JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 4

    [...] „Brotherhood of Blades“, um es zu relativieren, ist im Bereich der Action sicherlich keine Grottenveranstaltung, mehr als inzwischen eben nicht mehr von den Socken hauender Durchschnitt aber keinesfalls. Damit hätten sich die dramaturgischen Schwachpunkte vielleicht deutlicher kaschieren lassen oder zumindest weniger störend in den Mittelpunkt rücken. Intrigen, Verrat, Treueschwüre und anschließende Dolchstöße im alten Kaiserreich, kennt man so zur Genüge und ernsthaft interessant sind weder der Plot noch die steifen Figuren, obwohl sie eigentlich dauernd zu leiden haben. Das mündet im letzten Drittel in einer Überdosis an Nackenschlägen, schwermütigem Geschwafel und pathetischer Selbstaufopferung. Eine überfrachtete Seifenoper der großen, persönlichen Tragödien, die einen praktisch gänzlich kalt lässt. Wenn die Figuren nicht interessant sind kann ihnen geschehen was will, juckt niemanden. Obwohl „Brotherhood of Blades“ rein formal kein Totalausfall ist, seine gesamten Bemühungen sind schlussendlich für die Katz. Mit Mühe und Not lässt sich der Film gerade so angucken, danach sollte man kaum noch einen Gedanken an ihn verschwenden.

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    • 9

      [...] Dann, was die größte Stärke dieses ohnehin bärenstarken Films ist, wird diese perverse Diskrepanz offen gelegt, die sich allgemein wie ein roter Faden durch die Werke von Jean-Pierre Melville zieht. Loyalität und interne Moral sind wichtig, sogar unabdingbar, doch wenn eine Grenze überschritten wurde, ob freiwillig oder unverschuldet, greift nur eine Konsequenz. Ein heftiger Zwiespalt, der in den von ihm geschilderten Fällen jedoch eine absoluten Logik zu Grunde liegt, und dadurch wird erst so deutlich, wie unglaublich präzise und klug er über menschliche Abgründe balanciert und seine Figuren auch nicht davor schützt, den tiefen Fall zu erleben.
      [...] Trotz seiner Vergangenheit versucht er niemals, das Geschehen deutlich zu glorifizieren, zu rechtfertigen oder entschuldigen. Es gibt in dem aufreibenden Kampf kaum leichte Entscheidungen, keine Helden mit blütenreinen Westen und erst recht nicht einem unbeschwerten Gewissen, sie schwächeln, brechen ein und bleiben Menschen, mit allen Fehlern und Emotionen, die nicht immer falsch sind, nur manchmal nicht der Sache entsprechend. [...] Was das zur Folge hat und in wie weit man sich da noch von dem hässlichen Feind unterscheidet, es ist nur noch an dem Ziel wirklich erkennbar, kaum von der Vorgehensweise. Bitter, aber absolut richtig und deshalb unwahrscheinlich niederschmetternd. Melville geht einen unbequemen Weg, der statt Schwarz und Weiß in tristem Grau gezeichnet ist, damit allerdings genau den Kern der Sache trifft und ein unglaublich drastisches Ende findet, das einem jede Illusion raubt. Nur die Geschichte hat gezeigt, dass nicht alles umsonst war.

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      • 1 .5

        [...] Wer „I Spit on your Grave“ oder jeden anderen Rape & Revenge Film frauenfeindlich oder moralisch bedenklich findet, der sollte sich mal den hier angucken. Diese Filme erfüllen halt ein erprobtes Muster, gestehen den Frauen zumindest am Ende Stärke und Selbstbewusstsein zu, was sich dieser Unfall rausnimmt geht auf keine Kuhhaut. Frauen sind so hilflos, dumm und bekommen alleine nichts auf die Kette, die müssen manchmal ein Wochenende zu ihrem Glück drangsaliert werden. Mensch, da war der alte Dildo-Schlecker und Schlüpfer-Schnüffler doch eigentlich ganz nett, ein kostenloser Paartherapeut…und er hat sogar Frühstück gemacht. Ob er wohl seine Nummer dagelassen hat…? Mal gucken, wem der nette Herr als nächstes hilft. Man fasst es einfach nicht…

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        • 7

          [...] Der mögliche Gerichts-Thriller bricht überraschend schnell in sich zusammen und jetzt beginnt ein wildes Täuschungsmanöver, bei der den Charakteren im Minutentakt ein immer neues und natürlich oft noch nicht endgültiges Gesicht gegeben wird, was als gezielte Reizpunktsetzung die meiste Zeit tadellos funktioniert. Zugleich lässt sich in „Wild Things“ bissig zwischen den Zeilen lesen: Im Justiz-Wunderland USA kann das Opfer schnell zum Sieger werden, etablierte Mitglieder der besseren Gesellschaft werden fallen gelassen wie heiße Kartoffeln, Schein ist Sein. McNaughton & Peters betreiben hier keine vordergründige Satire, doch allein wie zynisch sie manches kommentieren und kommentieren lassen (Bill Murray, großartig), wie deutlich sie mit dem Genrestandard, der Erwartungshaltung rumfuchteln und Klischees als Stilmittel nutzten, das macht Spaß und zeugt von einem überlegten Fingerzeig. Dementsprechend ist es genau genommen konsequent, wie extrem sie gegen Ende ihr Verwirrspiel auf die Spitze treiben, was in einem bald absurdem Twist-Gewitter mündet, an dem noch nicht mal der Abspann halt macht. Im Finale gipfelt ein bis dahin teilweise sehr schlau konzipierter Thriller in einem rekordverdächtigen Falltürchen-Showdown, der einfach zu viel des Guten ist. Dabei versteckt er in diesem Harakiri immer noch guten Ideen, die aber beinah untergehen und den Film letztlich zu einer übertrieben stark konstruierten Spinnerei machen, die unter logischen Gesichtspunkten praktisch zum Scheitern verurteilt wäre, beachtet man mal die unzähligen Variablen. Doch wie gesagt: „Wild Things“ kokettiert durchaus mit der Satire, spielt mit dem Extrem aus Schwarz, Weiß und vielleicht doch Dunkelgrau und gönnt sich einfach mal das dreifache Überraschungsei. In der vorgeführten Art und Weise ist das erlaubt und unterhaltsam ohne Frage, dazu atmosphärisch schön ölig und gehässig gespielt. [...]

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          • 4 .5

            [...] Man nehme die realen Geschehnisse von 1946 sowie die Verfilmung von 1976 als Grundlage und macht daraus eine Art Remake/Fortsetzung, die Meta-geschwängert sich daraus seine eigene Geschichte spinnt. Eine erfrischende Variante zu den sonst üblichen Neuverwurstungen, die genau solange funktioniert, bis der Überraschungseffekt verflogen ist. [...] Bis kurz vor Schluss eine recht gefällige und leider nicht ansatzweise so doppelbödige Angelegenheit wie man nach den ersten Minuten erwarten könnte, aber immerhin. Böse wird es im Finale, wenn sich „Warte, bis es dunkel wird“ vollkommen unnötig mit runtergelassener Hose präsentiert. Hier wird (wahrscheinlich sogar bewusst) einem viel späteren Genrevertreter ein dummer Tribut gezollt, bei dem man nur noch mit den Augen rollen kann. Dieser bekloppte Schlussspurt ist nicht nur dämlich, er zeigt sogar, warum das Original trotz etlicher Fehler immer noch brauchbar(er) ist. Der war auf seine Art straight, präsentierte keine blödsinnige Pointe, hielt sich an grobe Fakten. Auf die Gefahr hin, dass es nicht jedem gefällt. [...]

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            • 5

              [...] Das gespenstische Setting einer in Schockstarre verfallenen Stadt wird oft nur angedeutet, die völlig deplatzierten Humorversuche sind arg kontraproduktiv (dabei schlüpft der Regisseur selbst in die Rolle des Klassenkaspers) und der Spannungsbogen ist meist kerzengrade statt sich entwickelnd. Man sollte dem Film aber anrechnen, dass er sein Potenzial noch nicht ganz erkannte. Seine leicht schrullige Vorgehensweise hat schon wieder einen deutlichen Reiz, sein Beharren auf faktischer Korrektheit sorgt für ein ungewohntes (heute würde man sagen mutiges) Ende und gerade das macht „Der Umleger“ zu einem kleinen Exoten seines Genres, das vorher in der Form eigentlich gar nicht existierte. Nicht gut, aber selten. Und daher schon wieder interessant, zumindest filmhistorisch.

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              • 5 .5
                JackoXL: Moviebreak 24.08.2015, 21:39 Geändert 24.08.2015, 23:48

                [...] Sich das anzusehen ist zugegeben recht lustig und unterhaltsam, die Yes Men scheinbar ziemlich sympathische Idealisten, die ihr Engagement nicht mit sinnlosen Aktionismus verpulvern sondern erkannt haben, dass man oft nur durch den Frontalangriff das notwendige Podium bekommt, um das Anliegen der Welt näher zu bringen. [...] Somit ist das, was die Jungs da treiben aller Ehren wert, ihr Einsatz in gewissem Maße vorbildlich, nur stellt sich ganz nüchtern die Frage, ob es einen (oder in dem Fall schon drei) Kinofilme gebraucht hätte, mal abgesehen von dem Primärziel, für Aufmerksamkeit sorgen. Von dem Standpunkt aus absolut sinnvoll, für den neutralen Zuschauer ist das wohl eher sekundär. Warum sollten sich Max oder Monika Mustermann „The Yes Men – Jetzt wird’s persönlich“ unbedingt ansehen, zumindest im Kino oder auf DVD/BD? Die durchaus spaßigen Aktionen sind als YouTube-Clips genauso unterhaltsam. Ein baldige Fernsehausstrahlung ist bei den Co-Produzenten (u.a. das ZDF) ohnehin gewiss. Da wäre das Projekt in der Form auch besser aufgehoben: Als nur wenige informative, dafür recht witzige Doku, die man beim Durchzappen nach Feierabend bedenkenlos laufen lassen kann.

                Zudem wird man nicht mit der dazu geschusterten „Rahmenhandlung“ belästigt, auf die sich der „persönliche“ Zusatztitel des Films bezieht. Die Yes Men geben etwas aus ihrem Leben preis, zeigen Familie und sprechen über ihre private Beziehung. Das kommt nicht unbedingt narzisstisch rüber (ein gewisses Maß an Selbstdarstellung präsentieren sie natürlich, das liegt ja in der Natur ihrer Arbeit), mitunter eher leicht gestellt und was noch viel offensichtlicher und störender ist: Es ist ein notwendiges Übel, um den Film auf die erforderliche Länge zu strecken. Mit der gezeigten Aktivitäten an sich - die auch noch immer nach dem gleichen Schema ablaufen – bekommt man keine 90 Minuten voll, so musste man wohl etwas persönlicher werden. Ob das außer Hardcore-Fans irgendwen großartig interessiert sei mal dahingestellt. [...]

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                • 7

                  [...] „‘71“ ist besonders in dieser Phase, wenn der Protagonist wie ein naiver Schuljunge aus der behüteten Welt in dem destruktiven Schlachtfeld einer blutenden Stadt quasi ausgesetzt wird, enorm intensiv und unangenehm packend. Bei seinem Spielfilmdebüt weiß Regisseur Yann Demange (inszenierte u.a. die Zombie-Mini-Serie „Dead Set“) die gespenstische Pulverfassstimmung erdrückend in Bilder und Emotionen umzusetzen. Als wenn sich das Tor zu einer Parallelwelt geöffnet hätte, in der normale Bürger, sogar Nachbarn, zu erbitterten Feinden werden, ein Leben dem Kampf für das große Ganze untergeordnet ist, der Mensch nicht als Individuum, sondern nur als Verbündeter oder Gegner wahrgenommen wird. „‘71“ versteht sich klar eher als Survival-Thriller denn als klassisches, politisches Drama, fängt dennoch das Innerste und den damit einhergehenden Irrsinn dieser Konfrontation ein. Hier kämpfen nicht Staaten und professionelle Armeen gegeneinander, es kämpfen Bürger gegen Bürger und gleichzeitig gegen das verhasste System. Organisieren sich zu radikalen Gruppen, die selbst in sich brüchig und unstrukturiert sind, ein Krieg von Amateuren, die sich auch mal versehentlich selbst in die Luft sprengen oder ganz bewusst interne Grabenkämpfe ausführen, da zu keiner Zeit jemand ernsthaft die Kontrolle inne hat. In seinen Zwischentönen erzählt und verdeutlicht der Film vieles, ohne es konkret zu benennen und macht es dennoch spürbar.

                  So ehrlich und durchgehend spannend „‘71“ dabei ist, er baut zum Ende doch sichtlich ab. Die Nebenfiguren erhalten viel zu wenig Profil und erfüllen eigentlich nur ihren Zweck (und damit auch einige Klischees), manche Handlungen erscheinen zu sehr am Reißbrett skizziert oder enden zumindest so, der Film mündet in einem nicht gänzlich befriedigenden Konsens aus Sehgewohnheiten und Einfallslosigkeiten, die dem Vorangegangenen nicht gerecht werden. Bei aller Kritik, so was hat man aber auch schon deutlich schlimmer gesehen. Es soll die Empfehlung für das Gesamtwerk nur minimal schmälern, denn grundsätzlich ist das halt kein Meisterwerk oder großes Kino, es ist schlicht ein guter und zeitweise sogar sehr guter Film mit einem hochinteressanten Hintergrund, den er leider nur bedingt zu nutzen weiß. Dann allerdings mit Nachdruck. [...]

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                  • 5
                    über Eden

                    [...] Wie in einem guten Mix sind die Übergänge dabei kaum wahrnehmbar, ohne die eingeblendeten Jahreszahlen würde man es zunächst nicht großartig auffallen, dass schon wieder einige Jahre vergangen sind. Pauls Leben ähnelt einem Loop, einer Scheibe auf dem Plattenteller, die sich unaufhörlich um die eigene Achse dreht, nur das der Track scheinbar nie zum Ende kommt. [...] Mia Hansen-Løve ist ohne Zweifel ein enorm authentischer Film gelungen, was auch in erster Linie das Anliegen war. Szene-Kenntnis ist unverkennbar, das dürften zumindest die zu würdigen wissen, die sich zeitlich, musikalisch und (Sub)kulturell irgendwo dort einordnen können. Und die vielleicht selbst so manche Nächte (und Tage) gefeiert haben, ohne an den nächsten Morgen zu denken. Manchmal sogar über Wochen und Monate. „Eden – Lost in Music“ spult diesen Prozess über Jahre ab, was in Einzelfällen auch nicht unüblich ist. In der Hinsicht kann man den Film nur als gelungen bezeichnen. [...] Dennoch bleibt „Eden – Lost in Music“ nicht mehr als ein ambitionierter Versuch eines guten Films, den man schon sympathisch finden und zu gewissen Teilen auch mögen kann, aber irgendwie am Ende auch verpufft. Wer sich gar nicht mit dem ganzen Hintergrund identifizieren kann und somit keine kleine Gänsehaut aufgrund eigener Erinnerungen bei manchen Momenten erlebt, steht wohl dem Geschehen bald teilnahmslos gegenüber. [...] Ganz dem Thema des Films entsprechend lässt es sich mit einer Party vergleichen. Im Idealfall kommt man an, verliert sich im Beat und lässt sich mühelos treiben. Wenn es dumm läuft hat man nach einer Weile das Gefühl, seit Stunden immer den gleichen Track zu hören und setzt sich leicht angeödet lieber in die Chill Out Area. [...]

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                    • 5

                      „Rookie – Der Anfänger“ oder der Wendepunkt in Clint Eastwood’s Regiekarriere. Offensichtlich hat er danach begriffen, dass die Zeiten sich geändert haben und er doch langsam zu alt für diesen Scheiß wird. [...] Sein letzter, waschechter Rüpel-Film. So kernig, maskulin und voller Machismo, da stellt sich das Bier von selbst kalt und der Dreitagebart wächst in knapp zwei Stunden. Scheinbar unsicher, ob er nun lieber „Dirty Harry VI“ oder ein Rip-Off von „Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis“ drehen will, inszeniert sich Eastwood zum x-ten Mal als stoisch-harten Knochen, dem der alte Partner einfach so vor der Nase weggeknallt wird. Statt jetzt als Lone Ranger in den Rachefeldzug zu reiten, muss er sich mit einem neuen, jungen Anhängsel herumärgern, der noch nicht mal ein Dutzend Leute umgelegt hat, dafür noch dolle traumatisiert ist, weil ihm als Kind das Brüderchen runtergefallen ist. [...]
                      Das hat bald parodistische Züge wenn man nicht merken würde, wie (unerklärlich) ernst sich der Film nimmt, statt wirklich einen auf Riggs und Murtaugh zu machen. Das würde ihm wesentlich besser zu Gesicht stehen, so gibt er sich selbst manchmal der Lächerlichkeit preis und offenbart das erzkonservative Gedankengut eines Clint Eastwood, das er in den Folgejahren hinter sehr reifen Filmen verstecken konnte. Trotzdem oder gerade deshalb kann man als Zuschauer „Rookie – Der Anfänger“ aber schon wieder lächelnd durchwinken, das hat was von mit Whiskey die Zähne putzen. Ist echt nicht zu empfehlen, aber ab und zu erfüllt das eben einen ungesunden Zweck. Auf uns Männer, prost.

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                      • 6

                        [...] 80er-Kurzzeit-Fast-Star D.B. Sweeney passt mit seinem naturgegebenen, naiven Dackelblick recht vernünftig auf die Rolle des jungen Cop-Greenhorns, der von seinem verbissenen Vorgesetzten (Allzweckwaffe Randy Quaid) auf den ebenfalls (fast) frisch aus dem Ei geschlüpften Charlie Sheen angesetzt wird. Dieser hat als Knabe reicher Eltern es zwar nicht zwingend nötig, aber irgendein Hobby braucht der Mensch und wenn es eben das Stehlen kostspieliger Karren ist. Sheen sieht zwar aus wie gerade aus der Highschool entlassen und in die Sakkos von Don Johnson gesteckt, macht aber als milchgesichtiger Kaltblüter und verführerischer Teufel eine richtig gute Figur, besonders zum Ende hin, wenn mal wieder das alte Undercover-Problem auftritt: Eigentlich mag man sich doch. Inzwischen. [...] An manchen Stellen kommt sogar kurzes Neo-Noir-Feeling auf, wenn der Film mal seine durchaus finstere Seite deutlich nach Außen kehrt, der düster-fiebrige Synthesizerscore von Basil Poledouris ist durchgehend große Klasse. Es mangelt vielleicht an echten, markanten Highlights, was dem Unterhaltungswert und sich konstant aufbauenden Spannungsbogen nur einen geringen Abbruch tut. [...]

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                        • 4

                          [...] Statt ein Porträt dieser sicherlich vielschichtigen, komplexen Figur abzuliefern und näher auf die Person hinter der Legende einzugehen – was wahnsinnig spannend wäre, denn schließlich gehörte Bolívar zur spanischstämmigen Oberschicht Venezuelas, die nicht zu den Leidtragenden der Besatzung zählten, was ein genaueres Hinterfragen seiner Motivation interessant macht -, hangelt man sich lieber an sachlich korrekten Fakten entlang und versucht krampfhaft, alle relevanten Stationen des Widerstandes irgendwie in den begrenzten Zeitrahmen von knapp zwei Stunden zu quetschen. Dem zufolge wirkt der Film narrativ rastlos bis panisch gehetzt, wird ein zeitlich sprunghaftes Abklappern von Momentaufnahmen, ohne direkt auf Zusammenhänge eingehen zu können. Es kommt einem bald vor wie einer DIA-Show: Man betrachtet ein Bild, lauscht den kurzen Erklärungen und ist gleich darauf am nächsten Ort. [...]Das ist neben der Eindimensionalität und peitschenden Hektik der Erzählung das größte Manko an „The Liberator“: Er suhlt sich fast durchgehend in nur schwer erträglichem, heroischem Geschwafel. Schwülstige, aufgeblasene Textzeilen, für die Freiheit, die Ehre, blabla… In seinen schlimmsten Momenten erinnert das an Roland Emmerich’s Blockbuster-Schmierentheater „Der Patriot“, nur nicht ganz so peinlich. So furchtbar das alles ist, das selbsternannte Epos hat natürlich auch einige Vorzüge. Die Bilder von Kameramann Xavi Giménez sind imposant, nicht nur während der wenigen, dafür gerade durch den Verzicht auf jedwedes CGI-Gefummel eindrucksvollen Schlachtszenen. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen, eine detaillierte und authentische Ausstattung, insgesamt sehr kraftvolle Bilder, optisch ist „The Liberator“ zweifellos großes Kino. Inhaltlich dafür nur eine flache Beweihräucherung eines Mannes, dessen Geschichte vorgestellt, aber kaum erzählt wird. [...]

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                          • 6 .5
                            JackoXL: Moviebreak 08.08.2015, 14:51 Geändert 08.08.2015, 14:52

                            [...] Was sich im ersten Moment nach einem typischen Spukhausfilm anhört, spielt eigentlich durchgehend nur mit dessen Mustern, bezieht seine Spannung nicht etwa durch gut getimte Schockmomente oder eine wirklich unheimliche Atmosphäre, das Vorgeführte ist nicht viel unheimlicher als der Geisterbahnbesuch auf dem nächsten Schützenfest. Zu viel mehr war William Castle aufgrund seiner sehr reduzierten Mittel (schon zu sehen an den teilweise extrem kargen Kulissen, die schon im Vorgängerfilm „Macabre“ verwendet wurden) bestimmt auch nicht fähig, doch er ist smart genug, das gar nicht zum Schwerpunkt seines Films zu machen. „Das Haus auf dem Geisterhügel“ lebt und atmet durch seinen Schwebezustand zwischen Haunted-House-Film, Whodunnit-Krimi oder am Ende vielleicht doch nur makabrem Scherz, an dessen Auflösung der Zuschauer eigentlich nur interessiert ist. Alles bleibt bis zum Schluss im Bereich des Möglichen und wird gleichermaßen in die jeweiligen Richtungen gelenkt. Die billigen (und sowieso sehr spärlichen) Masken und Effekte erzeugen keinen Schrecken, könnten genau deshalb aber eben auch nur Teil eines aufwendig inszenierten Schabernacks sein, den Millionär Loren (oder seine Frau, oder etwa doch beide?) mit seinen Gästen bzw. Opfern treibt. Dem in seiner Schlichtheit sehr liebevollem und kurzweiligem Treiben zuzusehen bereitet viel Freude, gerade da Vincent Price den undurchsichtigen Gentleman mit trocken-schwarzem Humor und sichtlichem Spaß an der Sache verkörpert. [...] ... das ist einfach engagiertes Billig-Schummer-Kino zwischen Jahrmarktsattraktion, Agatha Christie und Groschenroman, mit Herzblut gemacht. Reizend.

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                            • 3

                              Stand vorher unter dem Regisseur, dank dem lieben Murray nun auch in der Datenbank:
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                              [...] So was wie die botanische Version von „Die Insel des Dr. Moreau“ mit einer blutsaugenden Riesenpalme und ihrem phallischen Rüssel, die leider auch erst kurz vor Schluss in ihrer vollen Pracht zu sehen ist und auch dann nicht wahnsinnig viel hergibt. Bis dahin regiert das gepflegte Wachkoma, so was wie Spannung findet sich nicht im Blumenkasten und auch das Ableben der Opfer könnte kaum unspektakulärer umgesetzt werden. Augen auf, schreien, später findet man die (schlecht geschminkte) Leiche. Hui, dufte. Dazwischen quält man sich mit unterdurchschnittlichen Schauspielern, bräsigen Dialogen und einem miserablen Schnitt herum, selbst die unfreiwillige Unterhaltung taugt „Das Geheimnis der Todesinsel“ nicht für fünf Pfennig. Wo so mancher Monster-Unfug wenigstens durch seine liebevolle - wenn auch untalentierte - Umsetzung Charme-Punkte ergattert, wirkt dieser Film schlampig und unmotiviert runtergekurbelt. Lediglich der Score ist halbwegs solide, der Rest ein Fall für den Komposthaufen. Das man über die primitiven Effekte etwas schmunzeln kann und sich am Ende gar ein Hauch von Ed Wood („Plan 9 aus dem Weltall“) einstellt, reicht da kaum aus. Wie bei dessen Premium-Stück „Die Rache des Würgers“ lässt sich in einigen Szenen deutlich sehen, dass die Opfer in ihrem „Überlebenskampf“ eher damit beschäftigt sind, die Killer-Pflanze selbst zu bewegen. Das ist echt lustig. Aber da hat man schon gar keine Lust mehr auf lachen, sonst ist das die pure Verschwendung von Lebenszeit. [...]

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                              • 3

                                [...] Die ersten Minuten von „House on Haunted Hill“ lassen relativ hoffen, die sind das klare Highlight des gesamten Films. Mit feiner Ironie wird dem Original Respekt gezollt, allein durch Geoffrey Rush und seine Figur, die als Hommage sowohl an William Castle und „Das Haus auf dem Geisterhügel“-Hauptdarsteller Vincent Price („Die Fliege“) verstanden werden kann und soll. Die Rolle des makabren Unterhaltungs-Zirkusdirektor erinnert eindeutig an Castle, optisch, mimisch und gestisch orientiert sich Rush stark an Vincent Price (selbst das Bärtchen ist originalgetreu), sein Charakter heißt sogar Price. Ein kleiner, schöner Kniefall, danach wird es finster. [...] Der größte Fehler des Remakes liegt jedoch in dem offensichtlichen Bestehen paranormaler Aktivitäten, mit derer möglichen Existenz „Das Haus auf dem Geisterhügel“ noch spielte und erst aufgrund dessen überhaupt funktionierte. Während dort bis zum Schluss nicht klar war, ob man es wirklich mit einem Haunted-House- oder Whodunnit-Film zu tun hat, legt man hier die Karten nach wenigen Minuten schon auf den Tisch. Fatal, da so auch die an dem Original angelehnten Twists praktisch ihre Wirkung verlieren und schlussendlich sogar völlig unsinnig, gar hirnrissig erscheinen, da auch mindestens einer der involvierten Personen ebenfalls früh klar sein müsste, das hier etwas nicht mit rechten Dingen vor sich geht. Als wäre es bis dahin nicht schon unglücklich genug, wird man zusätzlich mit einigen lächerlichen Situationen konfrontiert („Das Haus kann auch in einen Computer, über Internet?“) und zur Krönung gipfelt alles in einem hochnotpeinlichen Finale, welches die vorherigen Bonuspunkte endgültig negiert. Gute CGI war auch 1999 nicht mal annährend das, womit man nun belästigt wird, dann doch lieber wieder Skelette an deutlich sichtbaren Fäden. [...]

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                                • 6
                                  JackoXL: Moviebreak 04.08.2015, 22:17 Geändert 04.08.2015, 22:44

                                  „Was eine Kultur nicht assimilieren kann, vernichtet sie.“

                                  [...] Die Geschichte scheint wie gemacht für den Regisseur, der seine Genre-Tauglichkeit schon in mehrere Richtungen beweisen konnte. De Palma konnte beim vorangegangenen „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“ einen effizienten Horrorfilm erzählen, der nicht nur nebenbei auch einen sozialkritischen Ton anschlug, später bewies er mit Filmen wie „Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren“ sein Händchen für feinste Paranoia-Thriller. Beides blitzt auch in „Teufelskreis Alpha“ immer mal wieder deutlich auf, das Niveau einzelner Sequenzen kann er diesmal nur nicht konstant halten. Es ist vor allem dem Skript geschuldet, das sein gewaltiges Potenzial nicht ausreichend abrufen kann, aber auch De Palma selbst hat nicht unbedingt seinen aller stärksten Tag erwischt, wobei das (für lange Zeit) immer noch nicht schlecht sein muss. Einige Sequenzen sind sowohl von der Stimmung wie der visuellen Präsentation glänzend (die „Narben-Szene“ und das starke Finale an erster Stelle), manchmal neigt er zur Übertreibung. Die gefühlt endlose Slow-Motion kannte wir schon aus dem Spacek-Prom-Night-Massaker, da stellte sie einen der Höhepunkte da, nicht nur für die Geschichte. Die hier Verwendete im „kleinen Finale“ wirkt bald wie eine Kopie, ohne dessen Notwendigkeit und Effektivität zu erreichen. Grundsätzlich hat der Film leichte Pacing-Probleme, verschleppt des Öfteren sein Tempo, wirft sogar an einigen Stellen unfreiwilligen und nicht passenden Humor in die Runde. Wenn Kirk Douglas sich in Boxershorts durch Chicago hangelt oder hysterische Weibsbildern zur Vernunft ohrfeigt, hat das einen eher merkwürdigen Beigeschmack. Allerdings nimmt das nur wenig Raum ein, Gott sei dank. [...] An den vergleichbaren „Scanners - Ihre Gedanken können töten“ kommt er keinesfalls heran, aber er war immerhin zuerst da und hinter Cronenberg den zweiten Platz zu belegen ist nun wirklich keine Schande.

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                                  • 7

                                    [...] Ganz freisprechen von dem Faktor Trash lässt sich „Die Hand“ unter dem Strich auch nicht, allerdings nur am Rande, nicht so wie befürchtet und wenn feinster, erlesenster Edel-Trash, der weitaus hintergründiger, subversiver und vor allem deutlich besser umgesetzt ist, als man erahnen könnte. Der junge Oliver Stone erinnert in seiner eleganten, enorm stimmungsvoller Inszenierung von düsterem Suspense an die Werke des jungen Brian De Palma (in dessen „Dressed to Kill“ ein Jahr zuvor Michael Caine ebenfalls die Hauptrolle spielte), thematisch bewegt er sich auf Augenhöhe mit dem jungen David Cronenberg. Doppelbödiger Body-Horror mit stark sexualisierten Subtext, der hinter seinem augenscheinlich primitiven Horrorplot eine ganz andere Geschichte zwischen den Zeilen erzählt. Die Hand des Comiczeichners bekommt einen phallischen Status, der Verlust seines „besten Stücks“ kommt einer Kastration gleich. Er verliert nicht nur ein Körperteil, nicht nur seine Existenzgrundlage, er verliert das, über was er sich als Mensch, Individuum und besonders auch als Mann definiert hat. [...] Natürlich hat der Film unter einem strengen Blickwinkel mehr Hand (aha) als Fuß, strickt schon ein sehr grobmaschiges Muster aus der psychologischen Waschküche zusammen, doch den Anspruch auf ein glaubhaftes Psychodrama verfolgt er wohl auch nicht ernsthaft. Dafür ist das wunderbar arrangiert, jederzeit spannend und übertrifft die leicht skeptischen Prognosen deutlich. Mit derart Geschichten kann man blitzschnell radikalen Schiffbruch erleiden, Oliver Stone macht daraus eine sehr sehenswerten und bald sträflich unterschätzen Film, der sich kaum bis gar nicht hinter den bereits erwähnten Werken eines David Cronenberg wie „Shivers“, „Rabid“ oder „Die Brut“ verstecken muss. [...]

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                                    • 4

                                      [...] Obwohl zum damaligen Zeitpunkt auch erst 46 Jahre alt, wirkt Flynn hier bereits deutlich älter (und somit eigentlich auch viel zu alt für die Rolle), fast schon wie ein Schatten seiner selbst. Der Zahn der Zeit hat deutliche Spuren an dem Mann hinterlassen, dessen Markenzeichen sonnst sein juveniles, agiles Auftreten war. Davon ist hier nicht mehr viel zu sehen. Selbstverständlich wird er immer noch als strahlender Held in Szene gesetzt, die Wohlstandsplauze akkurat weggeschnürt, das Haupthaar chic frisiert und nachgetönt, das kann aber alles nicht darüber hinwegtäuschen, dass der drahtige Tausendsassa nun eine ruhigere Kugel schieben muss. So flott wie beispielsweise als Robin Hood geht er nicht mehr über Tisch und Bänke. Da kommt es ihm prima entgegen, dass er in den meisten Kampfszenen durch die Rüstung des schwarzen Ritters oder im nicht ganz zufällig gewählten Halbdunkel einer Taverne (in der er sich immerhin mit der nicht in den Credits genannten, dennoch unverkennbaren Legende Christopher Lee, „Dracula“, duellieren darf) sich „unauffällig“ doubeln lassen kann. [...] Staubiges, antiquiertes Biedermeier-Kino, geeignet für den Seniorentreff bei Kaffee und Kuchen (bei dem sich auch Errol Flynn in der Form sicher wie zu Hause gefühlt hätte) oder als Lückenbüßer bei den öffentlich Rechtlichen, wenn am Sonntagvormittag noch 80 Minuten gefüllt werden müssen. Hat die Jahre ganz schlecht überwintert und ist jetzt nicht mehr der Rede wert. Wirklich mies ist das nicht, aber so gnadenlos belanglos, egal, klapprig. Es muss echt nicht jeder Film neu aufgelegt werden.

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                                      • 5 .5

                                        [...] Allgemein lässt sich „Operation Arsenal – Schlacht um Warschau“ am deutlichsten vorwerfen, dass er bei der mannigfaltigen Thematik mögliche Nebenhandlungsstränge und besonders die zahlreichen Nebenfiguren ignoriert bzw. sehr stiefmütterlich behandelt. Es existiert „nur“ ein Mainplot, obgleich er genug Raum und Optionen bieten würde, die Charaktere neben den beiden Protagonisten werden wenig beleuchtet, womit einiges an Potenzial verschenkt wird. Man fragt sich des Öfteren, was eigentlich mit dieser oder jener Person passiert (ist), wenn sie nicht gerade kurz durchs Bild huscht (oder nicht wieder auftaucht). Wie schon dem Mangel an Backroundinfos rund um die historische Bedeutung des Widerstands ist es wohl auch dem polnischen Blickwinkel geschuldet, dass eine Differenzierung zwischen Schwarz-Weiß-Malerei von Gut und Böse ausbleibt. Die wenigen Nazis mit Text (also die wichtigsten SS-Tyrannen) sind abgrundtief bösartig, die Statisten oft als hässlich und rundlich dargestellt, doch das sollte verziehen werden. Historisch betrachtet ist es nicht verwerflich, dass bei der schlimmsten Plage eines Volkes hier nicht die „Nicht alle waren böse“-Knöpfe gedrückt werden, das hätte auch nur bedingt Platz in der Szenerie. Speziell die führenden und ausführenden Köpfe einer faschistischen Verhöreinheit haben ihren Job damals wohl nicht bekommen, weil sie nicht dafür „qualifiziert“ waren. Es fehlt dem Film eindeutig am gewissen Feinschliff, der ihn in das deutlich obere Mittelfeld befördert hätte.

                                        Denn sonst, und das soll nicht unter den Teppich fallen, ist „Operation Arsenal – Schlacht um Warschau“ ein sehr stabil, sogar international konkurrenzfähig, inszenierter und produzierter Film, gut gespielt, partiell spannend wie packend und präsentiert (Haupt)Figuren, die einem nicht scheißegal sind. Mehrere kleine bis mittelgroße Baustellen verwehren ihm eine deutliche Empfehlung, aber ganz sollte man ihn nicht außen vor lassen. Grob brauchbar bezeichnet es recht präzise…ebenso wie die ungeliebte weil oft treffende Floskel „da war mehr drin“.

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                                        • 8 .5

                                          [...] „Starship Troopers“ ist Kriegssatire in Reinform, nicht witzig, sondern zynisch, demaskierend. Bewusst schmückt Verhoeven seine Streitkräfte mit Motiven des NS-Regimes und lehnt sie noch deutlicher an der US-Army an. Mutig, so was wird speziell in den USA natürlich nicht gerne gesehen. Einem Paul Verhoeven ist sowas schnuppe, und ob die Menschen, die sich dadurch brüskiert fühlen würden dies überhaupt erkennen steht zudem auf einem ganz anderen Blatt. Von den beiden Weltkriegen, über Vietnam bis Desert Storm, „Starship Troopers“ zieht sich seine Anspielungen quer aus der realen Kriegshistorie und verbindet sie auf eine bitter-ironische Weise. [...] Man könnte es als doppelmoralisch bezeichnen, dass der Regisseur dem Krieg und dem militärischen Gebaren offen ins Gesicht spuckt, gleichzeitig jedoch das Bedürfnis nach Krawall und Brutalität mit viel Hingabe bedient. Könnte man, doch wer Verhoeven kennt und weiß wie er tickt, wird das nur als weiteres Stilmittel der Satire erkennen. Ein Antikriegsfilm der Krieg zelebriert und seine eigentliche Message dahinter versteckt. Das zieht der Regisseur beeindruckend konsequent durch, bis zum Ende, das ein vermeidliches Happy-End als Endsieg feiert und aus seiner gezielt einseitigen Perspektive dabei nie die Frage aufwirft, ob hier wirklich „die Gute“ gerade „die Bösen“ geschlagen haben…und es gerade dadurch tut bzw. gleich direkt beantwortet. Den Feind will man nur verstehen, um ihn effektiver vernichten zu können. Ihn WIRKLICH verstehen zu wollen, dass würde die Sache nur komplizierter machen…[...] Intelligentes Actionkino, der ultimative Anti-Propaganda-Film. Ganz im Gegensatz zu dem grob vergleichbaren „Edge of Tomorrow“, dessen satirische Ansätze in eben dieser heroisch-verklärten Militärbejahung verenden. „Starship Troopers“ zeigt, wie so was richtig funktioniert.

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                                          • 7

                                            [...] Dieser Film funktioniert eindeutig über das Erlebnis, seinen rauschartigen Zustand, den Corman in Zusammenarbeit mit seinem Kameramann Nicholas Roeg (später selbst besser bekannt als Regisseur von Meisterwerken wie „Wenn die Gondeln Trauer tragen“) entfesselt. Ein Sog aus Farben, Beleuchtung und Ausstattung, wie ein Mix aus Mario Bava und Andy Warhol, hinter dem selbst der große Zampano Vincent Price in die zweite Reihe degradiert wird. Selbst Dario Argentos Prunkstück „Suspiria“ scheint unweigerlich inspiriert von Cormans faszinierendem Farbenspiel: Wenn Vincent Price und Hazel Court durch die in immer neuen Tönen schimmernden Räume des Palastes streifen, kommt man aus dem Staunen kaum heraus (man achte nur mal auf die zahlreichen Kerzen und deren Anordnung, irre) und der Vergleich zwingt sich praktisch auf. Ein aberwitziger Genuss für die Sinne. Kein Film zum reinen Ansehen, einer zum Aufsaugen, zum Erleben. Doch das ist noch nicht alles, denn selbst als Diskurs über Religion, Gesellschafts- und Machtstrukturen eröffnen sich Ebenen, die man Corman so ganz sicher nicht zugetraut hätte.

                                            „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“ kann als Parabel wie Sozialstudie betrachtet werden, die interessante Denkanstöße liefert und in einem hochästhetischen Ballett des Todes mündet. Besser, hochwertiger hat Roger Corman davor und danach nie gearbeitet. [...]

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                                            • 5

                                              Das Beste vorweg: Gegen anfängliche Befürchtungen ist „Orphan – Das Waisenkind“ nicht schon wieder ein Aufguss von „Das Omen“, auch wenn ihm bis zum Schlusstwist (dessen Wirkung natürlich einiges vorher Gesehene in ein leicht anderes Licht rückt) nicht viel einfällt. Das soll wohl zu gewissen Teilen tatsächlich beabsichtigt sein, doch macht das die Sache besser? Leider nicht und das ist schade, denn die zwar knack-blöde, dafür überraschende, recht kreative und bald schon exploitativ-verrückte Wendung kurz vor Schluss macht eigentlich einiges her. Man könnte den Braten sogar schon riechen, nur mal ehrlich, wer würde ernsthaft darauf setzen, dass die DAS allen Ernstes bringen?! Egal, trotzdem oder gerade deshalb coole Nummer und die kleine Isabelle Fuhrmann rockt ja mal alles weg. Was eine Performance, großartig. Problem: Über ¾ der Laufzeit ist der Film unnötig absehbar (wie gesagt, wir reden nicht von der Pointe, nur vom Ablauf bis dahin). „Orphan – Das Waisenkind“ könnte als geschicktes Suspense-Verwirrspiel funktionieren, opfert diese Chance unverständlich früh und lässt schnell keinen Zweifel daran, ob wir es wirklich mit einer bösen Göre oder doch nur den Hirngespinsten einer labilen Frau zu tun haben. Das raubt dem Film wahnsinnig viel Spannung, die trotz einiger fieser Boshaftigkeiten zwischendurch sich nicht recht entwickeln will, alles läuft nach Schema F. Eigentlich war das Kind somit in den Brunnen gefallen, bis zum Ende. Kein Geniestreich, jedoch zumindest originell und mit Mut zum Unfug. Und Isabelle Fuhrmann, besonders dann. Nur baut der Film einzig und allein darauf, das reicht eben nicht (immer). Kann man mal machen, Zweitsichtung zwingt sich nicht auf.

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                                              • 7
                                                JackoXL: Moviebreak 07.07.2015, 10:14 Geändert 26.09.2015, 19:54

                                                [...] Mal abgesehen von den zahlreichen Referenzen, „Solamente nero“ ist an sich ein ganz klassischer Giallo, rein vom Inhalt und dem üblichen Muster. Ein unbekannter Mörder treibt sein Unwesen, seine Identität wird erst in den finalen Minuten gelüftet, davor werden etliche Verdachtsmomente gestreut, von denen im Idealfall (wie hier) nicht mal die Protagonisten gefeit sind. Gerade das betreibt Bido im fast exzessiven Ausmaß. [...] Atypisch wird der Film durch seine Teils eigenwillige Inszenierung bzw. eher durch die Wahl seiner Schwerpunkte. Die Spannungsmomente werden altbewährt eingeläutet, aufgebaut und zunächst auch vorgetragen, sogar auf hohem Niveau. Zwei Dinge fallen dabei jedoch besonders abweichend auf: Bido spielt sehr gezielt mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, lässt eine Bedrohungssituation entstehen mit den üblichen Mitteln wie Egoperspektiven des vermeidlich lauernden Killers, einem Aufbrausen des Scores (dringend zu erwähnen: Brillante Arbeit von Stelvio Cipriani, der seine Stücke von GOBLIN einspielen ließ, was kaum zu überhören ist), schnellen Zooms und radikalen Schnitte, die teilweise fast Gag-artig verpufft wird. Mal schnellt ein Akkordeonspieler statt des Killers um die Ecke, mal blitzt eine Klinge auf, die sich als Teil einer Statur herausstellt. Das mag im ersten Moment fast enttäuschen, ist in seinem Mut zur beinah-Frechheit schon wieder extrem gelungen. Die weitere Abweichung zu den meisten Gialli ist der bald radikale Verzicht auf explizite Gewaltdarstellung. Es gibt nur eine Szene, die als etwas härter bezeichnet werden kann (und dadurch sofort extrem auffällt), sonst zeigt sich Bido besonders im Gegensatz zu Dario Argento, Lucio Fulci oder Sergio Martino nicht sonderlich interessiert darin, den blutrünstigen Tötungsakt zum Highlight zu stilisieren. Selbst die phallische Klinge kommt nur ein einziges Mal zum Einsatz, da dann aber auch bewusst gewählt, diese Person hätte man nicht einfach erwürgen „dürfen“. Du erntest, was du säst…[...] Kein Film für Blutjünger, für einen Giallo fast emanzipiert ohne misogyne Anleihen (das sich „Suspiria“-Darstellerin Stefania Casini mal kurz nackig machen darf, gehörte in den 70er schlicht zum guten Ton, wird dafür auch gut behandelt), nicht alles selbst ausgedacht, aber handwerklich astrein und mit seinen Eigenarten sogar individuell umgesetzt.

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                                                • 7

                                                  [...] Es sind diese gegensätzlichen Charaktere, ihre liebevolle Beschreibung und ihre Interaktion miteinander, auf die sich „Ben & Mickey vs. The Dead“ hauptsächlich stützt. Vielleicht notgedrungen, viel Zombieaction kann man bei den Mitteln nicht präsentieren, doch gerade das gelingt dem Film auf eine ganz lockere, unverkrampfte Weise. Ohne das Seifenoperflair von „The Walking Dead“, ohne großartige Blut- und Goreeffekte, ohne Jump Scares und auch ohne zu sehr auf provozierte Lacher zu setzen.

                                                  Trotz seines lässigen Tonfalls und einiger wunderbarer Humoreinlagen (auf die Masturbationsszene hätte man dabei ruhig verzichten können), nicht zu Letzt durch die pfiffigen Dialoge und eine begnadete Tanz- und Gesangseinlage von Gardner, ist „Ben & Mickey vs. The Dead“ vom Gefühl klar näher an Romero als an Ulknummern wie „Shaun of the Dead“ oder „Zombieland“. Er ist apokalyptisch, pessimistisch, alles nur im kleineren Rahmen. Vor allem gehen einem die Figuren nah. Man hat ja praktisch nur die Beiden, wie sie sich gegenseitig, ist immer ganz dicht bei ihnen, gewinnt sie lieb. Fiebert, hofft und leidet umso mehr mit ihnen, spürt ihre Verlorenheit, die durch die weiten, langsamen, teils endlos wirkenden Aufnahmen noch unterstütz wird. Aber wie löst man eigentlich das Problem, dass man in einem Zombiefilm kaum Effekte und Action bieten kann? Das ist eine Besonderheit, die erstaunlich gut funktioniert und vielleicht nicht so dargestellt, wenn das Budget nicht derart limitiert gewesen wäre. Wann immer das Skript eine solche, nicht vernünftig umsetzbare Szene verlangt, wird einfach die unübliche Perspektive gewählt: Statt den Einen im Kampf mit den Zombies zu zeigen, bleibt man bei dem Anderen. Klingt doof, langweilig? Nein, besonders im Finale. Wenn über eine Zigarettenlänge verstreicht, wartet man selbst angespannt darauf, das alles gut ausgehen mag. Die dafür zwingend notwendige Empathie und Sympathie ist längst gegeben. [...]

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                                                  • 8 .5

                                                    [...] „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“, ein riesengroßes Abenteuer im kleinsten Rahmen. Das gewohnte, rein formal und unter normalen Bedingungen gänzlich unspektakuläre Territorium wird zur epischen Herkulesaufgabe, zum Survival-Trip im Vorratskeller. Früher waren es wenige Schritte nach oben, jetzt ein unüberwindbares Massiv. Ein beinah utopisches Ziel, an dessen Erreichen das alles geknüpft ist. Tropfende Boiler spenden überlebensnotwendiges Wasser wie eine Oase, Streichhölzer werden zu Fackeln, Stecknadeln zu Schwertern, Spachtel zu Brücken.

                                                    Filmischer Eskapismus verlagert in den banalsten Alltag, es kommt nur auf die Proportionen an. Mr. C. erklimmt die höchsten Berge, überwindet die größten Kluften, schwimmt durch reißenden Fluten und kämpft gegen gigantische Monster. Sagenhaftes Heldenkino, für das es keine sagenumwogenden Welten braucht. Nur einen Mann am „Existenzminimum“, der für einen Brotkrumen als kostbarstes Gut bereit ist sein Leben zu riskieren. Während die Welt da draußen sich immer weiter dreht, als wäre nichts gewesen. Ein Tag wie jeder andere, für alle Menschen, nur nicht für Mr. C.. Jack Arnold gelingt damit famoses, an sich so schlichtes Geschichtenerzählen. Aus heutiger Sicht mag sein Werk manchen als kindlich verspielte Spinnerei vorkommen, was sogar nicht ganz falsch ist. Wer sich zurückerinnern kann: Wer hat als Kind sich nicht vorgestellt, welche Abenteuer und Gefahren an den Orten lauern, die wir kennen? Wie es wäre, wenn wir klitzeklein wären und was wir dadurch erleben würden? „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.“ spielt das einerseits durch, andererseits ist das nicht „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“. Das ist dessen tragischer, hintergründiger Vater, ein exzellenter Klassiker, mit einer ganz einfachen, dadurch brillanten Tricktechnik. Kein Computergedöns, hier sitzt ein Mann in riesigen Requisiten, es wird mit schlichten, genau deshalb effektiven Methoden gearbeitet. Das ist das große Einmaleins der Kinoillusion, über die mal gestaunt wurde und heute verdeutlicht, wie gut und einfallsreich Filme mal waren, bevor „jeder“ das machen konnte.
                                                    [...]...es ist naiv formuliert und vorgetragen, aber in seinen letzten vier Minuten ist ein Film wie „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.“ auf seine ehrliche gemeinte und kluge Art wesentlich kritischer und philosophischer als das „Meisterwerk“ „Interstellar“ in drei Stunden…[...] Wer den nicht mag, kann auch keine Filme mögen, er tut nur so.

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