Juli Jane - Kommentare

Alle Kommentare von Juli Jane

  • 10

    Ein Film von Jean-Paul Rappeneau (Cyrano von Bergerac) von 1995 nach dem gleichnamigen (tollen) Roman von Jean Jean Giono.

    Aix en Provence im Jahr 1837.

    ZUR HANDLUNG:
    Angelo Pardi, ein junger Adliger mit dem Rang eines Husarenoffiziers, stets gut gekleidet und stets zu Pferde unterwegs, gerät auf seiner Reise durch Südfrankreich in eine Choleraepidemie. Er hat dem Freiheitskampf seine (erkaufte) ehrenvolle Husarenstellung geopfert. Aus dem Piemont kommend, wo er sich als Anhänger des Geheimbundes der "Carbonari" dem patriotischen Freiheitskampf widmet, strebt er nun in den Süden Frankreichs. Er hat nämlich im Duell (anstatt ihn einfach zu ermorden) den Baron Swartz getötet. Österreichische Häscher sind ihm auf den Fersen, als inmitten dieses glühenden, nie da gewesenen Jahrhundertsommers, mit voller Wucht eine Cholera Seuche entbrennt. Obwohl strengste Quarantänevorschriften die Flucht zusätzlich erschweren, setzt er ungerührt seine Reise fort durch das von der Cholera verwüstete und Land, wo die Leichen bald zu Hunderten am Wegesrand liegen. In Manosque wird er als vermeintlicher Brunnenvergifter vom lynchmordigen Bürgermob gejagt und flüchtet sich auf die Dächer der Stadt und lebt tagelang dort oben, während die Seuche unten wütet. Gerade aus der Perspektive vom Dach herunter auf die Stadt wirft man mit Angelo einen gnadenlosen Blick auf die verheerenden Folgen dieser Epidemie.
    Als er von Hunger und Durst geplagt durch eine Luke in ein Stadthaus hinabsteigt, verschreckt er die allein lebende junge Madame de Théus.
    ...
    Pauline de Théus (Juliette Binoche) und Angelo Pardi (Olivier Martinez) reiten jetzt zu zweit durch die Gluthitze dieses Jahrhundertsommers. Das hat in seinem Verlauf schon fast den Touch eines Roadmovies. Jedoch, manches was man genregängig vom Kostümfilm oder Mantel & Degenepos erwartet, wird hier anders verlaufen oder zumindest ins Off verlegt.
    ...

    EIN FILMISCHES GEMÄLDE DER ROMANTIK
    Die hochsommmerliche Provence und die Cholera, als ein mit allen Sinnen wahrnehmbares Gemälde, schrecklich, gespenstisch und doch die wie gemalt. Wunderschöne, sonnen- und gefühlsüberströmte Landschaften, die weit mehr als nur eine Kulisse darstellen. Passend in die Epoche auch die Schauspieler, die Kostüme und Requisiten, der Film hatte angenehmerweise ein sehr großes Budget für so etwas, ohne es für Special Effekts zu verwenden.

    CHOLERA:
    Trockene Cholera oder Cholera sicca ist eine besonders schwere Choleraerkrankung, die schon nach wenigen Stunden durch Kreislaufkollaps zum Tode führt, noch BEVOR der Durchfall einsetzt, verscheidet der Patient meist. Die Haut verfärbt sich abrupt blau. Das Gesicht wird zur Maske. Die Beine krampfen. Das Reiben mit Alkohol soll den Kreislauf und die Sauerstoffversorgung ankurbeln, versagt ja aber in den allermeisten Fällen. Ich glaube bei der Sicca überlebt nur ein geringer Prozentsatz der Angesteckten. Wie vom Blitz getroffen fallen die Menschen, von Krämpfen geschüttelt, das Gesicht zu einer Maske verzerrt, erbrechen sie eine milchreisartige Masse, bevor sie im ewigen Grinsen erstarren.
    Es gibt mehrere Stadien, wobei das erste Stadium schon tödlich sein kann, manche kommen auch munter daraus hervor, wenn auch wenige.
    Niemand findet etwas dabei, wenn die einem dem großen Sterben anheim fallen, und die anderen nicht. Allein die übergroße Angst selbst davon getroffen zu werden verändert die Menschen.

    Zuviel Ritterlichkeit?
    Diese ausgeprägte Ritterlichkeit der Hauptfigur ist vielleicht DER rote Faden der Geschichte. Zumindest in der Buchvorlage wird sie von Jean Giono durchaus nicht nur vor uns ausgebreitet, sondern auch aufs Korn genommen, sie wird mit dort mit viel ironischem Pessimismus demaskiert und darf doch Angelos Hauptmerkmal bleiben. Hier im Film darf der Held fast durchgängig seine strahlende Rüstung anbehalten, ohne dass wir die Rostflecken zu sehen bekommen. Und auch zu Recht, denn es ist auch wunderschön, wie ein Mensch die Würde wahrende Ordnung in einer Zeit des Zerfalls aufrecht erhält, ohne zum tragischen Opfer zu werden oder sich wirklich lächerlich zu machen.

    Stets sind das Verderben, die Hitze, der Untergang, die Krankheit in der Stadt, und die Rettung, das Glück und die Liebe auf dem Land. Eine kleine, jedoch herausragende Episode findet allerdings auf den Dächern von der Stadt Manosque statt, wo Angelo von oben - aus der Perspektive der Katzen - Zeuge dieser Epidemie aus dieser gewisser Distanz wird. Die bildnerische Kraft dieses titelbildenden Zwischenspiels prägt sich ein, auch wenn sie im Film recht kurz gerät und dem philosophischen Charakter, den sie im Buch besitzt, beraubt wird, da das filmische Augenmerk sich gerade mehr Richtung der bevorstehenden Romanze fokussiert und sich zunehmend einer gewissen Abenteuerfilm-Dynamik hingibt. Dennoch bleibt der Film stets gelassen, ohne Hektik und ohne typisches Liebesgeschnulze. Auch wenn im Buch die innere Verbundenheit der Reisebekanntschaft höchstens zart angedeutet bleibt und fast an den hinteren Buchrand gedrängt, wird sie hier nicht überbetont. Jedenfalls hat der Film seine eigenen Vorlieben und die stellt Rappeneau aufs schönste aus. (Auch wenn ich im Film die zigarrillorauchende Nonne mit der Angelo zu Totenglockengebimmel die vielen Toten wäscht, ein wenig arg vermisse.)

    Pauline de Théus (Juliette Binoche ) und Angelo Pardi (Olivier Martinez ) sind mit ihren Pferden und Rollen fest verwachsen. Perfekt.
    Gérard Depardieu : Polizeikommissar von Manosque
    François Cluzet: Der kleine Doktorfranzose :))
    Yolande Moreau : süüüß: Mrs. Rigoard
    und andere bekannte Darsteller in kleinen Nebenrollen unter dicker Maske.

    WANN erscheint dieser Film, der wirklich einer meiner Lieblinge ist, endlich wieder in einer deutschen Sprachfassung?

    4
    • 7 .5

      Die fetten Jahre gab es nie

      Martin Blunt, ein Mathematiker in einem großen Unternehmen, verlobt, wohl situiert - doch plötzlich bricht alles über ihm zusammen. Eine schwere psychische Erkrankung schleicht durch Martins Psyche und bricht sich ihre Bahn. Erst funktioniert er in der Leistungsgesellschaft nicht mehr, dann bricht die Beziehung zu seiner Verlobten. Ohne Halt beginnt der Absturz, er stürzt immer tiefer, vergräbt sich immer tiefer in seine eigene Welt…dann geht es die Treppe weiter abwärts… bis ganz nach unten: auf die Straße.
      Von ganz da unten aus betracht ist unsere Welt keine freundliche mehr. Nicht, dass sie für dich und mich nicht auch freundlich sein kann, aber vom Blickwinkel Martins aus, ist die Welt wie wir sie kennen, eine schlechte.
      Martins krankes Hochleistungsgehirn versucht verzweifelt, mathematische Muster zu erkennen. Zahlen waren seine Begabung und seine Passion. Sie allein halten nun seine Welt zusammen. Martin zählt alles, in der Hoffnung, in der Quersumme ein Mittel gegen die Angst zu finden. Sich wenigstens eine Identität zurechtzurechnen. Da begegnet er dem 10-jährigen Viktor, der nur russisch spricht. Er muss sich auch allein auf der Straße durchschlagen und sie tun sich zusammen. In ihrer sehr berührenden Freundschaft ruht ein wichtiges Geheimnis, das sich uns Zusehenden erst gegen Ende des Filmes nach und nach enthüllt ...

      Abgedroschene Klischeegeschichte VOM ANZUGTRÄGER ZUM PENNER?
      Erst mal riecht das nach Klischees: Alle Menschen um Martin herum sind schlecht: die Freundin, die Polizei, die behandelnden Ärzte, die Chefs, die Väter und Mütter.
      Allein, es wirkt alles irgendwie echt!
      Regisseur Hans Weingartner will doch nicht filmüber zeigen dass alle deutschen Cops Schweine, alle hiesigen Psychiatrieärzte kalte Verständnislose sind, oder alle jungen Zahnarzthelferinnen tieftraurig in ihrem Job roboten und gerettet werden wollen. Das Schwarzsehen ist allein der Perspektive geschuldet, aus dem schiefen Blickwinkel des Protagonisten von unten herauf erscheint es so. Für IHN ist das die Realität. Es zeigt alles ganz aus der Wahrnehmung des gesellschaftlich Gestrauchelten. Wenn Martin als Penner einem Polizisten den Sabber über die Hose sabbert und der sich mit abfälligen Worten ekelt, will das nicht Gute oder Böse zeigen. Es zeigt keine Häme, weder für den einen, noch für den anderen, es zeigt allein die tiefe Distanz. Für mich ist es der Blickwinkel des komplett aus dem sozialen Leben Rausgeworfenen, der unser normales Leben aus seinem enormen Abstand heraus, als lebensfeindlich und fremd empfindet. Eindrucksvoll wird das in der Szene, wo Martin eine belebte Straßenszene vom Wipfel eines Baumes aus betrachtet - er frei im Grünen - unten die menschlichen Maschinen in ihrer trostlosen Welt. Unsere Welt erscheint ihm wie eine Aneinanderreihung von anonymen Wegen, Fluren und Straßenzügen und er - ein Fremdkörper darin.
      Diese innere Erzählperspektive ist auch akustisch unglaublich sinnlich und eindrücklich unterlegt. Die Geräusche der Stadt und dann die des Waldes. Man kann ihn förmlich riechen, den Wald.

      DIE STADT:
      Tote Bäume. In Weingartners Film herrscht Winter. Kein Frost, kein Eis, kein Schnee, aber Kälte. Klimatische Kälte und emotionale Kälte. Bäume, die ihre kahlen Äste in den grauen Himmel strecken. Die Häuserblocks wirken trostloser und grauer, als sie es ohnehin von Natur aus tun. Naturfarbtöne: braun, gelb, grün, und vor allem grau. Der Himmel so grau. Kühlblau. Handkamera nah dran. Nah an Martins Gesicht, nah an der Realität. Auf der Straße verweilt man jetzt ungern, mit hochgezogenen Schultern, behandschuhte Hände zurren unbeholfen an der Jacke, um sich vergeblich vor der eindringenden Kälte zu schützen. Zufluchten in unbeheizten Abrisshäusern, schlafen auf verratzten Matratzen in tristen Löchern. Schnaps in großen Schlucken, was kurzfristig wärmt, es kurzfristig erträglicher macht.
      Das ist nichts für Feige und Faule. Hier kann Obdachlosigkeit fern vom lustigen Vagabundentum und seiner Clochardromantik gezeigt werden. Es ist nicht nett. Nichts ist nett hier. Kälte, Dreck, Sucht, Einsamkeit, Gewalt, Angst. Große Angst.
      Rückzug in triste Löcher, in den Schnaps, in tröstliche Zahlenketten.
      Ausgeschlossen vom Lebendigen. Ob auf der Straße, beim Flaschensammeln im Park oder im Supermarkt, Martin ist „draußen“. Kein Mensch freut sich über abgewrackte problembeladene Gestalten, niemand möchte sie sehen oder riechen.
      Ausgesperrt.
      Eine autistisch anmutende Lebenswelt, die den totalen Rückzug eines Menschen in Einsamkeit, Krankheit und Verelendung nicht nur hinnimmt, sondern nicht einmal bemerkt.

      Der Film erspart uns zwar nichts, aber er verharrt auch nicht beim Zeigen eines Elends.
      Es geht ihm um etwas anders. Um das Gefühl tief drin. Und das ist fein gemacht, dass Martin und Viktor verschiedene Sprachen sprechen, so kommt vieles durch Schweigen und auf der nonverbalen Ebene zur Sprache. Die beiden sind sich irgendwann sehr nahe gekommen und schlagen sich gemeinsam durch. Wie schön, dass Martin und Viktor sich gefunden haben, sie beschützen sich gegenseitig und ihre vater-sohn-artige Gemeinschaft ist berührend zart und spendet beiden Trost.

      DER WALD:
      Und wieder: Es ist kalt, es regnet, es ist hoffnungslos - und doch …
      Er baut für sich und Viktor dort eine Hütte. Dort leben sie fortan. Im Wald, dem Ursprungsort des Menschseins. Und im Wald kann Martin plötzlich seine schiefe, krumme, Angst machende Welt, die unbewältigbar geworden ist aus den Angeln heben. Er kann sich frei fühlen, durchatmen. Wieder schön und stark und gut sein. Freier Atem, der durch Nase und Lungen strömt. Schnaps und Tabletten verlieren ihre Dringlichkeit und werden schlicht vergessen. Martin kann auf seine Art gesunden. Am Ende ist natürlich auch der Wald ein Illusion, die dort gefunden Heilung keine echte, aber er hatte kurz den Halt in sich selbst. Und in einer Vollmondnacht trifft er dort auch auf seinen Seelenverwandten. Den Wolf.
      Beeindruckend ist sie Sequenz wo der leichte Regen plötzlich in Sturm übergeht.
      Nah an den Gesichtern, nah an Martin dran. Peter Schneider heißt übrigens der Mann, der diesem Martin ein so lebendiges und authentisches Gesicht gibt. Auch Timur Massold überzeugt als Viktor, genug noch Kind und doch früh gealtert.

      Krankmachende Kultur und gesundmachende Natur? Klar, irgendwie schon, aber auch das allein aus Martins Blickwinkel. Wer hier vordergründig Kritik unserer westlichen Zivilisation auf der einen Seite sieht und die Hippieverheißungen eines "gelobten Landes" auf der anderen, wird dem Film nicht gerecht. So einfach ist das nicht. Ich glaube das findet auch Weingartner.
      Spätestens die geniale Volte zum Schluss, die alles noch mal in ein neues Licht taucht, stellt eh noch mal alles auf den Kopf.

      winziger SPOILER:
      [Nur geträumt:
      Ich glaube auch nicht, dass es wirklich um Naturromantik geht oder die Verheißung eines alternativen Lebens in einer Hippiekommune. Ist das alles nur geträumt, so wie dass eine jungehübsche Zahnarzthelferin einen verwahrlosten mundfaulen Waldschrat ins Cafe einlädt, um am nächsten Tag ihren Job aufzugeben, um mit ihm in ein Hippiedorf nach Portugal auszuwandern?
      Teilt nicht Lena das Schicksal Viktors?
      Oder? ;-) ]

      Mit Das weiße Rauschen, hat Hans Weingartner uns schon einmal auf einen Trip in die Innenwelten eines psychisch Kranken geschickt.
      Mighty Oaks, einer in Berlin beheimateten Indie-Folk-Band unterlegen den Film mit einem schönen melancholischen Klangteppich.
      Wer das mag, mag vielleicht auch Die Liebenden von Pont-Neuf oder Vagabond ... dtsch. Titel "Vogelfrei" - aber der ist leider nicht zu bekommen.

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      • Mist. Ich bin auf Entzug. Kann Trier jetzt nach seiner 3-jährigen Phase des Schweigens (nachdem er in Cannes den Nazi-Kasper gemacht hat) nicht endlich mal wieder ein neuen Film machen? Zumindest einen ankündigen?

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        • 7 .5
          Juli Jane 05.08.2016, 13:14 Geändert 05.08.2016, 14:15

          Vom traurigen Clown zum Terrorclown

          Kinderlachen ertönt während die Leinwand noch schwarz ist. Der Vorhang hebt sich: Madrid 1937, Javier, unser Protagonist, ist noch ein Kind, sein Papa der Clown agiert in einer Manege. Er bringt im Zirkus die Kinder zum Lachen, während draußen der Bürgerkrieg tobt. Just in diesem Moment wird Papa-Clown von spanischen Milizen zwangsrekrutiert. Nun bleibt der kleine mutterlose Javier allein zurück. Ein Löwe stärkt ihm den Rücken (echt!).
          Wir sind immer noch bei den Anfangs-Credits, es folgt ein kleiner Amuse-Gueule aus Fotoschnipseln, der uns minutenlang einstimmt, auf das was uns beim Mad Circus erwartet. Zu markerschütterndem Rhythmus von Roque Banos Filmmusik werden schwarz/weiße Fotoschnappschüsse gezeigt: die weinende Mutter Gottes, Frankenstein, Fahndungsplakate politisch Verfolgter, Barbarella, Franco, Reagan, Hitler, eine rauchende Diva, der gekreuzigte Jesus, Flamencotänzer, ein faschistischer Reichsadler im 300-Comicstil, Bilder von Goya wechseln mit dokumentarischen Bildern des spanischen Parlaments.

          Bei der traurigen Trompetenballade handelt es sich wie man schnell merken wird nicht um einen typischen Zirkusfilm. À la wer kriegt das Mädel und dazwischen Hochseilspannung und Zikuscharme. Es geht zwar auch darum wer das Mädel kriegt, aber der Film ist völlig crazy, er schwankt stets zwischen Drama & Komödie, Politparabel & Historienfilm, Märchen & Groteske, Romanze & Splatterfilm, ist ALL DAS in einem und in toll und knallbunt. :D Viel akustischer und visueller Rumms, überbordende Bilder, nicht nur grotesk sondern auch burlesk, lärmende ausgelassene Fröhlichkeit wird von kummervoller Melancholie abgelöst und mündet in abrupte Gewalt. Also ich meine.. Splatterszenen und auch sexuell verstörende Szenen welche durchaus eine FSK18 Freigabe rechtfertigen. Durchsetzt ist das Ganze immer wieder mit Wochenschauberichten und anderen Schnipseln, die die geschichtliche/politische Einbettung ins Francospanien klarmachen. Und der wummernder Score, der perfekt ins Bild passt.

          Also... Papa-Clown, von Milizen mit einer Machete zwangsbewaffnet, wird in ein Blutbad gegen die Frankisten verwickelt, stirbt in Gefangenschaft und gibt seinem kleinen Sohn vorher noch schnell den Rat mit auf den Weg, zwar auch ein Clown zu werden, wie es seit Generationen in der Familie üblich ist, aber ein trauriger Clown!
          "Aufgrund deiner verlorenen Kindheit und der gewaltvollen Umstände in deinem Leben , werde ein trauriger Clown.
          Und die Rache, vergiss die Rache nicht!"

          Wir erleben jetzt wie das altmodische Bild des Clowns zu einer Art barbarischem Sinnbild für den Krieg wird.

          Madrid 70er Jahre:
          40 Jahre später also, das faschistische Francoregime ist noch immer an der Macht, hat Javier als Clown - zumindest beruflich - das Erbe seines Vaters angetreten. Ein trauriger Clown ist er geworden. Einer der sich schon weit in den mittleren Jahren befindet, Speck angesetzt hat, die Rache hat er anscheinend vergessen. Er bewirbt sich bei einem Circus. Dem Mad Cicus, in dem der Star-Clown Sergio die Zügel in der Hand hat. Der Zirkus ist zwar arm und etwas heruntergekommen, aber idealistisch. Zwischen Hundedressuren und Elefantennummern versucht Javier seine Mätzchen als Clown triste. Da gibt es auch die schöne Natalia, eine vollbusige Akrobatin. Sie ist eigentlich mit Serge dem Chefclown zusammen. Natalia findet Gefallen an Javier und das ist der Anfang eines erbitterten Kampfes zwischen den beiden Clowns, die selbst den Tod riskieren, um die Gunst Natalias zu gewinnen.

          DER POLITISCHE KONTEXT:
          - Und auch der ein oder andere Spoiler -

          Öhöm.. ein politischer Kontext ist zwar in dem Liebesdrama-Gemache nicht jederzeit greifbar, aber irgendwie doch sehr eindeutig. Irgendwann ist klar: der Zirkus ist Spanien. Doch, ehrlich! Die Regierung (Zirkus-Direktor) ist zwar offiziell der Herr des Hauses, hat aber in Wirklichkeit wenig zu gebieten. In Wirklichkeit ist es der Faschismus (gespielt vom lustigen Clown ) der das Sagen hat. Mit autoritärer Strenge und menschenverachtender unberechenbarer Grausamkeit schwingt er das Zepter. Der Widerstand (gespielt vom traurigen Clown), ist der vom Faschismus geschlagene, der Kindheit und des Vaters beraubte Clown triste. Beide lieben das Volk (gespielt von er reizenden Akrobatin Natalia). Auch das Volk liebt sie irgendwie beide, den Faschismus und den Widerstand. Natalia verkörpert den Masochismus dieses Landes, sie trägt eingangs auch gleich mal 'ne spanische Flagge als Umhang. Sie ist Spanien und liebt es irgendwie geschlagen und gedemütigt zu werden, ist dennoch lebensfroh und forsch mit ihren schönen langen blauen Wimpern und der vorwitzigen Zungenspitze.
          ...Sie balgen um die Gunst Natalias...
          Beide, Faschismus und Widerstand, erliegen am Ende der Eitelkeit und Herrschsucht auf denen das System beruht.
          Auf den Querbalken eines 150 Meter in die Höhe ragenden Kreuzes wird die geradezu obszöne Bündnis zwischen Katholizismus und Faschismus fassbar gemacht. Wenn unter den ausgebreiteten Flügelarmen der Kirche, der Faschismus mit dem Widerstand einen finalen Kampf austrägt, ist wohl klar dass es zwar keinen wirklichen Sieger geben kann. Aber einen Verlierer, das Volk ... *hups*... es fällt... zu den Anklängen von Mozarts Requiem, gehalten zwar von Sicherheitsseilen, aber es wird am Ende etwas verloren haben. Nicht das Leben unbedingt. Aber das Rückgrat. Entzweigebrochen unter den zunehmend eigennützig-eigensinnigen Hader der beiden Parteien und unter dem Schutz der Kirche.
          *g*
          Mag der politische Bezug ein wenig plump sein. Ich kann ihn dem Film nicht wirklich als gelungen zuschreiben. Am Ende ist es allein der Kampf um Liebe und der nimmt zunehmend groteskere Formen an. Das nervt irgendwann schon fast, und noch später ist der Film am ehesten eine Art HAU DEN LUKAS. Das Ding ist nur - es MACHT SPAß!
          Und wir sehen unserem Protagonisten fassungslos dabei zu, wie er im hinten offen Nachthemd (und bald schon ganz nackig) im Wald lebt und totes Wild apportiert.
          Aber: Clowns sind irre, das wussten schon Batman und Stephen King.

          RESULTADO:
          UNTEN: barock überladene Wirrungen in bunt OBEN: schwarz-weiße Wochenschauschnippsel...
          Ach so, ob der Film über guten Geschmack verfügt?
          Sicher nicht.Egal.
          Zu metaphorisch?? Dick? Plakativ?
          Ja.
          Und?
          Unter der extra fetten Schicht Theaterschminke, unter dem bröckeligen Puder, dem riesigen gemalten Clownsmund, verbirgt sich ein sensibles Gesicht, wenn auch ein recht alltägliches.

          Alex de La Iglesia, der auch selbst das Drehbuch geschrieben hat, bekam viel Beifall in Venedig, vor allem von einem (wen wunderts) begeisterten Quentin Tarantino. Der fand die Clownorious Basterds jedenfalls ziemlich schick. Ich habe vorher noch keinen Igelsia gesehen, aber ich lasse mich trotz aller Kritik schon zu 7,5 Sternen hinreißen und werde bald mal einen vorsichtigen Blick auf El Dia de la Bestia werfen.
          Mad Circus ist ein heftiger, FETTER, voll geladener Film. Visuell und akustisch überbordend, dramatisch bis zum Anschlag, der immer wieder volles Rohr in den Kitsch reinlatscht und Metaphern wie Jonglierbälle eher tollkühn als kunstvoll in der Luft tanzen lässt. Wenn einer runter fällt, schei*egal! Ein Zirkus wie sein Land, in dem Schrecken und Humor ineinander fließen, laut, stolz, albern und melodramatisch-lebensfroh.

          2
          • 8 .5
            über Shame

            Kamera.. Bilder, Geräusche und Musik sind oft nicht im Einklang, aber verschmelzen dennoch seltsam harmonisch und in intensiv bedrückender Wirkung - wie aus einem Guss - mit der Story. Ruhig, authentisch und schonungslos. Obwohl es eigentlich keine Story gibt. Eher einen psychischen Ausschnitt aus einem Leben. Das ist natürlich ein Michael Fasbender Film. Ohne ihn, seine ruhige und unfassbar glaubhafte Authentizität in Großaufnahme, hätte mich dieser Film nicht mit dieser abgrundtiefen emotionalen Wucht mitten ins Herz getroffen.
            Okay..es ist natürlich auch ein Carey Mulligan Film.

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            • 8
              Juli Jane 27.07.2016, 09:12 Geändert 31.01.2017, 17:15

              Macht Anzugträger zu Menschen und einen angegammelten Alt68er zum Anzugträger. Manche muss man zu ihrem Glück zwingen, das merkt Erdmann angesichts seiner komplett blockierten, tief unglücklichen Tochter, die sich jedoch seiner sehr schämt. Und er greift zu radikalen Mitteln: Furzkissen, Billigperücke und Riesenzähnen. Und packt damit seine Tochter am Schambein. Auch wir Zuschauer müssen uns erst einmal mitschämen und uns dazu durchringen diese Horst Schlämmer Figur nicht mehr zu bemitleiden (oder sogar zu verdächtigen ein Arsch zu sein) , sondern zu bewundern. Das tut man irgendwann, wenn man bemerkt, dass ein Schlüssel zu allem hier im Film Authentizität ist. Der Weg zum Glück. Auch zum Erfolg führt Authentizität, weshalb Erdmann sich eigentlich als guter Coach bewährt hat. Er lockert das Charakterkorsett der ganzen steifen und verhaltenen Businesstypen. Und das tut eigentlich allen gut auch den Premiumehefrauen mit Prada-Täschchen. Sogar ich habe etwas gelernt: ich weiß nun, dass ein Whitney Huston Song doch für etwas gut sein kann.
              Unfassbar komisch und dabei - nicht zu vergessen - wirklich tieftragisch und furchtbar traurig. Und die schönste Kinoumarmung seit ca 10 Jahren.
              Beeindruckend an diesem Film: alles. Allerdings nicht auf die übliche Art Weise, sondern mit unsagbarer Natürlichkeit...wie sich diese schlichte Geschichte der entfremdeten Vater-Tochter-Beziehung zu einer regelrechten „Persönlichkeit“ von einem Film entwickelt ist sehr berührend. Superb.

              7
              • 7 .5

                Vincent Cassel ist schon so ein Typ..man nimmt ihm den echten, totalen und unvermeidlichen Narzissten sofort ab. Ich vermute sogar, dass er in echt auch einer ist, ohne ihm zu nahe treten zu wollen. Und so schafft es der Film, uns verstehen zu lassen wie eine narzisstische Liebe für das Gegenüber (tolle Frau!) abläuft, wie sie im Rausch beginnt, wie sie in gegenseitige Abhängigkeit mündet, niemanden glücklich zu machen vermag und wie sie zum Scheitern verurteilt ist. Dass beide auch ein wenig psychopathische Tendenzen haben, schadet nicht, sie bleiben nachvollziehbar und es kommt eben zu dem einen oder anderen filmischen Paukenschlag. Darüber hinaus ist der Film ehrlich und sehr lebensnah.
                Franz. Kino, wie ich es mag.

                3
                • 6

                  Eigentlich unglaublich nett: Natürliche Darsteller (die Familie und die Band) , Alltag in den 80ern in Irland, Humor, tolle Musik und wunderbarer Zeitgeistflair. Das Kramen in alten Platten wirbelt gehörig Staub auf: Glitzerstaub! man liebt ihn! Ich habe viel gelacht, geschmunzelt und es warm ums Herz gehabt.
                  Bis zum letzen Drittel.
                  Vorallem die letzten 10 Min haben den Film für mein Empfinden mit einer kompletten Ladung Kitsch und eimerweise Filmklischees (die schon im den 80ern out waren) völlig an die Wand gefahren. Alle Insassen tot. Schade.

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                  • 7
                    Juli Jane 25.07.2016, 10:03 Geändert 08.08.2016, 11:34

                    Etwas trocken... doch..zugegeben, ich finde ihn etwas spröde. :) Fast dokumentarisch. Als ich aber das anfängliche Trockenheitshüsteln überwunden hatte und ich mich innerlich auf die hochbrisante und zu Herzen gehende Story eingelassen hat, packte mich Spotlight auch. (Zu Herzen gehend meinte ich übrigens nicht im Sinne von Rosamunde Pilcher-von Romantik ist hier eine Spur zu finden, aber Missbrauch von Kindern..dann auch noch ausgeübt von der spirituellen, väterlichen Autorität - dann deren Vertuschung - das tut schon weh ) Aber bald wusste ich es zu schätzen, dass der Film auf alles Schmückende und Feuerwerkeffekte verzichtet. Tolle Akteure. Die Spotlightcrew hat außergewöhnliche Recherche betrieben und wuchs mir durch ihr subtiles Spielan Herz und ich habe verstanden, was es heißt ein Überlebender zu sein. Wichtiger Film.

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                    • 7

                      Da mich schon „Und Nietzsche weinte“ in Film- und Buchform sehr inspirierte (auch hier taucht Lou Salome auf) und ich auch Cronenbergs damit verwandte „Eine dunkle Begierde“ in seinen Bann zog und ich ohnehin die Zeit der JHWende sehr anziehend finde, war Lou Salome Pflicht.
                      Ich bin sehr angetan, die Biographie dieser Frau funktioniert..Psychologie, Philosophie in gelebter Form und in den vielen Beziehungsgeflechten ..zwischen Selbstbestimmung, Narzissmus und der Selbsterkenntnis. Die Psychoanalyse einer berühmten Frau. Schauspielerisch und dialogtechnisch hat der Film für mich auch funktioniert und ich erlebte ihn als unterhaltsam und geschickt inszeniert. Ja, ich erlebte den Film - im wahrsten Sinne des Wortes - in dem ich mit in die Zeit eintauchen konnte… Kostüme, Wohnungen Straßenbilder, wirkten auf mich sehr authenisch und gewann noch zusätzlich an Zeitkolorit, mit der kapitelartigen Einarbeitung der Hauptfigur, in echte historische Postkartenmotive. Ein reizender Kniff, um uns in die Zeit zu versetzen und den Film zu strukturieren.

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                      • weiß jemand wann die zweite Staffel herauskommen wird?

                        • 9
                          Juli Jane 29.02.2016, 14:58 Geändert 29.02.2016, 15:13

                          Ich mochte hier fast alles. Den Schnee, das 19 Jh., den wilden Westen, die Musik von Morricone, die Kutsche (wie sie vor der Kamera posiert) und das Pferdegespann davor, das endlose Kreuzbild zu Beginn, diese endlos gedehnten ©Dialoge, die aufgespannte Schnur zum Klo, den Spannungsaufbau der dadurch entsteht. Ich mochte die Atmosphäre, die zugenagelte Tür, die Kapitel, und diese Hütte. Ich mochte sehr: L.Jackson, Jason Leigh und Russel und alle anderen auch. Ich genoss Kaffee und Eintopf. Um jeden der ging war es mir schade. Besonders mochte ich, dass es eigentlich um uns ging. Um uns Menschen. Oder zumindest um die amerikanische Geschichte. Als Kammerspiel. Ich mag Kammerspiele. Und dass am Ende keiner Recht hat. Und es keine Guten gibt.

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                            Selten mein Geld so gut angelegt. Christian Bale ist eine Wucht! Und ein Wucht ist das unterhaltende Erzählkonzept, dieses eigentlich trockenen Filmplots. Und die Kunst der Filmemacher hier war dubiose Geldgeschäfte eines Sachbuches dem Zuschauer anzupreisen. ;) ich ging voll mit.. und fast ohne Verluste zu machen kam ich dann aus dem Kino. Und klüger und amüsierter als zuvor.

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                              Juli Jane 12.02.2016, 16:30 Geändert 12.02.2016, 16:32

                              Ang Lee hat es mal wieder geschafft mich zu überraschen. Ich glaube ich kenne keinen Regisseur, der es beherrscht so ganz und gar unterschiedliche Filme zu machen. Seine besondere Stärke liegt meines Erachten darin, den Figuren Tiefe zu verleihen und dieses Kunststück gelingt ihm auch in diesem eigentlich unterkühlten Drama. Auch welchen Raum hier die Liebe einnimmt, obwohl sie so selten zum Zug kommt, ist erstaunlich.
                              Man fühlt sich vage erinnert an einen Wong-Kar-Wai-Film: "In The Mood For Love". Auch dessen Hauptdarsteller hat man sich ausgeliehen: Tony Leung.

                              Schauplätze 1938 / 41 Hongkong und Shanghai

                              Zur Handlung:
                              China in der Zeit des Umbruchs: Das Land wandelt sich von einer Feudalgesellschaft zu einer Republik.
                              Eine Gruppe chinesischer Studenten gruppiert sich aus einem patriotischen Theaterprojekt heraus, zu einer zunächst selbst organisierten Terrortruppe. Ziel ist ein gewisser Herr Yee, der mit den Japanern kollaboriert und daraus kräftig Kapital schlägt. Er spielt sich wohl auch als Folterer und Richter auf. Sie wollen diesen Yee ermorden. Dabei benutzen sie die junge elegante Wong Chia Chi als Lockvogel, die sich unter einem schillernden Pseudonym (Frau Mak ) mit Yees Ehefrau befreundet, um so an ihr Opfer heranzukommen. Bald beginnt sie ein Verhältnis mit dem extrem vorsichtigen und schwer beschützten Herrn Yee, um ihn in eine tödliche Falle zu locken...

                              Mein Senf:
                              "Gefahr und Begierde" läuft sehr langsam an und er verschafft uns keinen politischen und gesellschaftlichen Überblick über die Kriegssituation und das von Japan zum Teil besetzte China. Das Mahjongspiel und die Gespräche am Spieltisch nehmen viel Raum ein. Das hat durchaus seinen Sinn und man wird auch, wie so oft bei einem Film oder Buch, für das Ausharren belohnt. Wenn es auch nie ein Actionreißer wird, übte die Story einen unaufhaltsamen Sog auf mich aus und ich wuchs in meinem Sessel fest, nicht in der Lage mir vorzustellen, wie das ganze noch enden mag. Obwohl man ähnliche Filme "Frau verführt inkognito einen Mann um ihn auszuliefern" schon öfters gesehen hat, bleibt der Film, vor allem durch seine Atmosphäre und die komplexe Gefühlswelt einzigartig. Der Blick bleibt sehr nah an den einzelnen Figuren, besonders an Wong Chia Chi bzw. Frau Mak, intensiv gespielt und unwiderstehlich schön: Tang Wei heißt diese Jungschauspielerin, die hier ihre erste Hauptrolle spielt. Sie schafft es sich mit winzigen Gesten und Blicken mitzuteilen. Es ist eine wahre Freude ihr zuzusehen. Ich wette von ihr wird man noch hören.
                              Hongkongs Filmstar Tony Leung "gelingt es, den mühsam maskierten Selbsthass des Kollaborateurs Yee zu offenbaren und verleiht ihm zugleich eine fast zarte melancholische Aura." Zitat Filmdienst Das kann ich nur unterschreiben. Er hat eine kaum fassbare magische Ausstrahlung.
                              Die Sexszenen sind zwar in ihrer Gewalttätigkeit und detaillierten Darstellung verstörend, passen aber zu dem wenig greifbaren Charakter des Herrn Yee, der, in einer Stelle es Films wird es ausgesprochen, diese Gewalt braucht, um sich zu spüren. Man kann sich natürlich streiten ob es dieser freizügigen Szenen bedurfte, aber diese gewisse Art von.. Sex ist nun mal der Katalysator für die Beziehung zwischen und Herrn Yee und Wong Chia Chi. Auf traditionelle Art des Werbens hätte nie ein Näherkommen zwischen den beiden stattgefunden. Trotzdem wahrt der Film auch irgendwie die Diskretion.
                              Aber: Je länger dieses Versteckspiel von Wong Chia Chi als sinnlicher Köder andauert, desto mehr verliert sie sich in dieser Rolle, und verliert auch gleichzeitig den Halt in ihrer eigentlichen Funktion als Terroristin.
                              Dies ist nicht Ang Lees stärkster Film. Aber fast.

                              Die Schauspieler sind bis in die klitzekleinsten Nebenrollen wirklich allererste Sahne!

                              Die Kamera üppig, elegant, kühl und trotzdem voller unterdrückter Gefühle. Wie der Film selbst.

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                                Das hochgeschlossene schwarze Kleid, dessen Reifrock sich aufbauscht, der zu einer Linie zusammengepresste schweigende Mund, die großen Augen, die eine große Verletzlichkeit und gleichzeitig Kraft und Entschlossenheit preisgeben. Ich habe selten so sprechende Augen gesehen und noch nie erlebt, dass ein winziges Loch in einem Strumpf so entblößend sein kann. Ich spreche hier von Holly Hunter, die in "Das Piano" die stumme Ada verkörpert.

                                Neuseeland zur Zeit des 19. Jahrhunderts: Die zerbrechlich wirkende Frau, deren Ausstrahlung jedoch zugleich eine große innere Stärke und Standhaftigkeit erahnen lässt, heißt Ada. Ihr Vater hat für sie von der schottischen Heimat aus, ihre Eheschließung mit dem neuseeländischen Siedler und Farmer Alisdair Stewart (Sam Neill) arrangiert. Ihre neunjährige uneheliche Tochter Flora (Anna Paquin) begleitet sie auf dieser Reise ins Ungewisse. Angekommen in Neuseeland bleiben die beiden mit ihren Truhen und dem mitgebrachtem Piano erst mal am Strand der Neuseeländischen Küste sitzen und warten, dass der neue Ehemann sie abholt. Das Piano wird gehütet wie ein Augapfel, denn er dient der stummen Frau als das wichtigste Ausdrucksmittel.
                                Der neue Ehemann Alisdair erweist sich als grober Klotz, ein herbes Beispiel für den westlichen Kolonialherren, der mit seiner "Zivilisation" die "Barbarei" der Maori zu überwinden sucht. Auch er zeigt sich nicht gerade ergötzt, sich so eine komische streng-viktorianische Tante als Frau eingehandelt zu haben. Leider macht er von Anfang an so gut wie alles falsch, was man einer fremdelnden Braut gegenüber falsch machen kann und zeigt nicht gerade Sensibilität der eigenwillig-verschlossenen Art Adas gegenüber. Als eine Art Druckmittel, um sie gefügig zu machen, verkauft er Adas geliebtes Piano an seinen Nachbarn George Baines (Harvey Keitel). Der eigenbrötlerische Einsieder, sein Gesicht mit Maori-Tatoos bedeckt, ist fasziniert von Ada und bittet die unnahbare Frau um Klavierunterricht. Als Lohn stellt er Ihr die Rückgabe des Pianos in Aussicht. Da Ada auf das Klavier nicht verzichten kann, stellt sie sich dem "Handel" mit Baines. Natürlich bleibt es nicht bei Klavierunterricht. Baines behandelt Ada als eine Art Fetisch, zwingt sie, auf vergleichsweise abstoßende Art, auf seine erotisch gefärbten Bedürfnisse einzugehen. Trotzdem entwickelt sich nach und nach eine fragile Verbindung zwischen den beiden.

                                "Wenn sich die weißen Siedler mühselig ihren Weg über den schlammigen Boden und durch die üppige Vegetation bahnen, wirken diese schon seltsam deplatziert an diesem Ort der Wildnis. Nicht zu vergessen die symbolische Kraft, die diese Bilder implizieren: In einem psychoanalytischen Kontext verweisen sie sowohl auf Sexualität als auch die unbewusste Gefühlswelt, die innerhalb des viktorianischen Weltbildes jeweils negative Konnotationen aufweisen." Zitat Filmdienst
                                Der Film wird nicht umsonst mit Werken wie WUTHERING HEIGHTS und JANE EYRE verglichen.
                                Der Film ist voll von symbolischer Aussagekraft. Die Kostüme sprechen in diesem Film für sich, das schwarze hochgeschlossene Kleid, die vielen Röcke übereinander, die Turnüre, das Korsett, alles wird immer wieder ausgiebigst ins Bild gerückt. Es geht hier eben auch um das viktorianische-moralische Korsett, welches unter seinen unzähligen Röcken die weibliche Eigenständigkeit, uneheliche Kinder und Sexualität tabuisiert. Die Neuseeländischen Einwohner sind hier das Kontrastprogramm, leicht bekleidet, offen und lebensfroh, bedeuten ihnen diese Tabus nichts. Maorische Kinder reiben sich, unbefangen in ihrer kindlichen Sexualität, an den Bäumen.
                                "Das Piano" nenne ich nun einfach mal eine Variante des Lady Chatterley- Motivs. Die Erotik, die in "Lady Chatterleys Liebhaber" deutlich gezeigt wird, bleibt hier nur angedeutet.
                                Eine Aufführung des Märchens mit dem despotischen "König Blaubart" im Film ist natürlich auch kein Zufall!
                                Dann gibt es noch die zwei reizenden Tanten: Süß, Tante Morag (Kerry Walker), als die alte spießige Jungfer! (Ich dachte erst das wäre ein Mann, der die Rolle spielt.)

                                Die Bilder sind unglaublich. Mich erinnern sie unwillkürlich an die Meisterwerke von Caspar David Friedrich. Die unberührte neuseeländische Wildnis und der dunkle Wald mit den riesigen, knorrigen Bäumen, die verschlammten Wege und darin die stumme Frau mit Korsett und Reifrock. Die Szenerie wirkt fast bizarr und ein Hauch von Tim Burton liegt in der Luft. Die Natur steht im Kontrast mit der viktorianischen Moral, welche Ada verstummen ließ.

                                Michael Nyman, der die wunderbare Musik zum Film komponierte, untermalt die Bilder auf virtuose Art und unterstreichen den "zurückhaltenden und hervorbrechenden Vitalismus". Die Musik widerspiegelt auch das, was im Innern der stummen Frau vor sich geht und zeigt wie sie sich selbst im Klavierspiel ausdrückt, durch das Piano spricht. Auch die Momente der Gebärdensprache mit ihrer Tochter zeigen die Vertrautheit und beredte Liebe zwischen den beiden. Überhaupt sind die Hände von Holly Hunter sprechend, in ähnlicher Intensität wie ihre Augen.

                                Hier erlebt man große Schauspielkunst:
                                Holly Hunter durfte den Oscar als beste Schauspielerin absolut zu Recht mit nach Hause nehmen. Sie trägt den Film, zweifelsohne.
                                Ihre Partner Sam Neill und Harvey Keitel bieten beide aber auch eine absolut glaubwürdige Darstellerleistung.
                                Adas Tochter Flora, wunderbar verspielt und feenhaft dargestellt von der kleinen 10 Jahre alten Anna Paquin, ist aus dem Film nicht wegzudenken! Für die Darstellung dieses vielschichtigen Kindes, hat Paquin verdient den Oscar als beste Nebendarstellerin eingeheimst.
                                Regisseurin Jane Campion, bekam die Trophäe für das beste Original-Drehbuch. ( Siehe auch den Roman zum Film)

                                Die Intensität dieses Filmes hat mich früher, wie heute, umgehauen. Ich habe den Film nun schon unzähligemale gesehen und er hat sich nur wenig in seiner Wirkung auf mich abgenutzt. Es ist seit vielen Jahren mein Lieblingsfilm!

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                                  Eine Stubenfliege nähert sich der Stadt New York im zu Ende gehenden 19. Jh.. Sie brummelt über der Stadt, kreist über einem Park und nähert sich einem Haus. Die Fliege schlüpft durch das Fenster ins Haus hinein, die Treppe hinauf, in das Zimmer, wo wir Zeuge der Geburt von Catherine Sloper werden und dem Tod ihrer Mutter.

                                  So beginnt eines meiner Lieblings-Periods. Die Erbin vom Washington Square, eine Henry James Verfilmung, die sich hinter "Die Flügel der Taube" oder "The golden Bowl" nicht verstecken muss und, wie ich finde, zu unrecht so wenig bekannt ist.

                                  Catherine, die einzige Tochter des angesehenen Arztes Dr. Sloper, führt am Washington Square das Leben eines reichen Mauerblümchens. Sie hat kein leichtes Schicksal, wird ihr doch vom Vater unterschwellig stets der Tod der Mutter angelastet. Man leidet mit Catherine, die schon als Kind versucht die Liebe und die Anerkennung des Vaters zu gewinnen und nur verlieren kann, da die Meinung des Vaters schon feststeht: Seine schöne und über alles geliebte Frau musste sterben, um einer Tochter das Leben zu schenken, die weder hübsch, noch klug, noch in seinen Augen besonders liebenswert ist. Dass sich hinter dieser schlichten Oberfläche ein sensibles Wesen verbirg bemerkt er nicht. Catherine hingegen liebt und verehrt ihnen Vater mit der ganzen Kraft ihres unbeholfenen Herzens.
                                  Nun kommt der junge Morris daher. Hübsch und kultiviert und macht Catherine den Hof. Er hat viele Qualitäten: Gut aussehend, gesellschaftlich gewandt und von fröhlichem und liebenswertem Wesen - aber er scheint arm zu sein. Der Vater ist sofort gegen eine Verbindung, da der Mann seines Erachtens ein Leichtfuß ist, der es nur auf die Mitgift seiner Tochter abgesehen hat. Die Liebesgeschichte entspinnt sich trotzdem, heimlich gefördert von der etwas törichten Tante, die hinter ihrem altjüngferlichen Anstandsdamenhabitus ein zutiefst romantisches Herz verbirgt. Wieder einmal sehr überzeugend: Magie Smith hier als Tante Penniman. Es ist sehr berührend zu sehen wie Catherine durch ihre Liebe zu Morris wächst, blühender und selbstbewusster wird und sich im Laufe des Films mehr und mehr emanzipiert. Man fiebert mit und schwankt selbst ständig ob Morris nun gute Absichten hegt oder nur ein Mitgiftjäger ist. Der Vater in seiner Strenge und Unnachgiebigkeit, und seiner fast an Verachtung grenzenden Geringschätzung seiner "nicht wohl geratenen" Tochter gegenüber ist ein scheinbar unüberwindbares Hindernis für die Liebe der beiden jungen Leute. Überzeugt davon dass kein Mann Catherine um ihrer selbst willen lieben könnte droht er mit Enterbung, falls seine Tochter den Mann gegen den Willen des Vaters heiratet. Catherine kämpft mit Leidenschaft um den Geliebten...

                                  Die psychologisch eindringlich Gegenüberstellung des souveränen aber gefühlskalten Vaters und der tollpatschigen, aber gefühlsstarken Catherine und das Spannungsfeld einer komplizierten und ambivalenten Vater-Tochter-Beziehung stehen im eigentlichen Zentrum des Films. Die tragisch-romantische Liebesgeschichte kommt hinzu.

                                  Agnieszka Holland hat den Henry James Stoff gut umgesetzt und sich sehr viel Zeit gelassen, damit die Charaktere sich entfalten können, und deren Ausdruck Raum zu geben. Ich finde die Besetzung großartig! Allen voran, Jennifer Jason Leigh als Catherine, die eigentlich fast zu hübsch ist für diese Rolle und es trotzdem schafft das geistig etwas eingeschränkte, graue Mäuschen zu spielen. Ihr Mienenspiel ist anbetungswürdig! Das wäre in jüngeren Jahren auch eine tolle Jane Eyre geworden! Die Tante , gespielt von Maggie Smith ist einfach köstlich. Ben Chaplin überzeugt als der leidenschaftlich Liebhaber Morris. Albert Finney als gestrenger Vater.

                                  Erwähnen möchte ich auch noch extra den wunder wunderschönen Score.

                                  Fazit: Wer auf romantische Kostümfilme mit einen großen Schuss Tragik steht, wer auf üppiges Dekor verzichten kann und sich auf einen kammerspielartigen und langsamen Film einlassen kann, könnte sich diesen Film ansehen. (Das Ende ist halt von H. James und nicht von Walt Disney geschrieben)

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                                    Ich sah den Film vorab mit einer Freundin und deren Freund im Kino: Der Freund schnarchte bald friedlich in seinem Kinosessel, während wir beiden Frauen uns dem Film widmeten. (Wobei... er schläft auch bei Chuck Norris.) Er, bevor er den Film sah (verschlief), meinte süffisant im Vorhinein: "Ach, das ist dochso'n Softporno."
                                    Hm stimmt... Lady Chatterly hatte wohl lange Zeit einen solchen Ruf.
                                    Nein, das ist kein Softporno. Wer den Film wegen freizügiger Sexszenen ansieht, um sich daran aufzugeilen, wird eventuell enttäuscht (einschlafen). Auch mit Hamiltons 70er Weichzeichnererotik hat der Film nichts zu tun.Der Film räumt zum Glück auf mit dem anrüchigen Ruf, den der Roman dank zahlreicher einschlägiger Erotikfilmchen in den 60er 70er Jahren bekommen hat. Der in Misskredit geratene Stoff wurde endlich würdig umgesetzt!

                                    *****

                                    Zur Handlung:
                                    Im Fronturlaub 1917 heiratet Conny ihren Jugendfreund Clifford Chatterley.
                                    1921 kehrt Clifford aus dem Krieg für immer an den Rollstuhl gefesselt nach England zurück. Das Paar lebt den Umständen entsprechend angenehm auf dem Familiensitz der Chatterleys. Die Ehe bedeutet für Conny Kartenspiel, Konversation und einsame Nächte. Zumindest seit seiner Verletzung ist Clifford emotional unterkühlt und gehemmt. Sex ist für ihn durch seine Verletzung nicht mehr möglich, auch andere Zärtlichkeiten kann oder will er mit seiner Frau nicht teilen. Conny Chatterley ist eine sehr junge Frau, sie verzehrt sich, wohl auch unbewusst, nach Leben und Erotik, fühlt sich oft einsam in dem abgeschiedenen Herrenhaus und ist wird schließlich krank durch den Mangel an Vitalität. Sie selbst will sich nicht eingestehen, dass die Eintönigkeit des ländlichen Milieus ihr fast den Lebensmut geraubt hat und sie verdorren lässt. Nach und nach entspinnt sich zwischen Conny und dem erst abweisenden Wildhüter Parkin eine sexuelle Beziehung und aus ihnen wird heimlich ein Paar...

                                    *****

                                    Die erotischen Szenen sind zahlreich. Sie werden fast in Echtzeit und in aller Ausführlichkeit gezeigt, wirken aber nie pornografisch. Anfangs scheinen die Begegnungen eher funktional zu sein, ohne wirkliche Emotionalität, aber dennoch gleiten sie nicht ins Vulgäre ab. Hier wird keine ausgefeilte Schnitttechnik benutzt um die "Längen" des Liebesaktes rauszuschneiden oder um den Sex aufzuhübschen oder so. Ich finde dadurch kommt alles sehr realistisch rüber, es zeigt die Neugierde und das Staunen. Auch bringen diese Szenen niemanden, weder den Zuschauer, noch die Darsteller, in Verlegenheit, obwohl das Paar auch mal nackt durch den Regen tanzt oder sich ihre Körper gegenseitig mit Blumen und Kränzen schmückt. Die Erotik ist einfach und hat etwas Befreiendes. Conny kann ihre Lebensfreude wiederfinden und aus Begehren wird schließlich doch Liebe.

                                    "Lady Chatterley" ist ein sehr langsamer Film aber mit unglaublicher Intensität, Präzision und erotischer Kraft! Die Darstellung der Natur und der Jahreszeiten spielen eine große Rolle und wenn man mit Conny durch den Wald geht spürt man den Wind, es rascheln die Blätter, die Bäume knarzen, man riecht förmlich den Wald. Wenn sie eine Lichtung erreicht, ein Geräusch hört und nach dessen Quelle sucht findet das alles in Echtzeit statt. Ich empfinde das als sehr wohltuend im Zeitalter der schnellen Schnitte und überladener Filme. Hier lässt man der Handlung und dem Zuschauer Zeit.
                                    Die literarische Vorlage, der "Skandal" -Roman des Briten D.H. Lawrence, erschien 1928 in England. Wie der Roman, setzt auch die französische Regisseurin Pascale Ferran, die Gegensätze zwischen industriellen Fortschritt und der Natur in den Vordergrund der Geschichte. Wobei die Darstellung der Natur hier eindeutig Priorität hat. In großartigen Bildern britischer Parklandschaften, die sich parallel zur Entwicklung der Protagonistin von eisigem Winter zu flirrend schönem Sommer wandeln, und in der gelassenen Aufmerksamkeit, die Ferran der Entwicklung ihrer Figuren schenkt - fast drei Stunden lang, mit langen Szenen des Schweigens, in denen nur die Natur das Sagen hat, in denen die Kamera immer wieder in Großaufnahme auf aufbrechende Blüten, auf fallende Tautropfen fährt.

                                    Clifford als Fabrikbesitzer und die kritische Auseinandersetzung mit den Themen Industrialisierung und Sozialismus kommen leider etwas zu kurz.

                                    Der Film ist sparsam mit Dialogen, die inneren Vorgänge kann man eher in den Gesichtern lesen. Marina Hands als Lady Chatterley spielt ihre Rolle sehr natürlich. Es ist eine Freude Ihrem nuancenreichen und subtilen Spiel zuzusehen. Sie hat ein sehr offenes Gesicht und kann Traurigkeit, kindliche Lebensfreude oder Leidenschaft in seiner enthüllten Verwundbarkeit zeigen, ohne ins unangenehme oder peinliche zu rutschen. Der Wildhüter Parkin, gespielt von Jean-Jouis Coullo'ch, kein wirklich schöner Mann, eher gedrungen mit beginnender Glatze, spielt auch mit großer Intensität und gleichzeitig sehr zurüchaltend. Er hat vielleicht mehr Wirkung als ein Beaux. Parkin, der naturverbundene und wortkarge Mann, der ein asketisches Leben führt, ist in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil zu Sir Clifford, seinem Dienstherren und Connys Mann.

                                    Dies ist kein Gesellschaftsfilm, das Ehepaar lebt, mit ihren Bediensteten zurückgezogen auf ihrem Landsitz, ohne große Kontakte. Es geht also nicht um den Skandal, den die Heldin eventuell verursacht, sondern um ihre emotionale Entwicklung, das Ausleben der Leidenschaft und die Auswirkungen die dies für sie als (Ehe)Frau hat. Auch die politische Dimension ist es nicht, die im Vordergrund setht, sondern die innere Welt der Protagonistin.
                                    Die franz. Originalversion bietet sich hier übrigens sehr an. Hier stört es kaum, falls man die Untertitel mitlesen will, denn es gibt keine schnellen Wortwechsel, wie bei anderen englischen oder französischen Literaturverfilmungen, es kommt auch nicht auf den Wortwitz oder die Dialoge an, sondern auf die Dinge, die zwischen den Zeilen stehen und nonverbal zum Ausdruck gebracht werden.
                                    Wer auf eine schöne Ausstattung im Kostümfilm wert legt, wird nicht enttäuscht.
                                    Irgendwie ist das wie eine Mischung aus Cheraus "Intimacy" und einer klassischen Merchant Ivory Produktion wie "Zimmer mit Aussicht". Ein romantischer Historienfilm und ein radikal moderner Beziehungsfilm, der jenseits von Standesgrenzen und und vor allem auch von Zeitgeist zeigt, was für ein Elixier die Liebe sein kann.

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                                      Juli Jane 11.02.2016, 12:04 Geändert 11.02.2016, 19:36
                                      über Heidi

                                      Anuk Steffen hat genau den Charme und die offene Fröhlichkeit, die eine Heidi ganz dringend braucht. Und Ganz hat natürlich die Größe, den tiefen Schmerz seiner Figur wirklich einmal deutlich zu machen.
                                      Gar nicht schlecht. Die Natur war in der richtigen Pose - nicht nur liebliche Almwiesen, sondern auch die Dominanz und Unwegbarkeit der Natur.. Nicht nur beschauliches Dorfleben sondern die Enge, die Armut und die Beschränktheiten dort. Daumen hoch!

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                                        Die 60er Jahre wurden mit den James Bond schier endlos die Länge gezogen, was durchaus seinen nostalgischen Charme hatte. Für mich ist Bond mit Craig in der Gegenwart angekommen. Vorbei das Privileg als Superagent alle Probleme mit der Walther PPK in der einen Hand, einem ironischem Lächeln im Gesicht, und einem Martini in der anderen Hand zu lösen. Irgendwie ist eben aber auch die Welt eine andere geworden. Dennoch finde ich auch in Spectre genug Vertautes, um mich nicht fremdeln zu lassen und er hat diese virtuosen, typischen Choreographien, die einem doch immer wieder beruhigend zuflüsterten: "Du bist in einem Bond!" Und ich mag den leicht (lebens)müde wirkenden Craig als solchen. Und Lea Seydoux mag ich auch.

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                                          Juli Jane 11.02.2016, 11:33 Geändert 11.02.2016, 19:06

                                          Es spricht diesmal nicht wirklich viel dafür, aus dem letzten Teil einer Trilogie zwei Filme zu machen. Dafür, dass man sich doppelt Zeit nimmt, sieht das ziemlich hingerotzt aus und lässt eher auf doppelt verdienen als auf doppelt Mühe geben aus. Die Handlungsfäden werden nicht wirklich virtuos gezogen und es bleibt in sich etwas müde und lustlos.

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                                              Juli Jane 11.02.2016, 11:11 Geändert 11.02.2016, 19:39

                                              Gewalttätig-unbarmherzig. Kälte, die bis tief hinein in den Score dringt, bis in den Kinosaal hinein. Gefrierende Spucke. Frostiger Atem haucht in das Kameraobjektiv. Es schmerzt. Und Tom Hardy...er kann also auch spielen, ohne dass man doch noch irgendwo einen weichen Kern unter der harten Schale vermutet. Dennoch ist seine Rolle nicht rein böse. Und Dicaprio dient dem Martyrium glaubhaft und aufopfernd. Aber ja, diese unfassbare Kamera ... sie zieht dich auch in diese Schönheit des amerikanischen Nordens eines Winters im 19.Jh. hinein und lässt dich nie los. Sie ist es die dich am Kragen gepackt hat den ganzen Film über und die dich noch danach nicht loslässt.Sie macht die Natur zur eigentlichen Hauptdarstellerin, erbarmungslos, erhaben und grausam. Und dazwischen die ganzen Kerle, die sich seit Monaten nicht gebadet haben.

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                                                Juli Jane 26.01.2016, 09:50 Geändert 06.02.2016, 10:51

                                                Der Marsianer. Was ich ja wirklich an ihm mochte, war die Art und Weise, mir welcher Kraft, der Gestrandete in der lebensfeindlichen Umgebung erwacht und versucht zu überstehen. Welch Wille von Beginn an! Ich mochte die Atmosphäre dort auf dem Mars und wie das mit der Einsamkeit, der Sinnlosigkeit, der Leere und dem Füllen derselben war. Ich hätte mich vermutlich einfach hingelegt, um auf den Tod zu warten. Das hat er gut hingekriegt, der Marsianer, das Dem-Tod- von-der- Schippe-springen gelingt ihm.. Und das Verlorensein im All spürbar zu machen gelingt dem Film. Und mit schönen kleinen Dosen Ironie verpackt . :) Dennoch reicht es nicht für eine wirklich gelungene Robinsonade. Da hätte der Film noch viel mehr an die Substanz gehen müssen. An die physische und psychische Substanz. Länger verharren müssen im Ausweglosen. Anstatt einfachTomatenbauer zu werden.
                                                Also insgesamt..Fazit. Hm. Nicht begeistert: Wirkliche Intensität gab es nicht. Zu konventionell gerade auch die NASA Szenerie und die Rettung irgendwann.

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                                                  Ich hab mich irgendwie gefreut über einen Besuch bei Shayamalan. Und gehofft dass er in diesem UlkHorror wieder Kraft gewinnt. Ist ganz spaßig, kreativ und auch nicht ganz ungruselig. . Aber man geht irgendwie doch erleichtert nach 90 Min. raus und freut dass der Besuch bei den nervigen Teenies und ihren inkontinenten Großeltern schon vorbei ist.

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                                                    Juli Jane 25.01.2016, 11:39 Geändert 25.01.2016, 11:44

                                                    Mia Wasikowska schafft, dass man fast verstehen kann, dass diese Madame Bovary in Verschwendungs- und Genusssucht und auf der Suche nach galanter Liebe ihr Leben (und das ihres Mannes) ruiniert hat. Und dass man darum traurig ist, schafft sie mit ihrer wie immer zarten, zurückhaltenden und zerbrechlichen Mimik. Auch schafft es der Film uns viele Details und Facetten der berühmten Vorlage zu vermitteln und hat Mut, dies über Bildsprache zu tun, statt über Erklärungen. Aber diese Verfilmung reicht halt auch nicht wirklich über etwas schon Dagewesenes hinaus. Und hat in manchen Dialogen einfach zu viele Plattitüden.

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