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Die Darstellung weiblicher Superhelden in Kinofilmen

26.06.2018 - 20:46 Uhr
Drei der bekanntesten Superheldinnen: Black Widow, Wonder Woman und Mystique
Walt Disney Studios; Warner Brothers; 20th Century Fox
Drei der bekanntesten Superheldinnen: Black Widow, Wonder Woman und Mystique
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Hier meine bisher letzte Hausarbeit im Fach Medienwissenschaft zu einem Seminar, das sich mit in den Medien präsenten Frauen beschäftigte. Ich habe mich hier natürlich mit den filmischen Frauen auseinandergesetzt, die mich am meisten interessieren: Superheldinnen.
1. Einleitung

In filmischen Adaptionen von Superheldencomics nehmen weibliche Superhelden einen Sonderstatus ein. Neben typischen Rollenstereotypen weiblicher Charaktere wie dem „Love Interest“ des Helden (seiner Freundin, die oftmals zum hilflosen Opfer wird und von ihm gerettet werden muss), der Gegenspielerin, die oft auch als verführerische „Femme Fatale“ in Szene gesetzt wird, und dem „Sidekick“, also der Unterstützerin, die ihm meist mit technischem Wissen zur Seite steht, sollte die Superheldin ihrem männlichen Gegenstück in Sachen Charakterisierung und optischer Inszenierung in nichts nachstehen.[1] Rein prozentual gesehen sind weibliche Helden allerdings in deutlich geringerer Zahl vertreten. Geht es um (westliche, hauptsächlich US-amerikanische) Kinofilme über Comichelden (wobei hier auch ausschließlich Realfilme berücksichtig werden sollen), sind insgesamt nur wenige auszumachen, bei denen eine Frau die Hauptfigur ist, wohl auch, weil die meisten davon wiederum kommerzielle Misserfolge waren und von der Kritik hauptsächlich negativ rezensiert wurden. So spielte Supergirl (UK 1984) beispielsweise bei einem Budget von umgerechnet 35 Mio. $ nur rund 14,3 Mio. $ ein,[2] Catwoman (USA 2004) holte bei Kosten von 100 Mio. $ nur rund 82 Mio. $ weltweit wieder zurück[3] und Elektra (USA, Kanada 2005), ein Spin-Off zum Film Daredevil (USA 2003), machte bei einem Budget von 43 Mio. $ einen weltweiten Gewinn von rund 56,7 Mio. $, der als relativ niedrig anzusehen ist, zumal der Film mit einem Einspielergebnis von nur etwa 24,4 Mio. $ innerhalb der USA ebenfalls hinter den kommerziellen Erwartungen zurückblieb[4]. Dies änderte sich mit dem Soloeinsatz von Wonder Woman (USA 2017; 821,9 Mio. $ Einspiel bei einem Budget von 149 Mio. $[5]), der dazu, auch das eine Neuerung, von einer Regisseurin inszeniert wurde.

Seit Ende der 1990er Jahre sind jedoch vor allem Ensemblefilme erfolgreich, in denen ein Team von Helden im Mittelpunkt steht. Dazu zählen dementsprechend auch weibliche Mitglieder, wenn auch oft in prozentual geringer Anzahl. Zu den beliebtesten Superheldenteams zählen dabei die Avengers des Studios Marvel, das 2009 von Disney aufgekauft wurde, die X-Men des Studios 20th Century Fox (deren Figuren jedoch ebenfalls den Comics von Marvel Entertainment entstammen) und die Justice League des Studios Warner Bros., die auf Charakteren von DC Comics basiert. Aufgrund des immensen kommerziellen Erfolgs einzelner filmischer Beiträge konnten so große Franchises begründet werden, die neben den Filmen, die sich den versammelten Heldengruppen widmen, Soloeinsätze einzelner Mitglieder in eigenen Kinofilmen, ebenso wie Fernsehserien zu Nebenfiguren, Videospiele, Comics und (im Falle der Avengers) Kurzfilme umfasst, welche allesamt in derselben filmischen Welt wie die jeweiligen Hauptreihen angesiedelt sind. Während die Marvel Studios ihr sogenanntes „Marvel Cinematic Universe“ und Warner Bros. ihr in verschiedenen Medien als „DC Extended Universe“ bezeichnete Filmuniversum mit den Solofilmen ab 2008 bzw. 2014 starteten, welche dann in den Leinwandauftritten der versammelten Heldengruppe mündeten, ging 20th Century Fox mit seinen X-Men den umgekehrten Weg, indem es bereits ab 2000 Ensemblefilme veröffentlichte (womit es auch als Wegbereiter für die anderen Studios gelten kann), denen dann ab 2008 Spin-Offs einzelner Charaktere (bisher nur Wolverine und Deadpool) folgten (erwähnenswert ist dabei, dass durch den Verkauf der Tochtergesellschaft 21st Century Fox Filmed Entertainment des Medienkonzerns 21st Century Fox, der auch das Studio 20th Century Fox entstammt, an Disney, die X-Men-Filme seit dem 14. Dezember 2017 ebenfalls zu den Marvel Studios gehören, wodurch die Konkurrenz zwischen beiden Studios aufgehoben wurde). Mit DCs „Wonder Woman“ existiert bisher aber tatsächlich nur ein einziger Soloeinsatz einer Superheldin auf der Kinoleinwand (bei den Serien, die in den Filmuniversen angesiedelt sind, zeigt sich ein stärker ausgeglichenes Bild: so finden sich bei Marvel mit Marvel's Agent Carter, Marvel's Jessica Jones und dem Internet-Spin-Off Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D.: Slingshot drei Serien mit weiblichen Hauptfiguren gegenüber vier mit männlichen – Marvel's Daredevil, Marvel's Iron Fist, Marvel's Luke Cage und Marvel's The Punisher und – bisher – vier Ensembleserien: Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D., Marvel's The Defenders, Marvel's Inhumans und Marvel’s Runaways; in DCs Serienmultiversum, das keine Zusammenhänge zum Extended Universe aufweist, existieren zwei Serien mit Frauen als Hauptfiguren – Supergirl und Vixen – gegenüber drei mit Männern – Arrow, The Flash und Constantine – und einer mit einer Superheldengruppe: Legends of Tomorrow; im X-Men-Filmuniversum sind bisher nur zwei Serien vorhanden, von denen eine – Legion – einen männlichen Hauptcharakter hat, während in der anderen – The Gifted – eine Gruppe im Mittelpunkt steht).

Wichtiger als die bloße Präsenz weiblicher Superhelden in Kinofilmen ist jedoch die Art und Weise, wie sie porträtiert werden. Ob und inwiefern sie nur auf ihren Körper reduziert werden oder als unabhängige Charaktere erscheinen, die selbstständig Entscheidungen treffen und sich auch allein behaupten können. Den Themen Sexualisierung und Domestizierung soll sich hier darum speziell gewidmet werden, wobei sich im Folgenden auf zwei Beispiele fokussiert wird: die Charaktere Black Widow (aus dem Marvel Cinematic Universe) und Mystique (aus der X-Men-Filmreihe), die beide Ensemblefilmen entstammen und bisher keinen eigenen Kinofilm erhielten. Aufgrund ihrer jedoch zahlreich vertretenen Leinwandauftritte eignen sie sich gut für eine genauere Analyse. Dabei ist zu beachten, dass die neuesten Franchise-Einträge, die im Jahr 2018 bzw. 2019 erscheinen sollen - Marvels Avengers 3: Infinity War und X-Men: Dark Phoenix sowie New Mutants von 20th Century Fox – aufgrund ihres noch nicht erfolgten Kinostarts nicht berücksichtigt werden können.

2. Beispiel 1: Black Widow (Marvel Cinematic Universe)



Die von Scarlett Johansson in bisher 5 Kinofilmen - Iron Man 2 (USA 2010), Marvel's The Avengers (USA 2012), Captain America 2: The Return of the First Avenger (OT: "Captain America: The Winter Soldier"; USA 2014), Marvel's The Avengers 2: Age of Ultron (USA 2015) und The First Avenger: Civil War (OT: "Captain America: Civil War"; USA 2016) – verkörperte Natasha Romanoff alias Black Widow ist zunächst der Sorte von Superhelden zuzuordnen, die selbst keine außergewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten besitzen und sich stattdessen auf technische Ergänzungen verlassen (in ihrem Fall Armbänder, die Pfeile verschießen, welche Elektroschocks verursachen), so wie u.a. DCs Batman oder ihr Teamkamerad Iron Man (Robert Downey Jr.), um zwei der bekanntesten Beispiele zu nennen. Gleichzeitig ist sie, wie ihr anderer Teamkollege Hawkeye (Jeremy Renner), eine ausgebildete Kämpferin, die ihr Team im Kampf durch Kampfsporterfahrung und den Einsatz konventioneller Schusswaffen unterstützt. Die Vergangenheit des Charakters als Spionin wird außerdem dazu genutzt, sie als gerissene Manipulatorin in Szene zu setzen. Sie ist so dem Rollentypus der Femme Fatale zuzuordnen, einer selbstbewussten, verführerischen Frau also, die dem Helden durch ihre Reize gefährlich wird – hier mit dem Unterschied, dass sie selbst zu den Helden zählt.

In den „Avengers“-Filmen nutzt sie oftmals klischeehafte Vorstellungen ihrer Gegner und Verbündeten von Weiblichkeit, um diese zu manipulieren. Bei ihrer ersten Begegnung mit Dr. Bruce Banner (Mark Ruffalo) im ersten „Avengers“-Film, den sie für den Geheimdienst S.H.I.E.L.D. rekrutieren soll, trägt sie Kleidung, die ihre Weiblichkeit unterstreicht (einen Rock, ein Oberteil mit Spitzenrand und eine Kette) und täuscht ihm zunächst vor, sie wäre ganz allein und ihm ausgeliefert, sollte er sich in das unberechenbare Monster „Hulk“ verwandeln, das seine zweite Persönlichkeit darstellt. Als er einen Wutanfall vortäuscht, zieht sie jedoch ihre Waffe und enthüllt ihm, dass das Haus, in dem sie sich trafen, umstellt ist. Sie „spielt also bewusst mit ihrer Weiblichkeit und femininen Attributen, ohne diese jedoch tatsächlich zu verkörpern“.[6] Noch deutlicher wird dies in einer späteren Szene, als sie den Hauptantagonisten des Films, den Gott Loki (Tom Hiddleston) verhört, um vorgeblich zu erreichen, dass er ihren Partner Hawkeye freigibt, den er unter seine mentale Kontrolle gebracht hat. Tatsächlich will sie dabei dessen nächste Züge in Erfahrung bringen. Sie offenbart ihm dabei, dass sie in Hawkeyes Schuld stehe und unter ihrer brutalen Vergangenheit als Spionin leidet. Daraufhin würdigt er diese emotionalere Seite von ihr verächtlich herab, was sie hart zu treffen scheint. Sie nennt ihn unter Tränen ein Monster, woraufhin er entgegnet, dass sie das Monster in Gestalt des Hulks bereits hergebracht habe. Daraufhin durchschaut sie seine Taktik, jenen zu entfesseln und zeigt im nächsten Moment, dass sie in Wahrheit Herr der Lage ist. Ihre „klischeehafte Weiblichkeit“ setzte sie als Waffe ein.[7] Wie es von Anne Dippl in ihrer Arbeit treffend ausgedrückt wird:

„Schwäche, Emotionalität, Zerbrechlichkeit sind für sie ein Mittel Männer zu manipulieren. Das Verständnis von Frau-sein, wird hier ad absurdum geführt: Black Widow unterwandert mit ihren Manipulationen und Lügen die männliche Erwartung an sie, indem sie die Weiblichkeit als Maskerade einsetzt. Als starke Frau nutzt sie feminin-stigmatisierte Schwäche als Stärke und wird so zur aktiv-ermächtigten femme fatale, die am überlegenen Männlichkeitskonzept rüttelt. Gleichzeitig macht sie sich Männern zugeschriebene Attribute wie Stärke und Beherrschtheit zu Eigen.“[8]

Diese Charakterstärke wird jedoch nicht in allen Filmen des Marvel-Franchise, in denen sie auftritt, aufrechterhalten. Im zweiten „Avengers“-Film „Age Of Ultron“ wird sie in einer Szene, wie auch fast alle männlichen Mitglieder ihres Teams, von der jungen Gegenspielerin Scarlet Witch (Elizabeth Olsen) psychisch manipuliert, sodass sie die prägendsten Ereignisse ihrer Vergangenheit erneut durchlebt: ihre Ausbildung zur Spionin durch und anschließende Sterilisierung durch den russischen Geheimdienst. Ihre sehr emotionale Reaktion darauf lässt ihre zuvor aufrechterhaltene souveräne Haltung bröckeln. In „Age Of Ultron“ erfährt man zudem, dass sie nun eine Beziehung mit Bruce Banner hat und somit Einfluss auf dessen zweite Persönlichkeit des Hulk nehmen kann. Dies stellt aber innerhalb der Filmreihe eine inkonsistente Charakterzeichnung dar, wurde doch im ersten „Avengers“-Film noch subtil drauf angespielt, dass zwischen ihr und Hawkeye eine Beziehung bestand. Im zwischen den beiden „Avengers“-Filmen angesiedelten „Captain America: The Winter Soldier“ wiederum wird sie als „Love Interest“ des Titelhelden in Szene gesetzt, wobei es sogar zu einem Kuss zwischen den beiden kommt. Im Verlauf der Filme wird so allerdings ein unmotiviertes Wechselspiel betrieben, auf das innerhalb der Werke dazu auch kaum Bezug genommen wird. Offenbar dient es einzig und allein dazu, in den jeweiligen Franchise-Beiträgen die Plot-Konvention einer Liebesgeschichte zu befriedigen und das Motiv des starken Helden, der „die Liebe seiner Aufgabe opfert“,[9] aufrechtzuerhalten. Damit wird Black Widows eigentlich emanzipierter Charakter jedoch herabgesetzt.

In „Age Of Ultron“ kann man dazu direkt von einer Domestizierung der Figur sprechen. Als sich die Avengers nach dem mentalen Angriff durch Scarlet Witch zu Hawkeyes Familie (die recht klischeehaft porträtiert wird) zurückziehen, ordnet sich Black Widow Banners Entscheidung unter, sollte er beschließen, aufgrund seiner Unberechenbarkeit zu verschwinden, und schmiegt sich danach schutz- und haltsuchend an ihn an, womit auch eine körperliche Unterwerfung stattfindet. Als er diesen Annäherungsversuch mit der Begründung abwehrt, er könne nie Kinder haben, erzählt sie ihm daraufhin von ihrer Sterilisation, die ihr das Töten leichter gemacht habe und stellt ihm die Frage, ob er immer noch denke, er wäre das einzige „Monster“ im Team. Daraus ergibt sich allerdings eine bedenkliche Schlussfolgerung: Weiblichkeit wird auf diese Weise mit Mutterschaft gleichgesetzt und das „feminine Selbstverständnis ins Gegenteil verkehrt“.[10] Es wird suggeriert, dass Frauen zu Brutalität und Gefühlskälte bzw. physischer Stärke und Pflichtbewusstsein nur fähig wären, wenn sie dafür ihre Möglichkeit, Familien zu gründen, aufgäben. Mit dieser Inszenierung einer Frau, die sich dadurch, dass sie ihre Mutterrolle nicht mehr wahrnehmen kann, „nicht mehr als weiblich und gar entmenschlicht fühlt“, postuliert der Film „eine an Familie und Kinder gebundene Weiblichkeit“,[11] was eine gefährliche Vereinfachung darstellt.

In „Age Of Ultron“ werden auch an anderen Stellen Klischees in Bezug auf Geschlechterrollen gefestigt, wenn auch auf eher indirekte Weise: beispielsweise beteiligen sich Black Widow und die S.H.I.E.L.D.-Offizierin Maria Hill (Cobie Smulders) als einzige nicht am kindlichen Wettkampf der anderen Hauptcharaktere, Thors Hammer aufzuheben. Im Showdown werden Black Widow und Scarlet Witch, welche mittlerweile die Seiten gewechselt hat, in die Rolle der „Jungfrau in Nöten“ gedrängt und müssen von männlichen Helden aus einer zerstörten Stadt evakuiert werden, anstatt sich selbst zu retten. Damit werden sie auch wieder auf „weibliche Schwäche und Hilflosigkeit“ reduziert.[12] Ihr Potenzial, tradierte Vorstellungen von Geschlechterrollen in Frage zu stellen, bleibt ungenutzt. Diese Bestätigung von Klischees geschieht zwar, wie erwähnt, eher implizit, da selbige durch ihre Verwendung in vielen älteren Filmen als „Teil der Sozialisation“[13] angesehen werden können. Dennoch wird dadurch eine schleichende Zementierung von Rollenvorstellungen betrieben.[14]

Nichtsdestotrotz erscheint Black Widow in ihren Filmauftritten meist als zielstrebige Frau mit gefestigtem Charakter, die dazu in Actionszenen ihren männlichen Teamkollegen durchaus ebenbürtig ist. Im Kampf behauptet sie sich gegen Außerirdische, Roboter und feindliche Soldaten ebenso souverän. Dies geht allerdings mit einer deutlichen Sexualisierung einher. Ihr Kampfstil ist agiler als der der Männer gestaltet, dazu nutzt sie eben, wie erwähnt, technische Hilfsmittel, die ihr von Vornherein einen Vorteil verschaffen. Bei ihrer ersten Actionszene im Film „Iron Man 2“, in dem sie etabliert wird, trägt sie dazu auch einen stark körperbetonenden Catsuit, der in realistischen Kampfsituationen eher unpraktisch wäre und ganz offensichtlich allein den Blick des männlichen Betrachters befriedigen soll (wenngleich in den folgenden Filmen Anpassungen vorgenommen wurden, sodass ihr Kampfanzug ab „Avengers“ praktischer und weniger sexualisiert erscheint). In selbigem Film tritt sie dazu auch noch stark geschminkt auf. Jedoch werden einige dieser Szenen durchaus auch dazu genutzt, klischeehafte Darstellungen von Frauen auf teils humoristische Weise zu brechen. So ist Black Widow in ihrer ersten Szene in „Avengers“ in einem eleganten schwarzen Kleid an einen Stuhl gefesselt. Mehrere Kriminelle haben sie umringt. So wird sie gleich in mehrfacher Hinsicht dem „male gaze“ ausgesetzt und scheint zunächst auch dem Klischee der „Damsel in distress“ zu entsprechen. Die Szene wird jedoch auf gegensätzliche Weise aufgelöst: ohne Hilfe in Anspruch zu nehmen, überwältigt sie scheinbar mühelos die Kriminellen im Nahkampf, noch während sie an den Stuhl gebunden ist. Ihr Kampfstil ist zwar elegant gestaltet, sie setzt jedoch auch grobe Gewalt wie Faustschläge und Tritte ein (gegen Ende der Szene zeigt sich jedoch noch einmal eine Reduzierung auf ihren Körper, wenn sie ihre schwarzen Highheels vom Boden aufhebt und mit einem leichten Hüftschwung davongeht). In „Iron Man 2“, in welchem sie zuerst inkognito eine Sekretärin mimt, um das Vertrauen des Hauptcharakters zu erlangen, tritt sie dessen ihr körperlich eigentlich überlegenen Bodyguard Harold „Happy“ Hogan (interessanterweise verkörpert von Jon Favreau, der auch Regisseur des Films ist) in einem Boxring gegenüber, nachdem sie eher scherzhaft zu einem Trainingskampf aufgefordert wurde und schlägt ihn dann zur Verblüffung aller Zuschauer mühelos nieder. Im Showdown, als sie bereits ihre wahre Identität offenbart hat, kämpft sie gemeinsam mit Hogan gegen die Sicherheitsleute des Antagonisten Justin Hammer (Sam Rockwell) und besiegt diese in relativ kurzer Zeit mittels schneller Schläge, Tritte und ihrer Hilfsmittel, während sich Hogan gleichzeitig auf eher ungeschickte Weise mit einem einzigen Gegner abmüht. In „Captain America: The Winter Soldier“ überwältigt sie im Showdown feindliche Soldaten, die sie täuscht, indem sie durch ein technisches Gerät das Aussehen einer älteren Senatorin (Jenny Agutter) imitiert und damit durch ihre Wendigkeit überrascht.

Gleichzeitig ist sie so auch an mehreren entscheidenden Plot-Points präsent und ermöglicht den Helden des jeweiligen Films, bzw. ihrem Team, wenn auch meist in unterstützender Form, somit den Sieg.

Eine Sonderform nimmt ihre bisher letzte Rolle in einem Film des Marvel Cinematic Universe - sieht man von einem Kurzauftritt in Thor 3: Tag der Entscheidung (OT: "Thor: Ragnarok"; USA 2017) ab, in welchem eine Videoaufzeichnung von ihr vom Hauptcharakter dazu genutzt wird, um den Hulk wieder in Bruce Banner zurückzuverwandeln -, „Captain America: Civil War“, ein. In diesem fungiert sie gewissermaßen als Stimme der Vernunft und erscheint als einzige wirklich entschieden, einen Kampf zwischen den einzelnen Mitgliedern zu vermeiden, als es zur Spaltung des Teams kommt. Bei der letztendlichen Konfrontation nimmt sie dann auch eher widerwillig teil und bleibt die ganze Zeit über ernst, wogegen die meisten anderen Mitglieder der Avengers jede Aktion mit einem flapsigen Spruch kommentieren. Überraschend wechselt sie dabei jedoch ihre Loyalität und ermöglicht Captain America (Chris Evans) die Flucht, weswegen sie daraufhin gezwungen ist, sich vor den Behörden zu verstecken. In diesem Film übt sie die meiste Zeit eher eine unterstützende Funktion aus. Romantische Anspielungen wurden dadurch stark reduziert, ebenso allerdings auch insgesamt die Auftritte ihres Charakters.

Insgesamt betrachtet kann man Black Widow als eine prinzipiell starke Persönlichkeit ansehen, die jedoch in einzelnen Teilen der Filmreihe in ihrer Entscheidungsfähigkeit und der Darstellung ihrer Weiblichkeit herabgesetzt wird. Was ihre Beziehung zu verschiedenen männlichen Figuren betrifft, so kann dies als eine inkonsequente Charakterzeichnung angesehen werden. Ebenso wird sie allerdings als erfahrene Kämpferin in Szene gesetzt, die sich als für die meiste Zeit einzige Frau im Team zu behaupten weiß. Wenngleich ihr Körper dabei allzu oft sehr stark in Szene gesetzt wird (dabei ist jedoch auch anzumerken, dass eine Sexualisierung männlicher Körper bei einigen Charakteren durchaus ebenfalls anzutreffen ist). Es bleibt abzuwarten, wie die Figur in kommenden Filmen des Marvel-Franchise letztlich porträtiert wird und ob sie sich letztendlich als wirklich starker Charakter erweisen wird.

3. Beispiel 2: Mystique (X-Men-Filme)



Mystique gehört zu den nicht allzu häufig vorhandenen Charakteren, die im Laufe einer Filmreihe eine große Wandlung durchmachen – in ihrem Fall dürfte sie sogar die Figur innerhalb des filmischen „X-Men“-Franchise‘ sein, die hinsichtlich des Stellenwerts im Figurenensemble, der Verschiebung von Sympathien der Zuschauer und der Entwicklung des Charakters die größte Veränderung durchlebt. Von einer bloßen Nebenfigur in den ersten drei Filmen, wo sie nur eine Helferin des Antagonisten der Helden verkörperte, über eine zentrale Identifikationsfigur im „Neustart“ der Reihe X-Men: Erste Entscheidung (OT: "X-Men: First Class"; USA 2011), hin zu einer ambivalenten, auf eigene Faust tätigen Kämpferin in der Fortsetzung X-Men: Zukunft ist Vergangenheit (OT: "X-Men: Days Of Future Past"; USA 2014) bis zu einem vollwertigen Mitglied und einer Anführerin innerhalb des Heldenteams am Ende des bisher letzten Franchise-Eintrags X-Men: Apocalypse (USA 2016). Dazu wurde sie im Verlauf der Reihe auch von drei unterschiedlichen Darstellerinnen verkörpert: in den ersten drei Filmen vom ehemaligen Model Rebecca Romijn (die bis 2005 wegen ihrer Ehe mit dem Schauspieler John Stamos den Namen Rebecca Romijn-Stamos trug), die auch einen kurzen Cameo in „X-Men: First Class“ absolvierte und aufgrund dieser Rolle zumindest zeitweise einen größeren Bekanntheitsgrad in Hollywood erlangte, in ebenjenem „First Class“ in einer kurzen Szene zu Beginn des Films von der zum Drehzeitpunkt erst zehnjährigen Morgan Lily, die den Charakter als Kind verkörperte, und für den Rest dieses Films und in seinen Fortsetzungen von der zu diesem Zeitpunkt noch hauptsächlich aus Independent-Produktionen bekannten Jennifer Lawrence, die durch diese Rolle und ihre Hauptrolle in den „Hunger Games“-Filmen (USA 2012-15) zu einer der bekanntesten und bestverdienenden Schauspielerinnen Hollywoods aufstieg (nicht mitgezählt werden die Darsteller sämtlicher anderen Charaktere, die von Mystique im Laufe der Filmreihe als Gestaltwandlerin imitiert werden).

Mystique fällt, verglichen mit den anderen Charakteren aus den „X-Men“-Filmen, schon allein in optischer Hinsicht aus dem Rahmen: durch ihre blaue Haut, die teilweise mit reptilienähnlichen, blauen Schuppen bedeckt ist (ein Unterschied zur Comicvorlage, in der diese nicht vorhanden sind), ihre gelben Augen und ihre leuchtend roten Haare ist sie schon auf den ersten Blick als Mutantin zu erkennen. Dadurch ist es ihr verwehrt, ein unauffälliges, gewöhnliches Leben zu führen, wie es den meisten anderen Mutanten in den Filmen trotz ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten möglich wäre. Ihre Fähigkeit zur Gestaltwandlung erlaubt ihr zumindest temporär, Mitglied der Gesellschaft zu werden, wodurch sie jedoch permanent dazu gezwungen ist, sich zu verstellen.

In den ersten drei „X-Men“-Filmen tritt sie als eine loyale – bzw. für einen Großteil der Handlung von X-Men 2 (USA 2003) auch die einzige – Anhängerin des hauptsächlichen Antagonisten Magneto (Ian McKellen) auf, von dem sie aufgrund ihrer Fähigkeiten vor allem als Spionin und Saboteurin eingesetzt wird. Eine wirklich tiefgehende Charakterisierung findet aufgrund der Tatsache, dass sie nur wenige Dialogzeilen hat, nicht statt. Durch ihr gefühlskaltes, nahezu gewissenloses Auftreten lässt sie sich dabei allerdings dem Rollentypus der Femme Fatale zuordnen. Ähnlich Black Widow aus den „Avengers“-Filmen erscheint sie als zielstrebige, fast emotionslose Kämpferin, die so nicht dem konventionellen Frauenbild in Filmen entspricht. Damit liefert Mystique zugleich auch einen „ausdrucksstarken Gegenakzent zu den Frauen aus dem Team der X-Men“[15] (von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass die Schauspielerin Rebecca Romijn einen sehr ähnlichen Charakter im direkt nach diesem Rollentypus benannten Film von Brian De Palma aus dem Jahr 2002 verkörperte; ihre Rolle wies dabei charakterlich sogar noch stärkere Gemeinsamkeiten zur Figur der Mystique aus den Comics auf, im Gegensatz zur eher wortkargen Interpretation aus deren Adaptionen). Dies ist allerdings erneut verbunden mit einer deutlichen Sexualisierung. In ihrem Falle tritt selbige auf überdeutliche Weise dadurch zutage, dass Mystique bei jedem ihrer Auftritte in ihrer wahren Gestalt nackt ist. Auch dies ist eine Abweichung von den Comics, in denen sie zumeist mit einem, zugegebenermaßen ebenfalls mehr auf den Blick des männlichen Betrachters ausgerichteten und in Kampfsituationen eher unpraktischen, weißen Kleid auftaucht (wobei anzumerken ist, dass ihre „Kleidung“ aus den Comics durch ihre Fähigkeiten ein Bestandteil ihres Körpers ist und sie dementsprechend dort ebenfalls, wenn auch nicht direkt, nackt auftritt). Für die Filme entschied man sich bewusst dazu, da Kleidung für einen Gestaltwandler eher hinderlich wäre[16] (wobei die Schuppen auf ihrem Körper vermutlich auch deswegen verwendet wurden, um eindeutige Körperpartien zumindest ansatzweise zu verhüllen und damit die Zensur zu umgehen). Nichtsdestotrotz wird ihr Körper dabei oft ziemlich eindeutig in Szene gesetzt, was durch ihre geschmeidigen Bewegungen und auch die Musik auf der Tonspur unterstützt wird, welche dabei in ein geheimnisvoll wirkendes, fließendes, hauptsächlich von Streichern intoniertes Thema übergeht. In Kampfszenen tritt sie deutlich wendiger und agiler in Erscheinung als ihre Gegner. Dennoch ist sie in diesen Szenen die dominantere. Im ersten Film der Reihe, X-Men - Der Film (OT: "X-Men"; USA 2000) von Bryan Singer, tritt sie im Showdown gegen Wolverine (Hugh Jackman), den wichtigsten Protagonisten des Films, an und setzt ihm mit akrobatischen Schlägen und Tritten sehr zu. Tatsächlich behält sie für den Großteil des Kampfes die Oberhand. Erst als sie sich von ihm entfernt und danach in Gestalt seines Teammitglieds Storm (Halle Berry) in die Irre zu führen versucht, gelingt es ihm, sie zu überwältigen, indem er sie unvermittelt mit seinen Krallen durchbohrt, nachdem er sie an ihrem Geruch erkannte. In der Fortsetzung „X-Men 2“ (USA 2003; auch „X2“ oder „X-Men United“) behauptet sie sich gar gegen die komplette Besatzung einer Armeebasis, welche sie zuerst in Wolverines Gestalt täuscht, um dann aus den ihr angelegten Handschellen mittels eines athletischen Sprunges rauszuschlüpfen, dabei gleich mehrere Soldaten außer Gefecht setzt und einen weiteren als Schutzschild gegen die Waffen der verbliebenen missbraucht. Nachdem sie sich durch eine weitere Täuschung zum Hauptquartier Zugang verschafft hat und mit Magneto und den X-Men, die sich in diesem Film gegen einen gemeinsamen Feind vorläufig verbündet haben, per Funk Kontakt aufnimmt, meint Wolverine dazu widerwillig anerkennend: „Sie ist gut.“ Worauf Magneto erwidert: „Du hast ja keine Ahnung“. Ihre Talente als Spionin und Kämpferin sind für ihn offensichtlich unverzichtbar. Einige Szenen zuvor trug sie auch entscheidend zum Verlauf der Handlung bei, indem sie die Pläne der verborgenen Basis entdeckte und Magneto zur Flucht aus dem Gefängnis verhalf. Den männlichen Charakteren ist sie damit mehr als ebenbürtig.

Zumindest in einer Szene aus den ersten drei Filmen nutzt sie tatsächlich ihre weiblichen Reize, um einen Auftrag auszuführen: so verführt sie in einer Kneipe einen Wachmann in Gestalt einer attraktiven blonden Frau (selbige wird ebenfalls von Rebecca Romijn, diesmal ohne Make-Up, verkörpert, wobei sie dabei auch ein blaues Kleid mit einem Muster trägt, das den Schuppen auf Mystiques Körper ähnelt; bei der folgenden Verwandlung ändert sich ihre Erscheinung dementsprechend eher geringfügig). Interessanterweise sind es sonst vor allem männliche Charaktere, deren Aussehen und Stimme sie imitiert, wobei eine weitere Ausnahme eine andere Szene aus „X-Men 2“ darstellt, in der sie zu Wolverine in Gestalt seiner Teamkollegin Jean Grey (Famke Janssen), zu der er Gefühle hegt, ins Zelt steigt und beginnt, ihn zu küssen. Erst als er die ihr von ihm im ersten Film zugefügten Narben auf ihrem Bauch berührt, erkennt er die Täuschung. Sie offenbart sich ihm kurz in ihrer wahren Gestalt und setzt ihn davon in Kenntnis, dass zuvor noch nie jemand so tiefe Narben an ihrem Körper hinterlassen habe. Als er sie fragt, ob sie von ihm eine Entschuldigung wolle, entgegnet sie, er wisse genau, was sie wolle und schmiegt sich an ihn. Auf seinen offensichtlichen Widerstand fragt sie ihn zurück, was er wolle und nimmt kurz die Gestalt der anderen weiblichen Mitglieder der X-Men, Jean, Storm und Rogue (Anna Paquin), an. Angewidert stößt er sie von sich, worauf sie ihre Frage mit Nachdruck wiederholt und ihm nun als Colonel William Stryker (Brian Cox), der Hauptantagonist dieses Films der Reihe, der auch eine Rolle in Wolverines Vergangenheit spielt, erscheint. Wolverine lässt sich jedoch nicht provozieren und sagt nur, er wolle, dass sie verschwindet, worauf sie sich zurückverwandelt und wütend sein Zelt verlässt. Da im restlichen Film keine Anhaltspunkte dafür geliefert werden, Magneto habe ihr dies befohlen, legt ihr Verhalten in der Szene nahe, dass sie ein sexuelles Interesse an Wolverine hat. Somit ist er auch neben Magneto der einzige Charakter der ersten drei Filme, zu denen sie eine Form von Beziehung hat. Magneto wiederum scheint für sie eine Art Mentor und Vaterfigur zu sein, was sich darin zeigt, dass sie die einzige Person neben seinem alten Weggefährten Prof. Charles Xavier (Patrick Stewart) ist, die ihn mit seinem bürgerlichen Namen Erik anspricht.

Was sich in den Szenen, in denen sie die Gestalt anderer Personen imitiert, ebenfalls zeigt, ist ein frecher Humor. So kämpft sie im erwähnten Showdown des ersten X-Men-Films zunächst in Wolverines Gestalt gegen diesen und wirft ihm dabei noch einen Kussmund zu. In „X-Men 2“ wiederholt sie die letzte Bemerkung des Wachmanns („Das wird ein Fest“), den sie auf einer Toilette betäubte, erneut in einem ironischen Tonfall, bevor sie ihm Eisen injiziert, wodurch sie Magneto die Flucht aus dem Gefängnis ermöglicht. Als sie die Soldaten in der Armeebasis überwältigt, reckt sie dem Kommandanten Stryker, bevor sie hinter einem Tor verschwindet, noch ihren Mittelfinger entgegen. In seiner Gestalt verschafft sie sich kurz darauf Zutritt zum Hauptquartier und kurz bevor sich dessen Tore auch vor ihm schließen, wirft sie ihm ebenfalls einen Kussmund zu und winkt ihm grinsend zum Abschied. Im dritten Teil, X-Men: Der letzte Widerstand (OT: "X-Men: The Last Stand"; USA 2006), wird sie zu Beginn verhört. Anstatt auf die Fragen des Regierungsvertreters zu antworten, provoziert sie ihn, indem sie ihn beleidigt und zuerst Magnetos und danach seine Gestalt annimmt. In einer späteren Szene auf einem Gefangenentransport ärgert sie einen Wärter, indem sie ihm zuerst als amerikanischer Präsident und danach als ein kleines Mädchen erscheint, das ihn anfleht, er solle sie freilassen. Als er darauf nicht eingeht, verkündet sie ihm, sie werde ihn persönlich töten, sobald sie wieder frei sei. Mit derartigen Äußerungen und Aktionen stellt sie immer wieder ihre Geringschätzung für ihre Gegner und ihre eigene Überlegenheit zur Schau.

Demgegenüber gibt es nur wenige Szenen, in denen eine tiefere Charakterisierung stattfindet, welche die Figur genauer erklären würde. Ansätze finden sich aber durchaus. So eröffnet sie bei ihrem ersten Auftritt in „X-Men“ dem Mutanten gegenüber rassistisch eingestellten Senator Kelly (Bruce Davison), bevor sie ihn mit mehreren Tritten überwältigt, dass Menschen wie er der Grund dafür seien, dass sie als Kind Angst vor der Schule gehabt habe. In „X-Men: The Last Stand“ entgegnet sie dem Regierungsvertreter, als er sie nach ihrer Familie fragt, diese habe versucht, sie umzubringen. Mit dieser möglichen Traumatisierung in der Kindheit wird eine Erklärung für ihr kaltblütiges Verhalten und ihre eigene rassistische Haltung gegenüber gewöhnlichen Menschen (denn den Regierungsvertreter versucht sie kurz darauf mit ihren Handschellen zu erwürgen und nennt ihn voller Abscheu „Homo Sapiens“) zumindest angedeutet. Auch ihr Selbstbewusstsein trotz – oder gerade wegen – ihres ungewöhnlichen Äußeren wird thematisiert. Als sie der Charakter Nightcrawler (Alan Cumming), welcher als einer der wenigen Mutanten neben ihr ebenfalls in optischer Hinsicht hervorsticht (in seinem Fall schwarze Haut, gelbe Augen, scharfe Zähne und ein spitzer Teufelsschwanz, wodurch er ein dämonisches Äußeres hat), auf ihre Fähigkeit anspricht und danach fragt, warum sie nicht ständig als gewöhnlicher Mensch erscheine, antwortet sie, dass sie auf ihre eigentliche Erscheinung nicht verzichten wolle, womit sie „eine deutliche Gegenposition zur Anpassung an gesellschaftliche Dogmen entwirft“.[17] Wie wichtig ihre Erscheinung für sie und ihr Umfeld ist, zeigt sich letztlich in „The Last Stand“, dem letzten Film der Reihe, in dem Rebecca Romijn eine größere Rolle besaß: Unmittelbar nachdem Mystique von Magneto aus dem Gefangenentransporter befreit wurde, wird dieser von einem Wärter beschossen. Sie wirft sich in die Schussbahn und opfert sich somit für ihren Mentor. Die Waffe des Wärters hatte allerdings keine Kugeln, sondern Pfeile geladen, die mit einem Serum versetzt sind, das Mutanten des Gens beraubt, durch das sie sich von gewöhnlichen Menschen unterscheiden. Mystique verliert daraufhin ihre Kräfte und ihr ungewöhnliches Äußeres und wird zu einer unscheinbaren Frau mit schwarzen Haaren und blauen Augen (ebenfalls Rebecca Romijn). Magneto teilt ihr daraufhin bedauernd mit, dass sie nicht mehr zu seiner Vereinigung der Bruderschaft der Mutanten gehöre und lässt sie zu ihrem Entsetzen zurück. Zu seinen Begleitern meint er, es sei ein Jammer, denn sie wäre sehr hübsch gewesen. Hier zeigt sie auch erstmals eine wirklich starke emotionale Reaktion. Damit wird deutlich, dass ihr Äußeres letztlich alles war, was sie ausmachte. Sie wird nun nicht mehr sexualisiert, sondern erscheint stattdessen schutzlos. Man muss im Zusammenhang mit „X-Men: The Last Stand“ somit von einer Abwertung des Charakters sprechen: Mystique ist in fast sämtlichen Szenen, in denen sie in diesem Film auftritt, eine Gefangene und reagiert mehr, als dass sie selbst Aktionen durchführt. Bei ihrer Befreiung tötet sie den Wärter dann zwar tatsächlich selbst und befreit sich ebenso selbst von ihren Ketten, ihre einzigen Handlungen im Anschluss bestehen aber nur daraus, Magneto ihre Mitgefangenen vorzustellen, die von ihm rekrutiert werden und sich danach, wie erwähnt, für ihn zu opfern. Durch seine Bemerkung im Anschluss wird sie gar nur auf ihr Äußeres reduziert, ohne Wertschätzung ihrer Loyalität und Charakterstärke. Sie tritt im Film nur noch an einer kurzen Stelle in Erscheinung, um den amerikanischen Behörden Magnetos Versteck zu verraten. Zwar kann dies als selbstbestimmte Tat gewertet werden, allerdings hat es keinen Einfluss auf den weiteren Handlungsverlauf, da Magneto den Ort, wie sich danach herausstellt, mit dem Großteil seiner neu zusammengestellten Armee von Mutanten ohnehin bereits verlassen hatte. Zudem kommentiert der US-Präsident (Josef Sommer) ihr Handeln, als er sie auf einem Bildschirm betrachtet (wobei sie nun unauffällige schwarze Kleidung trägt), sarkastisch mit den Worten: „Die Hölle kennt keinen Zorn wie den einer verschmähten Frau“. Dies stellt eine zusätzliche sexistische Herabsetzung ihrer Figur dar, suggeriert sie doch, Frauen wären, dem Klischee entsprechend, übermäßig emotional.

Es muss dazu angemerkt werden, dass auch andere Figuren in diesem Film, im Gegensatz zu den Vorgängern, auf eher ungeschickte Weise in die Geschichte eingebunden werden. Wie beispielsweise die unter ihren für ihr Umfeld gefährlichen Fähigkeiten leidende Rogue, die ab einer bestimmten Stelle einfach aus der Handlung verschwindet und am Ende des Films ihre Fähigkeiten ebenfalls, wenn auch in ihrem Fall aus freien Stücken, verloren hat. Zu erklären ist diese weniger gelungene Fortführung von Charakteren, verbunden mit einer zerfaserten Handlung, wohl mit einem Kreativwechsel hinter den Kulissen, denn bei „The Last Stand“ war nicht mehr Bryan Singer, sondern Brett Ratner Regisseur und es waren auch andere Drehbuchautoren als zuvor verantwortlich.

Trotz dieses eher unbefriedigenden Abschlusses für den Charakter kann man sagen, dass Mystique in der ersten X-Men-Filmtrilogie als selbstbewusste und starke Frauenfigur in Erscheinung trat. Als Handlanger des Hauptantagonisten befolgte sie zwar hauptsächlich dessen Befehle, zeigte aber auch oft Eigeninitiative (so schlüpfte sie beispielsweise nach dem Tod des Senators Kelly gegen Ende des ersten Films und zu Beginn des zweiten für die Öffentlichkeit in dessen Rolle, um seine Unterstützung für ein Registrierungsgesetz für Mutanten zu widerrufen; ihrem häufig kaltblütigen Handeln ist somit stellenweise auch ein gewisser Altruismus entgegengesetzt). Und trotz einer eindeutigen Sexualisierung wurde der Charakter dabei nicht allein auf den Körper reduziert. Die eher spärlichen Dialogzeilen wurden dabei zu einer immerhin in Ansätzen vorhandenen Charakterisierung genutzt. Rebecca Romijn konnte durch „ihre ausdrucksstarken Bewegungen und die sorgfältige Choreografie Mystiques gleichermaßen eleganten wie bedrohlichen Charakter zum Ausdruck bringen.“[18]



In der zweiten X-Men-Filmtrilogie, bestehend aus „First Class“, „Days Of Future Past“ und „Apocalypse“ wird Mystique hingegen als wesentlich emotionaler, allerdings nicht minder zielstrebig, charakterisiert (ein weiterer Unterschied ist, dass sie in ihrer natürlichen Gestalt nicht mehr mit einer verzerrten Stimme spricht, wofür jedoch an keiner Stelle eine Erklärung geliefert wird). Nicht zuletzt, weil sie zur Handlungszeit dieser Filme noch wesentlich jünger ist. Allerdings auch, weil selbige Filme in einer alternativen Zeitlinie angesiedelt sind, in der mehrere Charaktere anders interpretiert werden. Ihre in den ersten drei Filmen angedeutete traumatische Kindheit wird nicht weiter vertieft, stattdessen steigt „First Class“ in seinem Prolog, der 1944 angesiedelt ist, zu einem späteren Zeitpunkt ein, als sie vor ihrer Familie bereits geflohen ist und von Diebstählen lebt. Der junge Charles Xavier durchschaut ihre Täuschung, als er sie bei einem Einbruch in sein Haus in Gestalt seiner Mutter erwischt, hat jedoch Mitleid mit ihr und nimmt sie bei sich auf. Für die Öffentlichkeit gibt er sie als seine Schwester aus.

Die in der Haupthandlung von „First Class“, welche im Jahr 1962 während der Kubakrise angesiedelt ist, mittlerweile erwachsene Mystique, die zu diesem Zeitpunkt noch den Namen Raven Darkholme trägt, leidet unter ihrer Andersartigkeit und dem ständigen Zwang, sich für ihr Umfeld verstellen zu müssen. Als sie bei einer Party aufgrund einer eifersüchtigen Reaktion auf Charles Xavier (hier und in den beiden Fortsetzungen verkörpert von James McAvoy), der mit einer Studentin flirtet, versehentlich die wahre Erscheinung eines ihrer Augen offenbart, wird sie dafür von ihm sogar gemaßregelt. In „First Class“, den man aufgrund der Thematisierung der Probleme junger Erwachsener teilweise als Coming-of-Age-Film ansehen kann, begleitet man die Entwicklung ihres Charakters von einer noch eher unsicheren jungen Frau, die im Laufe der Handlung jedoch stark an Selbstbewusstsein gewinnt – auch wenn dies mehr durch Fremdbestimmung vonstatten geht. Es ist Magneto alias Erik Lehnsherr (hier und in den Fortsetzungen dargestellt von Michael Fassbender), der sie darin bestärkt, ihre wahre Gestalt vor ihrem Umfeld nicht mehr zu verstecken und stattdessen auf ihre Herkunft stolz zu sein. Dies zeigt sich beispielsweise in einer Szene, die in eine Montage eingearbeitet ist, in der sämtliche Mitglieder des von Magneto und Xavier rekrutierten Teams im Gebrauch ihrer Fähigkeiten trainiert werden: sie hebt gerade Gewichte in der verwandelten Form, in der sie bis dahin zumeist erscheint (ebenfalls verkörpert von Jennifer Lawrence, die in diesen Szenen daher ungeschminkt auftritt), als sich Magneto zu ihr gesellt und mit seinen Fähigkeiten die metallenen Gewichte ihren Händen entreißt und über ihr schweben lässt. Er stellt ihr bisheriges Verhalten infrage und weist sie darauf hin, dass sie, wenn sie eine Hälfte ihrer Konzentration ständig nur auf ihre Erscheinung aufwendet, nicht imstande sein wird, ihr volles körperliches und geistiges Potenzial auszuschöpfen. Dann lässt er die Gewichte wieder fallen, die sie behände wieder auffängt, wobei sie gleichzeitig in ihre wahre Gestalt wechselt (in der sie interessanterweise ebenfalls noch ihre Trainingskleidung trägt) und ihm nachdenklich nachschaut.

Zugleich entsteht eine Liebesbeziehung zwischen ihr und dem anderen Teammitglied Dr. Hank McCoy (Nicholas Hoult), der selbst ein ungewöhnliches Äußeres durch affenartige Pranken anstelle seiner Füße besitzt. Auch wenn man die Romanze zwischen beiden als Zugeständnis an ein Massenpublikum werten kann, so werden diese Szenen auch dazu genutzt, den Widerstreit zwischen Anpassung und Akzeptanz der eigenen Andersartigkeit zu vertiefen. Im letzten Abschnitt des Plots vor dem Showdown bietet Hank Raven (die sich zu diesem Zeitpunkt schon selbst den Codenamen Mystique gegeben hat) ein Serum an, welches die Gene, die für ihr beider ungewöhnliches Äußeres verantwortlich sind, unterdrücken würde, wobei ihre Fähigkeiten aber erhalten blieben. Sie entscheidet sich jedoch dagegen, es zu benutzen. Allerdings auch hier bestärkt von Erik, an dem sie ebenfalls ein Interesse entwickelt hat. In der darauffolgenden Szene versucht sie nun diesen, nackt im Bett liegend, zu verführen, wobei sie zunächst die Gestalt einer älteren Frau annimmt (die, als Anspielung auf die Vorgänger, von Rebecca Romijn verkörpert wird), nachdem er sie als „zu jung“ zurückwies. Nachdem er ihr sagt, dass er sie schön finde, wie sie in Wirklichkeit sei, wechselt sie in ihre natürliche Form und konfrontiert in dieser auch ihren Ziehbruder Charles Xavier, dem sie klarmacht, sie werde sich in Zukunft nicht mehr nach seinen Vorstellungen richten. Im restlichen Film erscheint sie dementsprechend nur noch in ihrer natürlichen Gestalt (von einem kurzen Moment im Showdown abgesehen, bei dem sie einem der Handlanger des Hauptantagonisten Sebastian Shaw (Kevin Bacon) in dessen Gestalt gegenübertritt, um ihn abzulenken, wobei sie auch die Anweisung Xaviers missachtet, sich aus den Kämpfen herauszuhalten). Als es dann zum Zerwürfnis zwischen den beiden Verbündeten Xavier und Magneto kommt, entscheidet sie sich für letzteren, wendet sich jedoch noch einmal kurz Xavier zu, als dieser von Magneto im Kampf eher unabsichtlich schwer verwundet wird. Mit den Worten „Geh zu ihm. Das willst du doch.“ nimmt dieser jedoch Abschied von ihr. Betrachtet man die Darstellung ihres Charakters in „First Class“ insgesamt, muss festgestellt werden, dass sie anfangs domestiziert wird und erst im Laufe des Films eine Entscheidungsgewalt entwickelt, wobei sie jedoch noch der Bestätigung der beiden wichtigsten männlichen Charaktere bedarf. Vor allem gegenüber den ersten beiden Filmen ist Mystique hier daher noch wenig selbstbestimmt.

In der Fortsetzung „Days Of Future Past“ besteht zu dieser Porträtierung der Figur nun ein großer Gegensatz. Mystique ist zur Handlungszeit dieses Films, die elf Jahre später angesiedelt ist, auf eigene Faust unterwegs. Sie verfolgt dabei das Vorhaben, den Wissenschaftler Bolivar Trask (Peter Dinklage) zu töten, der andere Mutanten gefangen nehmen, medizinischen Versuchen unterziehen und töten ließ, um so die Sentinels genannten Kampfroboter zu entwickeln. Die Versuche der anderen X-Men, sie davon abzubringen, machen dabei den Haupthandlungsstrang des Films aus. Denn hätte sie Erfolg, würde sie Trask damit zum Märtyrer machen und das Sentinelprogramm so unabsichtlich erst recht zu seiner Verwirklichung bringen. Da sie in der Zeitlinie, in der dies geschah, auch in Gefangenschaft geriet und die durch medizinische Versuche aus ihrer DNA gewonnenen Erkenntnisse zur Erschaffung der Sentinels genutzt wurden, dient dies auch dazu, ihre Brutalität und Kaltblütigkeit in den ersten drei Filmen auf diesmal eindeutige Weise zu erklären, die wohl durch eine Verbitterung aufgrund dieser traumatischen Vergangenheit zustande kamen (dass sie im Verlauf der dazwischenliegenden Jahrzehnte ihre Jugend und Agilität behält, wurde in „First Class“ durch die Entdeckung Hank McCoys erklärt, dass die Zellen ihres Körpers nur mit halber Geschwindigkeit altern). Im Film selbst wird dies durch eine Zeitreise verhindert.

Nichtsdestotrotz hat Mystique in ihrem Auftreten nun weitaus mehr Ähnlichkeit mit der charismatischen Femme Fatale aus der ersten Filmtrilogie. Sie verführt beispielsweise, auch dank perfekter Sprachkenntnisse, in einer Szene einen vietnamesischen General, dem sie in einem eleganten Kleid erscheint und schockiert diesen anschließend mit ihrer tatsächlichen Gestalt. Zu Beginn des Films befreit sie mehrere andere Mutanten dank ihrer Fähigkeiten und mittlerweile erworbenen Kampfsportkenntnisse. Wobei dieses souveräne Auftreten erneut mit einer, im Vorgänger so noch weniger deutlich vorhandenen, Sexualisierung einhergeht. Wird ihr Körper doch erneut vorzugsweise für den männlichen Betrachter in Szene gesetzt. Ernst genommen wird ihr Charakter dabei jedoch durchaus. Die Problematik der Anpassung an eine intolerante Gesellschaft wird erneut thematisiert, als es während eines Kampfes (bei dem Magneto versucht sie umzubringen, um die düstere Zukunft, in denen die Sentinels die Herrschaft übernommen haben, zu verhindern) dazu kommt, dass sie ihre natürliche Erscheinung unabsichtlich vor laufenden Kameras für die gesamte Weltöffentlichkeit offenbart. Ihr gelingt verletzt die Flucht. Als sie sich in einer späteren Szene, in menschlicher Gestalt in einem Krankenhaus behandeln lässt, bringt die behandelnde Krankenschwester, als sie die Filmaufnahmen im Fernsehen sieht, ihre Bestürzung und ihr Mitleid zum Ausdruck und fragt sich, was für ein Leben eine derart äußerlich abweichende Person nur führen kann. Unter diesen Äußerungen leidet Mystique sehr, wodurch sich ihre Entschlossenheit jedoch nur noch verstärkt. Sie entscheidet sich im Showdown des Films letztlich selbst, ihr Vorhaben nicht in die Tat umzusetzen und vereitelt stattdessen sogar Magnetos Absicht, den Präsidenten Nixon zu töten. Am Ende gelingt ihr die Flucht, wobei sie sich des im Kampf schwer angeschlagenen Wolverine annimmt.

In der weitere zehn Jahre später angesiedelten Fortsetzung „Apocalypse“ ist sie anfangs ebenfalls noch alleine unterwegs, wobei sie gefangen gehaltene und zu Schaukämpfen gezwungene Mutanten, darunter den jungen Nightcrawler (hier verkörpert von Kodi Smit-McPhee; anzumerken ist, dass es sich bei diesem Charakter in den Comics um Mystiques Sohn handelt, worauf in „X-Men 2“ jedoch kein Bezug genommen wurde, wogegen es in „Apocalypse“ zumindest zu kleineren Andeutungen kommt) aus ihrer sozialen Verantwortung heraus befreit. Gleichzeitig erfährt der Zuschauer, dass sie durch ihren unbeabsichtigten Fernsehauftritt im Vorgänger zu einer Heldin und zum Vorbild für viele Mutanten, darunter die junge Storm (hier dargestellt von Alexandra Shipp) wurde. Dieser Verantwortung ist sie sich auch bewusst und versucht ihr im Laufe des Films mehrfach gerecht zu werden.

Als Charles Xavier durch den wiedererwachten, bereits im antiken Ägypten geborenen, übermächtigen Mutanten Apocalypse (Oscar Isaac) in Gefahr gerät, schließt sie sich den X-Men an, um letzteren aufzuhalten. Im Showdown überzeugt sie den aufgrund des Verlustes seiner Familie zu Apocalypse übergelaufenen Magneto gemeinsam mit dessen Sohn Quicksilver (Evan Peters), sich wieder den X-Men als seine neue Familie anzuschließen. Anschließend greift sie in den Kampf gegen Apocalypse ein, der sie dafür jedoch beinahe erwürgt (anzumerken ist, dass einige der für den Film verwendeten Werbebanner, die selbiges Motiv zeigten, eine Kontroverse auslösten: die Schauspielerin Rose McGowan warf der produzierenden Firma Frauenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung vor,[19] was jedoch im Gegenzug selbst als weit hergeholt kritisiert wurde; betrachtet man das Bild im Kontext der Filmreihe, erscheint der Zusammenhang zu Gewalt gegen Frauen nicht nachvollziehbar – zumal Mystique auch von Apocalypse in der betreffenden Szene nicht auf ihr Geschlecht reduziert wird - , eher ist der für Superheldenfilme typische Kampf einer Heldin gegen einen Bösewicht abgebildet). Dies bewegt jedoch Storm dazu, die Seiten zu wechseln, mit deren Hilfe es schließlich auch den restlichen Mitgliedern des Teams gelingt, Apocalypse zur Strecke zu bringen.

Am Ende des Films ist Mystique ein vollwertiges Mitglied der X-Men und zudem eine Anführerin geworden (wobei sie schon in mehreren Szenen vor dem Showdown ihre Führungsqualitäten unter Beweis stellte und zur Teamplayerin wurde) und leitet in der letzten Szene vor dem Abspann das Training der neuen Mitglieder (nun in einem weißen Kampfanzug, der dem Kleid aus den Comics nachempfunden ist; schon im Showdown trug sie, wie auch in „First Class“, einen uniformen Kampfanzug aus Leder, der ihre Zugehörigkeit zum Team unterstrich).

Zusammenfassend betrachtet kann man Mystique als einen zwar stark sexualisierten, dafür jedoch auch größtenteils selbstbestimmten Charakter betrachten, der sowohl eine skrupellose, als auch eine mitfühlende Seite besitzt und im Verlauf der Filmreihe lernt, Verantwortung zur übernehmen sowie Führungsstärke und Teamfähigkeit entwickelt. Innerhalb dieser Filmreihe und auch generell verglichen mit anderen Superheldenfilmen und –franchises ist sie daher als einer der stärksten weiblichen Charaktere anzusehen.

5. Fazit

Vergleicht man diese beiden Charaktere nun miteinander, lässt sich feststellen, dass in beiden Fällen eine Emanzipation gegenüber männlichen Hauptfiguren und Entscheidungsträgern im Laufe der jeweiligen Filmreihen nicht durchgängig aufrechterhalten wird. Zusätzlich werden sowohl Black Widow als auch Mystique überdeutlich sexualisiert. Dennoch sind es Figuren, die vom Drehbuch ernst genommen werden. Mystique macht dabei charakterlich eine größere Wandlung durch und ist auch insgesamt als die stärkere und hinsichtlich ihrer Verkörperung von Weiblichkeit positiver dargestellte Frauenfigur anzusehen, kommt bei ihr das Konzept der Mutterschaft doch nie zur Sprache und wird sie auch kaum für den Zweck einer Liebesgeschichte in die Handlung der jeweiligen Filme einbezogen. Jedoch kann auch Black Widow, trotz der verfehlten Charakterisierung in „Age Of Ultron“ und der Gleichsetzung von Mutterschaft mit Weiblichkeit, als insgesamt starker Charakter mit eigenem Willen, der sich in seinem Team gegenüber den männlichen Hauptfiguren behauptet, gelten.

Betrachtet man Black Widow und Mystique als typische Beispiele für weibliche Superhelden in Comicverfilmungen der Gegenwart, so kann man sagen, dass eine konsequente Emanzipation zwar noch nicht vorhanden ist, insgesamt aber dreidimensionalen Charakteren der Vorzug gegeben wird, deren Körper nicht allzu sehr im Mittelpunkt der Inszenierung steht – wie es beispielsweise bei „Catwoman“ oder „Elektra“ der Fall war – und bei denen auch das Klischee der übermäßigen Emotionalität vermieden wurde.

Dies trifft so auch auf Wonder Woman (auf die hier aus Platzgründen und wegen ihrer im Vergleich noch eher geringen Filmauftritte nicht eingegangen werden konnte) oder andere Charaktere der beiden auf den Marvel-Comics basierenden Franchises (wie Storm von den X-Men oder Gamora (Zoe Saldana), Nebula (Karen Gillan) und Valkyrie (Tessa Thompson) aus dem Marvel Cinematic Universe) zu. Gegenbeispiele in Form der noch zu sehr fremdbestimmten Scarlet Witch und Hope van Dyne (Evangeline Lilly) finden sich aber ebenfalls noch. Welche Tendenz die bestimmende ist, wird sich in zukünftigen Filmen erweisen.

5. Quellen

Primärquellen:

- Favreau, Jon. 2010. Iron Man 2. Paramount, USA. Blu-Ray, 125 Minuten.

- Whedon, Joss. 2012. Marvel’s The Avengers. Paramount, USA. Blu-Ray, 143 Minuten.

- Russo, Anthony; Russo, Joe. 2014. The Return of the First Avenger (OT: Captain America: The Winter Soldier). Walt Disney Studios Home Entertainment, USA. Blu-Ray, 136 Minuten.

- Whedon, Joss. 2015. Avengers: Age of Ultron. Walt Disney Studios Home Entertainment, USA. Blu-Ray, 141 Minuten.

- Russo, Anthony; Russo, Joe. 2016. The First Avenger: Civil War (OT: Captain America: Civil War). Walt Disney Studios Home Entertainment, USA. Netflix-Stream, 148 Minuten.

- Singer, Bryan. 2000. X-Men. 20th Century Fox Home Entertainment, USA. DVD (Special Edition X-Men 1.5, 2003), 103 Minuten.

- Singer, Bryan. 2003. X-Men 2. 20th Century Fox Home Entertainment, USA. DVD (Special Edition, 2005), 128 Minuten.

- Ratner, Brett. 2006. X-Men: Der Letzte Widerstand (OT: X-Men: The Last Stand). 20th Century Fox Home Entertainment, USA. DVD (Special Edition, 2006), 104 Minuten.

- Vaughn, Matthew. 2011. X-Men: Erste Entscheidung (OT: X-Men: First Class). 20th Century Fox Home Entertainment, USA. Blu-Ray, 132 Minuten.

- Singer, Bryan. 2014. X-Men: Zukunft Ist Vergangenheit (OT: X-Men: Days Of Future Past). 20th Century Fox Home Entertainment, USA. Blu-Ray, (Special Edition, Rogue Cut, 2015), 148 Minuten.

- Singer, Bryan. 2016. X-Men: Apocalypse. 20th Century Fox Home Entertainment, USA. Blu-Ray (Limited Edition), 144 Minuten.

Sekundärliteratur

- Dippl, Anne: Genderkonstruktionen im Superheldenkollektiv. Am Beispiel der "Avengers" in Marvel's Cinematic Universe. München: GRIN-Verlag 2017.

- Rauscher, Andreas: Stadtneurotiker, Outlaws und Mutanten – Das Marvel-Universum im Film. In: FILM-Konzepte 6: Superhelden zwischen Comic und Film. Hrsg. von Thomas Koebner, Fabienne Liptay & Andreas Friedrich. München: Richard-Boorberg-Verlag 2007.

Internetlinks

- http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=supergirl.htm

- http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=catwoman.htm

- http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=elektra.htm

- http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=wonderwoman.htm 

- https://www.theguardian.com/film/2016/jun/03/rose-mcgowan-criticises-violent-x-men-poster-as-offensive-and-frankly-stupid


[1] Dippl, Anne: Genderkonstruktionen im Superheldenkollektiv. Am Beispiel der "Avengers" in Marvel's Cinematic Universe. München: GRIN-Verlag 2017. S. 15

[2] http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=supergirl.htm

[3] http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=catwoman.htm

[4] http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=elektra.htm

[5] http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=wonderwoman.htm

[6] Dippl, Anne: Genderkonstruktionen im Superheldenkollektiv. Am Beispiel der "Avengers" in Marvel's Cinematic Universe. München: GRIN-Verlag 2017. S. 17

[7] Ebd.

[8] Ebd.

[9] Ebd. S. 24

[10] Ebd. S. 19

[11] Ebd.

[12] Ebd. S. 25

[13] Ebd. S. 26

[14] Ebd.

[15] Rauscher, Andreas: Stadtneurotiker, Outlaws und Mutanten – Das Marvel-Universum im Film. In: FILM-Konzepte 6: Superhelden zwischen Comic und Film. Hrsg. von Thomas Koebner, Fabienne Liptay & Andreas Friedrich. München: Richard-Boorberg-Verlag 2007. S. 55

[16] Aussage von Rebecca Romijn in einem Interview aus dem Bonusmaterial der Special-Edition-DVD von „X-Men: The Last Stand“.

[17] Rauscher, Andreas: Stadtneurotiker, Outlaws und Mutanten. In: FILM-Konzepte 6: Superhelden zwischen Comic und Film. Hrsg. von Thomas Koebner, Fabienne Liptay & Andreas Friedrich. München: Richard-Boorberg-Verlag 2007. S. 55

[18] Ebd.

[19] https://www.theguardian.com/film/2016/jun/03/rose-mcgowan-criticises-violent-x-men-poster-as-offensive-and-frankly-stupid


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