigkeiten, die in ihrer Kindheit durch ihre Mutter gefördert wurden, zieht sie in den Kampf für (Geschlechter-)Gerechtigkeit und bahnt sich als unterschätzte Newcomerin ihren Weg durch den Alltag.
Sowohl stilistisch als auch inhaltlich stehen die Zeichen auf Modernisierung, wobei gerade in Hinsicht auf Sherlock Holmes Inszenierungen im neuen Jahrtausend ohnehin schon mächtig Staub von den Erzählungen gepustet wurde (siehe zum Beispiel die Serie von Mark Gatiss oder die beiden Spielfilme von Guy Ritchie). Dieser Weg wird nun durch Harry Bradbeer konsequent fortgesetzt. In seiner Mischung aus Abenteuer, Krimi und Coming of Age Story spielt Emanzipation eine mindestens genauso große Rolle wie der Vermisstenfall an sich – wobei sich beides ohnehin nicht sauber trennen lässt und eng miteinander verwoben ist. Erzählt wird die Geschichte betont leger. Bradbeer lässt die Protagonistin die vierte Wand durchbrechen, streut beiläufig kleinere Humoreinlagen ein und nimmt nicht alle Details der Geschichte übertrieben ernst. Dennoch wird dadurch der Grundtenor der Erzählung nicht verwässert, denn eigentlich ist zu jeder Zeit klar, womit es den Produzenten ernst ist und welchem Zweck die stellenweise eingestreute Komik dienen soll.
'Enola Holmes' ist sicher kein revolutionärer Wurf, aber wie viele Verfilmungen sind das schon? Zu sehen bekommt man immerhin eine sehr freie Neuinterpretation eines traditionsreichen Stoffes, die zumindest nicht ausschließlich Unterhaltungszwecken dienen soll.
KURZFAZIT
Die Geschichte von Sherlock Holmes augenzwinkernd auf links gekrempelt.
Wie gehabt: Top Aktion!
@Leinzi: Hab noch ein paar Neuzugänge für deine Liste. :-D
Film
Why We Fight (2005)
Der Tod des Herrn Lazarescu (2005)
Herr der Ringe - Die Gefährten (2001)
Gerry (2002)
Ich habe keine Angst (2003)
The Football Factory (2004)
Mulholland Drive (2001)
Inland Empire (2006)
Broken Flowers (2005)
The Return (2003)
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Animationsfilm
Coraline (2009)
Der fantastische Mr. Fox (2009)
Shrek - Der tollkühne Held (2001)
Wallace & Gromit - Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen (2005)
Ice Age (2003)
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Serie
Lost (2004)
Carnivàle (2003)
My Name Is Earl (2005)
The Wire (2002)
Star Trek: Enterprise (2001)
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Soundtrack
The Football Factory (2004)
Broken Flowers (2005)
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Schauspieler
Bill Murray (Broken Flowers)
Frank Langella (Frost/Nixon)
Joaquin Phoenix (Walk the Line)
Jack Nicholson (About Schmidt)
Joaquin Phoenix (Gladiator)
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Schauspielerin
Charlize Theron (Monster)
Saoirse Ronan (Abbitte)
Holly Hunter (Dreizehn)
Catalina Sandino Moreno (Maria voll der Gnade)
Hilary Swank (Million Dollar Baby)
Julien Baptiste lässt sich nicht unterkriegen. Trotz fortschreitenden Alters und seines lädierten Beines hilft er auch weiterhin den Angehörigen vermisster oder getöteter Personen bei der Lösung ihrer jeweiligen Fälle. Wie schon in der Mutter- bzw. Prequelserie 'The Missing' (2014) ist die Handlung jeder Staffel in einem anderen europäischen Land angesiedelt. Nach Frankreich und Deutschland (gedreht wurde jedoch überwiegend in Malmedy in Belgien) führen die Ermittlungen den kauzigen Sturkopf nun in die Niederlande und nach Ungarn.
Mit Anastasia Hille und Camille Schotte sind neben Tchéky Karyo auch zwei Nebendarstellerinnen weiterhin an Bord, sodass sich durchaus der Eindruck einstellen kann, man hätte die beiden Staffeln der Spin Off Serie auch als dritte und vierte Staffel von 'The Missing' vermarkten können. Zwar gibt es auch einige Unterschiede in der Konzeption (etwa eine stärkere Akzentuierung in Bezug auf den Protagonisten), doch erstens fallen diese nicht besonders gravierend aus und zweitens machen schließlich sehr viele Serien mit fortschreitender Dauer einen gewissen Wandel durch. Man muss 'The Missing' zwar nicht unbedingt gesehen haben, um der Handlung von 'Baptiste' folgen zu können, hilfreich ist die Kenntnis der Vorgeschichte jedoch allemal. Wiederholt werden kleinere Handlungsdetails eingestreut, die sich unverkennbar an das langjährige Publikum wenden, das nicht erst zur Spin Off Serie in die Sichtung eingestiegen ist. Zudem gehen Inhalt und Stil beider Serien derart eng Hand in Hand, dass Fans der einen Serie so gut wie sicher auch Freude an der anderen haben werden. Im Umkehrschluss gilt natürlich auch, dass man sich die Fortsetzung sparen kann, wenn man schon das Original nicht mag. Zwar kann man auch durchaus mit der neueren der beiden Veröffentlichungen beginnen, ratsam wäre allerdings trotzdem die Einhaltung der chronologischen und Veröffentlichungs-Reihenfolge, da dann der Genuss noch ein klein wenig gesteigert sein dürfte.
Hinsichtlich der Besetzung der Neben- und Gastrollen können beide Projekte mit einer Reihe bekannter Namen und Gesichter aufwarten. Hier Beispielsweise Tom Hollander und Fiona Shaw, dort James Nesbitt, Frances O'Connor, Emiliy Dequenne, David Morrissey und Said Taghmaoui. 'The Missing' ist ein wenig detailverliebter und melancholischer inszeniert, während in 'Baptiste' stellenweise etwas arg dick aufgetragen wird. Da dies aber nur für vereinzelte Szenen gilt und es auch schon während der ersten Serie derlei Auswüchse gibt, wird der Gesamteindruck dadurch nicht wesentlich getrübt.
KURZFAZIT
Für Fans von 'The Missing' (2014) Pflicht.