Gabster - Kommentare

Alle Kommentare von Gabster

  • 9 .5
    über Her

    Künstliche Intelligenz hat die Filmemacher ja schon immer fasziniert. Aber während die meisten Regisseur von Kubrick bis Cameron sich auf die Frage gestürzt haben, was passiert, wenn die Maschinen uns hassen, stellt Jonze in seinem ihm eigenen Optimismus die umgekehrte Frage, was passiert, wenn die Maschinen uns lieben. Und wir sie. Diese Frage ist nicht weniger spannend und konfliktbehaftet aber um einiges komplexer und so schafft es Jonze spielerisch, menschliche Beziehungen zu sezieren und offen zu legen, einfach in dem ein Part in der Beziehung gar kein Mensch mehr ist. Die Ausgangslage und die technische Komponente spielt dann auch bald keine Rolle mehr, "Her" ist ein Film über Einsamkeit und Beziehungen mit all den Eifersüchteleien, Abhängigkeiten und Krisen, die wir alle kennen.
    "Her" spielt in allernächster Zukunft, die sich bis zur Entwicklung der OS nicht wirklich fundamental von unserer Zeit unterscheidet: die Menschen sind immer noch kaum ohne ihre Smartphones in der Hand anzutreffen, wer einsam ist greift immer noch auf Internetpornografie und Gelegenheitssex zurück, Gender-Fragen scheinen noch immer nicht gelöst zu sein ("You're half man and half woman") und Videospiele machen immer noch einen Großteil des alltäglichen Lebens aus (und ich muss tatsächlich sagen, dieses freche Alienkind mit Spike Jonzes Quäkstimme würde selbst einen überzeugenden Nicht-Gamer wie mich in Versuchung führen).
    Joaquin Phoenix spielt den einsamen, vom Leben enttäuschten und den Frauen gegenüber etwas verschlossenen Kerl sehr sensibel und mit ganzem Herzen. Als der OS Samatha dann in sein Leben tritt und ihn von jetzt an auf Schritt und Tritt mittels Knopf im Ohr verfolgt, schwindet auch seine Einsamkeit und dann ist es nur konsequent, dass er sich in sie verliebt, auch wenn er ihrer Körperlosigkeit erstmal skeptisch gegenübersteht. Von da an macht er jeden Schritt mit ihr zusammen durch, den ein Mann auch mit einer Frau durchmachen würde: die erste freundliche Annäherung, der impulsive erste Sex, der peinliche Morgen danach, etc. bis er sie dann auch als seine Freundin vorstellt. Das findet seine kleine Nichte zwar noch etwas creepy, seine Freunde verwundert das aber kaum. Scheinbar ist die Zukunft in Jonzes Kopf, was unkonventionelle Liebschaften angeht, etwas aufgeschlossener als unsere Zeit. Einzig seine Ex-Frau regt sich über die Beziehung auf, aber das haben Exen ja meistens so an sich, dass sie den neuen Partner ihres Verflossenen kritisch sehen. Auch wenn es natürlich aus naheliegenden Gründen ein bisschen schade ist, Scarlett Johansson nur zu hören und nicht zu sehen, stellt sich im Endeffekt die Besetzung als perfekt heraus, weil Scarletts Stimme so eingängig ist, dass vor meinem geistigen Auge immer ihr Gesicht auftauchte, wenn sie sprach, was gut passt, da ja auch Theodore in ihr eine "richtige" (wahrscheinlich auch sehr hübsche) Frau sieht.
    Ich muss sagen, dass ich nach all den überschwänglichen Kritiken, die ich hier auf MP oder auch offline mitbekommen habe, Angst hatte, meine Erwartungen seien zu hoch, aber das war absolut nicht der Fall. "Her" gehört zu den Filmen, bei denen die Erwartungen nicht hoch genug sein können. Er ist von vorne bis hinten ein makelloses Meisterwerk und jede Facette an ihm ist perfekt: Die nuancierten Darsteller, der feinsinnige Humor, die Menschlichkeit, die perfekten Bilder (van Hoytemas Kameraarbeit ist anbetungswürdig), die Dialoge bei denen jeder Satz tiefe Bedeutung hat und natürlich die sich stetig steigernde Dramatik in den ganz alltäglichen Szenen.

    "Life is briefly. I wanna allow myself joy."

    Genau das ist, was der Film einem gibt: Joy. Und zum Nachdenken regt er auch noch an. Ich habe ihn jetzt vor ein paar Tagen gesehen, aber er geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ein unfassbarer Film!

    5
    • 5

      Ich bin eigentlich ein riesiger Park-Fan (Oldboy und Lady Vengeance halte ich für grandiose Meisterwerke) und hab mich ziemlich darauf gefreut, ihn einmal jenseits seiner düsteren Seite zu sehen. Wirklich überzeugen konnte mich der "süßliche" Park dann aber doch nicht. Die Geschichte ist eigentlich ganz schön und man merkt den Schauspielern das Herzblut für ihre Figuren an. Die sind aber irgendwie ein wenig platt geraten, die üblichen Sonderlinge eben, die man in all ihrer Verrücktheit liebhaben soll, was aber nicht durchgehend gelingt. Wie der junge Held sich für das Mädchen einsetzt und versucht ihr zu helfen ist sehr rührend, geriet mir aber manchmal ein bisschen zu schrill, zu kitschig, zu süß, zu sehr Amelie-mäßig (okay, es ist nicht ganz so extrem, geht aber in die Richtung). Dabei hat der Film sehr starke Momente, zum Beispiel, wenn sie nach ihrem Nahrungsboykott wieder anfängt zu essen und die ganze Anstalt mitfiebert, ob sie es endlich schafft. Die vielen Träume, die sich um ihre Großmutter drehten, haben mich dann aber ein bisschen abgestoßen, ich kann leider mit diesen traumähnlichen, leicht fantastischen Elementen nichts anfangen. Mich hat der Film zu oft an Silver Linings erinnert, der für mich in jeder Hinsicht überzeugender und mitreißender war. Schade, von Park habe ich eigentlich mehr erwartet.

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      • Großer Schauspieler und, wenn ich vermuten sollte, auch ein hochintelligenter Mensch.

        • 7 .5

          Ich hole grade mal ein paar Spike Jonze-Filme nach, der bisher bei mir immer irgendwie ein unbeschriebenes Blatt war und ich sein vielgehyptes "Her" nicht als komplett Unwissender sehen will. Ich muss sagen, der Typ ist verdammt cool. "Adaption" ist von der Grundidee her noch abgedrehter als Malkovich und auch wenn ich Cage eigentlich schwer ertragen kann und mir etwas mulmig war, bei der Vorstellung, den Herrn gleich doppelt zu sehen, kam das bei mir ziemlich gut an und sein aggressives Overacting passt auch zu der Figur, die Kaufman bei aller Überzeichnung nie der Lächerlichkeit preisgibt. (Wer würde aber auch schon sich selbst der Lächerlichkeit presigeben?). Der Film zeigt quasi seine eigene Entstehungsgeschichte oder vielleicht auch einfach die fiktive Geschichte vor der Erarbeitung? Hier beißt sich die im Film oft erwähnte Schlange in den Schwanz. Das Ende fand ich ein bisschen over the top, aber wenn man es als Satire auf die Drehbuchseminare sieht, hat es schon irgendwie seinen Reiz. So hat mir "Adaption" insgesamt auch ein bisschen besser gefallen als "Being John Malkovich".

          • 8

            Geniales Erstlingswerk der Mumblecore-Brüder Jay und Mark Duplass. Die Handlung ist auf wunderbare Weise einfach gehalten und lässt den drei Hauptcharakteren alle Möglichkeiten, ihre Beziehungen zueinander auszuloten. Charmanterweise handeln die Figuren hier meistens sehr unberechenbar, so wie es reale Personen ja in der Regel auch tun, was in den meisten Filmen aber leider durch irgendwelche Charakterschemata weichgespült wird. Dass zwei Brüder im Mittelpunkt stehen, deren Eltern von den Duplass-Eltern gespielt werden, legt irgendwie nahe, dass die beiden da auch ihre eigene Geschichte miteinfließen ließen. Das wäre insoweit dann ganz witzig, weil der jüngere Mark hier den älteren Bruder spielt, der seinem etwas unbekümmerten jüngeren Bruder dauernd zeigen muss, wo es langgeht. Mark Duplass kennen diejenigen, die mit einem guten Seriengeschmack gesegnet sind, genauso wie seine Frau Katie Aselton, die hier seine Freundin spielt, aus der Serie "The League".
            Natürlich muss man etwas mit dem Home-Video mäßigen Stil der Mumblecore-Bewegung anfangen können, damit einem dieser Film zusagt. Wer aber glaubwürdige Charaktere mit echten Konflikten und Beziehungen sehen will, der wird um die Duplass-Brüder so oder so nicht herum kommen.

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            • Bis auf "Tore tanzt" ist alles, was ich von den Filmen gesehen habe, absolute Grütze! Und wo bitte bleibt "Ich fühl mich Disco"? Der beste deutsche Film des Jahres ist dieser "Akademie" nicht eine einzige Nominierung wert???

              • Da "Her" nicht in der Liste stand, ganz klar "The Fighter".

                • 5 .5

                  Ganz nette Komödie, die die üblichen Themen über die moderne Konzernwelt und die komplizierte Liebe aufrollt. Das gerät vor allem in der zweiten Hälfte recht spaßig, was hauptsächlich daran liegt, das mit Topher Grace der weltwitzigste Mensch die Hauptrolle übernommen hat. Scarlett Johansson war scheinbar schon vor ihrer Woody Allen-Zeit sehr charmant, nur Dennis Quaid fand ich zum Einschlafen. Sehr gelungen war das Ende, auch wenn mir zu dem Zeitpunkt wegen mangelnder Charakterzeichnung völlig egal war, ob der Junge jetzt das Mädchen kriegt und ob er seinen Job behält.

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                  • 10
                    über Lola

                    Fantastisch, wie der Film es schafft, Politischem mit Privatem und Zeitgeschichte mit Soap zu verschmelzen. Dabei scheut er sich nicht, große Gefühle und große Fragen anzugehen, etwas, was den meisten (deutschen) Filmen mittlerweile ja fehlt. Die sind ja eher von der Angst vor Emotionen geprägt (Ausnahme: Fatih Akin) und Politik ist eh nur noch in kühlen Thrillern oder grunzdämlichen Satiren zu finden. Höre ich mich grade an wie der ranzigste Kulturpessimist? Also besser mal zurück zu Fassbinder: Wie man es von ihm kennt, wird hier in bunten Farben und untermalt von schmalzigem Liedgut eine verzweifelte Liebesgeschichte erzählt, getragen von wunderbaren Darstellern, allen voran Adorf und Sukowa. Er geht in der Erniedrigung seiner Titelheldin bis zum Äußersten, genauso wie darin den spießigen und korrekten Stadtbaurat in seiner Lebenssicht so zu demontieren, bis er genauso verkommen und illusionslos ist wie alle anderen in dem Film. Dabei spielt sich die Politik in den Hinterzimmern des Bordells ab und die Huren scheinen mehr Einfluss darauf zu haben als die Politiker selbst, von den Medien einmal ganz zu schweigen.

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                    • 7

                      Den Film finde ich nicht ganz leicht zu bewerten, und vielleicht ist meine Punktzahl noch ein bisschen dick aufgetragen, weil wirklich gefallen hat er mir -bei aller Qualität- nicht. Ich hatte sehr viel von "Love Exposure" erwartet, weil es ja schon einen ziemlichen Hype darum gibt, den er aber vor allem in der ersten Hälfte so gar nicht erfüllen konnte.
                      Der Film beginnt mit viel Erzählerei. Innerhalb kürzester Zeit kloppt uns der Held seine Lebensgeschichte in die Birne, da hat sich der Zuschauer noch nicht mal vollständig zurückgelehnt. Dazu gibts ein paar religiös aufgebauschte Bilder und einen Mutterkomplex, der selbst Freud aus den Latschen gehauen hätte. ("Ich muss die Jungfrau Maria treffen, damit ich sie meiner Mutter vorstellen kann." Was zum...???) Ähnlich turbulent geht es dann weiter und in dem ganzen Mischmasch von Voice-Over, rasanter Montage und religiösen Bilder geht vieles von der Wirkung, die "Love Exposure" wahrscheinlich auf dem Papier gehabt hat, flöten, weil Sono sich für nichts Zeit nimmt und in seiner Erzählwut keine einzige Pause einlegen kann. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Beichtszenen hätten eine gewaltige Intesität ausstrahlen können, vielleicht sogar vom Range eines Hanekes, wenn sie nicht so krude inszeniert worden wären. So wirken sie eher, als würde man sich einen MTV-Clip auf Speed ansehen. (Nicht dass ich das schon mal getan hätte.) Kann bitte irgendjemand Herrn Sono erklären, dass man die Kamera auch mal ruhig halten kann und eine Einstellung auch länger dauern darf als gefühlte 0,2 Sekunden? Und wenn derjenige schon dabei ist, sage er ihm doch auch gleich bitte, dass man in Filmen anstelle von Off-Texten auch Dialoge einsetzen kann. Und nennt mich ruhig spießig, aber so spannend fand ich dieses ganze Höschenfotografieren jetzt nicht wirklich. Wenn dann nach einer Stunde (!!!) der Filmtitel eingeblendet wird, beginnt es auch mit dem Film bergauf zu gehen. Kapitel 2 und 3 (in denen die beiden Frauen eingeführt werden) sind deutlich kürzer als Kapitel 1 und auch deutlich besser, denn plötzlich beginnt der Film Schwung zu bekommen und die abgefahrene Inszenierungsweise passt endlich auch zum abgefahrenen Inhalt. Abgesehen davon ist die Prügelszene, die das ganze Hin und Her irgendwie verbindet auch wahnsinnig gut gemacht. Dann verstrickt der Film sich aber wieder in seinen Mariakult, Bilder, die auch aus der Kika-Sendung "Wie man seine Erektion verbergen kann", stammen könnten und die Höschengeschichte geht auch wieder los. Wenn dann die Zero-Kirche sich in die Familie einschleußt, beginnt die Geschichte allerdings wieder interessant und intensiv zu werden und kann sich auch endlich auf etwas fokussieren. Der Kampf des jungen Mannes (oder wahlweise Frau) um seine Familie und nicht zuletzt seine große Liebe (oben erwähnte Maria) hat mich gepackt und berührt. Besonders hervorheben möchte ich auch die sehr intimen Szenen am Strand.
                      Nach den schlappen vier Stunden Laufzeit stand ich ehrlich gesagt ziemlich neben mir und war irgendwie ausgelaugt, vielleicht sogar etwas froh, dass es vorbei war, denn es ist ein wirklich anstrengender Film. Alles in allem kann ich sagen, dass der Film durchaus Potenzial hat, aber erstens viel zu viele Themen aufgreifen will (ich werde die hier nicht alle aufzählen, es wäre einfach die aufzuzählen, die der Film nicht behandelt) und in seiner Machart viel von seiner Wirkung verliert und außerdem den Zuschauer ziemlich stresst (schnelle Bilder, lautes Geschrei, etc.).

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                      • 5 .5
                        über Brick

                        Es ist natürlich immer nett, wenn ein kleiner Film außerhalb der großen Studios übliche Sehgewohnheiten durchbricht und einfach seine Geschichte frei Schnauze erzählt. Wenn es sich dann auch noch um eine Noir-Hommage handelt, kann es eigentlich nur das nächste Meisterwerk sein. Eigentlich. Denn "Brick" übersieht, dass die Noir-Filme, die er imitiert, nicht nur gut aussahen und von desillusionierten Charakteren und verschlungenen Plots getragen wurden, sondern auch wirklich was zu erzählen hatten. Das hat "Brick" leider nicht, da kann Joseph Grodon-Levitt (der mit dieser Frisur irgendwie Paul Dano verrückt ähnlich sieht) noch so oft einen auf Bogart machen und seiner Highschool-Flamme hinterhertrauern. Auch wenn die Drogengeschichte recht spannend und auch flott inszeniert war, sprang der Funke bei mir nicht so recht über. Zu vieles störte. Und zu oft ging der Film dem Showgebahren seiner halbstarken Protagonisten auf den Leim und wollte selber so tun, als sei er ein Gangsterfilm (anstatt ein Film über Jungs zu sein, die tun, als sein sie Gangster). Alles in allem ein netter Krimi, aber wenn es eine moderne Version des klassischen Film Noirs sein soll, guck ich mir doch noch mal lieber Almodovars "Schlechte Erziehung" an.

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                        • 6

                          Fassbinders schwule und etwas leichter zugängliche Version seines Meisterwerk "Die bitteren Tränen der Petra von Kant". Die Geschichte bleibt natürlich auch in dieser Variante großartig und universell, die Umsetzung hat mir leider ein bisschen weniger gut gefallen. Obwohl er leisere Töne anschlägt und sogar so etwas wie humoristische Spitzen hat, ist er deutlich weniger subtil und reichhaltig und obwohl er weniger artifiziell ist, ist er auch weniger glaubwürdig. Und im Gegensatz zur Petra von Kant nutzt dieser Film seine Laufzeit nicht wirklich aus, wiederholt sich ein wenig, anstatt alle Facetten der Grundidee abdecken zu können. Für sich betrachtet ist es dennoch ein bemerkenswerter Film, nicht zuletzt auch wegen Fassbinders Schauspielleistung. In seiner Rolle als naiver Emporkömmling, der sich von den Intriganten, die ihn umgeben, ausnehmen lässt wie eine Weihnachtsgans wird er niemals zur Karikatur, so erbärmlich er sich manchmal auch aufführt. Dass Geld nicht glücklich macht, ist jetzt nicht unbedingt eine neue These und auch dass man skrupel- und rücksichtslos sein sollte, um sich in der kapitalistischen Gesellschaft zu behaupten, ist ein offenes Geheimnis. So nette Jungs wie Franz zerbrechen da unweigerlich. Absolut großartig fand ich die Szene, in der Fassbinder mit seinem Liebhaber/Verderben Schluss macht und ihm langsam klar wird, dass das für ihn den finanziellen Ruin bedeutet, während Karl-Heinz Böhm beobachtend und undurchsichtig nebenhergeht. Und wenn dann in der Schlussszene, die ganze Gesellschaft mit Franz abgeschlossen hat, ist auch sein sozialer Fall endgültig vollzogen. Er ist nur noch Dreck für die anderen Menschen.

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                          • 7 .5

                            Allein für die völlig abgefahrene Grundidee muss man diesen Film schon lieben! Da traut sich einer, die ausgetretenen Pfade üblicher Filmdrehbücher komplett zu verlassen und tut das auch noch auf ziemlich lässige Art und Weise. Der Wunsch, der wohl in allen Menschen steckt, einmal jemand anderes zu sein, wird dabei allerdings nur als Startschuss genommen, denn bald geht es dann vielmehr um sexuelle Macht und Unsterblichkeitssehnsucht. Das ist nicht unbedingt neu und verwässert die Ausgangslage etwas, aber hey, das ist kein Problem, wenn das von diesen großartigen Darstellern getragen wird. Vor allem Keener als arrogantes Miststück fand ich famos und hab mich auch über das Charlie Sheen-Cameo sehr gefreut. Cusack ist immerhin nicht ganz so daneben wie sonst und Diaz kann auch was ohne charmantes Lächeln. Der Schimpanse war btw auch sehr nett.
                            Skurril wird die ganze Angelegenheit aber nicht erst, wenn wir im Kopf von Malkovich stecken (Wieso ist eigentlich der Eingang in sein Gehirn so matschig? Regnet es da?), denn auch der Alltag kann ziemlich kurios sein, zumindest wenn man ein erfolgloser Puppenspieler ist, der sich in einem Büro herumschlägt, das allerdings mehr an einen Kerspintomographen als an ein wirkliches Büro erinnert ("Sich bücken, Miete drücken"). Dabei kann nicht jedes Detail und nicht jede abgedrehte Nebenfigur komplett überzeugen, Spaß macht das Ganze trotzdem.

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                            • 10

                              "Der Mensch ist schlimm. Letztlich erträgt er alles."

                              Wow, was für ein Film! Fassbinder deckt schonungslos und unnachgiebig die richtig, richtig dreckige Seite menschlicher Beziehungen auf, in einem fantastischen Film, der mir zwei Stunden lang einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Und wenn man bedenkt, dass er in der Petra von Kant sich selbst und in ihren Beziehungen zu den anderen Figuren seine eigenen zu seinen Mitarbeitern verarbeitet hat, wird einem ganz anders.
                              Das Hervorstechenste an Petra von Kant sind erstmal die Schauspielerinnen. Männer treten nicht auf, von dem Wandgemälde eines nackten Jünglings und einem Foto von Fassbinder in der Zeitung einmal abgesehen. Margit Carstensen spielt Petra von Kant mit einem der eindruckvollsten Overactings, das ich je gesehen habe. Sie will genauso wie der Film nie verschleiern, dass das ganze eigentlich ein Theaterstück ist und zeigt in großen Gesten und bedeutungsschwangeren Sätzen die Wandlung ihres Charakters vom selbstsüchtigen Ekel über ein verliebtes junges Mädchen zur gebrochenen Person bis hin zur geschundenen aber gereiften Frau. Ihre Theatralik passt perfekt zu einer Rolle wie dieser und ich schwankte beim Sehen dauernd zwischen Hass und Liebe zu dieser Person. An ihrer Seite agiert Hannah Schygulla als Karin, das personifiziertes Verderben, so liebenswürdig, dass man keine Sekunde daran zweifelt, dass Petra ihr wirklich verfallen ist, genauso wenig wie man daran zweifelt, dass Karin ihrem Mann auf selbe Weise verfallen ist und so hassenswert, dass man Petra zurufen will, sich von dieser Frau zu lösen, weil die sie unweigerlich in den Abgrund ziehen wird. In meinen Augen ist diese Rolle die größte Leistung in Schygullas Karriere. Die ergreifenste Performance des Filmes kommt aber von Irm Herrmann als wortlose Marlene, die von Petra wie eine Sklavin in ihrem Apartment gehalten wird und aus deren verkrampften Gesicht so viel Schmerz, so viel Leidenschaft, so viel Gefühl und so viel Sehnsucht spricht wie es tausend Worte nicht hätten ausdrücken können.
                              Wir verlassen im ganzen Film nicht einmal die Wohnung der von Kant, das meiste der Handlung findet in oder um ihr Bett herum statt. Durch das furiose Spiel der Darstellung und Ballhaus' schwebender Kamera wird alles aber fesselnder und rasanter als jeder Action-Thriller. Und obwohl die Dialoge zu gefühlt 99% aus Schreien, Weinen oder Beleidigungen bestehen, haben sie erstaunlich viel Subtext und schließen beißende Gesellschaftskritik mit ein, für einen Fassbinder-Film ist das alles überraschend subtil, normalerweise ist der Mann ja eher ein Freund des Holzhammers (soll keine Kritik sein).
                              Ich muss natürlich auch mal ein Wort über die Musik verlieren. Im eigentlichen Sinne gibt es die nicht. Ich glaube, es sind drei Songs im Verlauf zu hören, die die Handlung für einen kurzen Moment unterbrechen und die Figuren im stillen, herzergreifenden Tanz vereinen. Ansonsten werden die Dialoge untermalt von dem ewigen Schreibmaschinentippen der Marlene, das immer mal wieder stockt, wenn diese von ihrem Schmerz überwältigt wird.
                              Der ergreifenste Liebesfilm der Filmgeschichte? Ja vielleicht, auf jeden Fall ein Film, der einem im Kopf sitzen bleibt und einen nicht mehr los lässt. Und das kunstvollste Feel-Bad-Movie, das man sich nur vorstellen kann. Eine klinische Studie über Abhängigkeiten, bedingungslose Liebe und kühles materielles Denken und gerade durch seine Künstlichkeit erschreckend nah an der Lebensrealität. Petra wird von Karin ausgenutzt und weiß es, Karin wird von ihrem Mann ausgenutzt und weiß das wahrscheinlich auch, Petra nutzt Marlene aus und diese liebt ihre Herrin über alles, aber am Ende bleibt Petra nicht einmal das und wie es aussieht auch nicht die Liebe ihrer (homophoben) Mutter. Vielleicht bleibt ihr ihre Tochter (auch sehr schön: die junge Eva Mattes), aber nachdem Petra sie als widerlich, wertlos u.ä. bezeichnet hat, würde ich das auch mal bezweifeln. So bleibt sie durch und durch einsam. Das tragische Schicksal der Petra von Kant, nicht ganz unverdient aber das macht es nur umso tragischer.

                              "Ich frage mich nur, wieso du nicht gleich auf den Strich gegangen bist."
                              "Weil es mit dir nicht ganz so anstregend war, meine Liebe."

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                              • Beste Serie derzeit! Finde aber die erste Staffel stärker als die etwas bemühte zweite. Und wenn ich mir recht erinnere, war das Arschloch-Glas schon vor Jess da. Der sehr lesenswerten Liste würde ich noch hinzufügen, wie Nick in Verkleidung Jess bei ihrem Creative-Writing-Kurs besucht, um sie zu "beschützen". Freu mich auf jeden Fall schon wie ein Bekloppter auf die dritte Staffel!

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                                • 6 .5

                                  Hooper versucht sich an seiner Version von "Psycho" und muss damit natürlich unweigerlich scheitern. Das tut er aber dann auf so hohem Niveau, dass es erstens ziemlich viel Spaß macht, ihm dabei zuzusehen und zweitens unverkennbarer Hooper-Trash ist. Kein Vergleich natürlich mit seinem Meisterwerk "Texas Chainsaw Massacre" aber auf jeden Fall nicht schlecht. Mal wieder sammelt er alles an, was es an Freaks und Perverslingen so gibt und steckt zu allem Überfluss auch noch ein Krokodil dazu. Manches wirkt ziemlich behäbig und angestrengt, vor allem in den Dialogen, aber wenn Hooper eines kann, dann knallharten Badass-Horror ohne falsche Seichtigkeit. Und nicht zuletzt kann man dem Film anrechnen, dass der gute alte Quentin Tarantino einen seiner bittersten One-Liner hier abgeschaut hat: "My Name is Buck and I'm here to fuck."

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                                  • 4

                                    Obwohl Pierce Brosnan mit seinem unverhüllten Machotum und seiner fast schon parodistisch wirkenden Eleganz eigentlich der perfekte Bond-Darsteller ist (Connery mal außen vor gelassen, die Gründe dafür liegen glaube ich auf der Hand) und Berry, obwohl ich sie als Schauspielerin nicht mag, auch alles mitbringt, was ein Bond-Girl ausmacht (und nein, ich meine nicht die Brüste), schlägt dieser Film dem Bond-Mythos so fest ins Gesicht, dass es rückblickend logisch erscheint, warum man dem alten Haudegen danach die Craig-Frischzellenkur verpasst hat. Ich persönlich hätte auf den "deepen" Bond zwar gut verzichten können, der ist aber immer noch besser als diese seelenlose CGI-Show. Spätestens bei dem unsichtbaren Auto war meine Stirn wund vor lauter Facepalms, da half es auch nichts, dass dieses von dem unvergleichlichen John Cleese präsentiert wird. Ich hatte mal einen Geschichtslehrer, der nicht müde wurde zu betonen, dies sei sein absoluter Lieblingsfilm. Das sagt vielleicht eher etwas über unser Bildungssystem als über diesen Film aus. Trotzdem will ich dem Film nicht absprechen, dass er für einen gemütlichen Abend bei Bier und Pizza durchaus geeignet ist.

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                                    • 7 .5

                                      Woody Allen präsentiert uns dieses Mal sein nihilistisches Weltbild ohne es mit seiner unnachahmlichen Komik abzuschmecken. Nie zeigte sich besser als bei diesem Film, wieso Bergman Allens erklärter Lieblingsregisseur ist und trotzdem fügt er sich nahtlos in sein Werk ein und ist schließlich nicht das einzige Mal, dass er drei neurotische Schwestern und deren Beziehung zu den verkrachten Eltern in den Zentrum eines Filmes stellt. Auch wenn mir "Hannah und ihre Schwestern" (Meisterwerk) insgesamt besser gefallen hat, lohnt sich "Innenleben" auf jeden Fall, sei es wegen Diane Keatons gelungenen Monologen vor dem ewig unsichtbaren Therapeuten, Geraldine Pages Zusammenbruch in der Kirche oder der verdammt beklemmenden Belästigungsszene. Schade ist nur, dass der Vater ein wenig zu kurz kam, während jede andere Figur ihren großen Auftritt erhält und in all ihren Facetten gezeigt wird. Besonders gefallen hat mir die Figur der Mutter, auch wenn sie gute Chancen hat auf der Liste der anstrengensten Allen-Charaktere ganz oben zu stehen. Das macht aber auch zum großen Teil ihre Tragik aus. Sie ist nun einmal kein besonders feinfühliger und umgänglicher Mensch, weshalb die anderen Figuren sie auch wahlweise wie ein Klotz am Bein oder einen bemitleidenswerten Pflegefall betrachten. Ihre Einsamkeit wird durch ihre unsympathische Art aber natürlich nicht weniger schmerzhaft und Page spielt das grandios. Bleibt am Ende zwar ein bisschen die Frage, wieso man sich dann nicht gleich einen Original-Bergman angesehen hat, aber sicherlich kein schlechter Film vom alten Woody (wie sollte das auch gehen?).

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                                      • Bin kein wirklicher Friends-Fan, aber wenn ich es mir dann doch mal angesehen habe, dann hauptsächlich wegen Chandler.

                                        • Schon irgendwie witzig, wenn ein Regisseur einen Film über eine Sekte dreht und dann für sein nächstes Projekt Travolta castet. :D

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                                          • 4 .5
                                            über Ruhm

                                            "Ruhm" hat nette Ideen und einen tollen Cast leider aber auch massive Längen und trotzdem nimmt er sich nicht genug Zeit für seine einzelnen Geschichten, da kann es dann auch nicht helfen, dass der geniale Axel Ranisch eine kleine Rolle übernimmt.

                                            • 6 .5

                                              Als romantischer Gangsterfilm ziemlich gut, leider driftet er bald in eine merkwürdige Ansammlung von Naturkitsch und Esoterik ab, das mich nicht wirklich überzeugt hat. Martin Sheen spielt das egozentrische Arschloch auf jeden Fall extrem gut und es ist verblüffend, wie ähnlich er mal seinem Sohn Charlie sah. Spacek kann nicht immer überzeugen, aber im Großen und Ganzen schon (nur denk ich bei ihr immer, gleich kommt ein Schwall Blut von der Decke runter). Was mich außerdem noch leicht störte waren die Off-Stimmen, weil ich das grundsätzlich nicht leiden kann. Ich denke Filme sollten mit ihren Bildern und Dialogen erzählen und nicht wie bebilderte Hörspiele daherkommen. Abgesehen davon aber ein netter Film.

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                                              • 10

                                                Auch nach dem x-ten Mal sehen immer noch unglaublich! Niemand hat das Leben, den Menschen und das Kino so gut verstanden wie Woody Allen!
                                                Die Schlussszene, in der Mia Farrow geschunden hoch auf die Leinwand zu Fred Astaire blickt, ist wahrscheinlich das ehrlichste und traurigste aber auch das Schönste, was Woody je gefilmt hat. Und bei seinem genialen Werk will das was heißen.

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                                                • 3 .5

                                                  Nicht ganz so daneben, wie wenn Schweighöfer selber auf dem Regiestuhl hockt, aber immer noch meilenweit entfernt von einem sehenswerten Film. Dabei war Detlev Buck doch eigentlich mal ein ganz guter Regisseur, wenn ich mich richtig entsinne. Wieso dreht er dann einen Film, bei man die Humor- und Lieblosigkeit quasi mit den Händen greifen kann? Hat zb. irgendjemand verstanden wieso wir uns gefühlt mehrere Minuten lang in Zeitlupe ansehen mussten, wie Würste auf den Grill gelegt werden??? Oder wieso sich dann auch noch Joko (oder Klaas?) durch eine sinnfreie Szene prügeln musste??? Witzigerweise ist dann Buck tatsächlich der einzige aus dem üblichen Big-Name-Cast (von ein paar spaßigen Biermann-Auftritten mal abgesehen) der wirklich Esprit und Witz rüberbringen konnte. Bleibt am Ende nur die verwirrenden Erkenntnis, dass Schweighöfer, wäre er eine Frau, nicht mal unschnuckelig wäre.

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                                                  • 7 .5

                                                    Was als cooles Road-Movie mit leicht sozialkritischem Einschlag beginnt, wandelt sich zunächst zu einem faszinierendem Film Noir, um dann als beklemmendes Psychodrama zu enden. Es ist unglaublich, wie viel dieser Film in gerade mal 90 Minuten erzählen kann und was für ein großes Figurenarsenal er anpacken kann. Jede Szene ist exakt auf den Punkt inszeniert und auch wenn der Bogart-Subplot nicht wirklich notwendig ist, ist es natürlich immer besser, Bogart in einem Film zu haben als ihn nicht in einem Film zu haben. Und Ida Lupinos Darstellung geht einfach unter die Haut.

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